3,99 €
»Der Nebel steigt, es fällt das Laub; / schenk ein den Wein, den holden! / Wir wollen uns den grauen Tag / vergolden, ja vergolden!«
Sofort erkennt man, dass diese Zeilen nur aus der Feder eines großen Literaten stammen können, hier aus derjenigen Theodor Storms. Doch der norddeutsche Schriftsteller Klabund hat nicht nur die klassischen Trinklieder seiner Heimat zusammengetragen, sondern über 2000 Jahre Weltliteratur nach ihnen durchsucht. Und so entstand 1920 erstmals diese Sammlung von Sauf- und Trinkliedern der großen Dichter: Von Anakreon zu Hafis zu Horaz, vom alten China zum romantischen England oder gar zum »Trinklied der Nonnen« der Anna von Köln gilt es hier die ganze (Trink-)Kultur der Menschheit zu entdecken.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 81
Die schönsten Sauf-und Trinklieder derWeltliteratur
Ausgewählt von Klabund
Anaconda
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und
enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugteNutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzungdurch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitungoder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere inelektronischer Form, ist untersagt und kann straf- undzivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlichgeschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- undData-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor.Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Dieser Band erschien zuerst 1920 unter dem Titel Das trunkene Liedbeim Erich Reiß Verlag in Berlin. Die dort enthaltenen Illustrationenvon Kurt Szafranski wurden nicht übernommen.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2023 by Anaconda Verlag, einem Unternehmender Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlagmotiv: Instrumente Terriana / stock.adobe.com;Weinflasche UKRAINIAN / stock.adobe.com
Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de
Satz und Layout: InterMedia – Lemke e. K., Heiligenhaus
ISBN 978-3-641-31139-1V001
www.anacondaverlag.de
Das trunkene Lied
Seliger Rausch
Zwiefache Glut
Das Gelage
Verschiedene Raserei
Der alte Trinker
Beim Weine
Trinklieder
Vierzeiler
An Bacchus
An seinen Mundschenk
An seinen Weinkrug
An Bacchus
An die Trinkgenossen
Das Lied vom Kummer
Die drei Genossen
Singende Gespenster
Der Hummer
Auf der Wiese
Der ewige Rausch
Beim vollen Becher
Lob des Weines
Lieder
Ballade vom angenehmen Leben
Ballade und Gebet
An Vater Movitz den Schwindsüchtigen
Venus und Bacchus
Fredmans Abschied von Ulla Weinblatt
Das Notabene
Jessy
Wiklafs Becher
Trinklied
Der Becher
Lob des Maßhaltens
Den liebsten bulen den ich han
Lob der Weine
Nach Anakreon
Trinklied der Nonnen am Niederrhein
Gaudeamus igitur!
Der Tag der Freude
Trinklied
Lebenspflichten
Trinklied im Winter
Faunenlied
Trinklied
Skolie
Zechlied
Rheinweinlied
Weihtrunk an die toten Freunde
Abendlied wenn man aus dem Wirtshaus geht
Punschlied
Tischlied
Ergo bibamus
Zwiegespräch
Solang man nüchtern ist
Klingsohrs Weinlied
Meine Muse
Trinken und Singen
Die Herbstfeier
Der Becher
An die Jünglinge
Vor dem Wein
Trinklieder
Östlich
Ritornelle
Trinklied
Historie von Noah
Der einsame Trinker
Perkêo
Das Hildebrandlied
Altassyrisch
Die Veltlinertraube
Das Ende des Festes
Die Schule des Silen
Der trunkene Gott
Die gefesselten Musen
Beim Rheinwein
Oktoberlied
Evoe!
Aufforderung
Trinklied
Triolette
Trinklied eines fahrenden Landsknechts
Der Halkyonier
Lieder
Er bokulirt im Hirschen
Bruder Liederlich
Mein Trinklied
Betrunkene Rede
Elsässisches Trinklied
Geistliches Trinklied
Trinklied
Trinklied
Trinklied
Der letzte Trunk
O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
Ich schlief, ich schlief –,
aus tiefem Traum bin ich erwacht:
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh –,
Lust – tiefer noch als Herzeleid;
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit!
– will tiefe, tiefe Ewigkeit!
Nietzsche
Wann Bakchos erst mich heimsucht,
Dann schlummern meine Sorgen,
Reich bin ich dann, wie Krösos,
Und singe süße Weisen.
Bekränzt mit Efeu lieg ich,
Im Übermute tret ich
Verachtend alles nieder.
– Schenk ein! Es gilt zu trinken!
* * *
Reich mir den Becher, Knabe!
Viel besser ist es, trunken
Als tot am Boden liegen.
Den Pokal, mein Sohn! Ein Trunk soll
Mir gedeihn, ein voller! Doch nimm
Nur den Becher Wassers zehnfach,
Und vom Lautern schöpfe fünfmal.
Denn nicht überkühn und maßlos
Mit dem Gott zu schwärmen denk ich.
Nicht den wilden Lärm fortan! Nicht
Wie der Skythe sich des Weins freut –
Unter süßen Liedern, sinnvoll,
Nur so sachte schlürfen wir ihn.
Anakreon
Reichet, reicht mir Wein, o Mädchen,
Vollauf, atemlos zu trinken!
Ein verratner Mann! Wie kocht es
Mir im Busen – ich ersticke!
Kränze von Lyäos’ Blumen
Gebt mir, um die Stirn zu winden!
Meine Schläfen glühn und toben.
– Aber Eros’ wilde Gluten,
Herz, wie mag ich diese dämpfen?
Anakreon
Kränze lasst uns, Rosenkränze,
Jetzt um unsre Schläfe winden,
Trinken unter milden Scherzen!
Einen Thyrsos in den Händen,
Welchen Efeulaub umrauschet,
Soll die Tänzerin den feinen
Fuß im Takt der Laute heben;
Und ein weichgelockter Knabe
Lasse seine würz’gen Lippen
Zu dem Saitenklang der Pektis
Herrlich von Gesange schwellen.
Eros selbst im goldnen Haarschmuck,
Mit dem schönen Gott Lyäos,
Mit der holden Kythereia,
Kommt, des Schmauses Lust zu teilen,
Dessen sich die Greise freuen.
Anakreon
Lasst, bei den Göttern, lasset
Mich trinken! Trinken will ich
Unabgesetzt und rasen.
Einst rasete Alkmäon,
Orest mit nackten Füßen,
Die Mörder ihrer Mütter.
Ich, keines Menschen Mörder,
Bezecht von rotem Weine,
Will ich, ja will ich rasen!
Einst rasete Herakles,
Den fürchterlichen Köcher
Und Iphitos’ Bogen schüttelnd.
Auch ras’te jener Ajas,
Als er samt seinem Schilde
Das Schwert des Hektor schwenkte.
Ich aber – mit dem Becher
Und mit bekränztem Haupthaar
Will ich, so will ich rasen!
Anakreon
Alt bin ich zwar, doch trink ich
Trotz einem Jüngling wacker;
Und wenn es gilt zu tanzen,
Mach ich in meinem Chore
Den tanzenden Seilenos,
Nehme den Schlauch zum Stabe.
Geht mir mit euren Stecken!
Hat einer Lust zu kämpfen,
Der kämpfe meinetwegen.
Auf! Bringe mir, o Knabe,
Gemischt mit honigsüßem
Weine den vollen Becher!
Alt bin ich zwar, doch trinke ich
Trotz einem Jüngling wacker.
Anakreon
Gebt mir des Homeros Leier,
Aber ohne blutge Saiten!
Gebt den Becher, um gehörig
Nach dem Trinkgesetz zu mischen;
Dass ich trunken möge tanzen
Und, noch klug genug im Taumel,
Zu dem Barbiton ein Trinklied
Mit gewaltger Stimme singen.
Gebt mir des Homeros Leier,
Aber ohne blutge Saiten!
Basilios
* * *
Auf Brüder, lasst uns trinken!
Was warten auf die Nacht!
Schon ist der Tag im Sinken –
Her, was uns fröhlich macht!
Her den vollen, den schäumenden Becher,
Den Freudebringer, den Sorgenbrecher,
Her mit dem Wein,
Bruder, schenk ein,
Lasst uns trinken und fröhlich sein!
Bakchos hat ihn gegeben,
Dass er uns Tröster sei.
Von allem, was das Leben
Bedrückt, macht er uns frei.
Drum her den vollen, den schäumenden Becher,
Den Freudebringer, den Sorgenbrecher,
Her mit dem Wein,
Bruder, schenk ein,
Schenk mir ein Glas ums andere ein!
Alkaios
Netz die Lungen mit Wein! Heiß über uns wandelt die Sonne schon,
Alles schmachtet und lechzt unter der Wucht drückender Jahresglut;
Schmelzend süßes Gezirp tönt aus dem Laub, wo die Zikade rasch
Ihre Flügel bewegt, denen der helltönende Sang entquillt.
Jetzt, zur Zeit wo die Golddistel erblüht, rasen die Weiber all,
Und die Männer sind schwach. Mark und Gehirn trocknet des Sirius
Gluthauch.
Alkaios
Seht, o seht, geliebte Brüder,
Lenz und Blumen kehren wieder,
Jauchzet ihrer Wiederkehr!
Gebt mir gleich aus diesem Fasse
Von dem honigsüßen Nasse.
Hurtig! Einen Becher her!
Alkaios
Schenke, bring den Quell der Jugend,
Zwei Pokale bring in Eile,
Voll von reinem Rebenblute,
Das den Schmerz der Liebe heile!
Bringe, was dem alten Zecher,
Was dem jungen schaffet Wonne!
Wein ist Sonne, Mond ist Becher,
Bring im halben Mond die Sonne!
Die Vernunft ist widerspenstig,
Ihrem Nacken bringe Schlingen!
Nasses Feuer sollst du schlagen,
Feuerwasser sollst du bringen!
Gib dem Trunknen Wein, und gänzlich
Werd ein Lump ich und ein Prasser!
Mag die Rose sich entfernen,
Reiner Wein ist Rosenwasser!
Wenn die Lieder auch verhallen,
Bringe mir ein Glas und klinge!
Klage nicht um Nachtigallen,
Barbiton und Geige bringe!
Gib den Schlaftrunk, denn im Schlafe
Wird mir ihr Genuss zuteile!
Sei es Tugend oder Laster,
Gib mir vollgemessen, eile!
Hafis
Schenke! Lass uns munter zechen,
Lass im Rosenhain uns kosen,
Lass uns das Gelübde brechen,
Denn es ist die Zeit der Rosen!
Wenn wir nach dem Garten wallen,
Wollen lärmen wir und tosen,
Wollen, wie die Nachtigallen,
Sinken in das Nest der Rosen!
Leeret unter diesen Bäumen
Den Pokal, den sorgenlosen,
Freude darf nicht länger säumen,
Es befahlen es die Rosen.
Kommt der Lenz, so magst du denken
An des Jahrs Metamorphosen:
Heische Wein und einen Schenken
Unter einem Zelt von Rosen.
Hafis
Schenke, durch die Glut des Weines
Lass den Becher Feuer fangen,
Sänger, spiele mir ein Liedchen,
Denn es geht mir nach Verlangen!
Die ihr ohne Kunde bliebet
Von der Trinker süßem Glücke:
Wisst, der Becher strahlt die Wange,
Die geliebte, mir zurücke.
Keiner wird des Todes sterben,
Den lebendig macht sein Lieben,
Darum ist im Weltenbuche
Meine Dauer eingeschrieben.
Nur so lange sind die Reize
Gültig mir von diesen Schlanken,
Als ich meine Zeder sehe
Zierlich mir entgegenschwanken.
O, was bist du so beharrlich
Zu vergessen mich beflissen?
Kommt ja doch von selbst die Stunde,
Welche nichts von mir wird wissen!
Weil der Rausch mir lieblich scheinet
In den Augen meiner Holden,
Lass ich gern die Zügel schießen
Jenen andern Trunkenbolden.
Hafis
Weißt du, warum ich trinke?
Von Hochmut strotz ich und Eitelkeit,
Und die will ich ersäufen
Im Meer der Betrunkenheit.
Hafis
Wir kamen in die Schenke
Mit blauen, himmlischen Kutten;
Der alte Wirt, der nahm sie,
Verwandelte sie zu Asche
Und kleidet’ unsere Leiber
Ins schönste Rosenrot,
Einschärfete zugleich auch
Das ernstliche Gebot:
Sich des gewohnten Bösen
Rein zu enthalten künftig,
Nie mehr zu fasten, nie mehr
Zu trauern und zu büßen
Und nichts mehr anzubeten
Andächtig und devot,
Als Feuer, Welt und Tonne;
Verheißend uns, wofern wir
Treu hielten ohne Wanken
An dieser reinen Lehre,
Ein Leben voller Wonne
Und einen seligen Tod.
Hafis
Wenn einst der jüngste Tag anbricht,
Hält Hafis neben Gottes Thron Gericht,
Und seine weinbelegte Stimme spricht:
Ihr, die ihr trunken taumeltet durchs Leben,
Dem Lächeln und dem Frühling hingegeben,
An Mädchenlippen saugtet wie an Reben,
Ihr, die ihr Brüder wart von Stern und Stier,
Besessen von des Falters Sonnengier:
Ihr heilig Trunkenen, zur Rechten mir!
Doch ihr, die ihr mit eurem Herzen kargtet,
Die ihr das Leben in die Tode sargtet,
Die ihr des Herbstes braune Blätter harktet,
Ihr, denen nie die schönen Huris sangen,
Die ihr am Leben wie am Strick gehangen,
Die ihr im Kerker eures Hirns gefangen: