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Mit weiten Schritten erkundete der Dämon das Gebäude. Ein knurrender Laut drang aus seinem Maul. Die Zähne waren innerhalb der letzten Minuten stetig gewachsen und traten jetzt sehr viel deutlicher hervor.
Der Dämon durchquerte Wände und einen Flur. Dann war er am Ziel. Das spürte er sehr deutlich. Er hob den Kopf wie ein wildes Tier, das Witterung aufnahm.
Ja, hier bist du, John Sinclair, dachte er. Dein letzter Atemzug ist gekommen!
Und er spürte noch etwas anderes. Die kraftvolle Präsenz eines magischen Artefakts, das er unbedingt in seinen Besitz bringen musste. Mochte es kosten, was es wollte!
Das Schwert des Salomo wird bald mir gehören, dachte er. Die Zeiten, da es nur für den Sohn des Lichts bestimmt war, sind vorbei. Endgültig ...
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Seitenzahl: 136
Cover
Impressum
Dämon der Schwerter
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock/quadshock
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-3656-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Dämon der Schwerter
von Alfred Bekker
Mitternacht in London
Eine graue, schemenhafte Gestalt lief über das Dach eines mehrstöckigen Hauses.
Das fahle Mondlicht spiegelte sich in der langen, breiten Klinge, die das Wesen mit übermenschlicher Leichtigkeit durch die Luft schwang. Ein geradezu monströs groß wirkendes Schwert, das in einem eklatanten Missverhältnis zu der schmächtig wirkenden Gestalt stand.
Unten, in den engen Straßen, waberte dichter Nebel, der von der Themse heraufgequollen war.
Mit einem Sprung überwand die graue Gestalt die zweispurige Straße und landete mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit auf dem Dach des gegenüberliegenden Gebäudes. Die Klinge leuchtete dabei bläulich auf. Das Wesen verharrte kurz und wandte den Kopf. Die Augen glühten rot.
Erwarte mich, John Sinclair!, dachte das Wesen. Denn ich bin der Dämon, der dich tötet!
Der Dämon hob den Kopf, fast wie ein Raubtier, das Witterung aufnahm. Seine magischen Sinne waren auf das Höchste sensibilisiert. Die Augen glühten pulsierend auf, und aus dem bis dahin formlosen Kopf bildete sich ein tierhaftes Maul. Meine Zeit wird kommen, dachte der Dämon. All die Seelenkraft in mir … Sie wird sich entfalten, wenn der Moment gekommen ist, den ich so sehr erwarte!
Ein Laut, der wie ein heiseres Atmen klang, entrang sich dem Maul des Dämons, in dem sich jetzt Zähne gebildet hatten. Aber in Wahrheit atmete der Dämon gar nicht. Das brauchte er nicht, denn seine äußere Erscheinung hatte nur eine ganz oberflächliche Ähnlichkeit mit einem menschlichen Körper. Der Dämon sog feinste Quanten übersinnlicher Energie in sich auf, die seine magischen Sinne zu erfassen vermochten.
So viel Leben war hier in der Stadt auf so engem Raum gebündelt, dass die Sinne des Dämons dadurch beinahe schon überreizt waren. All diese Eindrücke waren schwer erträglich.
Es ist so lange her, dachte der Dämon. So lange … so viel Zeit ist vergangen, seit ich ein anderer wurde …
Der Hunger nach der mentalen Lebensenergie all dieser Menschen betäubte ihn geradezu für einige Augenblicke. Dazu all die anderen Kreaturen. Katzen, Hunde, Ratten … Nicht jede Art von Lebenskraft war für den Dämon gleich wertvoll.
Er stand einen Augenblick lang wie erstarrt da. Die starke Neigung des Dachs schien ihm überhaupt nichts auszumachen. In einiger Entfernung von ihm saß eine Krähe und krächzte.
Hunger!,dachte der Dämon. Lebenskraft! Die Energie des Lebendigen! Man kann nie genug davon bekommen. Gerade dann, wenn einem eine so wichtige Prüfung bevorsteht.
Die graue Gestalt des Dämons schnellte blitzschnell vor. So schnell, dass ein menschliches Auge kaum in der Lage gewesen wäre, dieser Bewegung zu folgen.
Und dasselbe galt ebenso für das viel leistungsfähigere Augenpaar der Krähe. Die Spitze des Schwertes durchbohrte das Tier zielsicher und spießte es auf. Ein zischender Laut war zu hören. Blauer Schimmer umwaberte die Klinge des Schwertes und den Körper der Krähe. Ein letztes Krächzen war zu hören.
Dann nahm der bläuliche Schimmer plötzlich ab. Der Dämon streifte mit seiner sechsfingrigen Hand den Kadaver von der Klinge. Er fiel auf die Dachpfannen, rutschte schließlich bis in die Dachrinne. Dort blieb er liegen. Starr und wie eingetrocknet. Von einer Verletzung durch die Schwertklinge war nichts zu sehen.
Eine schwache Seele mit starker Lebenskraft, dachte der Dämon. Aber sicher ein Hochgenuss gegenüber dem bitteren Brocken, den ich noch zu verschlingen habe. Eine durch die magischen Kräfte des Guten vergiftete Seele wie die eines John Sinclair … Man nennt ihn den Sohn des Lichts … Wie schauderhaft!
Der Dämon schnellte weiter über die Dächer.
Dieser John Sinclair hat etwas in seinem Besitz, das ich brauche, ging es ihm durch den Kopf. Und auch deshalb muss er sterben.
Zwischendurch hielt er noch einmal inne, um sich zu orientieren, dann vollführte die graue Gestalt erneut einen Sprung, landete auf einem anderen Hausdach und lief noch ein paar Schritte, die sehr weit und raumgreifend waren. Die grauen Beine schienen sich dabei zu dehnen und um fast ein Drittel länger zu werden. Der dämonische Körper verlor für kurze Augenblicke seine feste Form. Er löste sich in unzählige winzige Partikel auf, die wie ein dicht gedrängter Mückenschwarm herumschwirrten. Als der Dämon dann erneut innehielt, fügten sie sich wieder zusammen. Das Schwert in seiner sechsfingrigen Hand leuchtete bläulich auf.
Hier muss es sein!,dachte er. Dann sank er in das Dach ein. Sein Körper durchdrang scheinbar widerstandslos die Dachpfannen und das Gebälk. Dasselbe galt für das Schwert, dessen Klinge jedes Mal grell aufleuchtete, wenn sie mit fester Bausubstanz in Berührung kam.
Der Dämon fiel durch das Dachgeschoss und landete schließlich in einem der unteren Stockwerke.
Es handelte sich um ein Schlafzimmer. Die diffuse Straßenbeleuchtung drang durch das Fenster und tauchte den Raum in ein fahles Licht. In einem Bett lag eine Frau und schlief.
Hier bin ich nicht ganz richtig, wurde es dem Dämon klar.
Die Frau erwachte. Sie öffnete den Mund, so als wollte sie schreien. Doch dazu kam es nicht mehr. Der Dämon stieß ihr das Schwert in den Körper. Die Klinge durchdrang ihren Brustkorb und leuchtete dabei bläulich auf. Es wurde für ein paar Augenblicke so hell im Zimmer, dass es für menschliche Augen schwer erträglich gewesen wäre.
Für die Augen der Frau galt das nicht mehr. Sie starrten tot ins Nichts.
Mitte zwanzig bis Anfang dreißig war sie vielleicht gewesen. Jetzt wirkte ihr Körper wie der mumifizierte Leichnam einer Greisin. Die Haut war pergamentfarben, fahl und fast durchsichtig. Die Knochen traten hervor.
Der Dämon zog das Schwert zurück. Der Schimmer, der die Klinge umflorte war noch mehrere Augenblicke lang hell genug, um das ganze Zimmer zu erleuchten.
Auch deine Lebenskraft für mich, dachte der Dämon. Seine Gestalt schien etwas zu wachsen. Die Züge des Gesichts bildeten sich deutlicher heraus. Konturen traten hervor, tief liegende, glühende Augen, Wülste auf der Stirn, Ohren, die innerhalb weniger Momente auf eine Größe anwuchsen, die diese Kreatur sofort vollkommen unmenschlich erscheinen ließ. Das zuvor schon für kurze Augenblicke hervorgetretene tigerhafte Maul blieb jetzt in seiner Größe konstant.
Der bis dahin ziemlich konturlose, schemenhafte Körper bildete jetzt ebenfalls Einzelheiten hervor. Muskelstränge, die an verschlungenes Wurzelgeäst von Mangroven erinnerten, waren deutlich zu erkennen. Und die sechsfingrigen Hände wuchsen zu klauenartigen Pranken, genau wie die Füße.
Gut gestärkt in den Kampf!,dachte der Dämon. Besser hätte es gar nicht kommen können.
Dann ging er einfach weiter. Die Wand zur Nachbarwohnung stellte keinerlei Hindernis dar. Der Dämon ging einfach hindurch. Für einen kurzen Moment schien sich dabei die Ordnung der kleinsten Partikel aufzulösen, aus denen sein Körper offenbar bestand. Aber das dauerte nicht lang. Der Lichtflor des Schwertes leuchtete noch einmal grell auf, als die Klinge die Wand durchdrang.
Mit weiten Schritten durchquerte der Dämon die Nachbarwohnung. Seine verfeinerten magischen Sinne verrieten ihm, dass sich nur niederes Leben in seiner unmittelbaren Nähe befinden konnte. Zierfische vielleicht. Der Besitzer der Wohnung war definitiv nicht zu Hause. Ein knurrender, drohend klingender Laut drang aus dem geöffneten Maul des Dämons. Die Zähne waren innerhalb der letzten Minuten stetig gewachsen und traten jetzt sehr viel deutlicher hervor. Die oberen raubtierhaften Reißzähne hatten die Länge von Dolchen.
Der Dämon durchquerte weitere Wände und einen Flur. Dann war er am Ziel.
Er spürte es sehr deutlich. Der Dämon hob den Kopf wie ein wildes Tier, das Witterung aufnahm. Ja, hier bist du, John Sinclair, dachte er. Dein letzter Atemzug ist gekommen!
Und er spürte noch etwas anderes. Die kraftvolle Präsenz eines magischen Artefakts, das er unbedingt in seinen Besitz bringen musste. Mochte es kosten, was es wollte!
Das Schwert des Salomo wird bald mir gehören, dachte er. Die Zeiten, da es nur für den Sohn des Lichts bestimmt war, sind vorbei. Endgültig.
***
Ich kann nicht mehr genau sagen, weshalb ich erwachte. Man könnte es ein Gefühl nennen. Eine Ahnung. Vielleicht hatte es auch mit den wirren Träumen zu tun, die mich in dieser Nacht nur schwer hatten Schlaf finden lassen. Solche Träume können ganz gewöhnliche Ursachen haben. Die Verarbeitung von Stress zum Beispiel, der sich im Laufe eines Tages so angesammelt hat.
Ich hatte am letzten Vormittag eine ziemlich heftige Auseinandersetzung mit Sir James hinter mir. Mein Chef bei Scotland Yard hatte mir in ziemlich ungewohnter Deutlichkeit klargemacht, dass ich als Oberinspektor letztlich eben ein weisungsgebundener Beamter sei und das daran auch die Tatsache nichts ändert, dass ich für die wohl mit Abstand ungewöhnlichste Abteilung von Scotland Yard arbeitete.
»Die Tatsache, dass Sie sich mit Fällen auseinandersetzen, in denen die Gesetze der Naturwissenschaft keine Geltung zu haben scheinen, heißt nicht, dass Sie sich nicht an die Gesetze und Regeln zu halten brauchen, die für Angehörige unserer Behörde gelten, John!«, hatte mir mein Vorgesetzter unmissverständlich zu verstehen gegeben.
Mein Kollege Suko und ich hatten das erst einmal einfach so geschluckt. Ausgangspunkt der Auseinandersetzung war der Fund einer Leiche in einem der Londoner Außenbezirke gewesen. Direkt am Themseufer war eine junge Frau gefunden worden. Nach Ansicht der Gerichtsmedizin war die Todesursache eindeutig. Sie war ertrunken.
Ich hingegen war überzeugt davon gewesen, dass hier übernatürliche Dinge eine Rolle spielten. Allerdings muss ich zugeben, dass ich in diesem Fall kaum Argumente dafür vorbringen konnte. Es war eher ein Bauchgefühl. Mein Silberkreuz hatte kaum auf die Leiche reagiert, und ansonsten gab es nichts, was wirklich zweifelsfrei darauf hätte schließen lassen können, dass der Tod dieser jungen Frau irgendetwas mit den Mächten des Übernatürlichen zu tun hatte.
Suko teilte meine Ansichten in diesem Punkt übrigens. Aber er hatte auch nicht viel mehr beizutragen als ich. Ein Bauchgefühl eben.
Wie auch immer, unser Vorgesetzter hatte offenbar von oben Druck bekommen, und den hatte er an diesem Vormittag an uns weitergeben. Wir sollten uns gefälligst auf die Fälle konzentrieren, bei denen eindeutig einen übernatürlichen Hintergrund gebe. Alles andere, so Sir James, grenzte an Verschwendung von Steuergeldern, denn schließlich sollten wir niemals vergessen, wer letztlich die Arbeit unserer Abteilung finanzierte.
Suko und ich hatten uns nur angesehen, und jeder wusste vom anderen, dass er bereit war, die offiziellen Anweisungen einfach zu ignorieren. Wenn wir einem Geheimnis auf die Spur kommen wollten, ließen wir uns dabei von niemandem aufhalten.
Trotzdem – der Vorgang an sich war ungewöhnlich und vielleicht hatte mich die ganze Sache sogar bis in meine Träume verfolgt und für einen unruhigen Schlaf gesorgt. Ich erinnerte mich jedenfalls dunkel daran, dass in den wirren Träumen, die ich zuvor gehabt hatte, die Tote vom Themseufer eine gewisse Rolle gespielt hatte. Welche genau vermochte ich nicht mehr zu sagen.
In meinen Erinnerungen war nur ein Konglomerat an flüchtigen Bildern und Eindrücken, einer davon war die Frauenleiche. Der andere das Schwert des Salomo. Was beide miteinander zu tun hatten, war mir in diesem Moment noch nicht klar.
Als ich erwachte, schien alles vollkommen normal zu sein. Es war dunkel in meiner Wohnung. Von außen drang etwas Licht durch das Fenster. Es kam wohl von der Straßenbeleuchtung. In einer Stadt wie London wird es nie wirklich Nacht. Zumindest nicht, wenn man Nacht als eine Zeit mehr oder weniger vollkommener Dunkelheit definiert.
Ich setzte mich auf und griff instinktiv nach meinem Silberkreuz. Das Artefakt, das mich schon so oft vor den Mächten des Bösen beschützt hatte, fühlte sich warm an. So warm, dass ich das nur als ein sehr deutliches Zeichen für die Anwesenheit von übersinnlichen Kräften interpretieren konnte. Irgendetwas ging hier vor sich.
Ich schlug die Decke zur Seite.
Da drang ein bläulicher, immer heller werdender Lichtschein durch die Wand. Zuerst konnte ich nicht erkennen, was da war. Einen Moment lang war ich einfach nur geblendet. Gleichzeitig spürte ich, wie das Silberkreuz in meiner Hand so heiß wurde, dass es kaum noch auszuhalten war.
Eine schemenhaft sichtbare Gestalt schnellte auf mich zu. Eine dämonische Kreatur, das war mir sofort klar. Ein Schwall von mordlüsternen, abgrundtief bösartigen Gedanken erreichten mich. Sie mussten Ausdruck einer dämonischen Präsenz sein.
Mit einem von bläulichem Lichtflor umwaberten Schwert in der Hand stürzte diese Dämonengestalt sich auf mich. Im gespenstischen Schein des bläulichen Lichts war das tierhafte Maul mit den Dolchgroßen Zähnen zu sehen. Das Geschöpf stieß einen kehligen Laut aus. Und ich konnte eine unheimliche Gier spüren, die von diesem Wesen ausging. Eine Gier nach Seelen. Nach Lebenskraft. Und der unbedingte Wunsch, zu töten.
Ich wollte das Silberkreuz mit der magischen Formel aktivieren. Oft wirkten seine Kräfte auch ohne die Aktivierung gegen die Mächte der Finsternis. Aber ich hatte in letzter Zeit auch erfahren müssen, dass das Kreuz nicht mehr so zuverlässig war wie früher. Und das gerade jetzt, da ich seinen Schutz dringender denn je gebraucht hätte.
Der Dämon stieß einen barbarischen Schrei aus. Ein Kampfruf. Vielleicht verbunden mit einer magisch aufgeladenen Formel. Er rammte mir das Schwert in die Brust. Ich spürte einen höllischen Schmerz, der mir für ein paar Augenblicke fast völlig den Verstand raubte.
Ich konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Ich sackte zurück ins Bett, umklammerte noch immer das anscheinend wirkungslose Silberkreuz und stellte überrascht fest, dass die Schwertklinge offenbar meinen Körper durchstoßen hatte – und ich immer noch lebte.
Der Schmerz brannte furchtbar. Ausgehend von der Klinge zuckten kleine bläuliche Blitze über meinen Körper. Sie fühlten sich wie Nadelstiche an.
Der Dämon stieß einen Laut hervor, der sich wie die Parodie eines dröhnenden Gelächters anhörte. Gleichzeitig war eine Stimme zu hören. Ich konnte nicht sagen, ob ich diese Stimme tatsächlich hörte oder nur einen sehr intensiven Gedanken wahrnahm.
Ein Schwert zurückgelassen – eins genommen!
Ein weiteres Gelächter folgte, diesmal deutlicher als solches erkennbar. Der Dämon riss das Maul auf und stimmte schließlich ein Triumphgeheul an. Er streckte eine seiner Pranken aus, die sich dabei noch vergrößerten. Mir fiel auf, dass sie sechs Finger hatten. Messerartige Krallen wuchsen aus den Fingerspitzen hervor. Sie waren von demselben bläulichen Schimmer umflort wie das Schwert, das der Dämon mir in den Leib gerammt hatte.
Das Kreuz!
Mir war plötzlich klar, dass er seine Pranke ausstreckte, um danach zu greifen. Aber dann zuckte er zurück, so als hätte ihn irgendetwas davon abgehalten. Vielleicht war das Kreuz ja doch noch aktiv und die Macht, die es ansonsten gegen die Mächte des Bösen entfaltete, nur auf eine geheimnisvolle, mir im Moment nicht nachvollziehbare Weise geschwächt.
Der nächste Laut, der aus seinem Maul hervorgestoßen wurde, klang jedenfalls wie ein Erschrecken.
Er wich zurück.
Nur das Schwert!,konnte ich anschließend einen recht klaren Gedanken des Dämons wahrnehmen. Nur das Schwert …
Er wandte sich um, riss den Schrank auf, in dem ich einen Teil der magischen Artefakte und Hilfsmittel untergebracht hatte, und griff nach dem Schwert des Salomo.
»Jetzt gehörst du mir!«, sagte der Dämon jetzt klar und deutlich. Und während er in meine Richtung blickte, begannen seine Augen aufzuglühen. Anschließend pulsierten sie ein paarmal. »Geraubt vom Sohn des Lichts!«
Noch steckte das Schwert des Salomo in dem Lederfutteral, in dem ich es für gewöhnlich aufbewahrte. Aber jetzt zuckten blassblaue Blitze aus den Fingerspitzen des Dämons hervor und wanderten anschließend über die volle Länge der Klinge.
Ein verbrannter Geruch breitete sich aus.
Das Lederfutteral verschmorte förmlich. Innerhalb von wenigen Augenblicken rieselte nur noch etwas Asche zu Boden. Die Klinge selbst wurde nun von einem blau schimmernden Lichtflor umgeben.
Während einer Reise in die Vergangenheit hatte der weise König Salomo mir das Schwert höchstpersönlich übergeben. Und in dieser Nacht sollte nun diese mächtige Waffe erneut den Besitzer wechseln. Ich war vollkommen machtlos.
Während der bläuliche Flor, der das Schwert des Salomo umgab, jetzt stärker wurde, nahm dessen Leuchtkraft bei der Klinge, die mir in den Körper gestoßen worden war, zusehends ab. Bis schließlich nichts mehr davon zu sehen war.
Ich blickte an mir herab. Während meine Rechte noch immer das Silberkreuz umfasste und hochhielt, so als könnte es mich doch noch auf irgendeine Weise schützen, griff ich mit der Linken zu dem Schwert in meinem Leib. Es herausziehen zu wollen war natürlich vollkommen illusorisch. An meiner Hand spürte ich etwas Warmes.
Blut!
Es war mein eigenes Blut, dass jetzt aus meinem Körper hervorquoll und anscheinend nicht mehr durch irgendeine unbekannte Magie daran gehindert wurde.
***
In diesem Augenblick flog die Tür auf. Im bläulichen Schein, der vom Schwert des Salomo ausging, war Suko deutlich zu sehen. Irgendetwas musste auch ihn geweckt haben. Er stand mit der Dämonenpeitsche in der Tür.