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Ein Roman, spannend und phantastisch wie die Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Der Leser wird ins 16. Jahrhundert zurückversetzt. Christen und Mohammedaner ringen in Europa und dem Nahen Osten um die Vorherrschaft. Wien, Konstantinopel, Aleppo und Bagdad erstehen in ihrer Pracht, Leichtlebigkeit und Verderbtheit. Der Autor schickt seine beiden Helden in einen ihnen bisher fremden Kulturkreis, in die islamische Welt Nordafrikas und nach Istanbul, der Hauptstadt des Osmanischen Reiches, das damals unter Sultan Süleyman I., »dem Prächtigen«, seine größte Ausdehnung und Blütezeit erlebte. Michael und Antti wollen von Venedig aus zu einer Pilgerfahrt ins Heilige Land aufbrechen. Das Pilgerschiff wird von islamischen Piraten gekapert und die beiden Protagonisten entgehen dem Tod nur dadurch, dass sie ihrer christlichen Religion abschwören und den Islam annehmen. Nun beginnen ihre Abenteuer in der islamischen Welt. Beide, sowohl Michael als auch Antti, steigen, obwohl nominell Sklaven, letzten Endes in hohe und geachtete Stellungen auf. Wie die beiden Helden in die ihnen anfangs völlig fremde Kultur und Religion hineinwachsen, ist eines der großen Themen dieses Romans. Michael leidet zunächst unter schlimmen Gewissensqualen - schließlich hatte er einst davon geträumt, eine Laufbahn als Geistlicher der allein seligmachenden Kirche einzuschlagen! Doch mit dem ihm eigenen Wissensdurst eignet er sich schnell die arabische und die türkische Sprache an und macht sich mit dem Inhalt des Korans sowie der islamischen Glaubenspraxis vertraut. Immer wieder stellt er verwundert fest, welch Unterschied zwischen dem Osmanischen Reich und den christlichen Ländern Europas besteht, werden in den letzteren doch blutige Glaubenskriege ausgetragen, und erst recht ist unter den Christen und ihren Fürsten kaum eine Spur von religiöser Toleranz zu finden.
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Seitenzahl: 2119
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Mika Waltari
Michael el-Hakim
Kuebler Verlag
DER AUTOR
Mika Waltari (1908–1979) gehörte zu den produktivsten finnischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er ist in seiner finnischen Heimat nach wie vor äußerst populär und hat dort den Status eines modernen Klassikers. Sein Werk umfasst rund hundert Titel, darunter Romane, Erzählungen, Theaterstücke, Reiseberichte, Drehbücher und Hörspiele. Im Ausland wurde er besonders durch seine historischen Romane bekannt, denen oftmals der Sprung auf die Bestsellerlisten gelang (Sinuhe der Ägypter,Michael der Finne,Michael el-Hakim,Johannes Angelos,Turms der Unsterbliche,Minutus der Römerund andere). Sie zeichnen sich sämtlich durch sorgfältige Recherche aus und schildern auf packende Weise menschliche Schicksale in verschiedenen Epochen.
DER ROMAN
Michael und sein Ziehbruder Antti werden auf der Überfahrt von Venedig ins Heilige Land von muslimischen Piraten gefangengenommen. Um dem Märtyrertod zu entgehen, nehmen sie den Islam an. Das bedeutet für die beiden, sich nun in eine völlig fremde Welt einleben zu müssen. Als Sklaven des Gewürzhändlers Abu el-Kasim werden sie in den Sturz des grausamen Sultans von Algier verwickelt und kommen dann nach Istanbul, in die Hauptstadt des Osmanischen Reiches, das unter Sultan Süleyman I. gerade seine Blütezeit erlebt. Nach seiner Heirat mit der zwielichtigen Giulia, die er auf dem Pilgerschiff kennenlernt hat, steigt Michael allmählich zum Vertrauten des mächtigen Großwesirs Ibrahim auf, eines Jugendfreundes des Sultans. Der Großwesir befindet sich in einem ständigen Kleinkrieg mit Roxelane, der Lieblingsfrau Sultan Süleymans. Michaels Frau Giulia steht auf der Seite Roxelanes, Michael hingegen hält bis zuletzt zu Ibrahim. Wer wird als Sieger aus diesen Intrigen hervorgehen?
Wer den Abenteuer- und SchelmenromanMichael der Finnegelesen hat, erfährt inMichael el-Hakim, wie die Geschichte von Michael und Antti weitergeht, diesmal im Orient, wo sich die beiden Protagonisten neuen und unerwarteten Herausforderungen stellen müssen.
DER HERAUSGEBER
Die Reihe „Mika Waltaris historische Romane“ wird von Andreas Ludden betreut und herausgegeben, der die Romane auch teilweise neu übersetzt hat. Er gilt als Kenner der Werke Waltaris und lehrt Finnisch am Baltischen Institut der Universität Münster.
Mika Waltari
Michael el-Hakim,
der Renegat des Sultans
Zehn Bücher über das Leben des Michael Carvajal,
genannt: Michael el-Hakim,
in den Jahren 1527 bis 1538,
nachdem er den einzigen Gott bezeugt
und sich in den Dienst der Hohen Pforte begeben hat.
Ungekürzte Übersetzung aus dem Finnischen
von Andreas Ludden
Mehr Informationen:www.kueblerverlag.de
Impressum
1. Auflage
Copyright © 2015 by Kuebler Verlag GmbH, Lampertheim
Erstveröffentlichung © The Estate of Mika Waltari and WSOY, Original title „Mikael Hakim: kymmenen kirjaa Mikael Carvajalin eli Mikael el-Hakimin elämästä vuosina 1527–38 hänen tunnustettuaan ainoan Jumalan ja antauduttuaan Korkean portin palvelukseen.“
First published in Finnish by WSOY in 1949, Helsinki, Finland
Übersetzt nach der 13. Auflage 1995 (ISBN 951-0-20747-0)
Aus dem Finnischen übersetzt von Andreas Ludden
Herausgeber der Reihe „Mika Waltari“: Andreas Ludden
Umschlaggestaltung: Daniela Hertel, Grafissimo!
unter Verwendung des Gemäldes
„Mann mit Handschuh“ von Tizian (1489-1576)
ISBN Buchausgabe: 978-3-86346-074-7
ISBN Digitalbuch:978-3-86346-247-5
Die Übersetzung wurde gefördert von
FILI – Finnish Literature Exchange, Helsinki
ERSTES BUCH – MICHAEL DER PILGER
Hat man erst einmal seine Entscheidung getroffen, dann beruhigt sich das Gemüt, und man fühlt sich auf erstaunliche Weise frei von allen Sorgen und Kümmernissen. Als ich Rom und der ganzen Christenheit den Rücken kehrte, um mit meinem Bruder Antti ins Heilige Land zu pilgern und dort Sühne für meine Sünden zu leisten, fühlte ich mich wie ein vom Teufel gegerbtes Stück Leder, das nicht einmal die bittersten Tränen der Demut und Reue weich machen konnten. Kaum aber hatte mir frischer Seewind Roms Todesdunst aus der Nase geblasen, fühlte ich mich schon sehr viel besser mit dem festen Schiffsdeck unter meinen Füßen und in dem sicheren Wissen, nun bald nach Venedig zu gelangen, um von dort aus meine Fahrt ins Heilige Land anzutreten.
»Antti, Bruderherz«, sagte ich erleichtert, »unsere Sünden sind gewiss so dunkelrot wie geronnenes Blut, aber trotzdem sind wir wohl nicht die größten Sünder auf dieser Welt, wie es noch vor Kurzem erschien, als mir das Herz brach, sondern unsere Sünden werden von Zehntausenden Männern geteilt. Eigentlich dünkt mich der Kaiser derjenige, der die Hauptschuld an allem trägt, was geschehen ist. Er hat wahrlich breite Schultern nötig, um den Zorn Gottes darauf tragen zu können. Wir sollten aber nicht an Gott verzweifeln, denn er hat ja wohl seine eigenen Absichten verfolgt, als er uns gestattete, Rom zu zerstören und Papst Clemens, der zweifellos nicht zum Bewahrer der Schlüssel Petri taugte, von seinem Thron zu stoßen. Auch scheint mir die Tatsache, dass ich von der Pest genesen bin, ein sicheres Anzeichen dafür zu sein, dass ich in Gottes Augen durchaus nicht der größte Sünder bin.«
Doch Antti hielt sich den Kopf zwischen den Händen, seufzte schwer und sagte: »Michael, Bruderherz, sprich mir nicht von schwierigen und verwickelten Dingen, die den Doktoren des römischen und kanonischen Rechts bis ans Ende der Welt mehr als genug zu brüten aufgeben. Mein Magen gibt mir nämlich deutlich genug zu verstehen, dass ich unter allen Menschen der Elendste und Erbärmlichste bin. Wenn ich mich über etwas wundere, dann darüber, warum Gott sich die Mühe gemacht hat, so ein armseliges Wesen wie mich auf die Welt kommen zu lassen. Mein Magen windet sich in Krämpfen und ist nicht gewillt, gutes Essen bei sich zu behalten. Meine Zunge ist schwarz angelaufen, und ich stinke wie ein Stück Aas. Dazu noch spazieren zahllose Läuse auf meinem Leib herum, und hinter den Masten lugen graue Männlein hervor, die mich anstarren. Wahrlich, wir haben Rom keinen Augenblick zu früh verlassen. Für diesen guten Einfall segne ich dich, auch wenn mir scheint, dass ich jetzt sterben muss.«
Ich war so von meinem eigenen Elend niedergedrückt, dass ich nicht weiter auf Antti geachtet hatte. Jetzt erst bemerkte ich, dass sein Gesicht grau war und ihm die Hände zitterten, als er das Brot im Munde hin und her wälzte, ohne es hinunterschlucken zu können. Mich ergriff schreckliche Furcht, dass er an der Pest erkrankt sein konnte. Wenn auf dem Schiff aber die Pest ausgebrochen war, würde man uns die Einfahrt nach Venedig verwehren; wir wären den Unbilden des Meeres ausgesetzt, und unsere Reise würde sich vielleicht endlos dahinziehen. Deshalb forderte ich Antti auf, er solle sich zusammennehmen, damit niemand merkte, dass er krank war. Doch er hörte nicht auf mich. Er ließ das Brot einfach fallen und trat mit schwankenden Schritten an die Reling, was die Seeleute sehr erheiterte. Sie fanden es nämlich äußerst lustig, wenn so ein kräftiger Mann wie Antti seekrank wurde.
Schließlich kam er wieder zu mir zurück, lächelte traurig und sagte: »Hab keine Angst, Michael, dies ist weder die Pest noch die Seekrankheit, sondern es ist Gottes Strafe für das gottlose Leben, das ich in Rom zugebracht habe. Seit fünf Wochen habe ich keinen klaren Morgen, Tag oder Abend mehr erlebt, sondern ich habe mein ganzes Geld für unseligen Wein vergeudet, für den die Händler so hohe Wucherpreise verlangten, als wären sie vom Teufel besessen. Ich könnte jetzt noch weinen, wenn ich daran denke. Den Todesstoß aber versetzte mir das Fass Muskatellerwein, auf das ich im Keller eines brennenden Hauses stieß, und das ich vor meinen Kameraden geheim hielt.«
Kaum hatte er das Wort »Muskateller« ausgesprochen, da verschwand von Neuem jede Farbe aus seinem Gesicht; er hielt sich die Hand vor den Mund und schwankte zur Reling, um sich zu übergeben. Dann kam er wieder zurück und fuhr tapfer fort:
»Michael, es tut mir nicht leid um das vergeudete Geld, obwohl ich in diesen Wochen so viel Gold den Hals hinuntergespült habe, dass ich mir anderswo auf der Welt ein großes Landgut samt Viehherden dafür hätte kaufen können, um mit diesem Vermögen bis zu meinem Tode ein frommes und nützliches Leben zu verbringen. Auch will ich nicht die vielen Gewalttaten gegen unschuldige Bürger Roms beklagen, zu denen ich mich, vom Wein benebelt oder von meinen Kameraden aufgestachelt, habe hinreißen lassen, ganz zu schweigen von den Spaniern, denen ich einfach einen Schlag ins Gesicht versetzen musste, wo immer ich auf sie traf, weil sie die Frechheit hatten, uns nach dem Leben zu trachten. Sondern ich bin bekümmert, weil ich so wenig Verstand besessen habe, denn offen gesagt findet sich in meinem ganzen Kopf kein klarer Gedanke mehr.«
Da ich nun sah, in welch elendem Zustand sich Antti befand, bekam ich Mitleid mit ihm, denn die wirren Blicke aus seinen weit aufgerissenen Augen zeigten mir, dass er nicht mehr bei vollem Verstande war. Offen gesagt hatte ich Angst um ihn, weil ich an das biblische Wort denken musste, dass dem, der da hat, gegeben werde, und dem, der nicht hat, auch noch das Wenige genommen werde. Und was Anttis Verstand betraf, so hatte er nicht viel zu verlieren. Deshalb tadelte ich ihn streng und erinnerte ihn an alle seinen guten Vorsätze, die er einen nach dem anderen immer wieder unbekümmert gebrochen hatte. Verschüchtert antwortete er darauf:
»Tadle mich jetzt nicht, Michael, sondern heb dir deinen Tadel lieber für einen besseren Zeitpunkt auf, denn der Tadelteufel hat sich gerade eben in mich hereingeschlichen, als ich aus Versehen den Mund allzu weit geöffnet hielt. Jetzt wühlt er sich durch meine Eingeweide und peitscht mir immer wieder mal mit seinem haarigen Schwanz hoch bis in die Kehle, sodass ich fürchten muss zu ersticken. Um Christi Liebe willen, Michael, hab Erbarmen mit mir! Lass mich wenigstens einmal kurz an deinem Becher nippen, denn dieser helle rote Tafelwein kann mir kaum mehr schaden, als ich mir selbst an Leib und Seele schon Schaden zugefügt habe. Es soll auch das letzte Mal sein, und möge mich Gottes furchtbarste Strafe treffen, samt der Verachtung seitens aller guten Menschen, wenn ich diesen meinen Vorsatz verletze, der da lautet, nach diesem letzten Schluck keinen Tropfen Wein mehr über meine Lippen zu lassen. Gerade was den Muskatellerwein betrifft, will ich den heiligsten Eid schwören, dass, wenn ich noch einmal davon koste, ich hingehen und mich mit eigenen Händen aufhängen werde.«
Nachdem ich Antti ernsthaft verwarnt hatte, seinen Schwur auch ja zu halten, ließ ich ihn ein paar Schlucke tun und ließ ihn dann zur Ader, wobei ich ihm so viel Blut abzapfte, dass mir selbst dabei angst und bange wurde. Außerdem verabreichte ich ihm noch zwei Laudanumklöße, die ich bei mir verwahrt hatte, seitdem Doktor Paracelsus sie mir geschenkt hatte, als ich die Stadt Basel verließ, um in kaiserliche Dienste zu treten und gegen den Papst zu marschieren. Dadurch fiel er in einen tiefen Schlaf. Er schlief zwei Tage und zwei Nächte lang, wobei er schlafwandelte und sogar ins Meer gesprungen wäre, hätte ich ihn nicht schließlich an die Schlafbank gefesselt. Endlich wachte er auf und war bleich und schweigsam, als er eine Schale Fleischsuppe zu sich nahm. Wir segelten gerade im Gegenwind durch die Meerenge von Messina, als ein ungläubiger Rudersklave vor Erschöpfung Blut zu spucken begann, sodass der Aufseher über die Ruderer gezwungen war, ihn von seinen Ketten zu lösen und ins Meer zu werfen. Antti, der dies gesehen hatte, setzte sich aus eigenen freien Stücken auf die Ruderbank zu den stinkenden Sklaven und wurde ganz allein mit einem Ruder fertig, das sonst von drei oder vier Sklaven bewegt werden musste.
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