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Jedes Gedicht kennt ein Wetter, in dem es entsteht. Eines vor der Tür und eines am Schreibtisch seines Dichters. Nora Gomringer hat ihre Gedichte über einen Zeitraum zusammengetragen und ein Klima aus ihnen entstehen sehen. "Klimaforschung" ist ein Auftrag in Sachen Lyrik und ein lyrisches Ergebnis.
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Seitenzahl: 29
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Nora Gomringer
Klimaforschung
»Daheim« und »Liebesrost« wurden 2005 erstmals veröffentlicht auf lyrikline.org
»Für Anna« wurde erstmals veröffentlicht in: Der deutsche Lyrikkalender 2008, Alhambra Publishing
»Hündin« wurde erstmals veröffentlicht in: Buchwald, Stolterfoht (Hg.), Jahrbuch der Lyrik 2008, S. Fischer
singles 14
Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig, 2008
© by Verlag Voland & Quist – Greinus und Wolter GbR
ISBN: 978-3-938424-66-7
Covergestaltung: Matthias Friederich
E-Book-Erstellung: nimatypografik
www.voland-quist.de
Nora-Eugenie Gomringer, geboren 1980, ist Schweizerin und Deutsche. Sie lebte u.a. vier Jahre in den USA, wo sie enge Kontakte zur Performance-Poesie-Szene pflegte, und war Gast zahlreicher Poesiefestivals im In- und Ausland. 2006 veröffentlichte sie die Sprechtextsammlung »Sag doch mal was zur Nacht« (Voland & Quist), außerdem erschienen ihre Texte in Anthologien, Schulbüchern und Zeitschriften. 2007 wurde sie mit dem Kunstförderpreis des Freistaates Bayern (Sparte Literatur) und dem Kulturpreis Bayern ausgezeichnet. Im Mai 2008 folgte der Nikolaus-Lenau-Lyrikpreis.
Parameter der Forschung1:
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die Eltern und Brüder
die Lehrer2
die Besten3
die Orte4
die Jahre5
1) Meinen Dank an: Michael Stauffer – DICHTERSTAUFFER/Scratch Dee von Pyromusic/euch: L.G. + S.W.
2) U.R./O.M./L.B./H.S./T.S./H.D./F.K./B.D./H.B./M.K.
3) C.H./Y.Z./M.R./M.P./M.B./K.B./K.E./E.H./S.G./N.S./P.A./U.+E.F./E.D./C.K./R.S. siehe auch 1)
4) W./R./L.A./L./N.Y./Z./B.x 3
5) 2005-2008
MIKROKLIMA
MESOKLIMA
MAKROKLIMA
WETTER UND WANDEL
Bett
Eine Eisscholle
Die in der Welt treibt
Bis es Licht wird
Und Lärm gibt
Der die Robbenleiber
Zu Menschen schmilzt
Die wieder eingehen in den Kreislauf
Die wässrige Bahn
In den geweiteten Adern der Tage
Hier ruhen die Fische
Knapp unter der Oberfläche
Streuen sich, wenn das Licht sinkt
Zur Jagd finden sich zwei ein
Die gemeinsam lagern
Haut und Hülle
Hat das Wort eine Haut
Genommen von einem schnellen Tier
Gezogen über die Milch
Gesogen in einen Leib
Gesenkt in die Magengrube
Löwen darin, satt und still
Große Mutter
Morgen nicht mehr
Da und hier und in der Welt
Gleich gar nicht
Das wird ein Weinen
Dir und deiner Sippe
Aus dem Paradies heraus
Damit hier alles weh tut
Der erste Schrei, der letzte
Und die zwischenrein
Alles ein Vorwurf, auch diese Speise
Fadheit und Völle im Wechsel
Dreh unter den Fingerkuppen
Die sanftesten Tücher ein, mich
Bluten zu machen
Für alle zu sehen
Was ich geworden, wie ich bin
Lehrling
Die Tür offen
Schickt den Blick hinein
Eine Umgestaltung vor
Genommen, das Bad renoviert
Viele Stunden Wasser
Geschöpft, die Geister, die man rief
Vertrieben die Kacheln
Staub fein wie Duft
Auf den fleischigen Blättern
Der Pflanzen Grün-Braun
Wer kommt, für wen die Tore weit
Ein Meister
Eine Frau, die lehrt
Shibolet
Sprich meine Sprache
Feindlich auf den Ton
Den letzten
Angesetzt ein Messer
An der Kehle
Röchle, was uns trennt
Das Herz
Eine Artischocke
Mangogroß und blaufleckfarbig
Kann geschält und freigelegt werden
Schicht um Schicht
Wird staunend wahrgenommen
Ob ihrer Größe
Könnte Eden beherbergen
Zwischen den Lungen
Ward verdeckt von der Rippe
Aus der die Apfelesserin geschnitzt
Kaum mehr Aufhebens
Um ein Ding – pflanzbar, aussähbar
Nach deinem Unfall in mein Brustbeet.
Wiesenwende
Über Land
Wie Einheimliche, Unterbrechung
Einer Fahrt
Gleich gepolsterten Wahnsinns
Über Wiesen
Gelegt die Leiber
Die inneren wie äußeren
Im Grün erreicht, was verbindet
Verlegene Birken, wie scheue Mädchen
Verwandelt in einem Damals
Am Rand rotwangig der Frosch
Der uns sieht
Dir einen Teller vorsetzenAlles lauwarm darauf
Lange, die Stunden
Hinter dem Hollerbusch
Als ich Kniestrümpfe trug
Und einen Pferdeschwanz
An meinem Hinterkopf
Bis in den Nacken kämmen ließ
Du kamst zu mir
Nach dem Eins-bis-zehn-zählen
Eigentlich ein paar Jahre später
Da war der Sandkuchen verweht
Das Springseil aufgetrennt
Ich eine wirre Frau
Deren Türe offen stand
Und in deren Flur die Blätter
Getrieben worden waren