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Wer meint, dass alles über Intuition gesagt wurde, der irrt. Besonders für den modernen und meist rational ausgerichteten Menschen der heutigen Zeit, der es gewohnt ist, sich auf Denken und Technik zu verlassen, kann es schwierig sein, den Zugang zur lebensspendenden Quelle der Intuition wiederzufinden. Dabei ist gerade sie es, die der menschlichen Evolution zu bedeutsamen Entwicklungsschritten verholfen hat. Dieses Buch richtet sich an unseren scharfen Verstand und eröffnet einen perspektivreichen Weg zur Quelle des hohen Wissensgutes von Intuition. Sachverhalte werden präzise hinterfragt, wodurch sich dem Leser die wahre Position von Intuition in seinem Leben erschließt. Dafür blickt er auch über den Tellerrand eingerosteter Haltungen und Paradigmen hinaus. Was zunächst in liebevoller Kleinstarbeit (beinahe Wort für Wort) auseinandergenommen wird, fügt sich wachsend und praxisorientiert in ein großes Bild über die wahre Bedeutung und den immensen Einfluss unserer Intuition im persönlichen und beruflichen Leben zusammen. Wer sich in die Magie dieser feinsinnigen Gedankenwelt von »Intuition für Rationalisten« hineinziehen lässt, wird einen nachhaltigen Nutzen daraus ziehen.
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Seitenzahl: 222
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INTUITION FÜR RATIONALISTEN
CÉLINE VON KNOBELSDORFF
MEHR WISSEN FÜR MUTIGE
Ich danke den vielen Impulsgebern, die mich ermuntert haben, meine Gedanken und Erfahrungen zur Intuition niederzuschreiben und die mich unermüdlich auf dem Weg bis zur Fertigstellung mit Rat und Tat begleitet haben. Ohne Euch alle gäbe es dieses Buch nicht.
© Céline von Knobelsdorff Wasserburg 2017
Einbandgestaltung und Satz: Achim Schmidt, Graphische Konzepte, Mettmann.Gesetzt aus Arno Pro
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzesohne Zustimmung des Verlags ist strafbar. Das gilt insbesondere fürVervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die digitaleEinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
ISBN 978-3-7439-1723-1 (Paperback)ISBN 978-3-7439-1724-8 (Hardcover)ISBN 978-3-7439-1725-5 (e-Book)www.facebook.com/CelinevonKnobelsdorff
Intuition ist etwas, das mich bis heute anhaltend fasziniert. Ich habe lange drüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, weil sie so schwer zu greifen ist und dennoch etwas sehr natürlich Machtvolles darstellt. Intuition zu ergründen gab mir fortlaufend das Gefühl, eine Pionierin zu sein, die in einen schier endlosen Wissensfundus eintaucht. Meine Entdeckungsreise zur Intuition kann ich gut mit einer Dschungelwanderung vergleichen, die mich zu einer alten, zugewucherten Stadt führte und die ich auszugraben begann. Das Wissen, das uns durch unsere Intuition angereicht wird, ist überwuchert von zwischenmenschlichen Verklebungen, familiären Systemen, gesellschaftlichen Konventionen, politischen Regelwerken, unternehmerischen Maschinerien und dem großen Vergnügungsrad, welches uns bei Laune halten möchte. Ich stellte sehr schnell fest, was ich noch alles auf meinem Weg zur Intuition benötigen würde: Geduld, Ausdauer, Vertrauen, Mut, innere Stärke und Hingabe. Alles, was mich bislang auf die Fährte von Intuition gesetzt hatte, lüftete nicht im Ansatz das große zusammenhängende Geheimnis, welches ich immer stärker in meiner Beschäftigung mit Intuition wahrzunehmen begann. Auch wenn ich mich zum Geldverdienen mit ganz anderen Sachen beschäftigte, die Inuition hatte mich bereits in ihren Bann gezogen, und wann immer meine Aufmerksamkeit sich zu weit von ihr entfernte kam wieder ein deutlicher Hinweis. Jedes Erlebnis zur Intuition inmitten meines Alltags war eines von vielen Puzzleteilchen, die ich über Jahre hinweg neu zusammensetzte, gerade so wie ein Archäologe die Geschichte einer verlassene Dschungelstadt Stein für Stein wieder zum Leben erweckt.
Zeitweise glichen meine Annäherungsversuche an die Intuition dem Bändigungsakt eines wilden Tieres, den ich immer verlor, wenn ich auf meiner Herangehensweise beharrte. Es war wohl auch einer dieser seltsamen Zufälle – oder eben intuitiven Fügungen –, dass mir ein Buch in die Hände fiel, welches mir genau hierzu Antworten gab. Ein bemerkenswerter Pferdeversteher öffnete mir durch seine eigene Geschichte die Augen. Er beschreibt, dass man Wildpferde nicht mit der Menschensprache zähmt, sondern dass man stattdessen ihre Sprache erlernen sollte, um ein Teil von ihnen zu werden und sie auf diese Weise zu freiwilligen Lebensgefährten machen zu können. Mit Gewalt, Tricks, Technik und Kontrolle erreicht man nicht das Gleiche, das Tier folgt einem nicht aus freien Stücken, sondern weil man es sich gefügig gemacht hat. Dadurch wurde mir auch klar, dass die Haltung jenes Pferdeverstehers eine sein muss, die das Zugeständnis macht, nicht alles besser zu wissen, sondern lernbereit zu bleiben, um sein Ziel zu erreichen. Erst viel später fiel mir auf, dass dies eine wesentliche Eigenschaft von intuitiven Menschen ist.
Intuition eröffnet uns ihre machtvolle Magie erst vollständig, wenn wir anerkennen, dass sie ihre eigene Sprache spricht, und wenn wir geduldig bleiben, sollten wir uns wie unwissende, verständnislose und zappelige Anfänger im Umgang mit ihr fühlen. Intuition als Technik oder gar als Instrument für noch mehr Einflussnahme zu verstehen, reduziert sie auf etwas, was beeindrucken möchte, aber wenig vorausschauend und langfristig ist. Wer Intuition in ihrem besten Sinn anwenden und genießen möchte, der kann dies nur, indem er ihr den Einfluss auf seine gesamte Persönlichkeit zugesteht und damit auch, dass die eigene Persönlichkeit sich insgesamt verändern wird. Ein Mensch, der Intuition und das höhere Wissen, welches uns durch sie vermittelt wird, würdig annimmt, wird zusammen mit ihr andere Erfolge erzielen, als ein Mensch, der in ihr nur ein Mittel zum Zweck sieht. Intuition läßt sich nicht aus reinem Kalkül funktionalisieren, denn ohne sich auf ihre Sprache einzulassen, wird man sie als launenhaft und unzuverlässig empfinden. Ich habe Menschen immer wieder sagen hören, sie funktioniere mal mehr oder weniger, so richtig darauf verlassen könne man sich nicht. Das sei wohl das Wesen der Intuition. Mir versetzte das immer einen Stich, weil etwas in mir wusste, dass es so nicht wahr ist.
Um mich auf die Sprache von Intuition einzulassen, habe ich verschiedenes bewußt getan. Ich habe mich immer präziser sensibilisiert, um die vielseitigen Botschaften meines Gefühlslebens von dem Ruf der Intuition zu unterscheiden. Ich habe mir viel Unbewusstes klar gemacht und festgestellt, dass aus diesem Bereich kein intuitives Wissen aus mir spricht, sondern eher meine verdrängten Erlebnisse, meist unliebsame Empfindungen. Ich habe viel gelesen und mich mit Menschen ausgetauscht, mit Freunden und Kunden gleichermaßen. Ich habe meine Reaktionen beobachtet und das, was mir als erstes in den Sinn kam, war oft verblüffend wahr. Durch meine eigene Innenschau und die Beobachtungen in meinem Umfeld kristallisierte sich ein zunehmend stabiles und für mich neues Bild von Intuition heraus: Intuition ist keine zufällige Gefühlsduselei von besonders weichen oder kreativen Menschen, oder das Beherrschen eines magischen Empathiezaubers, sondern eine wertvolle Informationsquelle höheren Wissens, die uns allen zur Verfügung steht, und zu der wir dann den Zugang finden, wenn wir uns auf sie und ihre Logik einlassen. Je mehr ich Intuition als eine wesentliche Ratgeberin ernst zu nehmen begann, desto weniger sonderbar empfand ich eintreffende Ereignisse, die ich vorher noch als Zufall bezeichnet hätte. Gleichzeitig fiel mir immer mehr Literatur aus völlig anderen Themenbereichen in die Hände, die mein tiefer werdendes Verständnis von Intuition und ihre weitreichende Bedeutung bestätigten. So kam ich unter anderem mit der Neurobiologie und Zellforschung in Berührung, ebenso wie mit der Archäologie und Quantenphysik. Was sich mir im Überblick der einzelnen wissenschaftlichen Ergebnisse darlegte war, dass das Wesen der Intuition ein nicht nur sehr altes Wissen ist, sondern überzeugende Korrespondenzen zu fundamentalen Lebensprinzipien aufweist (ob nun göttlich oder wissenschaftlich ausgelegt), sowie zum Verhalten unseres Körpers selbst. Daraus zog ich eine wesentliche Erkenntnisstütze im Umgang mit Intuition. Wir selbst sind lebendiger Ausdruck unserer Intuition und unser Körper eine großartige Vorlage und Orientierungshilfe. Je aktiver und achtsamer wir zum Beobachter werden, desto klarer erschließt sich uns, dass das hohe Wissen der Intuition allgegenwärtig ist.
Eine Herausforderung stellt allerdings unser vielseitig eingesetzter technokratisch-analytischer Sachverstand dar. Er will oft genug zu schnell Beweise für die intuitiv gefällten Entscheidungen. Er hinterfragt solange, bis sich Zweifel hartnäckig einnisten, die einen Wirbel an verwirrenden Emotionen nach sich ziehen. Auch mich erfasste diese Verwirrung, dieses Taumeln, ob ich der Botschaft meiner Intuition vertrauen soll, weil sie zum Teil unerwartete Ängste herauf beschwor und mich dadurch zwischenzeitlich orientierungslos machte. Befindet man sich in Problemsituationen, die stets von einer Menge unterschiedlicher Emotionen begleitet sind, dann ist es umso schwieriger eine klare Ausrichtung zu behalten. Der Kopf glaubt hier sein Bestes zu geben, wenn er mit Sachlichkeit alles Gefühlsmäßige abzukühlen versucht, doch letztlich führen seine Ratschläge zu keiner anhaltenden Zufriedenheit. Ich empfand meine Vernunft oft genug als Beschwichtiger, der froh ist, wenn er die aufgewühlte See meiner Empfindungen wieder unter Kontrolle gebracht hatte. Er kam mir wie ein Beamter vor, der im Grunde nur seine eigene Position verteidigte und dabei nicht bereit war, seinen Horizont zu erweitern. Das, was meine Intuition an Neuigkeiten auf seinen verstaubten Schreibtisch wehte, schien ihn in seiner Kompetenz zu kränken. Schließlich war er doch der Wissende, wie kann es da etwas geben, was mehr weiß als er. Unliebsame Gefühle kamen ihm da gerade recht, denn sie ließen ihn einen scheinbar logischen Haupttrumpf ausspielen: wenn Ängste dabei sind, dann sollte die Botschaft vernichtet werden, alles andere wäre ja dumm. Ich fand, dass meine Vernunft es sich da schon sehr einfach machte, denn sie hinterfragte die Gefühle nicht, sondern beurteilte sie nach ihrem Eingangsstempel. Negatives muss weg, Positives darf bleiben. Diese Logik schien mir sehr lebensfremd, waren es doch gerade Fehler oder Enttäuschungen, die mir besondere Erkenntnisse in meinem Leben beschert haben. Seitdem ich mir das Funktionieren meines Kopfes gerade im Umgang mit Gefühlen und den Botschaften meiner Intuition auf dieses Weise bewußt gemacht hatte, sank sein Einfluss auf mich. Ich ließ ihn Fakten verwalten und hielt ihn aus komplexen Lebensthemen eher raus. Ich kannte seine Haltung oft genug schon vorher und zog es vor, seine Bewertungen nicht mehr über alles zu stellen. Wo ich entscheidende Entwicklungsschritte machte, dort waren meine Intuition und mein Mut wesentliche Verbündete.
Wer Intuition verstehen möchte, der braucht in erster Linie eine kräftige Portion Mut, sich auf Erfahrungen und Erlebnisse einzulassen, die ihm zunächst vielleicht völlig unverständlich sind. Durch meine Recherchegespräche mit anderen Menschen formte sich ein Bild vom intuitiven Menschen heraus, zu dem Mut, wie auch noch weitere Eigenschaften, in zentraler Weise dazugehören. Heute, nach vielen Jahren des aktiven Gebrauchs meiner Intuition, verblüffe ich insbesondere Rationalisten durch die rasche und genaue Analyse von Umständen und Personen. »Wie können Sie das in so kurzer Zeit wissen?« Das löst in mir ein freundliches Lächeln und ein stilles Dankeschön aus. In diesen Momenten empfinde ich Intuition als ein großartiges Geschenk, welches einerseits meinem Ego schmeichelt, mich aber vielmehr an eine lebensimmanente Weisheit anbindet. Mir und anderen genau dadurch weiter zu helfen ist für mich bis heute ein Akt gnadenvollen Erfolgs.
Es ist einfach noch nicht alles zur tiefen Bedeutung von Intuition in ausreichender Sorgfalt aufgezeigt worden. Mein Eindruck ist sogar, dass sie mit ihrer bisherigen Zuordnung zum Unterbewusstsein oder dem Unbewussten falsch ausgelegt wurde. Und das halte ich für eine der wesentlichen Ursachen dafür, dass die Bereitschaft von vielen Menschen, auf ihre Intuition zu hören, immer noch so wankelmütig ist. Die Stichworte, die ich immer wieder aus Gesprächen mit Klienten, Kollegen oder Freunden heraushörte, rankten sich allesamt um unser Bauchgefühl, unsere Empathie, um positives Denken, Erfahrungswissen oder das Stärken unserer Visionskraft. Auf mich wirkte das alles unzusammenhängend und fragmentiert und offenbar war es meine Intuition, die mir sagte, dass damit lange nicht alles zum Ausdruck gebracht wird.
Nach meinem letzten Vortrag in München sprach ich mit der leitenden Betriebsärztin über die Komplexität dieses Themas, und sie schaute mich an: »Mit ihren Augen betrachtet, ist es wirklich ein weites Feld – und total unbeackert. Da können Sie sich austoben ...«.
Ich setzte dort an, wo ich selbst begonnen hatte und führte viele Dialoge, die, bis auf meine späteren Interviews, in ähnlicher Form abliefen:
»Was ist Intuition für Sie?«
»Ein Gefühl.«
»Ist es positiv?«
»Ja – doch, eher.«
»Das heißt, es ist angenehm.«
»Grundsätzlich denke ich schon. Aber es funktioniert nicht immer ... manches Mal, da kam es völlig anders. Erst hatte ich ein gutes Bauchgefühl und dann passierte genau das Gegenteil.«
»Aha. Also, mit der Intuition liegt man manches Mal richtig und dann wieder falsch – würden Sie das sagen?«
»Ja. Manches Mal klappt es eben, und manches Mal nicht. Irgendwie hat Intuition doch mit Glück oder Zufall zu tun – meinen Sie nicht?«
»Nein, das meine ich nicht. Ich glaube, Sie haben Intuition mit etwas anderem verwechselt, denn sie funktioniert immer.«
An dieser Stelle schaute ich meist in erstaunte oder skeptische Gesichter.
»Intuition einzureihen in die allgemeine Gefühlswelt birgt die Gefahr, sie mit einem x-beliebigen anderen Gefühl über einen Kamm zu scheren, und sich dann zu wundern, wenn es scheinbar nicht klappt.«
»Vielleicht ist Intuition dann ja abgespeichertes Erfahrungswissen ....«
»Auch jede gemachte Erfahrung ist letztlich mit einem Gefühl verbunden. Woher wollen Sie wissen, was dabei ihre Intuition ist? Und wir müssen doch auch unterscheiden, auf welcher Basis wir diese Erfahrungen bewertet haben: Von wem stammt das Wertesystem und wie finden wir in alledem unser eigenes und darin unser intuitives Wissen?«
»Aber wenn mir mein Bauchgefühl sagt, dass ich etwas tun oder lassen soll, weil ich damit bereits bestimmte Kenntnisse gesammelt habe – dann ist das doch schon so ziemlich das, was Intuition ist, oder?«
»Ich gebe Ihnen mal ein persönliches Beispiel: Als ich von München plante wegzugehen, hat mir mein Bauch ohne Umschweife Ungutes vorher gesagt. Er erinnerte mich an sämtliche Bruchlandungen und beschwor damit meine Ängste herauf. Wer will schon ständig schlechte Erfahrungen wiederholen, ohne einen Sinn darin erkennen zu können? Aber das ist für mich nicht Intuition. Ich hatte oft Angst in meinem Leben UND es gab eine Stimme, die mir dennoch dazu riet. Dieses Gefühl oder besser: die Richtigkeit dieses Gefühls spürte ich in meinem Herzen, nicht in meinem Darm. Und weil ich mir trotz »voller Hosen« ein Herz gefasst habe, bin ich heute nicht mehr in München. Und das hat sich als absolut richtig herausgestellt.«
Dem Ruf der Intuition zu folgen, erkennt man signifikant daran: sich sprichwörtlich »ein Herz zu fassen«. Denn jenen Ratschlägen aus dem scheinbaren Nichts zu folgen verlangt von einem, sein Herz in die Hand zu nehmen und sich etwas zu trauen, sich selbst etwas zuzutrauen. Sich zu trauen, der Vernunft zu gegebener Zeit etwas Mächtigeres vor die Nase zu setzen.
Diesem Wissen zu vertrauen ist auch etwas anderes, als das, was aus dem Bauch zu uns spricht. Mittlerweile ist der »Darm-IQ« zwar auch recht populär geworden und Krankheitsbilder, wie z. B. die Zöliakie fordern nicht nur Ärzte, Ernährungswissenschaftler und Heilpraktiker heraus, sich mit der Botschaft und dem richtigen Umgang dieses Organs auseinander zu setzen. Doch nicht nur im Darm sitzt diese Intelligenz, die wir, dank sich neu belebender ganzheitlicher wissenschaftlicher Betrachtungsweisen wieder entdecken, und die erstaunlicherweise an die Kenntnisse so mancher Naturvölker andocken, weil diese sich ihre Wahrnehmung größerer Zusammenhänge bewahren konnten. Jene Intelligenz erschafft uns tagtäglich als Ganzes, denn ihr unterliegen lebenserhaltende Abläufe und Entscheidungen, die in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit ablaufen. Das, was wir als logisches Denken über alles andere stellen, wäre nicht in der Lage diese Prozesse zu steuern oder zu überwachen. Warum nur glauben wir mit bemerkenswerter Beharrlichkeit, dass unser Denken die höchste Wissensstufe ist?
Dem Denken diese Macht einzuräumen, funktioniert nur deshalb, weil wir diese automatischen Abläufe im Sinne ei nes mechanischen Räderwerks interpretieren, in dem alles festgelegt ist und auch unveränderlich bleibt, unbeeinflussbar zumindest durch uns selbst. Ohne dass wir es uns eingestehen, bleibt es auf diese Weise der Umwelt ausgeliefert, wie ein Auto, das im Regen steht und zu rosten beginnt, sich aber dennoch nicht selbständig in die Garage fahren kann.
Da das mechanische Weltbild auf einem überholten Weltenverständnis fußt, darf konsequenterweise alles, was dies zugrunde legt, ohne Scham und Scheu auf seine Richtigkeit hinterfragt werden. Ich beobachtete das »Ich denke, also bin ich.« Kulturgut in meinem Leben sehr genau und kam immer mehr zum Schluß, dass dieser wertvolle Leitsatz eine zu eingeschränkte Interpretation menschlichen Vermögens ist. Das, was wir uns damit geschaffen haben, vergleiche ich gerne mit einem verwöhnten Einzelkind. Unser Denken beansprucht diese Stellung inzwischen derart selbstbewusst, dass wir aufgrund dessen schon keine Zweifel daran aufkommen lassen möchten. Als ich meinem Einzelkind immer beharrlicher an seine neue Weggefährtin, meine Intuition, gewöhnte, profitierte mein Denken ebenfalls davon. Es wurde entspannter, spielerischer und zugleich klarer und präziser. Die Phasen, mich und meinen Kopf daran zu gewöhnen, waren freilich von einigen inneren Kämpfen begleitet, die mit jedem weiteren gemeinsamen Erfolg immer milder wurden.
Dass Intuition mal funktioniert und mal nicht, liegt nicht an ihrem launenhaften Wesen, sondern an unserem unbeholfenen Umgang mit ihr. Daran, dass wir nicht differenziert genug sind und ungenau werden, wenn es um unser Innenleben geht. Man hat uns lange genug danach erzogen, dass denken die klügste Art sei, sich als Mensch hervorzutun. Wir haben brav unser Denkvermögen benutzt, um weiter zu kommen, und dabei ist alles auf der Strecke geblieben, was mit unserem Gefühlsleben zu tun hat und infolgedessen auch mit Intuition.
Das, was Intuition ist, nämlich mehr als nur ein Bauchgefühl, stellt für unser Denken mit seiner traditionellen Positionierung ein Buch mit sieben Siegeln dar. Viele beschäftigen sich deshalb nur kurzweilig mit Intuition, weil es mühsam ist, sich darauf einzulassen. Wir werden täglich gemästet mit verstümmelten Nachrichten-Codes, wodurch unser Auffassungsvermögen kontinuierlich auf schnelle Verständnis-Häppchen und schmackhafte Umsetzungs-Schnittchen zusammenschrumpft. So wollen die meisten News und Anregungen »to go« serviert bekommen, vor allem bei Laune gehalten werden. Informationen, die nicht innerhalb eines Klicks sachdienliche Hinweise geben, werden bereits als unbrauchbar eingestuft. Wir haben unserem Rausch nach Geschwindigkeiten und dem Technologiehype einiges geopfert, was unseren Bezug zur Intuition und zu uns selbst, als intuitive Wesen, folgenschwer beeinträchtigt hat. Die meisten von uns sehen all jene Zusammenhänge schon gar nicht mehr, fragen sich gegebenenfalls, was mit ihnen und der Welt los ist, beklagen immer häufiger die Umstände, suchen Zuflucht in Ablenkungen, um der Last des scheinbar Unerklärlichen, der eigenen uneingestandenen Ratlosigkeit, zu entwischen.
Ohne unsere Intuition sind wir steuerbare Hüllen, deren Denken und Fühlen von Trends und Angeboten befüllt werden. Ohne Intuition lassen wir uns leichter Bedürfnisse einreden, die wir weder hinterfragen, noch sie dahingehend überprüfen, inwiefern sie uns weiter bringen, gerade wenn sie mit dem Anschluss zur Massendynamik locken.
Wollen wir nun authentisch und individuell sein, oder Teil der Masse – knetbar wie Plätzchenteig, in den dann trendige Keksformen gestanzt werden, gerade so wie es den Machern von Mainstreams gefällt?
Um authentisch zu sein benötigen wir unseren inneren Kompass, der uns auf unserem ureigenen Kurs hält, gleich welcher Wind um uns herum weht. Intuition ist dieser innere Kompass, der die natürliche Intelligenz des Lebens anzapft, damit wir unseren Kurs selbst bestimmen und das verwirklichen, was wir uns von Herzen wünschen.
Auch wenn wir uns viele schöne Dinge anschaffen und uns bemühen, mit Emotionen besonders »cool« umzugehen, die Botschaft spätestens am Ende jeder bewältigen Krise tönt stets ähnlich: Es geht um ein einvernehmliches Verhältnis von Gedanken, Gefühlen und einem Selbstvertrauen, welches es wagt, über den eigenen Horizont hinaus zu blicken. Betrachte ich unsere Zeit, so sehe ich gerade hinsichtlich unseres Umgangs mit Emotionen und unserem intuitiven Wissen deutliche Anzeichen für eine Krise. Alleine die Gewaltbereitschaft, die Trostlosigkeit unter vielen Jugendlichen, der Anstieg psychosomatischer Krankheiten, die zusammengeflickten Familien, um nur ein paar Beobachtungen aufzuzählen, machen die Schräglage als Folge unseres jahrzehntelangen Plädoyers für eine vernunftorientierte Lebensweise deutlich. Etwas stimmt ganz offensichtlich in diesem System nicht. Darin sind sich vermutlich viele Menschen einig. Nur was genau? Und was hilft uns aus der Ohnmacht heraus?
Bevor wir die Politik, die Wirtschaft, den Euro, die Gesellschaft, die Schulbildung oder Sonstiges zur Verantwortung ziehen, kann jeder bei sich selbst beginnen. Ja, das ist unbequem. Ja, das fordert uns heraus. Ja, das scheint unvereinbar mit dem Stress, dem Zeitdruck und den Anforderungen, denen wir uns ausgesetzt sehen. Es ist allerdings ein weiteres Indiz für unseren verschütteten Zugang, dass wir, ob dem Gefühl der Machtlosigkeit, ganz selbstverständlich den Fehler, die Ursachen für den Missstand im Außen suchen. Es erscheint viel zu unbedeutend, über das nachzudenken was man selbst tun könnte, um mit den sich verändernden Umständen besser klar zu kommen oder inwiefern sie mit einem in Resonanz stehen oder welche Fähigkeiten sie einem vielleicht zu entlocken versuchen. Und weil es zu unbedeutend erscheint, räumen wir in unseren engmaschigen »To-do«-Listen nicht noch zusätzlich Zeit für so etwas ein, das verschieben wir gerne auf später.
Wir reflektieren in dieser Weise nicht über uns, weil wir auf Tempo getrimmt wurden, darauf, dass Zeit ein kostbares Gut ist und man schneller alt wird, als einem lieb ist. Wir sind auf Effizienz in einem ganz eingeschränkten und zudem widernatürlichen Verständnis eingestellt und glauben, dass dies der Weisheit letzter Schluss ist. Dies hat zur Folge, dass wir keinen Bezug mehr zu den Antworten haben, die uns manches Mal auch spontan in den Sinn kommen, wenn wir den Blick auf uns selbst richten. Und wir geraten durch innere Dialoge möglicherweise in Konflikte, weil wir einer Stimme Gehör schenken, vor deren Aufforderung wir manches Mal scheuen, weil sie unsere gewohnheitsmäßigen Annahmen aufrüttelt. Wir fürchten uns vor der Wahrheit, die stets erst leise anklopft, und die uns Ignoranten irgendwann mit Pauken und Trompeten den Marsch bläst, so dass manch Einer ein ewiges Pfeifen im Ohr davon zurück behält.
Ich stellte mir wiederholt die Frage, warum wir uns blind, taub und sprachlos stellen, und landete erneut bei mir selbst: Weil Wahrheiten uns aus Gewohnheiten herausreißen, aus den Komfortzonen unserer Selbsttäuschung, mit der wir uns einreden, dass alles Bestens ist, obwohl wir bereits erste Anzeichen für den Betrug an unserer Wahrhaftigkeit aufleuchten sehen. Intuition legt zuweilen unmissverständlich den Finger in unsere Wunden – nicht aber, um uns zu gängeln, sondern damit wir in unserer Entwicklung effizient voranschreiten, statt uns in unvorteilhaften Umständen weiter einzunisten. Das Wissen unserer Intuition ist immer da und ich möchte das, was ich mit ihr erlebt habe, über sie ergründet und durch sie vermittelt bekommen habe, mit Ihnen teilen.
Als ich zuließ, dass Intuition sich in meine Alltagsbeobachtungen einmischte, stellte sich eine erhöhte Wachsamkeit ein. Es wirkte auf mich, als ob in mir ein weiteres System zur Wahrnehmung meiner selbst und meiner Umwelt eingeschaltet worden wäre. Das stiftete einerseits Verwirrung ob der zusätzlichen Informationen, andererseits stellte sich ziemlich schnell eine Auswertung ein, die mich wie ein Navigationssystem zu führen schien. Beobachtete ich beispielsweise Menschen, so hörte ich recht bald die klaren Worte aus der Stille, was ich wohl grob von ihnen zu erwarten hätte, ob ich mich besser fern halten sollte oder ob der eine oder andere für mich wichtig werden könnte. Was anfänglich noch unter spielerisch testen lief, wurde bald zu einer festen Instanz meiner Kommunikation, Kooperationen und Beziehungen. Ein wunderbares Geschenk!
Was sich als ein weniger erfreulicher, aber ebenso häufiger Effekt meiner wachsam-intuitiven Antennen zeigte, waren die vielen Widersprüche, die sich, gleich wohin ich blickte, zu entschleiern begannen. Mir war, als sei mit der zusätzlichen Wahrnehmungsinstanz auch eine Erweiterung in meinem Denken einhergegangen, was mich als Vieldenkerin einerseits freute, mir andererseits völlig neue Aufgaben servierte. Wo ich früher einfach annahm, dass Dinge ihre Richtigkeit hatten, vor allem, wenn sie durch für seriös befundene Instanzen vermittelt wurden, begann die innere Stimme immer mehr nachzufragen, warum ich dies so ungeprüft annehmen könne. Ich wehrte mich anfänglich ziemlich gegen die Penetranz, jeden Stein in meinem Leben, vor allem hinsichtlich Normen, Vorgaben, Regeln, Annahmen, die unser Leben prägen, umzudrehen. Mein Kopf sagte: »Das kann doch nicht ernsthaft von mir verlangt werden! Das schaffe ich niemals in einem Leben, alles zu hinterfragen, um dann vielleicht zu unveränderten Ergebnissen zu kommen ...«. Meine Intuition entgegnete: »Vielleicht kommst Du aber auch zu völlig anderen – Du wirst es erst wissen, wenn Du beginnst Dich zu fragen, ob das stimmt, was man Dich glauben lassen möchte ...«. Ich entschied, auch dies im Sinne eines Experiments anzugehen, um mir einen Eindruck von der Sinnhaftigkeit dieser mit Nachdruck ausgesprochenen Empfehlung zu verschaffen.
Mehr denn je stufe ich Widersprüche als Meisterschaft im Umgang mit der Integration von Intuition im Lebensalltag ein. Denn sie sind per se eine Provokation für den Verstand, der damit auf lange Sicht überhaupt nicht klar kommt. Der Verstand braucht Eindeutigkeit, gleich auf welchem Weg er sie herstellt. Wenn er sie dann hergestellt hat, klopft er sich auf die Schulter: »Na siehste« – und verdrängt meisterlich, dass er den oftmals dafür ungelösten Widerspruch weggeschummelt hat. »Ja, aber ...« ist die Kurzformel für viele dieser Widersprüche, mit der unsere Gesellschaft sich wunderbar zu arrangieren versteht.