Keine Zeit und trotzdem fit - Gert von Kunhardt - E-Book

Keine Zeit und trotzdem fit E-Book

Gert von Kunhardt

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Beschreibung

Für Vielbeschäftigte ist Bewegung nicht nur ein notwendiger Ausgleich, sondern auch wichtig, um im stressigen Arbeitsalltag leistungsfähig bleiben zu können. Doch wer hat schon Zeit und Lust, nach einem langen Arbeitstag noch anstrengende Trainingseinheiten im Fitnessstudio zu absolvieren oder stundenlang joggen zu gehen?

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Gert und Marlén von Kunhardt

Keine Zeit und trotzdem fit

Minutentraining für Vielbeschäftige

Campus VerlagFrankfurt/New York

Für Philipp, Felix, Saskia, Jule und Ira

Leseprobe

Über das Buch

Für Vielbeschäftigte ist Bewegung nicht nur ein notwendiger Ausgleich, sondern auch wichtig, um im stressigen Arbeitsalltag leistungsfähig bleiben zu können. Doch wer hat schon Zeit und Lust, nach einem langen Arbeitstag noch anstrengende Trainingseinheiten im Fitnessstudio zu absolvieren oder stundenlang joggen zu gehen?

Alle Ratschläge und Übungen in diesem Buch wurden von den Autoren sorgfältig recherchiert und in der Praxis erprobt. Weder die Autoren noch der Verlag haften für Schäden, die aus der Befolgung der in diesem Buch gegebenen Ratschläge resultieren.

Über die Autoren

Gert von Kunhardt ist ehemaliger Spitzensportler und Sportdezernent der Bundeswehr. Er ist als Senator h.c. im Gesundheitssenat des Berufsverbandes Deutscher Präventologen und als Juror für Präventionsprogramme bei McKinsey tätig. Gemeinsam mit seiner Frau Marlén von Kunhardt, Gesundheitspädagogin, trainiert er seit über 20 Jahren Führungskräfte (darunter DaimlerChrysler, Hamburger Sparkasse und Kaufhof).

Inhalt

Vorwort von Werner Tiki Küstenmacher

Neuer Schwung für Ihr Leben

Teil 1: Weniger ist mehr

Eine neue Einstellung

Bewegung und Entspannung gegen die Beschleunigungsfalle

Teil 2: Erfrischen statt Erschöpfen

Das Wunder des menschlichen Körpers

Lassen Sie es langsam angehen: Das Prinzip der subjektiven Unterforderung

Bewegung ist der Schlüssel

Schluss mit dem Diätwahn

Teil 3: Gesund und gelassen im Alltag

Ein Leben in Bewegung

Einfach und wirksam: Das bewegungsaktive Minutentraining

Minutenübungen im Alltag

Machen Sie das Minutentraining zur Routine

Ohne Schweiß und Kraft: Leichtes Ausdauertraining

Joggeln statt Joggen

Welche Sportarten eignen sich für ein Ausdauertraining, welche nicht?

Effektiv und schonend: Muskelwachstum durch exzentrisches Training

Das exzentrische Training in der Praxis

Freude an der Bewegung: Das Geheimnis des hochelastischen Trampolins

Trampolinschwingen in der Praxis

Die Anti-Stress-Strategie

Entspannungsmethoden

Minutenurlaube

Was Sie sonst noch wissen sollten

Teil 4: Motivation

Sie können es schaffen!

Motivationshilfen

Entschluss

Anhang

Interviewpartner

Ausgewählte Literatur

Register

Vorwort von Werner Tiki Küstenmacher

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn Sie dieses Buch in die Hand genommen haben, sind Sie mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 90 Prozent keine Sportskanone. Sie haben vielleicht schon des Öfteren gute Vorsätze gefasst: jeden Tag Morgengymnastik, abends Joggen, dreimal die Woche ins Fitness-Studio – doch dann kam der normale Alltag mit seinen tausend großen und kleinen Anforderungen, und da war beim besten Willen kein Platz für Fitnesstraining in Ihrem dicht gedrängten Zeitplan. Oder Sie gehören zu den Menschen, die sich nicht den Luxus leisten können, alles liegen zu lassen und sich Zeit zu nehmen für den eigenen Körper und dessen Ertüchtigung, denn Sie haben eine große Familie oder einen sehr fordernden Beruf. Oder Sie sind ein Geistesmensch, der sich ausgesprochen schwer tut mit sturem Gestrampel und dumpfem Gewichtestemmen.

Wie auch immer: Hier sind Sie richtig. Willkommen in der Welt der eher bewegungsarmen Durchschnittsmenschen! Für Menschen wie uns haben Gert und Marlén von Kunhardt ein Herz.

Gesundheitstrainer erzeugen bei mir häufig ein schlechtes Gewissen – nicht so die Kunhardts. Als ich 2001 das Buch simplify your life schrieb, habe ich in dem Kapitel »Vereinfachen Sie Ihre Gesundheit« die Grundideen der Kunhardtschen Methode vorgestellt, weil sie geradezu vorbildlich dem simplify-Grundgedanken entsprechen: von jedem jederzeit umsetzbar. Die genial einfachen Übungen lassen sich in jedem Tagesablauf unterbringen, auch in extremen Stressphasen. Ich habe es selbst ausprobiert und war von Anfang an begeistert. Mittlerweile machen meine Unterschenkel fast automatisch die Minuten-Übungen, wenn ich in einer Sitzung hocke, Auto fahre oder fernsehe. Der Erfolg ist spürbar: kaum noch Verkrampfungen und deutlich weniger Müdigkeit nach langem Sitzen.

Der enorme Erfolg von simplify your life hat viele Eltern. Gert und Marlén von Kunhardt gehören entscheidend mit dazu. An dieser Stelle ein herzhaftes Dankeschön dafür!

Natürlich wären, ginge es nach den Orthopäden, jeden Tag zwei Stunden intensive Bewegung optimal. Dazu die Stunde Meditation, die einem von den spirituellen Lehrmeistern empfohlen wird. Und die Zeit für die intensiven Gespräche mit Partner, Kindern, Freunden, die uns die Therapeuten ans Herz legen. Und die Zeit des langsamen Genießens, für die sich die Verfechter von slow food und Entschleunigung stark machen. Wir ersticken an solchen Maximalforderungen. Alle sind sie herzlich gut gemeint. Doch das ist, wie man weiß, häufig das Gegenteil von gut. Denn wer sieht, was er eigentlich alles leisten müsste, gibt häufig ganz auf – und tut dann nicht einmal mehr das, wozu er durchaus fähig wäre.

So gesehen geht es in diesem Buch um weit mehr als nur um Bewegung und körperliche Fitness. Es geht um das Prinzip der kleinen Schritte, um das Wiederfinden des menschlichen Maßes. Wir können Gesundheit nicht erzwingen. Wir können sie uns nur durch ein gutes Verhältnis zu unserem Körper schenken lassen. Das bedeutet, diesen wunderbaren Körper zu mögen, ihn gut zu behandeln und klug mit ihm umzugehen.

Genau das lernt man in diesem Buch. Meinen Glückwunsch, dass Sie es in die Hand genommen haben. Blättern Sie um und legen Sie los! Viel Freude dabei wünscht

Werner Tiki Küstenmacher, im Sommer 2007

Neuer Schwung für Ihr Leben

Es ist vielleicht unser größter Fehler, mehr darauf zu achten, dass die Altersversorgung stimmt, als darauf, dass wir später auch gesund genug sind, davon zu profitieren.

Dieses Buch richtet sich an Menschen, die über der beruflichen Anforderung die eigene Gesundheit vernachlässigt haben, aber trotzdem leistungsfähig bleiben wollen. Bei dem Versuch, ein gesundheitlich optimales Leben zu führen, stoßen wir bei Teilnehmern unserer Seminare stets auf eine zentrale Schwierigkeit: »Ich weiß, dass ich mich mehr bewegen müsste, schaffe es aber irgendwie nicht! Und wenn ich dann doch gestartet bin, habe ich nach drei Monaten die Lust verloren.« Die meistgenannten Hindernisse für ein gesundes Leben sind:

»Ich müsste mehr tun, aber ich weiß nicht, wie ich es anfangen soll!«

»Ich habe keine Zeit für ein tägliches Training!«

»Ich bin nun mal kein sportlicher Typ!«

»Ich finde es unnatürlich, langweilig und lästig!«

»Ich habe viel zu lange nichts getan!«

»Jetzt bringt es sowieso nichts mehr.«

»Ich mag keine Fitness-Studios!«

»Sport ist zu teuer.«

»Ich kann mich einfach nicht aufraffen!«

Es gibt sicher noch mehr Argumente gegen ein persönliches Gesundheitstraining. Aber wir sind uns sicher, dass es Ihnen nach der Lektüre dieses Buches möglich sein wird, mehr Schwung in Ihr Leben zu bringen. Auch wenn Sie zu denen gehören, die aufgrund ihrer beruflichen Belastung kaum Zeit für sportliche Aktivität finden oder keine Lust haben.

Training bis zur Erschöpfung ist nicht nur zeitraubend, sondern sogar schädlich!

Sie müssen sich nicht verausgaben und auch zeitlich nicht unter Druck setzen, um fit zu werden. Durch bewusstes Zurücknehmen auf etwa 50 Prozent der individuell vorhandenen Möglichkeiten entstehen überproportionale Gesundheitsgewinne. Amerikanische Versicherungen veröffentlichten bereits vor Jahren, dass die größten Gesundheitsgewinne eintreten, wenn man beim Sport nicht schwitzt.

Wir alle sind der platten Wellness-Angebote und Uralt-Sportkurse müde und wollen nicht mehr bevormundet und herumkommandiert werden. Zwar werden uns weiter unermüdlich die abenteuerlichsten Fitness-Versprechungen gemacht. Aber sie werden letztlich nicht eingehalten.

Der wirklich erfolgreiche Weg führt inzwischen weg von der Wellness hin zur Selfness, zur Kompetenz, selbst tätig zu werden. Es braucht viel weniger, als uns die Fitness-Industrie glauben machen möchte. Wenn Sie also unsere Tipps und Hilfen nicht nur lesen, sondern auch ausprobieren, werden Sie das bestätigen und sich dazu besser fühlen – ohne zusätzlichen Zeiteinsatz und ohne besonderen finanziellen Aufwand!

Vom Leistungsschwächsten zum Vize-Weltmeister

In der Schule war ich, Gert von Kunhardt, der Kleinste und Schwächste der Klasse und wurde bei Wahlen zu Mannschaftsspielen regelmäßig als Letzter gewählt. Während des Barrenturnens riss mir beim einfachen Schwingen das Brustbein, sodass ich vom damaligen Lehrer als Leistungsschwächster folgerichtig die schlechteste Sportnote bekam. Meine Sportkarriere begann deshalb im Ruderclub Wetzlar als Steuermann, wo ich nur mit lauter Stimme den Takt vorzugeben und mit Geschick das Steuer zu bedienen hatte.

Später, bei der Bundeswehr, war es mein Wunsch, Offizier zu werden. Das schien aber unerreichbar, weil eine der Mindestvoraussetzungen dafür der Nachweis des Sportabzeichens war. Von den fünf Bedingungen – 100-Meter-Lauf, Weitsprung, Kugelstoßen, 5000-Meter-Lauf und 300-Meter-Schwimmen – schaffte ich drei Disziplinen nicht. Erst im dritten Dienstjahr hatte ich ein Erlebnis, das meine Leistungsmöglichkeiten in einem ganz neuen Licht erscheinen ließ.

Während eines Waldlaufs (ich war ein zäher Läufer) musste ich über einen Bach springen. Mir kam der Sprung ziemlich weit vor, sodass ich ihn behelfsmäßig mit einem trockenen Ast abmaß. Beim Nachmessen stellte ich zu meinem grenzenlosen Erstaunen fest, dass ich im Wald offenbar locker über 5 Meter weit gesprungen war, obwohl ich dies am Vortag auf dem Sportplatz nicht geschafft hatte. Die geforderte Distanz für das Sportabzeichen betrug 4,75 Meter. Ich hatte also spielerisch diese für mich magische Pflichtweite übersprungen, ohne dass ich mich dabei besonders hatte anstrengen müssen.

Am nächsten Tag bat ich deshalb beim Sport, Weitspringen war wieder an der Reihe, darum, dass mir bei 4,75 Meter ein gelbes Farbband quer durch die Sprunggrube gelegt werde. So bekam ich sozusagen das »gegenüberliegende Ufer« markiert. Im ersten Versuch sprang ich 5,30 Meter! Das war für alle eine große Überraschung.

Mir war damals noch nicht klar, welche Bedeutung dies für mein ganzes Leben haben sollte, aber ich wusste nun immerhin, dass ich viel mehr leisten konnte, als ich geglaubt hatte. Ich ahnte auch, dass es nicht so sehr auf Krafteinsatz und Durchhaltewillen, sondern auf das Optimieren der vorhandenen Möglichkeiten ankam.

Mit dem größeren Zutrauen zu meiner eigenen Leistungsfähigkeit wuchs die Erkenntnis, dass meine Ergebnisse umso besser wurden, je losgelassener und spielerischer ich damit umging. Ich wurde in die Offizierslaufbahn übernommen und bekam das Angebot, ein Training zum Modernen Fünfkampf aufzunehmen. Die Disziplinen Degenfechten, Kraulschwimmen und Reiten musste ich neu lernen, auch im Pistolenschießen war ich ungeübt. Nur Ausdauerlaufen konnte ich bereits gut.

Nach einem Jahr hatte ich bereits die Spitzengruppe der Bundeswehr erreicht, die damals die halbe Nationalmannschaft stellte. Und genau 732 Tage nach meinem ersten Trainingstag gewann ich 1963 die Bronzemedaille bei der Deutschen Meisterschaft. Damit qualifizierte ich mich für die Olympischen Spiele 1964 in Tokio und wurde ab sofort von fünf verschiedenen Bundestrainern auf die Wettkämpfe vorbereitet. Und alle forderten gnadenlos Maximalleistungen.

Ich merkte jedoch, wie meine Leistungen durch das harte Training nachließen, statt besser zu werden. Daraus zog ich den Schluss, die Trainingsforderungen nur noch zur Hälfte zu erfüllen. Nicht mehr vierzig 100-Meter-Intervallläufe in je 12,5 Sekunden mit jeweils nur einer Minute Pause dazwischen, wie es der Bundestrainer forderte, sondern nur noch zwanzig. Das Ergebnis: Ich stellte einen neuen deutschen Rekord auf. 1964 gewann ich bei der Militär-WM eine Bronze- und mit der Mannschaft eine Silbermedaille.

Ganz entscheidend für diese Leistungen war, dass ich mich im Training nicht verausgabt und meine Energiepotenziale nicht bereits unnötig verpulvert hatte. Und das ist auch der Grund, weshalb ich heute noch Spitzenleistungen in meiner Altersgruppe bringe und seit Jahren regelmäßig Landesmeister im Orientierungslaufen bin, während meine früheren Sportfreunde aus der Nationalmannschaft alt, verbraucht und drei von ihnen schon tot sind.

Durch meine sportkritischen Aufsätze in Bundeswehr-Fachzeitschriften wurde man im Personalamt auf mich aufmerksam und bot mir an, der erste militärische Sportdezernent der Bundeswehr zu werden. Ich sagte zu und avancierte somit sozusagen über Nacht zum »Cheftrainer« des Heeres in der Bundeswehr. Zu meinen Aufgaben gehörten der Breiten- und Spitzensport, vornehmlich internationale Wettkämpfe, das Vorschriftenwesen und vieles mehr.

Als Sportlehrerin machte ich, Marlén von Kunhardt, derweilen die Erfahrung, dass meine Schüler und Schülerinnen umso bessere Noten schrieben, je häufiger sie körperlich in Bewegung waren.

Wir wollten mehr über den Zusammenhang zwischen Bewegung und Leistung wissen, insbesondere, wie körperliche Leistungen mit minimalem Aufwand verbessert werden können. Also nahmen wir Verbindung zu renommierten Universitätslehrern auf.

Wie alles begann

Professor Dr. med. Volker Diehl gab uns das Stichwort »Homöostase«. Er lehrte uns, dass es auf das Gleichgewicht, die Balance des Stoffwechsels ankomme. Also nicht einseitig das Tempo erhöhen, sondern den ganzen Körper mit seinem Immunsystem im Auge behalten, weil die Selbstheilungskräfte unvorstellbar groß sind.

Professor Dr. med. Horst von der Hardt überzeugte uns während eines gemeinsamen Spazierganges in der Lüneburger Heide, wo wir völlig verdreckte Kinder beim Spielen beobachteten, mit der Feststellung, dass diese Kinder ihr Immunsystem dadurch so trainieren, dass sie mit größter Wahrscheinlichkeit keine Allergien bekommen werden. Wir begriffen, dass unser Immunsystem genauso anpassungsfähig ist, wie Muskeln trainierbar sind.

Von Professor Dr. med. Wildor Hollmann bekamen wir den Hinweis »Weniger ist mehr«. Er zeigte uns mit seinen Forschungen, dass sich die meisten Freizeitsportler – an Säuren gemessen – bis an den Rand des körperlichen Zusammenbruchs belasten, weil sie den Schmerz wegen der gerade deswegen überproduzierten Beta-Endorphine und der daraus entstehenden Glücksgefühle nicht bemerken.

Von Professor Dr. med. Richard Rost lernten wir, dass es nicht nur um eine halbe Stunde Jogging am Tag geht, sondern um ein insgesamt bewegtes Leben. Er schockte uns: »Wer sich heute nicht mehr bewegt, ist gewissermaßen schon ein bisschen tot.« Der Dirigent Kurt Masur bestätigte auf die Frage eines Redakteurs des NDR in der Sendung NDR Kultur am 4. Oktober 2006, ob er denn nicht im 81. Lebensjahr so langsam seinen Ruhestand genießen möchte, eindrucksvoll: »Ich denke nicht ans Aufhören. Das täte meinem Körper nicht gut und käme einem Todesurteil gleich!«

Von Professor Dr. med. Gerrit Simon erfuhren wir, dass schnellstmögliches Muskelwachstum durch »Isometrisches Training« möglich ist, also durch eine maximale Muskelanspannung von nur fünf bis zehn Sekunden gegen nicht ausweichenden Widerstand. Wir müssen uns also nicht unbedingt eine Stunde lang im Fitness-Center abmühen, sondern können Fitness in Sekunden- oder Minutensequenzen erreichen.

Je mehr wir uns weiterbildeten, umso stärker wuchs die Erkenntnis: Der bis dahin propagierte Leistungssport nach der Devise »Je stärker der Reiz, desto größer die Anpassung« konnte nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Gemeinsam erkannten wir, dass das »Prinzip der subjektiven Unterforderung« der Schlüssel dafür war, auch scheinbar sportlich unbegabten Menschen und Sportmuffeln Freude an gesundheitlich wirksamer Bewegung zu vermitteln.

Wenn Menschen sich nur so belasten, dass sie subjektiv glauben, es sei zu wenig, werden sie niemals scheitern. Dann und nur dann entfalten sich alle schon vorhanden Potenziale. Der Sportwissenschaftler Dr. Elmar Wienecke stellte fest: »Moderates körperliches Training – also nicht mehr als 30 bis 40 Minuten – erhöht die Aktivität natürlicher Killerzellen deutlich, genauso wie die Abwehr der weißen Blutkörperchen gegen Krebszellen.« So können Ergebnisse erzielt werden, von denen die meisten nicht einmal zu träumen wagen. Doch davon später mehr.

Unsere Erkenntnisse veröffentlichten wir erstmals 1986 im Manager Magazin und in der Wirtschaftswoche. Seitdem trainieren wir Führungskräfte und zeigen Ihnen, wie sie trotz ihres anstrengenden Berufsalltags fit und leistungsfähig bleiben können.

Wir sind heute der Überzeugung, dass jeder mit kleinem Aufwand sehr viel erreichen und so fit bleiben oder werden kann, wie wir es sind. Aber nur unter zwei Bedingungen:

Notwendig ist, dass Bewegung Spaß macht. Man muss Lust dazu haben.Es muss Menschen geben, die anderen zeigen, was wirklich in ihnen steckt

Gerade beruflich stark eingespannte Menschen haben oft weder Zeit noch Lust, sich nach einem stressigen Arbeitstag auf das Fahrrad zu schwingen oder durch den Wald zu joggen. Gerade für die beruflich Engagierten ist es jedoch besonders wichtig, gesund und leistungsfähig zu bleiben, um im Arbeitsalltag bestehen zu können.

Wir wissen aus der Praxis, dass Trainingsangebote

kurz,

alltagsorientiert,

einleuchtend,

einfach und

ergiebig sein müssen.

Und darüber hinaus soll es auch noch Spaß machen!

Wir werden Ihnen zeigen, wie Sie mit wenig Zeit und Aufwand fit, leistungsstark und gelassen werden und dauerhaft bleiben können. Deshalb stellen wir Ihnen in diesem Buch unsere erprobte und bewährte Kunhardt-Methode vor, die zusammengefasst lautet:

Nicht verbissen trainieren, sondern gelassen mehr Mut zur Langsamkeit zeigen!

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Freude dabei.

Gert und Marlén von Kunhardt

TEIL 1

WENIGER IST MEHR

Eine neue Einstellung

Knapp 50 Prozent aller Todesfälle in Deutschland sind auf Herz-Kreislauf-Schwächen (hauptsächlich Herzinfarkte) zurückzuführen. Die Hälfte aller Berentungsanträge wird mit Rückenbeschwerden begründet. Gelenkbeschwerden wie Arthrose und Arthritis werden bereits bei über 10 Millionen Menschen als (heute immer noch) irreparabel geltender Schaden beklagt. Das Gesundheitsministerium warnt vor einer Epidemie bei Zuckerkrankheiten. 15 Millionen Menschen werden nach Schätzungen in den nächsten Jahren in Deutschland Diabetes II bekommen, wenn sie ihren Lebensstil nicht ändern. Die zunehmenden psychischen Erkrankungen seien hier nur am Rande erwähnt, von den Allergien ganz zu schweigen. Allesamt Zivilisationskrankheiten, wie sie nur in der westlichen Welt vorkommen.

Wir haben zu lange gegen uns selbst gelebt. Wir hören unsere Körpersignale nicht mehr und bewegen uns viel zu wenig. Dort, wo der Rücken durch tägliche Arbeit besonders belastet wird, wie beispielsweise in den Dritte-Welt-Ländern, gibt es keine Rückenschmerzen. Dr. med. Ulf Basting-Neumann bestätigte uns: »In meiner bisher dreijährigen Arzttätigkeit in Nepal habe ich nur insgesamt zweimal Patienten mit Rückenschmerzen behandeln müssen. Die Nepalis tragen regelmäßig sehr schwere Lasten, mit einem Stirnband am Kopf aufgehängt, auf dem Rücken. Sie bekommen dadurch keine Rückenbeschwerden.«

Wie richtige Bewegung aussieht, können Sie sich auch bei Wildtieren abschauen. Oder haben Sie jemals gehört, dass man bei Rehen, Hirschen, Füchsen oder Kaninchen in der freien Wildbahn Herz-Kreislauf-Störungen, Krebs, Gelenkdeformationen, Allergien oder ähnliche Zivilisationserkrankungen festgestellt hat? Obwohl diese Tiere in der gleichen Zeit wie wir leben, im gleichen Klima, im gleichen Lärm, in der gleich schlechten Luft, bekommen sie keinen Herzinfarkt. Weshalb brauchen sie bis an ihr Lebensende keine Gelenkprothesen? Weil sie sich natürlich bewegen! Sie rennen und hasten nicht, sondern sie »ziehen«, sie »schnüren«, sie »streichen ab«, sie »trollen sich«, alles Begriffe von moderater Bewegung. Nur selten werden sie hochflüchtig. Und wenn sie mal »abspringen«, dann nur für 50 oder 100 Meter bis ins nächste Gebüsch. Das dazu für uns Menschen passende Wort wäre »schlendern«. Es ist jedoch völlig aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Zum Schlendern haben wir heute keine Zeit mehr. Wir hasten und eilen dagegen mit Auto, Flugzeug und Rolltreppe, aber bewegen uns trotzdem immer weniger, sitzen schon im Durchschnitt mehr als dreieinhalb Stunden vor dem Fernseher.

Der Aachener Gesundheitsforscher Michael de Toja beklagt, »dass ein Mensch, der sich heute morgens duscht, quantitativ mehr Muskeln aktiviert als am übrigen Tag im Büro«! Tatsächlich gehen wir durchschnittlich nur noch knapp 1000 statt notwendiger 9000 Schritte am Tag. Mithilfe eines Schrittzählers, auf den wir auf Seite 140 noch eingehen werden, können Sie das selbst leicht feststellen.

Professor Wildor Hollmann, Ehrenpräsident des Weltverbandes für Sportmedizin und ehemaliger Leiter des Instituts für Herz-Kreislauf-Forschung an der Sporthochschule Köln rechnete vor, dass wir innerhalb der letzten 30 Jahre unseren muskulär-kalorischen Verbrauch aufgrund mangelnder Bewegung um 900 Kilokalorien pro Tag reduziert haben, und erklärt: »Einen solch drastischen Stoffwechselrückgang hat es in der gesamten Menschheitsgeschichte niemals zuvor in so kurzer Zeit gegeben. Das kann nicht ohne Folgen bleiben.« Mittlerweile werden die meisten Tätigkeiten von Maschinen übernommen. Wir selbst führen nur noch Restarbeiten aus.

Die Gegenmaßnahmen scheinen logisch: Aufforderung zu mehr Sport und Trimm-dich-Aktionen und Aufklärungsarbeit über richtige Ernährung. Aber bisher hat das alles wenig genutzt. Die Annahme, dass eine Verhaltensänderung schon allein deswegen eintritt, weil das Angebot vergrößert wird, hat sich erwiesenermaßen nicht bestätigt. Sie hat im Gegenteil bewirkt, dass der Freizeitsport zum Unfallrisiko Nummer 1 in Deutschland geworden ist. In den letzten Jahren mussten sich durchschnittlich 33 Prozent der Deutschen mindestens einmal in ärztliche Behandlung begeben, weil sie sich bei Sport und Spiel verletzt hatten. Stattdessen gibt es viele Menschen, die zu viel des Guten tun und sich auf diese Weise eher schaden. Hauptgründe: Fehleinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeiten und mangelnde Eigenverantwortung.

Hier muss der Hebel angesetzt werden. Statt ständig neue Modesportarten zu propagieren, wäre es sinnvoll, eine innere Zuwendung der Betroffenen zu mehr Bewegung zu wecken und so die Basis zur Übernahme von Eigenverantwortung zu schaffen.

Dazu brauchen wir eine andere Einstellung: Eine Einstellung, die sich nicht an bestimmten Leistungen, sondern an Lebensfreude orientiert und die so viel Raum für Hintergrundinformationen lässt, dass ein Kompetenztransfer möglich wird, der Grundlagen für richtige Entscheidungen liefert. Eine Einstellung, die sich an berühmten und leistungsfähigen Menschen orientiert, die gesund alt geworden und ohne Krankheiten gestorben sind.

Zum Beispiel an Konrad Adenauer, der täglich mehrfach die über 90 Treppenstufen zu seinem Haus in Rhöndorf stieg, Boccia spielte und im Übrigen seine Rosen beschnitt. Er hat auf die Frage von Journalisten, ob ihm eine Rolltreppe zum Überwinden dieser eben genannten 90 Stufen nützlich wäre, mit folgenden Worten geantwortet: »Sie sind wohl von der Opposition, dass Sie mich umbringen wollen. Sie wissen doch ganz genau, dass das tägliche Treppensteigen mich fit hält.« Auch Jean-Paul Sartre hat immer noch Recht mit seinem Ausspruch: »In der Jugend ruinieren wir unsere Gesundheit um unseres Kontos willen. Im Alter ruinieren wir unser Konto, um unsere Gesundheit aufzupäppeln.«

Wir huldigen dem Spitzensport, kommen aber selbst nicht in Bewegung. Wir wollen gesund sein, tun aber zu wenig dafür. In den folgenden Kapiteln wird das Paradox begründet. Dabei zeigen wir Ihnen, wie Sie dennoch gesund und leistungsfähig werden und bleiben können. Es ist einfacher, als viele denken. Wir müssen nur die Zusammenhänge kennen und dieses Wissen angemessen in die Tat umsetzen.

Entspannen Sie sich

Die Leistungsgesellschaft prägt unser Leben. Für Konsum opfern wir Zeit, Kraft und Individualität. Wer von uns hätte denn den Mut, vor Verwandten, Freunden und Kollegen einzugestehen, dass er seine gut bezahlte Arbeitsstelle aufgäbe und sich lieber zurückstufen ließe, bevor sie über seine Kräfte ginge? Schwächen und Überforderung zuzugeben ist absolut indiskutabel. Eher rackern wir uns zu Tode, bevor wir sie eingestehen. Der Österreicher Herbert Bronnenmeier schrieb in seinem Buch Topfit, Spitzensport einmal anders: »Wir sterben nicht, wir bringen uns selbst um.«

Das Ausleben natürlicher Bedürfnisse ist auf ein Minimum reduziert. Dazu gehören sowohl die Notwendigkeit aktiver Bewegung als auch der Ausgleich durch körperliche und geistige Ruhe. Die wie Pilze aus dem Boden schießenden Fitness-Studios, Wellness-Hotels und fernöstlichen Meditationszentren sind deutliche Beweise dafür, dass der Mensch diesen Ausgleich braucht.

Wir haben verlernt, uns zu entspannen. Nun geben wir viel Geld aus, um in Kreativkursen, Meditationsseminaren, Vita-Clubs oder gar Lebensmanagementtagungen dafür Anleitung zu bekommen.

Bis heute aber bleibt gültig, was der mittelalterliche Abt und Mystiker Bernhard von Clairvaux schon im Jahr 1115 sagte:

»Du sollst dich nicht immer und nie ganz der äußeren Tätigkeit widmen, sondern stets ein Quäntchen deiner Zeit und deines Herzens für die Selbstbesinnung zurückbehalten.«

Das Phänomen Stress

Wenn unser Motor immer auf Hochtouren läuft und die Zeit nicht auch für Bewegung und kreative Pausen genutzt wird, geraten wir in einen Zustand permanenter An- und Verspannung. Wir nennen dieses Phänomen »Stress«. Uns dominiert das Gefühl: Es muss etwas geschehen, aber:

»Ich habe keine Zeit.«

»Wie soll ich das bloß alles schaffen?«

»Ich bin fix und fertig.«

»Mir wird das alles zu viel.«

»Ich kann so schlecht schlafen.«

»Ich finde nicht zu mir selbst.«

»Ich fühle mich ausgelaugt.«

Stress oder besser gesagt eine Stressreaktion ist aber ursprünglich nichts Schlechtes, sondern eine natürliche Antwort unseres Körpers auf Gefahren und damit im Grunde (über-)lebensnotwendig. Ein gesunder Stressverlauf sieht in etwa so aus:

Die Gefahr ist da und wird wahrgenommen (Stressauslöser).

Der Körper reagiert mit einem plötzlichen Anstieg seiner Leistungsfähigkeit (Stressreaktion).

Es folgt eine körperliche Reaktion (Angriff, Kampf oder Flucht), die den Stress wieder abbaut.

Was geschieht in unserem Körper, wenn er auf einen Stressauslöser reagiert?

1. Kreislauf- und Blutdruck

Der Herzschlag wird beschleunigt.Der Blutdruck steigt.Die Blutgefäße der Muskulatur werden erweitert.Die Blutgefäße der inneren Organe dagegen werden mit weniger Blut versorgt.

2. Hormone

Das Adrenalin steigt (Fluchthormon).Das Noradrenalin steigt (Aggressionshormon).Das Hydrocortison steigt (Schutz vor Verletzungen).Das Cholesterin steigt um 25 Prozent (Reparaturen).

3. Stoffwechselreaktion (als Folge der Hormonausschüttungen)

Die Zahl der roten Blutkörperchen (Sauerstoffträger) steigt, um schneller und ausdauernder rennen zu können.Die Blutgerinnung wird verbessert (Schutz vor Verblutung).Der Blutzuckerspiegel steigt (Traubenzuckerspritze), um über mehr schnelle Energie zu verfügen.

Zusätzlich werden sämtliche Muskelpartien mit mehr Kraft ausgestattet, die Funktionen des Gehirns, der Verdauung und sogar der Sexualität dagegen werden eingeschränkt und in gewissem Maße blockiert. Flucht oder Angriff sind sofort möglich. Bei etwaigen Verletzungen schützt die Blutgerinnung vor dem Verbluten. Das ist der eigentliche Sinn des Stresses: eine Überlebensstrategie für den Steinzeitmenschen. Er soll bei Gefahr entweder flüchten oder angreifen können. Darin unterscheiden wir uns auch heute noch kaum von den meisten Tieren.

Während aber ein gesunder Stressverlauf mit einer körperlichen Reaktion ausklingt, befindet sich der moderne Mensch ständig »auf dem Sprung«, ohne dabei nur ein einziges Mal wirklich zu springen. Der Abbau der Stressreaktion bleibt aus, die dauernde Anspannung wird als Belastung bis hin zur Überlastung erlebt – dieses negative Empfinden bezeichnen wir heutzutage gemeinhin als Stress, genauer gesagt als Distress (im Gegensatz zum Eustress, der als positive Herausforderung wahrgenommen wird). Stress ergibt sich also aus der Summe der bewusst und unbewusst auf uns Menschen einwirkenden Reize (Seh-, Geruchs- und akustische Reize, seelische Belastungen aller Art). Körperliche Bewegung wäre das richtige Mittel, um die Stressreaktionen abzubauen. Bleibt die körperliche Reaktion aber aus, kann Stress viel leichter zum Distress, zum unverarbeiteten, schädlichen Stress werden – mit möglicherweise fatalen Folgen:

Die dauerhaft erhöhte Grundspannung der Muskulatur kann leicht Ursache für zahlreiche Muskelverspannungen werden.

Der vom Stress ausgelöste Bluthochdruck schädigt das Gefäßsystem und begünstigt das Entstehen von Arteriosklerose.

Die Zunahme der Blutgerinnung führt zur Blutverdickung und erhöht die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden.

Die Einschränkung der Sexualfunktion belastet Psyche und Partnerschaft.

Neigungen zu Aggression und Depression bleiben unbewältigt und suchen sich andere Ventile, zum Beispiel in launischer Unzufriedenheit.

Schlaflosigkeit, Magendruck, Herzjagen und ähnliche Symptome können chronische Formen annehmen.

Je nach Stressintensität werden Stresshormone in Sekundenschnelle um ein Vielfaches erhöht. Sie sind Sauerstoffräuber, die zusätzliche Probleme schaffen, weil sie beträchtliche Mengen an gefährlichen Sauerstoffradikalen entstehen lassen.

Schlafstörungen

35 Prozent der Deutschen leiden heute unter massiven und behandlungsbedürftigen Schlafstörungen. Weitere 45 Prozent haben ein ungestilltes Bedürfnis nach richtig erholsamem Schlaf, das heißt, sie wachen nachts häufig auf, schlafen schlecht wieder ein und fühlen sich morgens unausgeschlafen. Eine Studie belegt, dass sich die Zahl der an Schlaflosigkeit leidenden Menschen innerhalb der letzten 30 Jahre verdreifacht hat; und Menschen in der westlichen Welt schlafen durchschnittlich ein bis zwei Stunden weniger als noch vor hundert Jahren.

Wer bei Licht einschläft, produziert zu wenig des Schlafhormons Melatonin. Genauer gesagt: Das Enzym N-Acetyl-Transferas oder AA-NAT wird bei Licht unterdrückt. Dem Schlaf fehlt dadurch die Tiefe und Erholsamkeit.

Was sind die Gründe für schlechtes Schlafen? Einer ist sicher die allgemeine Erhöhung des Lebenstempos. Es ist »in«, immer »on« zu sein, und in unserer Leistungsgesellschaft ist es ein erklärtes Ziel, in immer kürzerer Zeit immer mehr zu leisten. Wir kennen die Schlagwörter: Arbeitsverdichtung, Personalabbau, Überstunden und so weiter. Hinzu kommt die Reizüberflutung durch aufmerksamkeitfordernde Werbung. Der Kampf um die TV-Einschaltquoten ist ein Beispiel dafür. Das Rund-um-die-Uhr-Fernsehen macht für den die Nacht zum Tag, der sich darauf einlässt. Fast vier Stunden sieht der Deutsche im Durchschnitt fern.

Die Flut der Informationen

Wussten Sie, dass in einer Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung mehr Informationen stehen, als ein Mensch im 17. Jahrhundert in seinem ganzen Leben erhalten hat? Der Hirnforscher und Nobelpreisträger John Eccles erklärt dazu: »Innerhalb eines Jahres ist der Durchschnittsbürger so vielen Stunden Unterhaltung, Ideologie, Information und Überredung ausgesetzt wie während der gesamten Stundenzahl seiner Schulzeit. Dazu kommt die Wirkung von Presse, Film, Bestsellern und so weiter, sodass heute die informierteste Bevölkerung aller Zeiten zugleich auch die verwirrteste, verzweifelteste und verunsicherteste ist.« Wir versuchen, mit Multitasking mehrere Dinge gleichzeitig zu tun und unser Wissen zu vermehren. Damit schaffen wir aber nicht mehr Wissen, sondern wir zerfasern unsere Konzentrationsfähigkeit.

Der New Yorker Kommunikationsspezialist Neil Postman beschreibt es so: »Wir leben in einer Welt der völligen Reizüberflutung. Es fällt uns daher schwer, ruhig und konzentriert zu sein. Zu viele Informationen strömen auf uns ein. Wir können beinahe beliebige Wahrnehmungsfilter aufsetzen, um uns vor Informationen zu schützen, aber diese Wahrnehmungsfilter funktionieren immer schlechter. Wer nicht weiß, woher er kommt und wohin er geht, kann Informationen nicht filtern.«

Das heißt, dass wir heute mehr und mehr die Übersicht verlieren und wie das Kaninchen vor der Schlange bewegungslos verharren. Der Philosoph Odo Marquard spricht bereits vom Leben in wachsamer Faulheit, in dem die zum Ausgleich notwendige Bewegung fehlt. Die ganze Crux rührt daher, dass zum Ausgleich natürlicher Stresssituationen die körperliche Aktivität, also Angriff oder Flucht, fehlt. Professor Dr. Ludwig Demling, ehemaliger Direktor der Medizinischen Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg, formulierte es einmal so: »Nichts ist so gut für die Stressbewältigung wie körperliche Aktivität bis zum Schweißausbruch.«

Bewegung und Entspannung gegen die Beschleunigungsfalle

US-Wissenschaftler fanden heraus, dass mäßiges körperliches Training gegen Schlafstörungen hilft und die Schlafqualität verbessert. Demnach schlafen sportliche Senioren durchschnittlich eine Stunde länger und benötigen zum Einschlafen im Vergleich zu ihrem inaktiven Vorleben nur noch die Hälfte der Zeit. Diese Erkenntnis ist deswegen von Bedeutung, weil eine andere Studie ermittelt hat, dass Menschen, die regelmäßig weniger als sechs Stunden schlafen, ein um 30 Prozent erhöhtes frühes Sterblichkeitsrisiko haben. Dort werden dem Fernsehen und dem Computer im Schlafzimmer sehr schlechte Noten gegeben.

Wir leisten heutzutage mehr Kopf- als Hand- oder gar Beinarbeit. Die Stoffwechselbilanz ist negativ. Wir flüchten uns geradezu in die Passivität (zum Beispiel beim Sport-Fernsehen), im Glauben, selbst aktiv zu werden. Das hat eine schleichende Verringerung des Energieumsatzes zur Folge. Dadurch wird der für das rastlos arbeitende Gehirn notwendige Sauerstoff nur unzureichend nachgeschoben. Die Gedanken kreisen, können nicht zur Ruhe kommen. Die Schlaflosigkeit ist vorprogrammiert.

Unsere Seminarteilnehmer schildern uns ihren Tagesablauf häufig so: »Schnell aufstehen, schnell ins Büro, schnell nachhause, schnell was essen! Wozu sollte ich dann joggen gehen? Was ist schon ein Marathon gegen einen völlig normalen Arbeitstag!« Hier wird die Beschleunigungsfalle sichtbar: Weil Stresshormone extreme Sauerstoffräuber sind, tritt eine so starke Erschöpfung ein, dass die Kraft zum körperlichen Ausgleich nicht mehr reicht und man die erhöhte Spannung einfach resigniert aushält. Das aber hat zur Folge, dass bei gestressten Menschen der Muskeltonus (die Grundanspannung der Muskulatur) so zunimmt, dass Iris Mangold, die Leiterin der Massageabteilung unseres früheren Instituts für Bewegungstherapie und Rehabilitation über die Kurpatienten sagte: »Sie fühlen sich bei der Massage wie gefrorene Hähnchen an.«

Gertrud Höhler plädiert dafür, dass zur neuen Leistungskultur auch eine besondere Form des Entspannens gehöre. Sie spricht von der Kunst des Regenerierens: »Die Wirtschaftswundergeneration hatte dafür keine Zeit. Ihr Leben war nichts als Arbeit. Wir sollten etwas mehr versuchen!« Zu dieser Lebenskunst gehört die Fähigkeit, eine ausgeglichene Balance zwischen Muss und Muße zu finden. Das Leitbild heißt »Balance your Life« und meint den gesunden Ausgleich von Berufs- und Privatleben. Die alte Rechnung für den Tagesablauf – je ein Drittel für Arbeit, Schlaf und Freizeit – geht aber schon lange nicht mehr auf.

Die Sehnsucht ist tief, der Wunsch nach Entschleunigung groß. Lothar J. Seiwert spricht inzwischen von der ausgewogenen Zeitbalance zwischen Speed und Downsizing. Rhythmus statt Tempo leben. Innehalten und bewusst leben. Und heute schon könnte der erste Tag Ihres zukünftigen Lebens beginnen! Was ist dazu erforderlich?

Zum einen ist eine Neubewertung des Erfolgsdenkens und des Konsumprinzips zugunsten der Gesundheit nötig. Setzen Sie sich geistig mit den Stressoren auseinander, nehmen Sie viele Dinge nicht mehr so wichtig, und lassen Sie den negativen Stress gar nicht erst entstehen. Autogenes Training beispielsweise kann den Hormonspiegel im Blut bis um die Hälfte senken.

Zum anderen müssen Sie Ihre Bewegungsaktivität erweitern und so die Folgen der Stressreaktion verbrennen sowie die auf Stress reagierenden Betarezeptoren (»Informationssensoren«) desensibilisieren. Moderate Bewegung ist das natürlichste Mittel zum Stressabbau. Deshalb behandeln wir diese Möglichkeit hier am ausführlichsten.

Das Wunder des menschlichen Körpers

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Lassen Sie es langsam angehen: Das Prinzip der subjektiven Unterforderung

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Bewegung ist der Schlüssel

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Schluss mit dem Diätwahn

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TEIL 3

GESUND UND GELASSEN IM ALLTAG

Ein Leben in Bewegung

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TEIL 4

MOTIVATION

Sie können es schaffen!

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Entschluss

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Anhang

Interviewpartner

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Ausgewählte Literatur

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Register

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Impressum

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Copyright © 2007 Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main.

Illustrationen: Markus Hederer

Umschlaggestaltung: R.M.E., Roland Eschlbeck und Ruth Botzenhardt

Umschlagmotiv: © Getty Images

Konvertierung in EPUB: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN der Printausgabe: 978-3-593-38381-1

ISBN der EPUB-Ausgabe: 978-3-593-40361-8

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