Ihr heimlicher Traum - Patricia Vandenberg - E-Book

Ihr heimlicher Traum E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. Fee Norden und Claudia Leitner hatten sich nach langer Zeit wieder einmal zu einem gemütlichen Kaffeestündchen zusammengefunden. Es war ein schöner, warmer Sommertag. Sie konnten auf der schattigen Terrasse sitzen, während die Kinder im Garten spielten. An Gesprächsstoff mangelte es den beiden jungen Arztfrauen nie, doch an diesem Tag schnitt Claudia ein besonders interessantes Thema an. »Hast du eigentlich gehört, dass Valerie Jenkins jetzt Ballett- und Gymnastikunterricht gibt, Fee?«, fragte sie. »Valerie Jenkins?«, staunte Fee. »Sie ist wieder im Lande?« Claudia lächelte. »Sie hat nur auf dem Lande gelebt und ist nun in die Stadt zurückgekehrt. Wohl auch deshalb, weil ihre Tochter mit der Schule fertig ist.« »Sie war doch wohl in einem Internat?«, meinte Fee sinnend. »Ja, und deshalb wollte Valerie wohl auch nicht zu weit entfernt von ihr leben.« »Geht es ihr wieder gut?«, fragte Fee, denn sie wusste, dass Valerie vor einem knappen Jahr eine schwere Unterleibsoperation in der Leitner-Klinik hinter sich gebracht hatte. »Anscheinend doch«, erwiderte Claudia. Dann blickte sie Fee nachdenklich an.

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Dr. Norden Bestseller – Neue Edition – 39 –

Ihr heimlicher Traum

Patricia Vandenberg

Fee Norden und Claudia Leitner hatten sich nach langer Zeit wieder einmal zu einem gemütlichen Kaffeestündchen zusammengefunden. Es war ein schöner, warmer Sommertag. Sie konnten auf der schattigen Terrasse sitzen, während die Kinder im Garten spielten.

An Gesprächsstoff mangelte es den beiden jungen Arztfrauen nie, doch an diesem Tag schnitt Claudia ein besonders interessantes Thema an.

»Hast du eigentlich gehört, dass Valerie Jenkins jetzt Ballett- und Gymnastikunterricht gibt, Fee?«, fragte sie.

»Valerie Jenkins?«, staunte Fee. »Sie ist wieder im Lande?«

Claudia lächelte. »Sie hat nur auf dem Lande gelebt und ist nun in die Stadt zurückgekehrt. Wohl auch deshalb, weil ihre Tochter mit der Schule fertig ist.«

»Sie war doch wohl in einem Internat?«, meinte Fee sinnend.

»Ja, und deshalb wollte Valerie wohl auch nicht zu weit entfernt von ihr leben.«

»Geht es ihr wieder gut?«, fragte Fee, denn sie wusste, dass Valerie vor einem knappen Jahr eine schwere Unterleibsoperation in der Leitner-Klinik hinter sich gebracht hatte.

»Anscheinend doch«, erwiderte Claudia. Dann blickte sie Fee nachdenklich an. »Weißt du, was ich mir so gedacht habe?«

»Sag es!«

»Wir könnten doch einen Gymnastikkurs belegen. Schorschi meint auch, dass so was immer gut ist.«

»Gar keine schlechte Idee«, pflichtete ihr Fee bei. »Vorausgesetzt, dass wir nicht durch die ganze Stadt fahren müssen.«

»Aber nein, mit dem Auto sind es höchstens acht Minuten bis zu Valeries Haus.«

»Dann könnten wir uns ja mal informieren«, meinte Fee. »Ich bin froh, dass sie wieder Anschluss ans Leben gefunden hat.«

Die, von der gesprochen wurde, war eine berühmte Solotänzerin gewesen. Es war nicht die Unterleibsoperation gewesen, die ihre Karriere beendet hatte. Valerie Jenkins war von einigen Schicksalsschlägen aus dem Gleichgewicht gebracht worden. Daran konnte sich auch Dr. Daniel Norden noch sehr gut erinnern, als Fee am Abend mit ihm über Valerie sprach.

Es war gut acht Jahre her, dass er zu der kleinen Nicole Jenkins gerufen wurde, die ganz plötzlich sehr hohes Fieber bekommen hatte, während ihre schöne Mutter einen rauschenden Erfolg in einer Schwanensee-Auf­führung feierte. Ganz jung verheiratet waren Daniel und Fee da gewesen.

Die damals zehnjährige Nicole war ein überaus zartes Kind, das fürsorglich von ihrer gütigen Großmama betreut wurde.

Dr. Norden stellte fest, dass Nicole an einer schweren Virusgrippe litt, und es bestand sogar Verdacht auf Gehirnhautentzündung. Das Kind musste in die Klinik gebracht werden, und ein tragischer Zufall wollte es, dass ihre Großmama bei einem schrecklichen Autounfall das Leben verlor, als sie Nicole in der Klinik besuchen wollte.

Das war der erste Schicksalschlag für die schöne, berühmte Valerie, zumindest der erste, von dem Dr. Norden Kenntnis bekam. Nicole wurde glücklicherweise schneller wieder gesund, als zu hoffen gewesen war, aber der Tod der geliebten Großmama machte aus dem fröhlichen Kind ein melancholisches. Ihretwegen legte Valerie eine längere Pause ein, aber dann folgte schon der zweite Schicksalsschlag. Valerie rutschte bei einer Probe aus und brach sich das Fußgelenk.

Mit ihrer Karriere als Solotänzerin war dies das Ende. Glücklicherweise war sie so hoch versichert und hatte zudem auch noch so viel von ihrer Mutter geerbt, dass finanzielle Sorgen sie vorerst nicht belasten mussten, was freilich Trauer und Schmerz nicht aufwiegen konnte.

Da Nicoles gesundheitliche Verfassung jedoch stets zu wünschen übrig ließ, entschloss sich Valerie schweren Herzens, ihre Tochter in ein Internat zu geben, in dem sie besser betreut wurde als in einer öffentlichen Schule, denn das Mädchen war sehr intelligent und lernbegierig, jedoch zu kontaktarm, um es in einem rauhen Schulklima zu etwas zu bringen.

Lange Zeit hatte man von Valerie Jenkins nichts mehr gehört, bis sie sich dann einer Uterusamputation unterziehen musste, da sich eine bösartige Geschwulst in der Gebärmutter gebildet hatte. Valerie vertraute sich Dr. Norden an, und er überwies sie zu Dr. Leitner. Für eine schöne, noch immer begehrenswerte Frau von erst siebenunddreißig Jahren mochte es besonders schlimm sein, sich einer solchen Operation unterziehen zu müssen, doch man lernte Valerie wiederum als eine ungeheuer tapfere Frau kennen, die auch diesen neuen Schicksalsschlag meisterte. Ihr heißer Wunsch war ja zu leben, für Nicole, ihre geliebte Tochter, bis diese endlich auf eigenen Füßen stehen könnte.

»Es ist eine gute Idee, einen Gymnastikkurs bei ihr zu belegen«, sagte Dr. Norden zu seiner attraktiven Frau.

»Werde ich etwa zu dick?«, fragte Fee schelmisch.

»Ach was, ich denke vor allem daran, dass es Valerie guttun wird, wenn sie mit ein paar netten Frauen zu tun hat. Einfach stelle ich es mir nicht vor, sich auf diese Weise Geld verdienen zu müssen.«

»Ob sie es muss«, meinte Fee nachdenklich, »vielleicht braucht sie einfach eine Betätigung. Nicole ist inzwischen erwachsen. Es ist doch möglich, dass sie eigene Wege gehen will.«

Daniel blinzelte seiner Frau zu. »Nun, ich denke, wir werden es bald erfahren«, sagte er mit einem hintergründigen Lächeln. »Du wirst es schon herausbringen, Feelein.«

»Valerie ist eine bewundernswerte Frau«, erklärte Fee. »Es ist bestimmt keine Neugierde, wenn wir zu ihr gehen.«

*

Ein bisschen Neugierde war aber doch dabei, und schon bald machten Fee und Claudia sich auf den Weg. In früheren Jahren hatte Valerie einen modernen Bungalow bewohnt, nun aber gelangten Fee und Claudia zu einer stilvollen Villa, die fast wie ein kleines Palais wirkte, weiß getüncht, sehr gepflegt, umgeben von einem romantischen Park.

Eine elfenhaft wirkende Gestalt im duftigen türkisfarbenen Sommerkleid kam ihnen leichtfüßig, fast schwebend, entgegen. Das blonde lockige Haar war hochgesteckt, und die beiden Arztfrauen blickten in ein sehr apartes, zartes Gesicht, das von großen violetten Augen beherrscht wurde.

Das Mädchen stutzte, verhielt den Schritt, nachdem es leicht den Kopf zum Gruß geneigt hatte, und ein bezauberndes Lächeln teilte die weichgeschwungenen Lippen.

»Frau Leitner«, sagte eine schwingende Stimme, freudig bewegt.

»Nicole«, staunte Claudia, »so erwachsen!«

»Aus Kindern werden Leute«, lachte Nicole. »Mamutsch wird sich freuen über diesen lieben Besuch.«

Dann sah sie Fee an, fragend, bewundernd und nachdenklich werdend.

»Fee Norden«, sagte Claudia.

Feine Röte stieg in Nicoles Wangen. »Oh, es ist lange her«, flüsterte sie. »Ich war damals ein kleines Mädchen.«

Fee nickte. Jetzt aber war Nicole eine sehr reizvolle junge Dame geworden, zwar immer noch zart, aber doch schon eine kleine Persönlichkeit.

»Schade, dass ich eine Verabredung habe«, sagte sie, »aber ich werde Sie hoffentlich öfter sehen.«

Sie schwebte davon, und Fee sah Claudia gedankenvoll an. »Verwirrend«, murmelte sie.

»Wieso?«

»Dass sie so manchem Mann den Kopf verdrehen wird, oder schon verdreht hat«, sagte Fee. »Hoffentlich gerät sie dabei nicht an den Falschen.«

»Sie wirkt sehr selbstbewusst«, stellte Claudia fest.

»Auch das schützt vor mancher Torheit nicht«, meinte Fee. Dann aber gingen sie auf das Haus zu. Ein adrett gekleidetes, nicht mehr ganz junges Mädchen, öffnete ihnen die Tür.

Doch kaum hatte Claudia ihren Namen genannt, stand Valerie Jenkins schon in einer Tür, ebenfalls von zierlicher Gestalt, aber größer als ihre Tochter, und ihr madonnenhaftes Gesicht war umgeben von dichtem blauschwarzem Haar, in das sich allerdings schon viele weiße Fäden mischten, was aber besonders apart wirkte.

»Welche Freude«, sagte sie mit dunkler Stimme, »und auch Fee Norden gibt mir die Ehre. Wie schön, nicht ganz vergessen zu sein.«

Herzlicher konnte eine Begrüßung nicht sein, und Valeries dunkle Augen leuchteten, als ihre Blicke zwischen Fee und Claudia hin und her wanderten.

Sie nahmen in einem stilvoll eingerichteten Zimmer Platz, in dem es angenehm kühl war.

»Wir dachten, dass es uns guttun würde, einen Gymnastikkurs bei Ihnen zu belegen, Valerie«, begann Claudia dann leicht verlegen, als sie so nachdenklich gemustert wurde, »oder sind Sie bereits ausgebucht?«

»Aber nein«, erwiderte Valerie mit einem leicht spöttischen Lachen. »Mein Name scheint kein Lockmittel mehr zu sein, aber man kann es ja auch langsam angehen. Ich wollte einfach nicht mehr untätig herumsitzen. Es geht ja nicht ums Verdienen.«

Das konnte man sich denken, wenn man diese Räumlichkeiten sah.

»Erinnern Sie sich noch an den Filmproduzenten Drosten?«, fragte Valerie.

»Flüchtig«, erwiderte Fee, »er ist vor ein paar Jahren gestorben.«

»Ja, und er hat mir diesen Besitz hinterlassen. Warum ausgerechnet mir, ist mir noch immer nicht klar, denn ich habe ihn einmal sehr enttäuscht, als ich seinen Heiratsantrag ablehnte. Immerhin war er gut vierzig Jahre älter als ich. Da er aber keine Erben hatte, konnte mir niemand gram sein. Anscheinend meint man aber, dass ich gewaltige Honorare fordern werde, wenn ich solch ein Haus bewohne, und so kommen die Interessenten nur zögernd. Doch zumindest kann ich Nicole im Auge behalten.«

»Wie meinen Sie das?«, fragte Fee nachdenklich.

»Sie will auch Tänzerin werden, und solange ich sie unter meinen Fittichen habe, wird sie nicht überbeansprucht. Ich hoffe, dass ich ihr diesen Plan auch noch ausreden kann, wenn sie etwas vernünftiger geworden ist.«

»Warum wollen Sie es ihr ausreden, Valerie?«, fragte Claudia.

»Sie hat nicht die Kondition für diesen Beruf, aber das will sie nicht wahrhaben.«

»Sie ist entzückend«, sagte Fee leise. »Wir haben sie draußen getroffen.«

»Und dessen ist sie sich sehr bewusst«, erklärte Valerie mit ernster Miene. »Sie hat im Internat eine ausgezeichnete Ausbildung genossen, und von all ihren Hemmungen ist nichts geblieben.«

»Darüber sollten Sie sich doch freuen«, sagte Fee irritiert.

»Ja, gewiss, aber man hat ihr auch den Floh ins Ohr gesetzt, meine Nachfolgerin zu werden. Ihre Gymnastiklehrerin gehörte leider zu meinen Fans. Mit ihrer Intelligenz kann sie einen vernünftigen Beruf ergreifen und es dabei weit bringen.«

»Jetzt sagen Sie nur, dass Sie nicht intelligent sind«, sagte Claudia.

»Ich bin durch eine harte Schule gegangen. Ich möchte, dass Nicole ein glücklicheres Leben hat als ich«, erwiderte Valerie leise. »Ich habe zudem Angst um ihre Gesundheit. Sie, Frau Norden, wissen, wie anfällig sie war. Und außerdem kann man es in diesem Beruf noch so weit bringen, in gewissen Kreisen wird man doch schief angesehen.« Da war viel Bitterkeit in ihrer Stimme, doch Fee wollte diesbezüglich keine Frage stellen.

»Wir leben in einer modernen Welt«, sagte sie nur. »Allerdings möchte ich Ihnen insofern rechtgeben, dass man viel Widerstandskraft braucht, wenn man ein hartes Training durchstehen will.«

»Es wird einem nichts geschenkt«, nickte Valerie. »Ich hatte damals nichts als mein Talent, aber Nicole Ist finanziell völlig gesichert. Sie ist sehr eigensinnig.« Sie machte eine kleine Pause. »Ich möchte mein Kind nicht verlieren«, fügte sie dann bebend hinzu.

*

Es wurde noch über manches andere gesprochen, und dann wurde auch der Termin für den Gymnastikkurs festgelegt.

»Es wären da noch drei junge Damen, die mitmachen würden«, sagte Valerie. »Falls Sie nicht lieber allein …«

»Aber nein«, fiel ihr Fee ins Wort. »Es macht doch mehr Spaß, wenn es ein größerer Kreis ist. Meinst du nicht auch, Claudia?«

»Aber gewiss«, erwiderte diese.

»Ich würde es nicht vorschlagen, wenn es sich nicht um ganz besonders nette Wesen handeln würde«, sagte Valerie. »Tessa Haller ist verheiratet, Sabine Vogler und Brenda Möhring sind Freundinnen von Nicole. Für den Kinderballettkurs habe ich schon zehn Anmeldungen. Das macht sehr viel Spaß, wenn nur manche Mütter nicht zu ehrgeizig wären.«

Fee sah Valerie forschend an. »Und wie geht es Ihrer Gesundheit, Valerie?«

»Danke, es gibt nichts zu klagen«, erwiderte Valerie. »Der Fuß ist wieder ganz in Ordnung.«

Und die Seele?, ging es Fee durch den Sinn. Als sie dann mit Claudia auf dem Heimweg war, äußerte sich auch diese darüber.

»Was mag wohl in ihr vor sich gehen«, sagte sie gedankenverloren.

»Das möchte ich auch gern wissen«, schloss Fee sich an. »Ob sie Angst hat, nicht lange zu leben? War sie zur Nachuntersuchung?«

»Da muss ich Schorsch fragen. Alles sagt er mir nicht von selbst.«

»Ihr rechtes Auge sieht so seltsam aus, ist es dir nicht aufgefallen, Claudi?«

»Doch schon, etwas geschwollen. Man kann doch aber nicht fragen. Aber in Bezug auf Nicole hat sie vielleicht einen falschen Ehrgeiz.«

»Sie will doch gar nicht, dass sie Tänzerin wird.«

»Eben, vielleicht möchte sie, dass sie in die oberen Zehntausend einheiratet, was ihr wohl nicht gelungen ist. Sie hatte da so einen anzüglichen Unterton. Verheiratet war sie doch nie.«

»Aber sie hat ihre Tochter auch nie verleugnet, und Valeries Mutter war eine sehr liebe alte Dame.«

»Missverstehe mich bitte nicht, Fee. Ich habe keine Vorurteile. Ich habe Valerie immer bewundert, aber sie macht jetzt doch einen so, wie soll ich nur sagen …«

»Einen introvertierten Eindruck«, fuhr Fee fort. »Ja, sie ist ganz in sich gekehrt. Und sie hat dieses Studio wohl eröffnet, um sich auf andere Gedanken zu bringen.«

»Hoffen wir, dass sie von Nicole nicht enttäuscht wird«, sagte Claudia.

Drei Tage später erklärte Fee ihren drei Kindern, dass sie um fünf Uhr zur Gymnastik gehen würde.

»Warum denn, Mami?«, fragte Danny staunend.

»Um mich fit zu halten.«

»Du bist aber fit«, meinte ihr Ältester.

»Möchte auch turnen«, sagte Anneka, die Jüngste.

»Gut, ich werde mit Valerie sprechen, ob sie auch schon so kleine Mädchen nimmt«, versprach Fee.

»Buben nicht?«, fragte Felix. »Alleine geht Anneka doch nicht.«

»Gehe schon, bin groß«, versicherte Anneka. »Will auch fit sein.«

»Wir können im Garten turnen«, äußerte sich Danny unwillig. »Und mit Mädchen turne ich schon gar nicht.«

»Mit Anneka schon«, erklärte Felix.

»Ist was anderes«, wurde er von Danny belehrt, »das ist unsere Schwester. Kommst du bald wieder, Mami?« Das klang schon herausfordernd.

»Ich bin ja nur knapp zwei Stunden weg«, erwiderte Fee.

Sie holte Claudia ab. »Ich bin gespannt«, sagte sie lächelnd.

»Ich doch auch«, sagte Claudia. »Zwei Kilo kann ich ruhig wegbringen.«

»Wo denn?«, fragte Fee lachend.

»An den Oberschenkeln.«

»Mach es halblang, mit Storchbeinen brauchst du nicht herumzulaufen. Stell dir mal zwei Kilo Fleisch vor, wie viel das ist.«

»Aber beim Kochen schrumpft es zusammen.«

»Gekocht werden wir hoffentlich nicht«, meinte Fee neckend.

Wieder wurden sie herzlich begrüßt, und Valerie machte sie mit Tessa Haller, Sabine Vogler und Brenda Möhring bekannt. Alle drei kamen anscheinend wirklich deshalb, um ein paar Pfunde zu verlieren, aber sie waren sehr sympathisch.

Dass Valerie eine gute Lehrmeisterin war, konnte sie gleich unter Beweis stellen. Fee und Claudia merkten bald, dass sie so fit, wie sie meinten, gar nicht mehr waren. Es waren leichte Übungen, mit denen sie begannen, aber zwischendurch kamen auch ein paar andere, die mehr verlangten als Grazie. Tessa Haller kam schon ins Schnaufen. Sie war eine hübsche, aber für ihre vierundzwanzig Jahre schon zu rundliche Frau. Und sie war alles andere als graziös. Aber sie war auch selbstkritisch.

»Ich könnte Sie beneiden, Frau Norden«, sagte sie. »Wie machen Sie es nur, bei drei Kindern so schlank zu bleiben?«

»Immer eine Bremse einlegen, wenn es am besten schmeckt«, erwiderte Fee lächelnd.

»Mein Mann isst aber so gern, und wenn ich nicht mithalte, meckert er«, sagte Tessa. »Aber ich möchte doch keine Altweibersachen tragen.«

»Na, so weit ist es ja auch noch nicht«, stellte Fee fest.

»Aber ich nehme laufend zu, und dabei lege ich schon eine Bremse ein.«

»Haben Sie Kinder?«

»Nein«, erwiderte Tessa, »und ich habe …«, aber sie kam nicht weiter, denn Valerie klatschte in die Hände, und es ging weiter. Es machte allen Spaß, nur Tessa tat sich schwerer als die andern. Und dann wurde ihr erst so gerötetes Gesicht plötzlich ganz blass. In Fee regte sich die Medizinerin.

»Macht ihr weiter«, sagte sie, »Tessa muss sich ausruhen.«

Sie hatten sich entschlossen, sich beim Vornamen zu nennen, das machte alles lockerer, und locker wollten sie ja in jeder Beziehung werden, denn Fee hatte längst gemerkt, dass das, was Valerie machte, Bewegungstherapie war. Sie war sehr angetan davon.

Tessa starrte vor sich hin. »So was habe ich erst in letzter Zeit«, sagte sie zu Fee.

»Haben Sie schon mal an eine Schwangerschaft gedacht?«, fragte Fee.

»Nein, keinesfalls. Ich bekomme keine Kinder. Es liegt nicht an mir.« Ihr Gesicht bekam wieder Farbe. Es war Röte der Verlegenheit die in ihre Wangen stieg. »Sie sind ja Ärztin, wie Valerie sagte, Ihnen kann ich es sagen. Es liegt an meinem Mann.«

Ein schwerwiegendes Problem, dachte Fee. Und aus solchem Kummer konnte man auch munter drauflosfuttern.

»Wir führen eine sehr glückliche Ehe«, sagte Tessa rasch, als sie sich so forschend betrachtet sah. »Es stimmt eigentlich alles, und wir möchten beide sehr gern Kinder haben.«

»Man kann eines oder mehrere adoptieren«, sagte Fee.

»Nein, das kommt für Achim nicht infrage. Ihm macht es auch nichts aus, wenn ich immer dicker werde, aber mir wird es immer unbehaglicher, und ich bekomme ja auch schon einen richtigen Bauch, als ob ich wirklich in anderen Umständen wäre.«

»Sprechen Sie doch mal mit einem Arzt«, schlug Fee vor.

»Ich geniere mich so. Unser Hausarzt hat mich schon ganz grob angeredet, dass ich zu fett sei.«

»Keine gute Methode«, meinte Fee. »Ich will keine Reklame machen, aber kommen Sie doch mal zu meinem Mann, oder gehen Sie zu Dr. Leitner. Es könnten ja Störungen im Hormonhaushalt sein.«

»Mit Hormonen bin ich schon vollgepumpt.«

»Vielleicht mit falschen«, sagte Fee. »Ich will Sie nicht überreden, Tessa, aber da ich Ärztin bin, kommt mir die Verteilung Ihrer zu vielen Pfunde auch ein bisschen merkwürdig vor.«

»Früher war ich ganz schlank«, sagte Tessa bekümmert. »Bis vor einem Jahr. Da konnte ich auch essen, was ich wollte. Und Veranlagung ist es auch nicht. Meine Mutter ist viel schlanker als ich. Sagen Sie mir das nächste Mal, ob ich zu Ihrem Mann kommen darf?«

»Sie können schon morgen kommen, wenn Sie wollen. Er nimmt sich bestimmt Zeit.«

»Um wie viel Uhr?«, fragte Tessa hastig.

»Gleich früh oder gegen zwölf Uhr.«

»Früh geht es nicht. Mein Mann braucht es nicht zu wissen. Aber er fährt morgen für zwei Tage nach Köln. Mittags würde es gut passen.«

»Abgemacht«, sagte Fee. »Es wäre doch gelacht, wenn Ihnen nicht zu helfen wäre.«

Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie es das Seelenleben einer noch so jungen Frau belasten konnte, immer gewichtiger zu werden und zudem noch auf ein ersehntes Kind verzichten zu müssen.

*

»Du bist nicht zu retten, Fee«, lachte Daniel, als sie ihm die neue Patientin offerierte.