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Ihre heiße Nacht mit Jared in Toronto sollte eigentlich ein einmaliges Erlebnis bleiben. Doch als Devon den erfolgreichen Unternehmer zufällig in New York wiedertrifft, landen sie gleich im Bett. Devon verliebt sich unsterblich in Jared - der jegliche Bindung ablehnt! Wird sich seine Einstellung ändern, wenn er erfährt, dass sie sein Kind erwartet?
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Seitenzahl: 204
IMPRESSUM
Ich kann nicht von dir lassen erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 1999 by Sandra Field Originaltitel: „Jared‘s Love-Child“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1366 - 2001 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Elke Schuller-Wannagat
Umschlagsmotive: GettyImages_gpointstudio
Veröffentlicht im ePub Format in 1/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733755157
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Ihr war heiß, sie litt an Jetlag, und sie war spät dran.
Die Straße zum Landsitz The Oaks zog sich nicht nur scheinbar endlos lang hin, sondern war noch dazu blockiert von den Limousinen elegant gekleideter Gäste, die möglichst früh bei der Hochzeit zu erscheinen gedachten. Seufzend strich Devon Fraser sich über die Stirn und versuchte, sich zu entspannen.
Sie saß in ihrem offenen roten Kabrio und trug noch die Sachen, in denen sie vierundzwanzig Stunden zuvor aus dem Jemen abgereist war: ein grünes Leinenkostüm, das ihr nicht besonders gut stand und außerdem zerknittert war, eine hochgeschlossene Bluse und grüne Pumps, die sie schrecklich drückten. Sie hatte kein Make-up aufgelegt, war übermüdet und freute sich überhaupt nicht auf die kommenden Stunden.
Die Trauung, bei der sie zu spät erscheinen würde, war die ihrer Mutter Alicia – deren fünfte, genau gesagt. Diesmal ehelichte Alicia einen reichen Mann namens Benson Holt, dessen Sohn Jared sie – wie sie behauptete –, in Angst und Schrecken versetzte. Jared sollte als Trauzeuge seines Vaters fungieren, sie, Devon, die Brautjungfer für ihre Mutter spielen.
Ich habe in den vergangenen Tagen mit märchenhaft reichen Arabern erfolgreich verhandelt und lasse mich nicht von einem Playboy aus Toronto namens Jared Holt einschüchtern, sagte Devon sich.
Die Hochzeitsfeier sollte um sechs Uhr beginnen, und es war bereits fünf nach fünf. Am Tor zu The Oaks gab es noch eine mehrere Minuten dauernde Verzögerung, weil kontrolliert wurde, ob die Gäste tatsächlich Einladungen vorweisen konnten. Nun musste schon ein kleines Wunder geschehen, damit Devon sich von einem zerzausten Aschenputtel noch in eine strahlende Brautjungfer verwandeln konnte. Brautjungfern strahlten doch – oder war das die Braut?
Devon wusste es nicht, da sie nie Braut gewesen war und auch niemals eine sein wollte. Nein, das Heiraten überließ sie ihrer Mutter.
Große alte Eichen säumten die Auffahrt, neben der sich weitläufige Koppeln mit samtweichem Gras erstreckten. Alicias zukünftiger Ehemann war sichtlich sehr reich, was Devon keineswegs überraschte. Ihre Mutter behauptete zwar, Romantikerin zu sein, hatte aber noch nie einen mittellosen Mann geheiratet.
Auf den Koppeln weideten Stuten und deren Fohlen, und Devon vergaß vorübergehend, wie eilig sie es hatte. Bei dem nur zehn Minuten dauernden Zwischenstopp in ihrem Apartment in Toronto hatte sie glücklicherweise ihre Reitsachen in den Koffer geworfen, und nun konnte sie sich wenigstens auf einen Ritt auf einem Vollblüter freuen – die einzige Freude, auf die sie hoffen durfte.
Die Eichenallee führte zu einem von Hecken umgebenen und mit Statuen geschmückten, ovalen Vorplatz, hinter dem das Haus in Sicht kam: ein eindrucksvolles Gebäude im Stil englischer Herrenhäuser, aus dunklem Backstein mit ungezählten Fenstern und Kaminen. Devon fuhr direkt vor den Eingang und hielt mit quietschenden Bremsen. Rasch stieg sie aus und nahm den Koffer und einen Kleidersack vom Rücksitz. Jeder einzelne Muskel tat ihr weh, sie fühlte sich scheußlich – und sah auch so aus.
Sie eilte zur Haustür und stellte den Koffer ab, doch bevor sie klingeln konnte, wurde geöffnet.
„Sieh da“, sagte ein Mann spöttisch. „Miss Fraser! Spät, aber doch.“
Devon strich sich übers Haar. „Ja, ich bin Devon Fraser. Würden Sie mir bitte mein Zimmer zeigen? Ich habe es sehr eilig.“
Er musterte sie kritisch von der zerzausten Frisur bis zu den staubigen Schuhen. „Sie sind sogar sehr spät dran“, fügte er hinzu.
Im ersten Moment hatte Devon vermutet, er sei der Butler, aber nun korrigierte sie sich. Dieser Mann nahm keine Befehle entgegen, nein, er gab sie und erwartete, dass sie sofort ausgeführt wurden.
Er kam vor die Tür ins Sonnenlicht, und jetzt erst konnte Devon ihn genau betrachten. Groß blickte sie ihn an, und ihr Herz begann wie wild zu pochen.
Das war der attraktivste Mann, der ihr jemals begegnet war! Devon war einen Meter fünfundsiebzig groß, aber er überragte sie um etliche Zentimeter, was sie seltsamerweise ärgerte. Sein Haar war schwarz, er hatte dunkelblaue Augen und ein markantes Gesicht – viel zu markant und eigenwillig, um auf herkömmliche Weise als gut aussehend zu gelten. Der Mann würde ihr noch Kummer bereiten.
Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich sofort. Viele Männer hatten schwarzes Haar und faszinierende Augen, deshalb brauchte sie nicht gleich die Nerven zu verlieren.
Der Unbekannte trug einen maßgeschneiderten Smoking, der die breiten Schultern und die muskulöse Brust betonte. Trotz der kultivierten Erscheinung wirkte er irgendwie ungezähmt und gefährlich, wie ein schwarzer Panther, vor dem man nach dem ersten Blick besser die Flucht ergriff. Und er besaß eine unglaublich männliche Ausstrahlung, der sich bestimmt keine Frau entziehen konnte.
Doch, ich kann es, dachte Devon panisch. Was war nur mit ihr los? Sie hatte es sich zum Grundsatz gemacht, sich vom Aussehen oder dem Sex-Appeal eines Manns niemals beeindrucken zu lassen, und war damit bisher immer gut gefahren. Weshalb geriet sie in Verzückung wegen eines attraktiven Fremden, der sie zu allem Übel auch noch aufhielt!
Beruhige dich, ermahnte Devon sich. Sie war erschöpft und zugleich aufgedreht, wäre lieber in der Wüste gewesen als bei der Hochzeit, und ihre Fantasie machte Überstunden. Schwarze Panther, Gefahr, Kummer? So ein Unsinn!
Inzwischen war sie sich sicher, dass es sich bei dem Mann um Jared Holt handelte, obwohl er nicht wie ein Playboy wirkte. Dass ihre Mutter von ihm eingeschüchtert war, verstand sie hingegen sehr gut.
„Und wer sind Sie?“, fragte Devon schließlich kühl.
Darauf antwortete er nicht, sondern sagte: „Ich hatte gehofft, Sie würden nicht erscheinen. Dann hätte man diese fatale Hochzeit wenigstens verschieben können.“
„Pech! Hier bin ich.“ Devon behielt für sich, dass sie die fünfte Ehe ihrer Mutter ebenfalls als Katastrophe ansah. „Sie sind vermutlich Jared Holt?“
Er nickte, machte aber keine Anstalten, ihr die Hand zu schütteln. „Sie sind ganz anders, als ich erwartet habe. Ihre Mutter schwärmt ständig davon, wie schön Sie sind.“
„Sie möchten meine Mutter nicht in Ihrer Familie haben. Und mich auch nicht, stimmt’s?“
„Richtig!“
„Und ich will Sie und Ihren Vater nicht in meiner haben, Mr. Holt.“
An seinem markanten Kinn zuckte ein Nerv. „Warum haben Sie dann nicht einfach Ihr Flugzeug verpasst, Miss Fraser? Ihre Mutter hätte die Zeremonie sicher nicht ohne Sie durchgezogen.“
„Ich bin nicht die Hüterin meiner Mutter“, erwiderte Devon eisig. „Sie geht womöglich eine unüberlegte Ehe ein, aber sie ist volljährig. Ihr Vater, Mr. Holt, ist es ebenfalls.“
„Sieh mal an, Sie haben ja Krallen. Interessant. Die passen nicht zu Ihrem Aufzug.“ Wieder musterte er abschätzend ihr zerknittertes Kostüm und die hochgeschlossene Bluse.
„Mr. Holt, ich war in den vergangenen vier Tagen beruflich in Arabien und habe mit sehr einflussreichen Männern über Abbaurechte verhandelt. Dort gelten andere Bekleidungsvorschriften für Frauen als bei uns. Der Abflug aus dem Jemen hat sich verzögert, ich habe den Anschluss in Hamburg verpasst, Heathrow war ein Albtraum von endlosen Menschenschlangen und Sicherheitskontrollen, und dann kam zu allem noch ein wilder Streik der Gepäckabfertiger in Toronto hinzu, ganz zu schweigen von dem Verkehr in der Stadt. Ich bin müde und schlecht gelaunt. Warum sagen Sie mir nicht einfach, wie ich mein Zimmer finde, damit ich mich endlich umziehen kann?“
„Schlecht gelaunt?“ Er verzog die Lippen. „Das ist eine Untertreibung. Sie brodeln förmlich vor Gefühlen – wie alle Frauen.“
„Verallgemeinerungen sind ein Zeichen von Denkfaulheit“, erwiderte Devon honigsüß. „Und die Worte, die meine derzeitige seelische Verfassung am treffendsten beschreiben, verwende ich nicht in Gegenwart von Fremden. Wo ist denn nun mein Zimmer, Mr. Holt?“
„Ich hatte recht – hinter Ihrer unansehnlichen Fassade geht viel mehr vor als nur schlechte Laune. Was haben Sie dagegen, dass Ihre Mutter einen sehr reichen Mann heiratet? Davon profitieren Sie doch auch.“
Verlier nicht die Beherrschung, ermahnte Devon sich und biss kurz die Zähne zusammen. Das könnte Jared Holt so passen, dass sie fünf Minuten nach der Ankunft wie eine Furie zu schreien begann und sich lächerlich machte. „Meine Mutter war schon mit wesentlich reicheren Männern verheiratet“, informierte sie ihn kühl. „Ich habe keine Ahnung, warum sie sich diesmal mit so wenig begnügt. Außer natürlich, Ihr Vater hat Charme – im Gegensatz zu Ihnen.“
„Ich kann charmant sein, wenn es mir passt, und ich hasse es, mit Leuten zu reden, die eine Sonnenbrille tragen.“ Blitzschnell nahm Jared ihr die Brille ab.
Flüchtig änderte sich sein verächtlicher Ausdruck, aber nur so kurz, dass Devon sich fragte, ob sie sich das nur eingebildet hatte.
„Ich zeige Ihnen jetzt Ihr Zimmer“, sagte Jared schroff. „Es liegt neben dem Ihrer Mutter. Nach der Trauung zieht sie natürlich in die Suite meines Vaters.“
Sie lächelte gespielt unschuldig. „Ach, Sie haben Probleme damit, dass Ihr Vater noch sexuell aktiv ist? Vielleicht brauchen Sie einen guten Psychiater.“
„Mir ist egal, mit wem er schläft, aber nicht, wen er heiratet.“
Sie lachte spöttisch. „Warum überrascht mich das nicht?“
„Lassen Sie uns eins klarstellen“, erwiderte er so wütend, dass sie sich zusammenreißen musste, um nicht einen Schritt zurückzuweichen. „Und richten Sie es auch Ihrer Mutter aus: Ich werde nicht zulassen, dass sie meinen Vater über den Tisch zieht, wenn es zur Scheidung kommt – und die ist, angesichts des bisherigen Lebenslaufs Ihrer Mutter, so sicher wie das Amen im Gebet. Haben Sie verstanden, Miss Fraser, oder soll ich es wiederholen?“
Zur Hölle mit dem guten Vorsatz, sich zu beherrschen! Sie war nicht tausende Kilometer gereist, um sich solchen Schwachsinn anzuhören. „Wissen Sie was?“, fragte Devon empört. „Ich bin in den vergangenen acht Jahren in ungefähr vierzig verschiedenen Ländern dieser Erde gewesen und habe in keinem einzigen einen Mann getroffen, der so unhöflich und unsensibel ist wie Sie, Mr. Holt. Sie gewinnen den ersten Preis. Gratuliere.“
Es gelang ihr nicht, ihn zu verärgern. Er verzog nur die Lippen und sagte: „Ich bin nicht unhöflich, nur ehrlich. Erkennen Sie das nicht? Na ja, vielleicht sind Sie nicht daran gewöhnt.“
Devon hatte keine Lust, das Spiel, falls es eins war, noch länger mitzuspielen. „Wollen Sie mich durch dieses alberne Wortgefecht aufhalten, weil Sie hoffen, dass meine Mutter annimmt, ich sei nicht gekommen – und die Zeremonie in letzter Minute absagt? Dann muss ich Sie enttäuschen. Ich finde den Weg auch allein. Bemühen Sie sich nicht!“
Sie wollte an ihm vorbeigehen, aber er hielt sie am Arm fest. Devon blickte zu Jared auf und kam sich plötzlich klein, unbedeutend und unsicher vor – ein Gefühl, das sie hasste. Ebenso sehr wie diesen Mann. „Lassen Sie mich sofort los!“, forderte sie ihn scharf auf.
„Beruhigen Sie sich“, erwiderte er spöttisch. „Ich möchte Sie nur zu Ihrem Zimmer bringen.“ Er bückte sich, um ihren Koffer aufzuheben, und kam ihr dabei so nah, dass sie ihm übers Haar hätte streichen können. „Die Zeit wird allerdings knapp, und ich kenne keine Frau, die weniger als eine Stunde braucht, um sich schönzumachen.“
Ob sich Jareds Haar so seidig anfühlte, wie es aussah? Was ist nur in mich gefahren? fragte Devon sich entsetzt. „Ich bin mir sicher, Sie kennen sehr viele Frauen“, meinte sie herablassend.
„Ja, das stimmt.“
„Meiner Meinung nach ist ein Mann, der sich mit seinen Eroberungen brüstet, es nicht wert, dass man sich mit ihm näher befasst.“
„Und Frauen, die keine Erfahrung mit Männern haben, müssen sich mit Meinungen begnügen, Miss Fraser.“
Anscheinend fand er sie zu unattraktiv, um sich vorstellen zu können, dass sie jemals einen Mann interessiert hatte! Mühsam beherrscht erwiderte sie: „Manche Frauen sind wählerisch, mit wem sie ihre Erfahrungen machen. Sie sehen sehr gut aus, das muss ich Ihnen lassen, aber ein Mann sollte – wiederum meiner Meinung nach – etwas mehr zu bieten haben als eine ansprechende Verpackung.“
„Sie haben beachtlich viele Meinungen für eine Frau, deren Verpackung keinen zweiten Blick wert ist!“
Das wirst du mir büßen, Jared Holt! dachte Devon empört. Sie würde diesen arroganten Playboy schon dazu bringen, ihr mehr als einen zweiten Blick zu gönnen. Im Koffer waren zwei Kleider für die Feier, zwischen denen sie sich bisher noch nicht entschieden hatte: eins dezent, genau richtig für eine Hochzeit im Kreis der oberen zehntausend, das andere elegant, aber zugleich Aufsehen erregend. Jetzt fiel ihr die Wahl nicht länger schwer.
Wenn ich vernünftig wäre, würde ich das langweilige Kleid anziehen, das wäre sicherer für mich, sagte Devon sich dann. Trotz seiner Arroganz und Feindseligkeit fand sie Jared Holt unglaublich attraktiv und fühlte sich wie magisch zu ihm hingezogen. Sein Selbstbewusstsein und seine unglaublich erotische Ausstrahlung reizten sie, vor allem, da er es nicht darauf anlegte, sie, Devon, zu beeindrucken. O nein! Die Zeit und Mühe war sie ihm offensichtlich nicht wert.
„Sie sind ja plötzlich so still“, spottete er. „Gehen Ihnen etwa die Meinungen aus, Miss Fraser?“
„Die wären an Sie nur verschwendet.“
„Der ganze heutige Tag ist Verschwendung“, sagte er heftig.
„Da stimme ich Ihnen ausnahmsweise zu, Mr. Holt.“
Ungeduldig führte er sie endlich ins Haus und durch die weitläufige, sonnendurchflutete Halle zu der schön geschwungenen Treppe. Er hat ziemlich viel Kraft, und Widerstand wäre zwecklos, dachte Devon erschauernd. Da sie Jared Holts unerträgliche Selbstherrlichkeit etwas dämpfen wollte, sagte sie gespielt beiläufig: „Ich habe Ihnen eben ein Kompliment gemacht.“
„Das muss ich überhört haben“, erwiderte er schroff.
„Über Ihr gutes Aussehen. Die attraktive Verpackung. Sie kommen mir übrigens irgendwie bekannt vor, obwohl ich nicht weiß, woher. Haben Sie jemals als Model gearbeitet?“
„Das habe ich nicht!“
Jetzt hatte sie ihn endlich aus der Ruhe gebracht. Langsam ging sie die Stufen hinauf und betrachtete die Bilder der Rennpferde, für deren Zucht Benson Holt berühmt war. „Was für herrliche Tiere“, sagte Devon anerkennend. „Arbeiten Sie in den Ställen für Ihren Vater, Mr. Holt?“
„Nein, das tue ich nicht“, erwiderte er scharf.
Wieder einen Punkt erzielt! „Was tun Sie denn?“
„Ich versuche, ihn vor geldgierigen Frauen zu bewahren – wobei ich allerdings versagt habe.“ Jared führte sie in den Seitenflügel des Hauses und öffnete eine Tür. „Ihr Zimmer ist hier, Ihre Mutter wohnt am Ende des Flurs.“
Bevor Devon protestieren konnte, ging er ins Zimmer und stellte den Koffer vor dem Bett ab. Sie wollte Jared nicht hier haben, nicht in ihrer Nähe – und der des Betts. Freundlich sagte sie: „Versuchen Sie nachher, mal zu lächeln, ja? Außer Sie möchten auf den Fotos aussehen wie ein kleiner Junge, der schmollt, weil er seinen Willen nicht durchsetzen konnte.“
„Sagen Sie mir nicht, was ich tun soll“, erwiderte er leise. „Ich mag das nicht.“
„Interessant! Ich hasse es ebenfalls, herumkommandiert zu werden. Da haben wir ja noch etwas gemeinsam, außer der Abneigung gegen die Hochzeit meiner Mutter und Ihres Vaters.“
„Unglücklicherweise werden wir in Zukunft viel zu viel gemeinsam haben. Ich nehme an, dass Sie ebenso wenig meine Stiefschwester sein wollen wie ich Ihr Stiefbruder. Erntedankfest und Weihnachten im selben Haus, Geburtstage und andere Familienfeiern, und so weiter.“ Jared lächelte sie zynisch an. „Sie und ich werden aneinander gebunden sein, sobald diese Hochzeit stattgefunden hat. Noch ein guter Grund, warum Sie Ihren Flug hätten verpassen sollen.“
„Mein Job bringt es mit sich – ich bin übrigens Anwältin, die sich auf das Aushandeln von Abbaurechten spezialisiert hat –, dass ich einen großen Teil des Jahrs im Ausland verbringe. Sie sind vielleicht für Familienfeste verfügbar, ich nicht.“
Plötzlich schob er ihr eine wirre Haarsträhne hinters Ohr, und Devon musste sich zusammenreißen, um eine ausdruckslose Miene zu bewahren.
„Da wir gerade von Hochzeitsfotos gesprochen haben, ich hoffe, Sie haben vor, sich innerhalb der nächsten vierzig Minuten zu frisieren. Aber lassen Sie die Gäste nicht warten, Miss Fraser. Das ist das Vorrecht der Braut.“
Endlich ging Jared hinaus. Devon ließ den Kleidersack aufs Bett fallen und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Plötzlich klopfte es, und sie fuhr so heftig hoch, als hätte jemand einen Schuss dicht neben ihrem Ohr abgefeuert.
„Ja bitte?“
„Darling, bist du das?“
„Ja. Komm rein, Mom.“
„Ich hörte gerade, dass du angekommen bist. Ich habe mir solche Sorgen gemacht, du könntest es nicht rechtzeitig schaffen, und ich brauche doch dringend deine Unterstützung. Jared sieht mich immer so an, als wäre ich ein geldgieriges Flittchen. Er macht mir Angst. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Benson zu so einem Sohn kommt und … Aber Darling, du bist ja noch nicht umgezogen!“
„Das liegt daran, dass ich gerade erst hier eingetroffen bin“, erklärte Devon, küsste ihre Mutter und betrachtete sie anerkennend. „Du siehst bezaubernd aus.“ Das meinte sie ehrlich.
„Ich wollte kein weißes Kleid tragen. Das hätte ich irgendwie unpassend gefunden. Sehe ich wirklich passabel aus?“ Nervös strich Alicia den Rock des langen cremefarbenen Seidenkleids glatt.
Ausnahmsweise hatte sie auf Rüschen, Spitzen und Perlenstickereien verzichtet, für die sie eine Vorliebe hatte. Das Kleid war schlicht und elegant, die Frisur ebenfalls. Devon hatte ihre Mutter fünf Monate lang nicht gesehen, und damals hatte Alicia Benson Holt gerade erst kennen gelernt gehabt. Nun fragte Devon sich, ob er auch andere Veränderungen bei Alicia bewirkt haben könnte als nur äußerliche.
„Das Kleid ist wunderschön, Mom! Zeig mir doch deinen Verlobungsring.“
Zögernd streckte Alicia die linke Hand aus, an der ein großer Brillant funkelte.
„Ich hoffe, du wirst sehr glücklich“, meinte Devon, um nichts über den Ring sagen zu müssen. Sie fand Brillanten protzig.
Alicia blickte gehetzt auf ihre goldene Armbanduhr. „Die Trauung beginnt in fünfunddreißig Minuten.“
„Dann lässt du mich jetzt besser allein, damit ich mich endlich umziehen kann.“ Devon lächelte. „Ich wollte eigentlich schon gestern zum Polterabend hier sein, aber es gab auf der Rückreise eine Verzögerung nach der anderen.“
„Ich musste beim Dinner zwischen Benson und Jared sitzen.“ Alicia erschauderte. „Weißt du, was er vor drei Tagen gemacht hat? Jared meine ich. Er hat versucht, mich zu bestechen.“
„Wie bitte?“
„Ja, er hat mir eine große Summe angeboten, falls ich auf die Hochzeit verzichte.“
„Wie konnte er das wagen?“
„Oh, der wagt alles. Er ist der Präsident von ‚Holt Incorporated‘ und besitzt Millionen. Die bekommt ein Mann nicht, indem er zimperlich herumtut.“
„Jared leitet das Unternehmen?“, hakte Devon entgeistert nach.
„Er leitet es nicht, es gehört ihm. Er hat ein Vermögen damit gescheffelt und ist fünfzig Mal reicher als Benson.“
Zu „Holt Incorporated“ gehörten ein Hotelunternehmen – in einigen der Hotels war Devon auf ihren Reisen gewesen –, eine Flotte von Kreuzfahrtschiffen, einige Handelsketten und eine äußerst erfolgreiche Computerfirma.
„Warum hast du mir das nie gesagt?“, fragte Devon heiser.
„Wie und wann hätte ich es tun sollen?“, konterte ihre Mutter schlagfertig. „Während eines Ferngesprächs? Du reist doch ständig in der ganzen Welt herum. Und ich kenne interessantere Themen als Jared Holt.“
Devon setzte sich aufs Bett und lachte. „Weißt du was? Ich habe ihn gefragt, ob er in den Ställen seines Vaters arbeite.“
„Darling, du machst jetzt nur einen Scherz, oder?“
„Und vorher habe ich mich erkundigt, ob er jemals als Model tätig gewesen sei.“
Alicia stöhnte. „Wie konntest du bloß?“
„Ganz einfach: Er ist der unhöflichste und arroganteste Mann, den ich jemals getroffen habe. Und ich kenne einige dieser Sorte.“
„Du solltest dich nicht mit ihm anlegen. Er ist ein unangenehmer Gegner, Devon.“
Ihre Mutter nannte sie nur dann beim Vornamen, wenn sie es ernst meinte. „Ich habe keine Angst vor Jared“, sagte Devon nicht ganz aufrichtig. „Nur davor, zu spät zur Trauung zu erscheinen. Also raus mit dir, Mom! Ich muss mich endlich umziehen.“
Alicia umarmte sie kurz, aber herzlich. „Ich bin ja so froh, dass du da bist“, erklärte sie und verließ das Zimmer.
Devon wünschte sich, sie könnte das von sich auch sagen, nahm die Sachen, die sie brauchte, aus dem Koffer und ging ins Bad.
Eine Minute vor sechs Uhr klopfte Alicia an Devons Tür. „Bist du fertig, Darling?“
Devon stand vor dem hohen Spiegel und trug Lippenstift auf. „Komm rein, Mom. Ich brauche nur noch zwei Sekunden.“ Sie befestigte Ohrringe mit schillernden blauen Opalen an den Ohrläppchen.
„Ich bin ein nervöses Wrack“, klagte Alicia. „Es ist meine fünfte Hochzeit, aber ich liebe Benson wirklich und wünsche mir so sehr, dass es diesmal für immer ist und wir alle eine glückliche Familie werden. Glaubst du, ich soll ihn wirklich heiraten, oder mache ich wieder einmal einen schrecklichen Fehler?“
Da Devon den Bräutigam noch nicht kennen gelernt hatte, konnte sie die Frage nicht beantworten. Wenn er allerdings so war wie sein Sohn Jared, dann beging ihre Mutter den schlimmsten Fehler in ihrer Ehelaufbahn. Und der Traum von einer glücklichen Familie war ein Hirngespinst. Weihnachten mit Jared Holt feiern? Nie und nimmer!
„Natürlich wirst du glücklich werden“, versicherte sie ihrer Mutter beruhigend, als sie sah, dass deren Lippen bebten, und legte ihr den Arm um die Schultern. Gemeinsam betrachteten sie sich im Spiegel. „Und jetzt lass uns die Gäste mit unserem Anblick blenden gehen, Mom!“
„Die Bouquets stehen draußen im Flur auf dem Tisch. Wir beide sehen wirklich nett aus, stimmt’s?“, meinte Alicia naiv.
„Nett“ war nicht der Eindruck, den Devon erzielen wollte. Sie trug hochhackige Sandaletten und ein langes Kleid aus schimmernder türkisfarbener Seide, tief ausgeschnitten und seitlich bis zum Schenkel geschlitzt. Auf ihrem Dekolleté glänzte eine Kette mit einem Opalanhänger, und sie hatte das Haar locker aufgesteckt. Einige kleine Strähnen lockten sich im Nacken und an den Schläfen.
„Wir sehen umwerfend aus“, verbesserte sie ihre Mutter. „Und lass dir von Jared nicht die Hochzeit verderben. Er ist es nicht wert.“
Alicia lächelte kämpferisch. „Richtig! Ich lerne allmählich dazu. Ich habe Benson gesagt, ich würde bei der Trauung nicht versprechen, ihm zu gehorchen, weil ich zu alt dafür sei. Er hat nur gelacht und gesagt, er möchte ohnehin keine Fußmatte als Frau. Du wirst ihn mögen, er ist ein wirklich netter Mann.“
Mit genau diesen Worten hatte Alicia den romantischen Italiener, den englischen Lord und den texanischen Ölbaron – ihren zweiten, dritten und vierten Ehemann –, Devon angekündigt, denn ihr lag viel daran, dass ihre Tochter den jeweils Zukünftigen schätzte.
„Ich freue mich schon darauf, ihn kennen zu lernen“, sagte Devon diplomatisch.
Die Bouquets bestanden aus pastellfarbenen Orchideen, und der Fotograf wartete schon auf Braut und Brautjungfer. Während ihr Herz plötzlich ungewohnt schnell pochte, nahm Devon den kleineren der beiden Sträuße und lächelte gehorsam in die Kamera. Dann ging sie neben ihrer Mutter die Treppe hinunter.
„Übrigens, würdest du als Brautführerin fungieren?“, fragte Alicia unvermittelt, als sie unten ankamen.
„O nein!“ Devon wäre beinahe über den Teppich gestolpert.
„Bensons Schwager sollte mich zum Altar führen, aber er hatte vor zwei Wochen eine Krampfaderoperation und humpelt noch. Ansonsten käme nur Jared infrage. Bitte sag ja, Devon!“
Dieser zynische, herrische Schuft als Brautführer ihrer Mutter? Niemals! „Dann gern“, stimmte Devon zu.
Auch vor dem Haus wurden sie fotografiert, wobei Devon sich unauffällig umsah. Weiße Markisen waren zwischen den Bäumen gespannt, um Schatten zu spenden, mit Blumen gefüllte Körbe standen neben den Reihen der Korbstühle, auf denen die Gäste saßen und, begleitet von leiser Harfenmusik, plauderten.
Endlich war der Fotograf zufrieden, und Alicia und Devon schritten zwischen den Stühlen nach vorn. Die Harfenistin beendete mit einem Akkord ihre Darbietung, und stattdessen ertönten nun auf der Orgel neben dem mit weißen Blumen geschmückten Altar die ersten Klänge des Hochzeitsmarsches. Er wurde, wie Devon flüchtig bemerkte, ohne Rücksicht auf den richtigen Takt und die richtigen Noten gespielt.
„Bensons Schwester sitzt an der Orgel“, flüsterte Alicia. „Bessie bestand darauf, und er wollte es ihr nicht abschlagen, um sie nicht zu kränken. O Devon, ich bin so schrecklich nervös! Ich hätte Bensons Antrag niemals annehmen sollen. Warum nur heirate ich immer wieder? Ich bin nicht mehr jung und sollte es inzwischen besser wissen.“