Im Namen des ... - Marcus Ehrhardt - E-Book
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Im Namen des ... E-Book

Marcus Ehrhardt

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Beschreibung

Im Namen des ... Volkes wird Martin Scharner freigesprochen. Doch im Namen der Rache werden er und zwei weitere Männer von einem Unbekannten zum Tode verurteilt und brutal hingerichtet. Maria Fortmann und ihr Kollege Goselüschen beginnen die Jagd auf den eiskalten Racheengel, doch dieser ist ihnen stets den entscheidenden Schritt voraus. Die Ermittlungen geraten ins Stocken und schon bald stoßen die Kommissare an ihre persönlichen Grenzen. Bisher wurden folgende Titel des Autors veröffentlicht: Steve-Parker-Reihe (Krimithriller): Band 1: Fremde Angst – Burns Cree Band 2: Fremde Angst – Nemesis Maria-Fortmann-Krimireihe: Band 1: Der Tote vom Stoppelmarkt Band 2: Im Namen des ... Band 3: Die Klaviatur der Gerechtigkeit Band 4: Mordseerauschen Band 5: Mordseeflüstern Band 6: Mordseegrollen Band 7: Mordseegrauen Band 8: Mordseelügen (Band 4-8 erscheinen im November als Epub) Als Einzeltitel (Thriller): Von Hass getrieben Dein Glück stirbt in 4 Tagen

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Marcus Ehrhardt

 

 

 

 

Im Namen des ...

 

 

 

 

Maria Fortmann ermittelt

 

Im Namen des ...

 

Copyright © 2018 Marcus Ehrhardt

 

Alle Rechte vorbehalten. Jede Weitergabe oder Vervielfältigung in jeglicher Form ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors erlaubt.

 

Impressum: Marcus Ehrhardt Klemensstraße 26 49377 Vechta Deutschland

E-Mail: [email protected]

Korrektorat / Lektorat: Tanja Loibl

Titelgestaltung: MTEL-Design

Bildnachweis: Wolf-Moebel.de/image.freepik.com/dunkle-grunge-stil-hintergrund-mit-blut-spritzt_1048-5193.jpg

 

 

 

Diese Geschichte ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig oder erfolgen mit ausdrücklicher Genehmigung.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Danksagung

Über den Autor

Eine Bitte am Schluss

 

Kapitel 1

 

 

»Ich habe nicht eine Lage zu wenig angezogen«, sagte sich Lisa Garling, als sie an diesem eiskalten Februarmorgen mit ihrem goldgelben Labrador Flash zum obligatorischen Sonntagsspaziergang aufgebrochen war. Mindestens ein halber Meter Neuschnee müsste heute Nacht gefallen sein und ein beständiger Ostwind sorgte trotzdem für ein leichtes Frösteln bei ihr.

Sie formte zum wiederholten Male einen Schneeball und warf ihn möglichst weit weg. Flash jagte jedem Geschoss hinterher, als sei es ein Stöckchen, das es sich zu apportieren lohnte. Jedes Mal, wenn sie ihn wieder erreicht hatte, klopfte sie dem Rüden lächelnd mit ihren gefütterten Fäustlingen auf die Flanke. Viel Verkehr kam hier in Arkeburg, einem kleinen Kaff vor den Toren Vechtas, eher selten auf – und bei den Straßenverhältnissen am heutigen Tag wäre man auch aufgeschmissen gewesen, außer man saß in einem ein Räumfahrzeug oder auf einem Traktor. So tollte Lisa ungefährdet mit ihrem Hund auf der Straße herum. Kurz vor dem Torfwerk bogen sie links ab. Meist streiften die beiden durch die kleinen Waldabschnitte, heute jedoch wollte Lisa einmal wieder die Route durchs Goldenstedter Moor nehmen. Der alte Wilhelm, der seit Jahren als Haus- und Hofverwalter des Torfwerkes fungierte und gerade aus einem Schuppen auf den verschneiten Vorplatz trat, erkannte sie sofort:

»Na, ihr beiden? Passt auf, dass ihr nicht im Moor versackt.« Ein breites Grinsen auf Wilhelms wettergegerbtem, faltigem Gesicht unter der grauen Pudelmütze strahlte sie an.

»Ho, ho, ho, danke Wilhelm. Wir passen schon auf – ansonsten musst du uns halt retten kommen.« Sie winkte ihm zu und die beiden gingen weiter. Kurz sah Wilhelm ihnen hinterher, dann griff er zu seinem Schneeschieber und machte sich wieder an die Arbeit.

Lisa hatte ihre bisherigen 23 Lebensjahre hier verbracht und kannte die Gegend wie ihre Westentasche. Als kleines Kind hatte sie bereits etliche Male ihre Großmutter begleiten dürfen, die bis zu ihrer Rente im Moor gearbeitet hatte. Sie wusste genau, welche Wege sie gefahrlos benutzen konnte, ohne als Moorleiche zu enden.

Etwa eine Stunde später, sie befanden sich mitten im Moor, begann Flash plötzlich laut zu bellen und wild an seiner Leine zu zerren, sodass Lisa fast stürzte. Zu seiner Sicherheit hatte sie ihn angeleint, bevor sie das Moor erreicht hatten. Gerade fragte sie sich jedoch, ob das wirklich eine gute Idee gewesen war. Lisa bückte sich zu dem Hund hinunter und versuchte, ihn zu beruhigen.

»Was ist los mit dir?«, fragte sie. So aufgekratzt kannte sie ihren Hund gar nicht. »Na, dann wollen wir mal sehen, was du da Faszinierendes witterst.« Sie richtete sich auf und folgte Flash an der kurzen Leine. Etwa zehn Meter weiter begann er, am Wegesrand ein Loch in eine Schneedüne zu graben, während Lisa versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden, ohne dabei den Erfrierungstod zu erleiden. »Und, was hast du gefunden, Flash?« Sie stieß den Rauch ihrer Marlboro light aus der Lunge, der sich nicht großartig von ihrem kondensierten Atem unterschied. »Oh mein Gott!« Sie begann zu husten, nachdem ihr Blick auf einen nackten Männerarm gefallen war, den der Hund gerade freigelegt hatte. Sie warf die Zigarette weg und konnte mit Mühe einen Würgereiz unterdrücken. Panisch guckte sie sich nach allen Seiten um, doch außer der Schneedecke und entfernten Baumreihen war nichts zu sehen. Hektisch suchte Lisa ihr Smartphone und wählte die 110.

Kapitel 2

 

 

Der untersetzte Peter Goselüschen drückte den Anrufer weg und warf das Handy auf die Mittelkonsole des dunkelgrünen Audis.

»Mann, Mann, Mann, was stimmt nicht mit den Vechteranern?«

»Du weißt doch, es heißt Vechtaer«, neckte ihn seine blonde Kollegin, die das Fahrzeug gerade aus Lohne, einer Nachbarstadt Vechtas, heraussteuerte. »Was ist denn los, Gose?« Maria Fortmann von der Mordkommission Cloppenburg war mit ihren 1,79 m einen halben Kopf größer als ihr Kollege – da dieser aber eher im Auto lag, als saß, wirkte es, als ob ein kleiner Junge neben seiner Mutter auf dem Beifahrersitz Platz genommen hätte.

»Wir haben eine männliche Leiche. Aber die liegt natürlich nicht nur im Moor, nein, der fehlen zudem auch noch die Geschlechtsteile!« Goselüschen schüttelte den Kopf. Er tippte den Fundort ins Navi ein, welches sofort die Route aktualisierte. Maria warf einen Blick darauf und folgte den Angaben. Sie konnte sich der Gänsehaut nicht erwehren, die kurz über ihren Körper kroch. Die Vorstellung, was sie gleich zu sehen bekämen, löste nicht gerade Vorfreude bei ihr aus.

»Gibt es schon Details?«, fragte sie.

»Nein, Tatortgruppe und Spurensicherung sind noch vor Ort. Die meinten, das letzte Stück müssten wir zu Fuß gehen! Zu FUSS! Ich hab vor Jahren schon dafür plädiert, dass wir Amphibienfahrzeuge in unseren Fuhrpark aufnehmen sollten.«

»Gose, du musst tapfer sein bei dem, was ich dir jetzt sage: Du hast einen Knall!« Er schnaufte verächtlich, ließ sich dann aber vom Lächeln seiner Kollegin anstecken.

»Ich bin dafür auch überhaupt nicht passend gekleidet.« Demonstrativ hob er einen Fuß, der in einem abgewetzten Lederhalbschuh steckte.

»Niemand kann etwas dafür, dass deine Eltern dir nicht beigebracht haben, wie man ein Thermometer abliest.«

»Warum können die Leute hier nicht in der Wohnung oder in einem Büro ermordet werden? So, wie es üblich ist. Nein, hier liegen die Leute im Moor oder in einem Maisfeld rum.« Damit spielte Goselüschen auf den Mordfall aus dem vergangenen Jahr hier in Vechta an, bei dem ein Mann erstochen in einem Feld nahe des gerade stattfindenden Stoppelmarktes entdeckt wurde.

»Nun, vielleicht solltest du Fortbildungen anbieten für Mörder und solche, die es werden wollen. Nach dem Motto: Mit diesen Tatorten kommen Sie den Ermittlern entgegen.«

»Mach dich nur lustig, wir werden nachher ja sehen, wem als Erstes der Hintern abfriert.«

Da der Schneefall bereits vor einigen Tagen angekündigt worden war, hatte er den Straßenräumdienst nicht überraschen können. Die beiden Kommissare schafften es ohne Schwierigkeiten, bis zum Stadtausgang Richtung Arkeburg zu gelangen. Ab dort mussten sie mit gedrosselter Geschwindigkeit darauf achten, nicht von der glatten Fahrbahn in einen Straßengraben zu rutschen.

»Winterreifen gut und schön«, sagte Maria, »aber hier wären schon eher Schneeketten angesagt.« Es dauerte insgesamt über eine Stunde, bis sie den Tatort erreicht hatten. Genug Zeit für Goselüschen, dutzende Flüche loszulassen, weil sie tatsächlich etwa achthundert Meter zu Fuß überbrücken mussten. Harald Scharnweber, ein Kollege von der Dienstelle Vechta, der die beiden unterstützen würde, war ebenfalls vor einigen Minuten eingetroffen.

»Moin, ihr beiden.« Der große, breitschultrige Polizist nickte den Cloppenburger Kollegen zu, die ebenfalls nickend den Gruß erwiderten.

»Wo ist denn das gute Stück?«, fragte Goselüschen.

»Meinst du das gute oder eher das beste Stück?«

»Boah, Männer! Wie wäre es zur Abwechslung mal mit etwas Taktgefühl?« Goselüschen und Scharnweber schauten ihre Kollegin und danach sich gegenseitig an. Sie kamen zu dem Schluss, dass Maria es ernst meinte.

»Kann ich euch nicht sagen, aber Hans weiß vermutlich mehr.« Er deutete zu dem Mann von der Tatortgruppe, der auf die drei zukam.

»Wir sind soweit fertig hier, ihr könnt loslegen«, meinte dieser.

»Moin, Hans, gibst du uns die Zusammenfassung?«

»Na sicher, Maria.« Er führte seine Kollegen zur freigelegten Leiche. »Das Opfer ist, wie ihr seht, nackt und männlich, ungefähr 20-30 Jahre alt. Die Genitalien wurden mit einem sauberen Schnitt entfernt. Mutmaßliche Todesursache war ein Schuss ins Herz. Genaueres zum Tathergang und zum Todeszeitpunkt wollte der Doc aktuell noch nicht äußern.« Er zeigte auf ein kleines Loch ein paar Zentimeter neben der linken Brustwarze des Toten. »Offensichtlich ist wohl nur, dass er aus kurzer Distanz erschossen wurde. Aber die genauen Infos bekommt ihr nachher von der Rechtsmedizin, die melden sich bei euch. Gefunden wurde die Leiche von einer Lisa Garling. Sie wohnt in der Nähe und war mit ihrem Hund unterwegs, dessen Nase der ganze Schnee rund um die Leiche nicht trügen konnte. Die Garling sitzt wohl schon bei euch auf der Dienststelle.« Dabei sah er zu Scharnweber. Wie üblich bei Delikten im Bereich Vechta würden die Ermittlungen von dort aus geführt werden, obwohl das erste Fachkommissariat in Cloppenburg ansässig war.

»Ja, haben mir die Kollegen bereits erzählt. Sie versuchen, sie mit Tee zu beruhigen.«

»Als ob ihr etwas von Tee verstehen würdet«, sagte der aus dem ostfriesischen Emden stammende Goselüschen, während er seine Augen verdrehte.

»Von dem vielleicht nicht, aber zum Glück von unserer Arbeit. Wir konnten einiges an Spuren sichern. Als Erstes die Autoprofile.« Er zeigte in zwei Richtungen. »Die einen müssten von nach dem Schneefall sein, die anderen waren fast zugeschneit, also dürften die von heute Nacht sein. Außerdem haben wir Fußspuren und eine frische Kippe gefunden, beide stammen jedoch von Lisa Garling. Das haben wir vor Ort abgeglichen. Ansonsten haben wir nichts.« Kurz darauf rückte die Tatortgruppe ab. Goselüschen, Scharnweber und Maria inspizierten den gräulichen, leblosen Männerkörper, da jedes Detail von größter Wichtigkeit für die Ermittlungen hätte sein können. Nachdem sie sich alles an und um den Leichnam herum genau eingeprägt hatten, wurde dieser zur Autopsie nach Oldenburg gebracht.

Kapitel 3

 

 

Der Schreck saß Lisa Garling noch in den Knochen, was ihr an ihrem aschfahlen Gesicht deutlich anzusehen war. Sie klammerte sich mit leicht zitternden Händen um eine blaue Tasse, deren heißer Dampf den Raum in Pfefferminzaroma hüllte.

»Ich bin Hauptkommissarin Maria Fortmann, das ist mein Kollege, Oberkommissar Goselüschen«, stellte Maria sich und ihren Kollegen vor, während sie einen Stuhl vom Tisch abzog und sich der jungen Frau gegenüber setzte. Goselüschen blieb hinter ihr stehen und zückte einen Notizblock aus seiner Tasche.

»Ich hab doch Ihren Kollegen schon alles erzählt«, erklärte die Zeugin.

»Natürlich, aber manchmal fällt einem später wieder etwas ein, was man im ersten Augenblick vergessen hat. Fangen wir mit den Personalien an: Sie heißen Lisa Garling und sind wohnhaft bei Ihren Eltern in der Arkeburger Straße 12?« Die Angesprochene nickte. »Also, Sie waren mit Ihrem Hund unterwegs. Dann schlug er an und hat einen Teil der Leiche ausgegraben. Daraufhin haben Sie uns benachrichtigt. Soweit richtig?«

»Ja, das stimmt so.«

»Ist Ihnen auf dem Weg ins Moor etwas aufgefallen? Ein Auto? Jemand, den Sie gesehen haben? Irgendetwas Ungewöhnliches?«

»Nein, kein Auto und auch sonst nichts. Nur den Wilhelm vom Torfwerk hab ich gesehen. Der hat den Hof freigeschippt.«

»Was machen Sie beruflich?«, wollte Goselüschen wissen.

»Ich bin bei der Volksbank beschäftigt. Warum?«

»Nur eine Formalität. Haben Sie in den letzten Tagen etwas bemerkt? Autos, die hier nicht hergehören zum Beispiel?«

»Nein, Frau Fortmann. Hier fahren täglich etliche Autos durch, die von Varenesch nach Vechta wollen und keine Lust haben, über Goldenstedt zu fahren. Und wenn nicht gerade Schnee liegt, tummeln sich hier auch sehr viele Fahrradfahrer oder Inliner. Man glaubt gar nicht, was in dieser Gegend manchmal los ist.« Sie lachte kurz auf. »Ganz zu Schweigen von den Besuchern, die zum Haus im Moor kommen, um sich das ganze Schauspiel um das Moor herum einmal erklären und zeigen zu lassen. Wir haben sogar eine Moorbahn, mit der regelmäßig interessierte Gruppen fahren, um einen Einblick in die faszinierende Landschaft zu bekommen.«

»Und ab sofort mit einer Moorleiche noch eine Attraktion mehr.« Lisa Garling konnte dem Humor Goselüschens offenbar nichts abgewinnen und verzog angewidert das Gesicht.

»Gut, Frau Garling, falls Ihnen noch etwas einfallen sollte, melden Sie sich bei uns. Ein Kollege wird Sie nach Hause bringen.« Maria stand auf und brachte die junge Frau zum Eingangsbereich, wo bereits ein uniformierter Polizist auf sie wartete.

Goselüschen hatte sich im Besprechungszimmer gerade einen Kaffee eingeschenkt, als Scharnweber und Maria dazustießen. Nachdem er die beiden ebenfalls mit einer Tasse versorgt hatte, setzten sie sich an den Konferenztisch und Scharnweber breitete einige Papierstapel vor ihnen aus.

»Wissen wir schon, wer der Tote ist?«

»Bisher nicht, Gose. Wir lassen gerade alles durch den Computer laufen. Proben ins Labor nach Hannover sind unterwegs und die Rechtsmedizin hat sich noch nicht gemeldet.«

»Wer macht so etwas? Und warum?«, fragte Maria verständnislos in den Raum.

»Du meinst, jemandem das Gehänge abschneiden?« Goselüschen streckte sich. »Gute Frage. Eine betrogene Ehefrau oder der Mann einer Frau, mit welcher der Tote ein Verhältnis hatte, wären die ersten Möglichkeiten, die mir in den Sinn kämen.«

»Oder irgendein Ritualmord. Davon hört man doch immer wieder. Denkt nur an die in manchen Gegenden übliche Genitalverstümmelung. Ihr wisst schon, wo Jungen –.«

»Danke, reicht«, unterbrach ihn Maria. Sie schüttelte sich und auch den anderen beiden war, ihrer Miene nach zu urteilen, nicht zum Spaßen zu Mute.

»Wer weiß, was die Syrer, Iraner oder wo die zur Zeit überall herkommen für spezielle Gewohnheiten haben.« Den Zusatz, dass er nicht ausländerfeindlich wäre, verkniff sich Scharnweber bewusst. Denn obwohl er sich tatsächlich nicht dafür hielt, waren die Folgen der letzten Flüchtlingsschwemme auch am Landkreis Vechta und den dortigen Bediensteten nicht spurlos vorübergegangen.

»Für mich sah er nicht arabisch aus«, sagte Maria.

»Und wenn schon«, warf Goselüschen ein. »Jedenfalls rechne ich nicht damit, dass wir die fehlenden Körperteile nochmal zu Gesicht bekommen. Aber sei es, wie es ist – solange wir nicht wissen, wer er war, können wir nicht wirklich etwas tun.«

»Das sehe ich auch so.« Sie sah zu dem rechts von ihr sitzenden Scharnweber, der ebenfalls zustimmend nickte. »Habt ihr den Typen vom Torfwerk befragt?« Wieder nickte er.

»Ja, Wilhelm Wilmering. Ihm ist nichts aufgefallen. Er hat um 8 Uhr seinen Dienst begonnen und außer unserer Zeugin hat er niemanden gesehen, beziehungsweise kann er sich an nichts Auffälliges erinnern. Die wenigen Bewohner an der Straße vor der Zufahrt ins Moor konnten uns ebenso wenig sagen.« Maria atmete tief durch.

»Also haben wir momentan absolut nichts.«

»Richtig«, bestätigte Goselüschen. »Wie wäre es mit Frühstück? Ich hab Hunger.«

 

***

 

Sehr zum Unmut Goselüschens beschlossen Maria und Harald Scharnweber, das vorgeschlagene, verspätete Frühstück, es war längst 12 Uhr durch, beim Café im örtlichen Rewe einzunehmen und dorthin zu Fuß zu gehen. Gerade dieser Fußmarsch war es, der ihn mürrisch machte, trotzdem fügte er sich und schloss sich den beiden an.

»Macht Vechta jetzt endgültig auf Großstadt?«, fragte er schnaufend und deutete auf die Fußgängerbrücke, welche vom Kino aus über die Straße und die Bahngleise führte und vor wenigen Tagen eröffnet wurde.

»Ah, wegen der Golden-Gels-Brücke?« Scharnweber lächelte.

»Hä?«, fragte Goselüschen und zog die Augenbrauen nach oben.

»Ist ein Insider-Witz, Gose. Den musst du nicht verstehen«, frotzelte Maria amüsiert.

»Wisst ihr, was ihr mich mal könnt?«, war die einzige Reaktion, die seine Ausdauer wegen des hohen Schritttempos der beiden anderen zuließ.

Beim Café angekommen, suchten sich die drei einen Fensterplatz, von dem aus sie den Parkplatz überblicken konnten. Musste wohl eine Polizeieigenart sein, nach Möglichkeit immer ein gutes Sichtfeld zu haben, dachte Maria. Während sie und Scharnweber sich mit jeweils einem Kaffee und einem Käsebrötchen begnügten, orderte Goselüschen drei Mettbrötchen mit ordentlich Zwiebeln.

»Jetzt weißt du auch, warum wir nicht mit dem Auto gefahren sind.« Sie sah zu Scharnweber, der zustimmend lachte. Goselüschen blickte verstört zu seinen Kollegen, grunzte kurz und biss in sein Frühstück. Zwischen den Happen schafften Scharnweber und Goselüschen es, Smalltalk zu halten. Maria hingegen ließ ihren Blick über den gut gefüllten Parkplatz schweifen. Mehr als einmal blieb er am vor der Eingangstür positionierten Hähnchenwagen hängen. Wie konnte ich das nur jemals essen, dachte sie bei sich. Seit Jahren hatte Maria dem Fleischverzehr abgeschworen und erlaubte sich lediglich hin und wieder mal etwas Fisch zu ihrem ansonsten vegetarischen Essen. Zweimal musste sie ein Gähnen unterdrücken – die Folge ihrer Schlafprobleme, die sie seit geraumer Zeit quälten. Bemüht darum, dass es Goselüschen nicht auffiel, wandte sie sich dabei komplett von den beiden ab. So sehr sie ihren Kollegen auch schätzte und mochte, darüber wollte sie nicht mit ihm diskutieren.

Plötzlich brummte das Diensthandy Scharnwebers, welches auf dem Tisch lag. Nachdem er die kurze Nachricht gelesen hatte, wies er mit dem Kopf zur Tür.

»Nein, das kann doch nicht sein. Ich hab noch nicht aufgegessen«, meckerte Goselüschen.

»Jammer nicht rum. Lass es dir einpacken.« Scharnweber und Maria standen auf und bewegten sich zum Ausgang. Goselüschen brummelte etwas vor sich hin, legte einen Zwanziger auf den Tisch und wickelte sein letztes Brötchen in eine Serviette ein, bevor er den beiden folgte.

 

***

 

Einige Minuten nach seinen Kollegen schleppte sich Goselüschen erschöpft in das Besprechungszimmer der Dienststelle und steuerte direkt den Kaffeeautomaten in der Ecke an. Sein ohnehin schon in Folge seines hohen Blutdruckes gerötetes Gesicht erstrahlte durch die Anstrengung noch ein paar Nuancen kräftiger. Maria und Scharnweber befassten sich bereits mit den neuen Informationen, die ausgedruckt auf der grauen Kunststofftischplatte lagen.

»Was gibt es?«, fragte er, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. Maria drehte sich den Zettel vor sich haltend zu ihm um.

»Der Tote ist Martin Scharner, 24 Jahre alt, alleinstehend. Wohnte noch bei seinen Eltern in Holdorf, in einer Villa direkt hinter dem Heidesee«, fasste Maria zusammen und erinnerte sich an ihren letzten Badebesuch dort vor einigen Jahren. Durch die Tiefe des Sees blieb das Wasser auch nach einer längeren Hitzeperiode kühl und erfrischend.

»Mehr nicht?«, fragte Goselüschen.

»Nicht so ungeduldig, mein Freund. Da kommt noch einiges hinzu«, sagte Scharnweber. »Scharner stand im Sommer letzten Jahres wegen einer Vergewaltigung vor Gericht. Er wurde freigesprochen, weil das vermeintliche Opfer, eine 17-jährige aus Oldenburg, während des Verfahrens seine belastende Aussage widerrufen hatte.«

»Ah, ich erinnere mich. Das hatte damals einige Wellen geschlagen«, sagte Goselüschen.

»Keine Ahnung, sagt mir jetzt gar nichts. Ist wohl an mir vorbei gegangen«, erwiderte Scharnweber und zuckte mit den Schultern.

»Ja, Gose, jetzt, wo du es sagst. Das war doch der Schnösel, der die ganze Zeit über so überheblich gewesen ist«, bestätigte Maria. Scharnweber rückte seine Brille zurecht und nahm eine weitere E-Mail zur Hand. Nachdem er sich kurz eingelesen hatte, führte er aus:

»Hier steht was dazu. Die Beweislage galt als stabil bis zum vorletzten Verhandlungstag.

---ENDE DER LESEPROBE---