Jack the Ripper - Symphonie des Grauens - Petra von Straks - E-Book

Jack the Ripper - Symphonie des Grauens E-Book

Petra von Straks

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Beschreibung

Der Diebstahl eines schlichten Damenhuts reißt die junge Modistin Elizabeth mitten hinein in jene Mordserie, die noch mehr als hundert Jahre später die Welt in Atem hält. Doch damit stört sie die Kreise des Londoner Polizisten Harris, für den sie bald mehr als nur kriminalistisches Interesse entwickelt. Dann aber geraten die Dinge außer Kontrolle und Elizabeth muss um ihr Leben kämpfen, denn sie hat ungewollt in ein Wespennest gestochen…

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Inhaltsverzeichnis

IMPRESSUM

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Petra von StraksLessingstr. 1767317 Altleiningen

Covergestaltung: Michael Troy, MT-DESIGN

Bildnachweis:

© Razoomanet, www.shutterstock.com

© ArtOfPhotos, www.shutterstock.com

Independently published

© 2020 Petra von Straks

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Petra von Straks

Jack the Ripper-

Symphonie des Grauens

Judge for yourselves what I am saying

Wenn der Wind aus östlicher Richtung weht, drängen die Toten bis in meine gute Stube.

Für die bin ich ein feiner Herr, weil ich eine Wohnung im Parterre eines roten Backsteinhauses am Ende einer Sackgasse bewohne.

Früher war der Dreck nur in bestimmten Straßen, aber mit den Jahren kam er immer näher. Der Schlamm in den Straßen, der einen an manchen Tagen bis zu den Knöcheln versinken lässt, kommt immer näher.

In diesem Schlamm ist alles.

Es sind nur wenige Monate her, da habe ich eine Puppe dort gefunden. Eine Puppe, deren Glieder so verdreht waren, weil die Pferdehufe und die Menschenstiefel sie hin und her getreten hatten.

Ich war neugierig geworden, als ich ein kleines Mädchen sah, das sich, vor Dreck starrend, der Puppe näherte, offensichtlich hoffnungsfroh, ein Spielzeug entdeckt zu haben.

Doch das Mädchen – ein rücksichtsvoller Mensch hatte ihren Schädel gegen die Läuse kahlgeschoren – betrachtete die Puppe und zog sich dann langsam, rückwärtsgehend, in den Eingang eines Hauses zurück.

Ich nahm ihren Platz ein, bückte mich ein wenig und dann sah ich die weit aufgerissenen, mit Schlamm bespritzten Pupillen. Es waren nicht die gläsernen eines Spielzeugs. Es waren die starren Pupillen eines Menschen!

Mein Magen hob sich und Schweiß brach in Strömen aus meiner Stirn. Ich taumelte. Mein Fuß stieß gegen etwas Festes. Im letzten Moment, selbst Gefahr laufend, in den stinkenden Schlamm zu stürzen, konnte ich mich an den Steinen eines Hauses abstützen.

Im gleichen Moment schaukelte eine Karre an mir vorbei und sowohl Hufe, als auch Räder trampelten den Säugling so tief in die Jauche, dass nichts mehr von ihm zu sehen war, als der Wagen passiert hatte.

Und in diesem Moment wusste ich es! Ich wusste, dass diese Gegend, diese Stadt rettungslos verloren sind.

Der Abfall, durch den alle hier waten ist nichts anderes, als ein Abbild des menschlichen Abschaums, der abgestumpft, ausgehungert und brutal wie eine Horde Vieh alles niedermacht, was sich ihm in den Weg stellt.

Und von diesem Augenblick an, habe ich diese Welt mit anderen Augen gesehen. Gerade so, als habe der Allmächtige meine Augen genommen und jene des toten Säuglings gegeben.

Mein Abscheu wuchs mit jedem Tag. Mein Ekel vor den an jeder Ecke herumlungernden Halsabschneidern. Das Würgen in meiner Kehle beim Anblick der verlausten Huren, die ihre abgenutzten Leiber jedem dahergelaufenen Lumpensammler gegen ein paar Farthings anboten. Jener Münze, deren Wert zu gering ist, als dass ein anständiger Engländer sie auch nur kennen würde.

Der Nebel ist dick und dreckig. Er klebt in der Nase, im Mund und in der Kehle. Er kriecht wie zähflüssiger Brei in die Lungen und wenn man hustet, so spuckt man eine graue Masse.

Der Londoner Nebel ist nicht der Nebel, den man auf dem Land kennt.

Dort ist der Nebel licht und weiß. Er schwebt über sattgrünen Feldern wie der Schleier einer jungfräulichen Braut und wenn die Sonne stark genug ist, oder der weiche Landregen fällt, löst er sich in süße Erinnerung auf.

Der Nebel in London dagegen ist ein wächsernes Leichentuch. Er ist immer da. In den besseren Vierteln putzen und wischen die Frauen tagein tagaus, um ihn von ihren Möbeln und aus ihren Kleidern zu kriegen. Aber wie soll das gehen, wenn er ohne Unterlass im Darm dieser Kloake aus menschlichem Abschaum Tag für Tag neu produziert wird?

Ich stehe an meinem Fenster.

Da draußen … dort sind sie. Eine bösartige, dumpfe brütende Masse. Sie schiebt sich immer näher an mein Haus heran.

Wer es sich leisten konnte, ist lange schon verschwunden aus meiner Straße. Das rote Backsteinhaus steht leer, von meiner Wohnung abgesehen. Ich könnte auch die anderen Räume benutzen. Doch sie gehören mir nicht. Ich habe Anstand bewahrt!

Und mit jedem Tag, an dem ich zu meiner Arbeit gehe, kommt der Schlamm dieses vergifteten Uterus näher an meine Straße heran. Wenn ich das Fenster öffne, kann ich ihn riechen. Er will in meine Adern, in meine Organe kriechen. Aber ich widerstehe!!!

Ich wasche mich. Wieder und wieder. Meine Arme sind rot, die Armbeugen und Handflächen wund. Aber besser, als den Schmutz in sich aufzunehmen.

Meine Knie zittern, jetzt da ich hinausmuss, um mein Brot zu verdienen. Meine Hände greifen unsicher nach meiner Tasche. Die Hand brennt, in der ich sie trage. Wie schwach doch mein Körper ist im Angesicht des Feindes. Aber mein Geist ist stark! Mein Wille nicht zu brechen!

Zwei Straßen weit kann ich gehen, ohne in den Schlamm zu treten. Vor ein paar Jahren wusste ich nicht einmal, dass er existiert und jetzt ist er schon bis auf zwei Straßen herangekommen … Die erste Hure. Jetzt scheuen sie nicht mal mehr das trübe Licht des Tages. Die stickige Hitze macht aus dem Gestank, den sie verströmt, eine greifbare Masse. Mein Magen zieht sich zusammen bei ihrem Anblick. Wie sie mich aus zahnlosem Maul angrient … Ihr filziges Haar nachlässig unter einen zerdrückten Strohhut gestopft.

Die abgerissen herunterhängenden billigen Stoffblumen widern mich an.

Sie hebt ihre Röcke und zeigt mir ungeniert ihre klebrige Scham. Ich starre sie an. Wie kann ich nur? Schnell den Blick geradeaus wenden.

„Na … so ´n feiner Pinkel …“ Das Dreckstück lispelt wie eine Trauerweide. „Haste dir heut Morgen einen runterholen müssen?“

Wie kann sie es wagen, auch nur ein Wort an mich zu richten? Zorn wallt in mir auf, wie die stickige Hitze des Tages.

„Wenn de ne feine Fotze brauchst, komm her!“

Ich drehe mich versehentlich im Gehen um und sehe, wie sie ihren entblößten Unterleib hin und her schwenkt.

Wenn ich mich nicht beherrsche, muss ich mich übergeben. Hier in den Schlamm, der schon meine Schuhe beschmutzt. Ich muss ganz dicht an der Häuserzeile gehen, um nicht knöcheltief zu versinken. Sie hält es für Zustimmung. Kommt hinter mir her. Mein Atem geht flacher. Kommt nicht mehr bis in meine Lungen. Ich gehe schneller. Aber das Weib hat Blut geleckt.

Flüchte ich vor ihr? Denkt sie das? Es muss so aussehen. Mein Körper erstarrt, als ich ihre dreckige Klaue an meinem Arm spüre.

„Ich bin sauber … zwei Guineas und du kannst mich ficken …“

Ihr stinkender Atem ist unerträglich. Sie ist mir zu nahe. Viel zu nahe. Wenn ich sie abzuschütteln versuche, wirble ich den Gestank auf. Ich will mich beherrschen. Muss mich beherrschen. Stoßweise geht mein Atem jetzt. Mein Körper zittert wie im Fieber. Sie bemerkt es nicht. Ihre tränenden, leeren Augen starren mich an wie eine Totenkopffratze.

„Verschwinde!“ Mehr kann ich nicht sagen. Mehr gibt mein gepeinigter Körper nicht her.

„Sei doch nicht so, Süßer. N kleiner Fick am Morgen hat noch keinem geschadet … Guuut … ich mach´s dir auch für einen Guinea …“

Aus! Mein freier Arm schnellt vor, packt das Dreckstück bei der Kehle und rammt sie gegen die Hauswand.

Sie reißt die Augen auf und hechelt. Ihre Kehle hüpft panisch in meiner Faust. Ihr verrottendes, leeres Maul klafft offen und der stinkende Atem schlägt mir entgegen.

„Sprich nie denjenigen an, der deine Nemesis ist!“

Sie senkt den Kopf mir entgegen. Ungläubiges Staunen … Sie vergisst die Gefahr, in der sie schwebt. Aber die Angst lauert noch hinter den glotzenden Augen.

Ich drücke ihre Kehle zu. Immer fester.

„Ey … Mister …“, röchelt sie.

„Sprich … nicht … mit … mir!“, zische ich ihr zu und bemühe mich, dabei nicht durch die Nase zu atmen. Sie hat Angst. Bei Gott! Sie hat Angst! Das Zittern läuft durch ihren Körper. Es elektrisiert mich. Es ist, als beginne mein Verstand zu leuchten. Mein Gesicht entspannt sich und der Druck in meiner Faust nimmt zu. Ich kann es steuern! Ihre Arme wedeln.

„Willst du mich loswerden? Hm? Wolltest du nicht eben noch, dass ich dich ficke?“

Ein tiefes Gurgeln kommt aus ihrem Hals. Ihre Augäpfel treten aus ihren Höhlen. Stirbt sie jetzt? Sieht so der Tod aus?

„Fort! Unrein!, rief man ihnen zu. Fort! Berühret nicht! Da flohen sie und wankten zu den Heiden fort. Sie durften nicht bleiben.“

Ihre Pupillen verdrehen sich. Gleiten weg unter die aufgerissenen Lider.

Schlaff wird sie und ich bin versucht, ihren wegsackenden Körper zu stützen.

„Hey! … Du da!“, schreit jemand mit schwerem Akzent.

Gilt der Ruf mir? Ein Kerl in abgerissenen Hosen stapft durch den Dreck auf mich zu. Seine zerbeulte Melone schief auf dem Kopf. Ein Schlägertyp. Die Unterarme mit bläulich- schwarzen Tätowierungen überzogen.

„Lass die Lady los!“

Lady? Er redet von diesem Abfall?

Es ist sein Geruch, als er auf mich zukommt. Er stinkt genauso wie die Hure. Er ist mir über, wenn es zu einer Schlägerei kommt. Seine Fäuste sind gut für vier. Ich sehe seine verhornten Knöchel.

„Sie wollte mich betrügen, das Miststück!“, stoße ich hervor, errötend vor Scham, dass ich vor solch einem Kerl zu lügen gezwungen bin.

Ich lasse sie los und die Hure sackt in den Dreck. Ohne ein weiteres Wort lasse ich den Schläger stehen und gehe weiter. Nur ein paar Schritte. Er wird mich wohl nicht mehr beachten jetzt. Also sehe ich mich um.

Er steht da, hat sie – genau wie ich eben – an der Kehle gepackt und hält sie vor sich in die Luft.

„Du bescheisst nen Kunden, du Pissnelke?“ Und schon saust seine Faust herab. Mit dumpfem Knall trifft sie das Gesicht der Hure. Sie jammert mit blinden Augen und mein Herz hüpft.

Ach, wie sehne ich mich danach, jetzt stehen zu bleiben um zuzusehen, wie er ihr den Gar ausmacht.

„Nicht mein Gesicht…“, wimmert sie. Da kommt der nächste Hieb.

„Keinen interessiert deine Fresse, du dämliche Fotze!“

Leider kann ich nicht warten, um das Schauspiel zu genießen. Ich muss zur Arbeit. Es drängt mich nur, mich zu waschen dort. Schnellstens. Karbol und Kernseife. Doch welche Freude. Welche Glückseligkeit. Noch immer sehe ich ihre angstgeweiteten Augen vor mir und höre das Röcheln ihrer Kehle. Welch süße Symphonie!

Ich biege gemächlich um die nächste Ecke. Mein Gang ist leicht und mein Herz … ach, mein liebes Herz. Wie ruhig es schlägt in meiner Brust.

Das Wasser, das über meine Hände fließt, als ich sie über der Waschschüssel reinige, ist sauber. Ich habe den Schmutz berührt und bin doch rein geblieben. Gott hat mir ein Zeichen gesandt!

You must not stop him

Lewinsky´s Modes de Paris war ein kleiner Laden mit leicht trüben Fensterscheiben. In den Auslagen fanden sich all jene Modelle, die „nach etwas aussehen“, wie Mister Lewinsky es ausdrückte. Federn und Blumen türmten sich so, dass man darunter kaum noch den eigentlichen Hut zu entdecken vermochte.

Was im Laden verkauft wurde, war allerdings leidlich dezenter und auch wesentlich preiswerter. In den Regalen, die umrahmt waren von kunstvoll geschnitzten Säulen, standen Hüte und Hauben, meist in gedeckten Farben.

Elizabeth, die einzige Angestellte der „Modes de Paris“, reckte sich gerade in eines der oberen Regale und drehte eine Haube, die mit Bändern und einer einzelnen Feder besetzt war, ein wenig auf ihrem Ständer, damit die Sonne das Material gleichmäßig ausbleichte.

„Wenn wir die nicht bald verkaufen, Mister Lewinsky, müssen wir sie auseinandernehmen“, rief sie ein wenig atemlos über die Schulter.

Mr. Lewinsky betrachtete sie und strich dabei mit der Hand über seinen bereits recht dünnen Bart. Er atmete tief durch.

„Die Fürstin Andrejewna hätte diese Haube sofort für ihre Nichte gekauft.“

Er war vor Jahren aus Russland geflohen, wo er einen eleganten Hutsalon gehabt hatte. Allerdings bezweifelte Elizabeth den Wahrheitsgehalt seiner Berichte über Großfürstinnen und andere Adelige, die ihn frequentiert haben sollten.

Und sie bezweifelte ebenso, dass eine Fürstin eine solch ausgebleichte Haube ihrer Nichte aufs Haar gesetzt haben würde.

Mr. Lewinsky war der beste Chef, den man sich vorstellen konnte und deswegen tat Elizabeth ihm die Liebe und hörte seinen Geschichten aufmerksam zu, während sie sich mit einem Lappen an den Regalen zu schaffen machte.

„Wenn sie zu schlimm aussieht, mein Kind, dann bring sie mir ins Atelier und ich sehe, was ich aus der Feder und der Spitze noch machen kann …“

Sein „Atelier“ war ein winziger, fensterloser Raum, der beherrscht wurde von regalen, in denen Kisten mit Putz lagerten und dem Arbeitstisch von Mr. Lewinsky, wo er die Hutrohlinge dekorierte.

Es gab noch einen angrenzenden Raum, wo jene Maschinen standen, über denen er den Filz für die Hüte zog.

Elizabeth kannte seine Zeichnungen von all jenen Kreationen, die er sich ausdachte, und doch nie anfertigen würde. Turmhohe Meisterwerke mit Vögeln, Blumen und Netzen, fein wie Spinnweben.

Leider gab es hier in der Gegend, kaum drei Straßen von Whitechapel entfernt, keinen Bedarf an solchen Kunstwerken. Davon abgesehen, dass der Laden nicht mal genug abwarf, um auch nur das Material einzukaufen, das hierzu notwendig gewesen wäre.

Elizabeth raffte ihren bauschigen Rock und die bodenlange Schürze und kam mit einem kleinen Sprung von dem Tritt, der sie an die oberen Regalböden geführt hatte.

Die kleine Glocke über der Ladentür hatte eine Kundin vermeldet und als sie ihre Schürze glattstrich, bemerkte sie, dass Mr. Lewinsky bereits wieder in sein Atelier verschwunden war. Sie war verärgert, denn eigentlich hatte sie gerade absperren und Feierabend machen wollen.

„Mit was kann ich dienen, Madam?“, fragte sie dennoch höflich und zuvorkommend, was ihr beinahe in der Kehle stecken blieb, als sie die eingetretene Frau näher betrachtete.

Die vor ihr Stehende trug offensichtlich mehrere Röcke übereinander. Und es brauchte keinen geübten Modistinnenblick, um zu erkennen, dass die dunkle Farbe der obersten Lage von einem Konglomerat an Flecken herrührte. Der linke Ärmel der für die heiße Witterung viel zu dicken Jacke der Frau war an der Schulter ausgerissen und ihre Haube sah aus, als würde ihre Trägerin des Nachts auf ihr schlafen.

Als sie nun zu reden ansetzte, wehte eine eindeutige Alkoholfahne in Elizabeth´ Richtung und sie hielt instinktiv die Luft an.

„Ich such ne neue Haube, Miss. Ihr Laden ist mir nämlich empfohlen worden!“

Ihr schwerer Londoner Akzent passte eindeutig zu ihrer abgerissenen Kleidung, wenn sie sich auch bemühte, diesen Eindruck abzumildern. Scheinbar suchend ging sie von Regal zu Regal.

„Nun ja … in welche Richtung soll sie denn gehen?“

Das aufgedunsene Gesicht der Frau wandte sich Elizabeth zu.

„Also … schön soll se halt sein.“

„Schön soll sie also sein … An welchen Preis hatten Sie gedacht?“

Das Gesicht der Kundin versteinerte. Offensichtlich hatte sie die Petitesse der Tatsache vergessen, dass Läden im Allgemeinen eine Bezahlung für ihre Waren erwarteten.

„Hmmm …“, machte die Frau und rieb ihr Kinn. „Nich zu teuer, wenn´s beliebt.“

Elizabeth schmunzelte innerlich bei dem Ausdruck, wahrte aber den ernsthaften Gesichtsausdruck, den man von ihr erwartete.

„Jaaaa … dann schauen wir mal …“ Sie wusste genau, welche Hüte und Hauben billig waren. So griff sie zu einer von ihnen und hielt sie der Frau entgegen. Deren Augen öffneten sich weit.

„Oh … das is aber ne feine Haube, Miss.“

Nach einem kurzen Zögern nahm die Frau ihre eigene ab, erwartungsvoll, dass die Verkäuferin ihr sofort die neue aufsetzen würde. Doch Elizabeth verharrte. Sie war sich sicher, dass diese Frau nicht wirklich saubere Haare hatte, doch noch ehe sie sich etwas ausdenken konnte, hatte diese die Haube bereits geschnappt und aufgesetzt. Dann suchte sie einen eleganten Spiegel vor dem sie sich drehte und wendete.

Mit zufriedenem Blick betrachtete sie sich wohlwollend.

Da die Frau sich die Haube schwerlich würde leisten können, dachte Elizabeth ungehalten daran, dass sie länger würde bleiben müssen, um das gute Stück wieder zu reinigen.

„Gefällt sie Ihnen?“, fragte Elizabeth freundlich.

Und da traf sie ein Blick, den sie kannte. Kurz. Scharf. Doch sie war nicht schnell genug. Sie kam gerade noch dazu, die Arme auszustrecken, da hatte die Frau bereits die Ladentür aufgerissen und war auf und davon.

Elizabeth begann aus vollem Herzen zu schimpfen.

„Was ist denn passiert?“

Mr. Lewinsky blickte interessiert in den Laden.

„Ach … es tut mir leid … dieses … Miststück … Sie hat die Haube gestohlen!“

In jedem anderen Laden wäre sie nun hinausgeworfen worden. Sie hatte Schuld daran, dass gestohlen worden war und die Diebin entkommen konnte.

Der alte Mann aber senkte nur den Kopf. Eine tiefe Traurigkeit lag mit einem Mal über seiner Person und es zog Elizabeth das Herz zusammen, zu wissen, dass er einen solchen Verlust kaum verkraften konnte, so schlecht wie der Laden lief.

„Nun … mach dir keine Gedanken, mein Kind. Vielleicht tut die Haube ja noch einen guten Zweck, von dem wir beide keine Ahnung haben.“

Er warf den Blick auf das zurückgelassene Etwas vom Kopf der Diebin.

„Und das da verbrennst du besser!“

Elizabeth nickte, ergriff die Haube mit den Fingerspitzen und trug sie zum Kamin, wo sie kurz darauf von den Flammen in Asche verwandelt wurde.

Crowned with thorns

Die elegante Wohnung wirkte überladen. Riesige Schränke und Anrichten dominierten den Raum und wo sich ein freies Plätzchen fand, standen in schwerem Silber gerahmte Bilder und Figuren aus Meisner Porzellan.

Der Tisch in der Mitte des Raumes, aus schwerem Eichenholz gefertigt, war Träger für eine aus mehreren Schalen bestehende, wuchtige Etagere. Hier präsentierten sich Pfirsiche, Weintrauben, Kirschen und andere Früchte als dekoratives Stillleben.

Wohl niemand wäre auf die Idee gekommen, von ihnen zu essen. Weder der gutaussehende Mann mit dem kurz geschnittenen, dunkelblonden Haar, noch die junge Frau, die mit einer Stickarbeit in der Hand sehr gerade auf einem Sofa saß und in gleichmäßigen Bewegungen die Nadel durch das Tuch führte.

Ihr blondes Haar war kunstvoll aufgesteckt, wenn auch ein einzelner, an ihrem Hals entlangfließender offener Zopf zeigte, dass sie eine noch unverheiratete Frau war.

Ihr Kleid nach der neuesten Mode ließ sie in eng geschnürtem Korsett sehr steif sitzen, während sich der Stoff ihrer Turnüre an ihrer Seite bauschte.

„Wie war der Ball bei Marmaduke?“ Harris schien nicht wirklich an einer Antwort interessiert. Seine Blicke wanderten aus dem Fenster hinaus in den stickigen Augusttag. Die Fenster waren wie fast immer fest verschlossen gegen den Ruß, der von draußen hereindrang und die Dienstboten beinahe Tag und Nacht mit Putzen beschäftigte.

Die schweren samtenen Übergardinen verstärkten noch die drückende Atmosphäre und Harris dachte mit einer gewissen Sehnsucht an die reine, klare Luft in Derbyshire, wo das Anwesen seiner Familie lag.

Adelaide griff nach ihrem Fächer. Er ließ die kleinen blonden Löckchen über ihrer Stirn hüpfen.

„Wenn es nur endlich ein Gewitter geben wollte, mein Liebster. Damit diese fürchterliche Schwüle endet …“ Das Zufächern hatte nichts gebracht und so griff sie wieder zu ihrer Handarbeit.

„Oh … der Ball … ja – der war wundervoll. Stell dir vor … Tommy Wolstenbury hat eine ganz ungeheuerliche Summe für ein Rennpferd ausgegeben. Er meinte, wie müssten unbedingt nach Goodwood kommen und auf das Tier setzen.“

Ihr Gesicht hatte zu leuchten begonnen bei dem Gedanken an eines der elegantesten Rennereignisse der Season.

„Er hat uns inständig gebeten dann in seine Loge zu kommen.“

Harris Gesicht verdunkelte sich.

„Goodwood? Es tut mir Leid. Ich habe dann Dienst.“ Seine kräftigen Brauen zogen sich zusammen und er schien etwas in der Ferne zu mustern.

Ada warf ihre Stickarbeit mit Schwung auf den Schoss.

„Ach, nein! John! Das kannst du mir nicht antun. Goodwood … in Marmadukes Loge! Du weißt, dass es mir unmöglich ist, als unverheiratete Frau alleine zum Rennen zu gehen.“

Wie schafften Frauen es nur, in einen einzigen Satz gleich mehrere Problemfelder zu integrieren …

Er wandte seinen Blick von der Straße ab, auf der die Kutschen in dichten Abständen über das Pflaster polterten.

„Es tut mir Leid, Liebes. Ich möchte dir den Spaß wirklich nicht verderben. Aber ich habe Dienst.“

„Immer hast du Dienst.“ Sie bemühte sich gar nicht, Zorn und Enttäuschung zu verbergen. Und Harris sah bereits an ihrer Haltung, dass jetzt gleich noch viel mehr zur Sprache kommen würde.

Die Anstandsdame, eine verwitwete entfernte Tante Adas, hob kurz ihren Kopf und döste sogleich wieder ein. In einem Sessel sitzend, wirkte sie wie eines der düsteren Möbelstücke des Salons.

„Wieso bist du eigentlich bei der Polizei? John! Du bist der Sohn eines Earls und hast es wohl kaum nötig, Spitzbuben in diesen ganzen fürchterlichen Gegenden zu jagen.“

Harris atmete tief durch. Ada war noch attraktiver, wenn sie wütend wurde. Die zarten Flügel ihres Näschens bebten dann und das Rot ihrer Wangen schien jenes ihres Schmollmunds aufzunehmen.

Es gab keinen Zweifel: Adelaide Warrington war einer der bezauberndsten Frauen der Gesellschaft und er hatte gar nicht anders gekonnt, als sich in sie zu verlieben.

Nur leider ging ihre Schönheit auch mit einem sehr wechselhaften Temperament einher. Zu Beginn ihrer Beziehung hatte er dieses noch zu übersehen vermocht, doch inzwischen begann er sich zu fragen …

„Meine Liebe … ich bin der dritte Sohn eines Earls. Und wie du natürlich weißt, verfüge ich deswegen weder über den Titel, noch die Ländereien und Einkünfte des Erstgeborenen. All das hat mein Bruder Montague geerbt.“

Ada sprang auf und machte eine heftige Drehung, wobei ihr schweres Kleid aufrauschte.

„Ach, John … Immer tust du so, als würdest du am Hungertuch nagen. Himmel! Als wären tausend Pfund Sterling im Monat nichts. Dazu ein elegantes Haus in Belgravia. Manchmal habe ich dich im Verdacht, dass dir das Räuber und Gendarmspielen Spaß macht, weil es dich von mir wegbringt.“

Ehrlich Empörung wallte in Harris auf.

Mit wenigen Schritten war er bei ihr und schloss sie in seine Arme.

„Wie kannst du das sagen, mein Schatz? Aber ich spiele nicht Räuber und Gendarm. Und ich jage auch keine Spitzbuben. Scotland Yard …“, gerade wollte er zu einem Vortrag über die Bedeutung der Kriminalpolizei für Sicherheit und Ordnung im Herzen des Empire ansetzen, da machte Ada sich von ihm los und wandte sich einem kleinen Tisch mit Fotografien zu, die sie hin und her zu schieben begann.

„Und deswegen hast du auch keine Zeit zum Heiraten!“

Es war die Bombe, mit der er insgeheim gerechnet hatte. Das immer wiederkehrende Thema all ihrer Auseinandersetzungen.

Der Dienst und die Hochzeit.

„Liebes … spürst du nicht, wie das all unsere Gespräche vergiftet? Du weißt, wie ich mich danach sehne, dich endlich zu meiner Gemahlin zu machen, aber …“

„Jaaa … aber … immer ein Aber … Alles tuschelt über uns. Über mich! Die ewige Verlobte. Es kann doch nicht so schwer sein, mal ein paar Tage frei zu bekommen …“

„Ja, ich weiß. Ich bemühe mich ja auch. Wirklich … aber es gibt zurzeit so viele …“

Seine eigene Hilflosigkeit beschämte ihn.

Ada gehörte zu jenen Frauen, die nur dazu geboren und erzogen wurden, eine gute Partie zu machen. Und der dritte Sohn eines Earls war in dieser Beziehung schon hart an der Grenze. Aber dennoch hatte Ada sich damals ihren Eltern gegenüber durchgesetzt. Noch immer hörte er, wie sie seine Hingabe an den Dienst und seine Pflichterfüllung gepriesen hatte und sämtliche Einwände ihrer Eltern vom Tisch gefegt.

Und wie übel hatte er es ihr gedankt …

Über ein Jahr war es her. Über ein Jahr … Aber er fürchtete sich. Er, der erfolgreiche Inspector John Harris fürchtete sich.

Und er konnte nicht einmal sagen, vor was. Seine Freunde würden ihm auf den Rücken klopfen und feixen. Aber es war ernster. Viel ernster.

Ada hatte ein Recht auf die Hochzeit. Er hatte ihr offiziell das Eheversprechen gegeben und er würde es halten. Sobald der Dienst ihm die Zeit dafür ließ.

„Es tut mir leid, Liebes … Ich muss jetzt gehen.“ Harris warf einen langen Blick auf die hohe Standuhr, die eher einem Sarg ähnelte, denn einem Zeitmesser.

Sie senkte den Kopf und ließ sich dann auf der Couch nieder. Demonstrativ griff sie nach ihrem Stickzeug und zog so energisch den Faden durch den Stoff, dass die feine Seide zu zerreißen drohte.

Mit halb angewandtem Gesicht hielt sie ihm die Wange entgegen und empfing seinen sanften Kuss. Ihre Haut duftete nach Veilchen und die feinen Härchen unterhalb ihrer Schläfe ähnelten der Haut eines Pfirsichs.

Sie war wirklich eine Schönheit.

In truth this man was a son of God

Das Gefühl hat mich getragen wie auf den Schwingen eines Adlers. Ich habe mich gleichsam erhoben über all den Schmutz, über all das Grauen und bin nur noch aus der Ferne sichtbar.

Was für ein Tag nach meinem kleinen Erlebnis. Welche Befreiung!

Und doch … als ich am späten Abend nach Hause komme, ist kaum noch etwas geblieben von meiner Zufriedenheit, es dem Miststück gezeigt zu haben. Immer mehr bedrängt mich die Frage, wie ich es diesem Schläger habe überlassen können, ihr eine Lektion zu erteilen, die sie nie mehr vergessen würde.

In meinen Gedanken wird seine Faust zu meiner, die ihr Gesicht zerschmettert. Seine Worte werden die meinen.

Doch die Befriedigung, die mir diese Gedanken zunächst verschaffen, hält nicht an. Sie wird verwässert, durchsetzt mit Unzufriedenheit. Eine Hure ist bestraft worden. Ein paar Schläge. Stand sie nicht mit Sicherheit kurze Zeit später an irgendeiner anderen Ecke und lockte mit blutigem, zerschlagenem Gesicht ihre Kundschaft an? Und wenn die nächsten dreckigen Kerle sie nur von hinten benutzten, um ihre zu Brei geschlagene Visage nicht sehen zu müssen – was nutzt es?

Ich habe ein frisches, sauberes, weißes Tischtuch aufgelegt. Der Tisch ist leer, von meinem Teller und dem Besteck abgesehen. Es ist eine Ordnung, die mir eine gewisse Ruhe verschafft.

Meine Suppe, in der nur wenige Fleischstücke schwimmen, betrachtend kann ich mich nicht zum Essen überwinden.

Dabei ist es nicht der Ekel in der Erinnerung an das Stück Dreck, das es gewagt hat, mich anzusprechen, mich anzufassen …

Es ist alleine die Tatsache, dass ich auf meinem Weg in die Arbeit zahllose solche Weiber gesehen habe.

Und wie ich auch geradeaus geschaut habe, wie ich auch meine Ohren zu verschließen gesucht habe – ihre Stimmen, ihre Körper … sie sind überall gewesen. Wie Ratten sind sie aus ihren Kloaken gekrochen gekommen. Haben ihre verrotteten Klauen nach mir ausgestreckt.

Wie lange ertrage ich diesen Weg nun schon, vorbei an all den Krankheiten tragenden menschlichen Abfallhaufen?

Ihre faltigen Brüste, die sie mir entgegen recken, ihre verfilzten Dreiecke, die sie mir schamlos darbieten, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden, wem sie ihre Dienste offerieren. Sehen sie denn nicht, dass ich keiner von ihnen bin? Dass ich höher stehe als sie alle?

Ich nehme den Löffel und lege ihn auf den Rand des Tellers.

Wenn ich nur essen könnte … Aber es gibt so viele von ihnen. So unendlich viele. Sie scheinen sich zu vermehren in einer Art und Weise, wie kein Wesen in der Tierwelt es je vermögen würde.

Es verdirbt mir den Appetit, wenn ich jetzt daran denke, mit welcher Geschwindigkeit sie sich meiner Straße nähern … Wann werde ich die erste dort unten vor meinem Fenster entdecken? Sie wird hochbrüllen. Bei Tag und Nacht. Ihre obszönen Aufforderungen werden mich nicht mehr schlafen lassen.

Verdammte Huren!

Das Klirren des Löffels schreckt mich auf. Der Teller ist zerbrochen. Suppe und Fleisch haben sich über die Tischdecke ergossen.

Da ist sie. Die Wut. Mein bester Teller. Eine frische Tischdecke. Alles verdorben wegen diesem Geschmeiß!

Mir wird heiß und meine Hände beben, als ich versuche, zu retten, was zu retten ist.

Wie klein und armselig ich doch bin. Es breitet sich in mir aus. Was werde ich erst tun, wenn die Huren vor meiner Tür kauern. Dreckige Männer unter meinem Fenster befriedigen …

Muss ich wehrlos zusehen? Tatenlos? Muss ich das?

Mein Atem geht viel zu schnell. Beruhige dich, mein Freund!

Ich raffe Tellerreste und Tischtuch zusammen und werfe sie in den Ascheimer. Dafür werden sie zahlen.

Es dehnt meinen Körper von innen. Weitet ihn bis an seine Grenzen aus. Alles scheint sich um mich zu drehen. Ich muss dem ein Ende machen.

Wenn auch sonst keiner die drohende Gefahr bemerkt – ich bemerke sie und ich werde einschreiten!

Der Druck in mir ist kaum zu ertragen. Ich höre meinen eigenen Atem. Draußen ist es dunkel. Der Nebel stielt die Sicht und der Gestank der Kloake kommt immer näher.

Bei Gott! Ich darf keine Zeit mehr verschwenden, jetzt da ich meine Aufgabe erkannt habe!

Herr vergib mir, denn ich habe schon zu lange gesäumt!

Meine Gedanken drehen sich nur noch um meine Tat. Ich will solch ein Dreckstück verrecken sehen! Wie ein Schwein soll sie krepieren.

Was ich an Messern finden kann, lege ich in meine Tasche. Scharf geschliffen sind sie.

Aber was, wenn das Schwein zu quieken beginnt?

Ich muss sie vorher betäuben … Aber ich habe nichts! Ich bin schlecht vorbereitet! Hätte ich nicht am Morgen schon eines der Fläschchen einpacken können, das die Ärzte vor Operationen benutzen? Wie habe ich nur so töricht sein können?

Aber es muss mir jetzt egal sein. Dann muss es eben ohne das Mittel gehen … Nur wie?

Gott wird mir helfen!

Ich bin mir sicher, er wird mir zur rechten Zeit zur Seite stehen!

Der Nebel kratzt in meiner Kehle aber ich bezwinge den Husten. Meine Schritte hallen laut in der leeren Straße.

Müsste ich nicht müde sein nach solch einem Tag? Aber ich bin es nicht. Frisch und erholt fühle ich mich.

Mag meine Aufgabe auch eine schwere sein – ich werde sie meistern!

Jeder kann schon an meiner Haltung sehen, dass ich Großes zu tun mich aufgemacht habe.

Ich lasse meine stille Straße hinter mir. Dort ist das Haus, wo am Morgen die Hure stand. Als ich einen dunklen Fleck auszumachen glaube (was schwer ist bei all dem Dreck), wallt es in mir auf.

Wie konnte ich nur den Fehler machen und das Dreckstück am Leben lassen? Nein! Nein! Ungeduldiger Freund. Doch die mäßigende Stimme in meinem Innern kann mich nicht besänftigen.

Ich hätte sie fertigmachen müssen.

Der Lärm dringt immer stärker in meine Ohren. Mit zügigen Schritten nähere ich mich dem Kern der Kloake.

Noch eine Häuserecke und ich befinde mich mitten im Gewühl. Der Gestank ist so überwältigend, dass ich versucht bin, ein Taschentuch vor mein Gesicht zu drücken. Mein Magen hebt sich. Das Geschmier ist um mich herum, wie eine dreckige, stinkende Woge. Diese Stimmen … das unverständliche Kauderwelsch … Lumpen, die sich in Hauseingängen herumdrücken.

Ich springe zur Seite, als neben mir eine Tür aufgeht und jemand seinen Nachttopf direkt vors Haus schüttet.

Ein Teil trifft eine alte Frau, die gleich einem lebenden Lumpenbündel an eine Laterne kauert. Dabei kann man nicht einmal genau sagen, ob sie noch lebt. Nicht mal Kot und Urin bewegen sie zu einer Reaktion.

Jetzt ist der Schlamm überall. Ich sehe kaum noch meine Füße. Dränge mich durch die Herumstehenden. Sie berühren mich und ich kann mich kaum noch beherrschen.

Was verlangt Gott mir ab, dass ich mich hier bewegen muss?

Bettelnde Hände recken sich mir entgegen und versuchen, als ich sie ignoriere, in meine Taschen zu greifen.

Abhacken will ich sie. Allesamt. Seien es Kinder,- oder Erwachsenenhände.

Mein Magen hebt sich konvulsivisch. Erschrocken frage ich mich, wie lange ich noch durchhalten werde.

Wie unterscheide ich hier Huren von anderen Frauen? Gar nicht! Sie sind alle gleich!

Eine hebt einen Säugling an ihrer entblößten Brust, während sich ein Kerl gegen sie drückt.

Seine Bewegungen sind eindeutig. Ein schnelles, gleichmäßiges Stoßen gegen die Frau. Welche Blasphemie!

Mitten auf der Straße, mitten in dem Gewühl von schreienden, gestikulierenden Menschen. Herrgott … ich muss jetzt eine auswählen.

Irgendeine. Oder ob Gott mir ein Zeichen gibt? Einen Hinweis?

Ich zwinge mich, den Weibern in die Gesichter zu sehen. Aufgedunsen. Ausgemergelt. Ausgeschlagene, verrottete Zähne. Geplatzte Lippen.

Überall scheint es zu husten und Schleim zu speien. Unmöglich zu verhindern, dass etwas von diesem Aussatz mich berührt.

Oh Gott! Ich ertrage es nicht!

Wenn ich nur die Augen schließen könnte … Wie kann er nur zulassen, dass solche Kreaturen existieren? Wie?

Plötzlich erhellen Blitze den Himmel, zerreißen den stickigen Schleier. Beinahe gleichzeitiger Donner. Ich erstarre. Als die schweren Tropfen zu fallen beginnen, ziehen sie sich Tücher über die Köpfe und Jacken. Was wollen sie schützen?

Es ist lachhaft. Ich bleibe stehen. Der Regen durchtränkt meine Jacke. Als ich ihn auf der Haut spüre, ist es wunderbar.

Der Horizont beginnt zu brennen! Rote Flammen erheben sich! Und mögen es andere auch lediglich für Brände in den Docks halten … Narren! Ich weiß: Es ist ein Zeichen Gottes!

Blitze und Donner erheben mich zu den Sternen. Erleuchten die Nacht in meiner Seele!

Und dann sehe ich sie.

Bestrahlt vom Licht der zuckenden Blitze. Sie!

Mein Herz jubelt. Gott hat sie mir gezeigt!

So schnell die überfüllte Straße es zulässt, eile ich in ihre Richtung. Neben mir schreit jemand auf und geht zu Boden.

Niemand nimmt von mir Notiz. Niemand!

Sie reicht mir gerade bis zur Schulter, als ich vor ihr stehe. Was für eine Haube sie trägt. Wie kann sich so ein abgerissenes Weib eine solche Haube leisten? Die ist gestohlen. Daran kann es keinen Zweifel geben …

„Wie viel?“

Sie grinst mich aus zahnlosem Mund an. Da sind schon graue Haare in den dicken braunen Wellen, die sie nachlässig hochgesteckt hat.

„Fünf Pence. Aber da is nix extra bei, Mister.“

Würgen steigt in meiner Kehle hoch. Man muss sicher verhandeln mit diesen Weibern. Verhandeln …

„Das ist zu viel.“ Mehr bringe ich nicht raus. Sie ist besoffen. Stinkt nach billigem Fusel. Ihre ganze Person starrt vor Dreck und der Gestank wird durch den unablässig fallenden Regen noch verstärkt. Es ist zu viel …

„Oh Mann … Mister … Ich brauch das Geld … Kann sonst heut Nacht nirgends pennen …“

Soll ich Mitleid mit solchem Abschaum haben?

„Drei Pence … aber unter drei mach ich´s nicht …“

Ich nicke. Niemand kann mir zumuten mehr zu reden, als unbedingt nötig.

Nicht mehr lange … nicht mehr lange.

„Ja. Schon gut. Aber nicht hier …“

Sie ist schon losgelaufen und sieht sich jetzt zu mir um.

„Nee, nee, Mister. Ich weiß n gutes Plätzchen. Ruhig isses da.“

Sie führt mich in eine Seitengasse. Plötzlich durchfährt mich der Schock. Was wenn sie nur der Lockvogel für eine Bande ist? Diesen dreckigen Huren kann man alles zutrauen.

Sie wird mich kennenlernen!

Die Straße ist wirklich ruhig. Zu ruhig. Alle meine Sinne sind geschärft. Der Regen prasselt auf den schlammigen Boden.

Ich glaube die Essex- Werft im Dunkel zu erkennen. Eine einzige Laterne für diese ganze gottverdammte Straße. Aber ruhig, nur ruhig. Das ist doch gut so. Ja, eine ruhige Gegend. Eine kleine Fabrik, ein Lagerhaus. Kein Licht in keinem Fenster. Sehr gut.

„Ich weiß, warum se mich angesprochen hamm!“

Woher weiß sie es? Hat Gott auch ihr ein Zeichen gesandt? Nein – Gott schickt solchem Dreck kein Zeichen! Ich kann die Unruhe kaum noch in Schach halten.

„Se brauchen nich nervös sein, Mister. Es liegt an meiner Haube!“ Sie deutet nach oben. Etwas Dunkles, Undefinierbares.

„Die is neu … ich hab vorhin grad nem Bekannten gesagt, dass die mir Glück bringen wird! Dann krieg ich mein Bett für die Nacht!“

Ich will das Grinsen aus ihrem Gesicht reißen. Was interessiert mich ihr dummes Geschwätz.

Herrgott – sie soll endlich das Schwatzen aufhören.

Es muss doch mal Schluss sein.

„Im Stehen, Mister?“

„Von hinten.“ Ich halte es nicht mehr aus. Als sie mir den Rücken zudreht und die Röcke hebt, bücke ich mich schnell über meine Tasche. Meine Hände zittern. Der Verschluss ist nass und ich rutsche ab.

„Wollen se n Gummi nehmen, Mister? Meine Pussy is sauber. Können se mir ruhig glauben! Da könnt n Engel drin baden!“

Jetzt ist es aus. Wie kann sie es wagen? Ich reiße das Messer aus der Tasche. Viel zu schnell. Viel zu schnell. Denke nicht mehr nach. Ich sehe nur ihren Nacken. Sie dreht sich um. Starrt auf mich. Auf die Klinge, die bereits über ihrer hässlichen Fratze schwebt.

Sie will schreien und ich presse instinktiv meine Hand über ihr zahnloses Maul. Drücke sie mit Wucht gegen die Hauswand. Weit aufgerissene Hurenaugen. Ihre Zunge leckt gegen meinen Handteller. Sie hebt die Hände. Doch es ist zu spät.

Ein sauberer Schnitt quer über ihre verfluchte Kehle.

Das Blut sprudelt nur so. Eine muntere Fontäne, als ich sie zu Boden sacken lasse.

Ein leises Gurgeln höre ich … Schade, schade, schade. Deine geklaute Haube hat dir doch kein Glück gebracht.

Und wem gibst du deine Pussy jetzt?

Ich knie mich vor sie. Ihre Füße berühren mich. Die stinkenden Röcke heben. Ich stelle ihre Beine auf und lasse sie auseinanderfallen.

Du willst gefickt werden? Ja? Ich werde dich ficken, du Stück Dreck. Mit meinem Messer ficke ich dich!

So und so … Mein Messer wird geführt von Gott! Ich zerhacke dein sündiges Fleisch, du Monstrum!

Damit wirst du keinen Mann mehr besudeln!

Schritte. Gott verflucht. Schritte. Wo kommen sie her? Oder ist es der Regen?

Sofort bin ich auf meinen Beinen.

Ohne der Schlampe noch einen Blick zu gönnen, packe ich meine Tasche. Kopflos bin ich. Kopflos.

Beruhige dich! Es ist vorüber! Du hast es vollbracht!

Der Regen kühlt mein erhitztes Gesicht. Dein Leben ist vorüber. Aber meines geht weiter.

Ich mäßige meine Schritte. Ein Gentleman rennt niemals.

Zurück im Gewirr der Straßen. Im verseuchten Uterus der Stadt.

Aber ich habe begonnen, diese Stadt zu reinigen. Ja. Ich habe gerade erst begonnen!

May your silver be lost forever

Der verdammte Regen hört gar nicht mehr auf, wie?“

Inspector Abberline, eine beeindruckende Erscheinung mit einem gewaltigen Backenbart, wie ihn Prince Albert populär gemacht hatte, schlug seinen Hut gegen sein durchnässtes Hosenbein.

Harris wartete schon geraume Zeit am Tatort. Seine Notizen verwischten langsam beim Schreiben.

„Ja … Unglaublich. Was für ein Sommer soll das sein? …“

„Viel zu kalt, meine Herren!“, fügte ein hochgewachsener Mann hinzu, der einen eleganten Glencheck- Anzug trug und einen beigen Derby auf dem Kopf.

„Ah, Amerson! Gut, dass sie da sind …“, sagte Abberline und sein Backenbart hüpfte.

Die drei Männer hatten sich unter ein löchriges Vordach gestellt, wobei sowohl Harris, als auch ein Uniformierter das Pech hatten, das matte Licht der einzigen Laterne in der Straße zu benötigen, weil der eine Notizen machen musste und der andere die seinen vortragen.

Der in dichten Schnüren fallende Regen hatte inzwischen Harris Mantel durchdrungen und ruinierte seinen Anzug. Er wusste nicht, worauf er mehr fluchen sollte: auf das Wetter oder den Dienst, der ihn zwang, in der Nacht im stinkenden Eastend zu stehen und mit klammen, müden Fingern zu schreiben.

Abberline tippte mit seinem Gehstock auf den Boden.

„Nun, PC Neil … was haben wir?“

Die Ermittlungen waren eröffnet.

Der Uniformierte klappte seinen kleinen Block auf, wobei der den gebundenen Deckel schützend über die beschriebenen Seiten hielt.

„Also … Ein Charles Cross … er steht noch da hinten, Sir … hat die Frau gegen vier Uhr heute früh gefunden. Mr. Robert Paul … er steht auch noch da drüben …“, er nickte mit dem Kopf in die Richtung einiger Schemen, die sich gegen eine Hauswand gedrückt hatten. „… kam dann dazu. Sie haben PC Mizen gefunden und hinzugeholt. Ich kam dann auf meiner Runde dazu. Hab die Frau angeleuchtet und gesehen, dass ihre Kehle durchgeschnitten war. Die Männer waren nicht sicher gewesen, ob sie tot wäre, oder nicht. Und wir haben uns gefragt, ob der Mörder noch irgendwo sein könnte.“

Er hob die Blicke von seinen Notizen und sah in die Runde.

„Hätt ja gefährlich für uns werden können …“

Abberlines Gesicht verzog sich zu einem kleinen Grinsen. Wie so ziemlich alle Polizisten auf Streife, waren auch Mizen und Neil groß und auffällig kräftig gebaut. Sie wirkten kaum, als könnte irgendwer für sie gefährlich werden.

Amerson, noch neu bei Scotland Yard, kniff seine Augen zusammen.

„Was hat PC Mizen denn gemacht, dass er die Frau nicht entdeckt hat? Es war doch seine Straße …“

Der Uniformierte zog die Schultern zusammen, wie ein Schuljunge, der den Schlag des Lehrers erwartet.

Er blätterte in seinem Block, als wäre dort irgendwo die Antwort notiert. Abberline kam ihm, noch immer lächelnd, zu Hilfe.

„Nun … ich schätze PC Mizen war mit Knocking- Up beschäftigt …“

Selbst im fahlen Licht des hereinbrechenden Morgens erkannte Harris, dass Amerson errötete. Offensichtlich vermutete er hinter dem Ausdruck die Möglichkeit, Mizen könne sich mit einer der Damen vergnügt haben.

„Sir?“, stieß er gepresst hervor, konnte aber nicht verbergen, dass er jeden Moment bereit war, zu einem Vortrag über die Moral bei Beamten anzusetzen.

Jetzt lachte Abberline so laut, dass sogar die weiter weg Stehenden ihm ihre Köpfe zuwandten.

„Nicht, was sie denken, mein Lieber! Na … unsere Kollegen hier verdienen sich etwas dazu, indem sie auf ihrer Runde die Arbeiter wecken. Wenn einer diesen Service in Anspruch nehmen will, geht er zur nächsten Dienststelle, trägt sich in eine Karte ein, bezahlt eine Kleinigkeit und wird dann zu der gewünschten Zeit geweckt.“

Amerson hielt die Luft an.

„Das ist nicht ihr Ernst, Abberline!“, rang er sich empört ab.

„Doch. Hören sie – die Jungs verdienen schlecht genug. Lassen Sie ihnen doch die paar Guineas.“

Amerson, dem der scharfe Unterton nicht entgangen war, zog es vor, die Lippen zusammenzupressen und zu schweigen. Als einzige Missfallensbekundung erlaubte er sich ein ausgiebiges Räuspern.

„PC Thain kam dazu. Der hat auch Doktor Llewellyn verständigt. Er hat sich die Tote kurz angeschaut und für tot erklärt.“

„Haben wir irgendwelche Zeugen?“ Abberline war zu seinem geschäftsmäßigen Ton zurückgekehrt und hakte nun seine Liste an Fragen ab.

„Nein, Sir. Niemand hier hat irgendetwas gesehen oder gehört.“

„Wo ist die Tote jetzt?“

„Doktor Llewellyn hat sie ins Leichenhaus bringen lassen.“

Abberline machte in einer ruckartigen Bewegung kehrt und marschierte los. Harris, der als Erster geschaltet hatte, folgte ihm auf dem Fuß zu jener Stelle, an der man die Leiche gefunden hatte. Es schien, als bemerke er den Regen gar nicht mehr.

Mit leisem Murren ging er um den Blutfleck herum, der sich vom Gehweg bis in einen Gully zog.

„Nicht viel Blut“, sagte Harris und Abberline machte eine Bewegung mit dem Kopf, die nicht zu deuten war. „Ob sie nur hier abgelegt wurde?“

Die anderen Polizisten waren ihnen gefolgt.

„Glaube ich nicht“, murmelte Abberline wie zu sich selbst. „Das ist alles dort in den Rinnstein gelaufen. Und ihre Kleider werden auch was aufgesogen haben.“

Wieder klackte der Gehstock auf den Asphalt.

„Meine Herren … auf zum Leichenhaus. Schauen wir uns die Dame mal an.“

Harris mochte die nassforsche Ausdrucksweise nicht, wenn er seinem Vorgesetzten auch in Rechnung stellte, dass es seine Art sein mochte, mit dem Grauen umzugehen, das ihm Tag für Tag begegnete.

„Ach jaaa … PC Neil … Wer ist sie überhaupt?“

Der Polizist musste nicht blättern.

„Wir haben noch keine Ahnung, Sir. Aber der Kleidung nach zu urteilen, eine Prostituierte.“

„Da wird wohl jemand unzufrieden gewesen sein“, erklärte Amerson mit breitem Grinsen, das offensichtlich Abberlines Art aufzunehmen versuchte.

Der Versuch misslang. Abberline sah ihn scharf an und dieser Blick genügte, um Amerson schlagartig räuspernd verstummen zu lassen.

„Amerson … Sie bleiben bei den Kollegen und befragen nochmals die Zeugen. Ich möchte heute Mittag einen ausführlichen Bericht!“

Damit nickte er Harris zu, dem die fragwürdige Ehre zuteilwurde, seinen Chef zur Leiche begleiten zu dürfen.

Eine Weile gingen die beiden Männer stumm nebeneinander durch den Regen.

Es war Harris, der das Schweigen durchbrach.

Mit Blick auf die abgerissenen Gestalten, die sich wie menschlicher Abfall in den Hauseingängen sammelten, sagte er:

„Das ist ein Mord wie viele hier. Nicht wahr?“

Abberline schüttelte langsam den Kopf.

„Ich weiß nicht, Harris … ich weiß nicht. Wenn sie nur die Tote nicht gleich weggeschafft hätten … Es hätte viel geholfen, wenn wir sie hätten sehen können. Aber wir bekommen ja später den Bericht. Neil soll eine Zeichnung machen, wie sie aufgefunden wurde.“

„Ja, Sir.“

Das Leichenhaus war ein eingeschossiger Backsteinbau, der wie eine kleine Trauerhalle wirkte. Nur, dass sich hier in den Außenmauern zahlreiche fensterlose Öffnungen fanden, deren einzige Aufgabe darin bestand, die Ausdünstungen der Toten ins Freie zu entlassen.

Harris Magen hob sich ruckartig, als sie die Tür öffneten und eintraten.

Einem Impuls folgend, wäre er am liebsten rückwärtsgegangen, doch er riss sich mit Macht zusammen. Ebenso widerstand er dem Drang, ein parfümiertes Taschentuch vor sein Gesicht zu drücken.

Der Gestank war schlimmer, als alles, was ein normaler Mensch ertragen konnte.

„Herrgott, wie kann man hier arbeiten?“, stieß er würgend hervor.

Abberline sagte nichts, sondern ging direkt auf einen mittelgroßen Mann zu. Der stand an einem Tisch und machte in gestochener Schrift Notizen in einem großen Folianten.

„Detective Inspector Frederick Abberline und Detective Inspector John Harris. Wir suchen Doktor Llewellyn.“

Der Mann richtete sich auf. Er war von durchschnittlicher Größe und trug einen gepflegten, an den Enden leicht gezwirbelten Schnauzbart. Sein Hemd war von einem reinen Weiß und hatte nur an den Manschetten kleine, dunkle Flecken.

„Ich bringe Sie zu ihm.“

Wie der Butler der Königin ging er den beiden Polizisten in gleichmäßig ruhigen Schritten voran.

Sie verließen den kleinen Vorraum und betraten einen etwas größeren Raum, der Harris erschien wie ein Blick in die Vorhölle. Tote lagen dicht an dicht auf hölzernen Brettern. Nachlässig mit blutbespritzten Laken abgedeckt, erkannte er Haarschöpfe, Beine, Arme. Und über allem waberte ein infernalischer Gestank, der ihm die Sinne zu rauben drohte.

„Hier … bitte …“ Der Mann wirkte wie ein Leichenbestatter. Emotionslos. Professionell. Als bemerke er das Pandämonium um sich herum gar nicht mehr.

Der Gestank ebbte ab, soweit Harris dies noch zu beurteilen vermochte.

Dr. Llewellyn war ein wuchtiger Mann mittlerer Größe mit einem ordentlich gestutzten Kinn- und Oberlippenbart.

Er trug einen dunklen Anzug und Krawatte.

Sein Assistent, denn um einen solchen musste es sich handeln, stellte die beiden Polizisten vor und zog sich sofort zurück.

„Meine Herren …“

Die drei nickten sich zu.

„Sie kommen wegen der Toten aus der Buck´s Row.“

„Ganz richtig“, versetzte Abberline.

Llewellyn nickte und zog ein Tuch von einem schlichten hölzernen Sarg ohne Deckel.

Die beiden Polizisten traten an den Kasten und blickten hinein.

Eine Frau lag darin, das dunkle Haar dicht am Kopf klebend, die Augen einen spaltbreit geöffnet, wie auch die schmalen Lippen.

Harris fragte sich, ob ihr Haar wohl noch vom nächtlichen Regen nass sein mochte.

Nur der rötliche Strich, der sich quer über ihre Kehle zog, deutete auf die Ursache hin, die sie in diesen Sarg gebracht hatte.

„Woran starb die Frau?“, fragte Harris, der eine gewisse Erleichterung ob des sauberen Zustands der Leiche empfand. Sie wirkte, als sei sie lediglich angetrunken, wenn auch ihr Gesicht sehr blass war.

„Zwei Schnitte durch die Kehle. Die Schnitte haben die Ateria Carotis durchtrennt.“ Der Arzt hob den Blick und fügte hinzu: „Die Halsschlagader.“

Seine Blicke wanderten wieder zu der Toten. „Die Schnitte wurden mit großer Gewalt vollzogen. Sie gingen bis zum Rückenmark. Das Messer war wohl nur mittelmäßig scharf. Wenn sie mich fragen.“

„Also haben wir es mit einem ganz normalen Mord zu tun …“

„Nun … nicht so ganz, Inspector …“, sagte Llewellyn gedehnt und schlug abrupt das Tuch zurück, das den restlichen Körper der Toten bedeckte.

Harris und Abberline zuckten gleichermaßen zurück.

Zwar hatte der Arzt die Wunden vernäht und gesäubert, doch war nur zu offensichtlich, dass sich über ihren Bauch und Unterleib zahllose Schnitte und Einstiche zogen. Ja, der Mörder hatte sie geradezu zerfetzt.

„Oh mein Gott“, stieß Harris hervor und selbst Abberline wurde bleich.

„Was ist das?“ Dass seine Frage mehr als unprofessionell klang, fiel keinem der Männer auf und es war Llewellyns gefasste Haltung, die die beiden Beamten dazu brachte, sich zu straffen und den Schock zu überwinden.

„Dieser Frau wurde nicht einfach die Kehle durchgeschnitten, meine Herren. Sie wurde zerhackt. Wir haben zahlreiche tiefe Einschnitte im Bauch und Unterbauchbereich. Alle mit abwärts verlaufender Schnittrichtung. Dazu noch zwei Einstiche in den äußeren Geschlechtsteilen. Dieser Frau hier wurde Schreckliches angetan!“

Abberline räusperte sich.

„Die Verletzungen im Gesicht …“

Der Doktor bewegte seinen Kopf von einer Seite zur anderen, als mache er Entspannungsübungen für seinen Nacken.

„Das sind ältere Verletzungen. Die Frau wurde … und das zeigt der Gesamtbefund … wohl ziemlich oft geschlagen. Aber welche Frau im Eastend wird das nicht? Betrunkene Ehemänner, unzufriedene Kunden, zornige Beschützer … die eine steht danach wieder auf. Die andere nicht. Aber das hier …“, er deutete auf die groben Stiche, mit denen der Körper der Toten zusammengenäht worden war. „… das hier steht auf einem anderen Blatt, meine Herrn. Dieser Mörder hat sich Zeit gelassen, die Frau in widerwärtigster Weise zu verstümmeln und dies praktisch auf offener Straße.“

Bei dieser Erkenntnis verstummten die Männer für einen Moment.

Es war Abberline, der sich zuerst fasste.

„Kennen sie die Tote, Doktor Llewellyn?“

Der Arzt zog die Mundwinkel herunter und schüttelte den Kopf.

„Wo ist ihre Kleidung?“

„Dort drüben. Wenn sie mir folgen wollen …“

Er beachtete den Sarg nicht mehr, und es drängte Harris, das Tuch wieder über die Frau zu breiten, doch er unterließ es, denn allein die Vorstellung, es zu berühren, verursachte ihm Unbehagen. Um das Geringste zu sagen.

„Sie trug einen rot- braunen Mantel, eine braune Jacke, ein weißes Brusttuch, zwei schwere Röcke, schwarze Wollsocken und Strumpfhalter, ein paar genagelte Herrenstiefel, allesamt alt und sehr mitgenommen, wie sie sehen können … und …“ Er hielt inne und lenkte so die Aufmerksamkeit der beiden Polizisten von dem Kleiderhaufen auf sich selbst …

„Eine nagelneue schwarze Strohhaube mit einem schwarzen Samtband.“

„Neu sagen sie?“

Der Doktor nickte und hielt die Kopfbedeckung, die halb unter einem verdreckten Stoffstück gelegen hatte, in die Höhe.

Es war ein wirklich auffälliges Stück.

„Wie kommt solch eine abgerissene Frau zu solch einer Haube?“

Harris bot die Antwort: „Gefunden?“

Abberline klopfte mit seinem Stock auf den Boden wie ein ungehaltener Lehrer.

„Ah … Harris … solch eine Haube verliert doch niemand. Noch dazu … sie sieht nicht gerade billig aus … Gibt es ein Schild in der Haube?“

Der Doktor drehte sie um und die drei Männer sahen einen kleinen eingenähten Stoffstreifen, auf dem deutlich „Lewinsky´s Modes de Paris“ zu lesen war.

„Wer kennt sich mit Hutläden in Paris aus?“, wollte Abberline wissen und seine Betonung machte deutlich, dass er kaum damit rechnete, eine positive Antwort zu erhalten, denn er grinste verschmitzt.

Harris aber hatte dank Ada Erfahrung mit Hutläden.

„Der muss nicht in Paris sein, Sir. Viele Modisten hier geben sich französische Namen. Das kommt gut an bei den Damen.“

Harris plötzlicher Eifer amüsierte die beiden Männer und er begann sich ein wenig zu schämen.

„Ich frage mal Thorby … Der kennt sich im Eastend gut aus. Vielleicht hat er eine Idee.“

Llewellyn rief seinen Assistenten, der mit verhaltenem Schritt eintrat.

„Thorby … Kennen Sie zufällig einen Hutladen namens Lewinsky´s Modes de Paris?“

Der Angesprochene – er war in der Tür stehen geblieben – schloss kurz nachdenklich die Augen.

Dann öffnete er sie wieder und sah seinem Chef direkt an. Harris empfand seinen Blick als unangenehm stechend.

„Ja, Sir. Das ist nicht weit von hier.“

„Whitechapel?“

„Nein, Sir. In der Lime Street. Die gehört, meines Wissens nach, schon zur City.“

„Gut. Danke, Thorby! Sie können wieder an die Arbeit gehen.“

„Danke, Sir.“ Er verbeugte sich und ging dann wieder hinaus, wobei er die Tür sorgfältig hinter sich schloss.

„Was die Kleidung angeht …“, erhob Abberline die Stimme und der Doktor vollendete seinen Satz.

„… abgerissenes, altes, verdrecktes Zeugs.“

„Wir suchen noch das Blut, Doktor.“

Die Formulierung mochte befremdlich klingen, doch schien dies den Arzt nicht zu stören.

„Die Sachen waren so schmutzig … da lassen sich die Flecken schlecht unterscheiden. Aber vom Stoff her gesehen, kann dieser so manches aufnehmen.“

„Sie denken also auch, dass ein Großteil des Blutes in die Kleidung gesickert sein könnte?“

„Durchaus.“

Abberline bedankte sich bei Llewellyn und ging dann, gefolgt von Harris in Richtung Tür. Die Hand bereits auf dem Knauf, wandte er sich noch einmal um.

„Der Mörder …“, mehr brauchte er nicht sagen.

„Sie haben es nicht mit einem gewöhnlichen Mörder zu tun, Inspector.“

Der Satz hing noch schwer über den beiden Polizisten, als sie bereits wieder auf die Straße getreten waren.

„Der Doktor hat Recht, denke ich. So wie der gewütet hat …“

Abberline nickte. Doch dann sagte er:

„Harris … ich hatte vor Kurzem den Fall einer Emma Elizabeth Smith …Eine 45 Jahre alte Prostituierte der untersten Kategorie … Sie wurde auf offener Straße, am helllichten Tag, von ein paar Rowdies überfallen. Sie haben die Frau so zugerichtet, dass sie am nächsten Tag im Krankenhaus starb.“

„Verzeihung, Sir … Aber ich sehe nicht ganz …“

„Die Männer hatten ihr mit solcher Brutalität einen Stock in den Unterleib gerammt, dass ihr gesamter Bauchraum zerfetzt wurde! Können sie sich das vorstellen? Das geschieht hier! Jeden Tag. Von den Übergriffen ganz zu schweigen, über die niemand auch nur ein Sterbenswörtchen verliert. Diese Frauen sind ganz unten. Niemanden kümmern sie. Niemand schert sich einen Dreck, wenn sie vergewaltigt, zusammengeschlagen und ermordet werden. DAS ist das Eastend! Nein. Ich sehe nicht, dass wir es hier mit einem außergewöhnlichen Mörder zu tun haben.“

Harris war bei den Worten des Inspectors verstummt. Grauen hatte ihn bei der Vorstellung erfasst, was diesen Frauen angetan wurde. Konnte es wirklich sein, dass solche Taten Alltag waren? Es wurde ihm einmal mehr bewusst, dass es eine Sache war, über Verbrechen zu lesen und etwas anderes, sie mit eigenen Augen zu sehen.

„Es ist unfassbar, Sir. Das sind Tiere. Bestien …“, sagte er tonlos.

„Nein, Harris. Das sind Menschen. Und das ist unser größtes Problem.“

I have come to bring fire to the earth

Elizabeth stand bei Mr. Lewinsky im Atelier, der – nur von einer einzigen Lampe beschienen – die Federn und Bänder zur Seite geräumt hatte und eine Zeitung studierte.

Seine Augen waren trotz Brille sehr schlecht und er musste sich tief über die Zeilen beugen, um sie lesen zu können.

Mit jeder Bewegung seines Kopfes, rauschte das Ende seines silbernen Barts über das Papier.

Elizabeth trug eine helle Schürze mit Rüschen über den Schultern und ein dunkles, bodenlanges Kleid. Sie hielt die Arme vor der Brust verschränkt und beobachtete ihren Chef.

„Grauenvoll, nicht wahr Mr. Lewinsky?“

Er brummte etwas Unverständliches.

„Bitte?“, hakte sie nach.

„Ich sagte … Der Mensch ist des Menschen Wolf.“

„Ja. Das ist wohl wahr.“

Er hob den Kopf und legte die Brille beiseite.

Sie waren beide etwas ratlos, denn Elizabeth hatte in dem Artikel über den Mord von einer neuen Haube gelesen, die das Opfer getragen hatte und war sofort mit der Zeitung zu Mr. Lewinsky geeilt.

„Denken Sie, es könnte die Frau von gestern gewesen sein, Miss Montgomery?“

Elizabeth atmete tief durch.

„Die Beschreibung könnte passen. Ich werde wohl zur Polizei gehen müssen.“

Lewinskys Augen weiteten sich nur ein wenig, doch genug, dass es ihr auffiel.

„Die Polizei? Das ist nicht gut, mein Kind.“

„Sie haben Vorbehalte der Polizei gegenüber?“

„Nun ja …“ Er schien nach Worten zu suchen und faltete deswegen die Zeitung mit äußerster Sorgfalt zusammen.

„Sehen sie … allgemein hat die Polizei die Eigenschaft, Dinge zu komplizieren. Ihre Mittel sind beschränkt und ihr Horizont ebenfalls. Allgemein kompensieren Polizisten dies durch Brutalität. Was sie natürlich Entschlossenheit nennen. Meiner Erfahrung nach, löst eine Gruppe ihre Probleme immer noch am besten, indem sie sich selbst darum kümmert. Denn wer kennt sich besser in einer solchen aus, als diese selbst?“

Elizabeth wusste, was er meinte.

„Sie haben die Erfahrungen mit der russischen Polizei gesammelt. Aber ich denke, Mister Lewinsky, dass sich unsere hiesige Polizei doch sehr von der in ihrer Heimat unterscheidet.“

Jetzt lächelte er ebenso sanft wie nachsichtig.

„Mein liebes, liebes Mädchen … Täuschen sie sich nicht! Sobald ein Mensch eine Uniform anzieht, sei es jene des Zaren, oder Ihrer Majestät, nimmt er eine bestimmte innere Haltung an. Und diese Haltung ist immer gleich … über alle Grenzen hinweg.“

Elizabeth konnte nicht umhin, ihm in gewissem Sinn zuzustimmen. Zumal, wenn sie in Rechnung stellte, dass er – im Gegensatz zu ihr – sehr viel Lebenserfahrung hatte.

„Wissen Sie … was ich aber nicht verstehe, ist … warum wird dieser Mord so bevorzugt in den Zeitungen abgehandelt? Ich kenne das Eastend. Kenne Whitechapel. Und so schlimm es ist … aber solcherlei Taten scheinen sich doch dort beinahe täglich zu ereignen …“

Lewinsky wollte gerade etwas sagen, als die Glocke über der Ladentür anschlug. Elizabeth wandte sich schnell um und trat in den Laden.

Ein Mann stand vor ihr. Den Mantel dunkel vom Regen. Er war wesentlich größer als sie und stämmig.

Seine ganze Haltung strahlte Kraft und Stärke aus.

„Inspector John Harris von Scotland Yard. Ist Mister Lewinsky zu sprechen?“

„Ich werde nachsehen“, sagte Elizabeth und verschwand im Atelier. Sie hörte, dass der Polizist herumzugehen begann.

„Ich habe es gehört“, sagte der alte Mann und erhob sich bereits.

„Inspector Harris …“ Er machte eine Verbeugung als er dem wesentlich jüngeren Mann gegenüberstand.

„Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

Dass der Polizist nicht gekommen war, um einen Hut zu kaufen, war allen Beteiligten klar.

„Ich ermittle in einem Mordfall von letzter Nacht, Mister Lewinsky. Wir fanden bei der Toten eine Haube, die ein Etikett ihres Geschäfts trug.“

„Oh. Ich fürchte, da kann ich ihnen nicht helfen. Aber Miss Montgomery hier … Sie bedient die Kundschaft.“

Elizabeth wunderte sich, denn wenn die Beschreibung in der Zeitung stimmte, so war die Ermordete mit Sicherheit keine Kundschaft gewesen … Wieder erinnerte sie sich an die Ladendiebin.

Ohne ein weiteres Wort abzuwarten, verbeugte Lewinsky sich abermals und verschwand in der Dunkelheit seines Ateliers.

Der Polizist sah ihm etwas perplex hinterher.

Dann fasste er sich allerdings und wandte sich Elizabeth zu.

„War diese Frau bei ihnen im Laden? Irgendwann in den vergangenen Tagen.“

Er hielt ihr eine Fotografie entgegen. Elizabeth machte schockiert einen Schritt zurück. Eine Frau in einem offenen Sarg. Sie hatte nur einen winzigen Blick auf das Bild geworfen, doch sie war augenblicklich zutiefst erschüttert.

„Das kann ich nicht sagen, Sir.“

„Erkennen sie die Frau nicht? Sehen sie noch einmal hin!“

Ihr missfiel sein Ton und sie kniff die Augen zu, als er ihr das Bild direkt vor das Gesicht hielt.

„Sie müssen die Augen schon aufmachen, Miss … Montgomery.“

Ihre Stimme bebte etwas, als sie abermals verneinte.

„Aber es war gestern eine Frau im Laden, die eine Haube gestohlen hat.“

Er hob den Kopf und zog die Brauen hoch.

„Können sie die Frau beschreiben?“

„Gewiss doch.“ Das war fast eine Beleidigung für eine Modistin. „Etwa mittelgroß. Dunkles Haar, dunkler Teint. Ein paar graue Strähnen. Sehr … nun ja … heruntergekommen in ihrer Kleidung. Vorne haben ihr Zähne gefehlt. Das Alter kann ich aber schwer schätzen.“

Der Polizist nickte zufrieden.

„Sie wären eine gute Polizistin.“

Den Versuch, die Unterhaltung aufzulockern, konterkarierte er sofort, indem er die kräftigen Brauen zusammenzog und in brummigem Ton sagte: „Wann war die Frau im Laden?“

„Gestern. Kurz vor Geschäftsschluss. Ich wollte gerade absperren, da kam sie herein. Sie hat sich die Haube vorführen lassen.“

„Haben Sie nicht geahnt, dass eine solche Frau sich eine solche Haube nicht würde leisten können?“

Der Vorwurf war nicht zu überhören.

„Sehen Sie, Mister Lewinsky hat einen Grundsatz, den wir alle befolgen: Zu jedem Kopf passt ein Hut.“

Sie presste die Lippen aufeinander, um nicht zu grinsen, als sie das Gesicht des Inspectors sah, der offensichtlich über dieses Motto und seinen Sinn grübelte.

„Was heißt das?“

„Nun … es heißt, dass wir jeden, der in den Laden kommt, zuvorkommend behandeln. Niemand wird der Tür verwiesen.“

„Was aber auch bedeutet, dass Ihnen Waren gestohlen werden.“

„Mr. Lewinsky nimmt das in Kauf.“ Ihr Ton war fest und sicher.

„Schildern Sie mir bitte, was sich gestern genau zugetragen hat …“

Elizabeth wiederholte in allen Einzelheiten die Geschehnisse.

„… und dann rannte sie, die Haube auf dem Kopf davon.“

Er machte sich Notizen in einem kleinen Block.

„Sie haben natürlich die Zeitung gelesen, Miss Montgomery?“ In seiner Stimme schwang das Wissen mit, sie mit dieser Frage möglicherweise in Verlegenheit zu bringen.

„Gewiss, Inspector Harris.“

“Sie wissen also, dass es sich um die Prosituierte Mary Anne, genannt Polly, Nicols handelt?“

„Ja, Sir. Mister Lewinsky und ich haben den Artikel in der Standart Gazette gelesen.“

Seine Mine verdüsterte sich.

„Und warum haben Sie sich dann nicht sofort beim nächsten Revier gemeldet?

---ENDE DER LESEPROBE---