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Zeit: 1436 bis 1452 n. Chr. Der siebzehnjährige, elternlose Johannes lernt auf seinen Wanderungen durch Frankreich und Burgund eine reiche Gönnerin kennen, die ihm eine Stelle als Schreiber auf dem Konzil zu Basel verschafft, wo er Nikolaus Cusanus kennenlernt, einen der wichtigsten Philosophen und Theologen seiner Zeit. Zusammen mit ihm begibt er sich nach Konstantinopel, wo Vorverhandlungen über eine Wiedervereinigung der römischen und der byzantinischen Kirche stattfinden sollen. Johannes erlebt in Konstantinopel seine erste Liebe, bekommt aber auch die Abneigung vieler Byzantiner gegen die verhassten "Lateiner" zu spüren. Schließlich führt ihn sein Lebensweg über das Unionkonzil in Ferrara zur Teilnahme an der Schlacht bei Warna in Bulgarien, wo das westliche Kreuzzugheer von den Osmanen vernichtend geschlagen wird. Dabei gerät Johannes in Gefangenschaft und wird Sklave am Hof des Sultans, wo er den jungen Sultanssohn Mehmed kennenlernt, den späteren Eroberer Konstantinopels ...
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Seitenzahl: 864
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Mika Waltari
Johannes Peregrinus
Kuebler Verlag
Das Buch
Zeit: 1436 bis 1452 n. Chr.
Der siebzehnjährige, elternlose Johannes lernt auf seinen Wanderungen durch Frankreich und Burgund eine reiche Gönnerin kennen, die ihm eine Stelle als Schreiber auf dem Konzil zu Basel verschafft, wo er Nikolaus Cusanus kennenlernt, einen der wichtigsten Philosophen und Theologen seiner Zeit. Zusammen mit ihm begibt er sich nach Konstantinopel, wo Vorverhandlungen über eine Wiedervereinigung der römischen und der byzantinischen Kirche stattfinden sollen. Johannes erlebt in Konstantinopel seine erste Liebe, bekommt aber auch die Abneigung vieler Byzantiner gegen die verhassten „Lateiner“ zu spüren. Schließlich führt ihn sein Lebensweg über das Unionkonzil in Ferrara zur Teilnahme an der Schlacht bei Warna in Bulgarien, wo das westliche Kreuzzugheer von den Osmanen vernichtend geschlagen wird. Dabei gerät Johannes in Gefangenschaft und wird Sklave am Hof des Sultans, wo er den jungen Sultanssohn Mehmed kennenlernt, den späteren Eroberer Konstantinopels ...
Der Autor
Mika Waltari (1908 –1979) gehörte zu den produktivsten finnischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er ist in seiner finnischen Heimat nach wie vor äußerst populär und hat dort den Status eines modernen Klassikers. Sein Werk umfasst rund hundert Titel, darunter Romane, Erzählungen, Theaterstücke, Reiseberichte, Drehbücher und Hörspiele. Im Ausland wurde er besonders durch seine historischen Romane bekannt, denen oftmals der Sprung auf die Bestsellerlisten gelang (Sinuhe der Ägypter, Michael der Finne, Michael Hakim, Johannes Angelos, Turms der Unsterbliche, Minutus der Römerund andere). Sie zeichnen sich sämtlich durch sorgfältige Recherche aus und schildern auf packende Weise menschliche Schicksale in verschiedenen Epochen.
Der Herausgeber
Die Reihe „Mika Waltaris historische Romane“, in deren Rahmen Johannes Peregrinus erscheint, wird von Andreas Ludden betreut und herausgegeben. Der Herausgeber, der die Romane auch teilweise neu übersetzt hat, gilt als Kenner der Werke Waltaris und lehrt Finnisch am Baltischen Institut der Universität Münster.
Mika Waltari
Johannes Peregrinus
Historischer Roman
Ungekürzte Übersetzung aus dem Finnischen von Andreas Ludden
Mehr Informationen zu diesem Buch und zum Verlagsprogramm
www.kueblerverlag.de
Impressum
Deutsche Erstausgabe
Copyright © 2013 by Kuebler Verlag, Lampertheim
Finnischer Originaltitel:Nuori Johannes,
Erstveröffentlichung 1981 durch WSOY
(Werner Söderström Oy), Helsinki, Finnland
© The Estate of Mika Waltari and WSOY
Aus dem Finnische übersetzt von Andreas Ludden
Herausgeber der Reihe „Mika Waltari“: Andreas Ludden
Umschlaggestaltung: Daniela Hertel, Grafissimo!,
unter Verwendung eines Freskos von Benotto Gozzoli (1420-1497)
Druck: CPI books GmbH, Leck
ISBN Buchausgabe: 978-3-86346-069-3
ISBN Digitalbuch: 978-3-86346-183-6
Die Übersetzung wurde gefördert von
FILI – Finnish Literature Exchange, Helsinki
Kapitel I
Nach meiner Flucht durchwanderte ich Frankreich und Burgund, bis ich an den Rhein kam. Die Heumahd war beendet, auf den Feldern schnitten schwitzende Männer mit der Sichel das Korn. Wegen der Hitze waren sie nur mit zerlöcherten Hemden bekleidet. Die Frauen schoren Schafe. Ich wanderte im Zeichen des Löwen.
In den dunkelsten Stunden der Nacht hatte ich an der Friedhofsmauer einer Stadt geschlafen. Der Gesang einer Nachtigall in den alten Bäumen klang in meine Träume herüber. Bei Sonnenaufgang begannen die Hähne zu krähen. Ich erwachte, und als erstes fiel mein Blick im roten Licht des Morgens auf die Bilder vom Tod an der Friedhofsmauer: ein tanzendes Skelett, das einen Bischof mit sich geleitete.
Als ich meine Wanderung gen Süden zu den Bergen wiederaufnahm, sah ich in jedem Menschen, dem ich begegnete, den Schatten des Todes. Durch den Leib des Kornschnitters hindurch schimmerten die Umrisse eines Skelettes. Gelb grinste mich der Totenschädel aus dem rosigen Lächeln einer Frau an. Der Tod war Spielkamerad bei den Kindern am Bach. Jedermann, jeglicher Mensch, dem ich begegnete, würde dereinst sterben. Der Tod ist des Menschen einziger bedingungsloser Herr. Auch die Bauwerke, selbst die gewaltigsten, würden altern, um einmal einzustürzen. Das lächelnde Leben des Sommers, das mich umgab, war in der Umarmung der Zeit ein ebenso vergängliches Trugbild wie mein unruhiger nächtlicher Traum, den der Gesang der Nachtigall begleitete.
Ich wanderte in einer Welt der Vergänglichkeit. Siebzehn Jahre war ich alt. Ich war frei und sehr glücklich. Ich sang auf meiner Wanderung.
Eines Mittags kam ich, ohne es zu ahnen, zur Quelle der Jugend. An der Umzäunung blieb ich stehen, um einen Blick darauf zu werfen, denn niemand jagte mich fort. Ich sah mehrere schöne Pferde, die man aus ihren Wagen ausgespannt und zum Grasen auf eine Wiese gelassen hatte. Die Dienerschaft hatte Umkleidezelte aufgeschlagen und Tische mit Speisen gedeckt. Schon von weitem waren fröhliches Getrommel und Hornblasen zu hören, denn am Bassin wurde musiziert. In die Musik mischten sich die Rufe und das Gelächter der Badenden.
Das Badebecken war groß und geräumig, sein Rand war mit behauenen Steinen ausgelegt. Dutzende von Menschen hatten darin Platz, und in seiner Mitte befand sich ein Springbrunnen. Auf meiner Wanderung hatte ich viele Bäder gesehen, in denen Alte, Gebrechliche und Lahme in heißen Lehmbädern und wundertätigem Wasser Linderung ihrer Beschwerden suchten. Aber bei der Quelle der Jugend sah ich sofort, dass sie nicht für Kranke bestimmt war, sondern hier war ein Ort sommerlicher Lustbarkeiten, ein Ort für Menschen von Adel und Reichtum. Verzärtelte Hunde sprangen überall umher, Vögel mit farbenprächtigem Gefieder saßen in vergoldeten Käfigen, die an Stangen aufgehängt waren, und einige Gaukler unterhielten die Badenden am Beckenrand.
Auch waren die Badenden nicht alt und hässlich, sondern Männer im besten Alter sowie Frauen, die sich ihrer runden Brüste und weißen Körper nicht zu schämen brauchten. Die Männer stellten übermütig den Frauen nach, die taten, als wollten sie deren schamlosen Händen ausweichen, und die ihre vom Wein geröteten Gesichter mit Wasser bespritzten. Einige hatten sich um die im Wasser schaukelnden Tische versammelt, welche allerlei Speisen, Früchte und Wein trugen. Andere waren mit Würfelspielen beschäftigt, und die Frauen kreischten vor Freude, wenn ihnen ein hoher Wurf geglückt war. Die meisten Männer hatten sich aus Gründen der Schicklichkeit ihre Kleidung um die Lenden geschlungen, aber vielen Frauen, besonders den jüngeren und schöneren, dienten die Haare als einziger Schleier. Das war zu sehen, wenn sie zuweilen gemächlich aus dem trüben Wasser stiegen und sich aus irgendeinem Grunde in ihre mit Samtstoffen verhängten Umkleidezelte begaben.
Das Schimmern der nackten Glieder im Wasser, die Äußerungen von Genuss und Lebensfreude im Verbund mit dem Klang der Trommeln und Hörner hatte etwas so Heidnisches an sich, dass ich glaubte, ich sähe Nymphen und Satyren beim Bade zu. Doch ich ließ mich dazu hinreißen, dem Bild, das sich mir in den goldenen Strahlen der Sonne darbot, einige Zeitlang zuzusehen, da ich unter belaubten Bäumen geschützt war, auch wenn ich die ganze Zeit fürchtete, aufgebrachte Diener würden erscheinen und mich vertreiben, falls ich zu lange bliebe. Aber ich war meiner Wanderung überdrüssig geworden und dachte nicht mehr an den Tod. Bald war meine Aufmerksamkeit durch eine Frau gefesselt, die sich, bis zu den Hüften im Wasser stehend oder kniend, mit den Ellenbogen über den Beckenrand lehnte und aufmerksam in einem Buch las, ohne sich an den ausgelassenen Spielen der anderen zu beteiligen.
Ihr dem Buch zugewandtes Antlitz war schön und stolz. Ganz jung war sie nicht mehr, das sah man an ihren fülligen Schultern und den Umrissen der Hüfte, um die herum ihr blondes Haar in nassen Strähnen wie ein schützender Schleier herabfiel. Um den Hals trug sie ein schmales Perlenband, so als könnte sie sich nicht mal während des Bades von ihrem nichtigen Tand trennen. Einmal trat ein muskulöser Mann mit schwarzen Augen hinter sie und schmiegte sich an ihren Rücken, wobei er so tat, als läse er, über ihre Schultern gebeugt, gleichfalls in dem Buch, fasste ihr dann aber unter den Achseln hindurch und tätschelte mit den Fingerspitzen ihre Brüste. Ohne auch nur den Kopf zu wenden, griff sie nach seiner Hand und schob sie gleichgültig fort, so als wären ihr seine Annäherungsversuche nicht der geringsten Beachtung wert. Der Mann zog sich beschämt vom Beckenrand zurück, während sie weiterlas und die Lippen lautlos mit den Worten bewegte.
Es war wohl eine sehr schöne Frau, zumindest in den Augen eines reifen Mannes, aber ich betrachtete nicht ihre Schönheit. Voller Neugier und Verlangen sah ich nur auf das Buch, dessen prachtvoll verzierte Seiten ihre schmalen Finger gerade zerstreut umblätterten. Ich versuchte zu erraten, um welches Buch es sich wohl handeln könnte. In einem Gebetbuch würde eine Frau wie sie an dieser Quelle der Lebensfreude sicherlich nicht blättern. Philosophische Bücher gingen, wie ich dachte, bestimmt über ihren Verstand. Es war auch schwer vorstellbar, dass sie Latein konnte. Deshalb kam ich schließlich zu dem Schluss, dass es sich um eine der wertlosen Liebesgeschichten in der Volkssprache handeln musste, welche die Ärzte bejahrten Männern zur Aufstachelung ihrer versiegenden Manneskraft zu empfehlen pflegten.
Aber es war trotz allem ein Buch. Viele Wochen lang hatte ich nichts gelesen, denn um überhaupt flüchten zu können, musste ich die wenigen billigen Bücher verkaufen, die ich mir selber auf Papierresten abgeschrieben und dann in Leder gebunden hatte. Auf meiner Wanderung hatte ich mich damit zufriedengeben müssen, mir das, was ich auswendig konnte, in Gedanken aufzusagen und Inhalte, deren Formulierungen mir entfallen waren, in neue Worte zu kleiden. Mich hungerte, aber mehr als all die verlockenden Speisen, welche die Diener an mir vorbei ans Becken trugen, gierte ich nach dem Buch, in dem die füllige nackte Frau am Rand des Beckens las. Deshalb starrte ich hinter der Umzäunung nur darauf und vergaß alles andere.
Die Frau musste meinen starren Blick gespürt haben, denn plötzlich hob sie den Blick vom Buch und sah mich geradewegs an. In ihren Augen lag unverhohlene Neugier. Sie waren dunkelblau und standen weit voneinander ab, was ihr ein nachdenkliches Aussehen verlieh. Im selben Augenblick schlang einer der Männer, der sich hinter ihr vergnügt hatte, seinen Arm um eine vor ihm fliehende Frau, und beide, ineinander verschlungen, ließen sich ins Wasser fallen, so dass eine große Welle über den Rand schwappte und die Seiten des Buches benetzte. Instinktiv ließ ich mich zu einer verzweifelten Geste hinreißen, so als könnte ich noch Schaden abwenden, obwohl es zu spät war, und schrie vor Schrecken auf. Die Frau sah immer noch zu mir herüber, wich dem im Wasser raufenden und kreischenden Paar aus, griff nach dem Buch und schüttelte es achtlos hin und her, um es zu trocknen. Plötzlich lächelte sie, und ich war so verblüfft, dass ich einen Blick hinter mich warf, ehe mir klar wurde, dass ich es war, der sie zulächelte.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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