0,00 €
Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: 1,0, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Institut für deutsche Philologie), Veranstaltung: Sprache, Wissen und Bedeutung, Sprache: Deutsch, Abstract: Zunächst möchte ich mich vorstellen: mein Name ist Lykandia und ich bin eine Priesterin des sechzigsten Zirkels - was schon beachtlich ist, da unsere Entwicklung sich nur von Level 1 bis 60 erstreckt. Genauer gesagt bin ich Priesterin der Untoten-Rasse der Horde. Meine Hauptberufe sind Kräuterkunde und Alchemie – ich erzeuge Zaubertränke mit erstaunlichen Potenzen, verkaufe diese im Auktionshaus für viel Gold oder nutze sie selbst in den großen Schlachten gegen Drakkistah oder den Geist Hakkars. Nebenbei beherrsche ich noch Fischfang, die Heilkunst und diverse Zauber, mit denen ich Untote fesseln und Gedanken kontrollieren kann. Mein Charakter ist der eines selbstsicheren Anführers. Mit aller Kraft und Macht, die mir in meiner Laufbahn verliehen wurde, gründete ich einst meine kleine Gilde, die „Magistri Umbrarum“, zu der mittlerweile 37 Mitglieder gehören, die tagtäglich mit mir in den Kampf ziehen. Mein Weg ist der Weg eines Pilgers, der nach Erkenntnis sucht - und die Kontinente Kalimdor und die Östlichen Königreiche gehören zu meinen Einsatzorten. Jeden Abend durchstreife ich sie auf der Suche nach Kräutern, Weggefährten und der Erklärung und Lösung für meine Quests. Ich suche nicht Macht – ich suche Einfluß. Ich suche Begegnung – aber nicht mit finsteren Mächten. So bin ich eben. So habe ich mich geformt. Tagsüber bin ich Studentin an der Universität Greifswald und schlüpfe nur am Abend in meine Rolle als mächtige Heilerin in der fiktionalen Welt von „World of Warcraft“. Genau dieser Schnittstelle zwischen Realität und Phantasie möchte ich mich auf den folgenden Seiten in meiner Hausarbeit widmen. Bei dem Computerspiel „World of Warcraft“ handelt es sich um ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG), welches 2005 im Cyberspace online ging. Es ist ein Abendteuerspiel mit Kampf-, Strategie- und Geschicklichkeitselementen, aber auch Alltags- und Rollenspiel - eine „Lebenssimulation“ in einer fiktional erschaffenen Welt, in welcher die beiden großen Fraktionen Allianz und Horde, also Menschen, Gnome, Zwerge und Nachelfen vereint gegen Orks, Untote, Trolle und Tauren kämpfen. Sein gnadenloser Suchtfaktor befällt acht- bis 80-jährige von Paderborn bis Timbuktu. Es ist multikukturell, multisprachlich und multiethnisch und in gewissem Grade auch multigeschlechtlich, wobei bisher nur etwa 10 Prozent der Spieler Spielerinnen sind – Tendenz jedoch steigend. [...]
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Page 1
„Klappstuhlkommando“ und andere sprachlich-wunderliche Phänomene in
Hausarbeit Germanistik im Hauptseminar „Sprache, Wissen und Bedeutung“, Sommersemester 2006
Verfasserin: Katharina Giers
Studiengang: Magister Germanistik, Deutsche Sprache, Erziehungswissenschaften im 6. Semester
Page 3
Vorwort
Zunächst möchte ich mich vorstellen: mein Name ist Lykandia und ich bin eine Priesterin des sechzigsten Zirkels - was schon beachtlich ist, da unsere Entwicklung sich nur von Level 1 bis 60 erstreckt. Genauer gesagt bin ich Priesterin der Untoten-Rasse der Horde. Meine Hauptberufe sind Kräuterkunde und Alchemie - ich erzeuge Zaubertränke mit erstaunlichen Potenzen, verkaufe diese im Auktionshaus für viel Gold oder nutze sie selbst in den großen Schlachten gegen Drakkistah oder den Geist Hakkars. Nebenbei beherrsche ich noch Fischfang, die Heilkunst und diverse Zauber, mit denen ich Untote fesseln und Gedanken kontrollieren kann.
Mein Charakter ist der eines selbstsicheren Anführers. Mit aller Kraft und Macht, die mir in meiner Laufbahn verliehen wurde, gründete ich einst meine kleine Gilde, die „Magistri Umbrarum“, zu der mittlerweile 37 Mitglieder gehören, die tagtäglich mit mir in den Kampf ziehen.
Mein Weg ist der Weg eines Pilgers, der nach Erkenntnis sucht - und die Kontinente Kalimdor und die Östlichen Königreiche gehören zu meinen Einsatzorten. Jeden Abend durchstreife ich sie auf der Suche nach Kräutern, Weggefährten und der Erklärung und Lösung für meine Quests. Ich suche nicht Macht - ich suche Einfluß. Ich suche Begegnungaber nicht mit finsteren Mächten. So bin ich eben. So habe ich mich geformt.
Tagsüber bin ich Studentin an der Universität Greifswald und schlüpfe nur am Abend in meine Rolle als mächtige Heilerin in der fiktionalen Welt von „World of Warcraft“. Genau dieser Schnittstelle zwischen Realität und Phantasie möchte ich mich auf den folgenden Seiten in meiner Hausarbeit widmen.
Bei dem Computerspiel „World of Warcraft“ handelt es sich um ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG), welches 2005 im Cyberspace online ging. Es ist ein Abendteuerspiel mit Kampf-, Strategie- und Geschicklichkeitselementen, aber auch Alltags-und Rollenspiel - eine „Lebenssimulation“ in einer fiktional erschaffenen Welt, in welcher die beiden großen Fraktionen Allianz und Horde, also Menschen, Gnome, Zwerge und Nachelfen vereint gegen Orks, Untote, Trolle und Tauren kämpfen.
Sein gnadenloser Suchtfaktor befällt acht- bis 80-jährige von Paderborn bis Timbuktu. Es ist multikukturell, multisprachlich und multiethnisch und in gewissem Grade auch multigeschlechtlich, wobei bisher nur etwa 10 Prozent der Spieler Spielerinnen sind -Tendenz jedoch steigend.
Page 4
In diesem Onlinespiel verkörpert jeder Spieler einen Charakter, gibt ihm ein Leben und eine dazugehörige Geschichte.
Am Beginn jeder Spielerlaufbahn steht die große Entscheidung welcher Fraktion, welcher Klasse und welcher Rasse man sich gern anschließen möchte. Wer die Wahl hat, hat die Qual… so gibt es acht Rassen, ebenso viele Charaktertypen, 15 Berufe und unendlich viele Varianten von Handwerksfähigkeiten, Ausrüstungen, Spezialistentum, Talenten und Neigungen, Hobbys - eine riesiges Arsenal von Optionen, aus denen man seinen Charakter formt - also sein virtuelles Alter Ego, mit dem man unter Umständen Jahre lebt, leidet, reift. Mit Tränen, Herzensblut, überschwänglicher Freude, Glücks-sowie
Erschlagenheitsmomenten, durchzechten Nächten und viel Aufregung, Kaffee und Ausdauer haucht der Spieler seinem Charakter Leben ein, erdenkt sich typische Charaktereigenschaften und eine weltadäquate Lebensgeschichte. Auf diese Weise entsteht ein Entwicklungsroman, eine zweite Biographie. „World of Warcraft“ ist eine eigene Welt. Es verändert sich ständig. Es lebt.
Genauso, wie ein erschaffener Charakter und die Phantasie sich an diese fiktionale Welt anpassen, so durchläuft auch die spielinterne Sprache unterschiedliche Entwicklungsprozesse. Erst mit dem Heranwachsen in diesem Spiel, also dem Aufstieg zu einem höheren Level, eignen sich die Spieler eine Sprache an, die auf Anglizismen, verqueren Abkürzungen und Expertenwissen und -floskeln basiert, und auf einen Nicht-Spieler unentschlüsselbar wie ein großes Rätsel wirkt.