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Deutschland fragt, Dr. Made antwortet
War und ist die Angst vor Corona berechtigt? Wie kann ich Desinfektionsmittel selbst herstellen? Wie kann ich mich vor Viren schützen? Wie sinnvoll sind Masken wirklich? Was bedeutet eigentlich Herdenschutz? Fragen über Fragen, die Dr. Mark Benecke, der bekannteste Kriminalbiologe Deutschlands, verständlich und fachkundig beantwortet.
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Seitenzahl: 109
Deutschland fragt, Dr. Made antwortet War und ist die Angst vor Corona berechtigt? Wie kann ich Desinfektionsmittel selbst herstellen? Wie kann ich mich vor Viren schützen? Wie sinnvoll sind Masken wirklich? Was bedeutet eigentlich Herdenschutz? Fragen über Fragen, die Dr. Mark Benecke, der bekannteste Kriminalbiologe Deutschlands, verständlich und fachkundig beantwortet.
Mark Benecke ist Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe und auf der ganzen Welt unterwegs, um mithilfe seiner speziellen Kenntnisse und Methoden Leichen zu identifizieren und Kriminalisten wie Archäologen, Historikern und Paläontologen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Mark Benecke ist auch der Crazy Crime Nerd, der schon auffällt, bevor er hochkompetent loslegt und mit Wissen, Kreativität, Kompetenz überzeugt.
DR. MARK BENECKE
VIREN
FÜR ANFÄNGER
DIE WICHTIGSTEN FRAGEN UNDANTWORTEN ZU CORONA
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Originalausgabe
Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Valérie Thieme, Angela Kuepper
Umschlaggestaltung: Tanja Østlyngen unter Verwendung einer Illustration vonTimo Würz www.timowuerz.com
eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-7517-0224-9
www.luebbe.de
www.lesejury.de
»Unbekümmert war man in Wien über den Pestzustand in Ungarn, man kannte ein solches Uebel nur der veralteten Sage nach, man war zu lebenslustig, um sich aus feinem Freudentaumel durch irgendeine bange Besorgnis aufschrecken zu lassen. Und so zeigte sich dann im Frühjahre das Uebel mit so leise ausgeholten Mörderschritten, daß noch niemand das Unheil bei seinem rechten Namen nannte, und es allgemein nur für ein bösartiges hitziges Fieber galt.«
Aus: Historische Schilderung der Pestseuchen in Wien in den Jahren 1679 und 1713, dann der im Jahre 1495 aus Amerika gekommenen ganz fremdartigen Seuche in Vergleichung mit den jetzigen Zeitumständen (1832)
Als es mit Corona losging, prasselten Eure Fragen in unsere Richtung. Wir haben täglich die neuesten Forschungsergebnisse für Euch herausgesucht und auf virusonline.de über Insta, Facebook und YouTube ohne Fremdworte oder Werbung wiedergegeben. Schaut Euch die Videos gerne an: Eure Neugier war ein belebendes Geschenk in wilden Zeiten.
Gefreut habe ich mich auch, dass mir junge und alte Menschen mit Erkrankungen berichtet haben, wie es ihnen während einer weltweiten Seuche geht.
Nebenbei durfte ich mit vielen, die eigentlich Fragen zu Viren hatten, Insekten und andere Krabbler bestimmen und den Insektensommer offiziell einläuten.
Als meine Lektorin Cindy von Lübbe dann auf die Idee kam, ein klar verständliches Buch mit Antworten auf Eure Virus-Fragen zu bauen, wusste ich, dass dieses Jahr deutlich anders wird als alle anderen davor.
Danke an Euch alle. Corona ist nur der Übungsfall. Durch die Zerstörung unserer Welt kommt noch einiges auf uns zu.
Macht es daher wie ich: Glaubt nichts und prüft alles.
Sehr herzlich Euer –
Mark
Viren sind weder Pflanzen noch Tiere, sondern winzige »Informationsstückchen«, die in der Gegend herumliegen. Sie bestehen aus biologischem Material: Erbsubstanz und einer Umhüllung. Sie sind kleine Bioroboter. Ihre Informationen geben sie weiter, indem sie an Zellen andocken und mit ihnen verschmelzen. Manche Viren spritzen ihr Informationsmaterial in die Zelle ein. Jede befallene Zelle kopiert dann die Bauanleitung der Viren. Kurz gesagt sind Viren also kleine Informationsstückchen, die sich von der Zelle vervielfältigen lassen, nachdem sie an diese andocken. Sie sind weder lebend noch tot.
Weil sie die Merkmale des Lebens nicht erfüllen. Sie reagieren zum Beispiel nicht auf Helligkeit oder Dunkelheit, haben keine Augen, Finger oder Ähnliches, womit sie tasten könnten. Das heißt, dass sie in keiner Weise auf ihre Umgebung eingehen können. Sie haben keinen Stoffwechsel und können sich nicht bewegen. Aber tot sind sie eigentlich auch nicht; ein Stein zum Beispiel könnte nicht mit etwas anderem verschmelzen und danach genauso wiedererschaffen werden. Außerdem haben Viren Erbgut in sich, das sich verändern und weiterentwickeln kann.
Nein. Man muss die Viren irgendwie durch Sprechen, Husten oder Niesen in die Luft bringen. Dann fliegen sie zusammen mit winzig kleinen Tröpfchen herum. Einen Abstand von zwei Metern können sie dabei meist nicht überbrücken. Größere Tröpfchen können schnell zu Boden fallen, aber kleinere Tröpfchen mit Viren bleiben etwas länger in der Luft. Danach können Viren auch an Oberflächen haften bleiben. Wenn ihr diese Flächen anfasst, habt ihr die Viren an den Händen und könnt sie durch Berührung eures Gesichts in die Nähe der Schleimhäute befördern. Dort können sie unter Umständen andocken und euch krank machen.
Viren sind wie alles auf der Erde durch die zufällige Zusammenmischung von Bestandteilen, die in der Natur vorkommen, entstanden. Früher gab es eine Art Ursuppe, in der einzelne Bestandteile schwammen, die wir jetzt in Lebewesen wiederfinden. Natürlich keine Arme, Finger, Augen oder so, sondern nur die allerkleinsten Teilchen. In diese Ursuppe haben Blitze eingeschlagen und es gab chemische Verbindungen. Die Einzelteile haben sich so zu etwas verbunden, das sich zum Beispiel selbst teilen kann. Das waren Erbsubstanz und Eiweiße. Später haben sich Hüllen darum gebildet und die Lebewesen haben begonnen, Erbsubstanz auszutauschen, sind zum Hellen oder Dunklen hingeschwommen und so weiter. Das hat Ewigkeiten gedauert und sich über einen Zeitraum erstreckt, der für uns kaum vorstellbar ist.
Viren sind schon ganz früh entstanden. Sie brauchen einen Wirt, in dem sie sich vermehren können, und sobald die ersten Einzeller da waren, gab es auch schon Viren, die sie befallen haben. Die Viren, die wir heute kennen, sind im Zusammenspiel mit »höheren Lebewesen« entstanden. (Ein bisschen wie Flöhe beim Menschen: Die Flöhe waren da, haben sich entwickelt, aber ohne Menschen oder andere Lebewesen hätten sie sich nicht weiterentwickeln können.)
Dass manche glauben, das neue Corona-Virus würde aus dem Labor kommen, finde ich lustig. Die Natur verändert jeden Tag hunderttausendfach die Bauanleitungen von Lebewesen und Viren, schon seit Millionen von Jahren. Das kann sie sehr gut alleine.
Nein, das kann man nicht sehen – auch nicht unter einem normalen Mikroskop. Stellt euch ein durchschnittlich großes Zimmer vor, in dem ein einzelnes Staubkorn liegt. So winzig klein sind die im Vergleich zu einer normalen Hautschuppe (Bild auf Seite 14).
Ja, genau. Menschen-Viren brauchen Menschen zum Leben. Es gibt aber auch Viren, die auf Bakterien oder sogar andere Viren spezialisiert sind. Menschen müssen da gar nicht ihre Finger im Spiel haben, damit so etwas entsteht. Bei allen anderen Lebewesen haben die Menschen auch nichts zusammengebastelt: Giraffen, Salamander, Zebras, Anglerfische, Algen und so weiter wurden nicht vom Menschen gebaut, sondern sind einfach durch die Vermischung von Erbsubstanzmerkmalen entstanden, und weil dauernd kleine, zufällige Veränderungen des Erbguts auftreten. Ganz selten können Viren dabei auch von einer Lebewesen-Art zur anderen »überspringen«.
Stand heute: Das neue Virus wird über die Luft übertragen, Tröpfcheninfektion nennt man das. Wenn wir reden, entsteht eine Art Nebel aus Zellen, Viren und Speichel vor dem Mund. Daran können sich andere anstecken. Deshalb soll man auch eineinhalb bis zwei Meter Mindestabstand halten. Außerdem kann das Virus durch Kontakt mit infizierten Oberflächen übertragen werden. Auf Kartons bleibt es aber nur etwa zwei Tage aktiv. Auch auf den meisten anderen Oberflächen zerfällt es, besonders schnell auf Kupfer. Hitze mögen Viren meist auch nicht.
Ich bin seit Jahren ein großer Fan von meinem kleinen Desinfektionsfläschchen. Die Luft zwischen mir und anderen sprühe ich natürlich nicht damit voll, das wäre beknackt, weil es dann sofort leer wäre. Mein Alkohol-Sprühnebel dient vielmehr dazu, um Oberflächen zu reinigen oder die Viren auf meinen Händen zu zerknacken, wenn ich Türklinken, Supermarkteinkäufe, Zugtoiletten und dergleichen angefasst habe.
Kommt darauf an. Covid-19 ist eine Lungenerkrankung, also sind in den Lungen besonders viele Viren. Wenn jemand eine frische Leiche hochbeugt, um zu gucken, ob ein Messer im Rücken steckt, oder vielleicht auch einfach, weil ein Bestatter oder eine Bestatterin sie waschen und herrichten möchte, strömen durch das Zusammendrücken der Lunge vielleicht Viren nach außen. Wir kennen das vom »Stöhnen« mancher Leichen: Dann ist noch Luft in den Lungen, und beim Anheben des Oberkörpers entsteht ein komisches Geräusch. Das haben einige schon gehört, die Leichen gewaschen haben oder in der Rechtsmedizin arbeiten. Deswegen sollen Angehörige Abstand zu den Verstorbenen oder Todkranken halten. In Italien nannte man im Frühjahr als »einsames Sterben« bezeichnet.
Bestatter:innen und Pflegepersonal sehe ich davon allerdings nicht bedroht. Die kennen sich mit Hygiene aus und haben (hoffentlich) die richtige Schutzbekleidung, um sich zu schützen.
Der entstand durch die Formgebung: Unter dem Elektronenmikroskop erkennt man, dass die Viren außen aussehen, als hätten sie kleine Kronenzacken. »Corona« ist der lateinische Ausdruck für »Kranz« oder »Krone«. Diese Zacken dienen dem Virus dazu, an unsere Zellen anzudocken. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die »königliche« Bezeichnung inzwischen anerkannt.
Es ist übrigens streng verboten, die Namen von Forscher:innen oder angsteinflößende Bezeichnungen oder Länder als Namen für Viren oder Erkrankungen zu verwenden. Das war bis vor wenigen Jahren noch ganz normal, es ist aber Unsinn, weil Viren keine Länder kennen und auch keine Absichten haben.
Es ist insofern neu, als dass sich ein kleiner Teil der Erbsubstanz verändert hat. Das ist bei Viren einfach so: Sie verändern sich. Deshalb gehe ich auch jedes Jahr erneut zur Grippeimpfung. Das Virus heißt jetzt also SARS-CoV-2, weil es das zweite seiner Art ist und die Krankheit Covid-19 nach dem Jahr, in dem es entdeckt wurde.
Corona-Viren gibt es vielleicht schon, seit es Lebewesen mit Schleimhäuten gibt (Sie besiedeln ja gerne den Hals), aber die kleinen Einzelheiten des Virus-Aufbaus sind heute anders. Das ist genau wie bei uns: Jeder Mensch ist ein Mensch, jeder hat zwei Arme, zwei Beine und so weiter, und trotzdem ist jeder ein ganz kleines bisschen unterschiedlich.
Das war eine Aneinanderreihung von Erbgutveränderungen. Die passieren dauernd und ständig, die meisten kriegen wir nur nicht mit, weil die entstehenden, neuen Viren zum Beispiel eher Tiere oder Pflanzen befallen.
Das ist Zufall. Viren werden dauernd milliardenfach auf den Markt des Lebens geworfen – oder sagen wir, »auf den Markt des Halblebens«, denn Viren sind ja zwischen Bio-Maschine und echtem Leben angesiedelt. Es überleben immer die Viren, die am besten angepasst sind oder genauer gesagt durch Zufall auf irgendetwas passen, in dem sie sich fortpflanzen können. Die anderen pflanzen sich nicht fort. Man kann also nicht sagen, das »neue Covid-19-Virus« ist jetzt besonders fies, sondern es ist einfach nur eines, das zufällig besonders gut »passt«. Es ist nicht gut, es ist nicht böse. Es ist einfach da.
Das frisch veränderte Virus hat neue Eigenschaften, das heißt, kleine Teile seiner Erbsubstanz haben sich verändert. Dadurch wirken die Medikamente, die man bisher dagegen genommen hat, nicht mehr. Wobei das bei Viren immer so eine Sache ist. Eigentlich helfen Impfungen am besten, mit Antibiotika kann man da nichts anfangen, denn die wirken nur gegen Bakterien. Außerdem hat das Covid-19-Virus ein paar seltsame Eigenschaften. Kinder unter neun Jahren erkranken zum Beispiel so gut wie gar nicht, können das Virus aber trotzdem in sich tragen und verbreiten. Ganz am Anfang war auch nicht klar, ob es sich nicht einfach um eine Art von Grippe handelt: Es war ja gerade Grippezeit. Außerdem können sich bei neuen Viren auch deren Geschwindigkeit der Verbreitung oder die Andockstellen im Körper verändern.
Also: Es gibt ganz viele Gründe, warum sich Viren manchmal schnell verbreiten – bis man ein Heilmittel gefunden hat, viele Menschen unempfindlich geworden sind oder den Kontakt zwischen Menschen einschränkt.
Ja, auf jeden Fall. Das Corona-Virus gab es ja schon einmal in ähnlicher Form in China – als Sars. Viren verändern sich immer weiter, jeden Tag vollziehen sie zig Mutationen. Deshalb gibt es auch manche, die für den Menschen gefährlicher sind als andere.
Während Sars in China (2002/2003). Damals wurden sogar noch die Straßen desinfiziert.
Ja, schon vor Jahrhunderten wurden Krankheiten durch Handel und Geschäftsbeziehungen, und manchmal auch aus Bösartigkeit in Kriegen, hin- und hergetragen. Das ist schon immer so gewesen. Es kann allerdings auch passieren, dass innerhalb der gleichen Region ein Ansteckungskreislauf entsteht. Die Pest hat zum Beispiel etwa ein Drittel der Europäer:innen hinweggerafft. Weder die Verbreitungswege noch eine Heilung waren bekannt, das war entscheidend für die mehrfache Wiederkehr der Seuche.