Klassenfahrt in die Vergangenheit - René Bote - E-Book

Klassenfahrt in die Vergangenheit E-Book

René Bote

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Beschreibung

Die Klassenfahrt nach Altena könnte so schön sein - wenn nicht ausgerechnet Dr. Leppert die Klassenlehrerin vertreten würde! Da verzichtet Alessandra lieber auf die Führung durch die Burg und setzt sich mit Lasse zum Bergfried ab. Bloß dumm, dass sie die Öffnungszeiten nicht im Auge hat! Und was hat es eigentlich mit dem merkwürdigen Traum auf sich, der sie über 100 Jahre in die Vergangenheit reisen lässt?

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Seitenzahl: 40

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Klassenfahrt in die Vergangenheit

Teil ITeil IITeil IIILeseprobe: FilmdiebeLeseprobe: Schnitzeljagd mit FetzenschädelnImpressum

Teil I

„Über die Herkunft von Sprichwörtern haben wir schon im Unterricht gesprochen.“ Alessandra verdrehte die Augen zum Himmel. „Und über die Unterschiede von Land zu Land. Wussten Sie zum Beispiel, dass man in England nicht Eulen nach Athen trägt, sondern Kohlen nach Newcastle?“

Am liebsten hätte Alessandra sich die Ohren zugehalten, um das Gesülze des Lehrers nicht mehr hören zu müssen. Hatte der eigentlich keinen Knopf zum Ausschalten? Wenigstens eine Pause-Taste? Am Nachmittag hatte er schon allen die Führung durch die Dechenhöhle mit seinem Geschwafel vergällt, und jetzt ging es bei der Burgführung nahtlos weiter.

Alessandras Klasse kam aus Düsseldorf, und die Klassenfahrt nach Altena hätte der Höhepunkt des Schuljahres werden sollen. Die Sechstklässler hatten sich schon seit Monaten darauf gefreut, aber Dr. Leppert war als hauptverantwortliche Begleitperson ein dicker Minuspunkt. Dass er unter den Schülern nur „Der Deppert“ hieß, kam nicht von ungefähr, er nahm seinen pädagogischen Auftrag viel zu ernst, war weitschweifig und langatmig. Eigentlich war er auch nicht der Klassenlehrer der 6b, er vertrat lediglich Frau Pilaske, die schwanger und von ihrem Arzt etwas früher als geplant in Mutterschutz geschickt worden war. Sicher, mitgefahren wäre Dr. Leppert auf jeden Fall, aber ohne Frau Pilaske fehlte jemand, der ihm bei Bedarf – und den gab es wie gesagt oft – freundlich, aber bestimmt den Ton abdrehte. Seine Frau, die kurzfristig als zweite Begleitperson eingesprungen war, hielt sich da vornehm zurück. Sie stand vor einer Vitrine, in der mittelalterliche Waffen die Herkunft des Ausdrucks „Eine Lanze für jemanden brechen“ illustrierten, und las leise murmelnd die Texttafel.

Neben sich hörte Alessandra Rieke und Leyla spekulieren, ob Dr. Leppert die Burgführerin noch auf einen Kaffee einladen würde. Das hielt sie nun doch für unwahrscheinlich, so dumm, unter den Augen seiner Angetrauten mit einer anderen Frau zu flirten, konnte selbst der Deppert nicht sein, aber sie hatte inzwischen die Nase gestrichen voll und wartete nur noch auf eine Gelegenheit, sich abzusetzen. Sie musste aufpassen, denn Frau Leppert nahm ihre Aufgabe immerhin ernst genug, um sich beim Verlassen eines Raums zu vergewissern, dass keines der Kinder zurückblieb.

Der langgezogene Raum mit der Erklärung aus dem Mittelalter stammender Sprichwörter, in dem sie sich gerade befanden, war allerdings fast ideal für eine heimliche Flucht. Zwei Reihen mit Vitrinen machten ihn unübersichtlich genug, und die Spotscheinwerfer, die auf die Ausstellungsstücke gerichtet waren, ließen den Bereich längs der Wände in einer ungewissen Dämmerung liegen. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Zwei Schritte nach links brachten Alessandra in den Sichtschutz einer Vitrine. Hier würde Frau Leppert sie nicht sehen, wenn sie von der Tür aus zurückschaute, und sobald die Klasse weg war, würde sie sich unbemerkt absetzen können. Ihr stand der Weg zurück offen, durch die Tür, durch die die Klasse den Raum betreten hatte, sie konnte ihren Kameraden aber auch in gebührendem Abstand folgen und dann im Treppenhaus in eine andere Richtung abbiegen.

Rieke und Leyla achteten kaum auf sie, und auch die anderen zogen vorbei, ohne sich um Alessandra zu kümmern. Sie würden sich nichts dabei denken, dass Alessandra neben der Vitrine stehen blieb, jeder blieb hier und da stehen, um sich etwas genauer anzusehen. Die Gefahr, dass jemand sie bei Dr. Leppert und seiner Frau verpetzen würde, war also verschwindend gering.

Vorne war die Burgführerin mit ihren Erklärungen zu diesem Raum durch und hatte auch Dr. Lepperts Fragen endlich zu dessen Zufriedenheit beantwortet. Die Sechstklässler folgten ihr ins Treppenhaus, und als letztes Grüppchen zogen drei Jungs an Alessandra vorbei, Lasse, Firat und Cornelius. Aus einer Eingebung heraus griff Alessandra nach Lasses Arm und zog ihn zu sich heran. Sie hatte gesehen, dass er von Dr. Leppert genauso genervt war wie sie selbst, und der Gedanke, nicht allein, sondern zu zweit durch die Burg zu schlendern, gefiel ihr.

Lasse guckte zunächst wie ein Auto, als Alessandra ihn packte. Er konnte ja auch nicht ahnen, was sie im Sinn hatte, und die Aussicht, sich von ihr irgendwas zeigen zu lassen, was sie in der Vitrine entdeckt hatte, begeisterte ihn kaum mehr als Dr. Lepperts Geschwätz.

Auch Firat und Cornelius waren irritiert, und wahrscheinlich widersprachen sie nur deshalb nicht, als Alessandra ihnen mit einer Handbewegung bedeutete, weiterzugehen. Damit war auch die Entscheidung gefallen, in welche Richtung Alessandra mit Lasse abhauen würde, falls der überhaupt mitmachte, denn vielleicht würden Firat und Cornelius am Durchgang zum Treppenhaus auf Lasse warten.

Alessandra legte den Zeigefinger über die Lippen, um zu verhindern, dass Lasse sie in seiner Überraschung verriet. „Ich hau ab!“ flüsterte sie, als sie sicher sein konnte, dass Firat und Cornelius weit genug weg waren, um es nicht mehr zu hören. „Kommst du mit?“

Lasse starrte sie aus großen Augen an. „Wie...?“ In seiner Überraschung sprach er etwas zu laut, und Alessandra bedeutete ihm hastig, leise zu sein. „Wir gehen zurück, und dann nehmen wir einen anderen Weg.“ wisperte sie. „Kennst du dich hier aus?“ wunderte Lasse sich, und Alessandra nickte. „Ich war schon mal hier.“ erklärte sie vage.

Lasse reichte das, die Aussicht, Dr. Leppert und seinem nervtötendem Gehabe zu entkommen, überwog offenbar alle Zweifel, ob Alessandra sich wirklich so gut in der Burg auskannte, und alle Gedanken an die Standpauke, die sie bekommen würden, wenn ihr Verschwinden auffiel.