Jäger des Spotts - Siegfried Lenz - E-Book

Jäger des Spotts E-Book

Siegfried Lenz

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Beschreibung

"Ich gestehe, ich brauche Geschichten, um die Welt zu verstehen." Die Vielfalt der Themen und die Entwicklung eines unvergleichlichen Stils treten in den Erzählungen von Siegfried Lenz deutlich hervor. Brillant verdichtet er auf engstem Raum und mit außerordentlicher Intensität Situationen und die Gefühlswelten seiner Figuren. In der Tradition der deutschen Novelle, der russischen Erzählung und der angelsächsischen Kurzgeschichte stehend, hat Siegfried Lenz die kurze Form zu einer in der Gegenwartsliteratur beispielhaften Meisterschaft geführt. "Lenz schreibt unglaubliche und letztlich, da mit künstlerischen Mitteln beglaubigt, doch glaubhafte Erzählungen; sie mögen einem bisweilen unwahrscheinlich vorkommen, aber sie sind immer wahr." Marcel Reich-Ranicki Diese eBook-Ausgabe wird durch zusätzliches Material zu Leben und Werk Siegfried Lenz ergänzt.

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Seitenzahl: 28

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Siegfried Lenz

Jäger des Spotts

Erzählung

Hoffmann und Campe Verlag

Jäger des Spotts

Der Wind war gut. Er trug Atoqs Geruch nicht zu den Hunden hinüber, die sich vor der Hütte einschneien ließen; unbemerkt kam der Mann an den schiefen, leeren Fleischgestellen vorbei. Als sein Vater noch lebte, ein großer Jäger, waren die Fleischgestelle voll gewesen, aber jetzt standen sie leer und schief vor der Hütte; in der Rundung der Seitenbank war kein Speck, die Felle auf der Schlafbank waren durchgelegen und die Darmfellscheiben an den Fenstern zerrissen.

Atoq kam unbemerkt an den schlafenden Hunden vorbei. Er schritt über die graue, tote Ebene und hörte das Knallen des Frostes von den Seen und wußte, daß das Neueis seine Risse bekam. Er schritt über die Ebene, bis er zum großen Farnkrautberg kam, dann sah er zurück, und er sah, daß sein Aufbruch unentdeckt geblieben war.

Er war heimlich zur Jagd aufgebrochen, der schlechteste Jäger von Gumber-Land; er hatte die Hunde schlafen lassen und schob selbst den Schlitten, und er hatte die Flinte quer über den Schlitten gelegt und das Futteral aufgeknöpft.

Er lauschte, aber es war kein Geräusch zu hören: sie wußten nicht im Dorf, daß er unterwegs war, sie lagen auf ihren Bänken und wußten nicht, daß er heimlich aufgebrochen war, um ihren Spott zu widerlegen, und er dachte an die hundert Spottgesänge, in denen sein Name erwähnt wurde, Atoq, der Jäger mit dem leeren Fleischgestell. Diesmal würde er mit vollem Schlitten zurückkommen, diesmal hatte er sich vorgenommen, erst zurückzukehren, wenn er Fleisch für beide Gestelle hatte. Er war heimlich hinausgegangen, weil sie auch seinen Aufbruch mit Spott bedacht hätten, ihr Spott hätte ihn aufgebracht, und das wäre nicht gut gewesen für die Jagd. Diesmal würde er ihren Spott widerlegen, er würde seinen Namen ein für allemal aus den Spottliedern tilgen, er hatte sich alles zurechtgelegt für diesen Tag.

Langsam glitt Atoq über den Farnkrautberg; er sah auf seine Flinte hinab, die auf dem leeren Schlitten lag, und er stellte sich vor, daß die Flinte, wenn er zurückkäme, nicht mehr unter ihm liegen würde: sie würde hoch auf dem Fleisch in der Höhe seiner Augen liegen, Atoq war diesmal zuversichtlich.