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Bei den Ermittlungen zu einem Mordfall tauchten Phil und ich tief in die Grauzone eines grausamen Geschäfts ein. Der Tote war ein Vermittler wenn es darum ging, Seeleute, die sich in Gefangenschaft somalischer Piraten befanden, freizukaufen. Wir drangen in einen Bereich ein, wo es weder gut noch böse gab, nur eine Anzahl von skrupellosen Männern, die zuallererst eines im Sinn hatten - ihre persönliche Bereicherung...
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Seitenzahl: 137
Cover
Impressum
Die Freibeuter von New York
Jerry Cotton aktuell
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: The Marine 2/ddp images
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-8387-5817-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Die Freibeuter von New York
Henry Jordan ahnte nicht, dass sein Blut schon bald den teuren Hotelteppich tränken würde.
Der Geschäftsmann stand an einem der Fenster und genoss den Panoramablick auf den Central Park. Es war ein weiter Weg von seinem elenden Geburtsdorf in Afrika bis zu dieser Suite in einem New Yorker Luxushotel.
Doch Henry Jordan hatte den Aufstieg geschafft. Härte, Cleverness und der Sinn für gute Gelegenheiten waren ihm dabei behilflich gewesen. Der Geschäftsmann kannte die Person nicht, die sich mit ihm hier im Brady’s verabredet hatte. Henry Jordan lebte riskant, aber bisher hatte er sich immer auf seinen Überlebensinstinkt verlassen können.
Die Tür wurde geöffnet. Jordan drehte sich lächelnd um. Eine halbe Stunde später verblutete er auf dem Boden der Luxus-Suite.
Es war ein grauer Novembertag, an dem unsere Suche nach Matt Turner eine unerwartete und dramatische Wendung nahm.
Phil und ich verfolgten den Wirtschaftskriminellen schon seit fast einer Woche. Matthew Turner war ein ehemaliger Investmentbanker, der auf die schiefe Bahn geraten war. Nachdem er seinen Job im Financial District verloren hatte, begann er damit, gefälschte US-Bundesanleihen in Umlauf zu bringen.
Wir fuhren zu einer Zeugin, die angeblich Informationen über den Verdächtigen hatte. Mein Freund versuchte erst gar nicht, seine schlechte Laune zu verbergen.
»Das ist doch zum Haare-Ausraufen, Jerry! Wir ziehen die gefährlichsten Serienmörder und Terroristen aus dem Verkehr, und an diesem Wertpapier-Ganoven beißen wir uns die Zähne aus. Vielleicht ist Turner schon längst auf den Bahamas, und wir verschwenden hier nur unsere Zeit.«
»Ja, vielleicht. Aber Matt Turner kann sich nicht in Luft aufgelöst haben, Phil. Wenn er die Staaten verlassen hätte, dann kann das nicht unbemerkt geschehen sein. Die Kollegen vom Heimatschutz sind auf Zack, das weißt du so gut wie ich. Lass uns doch erst einmal hören, was diese Alice Warner uns zu sagen hat.«
»Du hast ja recht, Jerry. Ich bin einfach zu ungeduldig, schätze ich. Aber das ist eben keine Aufgabe nach meinem Geschmack.«
Das ging mir ähnlich, denn wir hatten bisher hauptsächlich Hunderte von Seiten an Belastungsmaterial durchlesen müssen. Und genau wie ich selbst war Phil eben lieber draußen auf der Straße, um dort die Kriminellen zu fangen. Aber wir wussten natürlich, dass wir uns beim FBI die Fälle nicht aussuchen konnten.
Ich parkte meinen roten Jaguar-E-Hybriden in der Rector Street, im Financial District. Unsere Zeugin arbeitete bei der PB Continental Bank, wo auch Turner vor seiner Entlassung tätig gewesen war. Sie wollte sich mit uns in ihrer Mittagspause in einer Coffee Bar treffen.
Es waren nur wenige Schritte bis zu dem modern eingerichteten Diner, aber der eiskalte Wind aus Richtung Hudson blies uns kräftig durch. Wir traten ein, und ich erkannte Alice Warner sofort. Sie hatte sich telefonisch beim FBI gemeldet und mir gleich ein Foto von sich auf mein Smartphone geschickt.
Doch in Wirklichkeit sah sie noch besser aus als auf dem Bild. Ihr blondes Haar war lang, die Figur unter dem grauen Geschäftskostüm vermutlich tadellos. Wir traten an ihren Tisch und zeigten unauffällig unsere FBI-Marken. Nachdem ich Phil und mich vorgestellt hatte, lud sie uns mit einer Handbewegung ein, Platz zu nehmen.
»Es ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen, dass Sie sich hier mit mir treffen, Agents«, sagte die junge Frau mit einer glockenhellen Stimme. »Ich möchte keinen Ärger mit meinem Boss – und es kommt in unserer Bank nicht gut an, wenn wir Angestellten mit dem FBI oder den Cops reden.«
»Die Finanzkrise hat viel Staub aufgewirbelt, aber uns geht es konkret um Matt Turner. Sie können uns weiterführende Angaben über ihn machen?«
Mit diesen Worten kam ich sofort zur Sache. Alice Warner lächelte, als ob ich etwas Erheiterndes gesagt hätte.
»Weiterführende Angaben? Allerdings, Agent Cotton. Wussten Sie, dass Matt Turner nur Männer liebt?«
Phil und ich wechselten einen erstaunten Blick. Nein, das war uns nicht bekannt gewesen. Normalerweise spielt die sexuelle Ausrichtung eines Verdächtigen keine Rolle, falls sie nicht für die Fahndung wichtig ist. Einen homosexuellen Mann kann man beispielsweise bei der Vergewaltigung einer Frau schnell als Verdächtigen ausschließen. Aber noch war ich nicht überzeugt davon, dass die Zeugin uns die Wahrheit sagte.
»Wirklich, Miss Warner? Und woher wissen Sie das? Hat Matt Turner sich Ihnen gegenüber offenbart?«
»Ja, wenn man das so nennen will. Ich hatte ein Auge auf ihn geworfen, unter uns gesagt. Das war damals, als wir noch Arbeitskollegen waren. Ich hoffte, Chancen bei ihm zu haben.«
Wir besaßen natürlich Fotos von Matt Turner. Eine Polizei- oder FBI-Akte gab es noch nicht, weil er vor dem Betrug mit den US-Bundesanleihen nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war. Daher wusste ich, wie er aussah. Turner war ein Mann Ende dreißig, der zweifellos von manchen Frauen für einen hübschen Kerl gehalten wurde. Aber deshalb musste er noch lange nicht schwul sein.
»Fahren Sie fort, Miss Warner.«
»Matt Turner gab mir sehr deutlich zu verstehen, dass er nichts von mir will. Und auch nicht von anderen Frauen, um es ganz deutlich zu sagen. Er bot mir an, dass wir gute Freunde sein könnten. Aber ich wünschte mir mehr.«
Nun ergriff Phil das Wort. Ich konnte ihm anhören, dass er ungeduldig war.
»Das ist ja sehr interessant, Miss Warner – aber haben Sie auch noch genauere Informationen für uns? Es gibt nämlich in New York City sehr viele Bars und Treffpunkte der homosexuellen Szene. Es wäre hilfreich, wenn wir unsere Fahndung nach Matt Turner eingrenzen könnten.«
Die Zeugin warf Phil einen kalten Blick zu.
»Halten Sie meine Aussage für wertlos, Agent Decker? Ihr Kollege ist viel freundlicher als Sie. Vielleicht wird es wenigstens Agent Cotton zu schätzen wissen, dass ich heute früh Matt Turner am Steuer eines Autos gesehen habe.«
Ich schaute in meine Aufzeichnungen.
»Damit kann aber nicht sein Dodge Viper gemeint sein, oder? Der wurde nämlich von uns schon beschlagnahmt.«
»Nein, Agent Cotton. Matt Turner saß in einem Lincoln Town Car mit New Yorker Nummernschildern. Ich habe ihn genau erkannt. Er stand an einer Kreuzung in Midtown, wo ich bei einer Freundin übernachtet habe. Ich glaube nicht, dass er mich bemerkt hat. Das Auto muss mindestens zwanzig Jahre alt sein. Es ist ein Wagen, der überhaupt nicht zu Matt Turner passt. Mein Ex-Kollege fuhr immer nur die neuesten Modelle. Er ist ein Mann, der auf großem Fuß lebt.«
Ich fragte Alice Warner noch einige Details. Sie meinte, der Lincoln Town Car wäre dunkelblau oder schwarz gewesen. So genau hätte sie das bei dem starken Regen nicht sehen können. Mehr war aus ihr nicht herauszubekommen. Doch zum Abschied warf sie mir noch einen verheißungsvollen Blick zu.
»Sie können mich jederzeit noch einmal vernehmen, Agent Cotton. Ich will alles tun, um Ihnen bei der Lösung dieses Falles zu helfen.«
Ich gab ihr meine Visitenkarte, damit sie meine Kontaktdaten hatte. Phil machte seinem Unmut Luft, als wir wenig später wieder in meinem roten Flitzer saßen.
»Alice Warner will es Matt Turner einfach heimzahlen, dass er sie hat abblitzen lassen! Ich bezweifle, dass er wirklich homosexuell ist. Und ich glaube auch nicht, dass er in einem alten Town Car durch die Gegend fährt. – Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Zeugin gerne mit dir ausgehen will.«
»Bist du eifersüchtig oder neidisch, Phil?«
»Wie kommst du denn darauf? Ich bin doch mit der rothaarigen Mona verabredet. Außerdem ist diese eiskalte Bankerin überhaupt nicht mein Typ.«
Auch ich konnte nicht einschätzen, was von der Aussage zu halten war. Aber immerhin hatte diese Frau uns einige konkrete Hinweise gegeben.
»Wie auch immer – wir sollten Alice Warners Angaben auf jeden Fall nachgehen.«
***
Natürlich waren Matt Turners Konten und Kreditkarten von uns eingefroren worden, seit er untergetaucht war. Doch ich ging davon aus, dass er noch über größere Bargeldbeträge oder Kreditkarten unter falschem Namen verfügte.
Auf jeden Fall leitete ich die Angaben der Zeugin an das NYPD weiter. Ab sofort würde jede in New York City patrouillierende Streifenwagenbesatzung nach einem Lincoln Town Car mit Matt Turner am Steuer Ausschau halten.
Außerdem beauftragte ich noch unseren Computerspezialisten Alec Hanray mit der Suche. Der junge Kollege wollte einen Datenabgleich mit den zahllosen Überwachungskameras vornehmen, die es in unserer Stadt gibt.
Währenddessen blieben Phil und ich nicht untätig. Wir kontaktierten einige Informanten, die sich in der homosexuellen Szene gut auskannten. Doch keiner unserer V-Leute hatte Matt Turner bisher gesehen.
Natürlich war auch das Apartment des Verdächtigen schon durchsucht worden, nachdem er spurlos verschwunden war. Doch auch dort deutete nichts auf seine Vorliebe für Männer hin. Allerdings konnte es auch sein, dass Turner seine Neigung geheim hielt. Unsere Kollegen von der Scientific Research Division hatten ohnehin bemerkenswert wenig Persönliches gefunden. Das Apartment gehörte zu der Sorte, die man möbliert mieten kann.
Ob Alice Warner sich schlicht und einfach irrte? Oder lag Phil mit seiner Vermutung richtig, dass diese Frau nur aus gekränkter Eitelkeit ausgesagt hatte?
Während wir noch mit weiteren Informanten und Hinweisgebern sprachen, klingelte mein Handy. Ich nahm das Gespräch an.
»Agent Cotton hier.«
Unser Computerspezialist war am Apparat.
»Jerry, ich habe mich mit dem NYPD kurzgeschlossen und konnte die Daten der Verkehrsüberwachungskameras filtern. Ich habe den Wagen des Verdächtigen lokalisiert«, sagte Alec Hanray stolz.
Phil und ich waren gerade in der Bronx, wo wir mit einem Transvestiten gesprochen hatten, der sich Wilma nannte. Wilma war in der Vergangenheit ein zuverlässiger FBI-Informant gewesen und hatte mit Hinweisen auf Drogengeschäfte öfter sein beziehungsweise ihr Leben riskiert. Ich gab ihm ein Foto von Matt Turner und bat ihn, die Augen offenzuhalten.
»Wird gemacht, Agent Cotton«, versicherte Wilma. »Wenn so ein Sahneschnittchen wie dieser Matt Turner in meinem Dunstkreis auftaucht, werde ich ihn nicht übersehen.«
Phil und ich fuhren zur Federal Plaza zurück und trafen wenig später bei Alec Hanray ein. Er hatte bereits den passenden Ausschnitt des Überwachungsvideos vorbereitet.
»Die Kamera zeigt die Einfahrt eines bewachten Parkplatzes in der West 58th Street. Die Aufnahme ist um 11.08 Uhr entstanden, also vor ungefähr drei Stunden. – Achtung, jetzt steigt er aus.«
Der Computerspezialist zoomte das Bild näher heran, und nun erblickten wir wirklich einen Mann, der Matt Turner sein konnte. Leider ließ die Qualität des Videomaterials zu wünschen übrig.
»Besonders gut zu erkennen ist die Person aber nicht«, wandte Phil ein.
»Laut meiner neuesten Gesichtserkennungssoftware handelt es sich mit über neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit um Matt Turner«, erklärte Alec Hanray.
»Wenn das Auto noch dort steht, wird er sich in der Nähe aufhalten«, dachte ich laut nach. »Bei der beißenden Kälte und dem scharfen Wind wird der Verdächtige nicht weiter als nötig zu Fuß gehen.«
»Sollen wir den Block abriegeln lassen?«, fragte Phil. Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, wenn wir mit einem Großaufgebot anrücken, wird Matt Turner womöglich gewarnt. Zwei oder drei Teams sollten reichen, um im Nahbereich nach ihm zu fahnden.«
Ich kontaktierte den Chef, und John D. High gab uns June Clark, Blair Duvall, Steve Dillaggio und Zeery als Unterstützung mit.
***
Wir fuhren Richtung Central Park. Schnell stellten wir fest, dass der Lincoln Town Car noch auf dem bewachten Parkplatz stand. Das war ein gutes Zeichen, denn wahrscheinlich hielt sich der Verdächtige noch in der Nähe auf.
Der Parkplatzwärter war ein schwarzer Ex-Marine und machte einen glaubwürdigen und zuverlässigen Eindruck. Er schüttelte den Kopf, als ich ihm ein Foto von Matt Turner zeigte und meine Dienstmarke präsentierte.
»Sorry, Agent, aber das Gesicht sagt mir nichts. Zu meinen Dauerparkern gehört er nicht, die kenne ich alle persönlich. Wir haben hier ungefähr siebzig Prozent Laufkundschaft, die einen Parkplatz für ein paar Stunden oder einen Tag mieten.«
Ich dankte ihm und wandte mich an meine Kollegen.
»Hier in der unmittelbaren Umgebung befinden sich viele Hotels, wie ihr wisst. Dort sollten wir mit der Suche beginnen. June und Blair, nehmt ihr euch den Abschnitt Richtung Grand Army Plaza vor? Steve und Zeery und Phil und ich teilen uns dann die Blocks zwischen hier und dem Columbus Circle auf.«
»Da ist eine Menge Beinarbeit gefragt«, witzelte Blair Duvall. »Na ja, dann frieren wir wenigstens nicht so sehr bei der elenden Kälte.«
Wir konzentrierten uns zunächst auf ein Areal von circa zwei Quadratmeilen rund um den Parkplatz. Hier gab es viele Touristenhotels der mittleren Preisklasse.
In drei davon hatten wir kein Glück. Doch als ich in Brady’s Hotel einer Rezeptionslady Matt Turners Foto zeigte, hob sie ihre sorgfältig gezupften Augenbrauen und nickte eifrig.
»Ja, Agent, diesen Gentleman habe ich heute gesehen. Er wollte wissen, wo sich unsere Excelsior-Suite befindet. Dort hätte er eine Verabredung, wie er mir sagte.«
Mein Pulsschlag beschleunigte sich, und Phil ging es gewiss nicht anders.
»Wann war das?«, hakte ich nach.
»Vor zwei bis drei Stunden, so genau kann ich das nicht eingrenzen. Hier ist ja ziemlich viel zu tun, wie Sie sehen. Vorhin ist eine zwanzigköpfige Reisegruppe aus Frankreich eingetroffen, und die Herrschaften hatten viele Fragen.«
»Hat der Mann die Suite schon wieder verlassen?«
»Ich weiß es nicht. Gibt es Schwierigkeiten? Soll ich unsere hauseigene Security verständigen?«
Das verneinte ich, denn wir wollten die Verhaftung selbst vornehmen. Das war schließlich unser Job. Die Angestellte verriet uns noch, dass sich die Luxus-Suite im zehnten Stockwerk befand. Nun war schnelles Handeln gefragt. Wir eilten nach oben, wobei ich die Treppe und Phil den Lift nahm. Es wäre wirklich zu ärgerlich gewesen, wenn uns der Verdächtige in letzter Minute durch die Lappen gehen würde. Wir mussten ja damit rechnen, dass er sich noch vor Ort befand.
Vor der Tür der Hotel-Suite trafen mein Freund und ich uns wieder. Wir zogen unsere Pistolen. Da ertönte ein langgezogener Klagelaut aus dem Inneren. Es klang, als ob ein Mensch in Bedrängnis wäre.
Ich warf mich mit der Schulter gegen die Tür. Das Schloss splitterte aus der Verankerung. Phil und ich stürmten hinein, die Dienstwaffen im Anschlag.
»FBI! Keine Bewegung!«, rief ich. Wir drangen in die aus drei Räumen bestehende Suite vor, wobei wir uns gegenseitig Deckung gaben. Die Tür zwischen Schlaf- und Wohnraum war nur angelehnt. Im Schlafraum lag ein Mann inmitten einer Blutlache auf dem Boden. Er war ein Schwarzer in einem eleganten Anzug, sein Gesicht hatte ich noch nie zuvor gesehen. Für ihn kam jede Hilfe zu spät.
Im Wohnsalon kauerte Matt Turner auf dem Boden. Er hielt ein blutiges Messer in der Hand und gab unzusammenhängende Laute von sich. Er schien Schmerzen zu haben, von ihm stammten offenbar auch die Klagelaute, die wir schon zuvor gehört hatten. Es war offensichtlich, dass er unter Drogeneinfluss stand.
Ich entwaffnete ihn und sprach ihn an, bekam aber keine brauchbare Antwort. Phil hatte inzwischen das Bad und den Rest der Suite gecheckt, aber keine weiteren Personen bemerkt. Mein Partner rief bereits per Handy einen Krankenwagen für Matt Turner.
Wir hatten unseren Verdächtigen gefunden. Aber jetzt erwartete ihn nicht nur eine Anklage wegen Betrugs und Urkundenfälschung, sondern auch wegen Mordes.
Bevor wir Turner den Sanitätern und dem Notarzt übergaben, durchsuchten wir ihn noch gründlich. Er hatte aber keine Waffen oder gefährlichen Gegenstände bei sich, dafür aber ein Prepaid-Handy, die Zündschlüssel zu dem Lincoln Town Car, einen falschen New Yorker Führerschein auf den Namen Thomas West sowie einen Zimmerschlüssel von der Sorte, wie sie von billigen Motels benutzt werden.
Der Verdächtige würde uns viele Fragen beantworten müssen, aber dafür musste er zunächst vernehmungsfähig werden.
»Der Mann ist berauscht, vermutlich von Chemie-Drogen«, stellte der Notarzt fest. »Wir schaffen ihn zur Entgiftung in die Krankenabteilung von Rikers.«
»Ich fahre mit«, bot Phil an, »falls er unterwegs einen Koller bekommt.«
Ich nickte. Momentan wirkte Matt Turner zwar lethargisch und schlaff. Aber ich wusste aus Erfahrung, dass bei Tätern unter Drogeneinfluss die Stimmung plötzlich umschlagen konnte. Schließlich mussten wir davon ausgehen, dass Turner an dem Tag bereits einen Mord begangen hatte.
***
Natürlich hatten wir auch die Kollegen von der SRD sowie einen Gerichtsmediziner und die Leute des Coroners verständigt. Sie trafen ein, während Matt Turner auf einer Liege festgeschnallt abtransportiert wurde.
Ich rief June, Blair, Steve und Zeery zur Unterstützung, denn die Suche nach dem Verdächtigen hatte sich ja nun erledigt. Außerdem nahm ich noch einmal Kontakt mit der Rezeption auf. Nun wollte ich doch mit der Hotel-Security sprechen. Womöglich gab es weitere Hinweise, die wir bisher übersehen hatten.
Zum Glück trafen unsere Kollegen im Handumdrehen ein. Es gab nämlich genug zu tun. Während der Pathologe Doc Hawkins mit der Untersuchung des Opfers begann, wandte ich mich an June und ihren afroamerikanischen Dienstpartner.