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Im Sommernachtstraum Eine zauberhafte Generalprobe Eine Gruppe von Jugendlichen probt das Theaterstück von William Shakespeare: Ein Sommernachtstraum. Plötzlich erscheinen unerwartete Zuschauer: Puck, Elfen und ihr Elfenkönig. Sie kommen aus einer anderen Welt. Welche Botschaft bringen sie? Wieso tauchen sie auf? Haben die Schauspieler zu intensiv geübt? Oder sind sie zur wahren Bedeutung des Sommernachtstraums vorgedrungen? Und sollte man sich lieber nicht in Puck, die Elfen oder die Amazonen-Königin verlieben? Die Bürgschaft Schillers Ballade als Bühnenstück Damons Attentat auf den Tyrannen-König Dionysios misslingt. Damon wird zum Tod am Kreuz verurteilt. Er bittet sich eine Frist aus, in der er seine Schwester Hera verheiraten möchte. Als Bürgen für seine Rückkehr bietet er seinen Freund Phintias an. Dionysios ist einverstanden. Damon kehrt rechtzeitig zurück; doch er muss vorher äußere und innere Widerstände überwinden. Die Gespräche mit dem Gott Apollon helfen ihm dabei.
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Im Sommernachtstraum
Eine zauberhafte Generalprobe
Eine Gruppe von Jugendlichen probt das Theaterstück von William Shakespeare: Ein Sommernachtstraum. Plötzlich erscheinen unerwartete Zuschauer: Puck, Elfen und ihr Elfenkönig. Sie kommen aus einer anderen Welt. Welche Botschaft bringen sie? Wieso tauchen sie auf? Haben die Schauspieler zu intensiv geübt? Oder sind sie zur wahren Bedeutung des Sommernachtstraums vorgedrungen? Und sollte man sich lieber nicht in Puck, die Elfen oder die Amazonen-Königin verlieben?
Die Bürgschaft
Schillers Ballade als Bühnenstück
Damons Attentat auf den Tyrannen-König Dionysios misslingt. Damon wird zum Tod am Kreuz verurteilt. Er bittet sich eine Frist aus, in der er seine Schwester Hera verheiraten möchte. Als Bürgen für seine Rückkehr bietet er seinen Freund Phintias an. Dionysios ist einverstanden. Damon kehrt rechtzeitig zurück; doch er muss vorher äußere und innere Widerstände überwinden. Die Gespräche mit dem Gott Apollon helfen ihm dabei.
Diese Schauspieler proben das Shakespeare-Theaterstück 'Ein Sommernachtstraum':Bianca Blomstedt __ Elfe Bohnenblüte + Squenz (Zimmermann)Britta Blomstedt __ Elfe Spinnweb + Schnock (Schreiner) Carolin Conradi __ Elfe Senfsamen + Flaut (Bälgenflicker) Clara Conradi __ Elfe Motte + Schnauz (Kesselflicker) Clark __ Oberon (Elfenkönig) Fred __ Theseus (Herzog von Athen) Jan __ Lysander Jerry __ Puck + Egeus (Hermias Vater) + Philostrat Katja Kramer __ Hermia + Zettel (Weber) Lisa __ Helena + Schlucker (Schneider) + eine Elfe Luke Lorenzen __ Demetrius Marie Mertens __ Titania (Elfenkönigin) + Hippolyta (Amazonenkönigin)
»Lisa und Marie haben die Kostüme mitgebracht. Ich muss sagen, wenn wir diese Kostüme anhaben, dann kann die Vorführung nur ein Erfolg werden. Diese Kostüme strahlen Professionalität aus. Die haben Hollywood Niveau«, sagte Katja.
»Aber dann erwarten die Zuschauer Professionalität und perfekte Schauspieler. Wir wecken nur die falschen Erwartungen. Besser wir spielen in Jeans. Normales Outfit. Das provoziert, weckt keine falschen Erwartungen und wirkt modern«, sagte Clark.
Katja zog ihm ein Elfenkostüm an. »Du bist Oberon. Leibhaftig. Der große mächtige Elfenkönig. Herrscher über die Natur. Das gesamte Elfenvolk gehorcht Dir. Oberon kann gar kein Lampenfieber haben«, sagte Katja zu Clark. »Ein Schauspieler darf sich nicht hinter seiner Rolle verstecken. Ich komme mir so lächerlich vor in diesem Flitterkram. Goldsternchen. Die lachen ja schon, wenn ich so auf der Bühne erscheine«, sagte Clark. »Das ist feinste Elfenseide. Das ist ein super elegantes Designer-Stück. Das kriegt nicht jeder. Das habe ich bekommen, weil ich Kontakte habe zur Kobold-Szene. Die haben das aus dem Feenland rausgeschmuggelt. Das ist mit Morgentau-Perlen bestickt«, sagte Marie.
»Ich dachte, das hast du selbst genäht?« fragte Clark. »Wir klären das später. Zieht erst mal alle Eure Kostüme an. Ob alles passt, das will ich sehen. Verwandelt Euch in Könige und Feen. Seid Elfenkönigin und Amazone; Verwandlungskunst jetzt in Euch innewohne!« sagte Katja. Sie gab jedem ein Kostüm und sagte: »Eine Generalprobe ist ein guter Anlass für eine meiner weitschweifigen, endlosen Reden. Ich bitte mich zu unterbrechen, wenn die Langeweile für Euch unerträglich wird.«
»Das wäre jetzt«, sagte Jerry. Katja antwortete: »Dann bleiben mir ja noch sechs hellwache Zuhörer. Prima. Vor genau drei Monaten hatten wir unsere erste Probe. An meinem Geburtstag. Ich hatte die geniale Idee, dass wir ein Theaterstück einüben für die Schulfeier. Schulfeier ist am 21. Juni. Sommersonnenwende. Anfang des Sommers. Längster Tag des Jahres. Kürzeste Nacht.«
»Danke, jetzt hast Du mir den Schlaf gebracht«, sagte Jerry und fing an zu schnarchen. »Ja, es geht in dem Stück um Schlaf. Die Figuren fragen sich: Träumen wir? Ist es geschehen? Die schlafen dauernd ein, und wenn Sie erwachen, dann lieben Sie ganz andere Personen als vorher. Sehr verwirrend für die Figuren. Aber verwirrend ist ja auch die Liebe selbst. Es ist Ein Sommernachtstraum. Von William Shakespeare erträumt. Vor mehr als 400 Jahren. Und durch uns wird dieser Traum wieder erweckt. Und auf die Bühne gebracht. Vor ein begeistertes Publikum«, sagte Katja.
»Mein Reißverschluss klemmt«, sagte Lisa und zerrte an ihrem Kostüm. »Darf ich helfen?«, fragte Jerry. Katja sagte: »Wieder hellwach? Wie schön. Dann bekommst Du jetzt den wuchtigen Hauptteil meiner bombastischen Rede volle Breitseite entgegengeschleudert. Die Lieblichkeit meiner Idee ist atemberaubend: Ein Sommernachtstraum spielt am 21. Juni. Und genau an dem Tag ist die Schulfeier. Die Eltern sollen viel Geld spenden für die neuen Schulcomputer. Da können wir Ihnen mit diesem Theaterstück zeigen, wie wir bildungsmäßig voll gut drauf sind. Klassiker schütteln wir so aus dem Ärmel.« Clark sagte: »Oder das Lampenfieber schüttelt uns. Und die Zuschauer schütteln sich vor Lachen. Und dann vergesse ich meinen Text.«
Marie sagte: »Wir haben drei Monate intensiv geübt. Das Stück spielen wir im Schlaf. Ich träume Nachts schon von den Theaterszenen. Da hat Lampenfieber keine Chance. Den Text können wir noch, wenn wir Hundert sind.« Katja sagte: »Gut, so soll es sein. Eine Investition fürs Leben. Das ist wertvoller Text. Den behält man bei sich.« Jan sagte: »Ich bin froh, wenn wir morgen die Schulfeier hinter uns haben. Ich brauche Abstand zu diesem wertvollen Text. Ich habe den irgendwie nicht richtig verdaut. Der belastet meinen ganzen Organismus. Das waren zu große Portionen und zu oft. Dabei ist der Sommernachtstraum so einfach:Theseus liebt Hippolyta. Hermia liebt Lysander. Helena liebt Demetrius. Problem: Demetrius liebt Hermia. Lösung: Demetrius kriegt Zauberblumensaft und liebt Helena. Happy End: Drei Hochzeiten im alten Athen.«
Katja antwortete: »Jan, Du spielst eine Hauptrolle. Viel Text. Aber Du hast Talent. Du überzeugst durch Deine bloße Präsenz.« »Womit überzeug ich?« »Präsenz. Auch wenn Du nur auf der Bühne stehst und gar nichts sagst, wirkst Du glaubwürdig in Deiner Rolle. Du bist dann Lysander. Der junge Mann, den Hermia liebt. Mit ihm will Sie fliehen aus Athen. Und so wird es jeder Zuschauerin gehen.«
»Wie? Alle wollen fliehen?« »Fliehen in den Wald; zu Kobolden und Elfen - und recht bald. Denn der finstere Demetrius machte mit Helena Schluss; und hofft jetzt auf Hermias Kuss. Deine Hermia soll den Demetrius heiraten! Rettet Eure Liebe! Doch im Wald sind Diebe. Ein Kobold verwirrt Deinen Sinn. Und die ganze Liebe ist dahin. Das ist so traurig«, sagte Katja. »Ich überzeuge durch Präsenz. Durch bloße Anwesenheit. Dafür bin ich in der Schule eigentlich nicht bekannt. Dort fehle ich sehr oft«, sagte Jan.
»Das wäre gut, wenn ich auch durch bloße Präsenz überzeuge. Falls ich meinen Text vergesse«, sagte Clark. »Jetzt üben wir noch ein letztes Mal. Hier auf grünem Grund«, sagte Katja. »Das nennt man Rasen«, sagte Jerry. »Prosa-Typen nennen es so. Poesie kennt viele Worte.« »Zu viele«
»Ich glaube, Ihr habt recht, wir haben zu lange geübt. Ich werde diesen Blankvers gar nicht mehr los. Shakespeare muss sehr darunter gelitten haben. Dieser Sprach-Rhythmus hat etwas Magisches. Wir spielen das Theaterstück, brauchen es nicht zu schreiben. Er aber war dem Blankvers ausgesetzt ohne Schutz. Jahrelang. Fünf Betonungen in jeder Zeile. Fünf Heber.« »Der Mann hat sich nie verhoben? Oder war er eines Tages verschroben? Krank von zuviel Blankvers? Sprach er letztlich Krank-Vers?« fragte Luke.
»Das ist wie mit Eurer Lieblingsspeise. Zuviel davon und jeden Tag – dann schmeckt’s nicht mehr. Doch für die Zuschauer Morgen ist es neu, erfrischend anders als das sprachliche Einerlei, was Sie kennen. Die wollen bestimmt einen Nachschlag«, sagte Katja.
»Haben wir den? Was wollen wir zum Nachtisch servieren?«, fragte Jerry. »Du musst das Publikum hungrig lassen. Sie nach mehr gieren lassen. Dann war es eine gute Show. Dann kommen Sie nächstes Jahr wieder, wenn wir Romeo und Julia spielen«, sagte Katja. »Das ist ein Scherz, oder?«, fragte Clark. »Fred und ich, wir holen noch mehr Holz aus dem Wald. Das Lagerfeuer muss schön groß sein«, sagte Luke. »Meine Mutter hat uns Grillwürste spendiert. Die können wir nachher am Lagerfeuer grillen. Zum Nachtisch gibt es dann Himbeertorte und Apfeltorte. Diese Kalorienbomben haben wir uns verdient. Unsere Nervenzellen sind ganz ausgepowert vom Üben. Die brauchen viel gute Himbeertorten-Energie«, sagte Katja. »Ich hab uns Äpfel mitgebracht. Die kommen auch ins Lagerfeuer. Nun eile in den Wald, Du mein Getreuer«, sagte Marie zu Luke.
Fred und Luke gingen über den Rasen zu dem nahegelegenen Wald. Die Kinder übten auf dem Grundstück von Katjas Eltern. Sie hatten sich im Garten Stühle aufgestellt. Katja lehnte an einem großen, alten Steinbrunnen. Sie sah zu, wie die anderen Kinder ihre Kostüme anzogen. Sie selber hatte ihr Hermia-Kostüm auf den Brunnenrand gelegt. Sie hörte eine Stimme, und drehte sich um. Ihre Mutter stand auf dem Balkon von ihrem Haus. Es war ein sehr großes Haus. Es sah beinahe aus wie ein Schloß. Nur sehr verkommen und alt. Ein Baugerüst stand um das Haus herum. Katjas Eltern waren dabei es zu renovieren. Sie wollten ein Hotel daraus machen. »Ich habe Dir meinen Theaterschminkkoffer auf die Veranda gestellt. Ich wünsche Euch viel Erfolg. Ich muss jetzt auch zu meiner Theaterprobe«, rief Katjas Mutter vom Balkon. »Danke. Du wirst es nicht bereuen. Ich trete in Deine Fußstapfen und werde auch eine berühmte Schauspielerin«, rief Katja. »Ich dachte, Du wolltest Schriftstellerin werden?« fragte Lisa. »Beides. Mein Talent ist unerschöpflich«, sagte Katja. »Verwegen eilt die Jugend himmelwärts – das Alter kennt den Lebensschmerz«, sagte Jerry. Er hatte sich das Kostüm von Egeus angezogen und sich einen weißen Bart angeklebt. Katja fragte: »Bist Du es, mein Vater, der zu mir spricht?« »Ja, erkennst Du denn den Egeus nicht? Ungeratene Tochter Hermia, willst den Vater Du verleugnen? Das wird immer arger. Verweigerst Dich. Gehorchst mir nicht. Gebot ich Dir, den Demetrius als Gemahl zu akzeptieren. Und Du kannst nur dagegen rebellieren. Meine Wahl ist gut. Demetrius tut Dir gut.« »Du steigerst nur meine Wut. Lysander ist’s, den ich begehr.« »Doch Vater sein dagegen sehr«, sagte Jerry und erhob seine Hand um Katja zu ohrfeigen. Katjas Mutter rief vom Balkon: »Die Strenge ist hier angebracht. Rebellion ist schnell entfacht. Kinder-Willen ist so wankelmütig. Die Eltern wissen, was das Beste ist.« »Ach, Mutter seid doch gütig. Des Vaters Wahl - die ist doch Mist.« »Muss die Ohrfeig ich vollenden?
Ich tu es gern, mit beiden Händen!«, sagte Jerry. Hermia boxte ihn in den Bauch. Jerry ließ sich auf den Rasen fallen. »Das petz ich Theseus, dem Obermacker von Athen. Ein alt Gesetz besagt: die Tochter muss dem Vater unbedingt gehorsam sein. Bei Widerspruch gibt’s den Tod. Ich zitiere:Verdrusses voll erschein ich und verklage Mein Kind hier, meine Tochter Hermia. Verspricht sie hier vor Eurer Hoheit nicht Sich dem Demetrius zur Eh, so fordr ich Das alte Bürgervorrecht von Athen, Mit ihr, wie sie mein eigen ist, zu schalten. Dann übergeb ich diesem Manne sie, Wo nicht, dem Tode, welchen unverzüglich In diesem Falle das Gesetz verhängt.
Siehst Du nun mein Kind, Widerstand ist zwecklos. Gib auf«, sagte Jerry. Fred und Luke kamen wieder. Sie schleppten einige Äste und Zweige. Fred sagte: »Theseus war mal schnell im Wald. Doch zeitig für den Richterspruch kehrt der Herrscher zurück. Ich sehe ein schönes Kind ist angeklagt: Was sagt Ihr, Hermia? Lasst Euch raten, Kind. Der Vater sollte wie ein Gott Euch sein, Der Euren Reiz gebildet; ja, wie einer, Dem Ihr nur seid wie ein Gepräg, in Wachs Von seiner Hand gedrückt, wie‘s ihm gefällt, Es stehnzulassen oder auszulöschen. Demetrius ist ja ein wackrer Mann.« Katja als Hermia sagte: »Lysander auch.« Fred als Theseus sagte: »An sich betrachtet wohl; So aber, da des Vaters Stimm ihm fehlt, Müsst Ihr für wackrer doch den andern achten.« Hermia. O säh mein Vater nur mit meinen Augen! Theseus. Eur Auge muss nach seinem Urteil sehn. Hermia. Ich bitt Euch, gnädger Fürst, mir zu verzeihn. Ich weiß nicht, welche Macht mir Kühnheit gibt, Noch wie es meiner Sittsamkeit geziemt, In solcher Gegenwart das Wort zu führen; Doch dürft ich mich zu fragen unterstehn: Was ist das Härtste, das mich treffen kann, Verweigr ich dem Demetrius die Hand? Theseus. Den Tod zu sterben oder immerdar Den Umgang aller Männer abzuschwören.
»Nun Hermia, wie lautet Deine Wahl? Kriegt Demetrius jetzt einen Kuss?« fragte Luke. Er nahm sich das Demetrius-Kostüm. Katja sagte: »Okay.« Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Komm her du Lump, ich fordere Dich zum Duell. Dem Lysander spannt man nicht sein Mädchen aus«, sagte Jan. »Das Duell kommt später – im Athener Elfenwald. Jedenfalls wollt Ihr Euch dort duellieren. Doch der Kobold Puck, der verhindert das. Eigentlich schade. Ich sehe es gern, wenn starke Männer kämpfen«, sagte Katja. »Wir könnten das Stück ein bisschen umschreiben. Wir duellieren uns. Und ich gewinne haushoch«, sagte Jan. »Nur in Deinen Träumen«, sagte Luke. »Theseus, hört auch meine Klage. Als Lysander sag ich Euch: Ich bin, mein Fürst, so edlen Stamms wie er; So reich an Gut; ich bin an Liebe reicher; Mein Glücksstand hält die Waag auf alle Weise Dem seinigen, wo er nicht überwiegt; Und (dies gilt mehr als jeder andre Ruhm) Ich bin es, den die schöne Hermia liebt.
Ach seht den schönen Kuss, den Sie mir gibt«, sagte Jan und hielt seine Wange Katja entgegen. Katja als Hermia sagte: »Nix da! Ungeküsst so wirst Du bleiben, bis wir getraut sind in dem heiligen Tempel. Ein Ehedokument will ich haben – mit Siegel und Stempel.« Luke als Demetrius sagte: »Die Sache ist doch längst gelaufen. Ich habe das Okay von Deinem Vater. Hermia, ich zwing Dich in die Ehe. Das ist guter alter Brauch.« Lysander. Demetrius, Ihr habt des Vaters Liebe: Nehmt ihn zum Weibe; lasst mir Hermia. Egeus. Ganz recht, du Spötter! Meine Liebe hat er; Was mein ist, wird ihm meine Liebe geben; Und sie ist mein; und alle meine Rechte An sie verschreib ich dem Demetrius.
Lisa als Helena sagte: »Es ist so ungerecht. Jeder will Hermia. Für Helena interessiert sich keine Sau. Ist doch auch ne hübsche Frau. Demetrius, Du bist mit mir verlobt. Vergiss Hermia.« Jan sagte: »Viel Wahres find ich dran. Demetrius ist ein verlobter Mann. Hör auf meine Worte, weiser Theseus: Demetrius (ich will‘s auf seinen Kopf Beteuern) buhlte sonst um Helena, Die Tochter Nedars, und gewann ihr Herz: Und sie, das holde Kind, schwärmt nun für ihn, Schwärmt andachtsvoll, ja mit Abgötterei Für diesen schuldgen, flatterhaften Mann. Theseus. Ich muss gestehn, dass ich dies auch gehört Und mit Demetrius davon zu sprechen Mir vorgesetzt; nur, da ich überhäuft Mit eignen Sorgen bin, entfiel es mir.
Luke als Demetrius sagte: »Warum musst Du ihn auch daran erinnern? Er hatte es vergessen. Die Verlobung ist doch Schnee von gestern.« Lisa als Hermia sagte: »Ich komm verlassen mir vor. Oh, adios. Und kein Amor. Dann kann ich ja gehen.« Hermia. Gott grüß Euch, schönes Kind! Wohin soll‘s gehn? Helena. Schön nennt Ihr mich? – Nein, widerruft dies Schön! Euch liebt Demetrius, beglückte Schöne! Ein Angelstern ist Euer Aug; die Töne Der Lippe süßer, als der Lerche Lied Dem Hirten scheint, wenn alles grünt und blüht. Krankheit steckt an; o tät‘s Gestalt und Wesen! Nie wollt ich, angesteckt von Euch, genesen. Mein Aug lieh‘ Euren Blick, die Zunge lieh‘ Von Eurer Zunge Wort und Melodie. Wär mein die Welt, ich ließ damit Euch schalten, Nur diesen Mann wollt ich mir vorbehalten. O lehrt mich, wie Ihr blickt! Durch welche Kunst Hängt so Demetrius an Eurer Gunst? Hermia. Er liebt mich stets, trotz meinen finstern Mienen. Helena. O lernte das mein Lächeln doch von ihnen! Hermia. Ich fluch ihm, doch das nährt sein Feuer nur. Helena. Ach, hegte solche Kraft mein Liebesschwur! Hermia. Je mehr gehasst, je mehr verfolgt er mich. Helena. Je mehr geliebt, je ärger hasst er mich.
Jan sagte: »Dann versuch ne andere Taktik. Ignorier den Pimpf. Der benutzt den Vater als Druckmittel, um an Hermia ranzukommen: Nimm mich oder den Tod! Den kannst Du doch nicht ernsthaft wollen?« Marie sagte: »Das ist das Traurige an der Liebe. Wir denken, wir können uns entscheiden. Wir hätten eine Wahl. Doch wir haben in uns ein Bild gespeichert von dem Idealpartner. Ein Such-Bild. Das haben wir ererbt. Mit unseren Genen. Wie ein Fahndungsfoto. Das haben wir unser Leben lang vor Augen. Und in der Welt suchen wir, wer diesem Fahndungsfoto am ähnlichsten ist.«
Lisa sagte: »Männer sind alle Verbrecher! Wir können uns aus dieser Verbrecher-Kartei nur den harmlosesten aussuchen. Oder den schärfsten. Was frau so braucht.« Fred sagte: »Was braucht frau denn heute? Ich bin ein Verbrecher nach Wunsch. Lieb, harmlos oder gewissenloser Schuft. Du hast die große Auswahl. Ich bin ein großer Schauspieler.« Clark sagte: »Shakespeare zeigt doch, dass wir keine Auswahl haben. Wir denken, wir entscheiden uns selbst. Aber da sind die Elfen und Kobolde. Die entscheiden alles.«
Jan sagte: »Du warst zu lange der Elfenkönig. Ich muss Dir jetzt was Schlimmes sagen: Es gibt gar keine Elfen.« Clark sagte: »Komm Du mir in den Elfenwald! Da werd ich Dir üble Streiche spielen. Puck, mein Kobold-Assistent, verpasst Dir dort ne Zauberblume – voll aufs Auge.« »Ein Veilchen?« »Ein Stiefmütterchen.« »Oh, ich zitter jetzt schon vor dem bösen Stiefmütterchen.« Clark sagte: »Das ist ein ganz besonders gefährliches Stiefmütterchen. Diese Blume wurde von einem Liebespfeil getroffen. Von Amor abgeschossen. Auch bekannt als Mister Cupido. Der hat sich verzielt. Das Attentat galt gar nicht ihr. Aber das Blümchen ist jetzt angeschossen. Und der Blumensaft macht Dich verschossen – lieben musst Du den, den als Erstes Du erblickst, wenn Du erwachst. Oberon. Zur selben Zeit sah ich (du konntest nicht) Cupido zwischen Mond und Erde fliegen In voller Wehr; er zielt‘ auf eine holde Vestal‘, im Westen thronend, scharfen Blicks, Und schnellte rasch den Liebespfeil vom Bogen, Als sollt er hunderttausend Herzen spalten. Allein ich sah das feurige Geschoss Im keuschen Strahl des feuchten Monds verlöschen; Die königliche Priesterin ging weiter In sittsamer Betrachtung, liebefrei; Doch merkt ich auf den Pfeil, wohin er fiele; Er fiel gen Westen auf ein zartes Blümchen, Sonst milchweiß, purpurn nun durch Amors Wunde, Und Mädchen nennen‘s „Lieb‘ im Müßiggang“. Hol mir die Blum! Ich wies dir einst das Kraut; Ihr Saft, geträufelt auf entschlafne Wimpern, Macht Mann und Weib in jede Kreatur, Die sie zunächst erblicken, toll vergafft.
Luke fragte: »Wen wollte Cupido treffen? Eine holde Vestalin?«
Katja sagte: »Vesta – ist eine römische Göttin. Aufgabengebiet: Heim und Herd. Spezialauftrag: Herdfeuer bewachen. Sie hat Agentinnen, die für sie arbeiten: Keusche Priesterinnen. Tarnname: Vestalin. Nicht immer hold, aber immer Jungfrau.«
Luke sagte: »Cupido hat die holde Vestalin nicht getroffen. Hold und mega-keusch – was wissen wir sonst noch über diese Frau?«
Katja sagte: »Sie thronte im Westen. Und war königlich. Das könnte die englische Königin Elizabeth gewesen sein. Die hat nie geheiratet.« Fred sagte: »Cupido hat’s drauf! Schießt den Pfeil von Griechenland nach England. Und fliegt dabei noch zwischen Mond und Erde. Das ist eine ungünstige Position zum Schießen.« Luke sagte: »Kein Wunder, dass er daneben geschossen hat. Schwache Leistung. Damit kann er keinen Blumentopf gewinnen. Aber die Blume hat es volle Kanne erwischt.« Katja sagte: »Apropos volle Kanne. Ich hole uns eine Kanne Tee. Ich hab auch frisch gepressten Grapefruitsaft.« Jerry sagte: »Dann kann der Durst kommen. Wir sind gewappnet. Ich helfe Dir beim Tragen.« Die beiden gingen zum Haus. Lisa sagte als Helena: » Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten! Ich werde für so schön als sie gehalten. Was hilft es mir, solang Demetrius Nicht wissen will, was jeder wissen muss? Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu hangen, Vergöttr ich ihn, von gleichem Wahn befangen.«
»Musst Dich nicht schämen, grämen und nicht bangen. Hoffe, harre, höre – Du ungeduldige Göre. Es kehrt sich alles um. Im Elfenwald bist Du der Star. Da machst Du ein Date nach dem andern klar. Jeder Mann dreht sich nach Dir nur um«, sagte Jan.
Lisa antwortete: »Ja aber nur, weil sie alle gedopt sind. Die Verwendung einer illegalen Zauberblume ist Betrug. Oberon und Puck – die gehören doch beide in den Knast. Ich will die große, echte Liebe. Cupido macht mich nicht froh.«
»Erwachsenen ergeht es ebenso!«, rief Katjas Mutter vom Balkon. Sie lehnte mit den Unterarmen auf dem Balkongitter und hatte zugehört. Sie fuhr fort: »Aber manchmal muss man etwas tricksen. Die Liebe ist kompliziert. Es ist wie mit Spielzeug. Erst spielt keiner damit. Dann spielt einer damit. Und auf einmal will es der andere auch haben.«
Marie sagte: »Ja, erst als Lysander sich für Dich interessiert – da auf einmal möchte auch Demetrius Dich haben. Die Zauberblume ist nur ein Symbol. Sie symbolisiert die innere Veränderung im Menschen. Einen Umschwung der Gefühle.«
Luke sagte: »Es stimmt. Solange Helena dem Demetrius nachläuft – ist sie für ihn uninteressant. Er kann sich ihrer Liebe sicher sein. Zu sicher. Liebe braucht die Herausforderung. Die Eroberung. Liebe muss ein schwer erreichbares Ziel sein. Kaum erreichbar. Dann erst erscheint die Liebe liebenswert. Mach Dich rar. Fliehe, was Du suchst. Dann sucht der Dich, der vor Dir floh. Ist doch einfach.« Lisa sagte: »Ich wunder mich, dass überhaupt Kinder gezeugt werden. Bei dieser komplizierten Sachlage.« Luke sagte: »Ich habe hier Demetrius in der Leitung. Er will mal mit Dir sprechen, Helena: Demetrius. Ich lieb dich nicht; verfolge mich nicht mehr! Wo ist Lysander und die schöne Hermia? Ihn töten möcht ich gern; sie tötet mich. Du sagtest mir von ihrer Flucht hieher; Nun bin ich hier, bin in der Wildnis wild, Weil ich umsonst hier meine Hermia suche. Fort! Heb dich weg und folge mir nicht mehr!« Lisa sagte als Helena: » Du ziehst mich an, hartherziger Magnet! Doch ziehest du nicht Eisen, denn mein Herz Ist echt wie Stahl. Lass ab, mich anzuziehn, So hab ich dir zu folgen keine Macht.« Demetrius. Lock ich Euch an und tu ich schön mit Euch? Sag ich Euch nicht die Wahrheit rund heraus, Dass ich Euch nimmer lieb und lieben kann? Helena. Und eben darum lieb ich Euch nur mehr! Ich bin Eur Hündchen, und, Demetrius, Wenn Ihr mich schlagt, ich muss Euch dennoch schmeicheln. Begegnet mir wie Eurem Hündchen nur, Stoßt, schlagt mich, achtet mich gering, verliert mich: Vergönnt mir nur, unwürdig, wie ich bin, Euch zu begleiten. Welchen schlechtern Platz Kann ich mir wohl in Eurer Lieb erbitten (Und doch ein Platz von hohem Wert für mich), Als dass Ihr so wie Euren Hund mich haltet? Demetrius. Erreg nicht so den Abscheu meiner Seele! Mir ist schon übel, blick ich nur auf dich. Helena. Und mir ist übel, blick ich nicht auf Euch. Demetrius. Ihr tretet Eurer Sittsamkeit zu nah, Da Ihr die Stadt verlasst und einem Mann Euch in die Hände gebt, der Euch nicht liebt; Da Ihr den Lockungen der stillen Nacht Und einer öden Stätte bösem Rat Das Kleinod Eures Mädchentums vertraut. Helena. Zum Schutzbrief dienet Eure Tugend mir; Es ist nicht Nacht, wenn ich Eur Antlitz sehe; Drum glaub ich jetzt, es sei nicht Nacht um mich. Auch fehlt‘s hier nicht an Welten von Gesellschaft, Denn Ihr seid ja für mich die ganze Welt. Wie kann man sagen nun, ich sei allein, Da doch die ganze Welt hier auf mich schaut? Demetrius. Ich laufe fort, verberge mich im Busch Und lasse dich der Gnade wilder Tiere.
Lisa sagte: »Ich gebe es zu: das Ergebnis ist unerfreulich. Wilde Tiere statt wildem Demetrius. Zeit für Plan B.« Katja und Jerry kamen vom Haus zurück. Katja sagte zu Lisa: »Abwarten und Tee trinken. Tu gar nichts. Ignorier Demetrius. Ich habe Früchtetee und Pfefferminztee.« Katja stellte ihr Tablett auf den Rasen. Jerry sagte: »Hier ist auch der Theaterschminkkoffer. Jetzt wird es ernst. Wenn wir gar nicht klar kommen mit dem Schminken, dann hilft uns Katjas Mutter. Sie freut sich, dass wir soviel Spaß haben beim Theaterspielen. Sie sagt, Theater ist ihre große Leidenschaft. Eigentlich wollte sie zur Theaterprobe am Stadttheater, aber sie hat abgesagt, extra nur damit sie uns eventuell den einen oder anderen Rat geben kann. Oder Schminkhilfe. Ich glaube, Ihre Profi-Erfahrung ist hier bitter nötig. Ich habe von Rouge und Puder und Co keinen Schimmer.«
Jerry stellte sein Tablett ebenfalls auf den Rasen. »Super, ihr habt Schokolade mitgebracht. Schokolade ist gut für die Nerven. Das senkt mein Lampenfieber auf 42 Grad«, sagte Clark und brach sich einen großen Riegel von einer Tafel ab.
Marie sagte: »Ist in dieser Kanne Grapefruitsaft? Ich fülle mal einige Becher. Dann kann sich jeder nach Bedarf bedienen. Es hat mir Spaß gemacht, mit Euch zu üben. War lustig. Meistens mache ich immer nur so ernste Sachen. Klavierunterricht. Ein Wirtschaftspraktikum nach dem anderen. Ihr wisst ja, meine Eltern wollen, dass ich eines Tages ihre Firma übernehme. Die ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Über 500 Mitarbeiter haben wir jetzt. Mertens Computer AG. Ich interessiere mich überhaupt nicht für Computer. Jedenfalls nicht in Massen. Mein Notebook reicht mir völlig.«
Fred fragte: »Gibst Du mir Rabatt? Das ist üblich bei Theaterkollegen.« Marie sagte: »Du kannst ja bei uns mal aushelfen. Mein Vater wird von Dir begeistert sein. Computergenies sind bei uns gern gesehen. Ich würde lieber was ganz anderes machen. Zum Beispiel Modedesign. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich das kann. Die Theater-Kostüme, die ich mit Lisa zusammen entworfen und genäht habe – die sind uns gut gelungen. Die passen sogar.«
Luke sagte: »Ihr beide habt einen herzlichen Applaus verdient. Die Kostüme sind ein Volltreffer. Donnernder Applaus für Marie und Lisa. Wie ein Blitz, haben Eure Kostüme unseren Geschmack getroffen.« Sie applaudierten den beiden. Luke sagte: »Das ist wirklich edles Material. Sieht elegant aus. War das teuer?« Marie sagte: »Mit freundlicher Unterstützung von Mertens Computer AG. Mein Vater erwartet aber eine Gegenleistung: Ich soll ein großes Transparent mit seinem Firmennamen in der Aula aufhängen. Unauffällig. Wie soll ich das Riesen-Ding unauffällig aufhängen?«
Marie zerrte aus Ihrem Rucksack ein Transparent. Fred sagte: »Das ist eigentlich eine gute Idee. Wir sollten noch mehr Firmen ansprechen. Wir machen Bandenwerbung wie beim Fußball. Wir sind das Mega-Ereignis. Das spült Geld in die Kasse.« Katja sagte: »Ich weiß nicht? Werbebanner im Elfenwald? Wie glaubwürdig ist das?« Fred sagte: »Wie glaubwürdig sind Elfen überhaupt? Mit korrekten Kostümen – maßgeschneidert von Top-Designerinnen – sind wir alle viel glaubwürdiger.« Clark sagte: »Mir genügen Jeans und T-Shirt.«
Fred sagte: »Das Publikum sitzt dort auf harten Stühlen, schwer beladen mit eigenen Sorgen. Leicht ist es nicht, sie hinüberzuziehen in eine neue Welt. Raus aus ihrem eigenen Ich. Ihren Geist zu entführen in den Sommernachtstraum. Doch es wird uns gelingen. Das Publikum wird an unseren Lippen hängen. Begierig auf jeden weiteren, kostbaren Satz. Wir bauen eine Illusion auf. Ein paar Hilfsmittel braucht auch jeder große Zauberer. Und Du wirst sehen: Kleider machen Leute. Klebe Dir einen Bart an. Setz Dir eine Clownsnase auf. Und du bist ein anderer. Du verwandelst Dich mit der Requisite, die Du verwendest. Kostüme haben etwas Magisches. Warum sonst würde eine ganze Mode-Industrie immer neue Varianten verkaufen des Bekannten? Weil die Leute sich verändern wollen. Sie wollen so sein, wie Ihre großen Vorbilder. Ein Kostüm macht noch keinen großen Schauspieler. Aber es lockt ihn; zieht ihn in die richtige Richtung. Der Befehl lautet: Verwandle Dich. Sei jetzt ein anderer. Schlüpf in dieses Kostüm. Schlüpf in Gedanken in das Wesen eines anderen. Begreife den Kern seines Seins. Verstehe die Gesetze, denen er gehorcht. Das ist Empathie. Sich hineindenken können in die Rolle. Hineinschlüpfen. Das Kostüm nicht als Kostüm empfinden. Sondern als Kleidung. Alltags-Kleidung deines neuen Seins. Dafür brauchen wir dieses Hilfsmittel: Kostüme.« Clark sagte: »Ich könnte mir den Namen OBERON auf mein T-Shirt sprühen.«
Katja sagte als Hermia zu Lisa: »Was ich Dich fragen wollte, meine liebe Helena, wieso hast Du uns verpfiffen? Dem Demetrius gleich alles ausplaudern: Hermia und Lysander wollen fliehen. Tratsch, Tratsch. Höchst schändliches Gebaren; wie kannst Du nur? Ich hab Dir so vertraut. Meide meine Gegenwart. Ich zürne Dir. Du berufst Dich auf unsere jahrelange Freundschaft. Bettelst, ich möge zu Dir halten. Nimmst Du Deinen eigenen Verrat gar nicht wahr? Kann denn Helena so blind gegen sich selbst sein? Da predigt sie schwesterliche Treue; und im nächsten Augenblick schon wirft sie diese vor die Säue.« Lisa antwortete als Helena: »Neidisch war ich; Du warst die Begehrte; Demetrius wollt auf einmal nur noch Dich. Er, der mich einstmals heiß geliebt, bewunderte und verehrte – er sah nur noch Dich. Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten! Ich werde für so schön als sie gehalten. Was hilft es mir, solang Demetrius Nicht wissen will, was jeder wissen muss? Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu hangen, Vergöttr ich ihn, von gleichem Wahn befangen. Eh Hermia meinen Liebsten musst entführen, Ergoss er mir sein Herz in tausend Schwüren; Doch kaum erwärmt von jener neuen Glut, Verrann, versiegte diese wilde Flut. Zur Freundschaft kam der Neid und dann die Wut. Und ich, ich wusste keinen andern Rat. Es trieb mich dann zum schändlichen Verrat. Als könnte dies verlor’ne Liebe heilen. Jetzt geh ich, Hermias Flucht ihm mitzuteilen; Er wird ihr nach zum Walde morgen eilen. Zwar, wenn er Dank für den Bericht mir weiß, So kauf ich ihn um einen teuren Preis. Doch will ich, mich für meine Müh zu laben, Hin und zurück des Holden Anblick haben.«
Katja sagte als Hermia: »Auch mich trifft eine Schuld. Ich habe Deine Not nicht wirklich gespürt. Erst im Elfenwald hab ich Dich verstanden. Als sich alle von mir abwandten. Ich war allein. Scheinbar grundlos verlassen. Urplötzlich. Mein geliebter Lysander war nicht nur zornig auf mich – wir waren auf einmal Fremde. Eben noch Seelenverwandte. Jetzt Wesensfremde. O hilf, Lysander, hilf mir! Siehst du nicht Die Schlange, die den Busen mir umflicht? Weh mir! Erbarmen! – Welch ein Traum, mein Lieber? Noch schüttelt mich das Schrecken wie ein Fieber. Mir schien es, eine Schlange fräß mein Herz, Und lächelnd sähst du meinen Todesschmerz. – Wie? könnt Ihr mehr mir Leid tun, als mich hassen? Warum mich hassen? Was geschah, Geliebter? Bin ich nicht Hermia? Seid Ihr nicht Lysander? Ich bin so schön noch, wie ich eben war. Ihr liebtet über Nacht mich; doch verließt Ihr Mich über Nacht. Und muss ich also sagen (Verhüten es die Götter!), Ihr verließt Im Ernste mich?« Jan sagte als Lysander: » Im Ernst, so wahr ich lebe! Und nie begehrt ich wieder dich zu sehn. Drum gib nur Hoffnung, Frage, Zweifel auf! Sei sicher, nichts ist wahrer, ‚s ist kein Scherz: Ich hasse dich und liebe Helena.«
Marie sagte zu Katja: »Ich mag das gerne, wenn wir das Theaterstück deuten und interpretieren. Dann kann ich mich besser hineindenken in die Figuren. Ich muss mich verteidigen und argumentieren als Theaterfigur. Dadurch verstehe ich immer besser, was die Figuren antreibt, bewegt, motiviert. Hat Deine Mutter Dir diesen Trick verraten?«
Katjas Mutter rief vom Balkon: »Stolz wär die Mutter auf dieses Konzept. Doch die Tochter hat’s alleine ausgeheckt.«
Jerry sagte: »Ja, dies Kind ist ziemlich aufgeweckt. Doch leider auch viel Widerspenstiges in ihr steckt. Der Widerspenstigen Zähmung – das sollten wir als nächstes einüben. Ich werde Dir ein strenger Zuchtmeister sein. Das wird prima.«
Katja trat ihm gegen das Schienbein. Sie war barfuß. Jerry hüpfte auf einem Bein und rief: »Oh, grimme Pein an dem Bein. Nichts als Verdruss bringt dieses Töchterchen. Ich hab mir was Schönes ausgedacht: Statt einer Tracht Prügel, gibt es Nonnentracht. Ab ins Nonnenkloster. Ich reservier da schon mal ein Zimmerchen mit Halbpension für 70 Jahre. Mit unverbaubarem Blick auf solide Klostermauern.« Fred sagte als Theseus zu Katja: » Ob Ihr die Nonnentracht ertragen könnt, Wenn Ihr der Wahl des Vaters widerstrebt, Im dumpfen Kloster ewig eingesperrt Als unfruchtbare Schwester zu verharren, Den keuschen Mond mit matten Hymnen feiernd.«
Jerry sagte zu Katja: »Theseus gibt mir das Recht dazu: Bald bist Du Klosterfrau, tote Frau oder Demetrius’ Frau. So viel Auswahl. Ich bin viel zu gut zu Dir.«
Katja sagte als Hermia: » Da mach ich mich vom Acker. Mit meinem Macker. Lysander, alles roger: Du findest sicher morgen mitternacht Mich an dem Platz, wo wir es ausgemacht.« Jan sagte als Lysander: » Ein guter Glaube! Hör denn, Hermia! Es liegt nur sieben Meilen von Athen Das Haus ‚ner alten Witwe, meiner Muhme; Sie lebt von großen Renten, hat kein Kind Und achtet mich wie ihren einzgen Sohn. Dort, Holde, darf ich mich mit dir vermählen, Dorthin verfolgt das grausame Gesetz Athens uns nicht.« Hermia. Ich eile, hetz und wetz. Helena. Ich eile zu Demetrius und petz!
Clark sagte: »Kommt in mein Reich. Kommt in den Elfenwald. Da kann man sich erholen, entspannen und viel schlafen. Und wenn man aufwacht, sind alle Probleme geklärt. Oder man hat ganz neue Probleme. Je nachdem ob Puck wieder alles vermasselt hat.« Jerry sagte zu Katja: »Ich spiele den Puck, den Egeus und den Philostrat. Du entkommst mir nicht, Hermia. Ich bin überall.« Lisa sagte zu Jerry: »Den kenn ich doch: Wenn du nicht ganz dich zu verstellen weißt, So bist du jener schlaue Poltergeist, Der auf dem Dorf die Dirnen zu erhaschen, Zu necken pflegt; den Milchtopf zu benaschen; Durch den der Brau missrät, und mit Verdruss Die Hausfrau atemlos sich buttern muss; Der oft bei Nacht den Wandrer irreleitet, Dann schadenfroh mit Lachen ihn begleitet. Doch wer dich freundlich grüßt, dir Liebes tut, Dem hilfst du gern, und ihm gelingt es gut. Bist du der Kobold nicht?« Jerry sagte als Puck: » Du hast‘s geraten, Ich schwärme nachts umher auf solche Taten; Oft lacht bei meinen Scherzen Oberon. Ich locke wiehernd mit der Stute Ton Den Hengst, den Haber kitzelt in der Nase.« Katja sagte: » Ich bin beeindruckt; was’n kühner Kobold.« Jerry sagte als Puck: » Du! Bring den kühnen Kobold nicht in Rage. Ja, meine Scherze sind mehr wert als Gold. Und wer den Respekt mir nicht zollt, Für den gibt’s alle Tage Kobold-Plage.« Katja sagte: » Ach, finde Du erst mal den richt’gen Reim. Denn Rage, Plage reimt sich doch wohl kaum. «