Julia Ärzte zum Verlieben Band 67 - Lynne Marshall - E-Book
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Julia Ärzte zum Verlieben Band 67 E-Book

Lynne Marshall

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Beschreibung

SCHENK MIR DEIN LÄCHELN von MARSHALL, LYNNE Dr. John Griffin ist Schwester Polly ein Rätsel: Für seine kleinen Patienten im Angel’s hat er immer ein Lächeln übrig, ihr jedoch zeigt er die kalte Schulter. War es ein Fehler, sich von ihm zum Dinner einladen und zu einer zärtlichen Liebesnacht verführen zu lassen? DR. GALLAGHER UND DIE EISPRINZESSIN von HARDY, KATE "Die Verabredung mit Abigail geht an …" Abigail stockt der Atem. Warum ersteigert Dr. Lewis Gallagher bei der Tombola ein Date mit ihr? Die Frauen stehen doch Schlange, um mit dem attraktiven Playboy auszugehen. Ihr Typ ist er allerdings überhaupt nicht … oder? ICH LIEBE DICH HEIßT JE T'AIME von BARKER, MARGARET Julias Herz schlägt höher, als Dr. Bernard Capelle sie nach einer gelungenen OP zu einem Drink einlädt. Dabei sollte sie sich auf ihre Karriere konzentrieren - und nicht von romantischen Nächten mit dem Topchirurgen träumen, die niemals Wirklichkeit werden können …

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Lynne Marshall, Kate Hardy, Margaret Barker

JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 67

IMPRESSUM

JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Christel BorgesGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBENBand 67 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg

© 2013 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „NYC Angels: Making the Surgeon Smile“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MEDICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Special thanks and acknowledgement are given to Lynne Marshall for her contribution to the NYC Angels series Übersetzung: Michaela Rabe

© 2013 by Pamela Brooks Originaltitel: „A Date With The Ice Princess“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MEDICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Susanne C. Roth-Drabusenigg

© 2012 by Margaret Barker Originaltitel: „Summer With a French Surgeon“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MEDICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Jutta Ploessner

Abbildungen: skynesher / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733702731

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

LYNNE MARSHALL

Schenk mir dein Lächeln

Diese großen blauen Augen, diese süßen Lippen … Was hat Schwester Polly nur an sich, dass es Dr. John Griffin plötzlich drängt, sie in die Arme zu ziehen und zu küssen? In ihrer Nähe erwachen Gefühle, die er für immer begraben glaubte. Doch um wirklich frei zu sein für eine neue Liebe, muss er erst mit der Vergangenheit abschließen. Ist er dazu schon bereit?

KATE HARDY

Dr. Gallagher und die Eisprinzessin

Ein Date mit der Eisprinzessin! Spontan erkauft sich Dr. Lewis Gallagher bei der Tombola eine Verabredung mit seiner Kollegin Abigail. Natürlich nur, weil es ihn reizt, sie endlich aus der Reserve zu locken. Doch zu seiner großen Überraschung begehrt er Abigail bald mehr als jede Frau zuvor – auch wenn er spürt: Sie verbirgt etwas vor ihm …

MARGARET BARKER

Ich liebe dich heißt Je t’aime

Warum ist Dr. Bernard Capelle so fasziniert von der jungen Ärztin Julia Montgomery? Ist es ihr berufliches Engagement oder etwas, das er lieber nicht näher erforschen sollte? Schließlich ist Julia eine Karrierefrau und er ein Familienmensch, das passt nicht zusammen! Trotzdem kann er nicht leugnen, dass er sich mit jedem Tag mehr zu ihr hingezogen fühlt …

Schenk mir dein Lächeln

1. KAPITEL

Polly Seymour hastete in die Eingangshalle des Angel Mendez Children’s Hospital, von allen liebevoll nur Angel’s genannt, und eilte über den spiegelblanken Marmorfußboden. Ausgerechnet heute an ihrem ersten Tag als Krankenschwester in der Orthopädie hatte die U-Bahn von der Lower East Side bis zum Central Park länger gebraucht. Und Polly wollte an diesem Montag auf keinen Fall zu spät kommen.

Um sich nicht in einen der überfüllten Fahrstühle zwängen zu müssen, entschied sie sich fürs Treppenhaus. Zwei Stufen auf einmal nehmend lief sie hinauf in den sechsten Stock. Dabei ging ihr durch den Kopf, was sie in der letzten Woche bei der allgemeinen Einführung in den Organisationsablauf des Krankenhauses gelernt hatte. Oberster Grundsatz: Das Angel Mendez Children’s Hospital weist nie ein Kind ab.

Eine Philosophie, mit der sie gut leben konnte.

Sie hatten ja sogar sie akzeptiert, ein Mädchen, das von Tanten und Onkeln immer nur mitleidig „die arme Polly“ genannt wurde. Im Angel’s war sie jedoch mit offenen Armen aufgenommen worden.

Atemlos stürzte sie in den Flur, rannte weiter und dabei einen Mann im Arztkittel über den Haufen. Oder beinahe. Athletisch gebaut wie ein Football-Spieler, mit kurzem braunen Haar, in dem sich viele attraktive silbergraue Strähnen zeigten, blieb er stehen wie ein Baum, fasste sie bei den Schultern und bewahrte sie dadurch vor einem peinlichen Sturz.

„Vorsicht, Küken“, sagte er und klang wie ein bärbeißiger Cowboy aus einem Clint-Eastwood-Streifen.

Zutiefst verlegen holte sie bebend Luft. „Verzeihen Sie, Dr. …“ Sie blickte von den braunen Augen hin zu seinem Namensschild. „Dr. Griffin.“ Ach, du Schande, stand da wirklich Ltd. Chefarzt Orthopädie? Dann war er ihr Boss. Auch das noch!

Der erste Eindruck zählt, hieß es doch immer. Und den hatte sie gründlich verdorben. Ohne ihm eine weitere Gelegenheit zu geben, sie „Küken“ zu nennen – für wie alt hielt er sie? Dreizehn? – deutete sie auf die Automatiktüren zur Station und ließ ihn mit einem zerknirschten „Entschuldigung …“ stehen.

An der Schwesternstation zog sie den Riemen der Umhängetasche über den Kopf, schälte sich aus ihrer Jacke und deponierte beides, Jacke und Tasche, schwungvoll auf dem Tresen. „Ich bin Polly Seymour. Ich fange heute hier an. Ist Brooke Hawkins da?“

Die junge Frau mit den unzähligen winzigen Zöpfchen, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst trug, hob den Kopf, sah Polly mit ihren großen schokoladenbraunen Augen an, lächelte gezwungen und zeigte den Flur hinunter. „Die lange Rothaarige“, gab sie knapp Auskunft und tippte weiter Laborwerte in den Computer ein.

Polly raffte ihre Sachen zusammen und flitzte zu der Stationsschwester. Brooke begrüßte sie mit einem herzlichen Lächeln, und das nervöse Flattern in Pollys Magen legte sich ein wenig.

„Sie sind früh dran“, meinte Brooke nach einem Blick auf ihre Uhr. „Ich habe Sie nicht vor sieben Uhr erwartet.“

„Ich wollte die Übergabe nicht verpassen, und außerdem habe ich keine Ahnung, wo ich meine Sachen unterbringen oder meine Arbeitszeit eingeben soll“, stieß sie hastig hervor, immer noch außer Atem.

„Kommen Sie.“ Die Stationsschwester deutete auf eine Tür, zu der der Weg leider an dem hochgewachsenen Arzt vorbeiführte. „Wie ich gesehen habe, sind Sie unserem Chef schon in die Arme gerannt. Buchstäblich“, fügte sie augenzwinkernd hinzu.

Polly legte eine Hand an die linke Schläfe, um ihr Gesicht vor dem Mann zu verbergen, der einige Schritte entfernt stand und sie immer noch betrachtete. „Ich glaube, er hat mich für eine Patientin gehalten.“

„Hat er Sie angelächelt?“

„Ja.“

„Dann hat er auf jeden Fall gedacht, Sie wären eine Patientin. Mitarbeiter lächelt er nie an.“

Eine Stunde später stand Polly in einem Vierbettzimmer, um bei jedem Kind die Vitalzeichen zu kontrollieren, als eines von ihnen herzzerreißend zu weinen anfing.

Polly blickte über die Schulter. „Was ist los, Karen?“ Das kleine Mädchen hatte Sichelfüße gehabt, eine Fußfehlstellung, bei der die Zehen und der Mittelfuß nach innen gewölbt waren. Jetzt trug sie beide Beinchen in Gips, verbunden mit einer Metallstange, damit ihre Füße in genau der richtigen Position blieben.

Karen brüllte aus Leibeskräften, und Polly nahm sie aus dem Gitterbett. Mit dem Gips wog die Kleine gut zehn Pfund mehr. „Honey, was hast du denn?“, murmelte Polly und strich ihr beruhigend über den Rücken.

Ohne Ergebnis. Das Geschrei wurde noch lauter, und Polly versuchte es mit Singen. Aber auch das muntere Kinderlied half nichts. Womit konnte sie die Kleine noch ablenken?

„Oh, sieh mal! Sieh mal da!“ Sie stellte sich mit ihr ans Fenster, von dem aus man einen herrlichen Blick auf den Central Park hatte. „Wie schön, siehst du?“ Hoffnungsvoll zeigte sie auf die prachtvollen grünen Bäume, von denen einige selbst Ende Juni noch mit weißen und rosa Blüten bezauberten.

„Nein!“ Wild schüttelte Karen den Kopf und plärrte weiter.

Polly setzte sich das Mädchen auf die Hüfte, soweit der Gips es zuließ, und hüpfte mit ihr durchs Zimmer. „Hoppe, hoppe, Reiter …“, sang sie. „Hüh, Pferdchen, hüh!“

„Nein hüh!“, protestierte ihr Schützling ungnädig und bekam einen Schluckauf.

„Dann fresse ich dich!“ Polly tat, als wollte sie ihr in die Schulter beißen. „Rrrr, Rrrr!“

„Nicht fressen, nein, nicht fressen!“

„Ich will auch reiten!“, verlangte Felicia, die Fünfjährige mit dem Gipsarm.

Polly tanzte zu dem Bettchen in der Zimmerecke. „Hörst du, Karen, Felicia will reiten.“

Aber Karens Kummer schien ansteckend zu sein, denn jetzt weinten beide Mädchen. Weder die albernen Grimassen noch die lustige Kinderlieder, die Polly zum Besten gab, konnten die Welle der Traurigkeit, die das Vierbettzimmer überschwemmte, aufhalten. Auch Erin in Bett C, deren rechter Arm in einer Schlinge lag, stimmte in das Geheul mit ein. Nur das Mädchen in Bett D schlief seelenruhig.

Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, bis auch dieses Kind schreiend seinen Unmut kundtun würde.

„Hallo, hallo!“, ertönte eine tiefe Stimme hinter ihr.

Als sie sich verwundert umdrehte, entdeckte sie Dr. Griffins breitschultrige Gestalt an der Tür. Er griff in seine Kitteltasche, förderte eine Hand voll bunter Gummischlangen zutage und wedelte damit herum. Dann fing er an zu schielen, spitzte die Lippen und stieß einen trompetenden Laut aus, als wäre ein Elefant im Anmarsch.

Polly konnte sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen. Blitzschnell blies er gelbe und grüne Gummischlangen auf und formte sie zu einem Schwan. Alle Kinder waren so fasziniert, dass sie prompt aufhörten zu brüllen und den Magier im weißen Kittel mit großen Augen anstarrten.

„Bitte schön, Karen. Hier hast du einen neuen Freund zum Spielen“, sagte Dr. Griffin.

Zu Pollys Erstaunen nahm Karen das Geschenk mit einem glücklichen Lächeln entgegen. Wären da nicht die Tränenspuren auf den nassen Wangen gewesen, niemand hätte vermutet, dass sie noch vor wenigen Minuten ergreifend geschluchzt hatte.

„Ich auch!“ Felicia streckte den gesunden Arm aus.

Dr. Griffin ging zu ihr ans Bettchen und tätschelte ihr die Hand. „Welche Farbe möchtest du?“

„Rot.“

„Möchtest du eine Krone oder ein Äffchen?“

„Beides!“

Sekunden später trug Felicia eine rote Ballonkrone und gab ihrem lila Äffchen einen quietschenden Kuss.

Als Dr. Griffin Polly ansah, blitzten seine dunklen Augen triumphierend. Der Mann strahlte einen rauen Charme aus, dem sie sich nicht entziehen konnte. Im Handumdrehen hatte er zwei weitere Luftballons aufgeblasen und sie geschickt zu lustigen Tieren geformt. Eins reichte er dem dritten Kind, das zweite legte er auf die Bettdecke des schlafenden Mädchens.

Auf dem Weg zur Tür blieb er bei Polly stehen, die Karen gerade wieder ins Bett gelegt hatte, und blies einen letzten Ballon auf. Ein himmelblaues Schwert entstand, das er Polly in die Hand drückte. „Nutzen Sie das, wenn Sie mal wieder Ihren Tag retten wollen.“ Zufrieden sah er sich um. Alle Kinder waren ruhig und friedlich. „So macht man das.“

Sie hätte schwören können, dass er es sich gerade noch verkniffen hatte, sie wieder „Küken“ zu nennen.

Er verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war, und Polly kam sich mit dem blauen Ballonschwert in der Hand ein bisschen albern vor. Aus dem Flur drangen Stimmen herein, die eines Jungen und seiner Krankenschwester.

„Ich hab keine Lust, laufen zu üben“, beschwerte er sich.

Auch hier übernahm Dr. Griffin sofort. „Wetten, du traust dich nicht, noch zehn Schritte zu schaffen, Richie?“, sagte er aufmunternd. „Mal sehen, wer von uns schneller an der Wand da ist.“

War das wirklich der Mann, von dem alle behaupteten, er würde nie lächeln?

Leicht beschämt bei dem Gedanken daran, wie großartig der grimmige Doktor mit Kindern umging, widmete sich Polly ihren Pflichten. Sie verteilte Medikamente und badete drei ihrer vier Patientinnen. Am frühen Vormittag kam die Spieltherapeutin und nahm ihr Karen und Felicia für eine Stunde ab. Inzwischen war auch Erins Mutter gekommen, sodass sich Polly ganz auf ihr Dornröschen Angelica konzentrieren konnte.

Die Kleine litt an der Glasknochenkrankheit und war zur Schmerzkontrolle stationär aufgenommen worden. Außerdem war sie infolge der Erkrankung schwerhörig, was sicher erklärte, warum sie inmitten des Chaos vorhin einfach weitergeschlafen hatte.

Polly beschloss, die Dreijährige schlafen zu lassen, und verließ das Zimmer, um ihre morgendlichen Notizen in den Computer einzugeben.

„Na, wie steht’s?“, fragte Darren, ein Pflegehelfer mittleren Alters, der seine grauen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Das verblasste Tattoo auf seinem Oberarm verriet, dass er früher bei der Marine gewesen war.

„Sehr gut. Und selbst?“

„Alles wie immer. Hart arbeiten, Kindern helfen, anständig verdienen und sich auf die freien Tage freuen.“

Polly war nicht gerade begeistert von der Stimmung, die auf der Station herrschte. Sicher, sie war von erfahrenen Pflegekräften umgeben, die gewissenhaft ihrer Arbeit nachgingen. Doch obwohl sich alle duzten, schien die Freude zu fehlen, die Begeisterung. Eine Atmosphäre, die Polly nur schwer ertrug. Sie selbst hatte früh gelernt, sich die Sonne ins Leben zu holen. Reine Überlebenstaktik. Irgendwann, so nahm sie sich vor, würde sie einen Weg finden, auch hier mehr Licht in den Laden zu bringen.

Eine Krankengymnastin kam vorbei, begleitete einen ungefähr Zehnjährigen, der sich mit seiner Gehhilfe abmühte. Polly winkte ihnen fröhlich zu. Die Physiotherapeutin nickte kaum merklich, doch der Junge war so sehr in seine Aufgabe vertieft, dass er nicht einmal aufblickte.

Was hatte jemand während der Einführung noch gesagt? Das Angel’s ist der freundlichste Ort der ganzen Stadt.

Wirklich?

Polly wandte sich an Darren. „Zeigst du mir, wie der Patientenlifter funktioniert? Ich muss eine Patientin wiegen und ihr Bett neu beziehen.“

„Klar.“

„Das ist nett. Danke!“

„Jetzt?“

„Was du heute kannst besorgen …“, antwortete sie munter, speicherte ihre Eintragungen und ging mit Darren zu ihrem Zimmer.

Behutsam hoben sie Angelica aus dem Bett. Stumm blickte die Kleine sie dabei an. Der normalerweise weiße Teil um ihre hübschen grauen Augen war bläulich verfärbt, auch eine Begleiterscheinung ihrer Krankheit.

„Kommst du aus New York, Darren?“, fragte Polly.

„Ja, hier geboren und hier aufgewachsen. Und du?“

„Aus Dover, in Pennsylvania.“ Lächelnd dachte sie an ihr Heimatstädtchen. „Unsere größte Berühmtheit erlangten wir, als wir während des Sezessionskriegs praktisch über Nacht von den Konföderierten eingenommen wurden.“

Darren, der in seiner Haltung immer noch etwas Militärisches hatte, schmunzelte und wirkte plötzlich ziemlich entspannt.

„Bloß nicht blinzeln, wenn du durch den Ort kommst, du könntest ihn verpassen.“ Mit selbstironischem Humor ließ sich das Eis schnell brechen. Die Erfahrung hatte Polly schon oft gemacht.

Und tatsächlich, Darren stimmte in ihr Lachen ein, sodass sie das befriedigende Gefühl hatte, einen Schritt weiter zu sein. Ich schaffe das, dachte sie. Sie brauchte nur ein bisschen Zeit, und eines Tages würden die Kolleginnen und Kollegen wirklich miteinander reden und lachen.

Vergnügt begleitete Polly Darren zur Tür und setzte sich dann an den kleinen PC-Tisch mit dem Laptop, um weitere Notizen einzugeben.

„Hey, du … wie auch immer du heißt.“ Rafael, der Stationssekretär, lugte über den Rand seines Monitors. „Ich habe ein paar Laborergebnisse für dich.“

Rasch blickte sie nach links und nach rechts, um sich zu vergewissern, dass die Bahn frei war. Dann rollte Polly auf ihrem Schreibtischstuhl quer über den Flur zu Rafael. „Für mich? Wie schön. Ich liebe Post!“

Der Kollege sah sie an, als käme sie von einem anderen Planeten. Doch als Polly ihn strahlend anlächelte, besann er sich und ließ sich dazu hinreißen, ihr Lächeln zu erwidern. Zwar etwas argwöhnisch, aber immerhin.

„Nur für dich“, sagte er und drückte ihr einen Stapel Ausdrucke in die Hand. „Verlier sie nicht.“

Brooke trat zu ihr, während Polly die Unterlagen studierte. „Wie geht’s?“

„Großartig! Mir gefällt es hier. Natürlich ist das Angel’s ungefähr zehnmal größer als das Kleinstadtkrankenhaus, in dem ich die letzten vier Jahre gearbeitet habe.“

„Wir sprechen hier von kontrolliertem Chaos – an guten Tagen. Ich sage dir nicht, wie wir es an schlechten nennen.“ Die große schlanke Frau lächelte.

Wieder fiel Polly etwas aus der Einführungsveranstaltung ein: Teamwork ist am Angel’s der Schlüssel zum Erfolg.

Hmm. Vielleicht sollten alle auf dieser Station noch einmal die Themen aus der Einführung auffrischen?

„Solange wir uns gegenseitig helfen, schaffen wir das schon, oder? Teamwork.“

Brooke blickte sich um. Jeder war mit irgendetwas beschäftigt und arbeitete stumm vor sich hin. Die Stationsschwester zog eine Grimasse. „Manchmal frage ich mich, ob wir vergessen haben, was das Wort bedeutet.“

Polly kam ein Gedanke. Sobald Brooke weitergegangen war, überzeugte sie sich, dass in ihrem Patientenzimmer alles in schönster Ordnung war, und ging zu einer Kollegin, die ziemlich hektisch und angespannt wirkte.

„Kann ich dir bei irgendwas helfen?“

Abwesend blickte die andere von dem Testgerät auf, in dem ein Streifen zur Blutzuckerbestimmung steckte. „Also …“, begann sie verdutzt, so als hätte man ihr noch nie in ihrem Leben Hilfe angeboten.

„Braucht jemand eine Bettpfanne? Soll ich einen Patienten ins Bad begleiten?“

Da leuchteten die honigbraunen Augen auf, und die Schwester strich sich eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du könntest meinen Patienten mit der Hüftfraktur in 604 fragen. Der braucht vielleicht eine.“

„Kein Ding“, entgegnete Polly und bekam noch den verblüfften Blick mit, bevor sie in Zimmer 604 eilte.

Ihre Mittagspause verbrachte Polly mit zwei Krankenschwestern und einem Atemtherapeuten im Personalraum. Wie sie hatten sich auch die anderen drei ihr Essen von zu Hause mitgebracht. Polly war schnell klar geworden, dass sie jeden Cent mindestens zweimal umdrehen musste, wenn sie hier in New York mit ihrem Geld auskommen wollte.

„Sind das Naturlocken?“ Die jüngere Kollegin deutete auf Pollys Haare.

Polly ließ die Schultern sinken. „Ja. Meistens machen sie mich wahnsinnig.“

„Ist das dein Ernst? Manche bezahlen einen Haufen Geld, um sich solche Locken machen zu lassen.“

„Und manche blättern ordentlich was hin, um sich die Haare glätten zu lassen“, sagte die andere Schwester.

„Tja, ich kann nur viel Miete bezahlen“, sagte Polly. Die Krankenschwestern und der Atemtherapeut grinsten und nickten zustimmend. „Deshalb vertraue ich meinem Haarband und hoffe, dass es mich nicht enttäuscht.“

Sie war schon lange davon überzeugt, dass es auf dem gesamten Globus keine widerspenstigeren Haare gab als ihre. Und als wäre das nicht schon ein Fluch, musste es auch noch aschblond sein. Spülwasserblond, sagte ihre Tante immer. Wie oft hatte sich Polly gewünscht, dass sie sich Strähnchen leisten könnte, warme apricotfarbene oder platinblond schimmernde. Und dazu einen modischen Haarschnitt. Ach, einmal schick aussehen.

Träume sind Schäume, dachte sie. Niemand würde auf die Idee kommen, Polly Seymour als schick zu bezeichnen, und ein Friseurbesuch war absolut nicht drin.

Sie biss in ihr Sandwich und stellte fest, dass ihre Tischgenossen stumm ihren Gedanken nachhingen. Die Stille erinnerte sie zu sehr an ihre Kindheit, als sie von einem Onkel und einer Tante zum nächsten Onkel und zur nächsten Tante geschoben wurde. Bei allen war sie nur aus Pflichtgefühl mehr oder weniger geduldet worden. Um sich die traurigen Gedanken vom Leib zu halten, fing sie ein neues Gespräch an.

„Geht ihr manchmal nach der Arbeit einen trinken? Ich weiß, ich habe gerade gesagt, dass ich mein Geld zusammenhalten muss, aber heute ist mein erster Tag, und … na ja, ich fänd’s ganz nett, euch alle besser kennenzulernen. Ihr wisst schon, nicht hier auf der Station. So mehr in zwangloser Atmosphäre.“

Der Blick, den ihr auch diese drei zuwarfen, war ihr inzwischen vertraut. Ungläubig, als käme sie von einem anderen Stern. „Ein, zwei Drinks, das kann ja nicht die Welt kosten“, fuhr sie fort. „Außerdem sind die U-Bahnen nicht mehr so voll, wenn wir ein bisschen später nach Hause fahren.“

„Ich kann mich nicht erinnern, wann wir zuletzt zusammen losgezogen sind.“ Die junge Kollegin schob sich einen Bissen Enchilada in den Mund.

„Haben wir das überhaupt jemals gemacht?“, fragte die andere und trank von ihrer Dosenlimonade.

„Soweit ich weiß, haben wir vor Urzeiten mal zusammen gefrühstückt, und da hat jeder etwas mitgebracht …“ Der Atemtherapeut kratzte sich am Kopf. „Ich hätte nichts gegen ein Bier nach der Arbeit. Wie sieht’s bei euch aus?“

„Tolle Idee.“ Polly tat, als hätte er die Sache ins Rollen gebracht. „Ich bin dabei.“

„Wo gehen wir hin?“ Eine dritte Krankenschwester hatte den Raum betreten und die letzten Sätze gehört.“

„Am besten zu O’Malley“, sagte die erste. „Sein Pub ist nur eine Straße weiter. Und montags soll es dort köstliche Chicken Wings geben. Lasst uns fragen, wer mitkommt.“

Auf einmal herrschte eine völlig andere Atmosphäre im Zimmer. Polly freute sich im Stillen darüber und beobachtete, wie die anderen über Lieblingsgetränke und Snacks plauderten, sich anlächelten, miteinander lachten.

Es fühlte sich jedes Mal wieder gut an, Menschen zum Lachen zu bringen, ihnen Freude zu machen. Diese Gabe war ihre Rettung gewesen, als sie unter mehr als trostlosen Bedingungen aufwuchs. Dunkelbraune Augen und eine Reibeisenstimme kamen ihr in den Sinn. „Und wer sagt Dr. Griffin Bescheid?“

Augenblicklich wurde es still. Polly sah von einem zum anderen. Jeder starrte sie an, als hätte sie den Verstand verloren.

„Was? Ihr ladet euren Chef nicht ein, wenn ihr euren Feierabend begießt?“

Eine Schwester räusperte sich. „Der will mit uns nichts zu tun haben.“

„Genau. Für den sind wir Luft. Wenn er uns nicht für seine Patienten bräuchte, würde er uns überhaupt nicht beachten.“

„Aber er genehmigt eure Gehaltserhöhungen, oder?“

Die Lippen fest aufeinandergepresst, nickten die Schwestern.

„Frag du ihn doch“, sagte die, die zuletzt hereingekommen war und sich gerade Suppe in der Mikrowelle aufwärmte. Die anderen lachten.

„Glaubt ihr, ich trau mich nicht?“

„Wer weiß?“ Die Kollegin kam mit ihrer Suppe an den Tisch und setzte sich. In ihren Augen blitzte es herausfordernd, als sie Polly ansah.

Aha, die erste Mutprobe. Mal sehen, ob die Neue sich an den griesgrämigen Boss heranwagt. Doch Polly hatte heute Morgen eine andere Seite an ihm kennengelernt. „Er wird mir schon nicht den Kopf abreißen. Einer, der Luftballontiere für seine kleinen Patienten zaubert, kann nicht so schlimm sein“, sagte sie.

Statt zu antworten, warfen sich die vier anderen nur bedeutungsvolle Blicke zu. Finde es selbst heraus, schienen sie zu sagen.

Der Nachmittag verging, und Polly stellte erstaunt fest, wie aufgedreht alle waren, seit sie beschlossen hatten, sich nach der Arbeit noch zu treffen.

Brooke sprach sie sogar darauf an. „Das war genau die Injektion Begeisterung, die uns hier gefehlt hat. Du hättest den Spitznamen Pollyanna verdient“, spielte sie auf die Filmfigur des kleinen Mädchens an, das überall Freude und Optimismus verbreitete.

Polly verzog das Gesicht. „Bitte nicht.“ Auch wenn es netter war als Arme Polly …

Um vier Uhr endete der Frühdienst, und ein neues Team übernahm die Patienten. Inzwischen hatte sich überall herumgesprochen, dass man noch ins O’Malley’s gehen wollte. Die halbe Belegschaft wollte mitkommen. Und nicht wenige von der Spätschicht machten lange Gesichter, weil sie auch gern dabei gewesen wären.

Nicht schlecht für den ersten Tag … Polly schlang sich ihre Jacke um die Hüften und verknotete entschlossen die Ärmel. „Okay, wir sehen uns in ein paar Minuten unten in der Halle.“

Sie hatte versprochen, Dr. Griffin einzuladen, und sie hielt ihre Versprechen. Immer.

Vor seiner Tür angekommen, holte sie tief Luft und hob die Hand.

Jemand klopfte an seine Tür. Unterbrach den Strom der Gedanken, die er heute immer wieder verdrängt hatte. Gäbe es nur einen Tag … Mehr wollte er nicht. Einen einzigen Tag, an dem ihn nicht die Erinnerungen an jenen Morgen vor dreizehn Jahren verfolgten. Wie hungrige Wölfe, bereit, ihn in Stücke zu reißen. Es klopfte zum zweiten Mal.

„Wer ist da?“, fragte er barsch.

Eine leise Stimme antwortete, flüsternd wie ein Kind, aber er verstand kein einziges Wort. Irritiert sagte er etwas lauter: „Herein!“ Dann warf er seinen Kugelschreiber auf den Schreibtisch und lehnte sich zurück.

Langsam wurde die Tür aufgeschoben. Als Erstes sah er große blaue Augen. Die blauen Augen. Sieh an, das Küken, dachte er. Die neue Krankenschwester, die er heute Morgen irrtümlicherweise für eine Patientin gehalten hatte. Zierlich, aber von einem sprudelnden Temperament, jung und voller Begeisterung. Jemand, der das Leben liebte – und das Letzte, was er am heutigen Tag gebrauchen konnte.

Schweigend blickte er ihr entgegen.

Als sie im Zimmer stand, eine Hand hinter dem Rücken verborgen, räusperte sie sich verhalten. „Hallo, Dr. Griffin.“

John rührte sich nicht. Natürlich hatte er davon gehört, dass man sich auf einen Drink nach Feierabend traf und der Neuzugang mit den strahlenden Augen den Stein ins Rollen gebracht hatte. Wie auch immer, das war absolut nicht sein Ding. Er hielt nichts davon, sich mit den Mitarbeitern zu verbrüdern. Abgesehen davon wäre heute der letzte Tag im Jahr, an dem er seinen Vorsatz über Bord werfen würde.

„Äh …“ Polly wagte sich einen winzigen Schritt vor. „Ein paar von uns gehen gleich zu O’Malley, auf ein Bier und Chicken Wings, wer mag, und …“ Sie wich seinem ungnädigen Blick aus, sah sich flüchtig um. „Nun ja, ich dachte … ich meine, wir dachten, vielleicht möchten Sie mitkommen?“

„Und warum sollte ich?“ Das kam selbst für seine Verhältnisse schroffer heraus, als er beabsichtigt hatte.

Sie inspizierte ihre Schuhe. „Um die Moral der Truppe zu stärken?“

„Moral? Inwiefern?“

„Weil man besser arbeitet, wenn man gern zur Arbeit kommt?“ Sie sah aus wie fünfzehn, wie sie so dastand mit ihren großen blauen Augen, den dichten dunkelblonden Locken, die ihr auf die Schultern fielen, den hinter dem Rücken verschränkten Händen. Trotz ihrer Unsicherheit hatte sie etwas Mutiges an sich.

„Und Sie sind das Opfer? Hat man Sie in die Höhle des Löwen geschickt, weil Sie neu in der Truppe sind?“

„Nein, Sir. Ich wollte Sie einladen. Es war meine Idee.“

Jetzt sah sie ihn direkt an, und unter ihrem intensiven Blick richteten sich die Härchen auf seinen Armen auf. Seine Frau hatte genau solche Augen gehabt. Die Augen waren ihm bei der neuen Krankenschwester als Erstes aufgefallen. Sonst besaß sie nicht die geringste Ähnlichkeit mit seiner Frau. Nur die Augen. Himmel, Lisa fehlte ihm so sehr.

Aber er konnte es sich noch so sehr wünschen, nichts würde sie jemals zurückbringen.

„Brauchen sie moralische Unterstützung? Haben sie kein Leben nach der Arbeit? Brauchen sie mich auch noch als Seelentröster?“

„Nein. Wir wollten nur gern alle gemütlich zusammensitzen, das ist alles.“

Ihm entging nicht die sanfte Röte, die sich auf ihren Wangen und ihrem Hals ausbreitete.

Er war kein Ungeheuer. Und er bekam ein schlechtes Gewissen, weil er sie am ausgestreckten Arm zappeln ließ. Aber irgendjemand hätte sie warnen sollen. Er suchte keine Geselligkeit, nein, er mied sie sogar wie die Pest. Wenigstens Brooke als Stationsschwester hätte sie freundlich darauf hinweisen müssen.

John wollte nur noch nach Hause, sich in seinem Zimmer vergraben und seinen Kummer in einem Glas Scotch ertränken. Niemand brauchte zu wissen, dass Lisa heute sechsunddreißig geworden wäre. Verdammt noch mal, wie könnte er ausgerechnet an diesem Tag plaudernd in einer Bar sitzen?

„Ich kann nicht.“ Er stand auf. Von seiner Seite war die Unterhaltung beendet.

„Sie trauen sich nicht.“

John verschränkte die Arme vor der Brust und hob fragend die Brauen. Hatte sie das wirklich gesagt?

Mit einem Ausdruck der Verzweiflung zog sie den rechten Arm hinter dem Rücken hervor und zielte mit dem albernen himmelblauen Ballonschwert, das er vorhin für sie gemacht hatte, auf ihn. „Ich hatte nur gehofft, dass ich dem Mann, der mir heute den Tag gerettet hat, einen ausgeben könnte. Ihnen … mit Ihren bunten Luftballons.“

Ihrer ernsten Miene nach zu urteilen konnte er nur ahnen, wie viel Mumm es sie gekostet hatte, in sein Büro zu kommen und ihn zu einem Drink mit seinen Mitarbeitern einzuladen. Mitarbeiter, für die er selten ein nettes Wort übrig hatte, obwohl er gleichzeitig von ihnen verlangte, dass sie ihren Patienten die beste Pflege in ganz New York angedeihen ließen. Bisher war er immer davon ausgegangen, dass ihre Gehaltsschecks Dank genug waren.

Vielleicht war die Idee des tapferen Kükens gar nicht mal so schlecht.

Natürlich wusste er nicht, wie sie überhaupt darauf gekommen war, und es interessierte ihn auch nicht. Aber ihre Kolleginnen und Kollegen saßen wahrscheinlich längst in der Bar und lachten sich kaputt darüber, dass sie die Neue gründlich vorgeführt hatten.

Was für ein mieser Trick. Einige Schwestern schickten die Jüngeren gern mal aufs Glatteis. Und jung war diese Polly. Jung, ein Gesicht wie ein Engel, erfrischend, bezaubernd. Ach, verdammt, ehrlich gesagt, war sie sogar sehr attraktiv. John lächelte zögernd.

Und wurde augenblicklich mit einem strahlenden Lächeln belohnt. John war verloren. Wie konnte er ihr ihre Bitte abschlagen und sie damit zum Gespött hämischer Kollegen machen?

Lisa würde das verstehen.

„Okay“, sagte er.

„Das ist ja super!“

„Ein Bier, und Sie bezahlen.“

Sie nickte eifrig, ein triumphierendes Funkeln in den leuchtend blauen Augen. „Sehr gern, Sir.“ Mit dem Gummischwert wies sie ihm den Weg zur Tür.

„Das bleibt hier“, befahl er, als er an ihr vorbeiging.

Ihr leises Lachen verstummte, als er ihr einen ernsten Blick zuwarf.

Aber eins hatte sie ihm bewiesen. Dieses Mädchen … diese Frau namens Polly hatte Mut. Das gefiel ihm.

Das frisch gezapfte Bier schmeckte wundervoll, das musste John zugeben. Seine neueste Krankenschwester hatte ihr Versprechen gehalten und die Zeche bezahlt, sodass es noch besser schmeckte. Sie meinte es ernst, sie wollte, dass er hier dabei war.

Wann hatte man ihn das letzte Mal dabeihaben wollen – außerhalb des Operationssaals der Orthopädie?

Die verblüfften Gesichter der Krankenschwestern und Pfleger waren es wert gewesen. Als er die Bar betrat, verstummten seine Mitarbeiter für einen Moment, bevor sie sich wieder ihrer Unterhaltung zuwandten. John fragte sich, ob sie vielleicht sogar Wetten abgeschlossen hatten.

Auf dem Weg hierher hatten ihm die Ohren gebrannt, weil Polly übersprudelnd wie ein Wasserfall davon erzählt hatte, wie glücklich sie sei, in New York zu sein und in einem so berühmten Krankenhaus wie dem Angel’s einen Job bekommen zu haben.

Schön für sie. Krankenschwestern mit ihrem Enthusiasmus konnte die Welt gut gebrauchen. Dennoch sehnte er sich nach der Stille in seiner Wohnung, um im Dunkeln zu sitzen und über die benachbarten Gebäude zu blicken – hin zu der Stelle, wo die Zwillingstürme gestanden hatten. Die Lücke hatte ein abgrundtiefes Loch in sein Herz gerissen, das auch der Scotch, den er in sich hineinschüttete, nie füllen würde.

John lenkte seine Gedanken ins Hier und Jetzt, trank einen Schluck Bier und betrachtete Polly mit ihren frischen roten Wangen und den leuchtenden Augen, um die Bilder der Vergangenheit zu verdrängen.

Sie saß neben ihm auf einem Barhocker, nippte an ihrem hellen Bier, das einen Hauch von Orangen in ihren Atem mischte, während sie immer noch ununterbrochen redete. „Orthopädie ist eigentlich meine zweite Wahl. Zuerst wollte ich Unfallschwester werden.“ Ihre Augen wurden groß. Selbst in der schummrig beleuchteten Bar hatten sie etwas faszinierend Strahlendes an sich. „Jedenfalls, bis ich meinen ersten Dienst hatte, bei Vollmond und als die Hölle los war.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht, schüttelte den Kopf und lugte dann zwischen den langen schlanken Fingern mit den klar lackierten Nägeln hervor. „Ich dachte, ich sterbe!“

Waren alle so lebhaft, oder nahm er es einfach nicht wahr? Er müsste schon tot sein, um nicht zu bemerken, dass sie wirklich süß war und einfach liebenswert. Jetzt zog sie ihre Jacke aus. Darunter trug sie nicht mehr den Schwesternkittel mit den Koalabärchen darauf, sondern ein eng anliegendes perlrosa Top, das dezent, aber gut sichtbar den Ansatz ihrer Brüste enthüllte.

John trank noch einen Schluck und versuchte, nicht auf die samtweiche Haut zu starren. Polly nahm ihr Haarband ab und verstaute es in einem kleinen Außenfach ihrer Umhängetasche. In schimmernden Wellen umrahmten die dunkelblonden Haare ihr Gesicht, fielen ihr auf die Schultern und lenkten Johns Blick wieder auf ihre Brüste.

Nein, tot war er auf keinen Fall. Nur seit Langem … inaktiv.

Das gab ihm jedoch nicht das Recht, lüstern auf ihr Top zu starren. John musste sich ablenken. „Die nächste Runde für diese Gruppe geht auf mich“, sagte er zu dem Barkeeper.

Beifall und anerkennende Pfiffe ertönten, und John hob zufrieden das Glas an den Mund. Allmählich fühlte er sich wieder menschlich, nicht mehr wie ein Automat, der Tag für Tag funktionierte und seine Arbeit erledigte.

Polly berührte seinen Arm. „Danke!“

„Bitte.“ John blickte stur geradeaus, während ihm genau bewusst war, wie unwirsch seine Antwort geklungen hatte. So nahe war er einer Frau nicht mehr gekommen, seit … nun ja, das war länger her, als er sich eingestehen konnte.

Sie schien seine Anspannung gespürt zu haben und nahm die Hand weg. Doch dann rückte sie näher an ihn heran. „So, Dr. Griffin, jetzt wissen Sie schon eine ganze Menge über mich, aber ich habe keine Ahnung, wo Sie herkommen.“

Der Barkeeper stellte die Getränke auf den Tresen und füllte die Schüsseln mit Salzbrezeln und Nüssen auf.

„Ich bin New Yorker.“

„Dann lebt hier auch Ihre Familie?“

„Meine Eltern sind vor ein paar Jahren nach Florida gezogen, und meine Schwester wohnt in Rhode Island.“

„Sind Sie verheiratet? Haben Sie Kinder?“

Wäre Lisa nicht umgekommen, hätte er jetzt ein zwölfjähriges Kind. Doch seine Welt hatte am 11. September 2001 aufgehört zu existieren, als er mit anderen Ersthelfern unter Trümmern und Schutt nach Überlebenden suchte. Seine Gefühle, die immer unter der Oberfläche brodelten, kochten hoch. „Hören Sie, ich bin hier, weil Sie mich darum gebeten haben“, herrschte er sie an. „Mein Privatleben geht Sie nichts an, verstanden?“

Ihr fröhliches Lächeln fiel in sich zusammen. Hatte sie eben noch vor Lebensfreude gesprüht, wirkte sie nun verletzt, gedemütigt. Gut gemacht, Johnny, dachte er. Du kannst eben nicht mit Menschen umgehen.

Sie fing sich schnell wieder, straffte die Schultern, ihre Miene wurde undurchdringlich. „Tut mir leid, dass ich Ihnen zu nahe getreten bin, Doktor.“ Polly rutschte vom Barhocker, nahm ihre Sachen und ihr Glas. „Danke für das Bier.“ Ohne ihm einen weiteren Blick zu gönnen, gesellte sie sich zu einer Gruppe Kolleginnen und mischte sich unbefangen ins Gespräch.

John stürzte den Rest Bier hinunter, rührte das zweite Glas jedoch nicht an. „Wie viel schulde ich Ihnen?“, fragte er den Mann hinter dem Tresen.

Er brauchte sich nichts vorzumachen. Er gehörte nicht dazu. Er hätte nie zulassen dürfen, dass die hübsche kleine Krankenschwester ihn dazu überredete, mitzukommen. Er taugte nur noch für eins: gebrochene Kinderknochen zu richten.

Was den Rest seines Lebens betraf, so hatte es an dem Tag geendet, als seine schwangere Frau zur Arbeit gegangen und aus ihrem Büro im zweiundzwanzigsten Stockwerk des World Trade Centers nicht zurückgekehrt war.

2. KAPITEL

Polly hatte auf der ganzen U-Bahnfahrt nach Hause über Dr. Griffins seltsames Verhalten nachgegrübelt. Was hatte sie ihm getan? Er war doch einverstanden gewesen, mit in den Pub zu kommen. Sie erinnerte sich an den kurzen gemeinsamen Spaziergang im Licht der späten Nachmittagssonne, an die milde Luft, die entspannte Stimmung. Im O’Malley’s hatte sich Dr. Griffin von ihr ein Bier ausgeben lassen und sogar großzügig eine Runde für alle bestellt.

Alles friedlich und harmonisch, genau so, wie sie es sich vorgestellt hatte.

Dann hatte sie ihn nach seiner Familie gefragt, und das war’s dann. Als wäre die Tür zu einer Gruft dumpf zugefallen, veränderte sich schlagartig die Atmosphäre. Polly erinnerte sich noch genau an den Ausdruck in seinen dunklen Augen. Nicht irritiert, nicht verwundert, nein, es war blanker Zorn gewesen, der ihr daraus entgegenschlug.

Während sie sich in ihrem winzigen Zimmer des fünfstöckigen Gebäudes in der Lower East Side, wo sie sich Bad und Küche mit anderen teilte, bettfertig machte, drehten sich ihre Gedanken immer noch um den Moment im Pub, als sie die Stimmung gründlich verdorben hatte. Auf jeden Fall war sie Dr. Griffin zu nahe getreten. Wenn sie nur wüsste, womit? Redete nicht jeder gern über sich und seine Familie?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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