Jack Morrow und das Grab der Zeit - Niel Bushnell - E-Book

Jack Morrow und das Grab der Zeit E-Book

Niel Bushnell

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Beschreibung

Das Tor zur Vergangenheit öffnet sich – und für Jack Morrow beginnt das gefährlichste Abenteuer seines Lebens

Jack Morrow hat es nicht leicht: Ständig gibt es Ärger mit den Jungs in seiner Klasse, und seine Mutter, die vor fünf Jahren gestorben ist, vermisst er auch. Als Jack wieder einmal ihr Grab besucht, wird er jedoch plötzlich in eine andere Zeit gezogen. Denn er hat von seiner Mutter etwas ganz Besonderes geerbt. Und das will ihm nun ein Bösewicht abluchsen. Wie gut, dass Jack mit Davey und Eloise zwei tolle neue Freunde kennenlernt, die ihn bei diesem unglaublichen Abenteuer in der Vergangenheit nicht im Stich lassen!

Jack ist zwölf, und das Leben könnte besser laufen: Vor fünf Jahren ist seine Mutter gestorben, in der Schule findet er nicht so richtig Anschluss, und sein Vater ist ein Dieb. Als er dann auch noch erfährt, dass er zu seiner Tante nach Brighton ziehen soll, weil sein Vater ins Gefängnis muss, flüchtet Jack an den Ort, der ihn bisher immer getröstet hat: das Grab seiner Mutter. Doch dieses Mal ist alles anders. Als Jack den Grabstein berührt, zieht etwas an ihm, und plötzlich wird er mit Haut und Haaren von dem Stein eingesaugt! Er erwacht in der Vergangenheit, wo er Freundschaft mit dem Schlitzohr Davey und der hübschen Eloise schließt. Die beiden erklären ihm, dass er ein Zeitreisender ist, der mithilfe der Grabsteine durch die Zeiten springen kann – und das ist ja wohl das Coolste, was Jack je in seinem Leben gehört hat! Aber seine Begeisterung währt nur kurz, denn in der Vergangenheit warten auch der fiese Schurke Rouland und seine Gespensterarmee auf ihn. Der Gauner hat es nämlich auf einen geheimnisvollen Gegenstand abgesehen, den Jacks Mutter einst versteckt haben soll. Ehe Jack sichs versieht, sind er und seine Freunde mittendrin in einer wilden Verfolgungsjagd quer durch alle Zeiten …

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Seitenzahl: 371

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Niel Bushnell

Jack

Morrow

und das Grab der Zeit

Roman

Aus dem Englischen von

Frank Böhmert

Die englische Originalausgabe erscheint unter dem Titel

Sorrowlinebei Andersen Press, London

Copyright © 2013 by Niel Bushnell

Copyright © 2013 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion: Birgit Bramlage

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München

Satz: Leingärtner, Nabburg

ePub-ISBN 978-3-641-09314-3

www.heyne-fliegt.de

Für Diane, von ganzem Herzen.

Inhalt

Prolog – Die Prophezeiung

1Der Abschied

2Der Fremde

3Hanging Tavern

4Der Zeitreisende

5Die Paladine

6Verrat und nochmals Verrat

7Familienporträt

8Der Brunnen von Anteros

9Im Carlton

10Auf der schiefen Bahn

11Eloise

12Kneipengeschichten

13Das kleinste Zimmer

14Die Rohrleitung

15Montys Angebot

16Vergebliche Mühe

17Ursache und Wirkung

18Suppe und Tränentunnel

19Der Totengräber

20Die Verwandlung

21Eine Nachricht aus der Vergangenheit

»Es gibt viele Reiche.

Die Erde, alles auf ihrer Oberfläche,

alles, was darunter wohnt,

und der geheimnisvolle Himmel

darüber sind nur ein einziges großes Reich.

Ich habe viele andere gesehen,

das seltsamste von ihnen ist das dunkle

landlose Reich der Vergessenheit.

Das schönste und am schwersten zugängliche

von allen ist die Anderswelt.«

Auszug aus

Über das Wesen der Verborgenen Reiche

von Magnus Hafgan

Prolog – Die Prophezeiung

Rouland wischte sein blutiges Schwert an den schweren Vorhängen des Sitzungssaals ab.

Ringsherum im Parlament lagen die Aldermänner von Aldwych mit zu grässlichen Totenmasken erstarrten Gesichtern, in denen noch der Schrecken und die Qualen standen, die sie durchlitten hatten, als Rouland sie einen nach dem anderen erschlug.

Er ging zwischen seinen Opfern umher, um ihnen die starren Augen zu schließen. Das immerhin war er ihnen schuldig. Diese Männer und Frauen hatten als Vertreter der Adelsfamilien, die seit Jahrhunderten herrschten, den Hohen Rat der Ersten Welt gebildet. Sie waren Standesgenossen gewesen. Einige hatte er sogar als seine Freunde betrachtet.

Das Schwert glühte sanft in seiner Hand. Es hatte sich schon lange nicht mehr an einer so üppigen Tafel gütlich tun können. Rouland spürte sein ungeduldiges Ziehen und nahm sich vor, es irgendwo sicher wegzuschließen. Es wurde viel zu stark, doch würde er es noch brauchen, wenn man der Prophezeiung glauben durfte.

Die Prophezeiung. Rouland fluchte leise. Wegen der verdammten Prophezeiung hatte er das Parlament hinmetzeln müssen. Zorn wallte in ihm auf, und er versetzte dem nächstbesten Toten einen Tritt. Es war Dürer. Vor Jahren war er einmal sein engster Verbündeter gewesen; sie hatten ihre Freundschaft auf dem Schlachtfeld besiegelt. Und doch war Dürers Widerspruch der lauteste gewesen. Er hatte sich offen gegen Roulands Amtszeit als erster Aldermann gestellt. Im Gegenzug hatte Rouland sämtliche Anwesenden im Sitzungssaal getötet und sich Dürer bis zum Schluss aufgehoben. Doch die Ermordung alter Freunde hatte ihm nicht das erwartete Vergnügen bereitet.

Er sah auf die übereinanderliegenden Toten und kam sich plötzlich sehr allein vor.

Alles nur wegen der Prophezeiung.

Die Tür öffnete sich mit einem Klicken, und eine dunkle Gestalt trat ein, eine schlanke Frau in eng anliegender Rüstung. Beim Anblick seiner getreuen Dienerin, Captain Alda de Vienne, hob sich Roulands Stimmung, und sein böses, schönes Gesicht brach in ein Lächeln aus.

»Nun denn«, sagte er kühl. »Hängt die Leichen an den Toren auf, damit alle sie sehen können.«

Captain de Vienne nickte und inspizierte das Zimmer.

»Sie verstehen den Grund?«, fragte Rouland, dessen sichtliche Angespanntheit sich in der Gegenwart der dezenten de Vienne lockerte.

»Die Prophezeiung«, erwiderte sie. »Ist sie nun schließlich über uns gekommen?«

Rouland ließ sich in den Thron am Ende des Sitzungssaals fallen und hängte seine Beine über die Armlehne. »Sie vollzieht sich irgendwann im September 1940, darin sind sich alle einig – und Monat und Jahr sind nun gekommen. Ich habe Hafgans sämtliche Werke studiert, selbst die uns heute nicht mehr zugänglichen Schriften, und wenn meine Berechnungen stimmen, wird die Prophezeiung heute beginnen. Das ist meine feste Überzeugung.«

»Der Junge von stromaufwärts wird heute eintreffen?«

»So sagt es die Prophezeiung: Ein Junge von stromaufwärts, aus der Zukunft, wird zu uns kommen und all dem hier« – er deutete um sich – »ein Ende setzen.« Rouland gestand sich ein, dass es über eine logische Schlussfolgerung hinausging. Es war eine zunehmend stärker werdende tiefe Ahnung. Überall um sich herum konnte er den Wechsel der Gezeiten des Schicksals spüren, ein Wogen, ein Anschwellen von Ereignissen. Dinge geschahen.

Seine Augen bewegten sich schnell. »Ich werde nicht zulassen, dass meine Herrschaft endet. Sie und Ihre Schwestern müssen sich auf die Suche machen. Er wird bald bei uns sein.«

Captain de Vienne verneigte sich, dann ließ sie Rouland mit den Toten allein.

Es wurde still im Sitzungssaal. Rouland wurde sich wieder des Schwertes bewusst, das glühte, pochte. Er stieß es in die nächstbeste Leiche und gestattete ihm, sich von den letzten Resten an Lebenskraft zu nähren, bevor er ging.

Zugleich begann sein gewaltiger Verstand, die Vielzahl von Ereignissen zu berechnen, die sich aus diesem Moment entwickeln mochten. Dann dachte er für einen kurzen Moment an den Jungen. Irgendjemand stromaufwärts, vor ihm in der Zeit, war der Junge. Der Junge aus der Prophezeiung. Rouland versuchte ihn sich vorzustellen, sein mögliches Aussehen, das Jahr, in dem er vielleicht lebte. Dann merkte er, wie müßig dieses Gedankenspiel war, und er kam sich vor wie ein Narr. Das rationale Denken gewann wieder die Oberhand, und er kehrte zu seinen Plänen zurück.

Er zog das Schwert aus dem Toten und starrte in die Schatten. Aus einem dunklen Winkel wuchs eine lange, schmale Gestalt empor. Als sie ihren Kopf vor Rouland verneigte, trieb ein Rauchfaden unter der gefiederten Kapuze hervor.

»Komm«, sagte Rouland zu dem Grimnar und verließ den Abgeordnetensaal, »vor uns liegt viel Arbeit.«

1 Der Abschied

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Der Abschied

Der Tag, an dem Jack Morrow diese Welt verließ, war so schön, dass es nicht mehr normal war. Die Sommersonne tauchte die graue Stadt in lebhafte Farben, die ihren Niedergang und Verfall verbargen. Trotzdem nagte eine schreckliche Angst an Jack. Heute war kein Tag wie jeder andere. Ganz und gar nicht.

»Was ist denn mit dir passiert?« Jacks Vater starrte ihn vom Friedhofseingang aus an, das Gesicht zeigte eine Mischung aus Besorgnis und Zorn.

Jacks erschöpfter Verstand versuchte sich etwas Überzeugendes einfallen zu lassen, das ihm sein Vater im Gegensatz zur Wahrheit vielleicht glauben würde. Aber sein Vater war ein Experte, was kleine Lügen betraf. Er konnte überzeugend welche erzählen und sie problemlos erkennen, wenn man ihm welche auftischte. Lügen brachte also nichts.

»Alles in Ordnung«, nuschelte Jack.

Sein Vater runzelte die Stirn. »Wer war das?«

»Dad, mir geht’s gut.«

Sein Vater starrte auf den Bluterguss in Jacks Gesicht, auf die Blut- und Schweißflecken auf seinem T-Shirt. »War das wieder Blaydon?«

»Ist schon gut.« Jack dachte an das Handy, das sie ihm zwischen den Schlägen abgenommen hatten, und ihm wurde ganz anders. Sein Vater hatte es ihm gekauft, und Jack brachte es nicht über sich, ihm jetzt schon davon zu erzählen. So etwas passierte ja nicht zum ersten Mal. Er zog die Aufmerksamkeit der Schulschläger öfter auf sich, als gut für ihn war. Er war anders als seine Mitschüler, die ihn nie richtig in ihrer Mitte aufgenommen hatten.

Innerhalb der Mauern des alten Friedhofs, der in trauervollem Schatten versteckt lag, war die Luft kühler. Die ausladenden Baumkronen hielten die Wärme des aufgedunsenen Sonnenballs ab, während das graue Meer der umliegenden Londoner Hochhäuser den flüchtigen Moment der Farbigkeit verschluckte. Die trockene Luft trug das Lachen spielender Kinder mit sich, das für einen Moment das unablässige Dröhnen des Verkehrs übertönte. Es war der letzte Freudenschrei des Sommers, der letzte Moment, bevor Jacks Leben aus den Fugen geriet.

Vater und Sohn gingen weiter und sagten beide nichts. Jacks Magen war ein Knoten. Der Moment, in dem er seinem Vater von dem Handy erzählen musste, rückte näher. Ganz automatisch setzten sie sich auf ihre übliche Bank. Vor ihnen lag das Grab, der Grabstein, der sie zueinander zog, während alles andere sie auseinanderreißen wollte.

»Ich muss für eine Weile weggehen«, sagte Jacks Vater schließlich mit kühler Stimme.

Plötzlich waren Jacks Sorgen wegen des Handys vergessen. »Weg? Wohin?« Dabei wusste er die Antwort bereits. Er hatte in den vergangenen Monaten die Augen und Ohren offen gehalten und kannte inzwischen das schmutzige Geheimnis im Kern seiner kleinen, verstümmelten Familie: Sein Vater war ein Dieb – und anscheinend nicht mal ein besonders guter. Die Besuche von der Polizei, von Rechtsanwälten und Sozialarbeitern konnten nur auf eines hinauslaufen: Sein Vater kam ins Gefängnis.

»Wie lange bist du diesmal weg?«, fragte er.

»Lange, mein Sohn.«

»Wieso? Warum kannst du nicht einfach ein ganz normaler Vater sein?«

»Das ist schwer zu erklären. Erwachsenenkram. Eines Tages wirst du es verstehen, Jojo.«

»Dad, ich werde in zwei Wochen dreizehn.« Jack wurde rot vor Empörung. Niemand nannte ihn mehr Jojo. Diesen Spitznamen hatte er von seiner Mutter, und sie hatte ihn mit ins Grab genommen.

Über ihnen legte sich ein Flugzeug gemächlich in die Kurve zum City Airport und reduzierte für die Landung unter lautem Heulen seine Geschwindigkeit. Jack sah hinauf zum Kobalthimmel, und das grelle Licht ließ seine Pupillen zu winzigen Punkten unter seinen dunklen Wimpern schrumpfen. Er war groß für sein Alter, größer als die meisten in seiner Klasse, und seine drahtige Figur ließ ihn unbeholfen und linkisch erscheinen, ganz egal wie er sich hinsetzte. Seine rotbraunen Haare mussten dringend geschnitten werden; sie waren zu voll, zu lang für diese Hitze. Außerdem bekam er dann immer diese nicht zu bändigende Tolle. Aber Jack hatte jedes Interesse an seinem Äußeren verloren. Es war leichter, einfach nicht mehr in den Spiegel zu gucken.

Sein Vater legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Erinnerst du dich an deine Tante Lorna? Du hast sie vor ein paar Jahren kennengelernt.«

»Nein«, log Jack. Er hatte nicht vor, es Dad leichtzumachen.

»Na, sie erinnert sich jedenfalls noch an dich, und sie freut sich schon darauf, wenn du bei ihr wohnst, solange ich weg bin. So schlimm wird das gar nicht werden …«

Jack hörte den Zweifel in der angestrengten Stimme seines Vaters. »Dad, ich will da nicht hin. Ich will nicht zu jemand anderem ziehen. Ich will bei dir bleiben.« Ungewollte Tränen rollten seine geröteten Wangen hinab.

»Das geht nicht! Nun mach es mir doch nicht schwerer, als es sowieso schon ist.« Sein Vater stand rasch auf und ging zwischen den Gräbern auf und ab. »Mir bleibt nichts anderes übrig, so leid es mir tut. Tante Lorna kommt heute Abend und holt dich ab. Vorher müssen wir noch deine ganzen Sachen packen.«

Früher war Jack bei seiner Oma geblieben, aber die war letztes Jahr erkrankt und wohnte inzwischen im Pflegeheim. Sie war zu alt, zu vergesslich, zu schwach, um sich weiterhin um ihn zu kümmern.

Er wischte sich die Tränen von den Wangen; dann sah er zu, wie sie unten auf die nackte Erde fielen und dunkelbraune Flecken hinterließen. Seine Welt um ihn herum brach in Stücke.

»Du wirst hier für eine ganze Weile nicht mehr herkommen können, Jack. Aber deine Mum und ich werden trotzdem weiter bei dir sein. Das weißt du doch, mein Sohn, oder?«

»Mum ist tot.«

Im Gesicht seines Vaters flackerte Zorn auf. Er öffnete den Mund, als ob er Jack anschreien wollte, dann wurden seine Züge weich. Er ging zu dem Grabstein aus Granit. »Sieh dir das Grab deiner Mutter an. Präge dir ein, wie es aussieht. Ganz egal, wie weit wir voneinander entfernt sind, wir können uns immer daran erinnern, wie wir hier zusammen sind. Verstehst du?« Er kam zurück und setzte sich wieder.

Jack verstand es nicht. Es kam ihm alles total sinnlos und banal vor. Er sah zum Grabstein seiner Mutter, von dem er bereits jede Rundung, jeden Buchstaben auswendig kannte. Er hatte Stunden an ihrem Grab verbracht. Manchmal hatte er mit ihr geredet, als wäre sie immer noch da und würde ihm zuhören. An manchen Tagen – den schlechten – war es schwierig, sich an ihr Gesicht zu erinnern. Er kämpfte um jede verschwommene Erinnerung an sie, aber sie entglitten ihm trotzdem, wie irgendetwas Kostbares, das ihm durch die Finger rann. Er wollte seine Mutter für immer festhalten, wollte jedes Bild deutlich bewahren, jede Farbe und jeden Geruch von ihr. Aber wenn es richtig schlimm wurde, wenn es ihm vorkam, als ob er überhaupt nicht mehr wüsste, wer sie war, dann kam er immer hierher, um ihr wieder nahe zu sein.

Jack ließ seinen Vater auf der Bank sitzen und trat an das Grab, seine Beine fühlten sich schwach und schwer an. Er kniete sich neben den Grabstein und fuhr mit den Fingerspitzen über die Inschrift. Tief in seinem Innern flammte ganz plötzlich ein weißes, kaltes Licht auf, als würde ein schwerer Vorhang mit einem Ruck von einem sonnenbeschienenen Fenster zurückgezogen werden. Jack zuckte zurück. Einen Moment lang hatte er den Eindruck, in den Stein hineinzufallen, durch seine Oberfläche zu sinken. Dann spürte er eine wehmütige Leere in sich, wie eine Sehnsucht seines Körpers, weiter in den Grabstein zu sinken. Die Erfahrung war schockierend und aufwühlend, und er sah zu seinem Vater, aber der saß immer noch auf der Bank und steckte sich eine Zigarette an, ohne etwas von dem Erlebnis seines Sohnes zu bemerken.

Jacks Hand bewegte sich fast wie aus eigenem Willen wieder zu dem Stein und berührte die harte Oberfläche. Erneut flammte dieses Licht auf, kälter und stärker diesmal, und das Verlangen, in den Stein hineinzuschlüpfen, erfüllte seinen ganzen Körper. Er musste weinen, als neue Erinnerungen an seine Mutter in ihm aufstiegen. Wie durch ihre Augen sah er sich selbst als zartes Neugeborenes und spürte das Gewicht seines kleinen Körpers in ihren schlanken Armen. Dann war plötzlich sein zweiter Geburtstag, und er konnte den Duft ihres Parfüms riechen, vermischt mit Zigarettenrauch. Jack starrte auf dieses vergessene Kind, diesen Nachhall seines eigenen, aus einer neuen Perspektive gesehenen Lebens. Er hatte keine Ahnung, wie es möglich war, dass er sich auf diese Weise daran erinnerte.

Als Nächstes war Weihnachten, ihm steckte der Geschmack angebrannter Kartoffeln in der Kehle, und er hörte das Lachen seiner Mutter. Ihr Lachen, als wäre es gestern gewesen. Jede Sekunde dieses Tages brach wie eine Explosion über seine Sinne herein. Es war das letzte Weihnachtsfest, das sie als Familie verbracht hatten, bevor alles kaputtgegangen war. Alles kam auf einmal. Sämtliche Augenblicke seines Lebens prasselten unerwartet auf ihn ein, gesehen aus der Warte seiner Mutter. Es war überwältigend.

Er brach auf dem Stein zusammen, dessen harte Oberfläche an seiner Wange rieb. Auch diese Erinnerungen drohten ihm zu entgleiten. Er wollte hinterher, ihnen zu ihrer Quelle folgen. Seine Mutter war ganz nah, er musste nur die Hand ausstrecken, und sie würde dort sein.

Jack streckte die Hand aus.

Jacks Vater fröstelte; die Luft war plötzlich abgekühlt. Die Sonne verschwand hinter einem dichten Wolkenband und schien den Sommer mitzunehmen.

Er sah auf. Sein Sohn war nicht mehr beim Grab. Er stand auf, sah sich in alle Richtungen um, und ihm wurde ganz anders, als er begriff, dass er völlig allein war.

2 Der Fremde

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Der Fremde

Jack lag zitternd da. Seine Haut war von kaltem Schweiß bedeckt, sodass T-Shirt und Jeans an ihm klebten. Ihm tat der Bauch weh, sein Mund war voller Galle, und in seinen Augen brannten Tränen. Er hustete. Es schmerzte in der trockenen Kehle.

Was war da gerade passiert? Er musste umgefallen sein, vielleicht war er ohnmächtig. Jack wusste noch, dass er am Grab seiner Mutter gekniet und mit der Hand den Stein berührt hatte. Er wusste noch, wie die Erinnerungen auf ihn eingestürzt waren, wie in seinem Kopf dieses kalte Licht aufgeflammt war. Und was war dann passiert? Er war sich nicht sicher.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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