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Thomas Mann

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Beschreibung

»Die Flut steigt. […] Es sind die Bücher.« Zahlreich waren die Verleger und Verlage, die Thomas Mann großzügig mit Freiexemplaren bedachten. Auch um öffentliche Lektüreempfehlungen wurde der arrivierte Schriftsteller gerne gebeten – ganz besonders um die Weihnachtszeit, wenn die Neuausgaben sich häuften. Auch in jenem Jahr 1925 hatte Mann bereits Sammelbeiträge unter anderem für das Prager Tagblatt und die Badische Presse verfasst. Mit diesem umfangreicheren Text, der Anfang Dezember offenbar in Eile geschrieben und am 13. Dezember 1925 in der Frankfurter Zeitung veröffentlicht wurde, wollte Mann wohl darüber hinaus Verbindlichkeiten erfüllen. Dass ihm mehrere Schreibfehler bei Namen und Titeln unterliefen, deutet darauf hin, dass er dem Artikel darüber hinaus wohl keine große Wichtigkeit beimaß. Seine Empfehlungen sind jedoch auch deshalb interessant, weil sie Einblick in seine private Lektüre und damit nicht selten in die Vorbereitung gerade entstehender Werke bieten.

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Seitenzahl: 19

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Thomas Mann

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Essay/s

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In der Textfassung derGroßen kommentierten Frankfurter Ausgabe(GKFA)Mit Daten zu Leben und Werk

{1055}Katalog

Die Flut steigt. »Da brachen auf alle Brunnen der Tiefe und taten sich auf die Fenster des Himmels, und kam ein Regen auf Erden vierzig Tage und vierzig Nächte.« Es sind die Bücher. »Und das Gewässer nahm überhand und wuchs sehr auf Erden.« Gemeint ist der Novitätenregen, zur lieben Ankunftszeit, vor Weihnachten. Der Elementarvorgang sei als Kalamität und Heimsuchung gekennzeichnet durch den Vergleich; er trägt diesen Charakter. Die Federn meiner Chaiselongue, die mir als Ablagestätte dient, sind ruiniert. Nie wird das Polster sich wieder schwellend erheben; unter Geisteslast ist es eben worden wie ein Brett und wird, wenn geräumt, konkave Gestalt gewonnen haben. Mein Bücherbort hat einen Vorbau, dessen Plattform gleichfalls als vorläufiger Stapelplatz des täglichen Einlaufs herhalten muß. Das Schichtwerk lagernder Volumina steigt an der Wand der stehenden Bände empor; es verdeckt und verbaut sie; mit Wehmut habe ich festzustellen, daß meine »eignen« Bücher – ich mache noch diesen Unterschied – meinem Blick und Zugriff durch Neuigkeiten entzogen sind. Wie sollten es nicht gemischte Gefühle sein, diejenigen, mit denen ich den Schwall und Segen betrachte? Es überwiegen dennoch die freudigen, stolzen und dankbaren. Es überwiegen die der Bewunderung!

Rührenderes und Achtbareres gibt es nicht als diese deutschen Verleger. Niemand kauft. Die Zeiten drücken, es ist so gut wie sicher, daß auch zum Feste der Aufschwung ausbleiben wird. »Weihnachtlichen Charakter«, hört man die Firmenhäupter in würdigem Kummer äußern, »hat das Geschäft bis dato leider nicht annehmen wollen.« Sie aber tun das Ihre. Sie bringen hervor. Sie drucken und binden, sie beschicken den {1056}Markt, sie halten, umsichtig, neugierig, unternehmend und tapfer, in empfindlich-gutwilliger Fühlung mit Zeit und Zukunft, gehe es, wie es gehe, den stolzen Standard der deutschen Bücherproduktion aufrecht. Soll man nicht auch das Seine tun? Ihnen sekundieren, so gut man kann? Nicht hinweisen, auffordern, namhaft machen, nicht auswahl- und andeutungsweise wenigstens, aufzeigen, was, immerhin, trotzdem, quand même, geleistet und angeboten wird?