Kat Menschiks und des Diplom-Biologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes Illustrirtes Thierleben - Mark Benecke - E-Book

Kat Menschiks und des Diplom-Biologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes Illustrirtes Thierleben E-Book

Mark Benecke

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Beschreibung

Von feenhaften Glühwürmchen, schuldigen Hunden, betrunkenen Rentieren und verspielten Oktopussen Er ist Mitglied des Ig-Nobelpreis-Komitees für kuriose Wissenschaften, Vorsitzender der Transsilvanischen Dracula-Gesellschaft und der bekannteste Kriminalbiologe der Welt: Dr. Mark Benecke! Und er liebt Tiere aller Art, Insekten vielleicht ein kleines bisschen mehr. Denn wenn er Spuren sammelt, um bei der Aufklärung eines undurchsichtigen Todesfalls zu helfen, kann er sich keinen besseren Mitarbeiter vorstellen als den rotbeinigen Schinkenkäfer. Die Markusfliege ist sogar sein Patenkind. Und was pflegeleichte Haustiere betrifft, steht die Fauchschabe bei ihm ziemlich weit oben. Tiere, daran hegt Mark Benecke keinen Zweifel, befinden sich auf Augenhöhe mit dem Menschen. Und sie haben viele beeindruckende, sympathische und amüsante Eigenschaften. Seit Jahren lenkt er daher jeden Samstag in seinem Wissenschafts Podcast auf radioeins neben vielen anderen Themen die Aufmerksamkeit auf die Einzigartigkeit tierischer Wesen. Man betrachte beispielsweise den Oktopus: Außergewöhnlich klug, hat er es gerne eher entspannt und macht oft Quatsch. Oder die Biene, die nicht nur eine gute Fliegerin, sondern auch eine ganz passable Surferin ist! Oder den Buntbarsch, der depressiv wird, wenn man ihn mit der falschen Partnerin verkuppelt. Kat Menschik sitzt gerne vor dem Radio und hört sich die Benecke'schen Tierbetrachtungen an, in denen neueste Forschung und altes Wissen zusammenfließen. Kein Wunder, dass sie sich eines Tages in den Kopf setzte, unbedingt ein Buch mit ihm zu machen.

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Seitenzahl: 158

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Mark Benecke / Kat Menschik

Kat Menschiks & des Diplom-Biologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustrirtes Thierleben

Kurzübersicht

Buch lesen

Titelseite

Inhaltsverzeichnis

Über Mark Benecke / Kat Menschik

Über dieses Buch

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Motto

Barks’ Thierleben

Möpse

Alexandersittiche

Pudel

Wolfspudel

Beschämte Hunde

Kopffüßler

Meerjungfrauen

Betrunkene Elche

Rotbeinige Schinkenkäfer

Pfeilstörche

Nekrophile Enten

Haustiere, die Menschen essen

Glühwürmer

Silberfischchen

Stare

Vampirfledermäuse

Literaturverzeichnis und Quellen

Bild des Autors

Bild der Illustratorin

Weitere Lieblingsbücher

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Rätselhaft und unwirklich sind die Lebewesen in den Berichten des nordamerikanischen Zeichners Carl Barks. Er wurde fast hundert Jahre alt, sein Werk steht mittlerweile bei den Klassikern der Weltliteratur.[1]

Carl Barks ist der bekannteste Zeichner und Autor von Donald-Duck-Geschichten. Schon als Kinder sahen viele, dass einige der Mitteilungen aus Entenhausen anders gezeichnet waren als die anderen – sie stammten von einem »guten Zeichner«. Barks ist aber nicht nur berühmt, weil er so gut getextet und gezeichnet, sondern auch weil er die Panzerknacker erfunden hat, den Erfinder Daniel Düsentrieb, den Geizhals Dagobert Duck sowie Donald Ducks Neffen Tick, Trick und Track, deren Heimat Entenhausen und obendrauf noch Oma Duck. Die deutschen Namen stammen natürlich nicht von Barks, der nur Amerikanisch sprach, sondern von Doktor Erika Fuchs. Sie war durch Zufall Übersetzerin geworden und hatte ursprünglich in Lausanne, München und London Kunstgeschichte, Archäologie und mittelalterliche Geschichte studiert. Sehr gebildet! Da sie aber zugleich etwas kurzsichtig war und ihrem Ehemann nach Hintertupfingen aka Schwarzenbach an der Saale folgte, brauchte sie dort einen passenden Job. Das Ergebnis: Fast vierzig Jahre lang war Dr. Fuchs von Oberfranken aus Chefredakteurin der Zeitschrift Micky Maus und übersetzte eine Welt voller Disney-Geschichten ins Deutsche.

Aus den kindlichen Leserinnen und Lesern der Comics wurden wissenschaftlich interessierte Erwachsene. Da es schöner ist, gemeinsam zu forschen, formten sie im Jahr 1977 die Deutsche Organisation Nichtkommerzieller Anhängerinnen und Anhänger des lauteren Donaldismus, abgekürzt D.O.N.A.L.D. Vier der naturwissenschaftlich gebildeten Kollegen – paTrick Martin, Peter Jacobsen, Oliver Martin und Klaus Harms – stellten fünfunddreißig Jahre später im Namen des mittlerweile eingetragenen donaldistischen Vereins für eine Ausstellung im Naturkundemuseum Bamberg die Tiere zusammen, die sich im Barks’schen Entenhausen tummeln. Als da wären der Pfeilnäsige Erdfloh (Gammus diptherocus), der Grüne Gurkenwurm (Ciller gurcae), der Fettgoldfisch (Carassius auratus lipoides), schlaflose Drachen (Insomnodracones dubiosos), der Zählende Papagei (Psittacus comptator) sowie das Zwerg-Dromedar (Camelus Entenhausensis microscopicus). Und sehr viele mehr. Die lateinischen Art-Namen der Entenhausener Thiere sind ordentlich und nach den klassisch-biologischen Regeln vergeben. Teils stammen sie von Barks, teils von Fuchs, teils von den vier neuzeitlichen Autoren von Barks’ Thierleben. Den Band gibt es übrigens auch als Sonderausgabe der Fachzeitschrift Der Donaldist zu kaufen.

Die Lebewesen in Barks’ Thierleben sind sauber nach biologischen Über- und Untergruppen sortiert. Dazu ein Beispiel: Vom Stamm der Chorda-Tiere, also solchen mit einem inneren Achsen-Skelett, geht es zu den dazugehörigen Wirbeltieren (Vertebrata) in die übergeordnete Klasse der Vögel (Aves) hin zu den Falconiformen, das sind Greifvögel, in die darunter angesiedelten Gruppe der Cathartiden, zu Deutsch Neuwelt-Geier, um dann trennscharf bei der eigentlichen Art, den Streit-Geiern, zu enden. So herrscht Ordnung, wenn den Comic-Leserinnen und -Lesern die Stellung der »Thiere« im Netz des Lebens unklar sein sollte. Ich habe immer ein Exemplar von Barks’ Thierleben fein gebunden und griffbereit neben meinem Bett stehen.

 

Zwei besonders knuffige Thiere aus Entenhausen sind – Sie ahnen es angesichts meiner Vorlieben, die sich auch im vorliegenden Buch spiegeln – Papageien (vgl. Seite 20). Lore aus Singapore ist gemäß den Autoren des Thierleben »eigentlich eine neointelligente Spezies und daher nur bedingt als Tier einzustufen. Sie besitzt einen wuchtigen, zu ausgeprägter Mimik befähigten Schnabel. Ihre Flügel sind stummelförmig; sie macht von ihnen keinen Gebrauch als Flug- oder Greiforgan. Ob die Art flugfähig ist, darf bezweifelt werden. Die Hinterextremitäten sind tridaktyl, wobei zwei Zehen nach vorn und eine nach hinten gerichtet sind (bei irdischen Papageien sind sie tetradaktyl, je zwei Zehen sind nach vorn und hinten gerichtet). Die hintere Zehe ist wenig ausgeprägt, dafür aber bedornt. Die Füße sind als Lauf- und Greiffüße eingerichtet.

Das Tier ist zur Sprache befähigt und kann (im Gegensatz zu irdischen Papageien) recht vernünftig reden. Bekannt ist nur ein einziges (weibliches?) Exemplar (›Lore aus Singapore‹), das sich einen Ruf als ›Schrecken von Hinterindien‹ erworben hat. Es weist eine ausgeprägte Seefahrer-Mentalität auf. [So lautet Lores Kommentar zu Frau Bergassessor Müller beispielsweise: »Hat ein Gesicht wie ein Kombüsen-Schlot!«, und zu Daisy Duck: »Hallo, alte Dampfbarkasse! Halt doch dein Vollmondgesicht über die Reling, dann lachen sich die Fische kaputt!« – M.B.] und kam auf dem Seeweg nach Entenhausen, ist dort also nur kurzzeitig heimisch gewesen. Der Eigenname ›Lore aus Singapore‹ deutet auf eine natürliche Verbreitung im Bereich der malaiischen Halbinsel Stella Anatiums [das ist Entenhausen, M.B.] hin.

Möglicherweise ist die natürliche Entwicklung von Neointelligenz bei dieser Papageienart auf ihre Flugunfähigkeit zurückzuführen. Nur durch eine hohe Intelligenz ist es nämlich einem flugunfähigen Vogel von Papageien-Größe überhaupt möglich, seinen Feinden zu entkommen und ein einigermaßen geregeltes Leben zu führen. Trotzdem scheint die Art recht selten zu sein.«

 

Der Zählende Papagei (Psittacus comptator) hingegen »ähnelt vom äußeren Erscheinungsbild her dem Singapore-Papagei, hat aber im Unterschied zu diesem einen aufrichtbaren Federschopf auf dem Kopf. Die Aufrichtung dieses Schopfes ist eindeutig emotionsgesteuert und drückt (neben der auch vorhandenen Mimik) die Gefühle des Tieres aus. Auffällig ist der Geschlechtsdimorphismus: Während die männlichen Tiere sehr lange, prächtige Schwanzfedern haben, verfügen die weiblichen Exemplare nur über einen sehr kurzen Federschwanz.

Der Zählende Papagei trägt seinen Namen wegen der Eigenart, Gegenstände oder Lebewesen zwanghaft zu zählen. Welchen evolutionären Vorteil ein solches Verhalten bringt, ist bisher ungeklärt. Da diese Eigenart nicht bei allen bisher beobachteten Exemplaren aufgetreten ist, handelt es sich womöglich um ein manisch-krankhaftes Verhalten, das durch Zivilisationseinflüsse hervorgerufen wird.«

 

Aus der Familie der Hopfe (Upupidae) möchte ich den Ostsibirischen Korjakenknacker, auch Östliche Korinthenkrähe, erwähnen. Sein Gesang hört sich nicht wie die bekannten Rufe von irdischen Kohlmeisen (»zizibäh zizibäh«) oder Ringeltauben (»gu-guu-gu«) an, sondern lautet verschriftlicht »Grrkztrrtschrwzkaja« [sic!]. Sprechen Sie es ruhig nach! Mir gefällt das, weil viele Menschen aus Osteuropa diesen vorwiegend konsonantischen Zungenbrecher ganz einfach aussprechen, während er unsereins nicht durch die Lippen, geschweige denn von der Zunge kommt. Lustig ist der Erika Fuchs’sche Korjackenknacker-Vogelruf auch, weil die in der Vogelkunde verwendeten, eingedeutschten Lautnachmalungen des Vogelgesanges auch außerhalb Entenhausens bizarr sind: Die Rohrdommel macht ein raues »aark«, als Gesang aber ein leises und doch weithin hörbares, tiefes »ü-hump« [sic!]. Die Brandseeschwalbe ruft »kier-ik« oder »kärr-ink« und der Pirol – noch einmal, ganz offiziell vogelkundlich – »düdilio«. Entenhausen ist überall.

 

Mein Barks’scher Thier-Superstar ist und bleibt der Indische Plaudervogel (Cracula papperlapappa). Er stammt aus der Gruppe der Stare (vgl. Seite 121). Das schöne und neuintelligente Fabeltier spannt gerne andere Tiere, etwa Ziegen und Gorillas, für seine eigenen Zwecke ein. Am liebsten isst der Plaudervogel Pflaumen. Das ist nicht harmlos, denn die fruchtige Leibspeise löst bei Cracula Größenwahn aus. Der Plaudervogel weiß dann nicht mehr, was er oder sie Verrücktes anstellt. So verwickelte ein Plaudervogel im Wahn Donald Duck in einen Kampf mit Adlern, der – vermenschlichte Ente gegen Adler – für das anatide Wesen nicht zu gewinnen war. Nach dem ungleichen Kampf, angezettelt vom pflaumenbeseelten Plaudervogel, muss Donald in eine Gesundungs-Anstalt, wo ihm nachlässigerweise ausgerechnet Pflaumen zur Genesung serviert werden. Der Rest ist Geschichte.

Inhaltsverzeichnis

Weil sie das Sinnbild für Vermenschlichung, aber auch der Qualzucht sind – die durch die letzten zwei Jahrzehnte schnaufenden Französischen Bulldoggen sind das bekannteste Beispiel –, wollen wir einfach den Forschungsreisenden und Zoologen Alfred Brehm über Möpse sprechen lassen. Er war schon vor zweihundert Jahren überzeugt, dass die damals noch sogenannten »Thiere« denken und fühlen können.

Brehms Einstellung zu Hunden und anderen Tieren schwankte allerdings und grenzte manchmal an Hassliebe. Neben Krokodilen (»rücksichtslos und dumm«), dem Schaf (»einfältig, willenlos, furchtsam, höchst langweilig; einen Charakter hat es nicht«) und Kamelen (»unschön; abscheuliche Stimme; blöde Augen, hässliche Lefzen«) entfachten auch die Möpse in Brehm ein haushoch loderndes Feuer. Das lag vermutlich daran, dass er zeitweise einen Löwen als Haustier hielt, gefährliche Forschungsreisen überlebt hatte – Trinkwasser war »im Ausland« die Erkrankungsquelle Nummer eins – und verzärtelten Geschöpfen samt ihren Besitzerinnen und Besitzern misstraute. Staunen Sie im Folgenden über das Umschlagen seiner aufgeräumten Stimmung, sobald sich der Mops nähert:

 

»Der Hundeleib«, so Brehm zunächst über alle Haushunde, »ist für die Zeichnung und Ausstopfung schon zu geistig. Seine Seele ist unleugbar so vollkommen, wie die eines Säugetieres sein kann. Von keinem Tiere können wir so oft sagen, daß ihm vom Menschen nichts mehr als die Sprache mangelt, von keinem Säugetiere haben wir so viele Darstellungen aller Abänderungen, von keinem so eine außerordentliche Menge von Erzählungen, die uns seinen Anstand, sein Gedächtnis, seine Erinnerungskraft, sein Schließungsvermögen, seine Einbildungskraft oder sogar sittliche Eigenschaften, als da sind: Treue, Anhänglichkeit, Dankbarkeit, Wachsamkeit, Liebe zum Herrn, Geduld im Umgange mit Menschenkindern, Wut und Todeshass gegen die Feinde seines Herrn usw., kundtun sollen, weswegen kein Tier so oft als er dem Menschen als Muster vorgestellt wird.

Er tanzt, er trommelt, er geht auf dem Seile, er steht Wache, er erstürmt und verteidigt Festungen, er schießt Pistolen los; er dreht den Bratspieß, zieht den Wagen; er kennt die Noten, die Zahlen, Karten, Buchstaben; er holt dem Menschen die Mütze vom Kopfe, bringt Pantoffeln und versucht Stiefel und Schuhe wie ein Knecht auszuziehen; er versteht die Augen- und Mienensprache und noch gar vieles andere.

Gerade seine Verderbtheit, gerade seine List, sein Neid, Zorn, Haß, Geiz, seine Falschheit, Zanksucht, Geschicklichkeit, sein Leichtsinn, seine Neigung zum Stehlen, seine Fähigkeit, aller Welt freundlich zu sein, usw. bringen ihm den gewöhnlichen Menschen nahe. Würmer, Käfer und Fische lobt und tadelt man nicht, aber den Hund!

Man denkt, es lohne sich der Mühe, ihn zu strafen und zu belohnen. Man gebraucht in Urteilen über ihn gerade die Ausdrücke, die man von dem Menschen braucht. Man macht ihn wegen seiner geistigen und sittlichen Vorzüge zum Reise- und Hausgenossen, zum Lebensgefährten und lieben Freunde; man lohnt ihm seine Liebe und Anhänglichkeit durch Anhänglichkeit und Liebe; man macht ihn zum Tischgenossen, man räumt ihm wohl gar eine Stelle im Bette ein; man kost ihn, pflegt ihn sorgfältig, gibt ihn an den Arzt, wenn er leidend ist, trauert mit ihm, um ihn und weint, wenn er gestorben; man setzt ihm ein Denkmal.

Das Zerrbild der Hunde ist, wenn ich so sagen kann, der Mops (Canis familiaris molossus fricator), eigentlich der Bullenbeißer im Kleinen, mit ganz eigentümlich abgestumpfter Schnauze und schraubenförmig gerolltem Schwanze. Sein gedrungener, kräftiger Bau und das misstrauische, mürrische Wesen machen ihn den Bulldoggen außerordentlich ähnlich. Der Mops ist dumm, langsam, phlegmatisch.

Früher sehr verbreitet, ist er gegenwärtig fast ausgestorben, zum Beweise dafür, daß Rassen entstehen und vergehen. Heutzutage soll das Tier besonders in Russland noch in ziemlicher Anzahl vorkommen; in Deutschland wird es nur hier und da gezüchtet und dürfte schwerlich wieder zu allgemeinem Ansehen gelangen; denn auch hinsichtlich dieses Hundes hat sich der Geschmack gebessert.

Der Mops war der echte Altejungfernhund und ein treues Spiegelbild solcher Frauenzimmer, bei denen die Bezeichnung ›Alte Jungfer‹ als Schmähwort gilt, launenhaft, unartig, verzärtelt und verhätschelt im höchsten Grade, jedem vernünftigen Menschen ein Greuel. Die Welt wird also nichts verlieren, wenn dieses abscheuliche Tier samt seiner Nachkommenschaft den Weg allen Fleisches geht.«

 

Dass Möpse eigentlich ganz lebendige Gesellen wären, wenn sie denn besser atmen könnten, erfahren Menschen, die mit Mops-Rückzüchtungen mit wieder längerer Schnauze, also Nase, zusammenleben. Diese sogenannten Retromöpse haben längere Beine und mehr Platz im und am Schädel, um ordentlich durchzuschnaufen. In den Niederlanden ist seit dem Sommer 2019 wegen der putzig daherkommenden Tierquälerei die Zucht aller Hunde verboten, bei denen die Nasenlänge weniger als ein Drittel des Kopfes ausmacht. Zudem müssen die Tiere einen Fitness-Test bestehen. Andernfalls dürfen sie nicht weitergezüchtet werden. Recht so!

Während die von Brehm geschmähten Möpse mittlerweile tatsächlich seltener zu sehen sind, wurden Französische Bulldoggen, wie angedeutet, ihre Nachfolger als »Jungfernhunde«. Die Tiere sind verspielt und kuschelbedürftig, freundlich, geduldig, verschmust, liebevoll, anhänglich und treu. So kommt es, dass French Bulldogs öfter mal als Generalprobe für bald erscheinende, eigene Kinder oder bei Alleinstehenden gleich ganz als Familien-Ersatz dienen. Der Wunsch nach Begleitung und Liebe ist eben stärker als thierkundliche Schmähungen und Qualzucht.

Inhaltsverzeichnis

Laut, verschwenderisch, lebenslustig, die Parks naschend durchstreifend und in Höhlen brütend – das sind passende Bewohner des wilden, verschwenderischen und völlig bekloppten Kölns. Die Rede ist von Alexandersittichen, die selten alleine und meist in Schwärmen durch die Stadt rasen. Nichts wirklich Neues, denn schon im 14. Jahrhundert zitiert der Weltgeistliche (als Seelsorger) Konrad von Megeberg seinerseits Aristoteles in seinem Buch der Natur mit der Feststellung, »dass der Alexandersittich gerne Wein trinke und ein sehr unkeuscher Vogel« sei. »Der Wein«, so erklärt der Priester dazu, »ist Ursache der Unkeuschheit. Aristoteles sagt, dass der Vogel, wenn er vom Wein trunken ist, gerne Jungfrauen ansehe und sich an ihrem Anblick erfreue.« Wie gesagt, ein echt kölsches Gewächs, dieser Sittich.

 

Ursprünglich lebten die grünen Edelpapageien in Afrika, Indien und Asien. Halsbandsittiche und Alexandersittiche, die ich hier wegen ihrer nahen Verwandtschaft zusammenwerfe, waren dort schon lange in Käfigen gehalten worden. »Es gibt zahlreiche literarische und Bild-Belege aus der Antike und aus dem byzantinischen Einflussgebiet«, berichtet mein tierkundlicher Kollege Ragnar Kinzelbach von der Universität Rostock. »Seit dem Feldzug Alexanders des Großen vom Frühjahr 334 bis März 324 vor unserer Zeitrechnung kamen Halsbandsittiche aus dem nördlichen Indien und dem Sudan vor allem nach Alexandria und Rom. Die Verteilung der Unterarten der Sittiche zeigt dasselbe Muster wie die ebenfalls mit und durch Menschen verbreiteten Lach- und Türkentauben. Im Mittelalter tauchte der Halsbandsittich regelmäßig als ›der Papagei‹ in Büchern über alle möglichen interessanten Wesen auf.«

Verarbeitete Halsbandsittich-Häute wurden als Kopfschmuck getragen, und der Name der Tiere wurde sogar als schicker Personenname gewählt: Man hieß dann offiziell »Sittich« und verwendete das Bild des Vogels in Wappenbildern. Das erstaunte mich, denn auch ich verwende ein solches Wappen-Bild mit Alexandersittich als jahreszeitlich angepassten Anhang unter E-Mails: Mal sitzt mein Sittich auf einem beschneiten, mal auf einem erblühten Birnbaum mit Früchten. Den habe ich der Stadt Köln und ihren Bürgerinnen und Bürgern neben allerlei weiteren Bäumen gespendet; bisher fanden die Alexandervögel aber noch keinen Gefallen an ihm. Kat Menschik hat daraus das Frontispiz dieses Buches gestaltet.

 

Die Liebe zum Halsbandsittich als Haustier beziehungsweise Kopfschmuck dauerte bis ins 16. Jahrhundert. »Danach«, so Kollege Kinzelbach, »traten nach der Einfuhr amerikanischer Papageien durch Kolumbus auch alle anderen jeweils verfügbaren Papageien-Arten auf Altarbildern, besonders zusammen mit dem Jesuskind, auf.« Zur zeitlichen Einordnung: Die heute bekannten Wellensittiche kamen erst dreihundert Jahre später, Mitte des 19. Jahrhunderts, nach Deutschland. Erst 1851 wurde ein Wellensittich in Nürnberg hergerichtet und zum Ausstellen – tot – haltbar gemacht.

Alexandersittiche, die heute zu Tausenden frei im Rheinland und bis nach Mannheim, Wiesbaden und Heidelberg leben, sind also die ursprünglichen und eigentlichen »bunten Vögel«. Die knallbunten Ara-Papageien, wie wir sie auf der Stange sitzend noch in meiner Kindheit als Gefährten einsamer Menschen kannten oder auf der Schulter von Piraten und Seebären im Comic, kamen erst später.

 

In Köln wurden frei lebende Alexandersittiche erstmals Ende der 1960er Jahre gesichtet. Sie tauchten nahe und auf dem Gelände des Zoologischen Gartens auf. »Ein neuseeländischer Pfleger«, fand meine Kollegin Ulrike Ernst in den 1990er Jahren heraus, »hatte 1967 sechs Alexandersittiche gezähmt und im Kölner Zoo frei fliegen lassen. Sie kehrten nur zur Fütterung in den offenen Käftig zurück.«

Bis dahin hatte die Besiedlung Kölns durch den Alexandersittich ziemliche Umwege genommen. Die ersten Tiere waren zwischen 1901 und 1908 aus dem Zoo von Gizeh in Ägypten geflohen. Sie kamen dann aber nicht vom heißen Süden her ins warme Rheinland, sondern wanderten aus dem Norden dorthin ein – warum auch immer. Vermutlich hatten Seeleute die grasgrünen Gesellen als Souvenir aus der tropischen Ferne in englische Hafenstädte mitgebracht.

Das passt mit der Verbreitung der Alexandersittiche in Europa zusammen – die nämlich zunächst an britischen Küstenstreifen siedelten. 1885 brüteten erste Alexandersittich-Paare frei lebend in Northrepps, einem Dorf in Norfolk an der englischen Ostküste. Ab 1930 sah man die Vögel etwas weiter südlich Richtung London, nämlich in Essex und Northamptonshire. Nachdem ein vorübergehendes Einfuhrverbot für Papageien auf die Britischen Inseln wieder aufgehoben worden war, brüteten sie ab 1969 in Southfleet in Kent und damit schon näher an Frankreich und Deutschland. 1973 schafften es die frei lebenden Tiere nach Greater London, sowie bis 1980 eine zweite Sittich-Gruppe nach Liverpool – genauer gesagt nach Merseyside –, und teilbesiedelte damit nun neben dem Westen auch die Ostküste Englands. Von da aus ging es für die Tiere ans südliche Ende Englands in die Küstenstadt Weymouth. Weitere Gruppen der grünen Gaukelvögel hatten derweil schon nach Belgien und in die Niederlande rübergemacht. 1975 sah und hörte man sie dann erstmals im rheinischen Brühl im Schlosspark umherfliegen und -schreien. Wenige Jahre später, ab den 1980er Jahren, hatten sie ihr Plätzchen in Innsbruck, im schönen Tirol, gefunden. Vor ein paar Jahren habe ich sie in Rom vor dem Kapuziner-Gewölbe, das mit Menschenknochen kunstvoll ausgestaltet ist, in den Bäumen herumkraxeln sehen.

Da Alexandersittiche zwar auf Kurzstrecke verdammt schnell sind, aber keine langen Flüge bewältigen, müssen die aus England aufs europäische Festland und nach Deutschland eingewanderten Neubewohner sogenannte »Gefangenschaftsflüchtlinge« gewesen sein. Ihre Besitzerinnen und Besitzer, beispielsweise die schon genannten Seeleute, dürften die Tiere allerdings gerne aus der Gefangenschaft des Käfigs oder aus der Wohnung »fliehen« gelassen haben. Denn die Federtiere nagen an wirklich allem, was nicht niet- und nagelfest ist. Sie können sich tagelang damit beschäftigen, Reißzwecken aus Holz zu ziehen oder alles, was weicher als Stein ist, zu zernagen. Das habe ich selbst beobachtet. Zudem brüten Alexandersittiche in Höhlen und suchen sich dazu, wenn man sie wie ich frei in einer Wohnung fliegen lässt, gerne Buchregale aus. Dort schieben sie den Lesestoff behelfsweise zur Seite und nach hinten, nagen die Buchrücken an und machen es sich in den entstandenen Hohlräumen gemütlich, um nicht zu sagen: wohnlich.

 

Wie erwähnt sind die Tiere laut. Ich liebe ihr fröhliches Schreien schon alleine deshalb, weil es für mich der Sound meiner Heimat Köln ist. Doch viele Menschen in Großstädten beschweren sich heute bereits über die Unterhaltung von Spatzen (tags) oder Nachtigallen (nachts) und fordern zu deren Vertreibung auf. Alexandersittich-Geschrei in Haus und Hof dürfte also noch viele Nerven mehr zermürbt und Käfigtürlein und Fenster wundersam geöffnet haben. Was unter Palmen oder auf hoher See außergewöhnlich und cool wirken mag, kann daheim Familie oder Nachbarn rasch erbittern. »Ihre Stimme«, meldet selbst das Internationale Handbuch der Vögel, »ist laut, harsch und durchdringend, mit stark wechselndem Liedgut.« Da die Tiere alles benagen und pfeilschnell fliegen, können sie sich auch selbst aus ihren Käfigen befreit haben und durch geöffnete Fenster oder Gartenlauben entfleucht und in die Welt gekommen sein.