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Wenn der Vollmond, der »Comanche Moon«, über den Ebenen von Texas leuchtete, gingen die Comanchen auf den Kriegspfad, und keine Ranch und keine Farm war vor ihnen sicher. Doch sie waren nicht die einzigen Feinde der Weißen. Comancheros, die ihren Namen von dem gesetzwidrigen Handel mit den Comanchen ableiteten und sich im Llano Estacado vor dem Gesetz versteckten, tauschten gestohlene Rinder gegen gefangene weiße Frauen ein, die sie in Mexiko an Sklavenhändler und Bordelle verkauften. Jesse Hittson, der Sohn eines wohlhabenden Ranchers, lässt sich das nicht gefallen. Er stellt sich seinen Feinden, um der Rinder seines Vaters und einer jungen Frau willen. Die authentische Story eines jungen Ranchers, der gegen Comanchen und Comancheros in den Krieg zieht.
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Seitenzahl: 142
Mark L. Wood
Im Versteck der Comancheros
Copyright der eBook-Ausgabe © 2013 bei Hey Publishing GmbH, München.
Originalausgabe © 2006, BASTEI, Bergisch Gladbach. Erschienen in der Reihe Western-Legenden.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Mark L. Wood wird vertreten durch die Verlagsagentur Lianne Kolf.
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: FinePic®, München
Autorenfoto: © privat
ISBN: 978-3-942822-37-4
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Wenn der Vollmond, der "Comanche Moon“, über den Ebenen von Texas leuchtete, gingen die Comanchen auf den Kriegspfad, und keine Ranch und keine Farm war vor ihnen sicher. Doch sie waren nicht die einzigen Feinde der Weißen. Comancheros, die ihren Namen von dem gesetzwidrigen Handel mit den Comanchen ableiteten und sich im Llano Estacado vor dem Gesetz versteckten, tauschten gestohlene Rinder gegen gefangene weiße Frauen ein, die sie in Mexiko an Sklavenhändler und Bordelle verkauften. Jesse Hittson, der Sohn eines wohlhabenden Ranchers, lässt sich das nicht gefallen. Er stellt sich seinen Feinden, um der Rinder seines Vaters und einer jungen Frau willen.
Die authentische Story eines jungen Ranchers, der gegen Comanchen und Comancheros in den Krieg zieht.
»Comanchen«, sagte Cuchillo, als er von seinem Erkundungsritt zurückkehrte. »Ungefähr zwanzig Krieger, oben am Jenkins Creek. Sie sind auf Raub aus.« John Hittson spuckte abfällig in den Sand. Jeder andere Mann wäre bei dieser Meldung zusammengezuckt, aber der mächtige Rancher hatte sein ganzes Leben gegen die Comanchen gekämpft und fürchtete sich nicht vor ihnen.
»Reiten sie in unsere Richtung?«
»Sieht nicht so aus«, antwortete das Halbblut. Er trug eine Feldmütze mit einer Eulenfeder. »Ich glaube, sie haben es auf die kleinen Farmen abgesehen.«
»Würde ich ihnen auch geraten haben«, drohte der Rancher. »Ich hatte sowieso vor, die Schollenbrecher zu vertreiben.« Er blickte an dem Halbblut vorbei und blinzelte in die grelle Sonne. »Behalt die Rothäute im Auge! Solange wir mit dem Round-up beschäftigt sind, habe ich keine Lust, einen Krieg zu führen. Bleib von den Farmern weg!«
Jesse Hittson, einer der Söhne des Ranchers, hatte nur die letzten Worte verstanden. Er war bei den anderen Cowboys am Feuer gewesen und hatte ihnen beim Bränden der Kälber geholfen. »Was ist mit den Farmern, Vater?«
Der Rancher hatte seinen Söhnen verboten, ihn mit »Dad« oder »Pa« anzureden. Er verlangte Disziplin. »Nichts«, antwortete er. »Geh wieder an die Arbeit. Da warten noch jede Menge Kälber. Nimm dir ein Beispiel an Junior.«
Jesse kehrte missmutig ans Feuer zurück. Er war es leid, seinen älteren Bruder vorgehalten zu bekommen. »Zum Teufel mit ihm!«, fluchte er so leise, dass es niemand hörte. Er war ein drahtiger Bursche mit wachen Augen und einem zu weichen Gesicht, das er mit einem Bart zu verdecken versuchte. Ganz im Gegensatz zu seinem Bruder, der zwei Jahre älter und wesentlich stärker als er war.
»Na, machst du dir in die Hosen?«, empfing Junior ihn mit einem hämischen Grinsen. »Hat dich das bisschen Arbeit schon fertig gemacht?«
»Lass mich in Ruhe«, antwortete Jesse und griff nach dem Brandeisen. Er drückte es dem nächsten Kalb so kräftig auf den Hintern, dass dichter Rauch von der verbrannten Haut aufstieg.
»Bist du verrückt?«, fuhr Junior ihn an. John Junior war auch der Vormann der Ranch. »Wenn du die Tiere so zurichtest, bekommen wir keinen Penny für die Herde! Reiß dich zusammen!«
Einer der anderen Cowboys, ein Halbblut wie Cuchillo, lachte schadenfroh. »Vielleicht hat er Schiss vor den Comanchen. Cuchillo sagt, dass sich eine Bande beim Jenkins Creek herumtreibt. Die Kerle sind auf Mord aus!«
»Am Jenkins Creek?« Junior lachte. »Der ist weit weg. Sollen sie den verdammten Schollenbrechern doch den Arsch aufreißen. Würden uns eine Menge Arbeit abnehmen. Wenn sie's nicht tun, reite ich nach dem Round-up selbst hoch und jage sie zum Teufel.«
»Das wirst du schön bleiben lassen«, erwiderte Jesse.
In seinem Blick mischten sich Wut und Angst. Wut auf seinen Vater und seinen Bruder, die sich so selbstherrlich wie Könige aufführten. Angst um Ellen, die Tochter von Aaron Baldwin und seiner indianischen Frau, die am Jenkins Creek eine Farm errichtet hatten und Schweine züchteten.
Junior löste einem Kalb die Fesseln und jagte es lachend davon. »Du hast wohl Angst um deine Squaw? Hast wohl gedacht, ich merke nicht, wie du der Kleinen schöne Augen machst! Mich kannst du nicht hinters Licht führen. Ich weiß genau, wo du dich rumtreibst, wenn du angeblich nach verirrten Rindern suchst. Sei froh, dass ich Vater nichts von deiner Liebschaft erzählt habe. Der würde niemals erlauben, dass du sie besuchst. Eine Squaw, pah, er würde dich windelweich schlagen, das kannst du mir glauben!«
»Ihr Vater ist Weißer, und ihre Mutter ist Halbindianerin«, reagierte Jesse wütend. »Sie ist keine Squaw, verdammt!«
»Ihre Mutter war Apachin.« »Halb-Apachin. Na und?« »Weil du dir dann keine Sorgen mehr um sie machen musst«, sagte Junior grinsend. »Die Comanchen hassen die Apachen noch mehr als uns und die Mexikaner. Was meinst du, was sie mit ihr anstellen, wenn sie ihnen in die Hände fällt? Ich wette, ihr Skalp baumelt längst an einer Comanchenlanze!«
»Du verdammtes Schwein!«, fuhr Jesse seinen Bruder an. Für einen Augenblick sah er sich nach dem glühenden Brandeisen greifen und es seinem Bruder ins Gesicht drücken, dann ergriff ihn wilde Panik, und er rannte zu seinem Wallach und schwang sich in den Sattel. Er drückte ihm die Sporen in die Seite und galoppierte aus dem Lager.
»He, wo willst du hin?«, rief ihm sein Vater nach. »Wir sind noch nicht fertig.«
Junior quittierte das Verschwinden seines Bruders mit einer abfälligen Handbewegung. »Lass ihn doch! Er war uns sowieso keine große Hilfe. Wenn er glaubt, Quanah Parker den Arsch versohlen zu müssen, soll er's doch tun. Er wird schon sehen, was dann passiert.«
»Quanah Parker? Er reitet den Comanchen nach? Was soll der Unsinn?«
Junior genoss es, seinem Vater reinen Wein einzuschenken. »Er hat sich in diese Siedlerstochter verknallt, die Tochter dieses verrückten Schollenbrechers und seiner Apachensquaw. Er treibt sich schon seit einigen Wochen mit ihr herum. Ich wollte dir nichts sagen. Dachte mir, das regt dich zu sehr auf. Von wegen, ein Hittson und eine verdammte Squaw und noch dazu die Tochter eines verdammten Farmers …«
»Und wie mich das aufregt!«, schrie John Hittson. Er gab seinem Pferd die Sporen, ritt auf Junior zu und hieb ihm das aufgerollte Lasso über den Kopf. »Und jetzt geh mir aus dem Weg, bevor ich dir die Abreibung verpasse, die Jesse verdient! Geh mir aus den Augen!«
Junior schwang sich auf sein Pferd und ritt überhastet davon. Erst als er außer Sichtweite war, begann er laut zu lachen.
»Auch du lebst nicht ewig, du sturer Büffel«, rief er in die Richtung, aus der er gekommen war. »Und dann gehört mir die Ranch, mir ganz allein!«
Schon als Jesse den dunklen Rauch über den Hügeln sah, wusste er, dass er zu spät kam. Ohne sich darum zu kümmern, ob die Angreifer noch in der Nähe waren, trieb er seinen Wallach durch die Sträucher auf dem Hügelkamm und ins Jenkins Valley hinab.
Obwohl er auf das Schlimmste gefasst war, griff er dem Pferd erschrocken in die Zügel, als er das brennende Blockhaus zwischen den Cottonwoods sah. Auch aus dem Stall und dem angrenzenden Schuppen schlugen Flammen. Die Feuerzungen zauberten helle Flecken auf den nahen Fluss. Dunkler Rauch quoll empor und hing als drohende Wolke über dem Farmhof.
»Ellen!«, flüsterte Jesse entsetzt. Die Furcht griff mit klammen Fingern nach ihm und drückte ihm die Kehle zu. »Ellen! Wo bist du? Du darfst nicht …« Er wagte nicht, den Satz zu Ende zu denken und gab seinem Wallach verzweifelt die Sporen. Mit einem heiseren Schrei, der wie das Klagen eines sterbenden Tieres klang, ritt er auf die brennenden Gebäude zu. Der böige Wind trieb ihm die glühende Hitze ins Gesicht. Vor dem Farmhaus sprang er aus dem Sattel und rannte zur Tür.
Ein glühender Balken polterte zu Boden. Der Funkenregen trieb ihn zurück und ließ ihn stolpern. Er stürzte in den Staub und hielt sich beide Hände vors Gesicht. Die Glut brannte auf seiner Haut und gab ihm das Gefühl, in Flammen zu stehen. Zwei weitere Balken zersplitterten, und er kroch auf Händen und Füßen zurück, nur weg von den verdammten Flammen. Einige Hühner, die den Comanchen entkommen waren, stoben gackernd vom Farmhof.
Tränen schössen ihm in die brennenden Augen. Er riss sein Halstuch herunter und wischte sich die Glut und den Ruß vom Gesicht. Hustend kämpfte er sich erneut vorwärts. Die Schreie einer verzweifelten Frau schienen an seine Ohren zu dringen, aber es waren nur der Wind und das Zischen des Feuers.
»Ich komme, Ellen!«, schrie er.
Er stützte sich vom Boden hoch und hielt sich das Halstuch vor Nase und Mund. Voller Verzweiflung, aber wild entschlossen, diesmal nicht vor dem Feuer zu kapitulieren, stürmte er erneut vorwärts. Doch gerade, als er mitten durch die lodernden Flammen laufen wollte, brach das Haus zusammen. In dem sprühenden Funkenregen fielen Schüsse, warfen ihn erneut zu Boden.
Stöhnend blieb er liegen. Er presste sein Gesicht in den Sand, um den gierigen Flammenzungen zu entgehen, und spürte eine dichte Hitzewolke über seinem Rücken. Sie schien seine Kleidung zu versengen und ihm tief unter die Haut zu dringen. Er schrie nicht, weder aus Wut noch aus Verzweiflung oder Angst. Er betete nur, dass Ellen und ihren Eltern nichts passiert war, obwohl er jetzt schon ahnte, dass niemand in dieser Flammenhölle überlebt haben konnte. Sie waren alle tot. Entweder die Comanchen hatten sie erschossen, oder sie waren in den Flammen umgekommen.
Er schloss für einen Augenblick die Augen. Doch der dichte Rauch musste ihm das Bewusstsein geraubt haben, denn als er sie hustend wieder öffnete, war das Feuer erloschen, und von dem Farmhaus, dem Stall und dem Schuppen waren nur noch verkohlte Balken und Bretter übrig. Nur der steinerne Kamin und der gusseiserne Ofen ragten wie stumme Monumente des Schreckens aus der dunklen Asche empor.
Schwer atmend stand er auf. Er torkelte zum Brunnen, zog einen Eimer mit Wasser empor und goss es sich über den Kopf. Gierig trank er aus der hölzernen Kelle, die an den Eimer gebunden war. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und brauchte einige Zeit, um zu begreifen, was geschehen war.
Zögernd näherte er sich der Ruine des Hauses. Die verkohlten Balken schwelten noch, und an einigen Stellen loderten kleine Brandherde. Er stieg über die Trümmer hinweg und suchte in der glühenden Asche nach den Leichen von Aaron Baldwin und seiner Frau.
An Ellens Tod wagte er gar nicht zu denken. Sie durfte nicht tot sein. Sie war seine große Liebe, seine einzige Hoffnung auf ein besseres Leben. Er hatte sich längst entschlossen, Texas zu verlassen und mit ihr nach Colorado zu gehen. Nur weit genug entfernt von seinem Vater und seinem Bruder.
Benommen vom Rauch und der Hitze stapfte er durch die Trümmer. Er stolperte über ein Eisengestell, das vom Bett stammen musste, und stieß gegen ein glühendes Bügeleisen. Zwischen den verkohlten Brettern, die einmal zum Schrank über dem Herd gehört haben mussten, erkannte er eine Bratpfanne, einen Topf und eine Auflaufform. Zerbrochenes Porzellan lag in der Asche verstreut. Sie hatten immer von dem kostbaren Porzellan gegessen, wenn er zu Besuch gewesen war.
Er stocherte mit den Stiefeln in den verkohlten Überresten herum und stieß gegen ein entblößtes Gebiss. Der Anblick ließ ihn entsetzt die Luft anhalten. Als er erkannte, dass es sich um die Überreste des Hundes handelte, stieß er erleichtert den Atem aus. Der Hund musste ins Haus gerannt sein, als die Indianer die Tür aufgebrochen hatten. Wahrscheinlich hatte er seinem Herrn und seiner Herrin zu Hilfe eilen wollen.
Aber wo waren Aaron Baldwin und seine Frau? Er stieg über die Trümmer ins Freie zurück und erstarrte. Der Rauch hatte sich etwas gelichtet und gab den Blick auf den hölzernen Zaun hinter dem Haus und dem Stall frei. Über dem Zaun hingen zwei verkohlte Gestalten, wie leblose Puppen, die man achtlos über den Balken geworfen hatte.
Jesse bekämpfte den Widerwillen, der ihn beim Anblick der verbrannten Leichen bewegte, und ging langsam darauf zu. Er war froh, dass er nicht in die schwarzen Gesichter der Toten blicken konnte. Obwohl beide fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannt waren, erkannte er, dass sie skalpiert worden waren. Dort, wo einmal ihre Haare gewesen waren, schimmerte verkrustetes Blut zwischen dem verbrannten Fleisch.
Der Anblick ließ seinen Magen rebellieren. Er übergab sich würgend und band erneut sein Halstuch ab und hielt es sich vors Gesicht, um den fürchterlichen Gestank besser ertragen zu können. Aaron Baldwin und seine indianische Frau. Jesse erkannte den Farmer an seiner Gürtelschnalle, die auf groteske Weise in seinem verkohlten Körper steckte, und der Klinge seines großen Messers, das er stets an der Hüfte getragen hatte. Um den verbrannten Leib der Indianerin spannte sich noch der silberne Conchogürtel, den sie aus ihrer Heimat mitgebracht hatte. Die Conchos bestanden aus wertlosem Metall, aber sie war sehr stolz auf den Gürtel gewesen. An einem ihrer knochigen Finger hing ein goldener Ring.
Jesse schwang drohend eine Faust und rief: »Ihr elenden Mörder! Warum habt ihr das getan? Bei den armen Leuten gab es doch gar nichts zu holen!«
Noch während er den Satz aussprach, merkte er, wie sehr er sich irrte. Die Baldwins hatten etwas besessen, das noch wertvoller als Gold und Edelsteine für die Comanchen war.
»Ellen!«, stieß er hervor. »Sie haben sie mitgenommen! Sie wollen sie an die Comancheros verkaufen!«
Comancheros waren mexikanische Händler und Banditen, die gestohlene Rinder, aber auch weiße Gefangene gegen billigen Whiskey und wertlosen Plunder bei den Comanchen eintauschten. Die Rinder verkauften sie für teures Geld an Rancher im Arizona-Territorium, die Gefangenen gaben sie für ein Lösegeld an die Verwandten zurück. Jenseits der texanischen Grenze hatte man nichts gegen diese Machenschaften, weil man von dem Handel profitierte, aber die texanischen Rancher liefen Sturm, weil die Comanchen ihre Rinder davontrieben.
Neue Hoffnung stieg in ihm auf. Wenn die Indianer sie mitgenommen hatten und an die Comancheros verkaufen wollten, würden sie ihr nichts tun. Für eine unversehrte Gefangene bekamen sie mehr Whiskey und mehr Munition als für eine blutig geschlagene und mehrfach vergewaltigte Sklavin.
Aber was war, wenn sie Ellen behalten wollten? Die Comanchen waren bekannt dafür, dass sie ihre weißen Gefangenen schlechter als räudige Hunde behandelten. Sie hielten sie als Sklavinnen, missbrauchten sie und banden sie nachts vor ihren Tipis an. Er hatte von Frauen und Mädchen gehört, die sich umgebracht hatten, als sie in die Hände der Comanchen gefallen waren.
Jesse suchte den ganzen Farmhof nach Ellen ab. Ein Fetzen von ihrem blauen Kleid, der mehr als hundert Schritte vom Haus entfernt im Staub lag, zeigte ihm, dass die Krieger sie tatsächlich mitgenommen hatten. Er hob den Fetzen auf und betrachtete ihn lange. Auf dem Stoff war Blut, und das konnte der Beweis dafür sein, dass man tatsächlich nicht vorhatte, sie zu verkaufen. Seine Finger schlössen sich fest um den Fetzen.
»Ihr verdammten Schweine!«, brüllte er in einer plötzlichen Aufwallung von Wut und Zorn. »Ich kriege euch! Ich hole Ellen zurück und jage jedem von euch eine Kugel in den roten Wanst!«
Er kehrte zum Haus zurück und begrub die verkohlten Überreste des Farmers und seine Frau. Dann sprach er ein Gebet und stieg in den Sattel. Ohne sich um seine angesengte Kleidung und sein verrußtes Gesicht zu kümmern, folgte er den Spuren der Krieger …
Er dachte nicht daran, dass ein einzelner weißer Mann nicht die geringste Chance hatte, eine Gefangene aus den Klauen von kriegerischen Comanchen zu befreien, sondern ritt auf den Spuren der Indianer nach Nordwesten.
Jesse lebte lange genug in Texas, um die Comanchen zu kennen. Er wusste, wie sehr sie die Weißen hassten, und mit welcher Grausamkeit sie gegen die Rancher und Siedler vorgingen. Bisher hatten sie noch nicht gewagt, sich an den Rindern seines Vaters zu vergreifen, aber sie hatten einen benachbarten Rancher angegriffen, und Jesse war bei den Männern gewesen, die sie von dem Besitz vertrieben hatten. Auf der Flucht hatten sich die Krieger an einer unschuldigen Familie gerächt, die mit einem Planwagen nach San Antonio unterwegs gewesen war. Selbst die Mädchen hatten sie skalpiert …
Den Spuren nach zu urteilen hatten ungefähr zwanzig Krieger die Farm der Baldwins angegriffen. Sie schienen sich ihrer Sache sehr sicher zu sein, denn sie hatten nicht versucht, die Abdrücke ihrer Pferde zu verwischen. Anscheinend rechneten sie nicht damit, schon wenige Stunden nach dem Überfall verfolgt zu werden, in den vergangenen Jahren schienen sie sich jedes Mal in Luft aufgelöst zu haben, bevor die Kavallerie aufgetaucht war. Man nahm an, dass sie sich im Llano Estacado versteckten, und in diese tödliche Wüste wagten sich nicht einmal die Soldaten.