Im Schatten der Zeche - Peter Kersken - E-Book

Im Schatten der Zeche E-Book

Peter Kersken

4,8

Beschreibung

Juni 1912. Im Ruhrgebiet ist der Streik der Bergarbeiter gescheitert. In Sterkrade halten Gaukler und Schausteller Einzug. Am Vorabend der traditionellen Fronleichnamskirmes liegen im Schatten der Zeche zwei Tote, ein junger Bergmann und ein kleinwüchsiger Artist. Was verbindet die beiden Männer? Kriminalwachtmeister Zomrowski sieht sich im Wohnwagenlager der Kirmesleute um, ermittelt in der Zechensiedlung Dunkelschlag und reist sogar mit der preußischen Staatseisenbahn bis nach Bonn - um am Ende eine Lösung zu finden, mit der keiner gerechnet hat.

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Peter Kersken, geboren 1952 in Oberhausen im Ruhrgebiet, studierte Philosophie und Literaturwissenschaften in Freiburg und Köln und arbeitete als Redakteur bei einer Kölner Tageszeitung. Er lebt als freiberuflicher Autor in der Eifel.www.peterkersken.de

Dieses Buch ist ein Roman, und alle darin geschilderten Ereignisse sind frei erfunden. In besonderem Maße gilt das für Handlungen und Äußerungen der auftretenden oder erwähnten Personen, auch wenn einige von ihnen nicht der Phantasie des Autors entsprungen sind. Darüber hinaus sind Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen rein zufällig.

© 2013 Hermann-Josef Emons Verlag Alle Rechte vorbehalten Umschlagzeichnung: Heribert Stragholz Umschlaggestaltung: Tobias Doetsch eBook-Erstellung: CPI – Clausen & Bosse, LeckISBN 978-3-86358-358-3 Originalausgabe

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Zur Erinnerung an meine Urgroßeltern

Wilhelm Kersken arbeitete 1912 als Dreher auf der Gutehoffnungshütte, hatte ein Haus in der Reinersstraße gebaut, lieh hin und wieder ein Buch in der Volksbücherei und hatte zusammen mit seiner Frau Maria elf Kinder zu versorgen.

Peter Gamerschlag, auf einem kleinen Bauernhof am Niederrhein aufgewachsen, war 1912 Kokillenformer auf der Hütte und gehörte dem katholischen Arbeiterverein an. Seine Frau Christine dachte oft wehmütig an ihre Eifeler Heimat.

Johannes Zomrowski verdiente 1912 als Heizer auf Zeche Osterfeld den Lebensunterhalt für seine Familie. Seine Frau Martha und er waren zwanzig Jahre zuvor als junges Paar aus der preußischen Provinz Posen ins Ruhrgebiet gekommen.

Heinrich Kogelboom wurde 1912 in der Bremenstraße in Sterkrade von seiner Witwe Johanna und seinen Kindern betrauert. Er war als Schlepper unter Tage zwischen die Puffer zweier Kohlenwagen geraten und tödlich verletzt worden.

Personen

Rathaus

Zur Nieden, Dr. Eugen – Bürgermeister

Grotedick, Wilhelm – Vorsteher des Meldeamtes

Rüter, Adalbert – Vorsteher des Schulamtes

Kerkhoff, Nikolaus – Polizeiinspektor, Vorsteher des Polizeiamtes

Bauland, Fürchtegott – Polizeisergeant erster Ordnung

Mömmeken, Mathias – Polizeisergeant zweiter Ordnung

Hüppchen, Lambertus – Kommissar, Vorsteher des Kriminalamtes

Zomrowski, Johann – Kriminalwachtmeister

Molsbeck, Peter – Kriminalsergeant

Schmitz, Anton – Kriminalsergeant

Pötter, Emil – Kriminalsergeant

Grottkamp, Dietrich – Kriminalsergeant

Bahnhofstraße

Hellweg, Hermann – Kaufmann, Nähmaschinen- und Fahrradhandlung

Hellweg, Margarete – Gattin

Hellweg, Hubert – Sohn, Juniorchef und Fahrradnarr

Hellweg, Edwina – Tochter

Grotedick, Wilhelm – Bürgermeistersekretär

Grotedick, Therese – Gattin, Johann Zomrowskis Schwester

Kückelmann, Marta – Dienstmädchen

Horstkamp, Berta – Ladenbesitzerin, Witwe, Zomrowskis Vermieterin

Kleinrogge, Lise – Dienstmagd im Hause Horstkamp

Postwegschule

Lengeling, Jakob – Hauptlehrer, Johann Zomrowskis Schulfreund

Lengeling, Grete – Ehefrau

Terhufen, Gotthold – Lehrer

Reinersstraße

Kückelmann, Theodor – Dreher, Vater der toten Marie Zomrowski

Kückelmann, Bernhardine – Tochter, führt den Haushalt

Kückelmann, Marta – Tochter, Dienstmädchen bei den Grotedicks

Kückelmann, Arnold – Sohn, Schüler der Postwegschule

Lehmkuhl, Bernhard – Schuster

Lehmkuhl, Ferdinand – Sohn, Schüler der Postwegschule

Zechensiedlung Dunkelschlag

Ingenbold, Ludwig – Bergmann, Mitglied im Alten Verband und in der SPD

Ingenbold, Katarina – Hausfrau, Mutter, Zomrowskis Schwester

Ingenbold, Karl – ältester Sohn

Zomrowski, Michael – Neffe, Johann Zomrowskis Sohn

Leschinsky, Paula – Witwe, Nachbarin der Ingenbolds

Leschinsky, Leo – Sohn, Schulfreund von Michael Zomrowski

Pawel – Bergmann, Pole, Kostgänger

Karol – Bergmann, Pole, Kostgänger

Zirbel, Heinrich – Berginvalide, Dichter, Kostgänger

Juskowiak, Hermine – Witwe

Juskowiak, Paul – Sohn, Schlepper auf Zeche Sterkrade

Kirmesleute

Marsilius, Nepomuk – Impresario der Schaubude Marsilius

Schürmann, Emilie – Emmy, die schwerste Frau der Welt

Wolter, Josefa – Riesendame

Krabbich, Petronella – Kamala, die schwebende Inderin

Drescher, Adam – der stärkste Mann des Kaukasus

Meyer, Franz – Wotan, der Wolfsmensch

Lange, Bartholomäus – Höhlenmensch aus Alaska

Kessler, Friedrich – Liliputaner

EINS

Josefa raffte ihren Rock noch ein Stück höher. Die Rheinfähre hatte abgelegt und das Wasser zu schäumenden Wellen aufgewühlt, die gurgelnd auf die junge Frau zurollten. Sie brachen sich an ihren Knien, umschlangen ihre Schenkel und verloren sich in der flachen Uferböschung zwischen glitzernden Kieseln.

Der Mann neben Josefa betrachtete versonnen die weißen Rüschen ihrer Beinkleider. Als eine Welle gegen seine Brust schwappte, trat er ein paar Schritte zurück.

»Du hast schöne Beine«, sagte er, »so schöne, lange Beine.«

Josefa lachte. Die Fähre erreichte die Mitte des Stroms. Das Wasser beruhigte sich. Der Mann gesellte sich wieder zu Josefa.

Sie beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn auf die Wange. »Meine Beine waren noch nie schön, Friedrich«, sagte sie. »Das sind sie erst, seitdem ich zu euch gehöre.«

»Ja, du gehörst jetzt zu uns«, entgegnete Friedrich. »Du hast deine Sache gut gemacht.«

»Ich muss mich noch an alles gewöhnen. In meinem Dorf bin ich nie unter die Leute gegangen. Ich hab mich verkrochen. Und wenn’s nicht möglich war, hab ich versucht, mich klein zu machen. Mir hat der Rücken oft wehgetan, weil ich krumm gelaufen bin oder schief gesessen hab. ›Jetzt faltet die Josefa sich wieder zusammen‹, hat der Vater oft gesagt. Und dann haben immer alle gelacht. Mir war’s manchmal so schlimm, dass ich nicht mehr leben wollt. Und jetzt zieh ich hohe Schuhe an, die der Schuster nur für mich gemacht hat, und hab einen Hut auf dem Kopf, damit ich noch ein bisschen größer ausseh. Das ist so seltsam alles. Da muss ich mich noch dran gewöhnen.«

»Du hast deine Sache gut gemacht«, sagte Friedrich noch einmal. »Den meisten fällt es anfangs schwer. Ihr Leben lang sind sie begafft und verspottet worden. Nur wenn sie allein waren und niemand sie sehen konnte, hatten sie ihren Frieden. Und dann sollen sie raus auf die Bühne, wenn hundert Menschen im Zelt sind oder noch mehr. Bei manchen geht das am Anfang gar nicht.«

»Als ich auf der Bühne stand, in der ersten Vorstellung, da hab ich mich gleich gut gefühlt. Die Leute haben mich nicht verachtet, das hab ich gespürt. Sie haben mich bewundert. Auf der Bühne bin ich keine Missgeburt, keine Strafe Gottes für meine Eltern. Ich bin die Riesendame Josefina Iwana Moskowina, eine Attraktion.«

»Wenn dich daheim deine Eltern weggesperrt hätten, und ein jeder hätt zwanzig Pfennige geben müssen, um dich zu sehen, dann wärst du auch von den Leuten in deinem Dorf bewundert worden. So sind sie nun mal, die Menschen, die normalen.«

»So wie es jetzt ist, ist es besser«, sagte Josefa, wandte ihr Gesicht der Sonne zu und schloss die Augen. »Ihr seid wie ich. Nicht normal zu sein, das ist für euch normal. Wenn ich mit euch zusammen bin, gafft mich niemand an. Dann bin ich einfach nur eine junge Frau mit langen Beinen, ein Mädchen aus einem kleinen Eifeldorf, die Josefa mit den schwarzen Haaren. Das ist schön. Das ist noch schöner, als bewundert zu werden.«

Der Rhein wälzte sich träge durchs gleißende Sonnenlicht. Josefa und Friedrich genossen die Kühle des Stroms. Sie stand bis zu den Knien im seichten Uferwasser, er bis zum Bauch.

»Einen schönen Badeanzug hast du«, sagte Josefa.

»Rot mit blauen Bördchen«, entgegnete Friedrich verlegen. »Ein Kindertrikot. Es gefällt mir nicht, aber ich konnte nichts andres finden.«

Die Fähre hatte am jenseitigen Ufer angelegt. Menschen gingen an Land, liefen die Uferböschung hinauf und verschwanden hinter dem trutzigen Mauerwerk, das sich dort drüben abweisend über dem Rhein erhob.

»Weißt du, wie die Burg heißt?«, fragte Josefa.

»Das ist eine Stadt«, sagte Friedrich, »die Feste Zons.«

»Eine Feste?«

»Ein altes Städtchen, von dicken Mauern umgeben, wie eine Festung«, erklärte Friedrich. »Da wurde früher ein Rheinzoll erhoben von den Schiffen, die hier vorbeifuhren. Deshalb war’s eine wichtige Stadt. Und wichtige Städte wurden immer angegriffen. So war das. Dagegen haben die Menschen sich mit Mauern geschützt. Und die wurden immer gewaltiger und immer höher in den Jahrhunderten.«

»Und die vielen Türme?«

»Tortürme, Wachtürme, Beobachtungstürme, was weiß ich.«

»Da in der Mitte, das ist ein Kirchturm«, sagte Josefa.

»Und rechts auf der Ecke, neben den Fachwerkhäusern, das ist der alte Zollturm. Das hab ich mal gehört, als ich drüben war. Und mitten in der Mauer stecken noch Kanonenkugeln von einem Krieg, den es irgendwann mal gegeben hat. Die hab ich gesehen.«

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