Iran im Weltsystem - Simone Dinah Hartmann - E-Book

Iran im Weltsystem E-Book

Simone Dinah Hartmann

3,0

Beschreibung

Neben der neu konstituierten iranischen Freiheitsbewegung stehen der aktuelle Stand des Nuklearprogramms und die globale Bündnispolitik des iranischen Regimes im Zentrum. Die Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich, Italien, Israel, den USA und dem Iran analysieren die europäische, russische und US-amerikanische Iran-Politik, skizzieren die aktuellen Wirtschaftsbeziehungen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz zum Iran und beleuchten die Bündnisstrategien Teherans in Asien, Afrika und Lateinamerika. Die Begeisterung von Neonazis für das iranische Regime wird ebenso unter die Lupe genommen wie die Bewunderung für das iranische Kino. Erst aufgrund der 30 Jahre langen Unterstützung aus Europa, Russland und einer Reihe semiperipherer Dritte-Welt-Staaten konnte sich die Führung in Teheran halten. Als eines der maßgeblichen Schwellenländer und eine regionale Großmacht war die "Islamische Republik Iran" in den letzten Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil der globalen Machtstruktur, dem von zentralen Akteuren der Weltpolitik mit "Appeasement"-Politik oder offener Kollaboration begegnet wurde. Mit Beiträgen von: Ulrike Becker, Andreas Benl, Ilan Berman, Hassan Daioleslam, Tobias Ebbrecht, Stephan Grigat, Simone Dinah Hartmann, Jeffrey Herf, Ely Karmon, Florian Markl, Fathiyeh Naghibzadeh, Emanuele Ottolenghi, Heribert Schiedel, Robert Schindel, Michael Spaney und Jonathan Weckerle.

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Stephan Grigat/Simone Dinah Hartmann (Hrsg.)

Iran im Weltsystem

Stephan Grigat/Simone Dinah Hartmann (Hrsg.)

Iran im Weltsystem

Bündnisse des Regimes undPerspektiven der Freiheitsbewegung

StudienVerlag

InnsbruckWienBozen

 

 

 

© 2010 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A–6020 InnsbruckE-Mail: [email protected]: www.studienverlag.at

Buchgestaltung nach Entwürfen von Kurt HöretzederSatz: Studienverlag/Christian Sonnewend, www.madeinheaven.atUmschlag: Studienverlag/Vanessa Sonnewend, www.madeinheaven.atUmschlagbild: Gettyimages/AFP/Olivier Laban-Mattei

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN: 978-3-7065-5822-8

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at.

Inhaltsverzeichnis

Stephan Grigat/ Simone Dinah HartmannVorwort der Herausgeber

Jeffrey HerfDas Schweigen der Antifaschisten. Ein Geleitwort

Stephan GrigatDie Sehnsucht nach Freiheit und die Vernichtungsdrohungen gegen Israel

Transformation im Iran

Fathiyeh Naghibzadeh/ Andreas BenlNachholende Säkularisierung. Bilanz und Perspektiven der iranischen Freiheitsbewegung

Jonathan WeckerleDie Pasdaran auf dem Vormarsch. Zur Rolle der Revolutionsgarden im Regime und der iranischen Ökonomie

Emanuele OttolenghiDer Deal, der keiner war. Zum Stand des Nuklearprogramms

Bündnisse des Regimes

Ely KarmonBruder Chavez. Iranische Bündnisse in Lateinamerika

Stephan GrigatDie chinesische Karte. Iranische Bündnisoptionen in Asien und Afrika

Ilan BermanRussisches Roulette. Was Moskau von Teheran will

Florian MarklEin neuer Kalter Krieg. Der Iran und die arabischen Staaten

Hassan DaioleslamDer gezähmte „Große Satan“. US-amerikanische Iran-Politik und der Lobbyismus des Regimes

Simone Dinah HartmannWandel oder Handel? Europa und der Iran

Ulrike Becker/ Michael SpaneySiemens, Thyssen, Linde & Co. Aktuelle Entwicklungen im deutschen Business mit dem Iran

Stephan GrigatIn die Bresche springen. Aktuelle Entwicklungen im österreichischen und schweizerischen Verhältnis zum iranischen Regime

Tobias EbbrechtFaszinierende Ambivalenz. Die Liebe zum iranischen Kino und die kulturelle Dimension des Appeasements

Heribert SchiedelHeiliger Hass. Zur rechtsextrem-iranischen Freundschaft

Robert SchindelDas österreichische Gedächtnis und die iranische Bedrohung.Eine Miniatur als Nachwort

Autorinnen und Autoren

Stephan Grigat/ Simone Dinah Hartmann

Vorwort der Herausgeber

Der vorliegende Band basiert auf einem einfachen Gedanken: Hätte das iranische Regime nicht 30 Jahre lang Unterstützung aus Europa, Russland und einer Reihe semiperipherer Dritte-Welt-Staaten erhalten, und hätten seine Gegner nicht über Dekaden versucht, mit ihm zu verhandeln und es zu beschwichtigen, würde es heute nicht mehr existieren. Als eines der maßgeblichen Schwellenländer und eine regionale Großmacht war die „Islamische Republik Iran“ (IRI) in den letzten 30 Jahren ein wichtiger Bestandteil der globalen Machtstruktur, dem von zentralen Akteuren der Weltpolitik mal mit Appeasementpolitik, mal mit offener Kollaboration begegnet wurde.

Die vorliegenden Beiträge analysieren auf der Grundlage unseres 2008 erschienenen Bandes Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer neben Perspektiven der neu konstituierten iranischen Freiheitsbewegung und dem aktuellen Stand des Nuklearprogramms die globale Bündnispolitik des iranischen Regimes. Die Beiträge beschreiben die europäische, russische und US-amerikanische Iran-Politik, skizzieren die aktuellen Wirtschaftsbeziehungen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz zum Iran und beleuchten die Bündnispolitik des Regimes in Asien, Afrika und Lateinamerika. Die Begeisterung von Rechtsradikalen und Neonazis für das iranische Regime wird ebenso unter die Lupe genommen wie die Bewunderung für das iranische Kino.

Der Charakter des iranischen Regimes, seine Struktur und Ideologie, sein Schwulen- und Frauenhass, die Diskriminierung und Verfolgung der Opposition und von religiösen und nationalen Minderheiten sowie die internationale Unterstützung des djihadistischen Terrors werden in den Beiträgen von Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer ausführlich dargestellt, so dass im nun vorliegenden Band lediglich auf sie verwiesen wird. Auch der rabiate Antisemitismus und die aus ihm resultierende kompromisslose Israelfeindschaft, die keineswegs nur für Ahmadinejad und seine Anhänger, sondern für das gesamte Regime charakteristisch sind, wurden dort analysiert. Nichtsdestotrotz rufen nicht nur Geleit- und Nachwort des vorliegenden Bandes abermals die Bedrohung Israels in Erinnerung und thematisieren, weil man es gar nicht oft genug aussprechen kann, nochmals die Tatsache, dass sich mit Deutschland und Österreich gerade die Nachfolgestaaten des Nationalsozialismus in der Vergangenheit als unfähig und nicht Willens erwiesen haben, angemessene Schritte gegen das iranische Regime zu setzen.

Der vorliegende Band, der Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich, Italien, Israel, den USA und dem Iran versammelt, reflektiert in vielen Punkten Erfahrungen, die wir in den letzten zwei Jahren im Rahmen unserer Arbeit in dem Bündnis STOP THE BOMB gemacht haben1, dessen Zielen sich die Autorinnen und Autoren dieses Bandes, die ganz unterschiedlichen Theorietraditionen und politischen Projekten entstammen, verpflichtet fühlen. In der Einleitung zu unserem letzten Sammelband hatten wir 2008 geschrieben: „Die Gefahr der Aufstockung des iranischen Vernichtungsarsenals mit Nuklearwaffen erfordert Interventionsversuche auch von jenen, die nicht unmittelbar in politische Entscheidungsprozesse eingebunden sind. (…) Die in diesem Buch behandelten Gegenstände sind so beschaffen, dass sich eine rein publizistische Beschäftigung mit ihnen von selbst verbietet.“ 2 Daran hat sich auch heute nichts geändert. Neu ist allerdings die Situation, dass, während Europa auch die letzten Jahre beharrlich daran festgehalten hat, das Regime im Iran durch Milliardengeschäfte am Leben zu erhalten, nun die Bevölkerung im Iran all ihren Mut zusammengenommen hat und massenhaft gegen eine Tyrannei aufbegehrt, die nicht nur zu den widerlichsten, sondern auch den gefährlichsten der Gegenwart zählt.

Entwicklungen, die sich nach dem 8. März 2010 ergeben haben, konnten in den Beiträgen nicht mehr berücksichtigt werden. Die Beiträge von Ely Karmon und Hassan Daioleslam wurden von Karin Lederer und den Herausgebern aus dem Englischen übersetzt, die Beiträge von Emanuele Ottolenghi und Ilan Berman von Florian Markl und den Herausgebern.

 

 

Anmerkungen

1   Vgl. http://www.stopthebomb.net/

2   Stephan Grigat/ Simone Dinah Hartmann: Kritik des Iran und praktische Intervention – eine Vorbemerkung, in: Stephan Grigat/ Simone Dinah Hartmann (Hg.): Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer, Innsbruck – Wien – Bozen 2008, S.10f.

Jeffrey Herf

Das Schweigen der Antifaschisten

Ein Geleitwort

In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die Bemühungen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten, den Iran von seinen Plänen, die Fähigkeit zum Bau von Nuklearwaffen zu erlangen, abzuhalten, keinerlei Erfolge gebracht haben. Glücklicherweise haben einige österreichische und deutsche Intellektuelle, die sich über die nationalsozialistische und postnazistische Vergangenheit ihres Landes bewusst sind, eine führende Rolle bei dem Versuch eingenommen, Europa dazu zu drängen, entschiedener gegen die Nuklearwaffenambitionen des iranischen Regimes vorzugehen. Die Erinnerung an die Shoah bietet zwar keine direkte Anleitung für gegenwärtiges politisches Handeln, aber sie ist doch von Bedeutung für dieses Handeln. Die Gründung des Bündnisses STOP THE BOMB und die Arbeit der Autorinnen und Autoren dieses Bandes beruht auf der Einsicht, dass die Bemühungen, jede Wiederholung des Holocausts zu verhindern, zu lange allein auf den europäischen Kontinent fixiert waren, und aus der Überzeugung, dass so wie in Europa auch im Nahen und Mittleren Osten Stabilität und dauerhafter Frieden untrennbar mit der Durchsetzung von Menschenrechten und politischer Freiheit verbunden sind.

Die Erinnerung an die Verbrechen der Naziepoche einschließlich der Shoah ist seit 1949 konstitutives Merkmal der deutschen Demokratie. Den Mahnmalen, Gedenktagen, Büchern und Filmen über den Nationalsozialismus und den Holocaust nach zu urteilen, ist diese Tradition noch immer fest in der politischen Kultur verankert. Als Historiker dieser Erinnerungskultur weiß ich aber auch, dass von Anfang an die Aufarbeitung des Nationalsozialismus von jenen angegriffen wurde, die „endlich“ einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen wollten. Jetzt zeigt sich, dass angesichts des Krieges im Irak, des Terrors radikaler Islamisten und der Gefahr einer iranischen Atombombe in Teilen der deutschen und österreichischen Öffentlichkeit die Gegnerschaft zu den USA und Israel ein beunruhigendes Übergewicht erlangt hat gegenüber der Fähigkeit, neue Formen des Antisemitismus, ja sogar die mögliche Bedrohung Israels durch Massenvernichtungswaffen, zu erkennen und dagegen anzugehen.

Publikationen einzelner deutscher Intellektueller haben den Einfluss des radikalen Antisemitismus in Deutschland und Europa auf die Entstehung eines radikalen Islam im Nahen Osten in den 1930er- und 40er-Jahren nachgezeichnet.1 Auch meine eigenen Forschungen zur Verbreitung der Nazipropaganda im Nahen Osten zeigen, dass eine rein eurozentristische Aufarbeitung der Nazivergangenheit die Zusammenhänge zwischen dem Antisemitismus der Nationalsozialisten und dem Antisemitismus der Radikalislamisten verkennt.2 Bei der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit ging es nie allein darum, wie dieses Erinnern aussehen soll, sondern stets auch um seine politischen Implikationen für die Gegenwart. Die so genannte Wiedergutmachung, die Kriegsverbrecherprozesse, aber auch die Außenpolitik gegenüber den Ländern, die von Nazideutschland besetzt worden waren, sowie die Aufnahme besonderer Beziehungen zu Israel waren politische Folgerungen aus dieser Erinnerung.

Als im Frühjahr 2006 der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad drohte, Israel von der Landkarte zu tilgen, und gleichzeitig sein Programm fortsetzte, das auf die Herstellung von Atomwaffen zielt, erwuchs aus dem Anspruch der Vergangenheitsbewältigung für das politische Establishment Deutschlands und Österreichs eine sehr spezifische außenpolitische Frage: Was würde es tun, um das iranische Regime daran zu hindern, sich Atomwaffen zu beschaffen, mit denen Ahmadinejad seine Drohungen in die Tat umsetzen könnte?

Zweifellos hat Bundeskanzlerin Angela Merkel seine Drohung in aller Deutlichkeit verurteilt, und österreichische Politiker haben, wenn auch etwas weniger deutlich, ähnliche Worte gefunden. Dennoch haben jene deutschen und österreichischen Medien, die doch sonst einiges für die Erinnerung an den Holocaust tun, einen investigativen Journalismus über den Anteil der deutschen Industrie an der Entwicklung der iranischen Nuklearprojekte und über die österreichischen Handelsbeziehungen mit dem Mullah-Regime vermissen lassen. Wo, fragt man sich, sind die Recherchen von liberalen und linken Journalisten, die sonst völlig zu Recht kritische Fragen über die Großunternehmen stellen? Warum steht in den traditionellen Organen des Antifaschismus so wenig über die Möglichkeit, dass deutsche und österreichische Firmen – wieder einmal – aus Profitinteresse einer Regierung zuarbeiten, deren Chef von einem radikalen Antisemitismus getrieben wird? Offenbar hat die Erinnerung an die Shoah in Europa heute kaum einen Einfluss auf die Iranpolitik.

Gelegentlich hört man auf beiden Seiten des Atlantiks beschwichtigende Stimmen, die selbst nach den Ereignissen in Folge der Präsidentschaftswahlen 2009 nicht ganz verstummt sind: Ahmadinejad stünde nicht im wirklichen Machtzentrum Teherans, oder er stoße solche Drohungen nur aus, um seine Anhänger im eigenen Land gegen innenpolitische Widersacher zu mobilisieren, oder er sei sicherlich nicht so verrückt, Atomwaffen – falls er tatsächlich welche besäße – gegen Israel einzusetzen, das über ein eigenes atomares Abschreckungsarsenal verfüge. Argumente wie diese habe ich von Politologen in den USA gehört, von denen viele dazu neigen, die Wirkung von ideologischem Fanatismus auf die internationalen Beziehungen herunterzuspielen. Solche Verharmlosungen klingen aber besonders sonderbar, wenn sie in den Nachfolgestaaten des Nationalsozialismus laut werden.

Nach dem Nationalsozialismus, aber auch nach Pol Pot und dem Völkermord in Ruanda wissen wir, dass es sich bei Völkermorddrohungen nicht immer um leere Worte handelt. Warum glaubt man in einem Land, das durch die Taten eines Fanatikers an der Macht zerstört wurde, dass die deutsche und österreichische Erfahrung einmalig war? Dass ein Land außerhalb Europas nicht in der Lage sei, einen Fanatiker dieser Art hervorzubringen? Dass Ahmadinejad, der mittlerweile selbst seine regimeinternen Widersacher auszuschalten versucht, nicht meint, was er sagt? Ein solcher Optimismus zeugt von einem Mangel an vergleichender historischer Vorstellungskraft.

 

 

Anmerkungen

1   Vgl. Matthias Küntzel: Djihad und Judenhaß. Über den neuen antijüdischen Krieg, Freiburg 2002; Klaus-Michael Mallmann/ Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina, Darmstadt 2006.

2   Vgl. Jeffrey Herf: Nazi-Propaganda for the Arab World, New Haven 2010.

Stephan Grigat

Die Sehnsucht nach Freiheit und die Vernichtungsdrohungen gegen Israel

Es ist bemerkenswert, dass die Vertreter der Weltsystemtheorie, von denen wir den Begriff des ‚Weltsystems‘ für den Titel dieses Bandes entwendet haben, zum Charakter des iranischen Regimes und insbesondere zu seinem Antisemitismus im besten Fall nichts zu sagen haben – wenn sie nicht gleich das Regierungssystem der „Islamischen Republik Iran“ (IRI) als „verhältnismäßig progressiv“ beschreiben.1 Immanuel Wallerstein, der Übervater dieser modernisierten Variante antiimperialistischer Theoriebildung, erklärte die Warnungen vor dem iranischen Nuklearwaffenprogramm noch vor wenigen Jahren für „simply hysterical“, oder, mit Shakespeare gesprochen: „Viel Lärm um nichts“.2

Derart verharmlosende Einschätzungen sind nach den Entwicklungen der letzten zwei Jahre seltener geworden. Der Iran ist heute in aller Munde, und deutlich mehr Politiker als noch vor einem Jahr reden mittlerweile von der Notwendigkeit von Sanktionen gegen das Regime. Kaum jemand bezieht sich heute noch auf den National Intelligence Estimate, jenen Bericht der US-Geheimdienste, dessen fragwürdige, mittlerweile öffentlich revidierte Einschätzung hinsichtlich einer Einstellung des iranischen Nuklearwaffenprogramms gerade in Deutschland und Österreich Ende 2007 euphorisch aufgegriffen wurden3. Der Wechsel an der Spitze der International Atomic Energy Agency in Wien hat Anfang 2010 dazu geführt, dass nunmehr mit klaren Worten vor dem iranischen Atomwaffenprogramm gewarnt wird, die unter dem Vorgänger Yukiya Amanos, Mohammed El Baradei, undenkbar gewesen wären.4

Das ist eine völlig andere Situation als vor zwei Jahren, als wir mit Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer unseren ersten Sammelband zum Thema herausgegeben haben. Ob es eine bessere ist, bleibt allerdings fraglich. Es ist durchaus möglich, dass der UN-Sicherheitsrat bei Erscheinen dieses Buches bereits eine neue Runde von Sanktionen gegen das Regime verabschiedet hat. Die alles entscheidende Frage wird aber sein, wie weit diese neuen Maßnahmen gehen werden. Wenn sie lediglich von der Qualität der bisherigen UN-Sanktionen sind, werden sie an den bestehenden Problemen nichts ändern. Deshalb stellt sich darüber hinaus die Frage, ob die westlichen Staaten auch ohne UN-Beschlüsse zur Verabschiedung harter Sanktionen willens und in der Lage sind.

Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, was, worauf Matthias Küntzel in den letzten Jahren beharrlich verwiesen hat, laut Kapitel VII, Artikel 41 der UNCharta schon heute angesichts der Missachtung der Sicherheitsratsbeschlüsse zu einem sofortigen Ende der Urananreicherung seitens der IRI selbst auf UN-Ebene alles möglich wäre: „die vollständige oder teilweise Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, … des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, … der Abbruch der diplomatischen Beziehungen.“ Natürlich wäre im Einzelnen zu diskutieren, welche dieser Maßnahmen Sinn machen und wie Sanktionen sich möglichst direkt gegen das Regime richten können, ohne die Bevölkerung allzu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Das Frappierende ist aber, dass solch einschneidende Maßnahmen in den bisherigen Diskussionen über ein sinnvolles Vorgehen gegenüber den Machthabern in Teheran kaum auftauchen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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