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Tausche Witze gegen Antikörper. Homeschooling-Alarm? Virologen, die cooler als Popstars sind? Sparkassenbesuche mit Maske? In seinem neuen Buch führt uns Michael Mittermeier mit Esprit und Witz durch unseren seltsamen neuen Alltag. Auftrittsverbot? Ein Albtraum für Komiker – die Pointen müssen raus! Michael Mittermeier erzählt wahre und saulustige Geschichten aus der Zeit der Pandemie: warum seine Tochter nicht mehr will, dass er bei den Mathehausaufgaben hilft, weshalb es kein gutes Zeichen ist, wenn der Paketbote nicht mehr klingelt, und was passiert, wenn in Rheinland-Pfalz die Bordelle wieder aufmachen. Die Krise stellt uns alle vor neue Fragen – und der Autor beantwortet sie mit Maske, aber ohne Blatt vor dem Mund: Wie erkennt man, ob die Zuschauer im Autokino lachen? Ist es für Prominente vorteilhaft, mit Maske einkaufen zu gehen? Soll man kurz nach Mittag schon einen Feierabend-Wein trinken? Und: Was machen wir jetzt mit der ganzen Hefe? Ob Sie es nun wirklich hatten oder nicht: Dieses Buch liefert genügend humoristische Antikörper, um den nächsten Lockdown locker zu überstehen. Das neue Buch des SPIEGEL-Nummer-eins-Bestseller-Autors von »Achtung, Baby«
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Michael Mittermeier
Ich glaube, ich hatte es schon
Die Corona-Chroniken
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»Wer lachen kann, dort wo er
hätte heulen können,
bekommt wieder Lust zum Leben.«
Werner Finck
»Die Menschen glauben fest an das, was sie wünschen.«
Gaius Julius Cäsar
Ich sitze im Zug nach Leipzig und schaue aus dem Fenster. Am Tisch gegenüber sitzt ein Mann mit Maske, der seit zehn Minuten telefoniert. Businesskasper mit Schalldämpfer. Endlich hört er auf. Stille. Er verzieht sein Gesicht, holt Luft, es sieht aus, als müsste er gleich niesen, sein Kopf bebt, der ganze Oberkörper, plötzlich reißt er sich die Maske vom Gesicht und – hatschi!
Aus den Nasenflügeln pfeift noch ein leises »Aerosole Mio«.
Ich schaue ihn sehr ernst an, und er sagt nur: »Wenn ich die Maske nicht abgenommen hätte, dann wäre jetzt alles da drin.«
»Äh, das ist der Clou dabei.«
Er zuckt nur mit den Schultern.
»Ich glaube, ich hatte es schon.«
»Was?«
»Ja, ich bin durch.«
»Okay. Und?«
»Was und?«
»Wie war’s?«
»Hab nichts gespürt.«
»Aber warum wissen Sie dann, dass Sie es hatten?«
»Ist so ein Gefühl.«
»Haben Sie sich schlecht gefühlt?«
»Nein.«
»Warum dann dieses Gefühl?«
»Kann ich nicht erklären, aber normalerweise täusche ich mich in so was nicht.«
»In Gefühlen, die keine sind?«
»Ich glaube halt, dass ich’s hatte.«
»Kennen Sie denn Menschen, die es hatten?«
»Nö.«
»Waren Sie an einem Ort, wo man später festgestellt hat, dass es da verbreitet wurde?«
»Nein.«
»Wo hätten Sie sich dann anstecken können?«
»Überall.«
»Dann glaube ich, ich hab’s jetzt auch …«
Servus! Herzlich willkommen zu diesem Buch. Ich weiß gerade gar nicht: Ist das die richtige Begrüßung? Ist Servus vielleicht schon zu nah? Ist Duzen noch okay oder verletzt man damit schon die Abstandsregeln? Ist Siezen vielleicht eine Art Mundschutz im Schriftlichen und verabschiedet man sich in Briefen bald »mit virenlosen Grüßen«? Und wer vor Ihnen hatte dieses Buch eigentlich in der Hand? Was?! Sie sind ja leichtsinnig!
Die Corona-Zeit hat einige etwas seltsam anmutende Grußformen hervorgebracht. Den Ellbogengruß zum Beispiel! Wer hat den eigentlich erfunden? Ein echter Philanthrop kann’s nicht gewesen sein. Statt einen festen Händedruck zu bekommen oder umarmt zu werden, wird einem plötzlich freundlich, aber doch bestimmt, der Ellbogen entgegengestreckt oder besser: entgegengebeugt. Das ist eine Bewegung, die ich aus Filmen mit Bruce Willis kenne, und die dort meist zur abrupten Beendigung eines Gesprächs dient, inklusive Auswechslung der oberen Zahnreihe. So sollen wir uns begrüßen? Das ist alles, was der Menschheit während einer Pandemie einfällt? Mit Ellbogen? Vor Kurzem haben wir uns noch alle über die Ellbogengesellschaft aufgeregt und jetzt wird sie pantomimisch dargestellt, als ob es kein Morgen und kein Übermorgen gäbe. Die Begrüßung sieht aus wie ein einarmiger Ententanz. Werde ich so begrüßt, sage ich höflich: »Ellbogen mache ich nicht, ich winke lieber und schaue in die Augen.«
Die Standardreaktion, übrigens von denselben, die den Macarena früher kommentarlos durchgezogen haben, ist immer: »Ich find’s ja auch doof, aber es machen halt alle.«
»Gut, dann bin ich die Ausnahme, die die Pekingenten-Regel bestätigt.«
Dann kommt vom etwas verunsicherten Gegenüber als Begrüßungsvariante oft der unbeholfene Fußtipper-Versuch. Wir Menschen haben uns jahrtausendelang entwickelt, erst evolutionär auf allen vieren fünfe gerade sein lassen, um irgendwann aufrecht zu gehen – und das ist nun das Ergebnis? Vive l’évolution! Auf allen Viren! Das Fußtipper-Hallo: Ein Bein wird wackelig nach vorn bewegt, in der Erwartung, dass das Gegenüber gleichzieht. Dabei hört man: »Soll man ja dreimal machen.« What? Ich tippe doch keinem menschlichen Wesen dreimal mit meinem Fuß unbeholfen an seinen. Diese Bewegung bleibt weiterhin fest reserviert für Badezimmermülleimer – oder ihre Entsprechungen in der Tierwelt: diese kleinen kläffenden Hunde, die einem zu nah kommen. Man kennt diese mutierten Hamster, die, wenn sie aufrecht stehen, einer Ratte direkt in die Augen schauen können. Ältere Frauen oder Midlife-Crisis-Männer laufen mit ihnen auf dem Arm herum.
Später kam noch die Faust als Begrüßungsform dazu. Der Fist-Bump. Von der Ellbogengesellschaft zum Faustrecht. Konsequente Weiterentwicklung …
Ich achte bei Begrüßungen auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Lasst uns doch mal wieder gegenseitig freundlich offen in die Augen schauen! Statt ein bloßes »Hallo« ein »Ich sehe dich!« – »Ich dich auch!« – »Schön, dass wir uns mal wieder gesehen haben!« – »Tschüss!«
Hatschi! Entschuldigung, ich musste kurz niesen, natürlich in die Armbeuge. Auch ein brandneuer Move, an den man sich gewöhnen musste. Ich habe Wochen gebraucht und fast drei Freunde verloren, bis mir klar wurde: Es muss die eigene sein. Den finde ich jedoch sinnvoll, weil man so andere nicht dadurch ansteckt, dass man seine Niesergebnisse zwischenparkt. In meiner Armbeuge hatte sich übrigens in den ersten Wochen ein Feuchtbiotop entwickelt, für das ich bei den Grünen einen Krötentunnel beantragen hätte können. Ich habe es dann als Schul-Biologie-Projekt meiner Tochter zur Verfügung gestellt.
Ich hoffe, dass sich alle Leserinnen und Leser vor der Lektüre dieses Buchs geduscht haben. Als Autor wünscht man sich mit allen Wassern gewaschene Leserinnen und Leser.
Viele mussten nach dem Lockdown erst wieder lernen, sich der Außenwelt in olfaktorisch akzeptabler Form zu präsentieren. Man war ja halb Mensch, halb Jogginghose. Social Distancing mit 1,5 Metern war oft etwas zu eng gedacht – nach einer Woche ohne körperliche Hygiene hätte es auch ein bisschen mehr sein können. Deshalb waren auch einige verwirrt, als die Hygiene-Demos losgingen. War das jetzt gegen oder für Hygiene? Waren das neoliberale Duschdas-Revolutionäre oder antisozialistische Silberfischchen-Züchter? Auf diesen Demos liefen viele Gestalten rum, denen ich nicht ungeduscht begegnen möchte. Einige skandierten: »Freiheit oder Tod!« Was für ein Tod sollte das sein? Durch Erstinken?
In der Zeit der Ausgangsbeschränkungen hatte Duschen so viel Priorität wie Klammerblues. Die morgendlichen Verbrauchsspitzen haben sich laut Energieversorgern immer weiter nach hinten geschoben. Insgesamt wurde aber mehr Wasser verbraucht als sonst – weil es draußen so trocken war. Lieber die Pflanzen gießen als sich selbst, war das Motto. Stinken für die Umwelt! Es war auch mehr oder minder egal, solange die ganze Familie dabei mitgemacht hat. Man war ja hauptsächlich daheim. Ab und an Supermarkt, aber das ging auch mal mit einer halben Flasche 4711. Das ist übrigens das, womit der amerikanische Präsident sofort gurgeln würde, um sich zu schützen.
Aber auch optisch haben sich in dieser Zeit die Menschen verändert. Manche Leute hat man nicht mehr wiedererkannt beim Bäcker. Selbst solche, die sonst extrem auf ihr Styling achteten, haben ihre Wohnungen im Catweazle-Gedächtnis-Modus verlassen: Die Olchis haben Ausgang! Da wusste man oft nicht mehr genau, wer geht da eigentlich mit wem Gassi? Vor dem Supermarkt hat mich mal ein Mann mit seinem Ellbogen begrüßt, den ich noch nie gesehen hatte. Ich dachte erst, das ist einer, der nur einen Euro von mir will. Doch an der Stimme erkannte ich plötzlich: Das war mal mein Banker. Insofern passte das mit dem Euro auch.
Ich muss zugeben, ich fand es in den ersten Wochen schon auch schön, mal so richtig zu verlottern. Gott, habe ich gern gestunken! Wie Rock am Ring für zu Hause. Nur ohne Mucke und Dixi Klos. Freiwillige Selbstverwackung. Quasi Rockfestival im Home Office. Irgendwann merkte man das auch selbst gar nicht mehr. Aufgefallen ist es mir erst, als der Paketbote sich weigerte, zur Tür zu kommen, und das Paket in Sicherheitsabstand vor dem Haus ablegte. Anti-Social-Distance-Delivering!
»Herr Mittermeier, das weht jetzt aber wirklich zu weit!«
»Ich rieche nix!«
Es war so schön im Smelldown – im Dunste unserer Anti-Fa-Lebensform (ich meine das Duschgel). Unheimlich fand ich, dass ich plötzlich im Internet immer öfter eine bestimmte Werbung angezeigt bekam. Ein Werbespot für ein 96-Stunden-Deo. Ja, das gibt’s wirklich! Mit dem Slogan »Invincible Man Anti-Transpirant«. Wow! Unbesiegbar ist man eh in so einem Verlotterungszustand. Weil dich niemand angreift. Da hat man keine natürlichen Feinde mehr, die sich im Nahkampf messen wollen. Vielleicht ist das ja auch von der Natur so vorgesehen. Quasi biologische Notwehr. Wenn Körperkontakt gefährlich ist, dann versucht der Körper, sich in einen Zustand zu versetzen, in dem andere ihn nicht berühren wollen.
Ich habe mich jedenfalls gefragt, ob das Deo wirklich so lange hält. Es gibt einen Film mit Liam Neeson, der heißt 96 Hours. Ich weiß nicht, ob da ein Zusammenhang besteht – jedenfalls sind darin am Ende alle tot, die ihm begegnet sind. Hier noch ein Hinweis für alle, die nicht so gut in Mathe waren: 96 Stunden sind vier Tage. Vier Tage Riechschutz. In Corona-Zeiten vielleicht sinnvoll, aber wer ist vorher die Zielgruppe gewesen: Leute, die gut riechen wollen, sich aber vier Tage nicht waschen? Wer braucht so was? Leute, die im Stall schlafen, bis Inka Bause sie abholt? Ich warte jedenfalls darauf, dass ein Deo rauskommt mit einem Namen wie Cliff Corona Times oder Axe Anti-Virus.
Vor dem nächsten Kapitel gibt es nun die Möglichkeit, sich noch mal frisch zu machen. Ich sage nicht, dass ihr müsst, aber schön wär’s schon …
Lockdown bedeutete für mich Lachdown. Das war der Tag, ab dem ich für längere Zeit nicht mehr auf einer Bühne stehen und Menschen zum Lachen bringen durfte. Ich war dann zwölf Wochen und vier Tage ohne Auftritte. Das hatte ich in 34 Jahren Tour noch nie. Das war wie drei Monate ohne Sex. Und Selbstbelustigung funktionierte auch nur bedingt. Nicht mal vorm Spiegel: »Hey, Michl, kennst du den schon?«
»Ja, den habe ich selbst geschrieben!«
Die einzigen Comedians, die in dieser Zeit auftraten, standen vorn bei den Corona-Demos oder waren Administratoren der Telegram-Gruppe. Ich hatte so einen Pointen-Stau. Es musste raus. Zu Hause wurde es immer schwieriger. Und sicher nicht nur bei uns. Dachte denn niemand an die gesamtgesellschaftlichen Folgen? Auf der ganzen Welt haben Komikerinnen und Komiker ihre Familien unglücklich gemacht, indem sie versuchten, wohnsystemrelevante Partnerinnen, Partner und Kinder als Witzableiter zu nutzen. Wie Crash Test Dummies im Windwitzekanal, und ich war die Wand, die auf sie zuraste. Inventar-Inventur. Meine Frau sagte schon nach einer Woche zu mir: »Noch einen Witz und du bist tot!« Daran gab’s nicht viel zu deuten. Und meine zwölfjährige Tochter ist in der Vorpubertät, das ist ein schwieriges Publikum. Vorpubertät ist die Übergangsjacke. Meistens falsch und nie schön. Da ist es egal, was ich zu ihr sage. Ihre Standardreaktion war immer ein Satz mit tödlich gelangweiltem Unterton: »Ha, ha, sehr witzig, Papa!« Das ist hart für einen Komiker, wenn man das 30 Mal am Tag hört. Zu dem Spruch kam dann noch ein wie zufällig-abfälliges Zischgeräusch in einer Lautstärke wie ein Gasleck auf offener See und ein Augenverdrehen, bei dem selbst die besessene Linda Blair neidisch werden und der Exorzist kampflos aufgeben würde.
So blieb mir nur mein Kater Neo übrig. Ein harmloser Hundewitz? Vielleicht würde er ja lachen. Und was hat der gemacht? Setzte sich demonstrativ vor mich hin, hob ein Bein über den Kopf und leckte sich den Hintern. Ich spreche nicht perfekt felidaeisch, aber es gab wohl nur eine Bedeutungsmöglichkeit: »Der Witz war für die Katz!«
Das war der Moment, in dem ich meinen ersten Autokino-Auftritt zugesagt habe. Endlich wieder unter Menschen … wenn auch mit metallener Ganzkörpermaske. Quasi Premium-Vollgesichtskaskoschutz. Irre, was zu Corona-Zeiten plötzlich wieder auftaucht: Autokinos, Plastiktüten … Eva Herman. Zum Auftritt trudelten auch die ersten Interviewanfragen ein. Das allererste Gespräch begann gleich mal höchstgradig investigativ: »Herr Mittermeier, erzählen Sie doch mal einen lustigen Corona-Witz!«
Sehr gern! Der Pointen-Serial-Killer in mir war geweckt. Mein erstes Opfer – so haben wir’s bei Das Schweigen der Lämmer gelernt – lag nah: Die Corona-App. Sie besitzt viel Humorpotenzial! Witzappeal! Fast 15 Millionen Menschen hatten sie damals bereits runtergeladen. Ich dachte erst: Corona-App, was ist das? Tinder für Kranke? Statt wischen nun desinfizieren? Wäre wie Tinder umgekehrt: Hier siehst du schon vor dem Match, wer in deiner Umgebung eine Infektion hat. Safer Sexting.