Kommunale Wirtschaft - Alfred Katz - E-Book

Kommunale Wirtschaft E-Book

Alfred Katz

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Beschreibung

Neben umfassenden Hinweisen, Fallbeispielen und Mustern gibt die Neuauflage eine verständliche Einführung zu kommunalen Daseinsvorsorge- und Infrastrukturaufgaben und bietet insbesondere zu folgenden Problemfeldern sachgerechte Lösungsansätze: - Neue Entwicklungen zu Strukturen und Funktionsweisen der Kommunalunternehmen - Probleme der strategischen Steuerung, des Controllings, der Compliance und der Haftung - Einflussrechte und Information, Aufgabengewährleistungs- und Einflusssicherungskonzepte - Neue Geschäftsfelder durch Energiewende, IT-Infrastruktur, technische und digitale Entwicklungen - EU-rechtlicher Rahmen und Vorgaben, Wettbewerbs-, Beihilfe- und Vergaberecht - Interkommunale Kooperationen sowie gemeinwohl- und bürgerorientiertes Daseinsvorsorgekonzept. Prof. Dr. Alfred Katz beschäftigt sich seit Jahrzehnten praktisch und wissenschaftlich mit allen Facetten der kommunalen Wirtschaft.

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Prof. Dr. Alfred KatzKommunale Wirtschaft

Leitfaden für die Praxis

Unter Mitarbeit von

Dr. Jan SeidelRechtsanwalt, KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Dr. Nicolas SonderRechtsanwalt, KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

2., erweiterte und überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Alfred Katz: Nach Ablegung des Dipl.-Verwaltungswirts (FH), Studium der Rechtswissenschaft, Politik und Wirtschaftswissenschaft in Tübingen und München, Assessorexamen 1972, bis 1975 wissenschaftlicher Assistent an der Universität Tübingen, von 1975 bis 1984 in verschiedenen Funktionen für Staats-, Wissenschafts-, Innen- und Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg tätig, von 1984 bis 2000 Erster Bürgermeister der Stadt Ulm/Donau, seither Rechtsanwalt und Kommunalberater sowie Partner bei der SGP Schneider Geiwitz & Partner in Neu-Ulm. Er ist mit einer Vielzahl von Veröffentlichungen vor allem in den Bereichen Verfassungsrecht, Verwaltungswissenschaft, kommunales Wirtschafts- und Abgabenrecht sowie Finanzwissenschaft hervorgetreten. Seit 1991 ist er Honorarprofessor an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg.

Im Einzelnen haben die 2. Auflage folgende Autoren bearbeitet:

Dr. N. Sonder: II 4 und 9, III 3 a (zus. mit Seidel), VI 6 und IX (im Teil 1).

Dr. J. Seidel: III 3 a (zus. mit Sonder), VIII (zus. mit Katz) und X (im Teil 1).

Prof. Dr. A. Katz: alle übrigen Teile und Abschnitte.

2. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-030494-9

E-Book-Formate:

pdf:  ISBN 978-3-17-030495-6

epub:  ISBN 978-3-17-030496-3

mobi:  ISBN 978-3-17-030497-0

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Neben umfassenden Hinweisen, Fallbeispielen und Mustern gibt die Neuauflage eine verständliche Einführung zu kommunalen Daseinsvorsorge und Infrastrukturaufgaben und bietet insbesondere zu folgenden Problemfeldern sachgerechte Lösungsansätze:

– Neue Entwicklungen zu Strukturen und Funktionsweisen der Kommunalunternehmen

– Probleme der strategischen Steuerung, des Controllings, der Compliance und der Haftung

– Einflussrechte und Information, Aufgabengewährleistungs- und Einflusssicherungskonzepte

– Neue Geschäftsfelder durch Energiewende, IT-Infrastruktur, technische und digitale Entwicklungen

– EU-rechtlicher Rahmen und Vorgaben, Wettbewerbs-, Beihilfe- und Vergaberecht

– Interkommunale Kooperationen sowie gemeinwohl- und bürgerorientiertes Daseinsvorsorgekonzept.

Prof. Dr. Alfred Katz beschäftigt sich seit Jahrzehnten praktisch und wissenschaftlich mit allen Facetten der kommunalen Wirtschaft.

Prof. Dr. Alfred Katz ist seit langem mit allen Facetten der kommunalen Wirtschaft beschäftigt. Er war viele Jahre in der Kommunalpolitik und istheute als Anwalt tätig. Unterstützt wird er durch zwei ausgewiesene Fachanwälte, die Herren Nicolas Sonder und Dr. Jan Seidel.

Vorwort zur 2. Auflage

Die kommunale Wirtschaft kommt nicht zur Ruhe. Sie ist bei stets wachsender Bedeutung weiter im stetigen Umbruch begriffen. Die kommunalen Daseinsvorsorge- und Infrastrukturaufgaben, aber auch die sog. nichtwirtschaftlichen kommunalen Betätigungen werden zunehmend vielfältiger und komplexer. Ausgelöst durch Liberalisierung, Privatisierung, Regulierung, Rekommunalisierung und „Auslagerung“ ist vieles im Fluss. Die Energiewende und der Umweltschutz, die rasante Digitalisierung und technischen Entwicklungen, aber auch der „Rekommunalisierung“ und besonders die „schleichende“ Europäisierung des Wirtschaftsrechts, des Wettbewerbs-, Vergabe- und Beihilferechts tragen dazu bei.

Mehr als zehn Jahre nach der ersten Auflage der „Kommunalen Wirtschaft“ erscheint nun eine zweite Auflage mit erweitertem Autorenkreis und der Einarbeitung der aktuellen Entwicklungen, der einschlägigen Gesetzesänderungen und der neuen Rechtsprechung sowie dem zunehmenden Einfluss des Europäischen Rechts (Stand: September 2016). Zu all diesen aktuellen Fragen gibt die Neuauflage auf der Basis des der ersten Auflage zugrunde liegenden erfolgreichen Konzepts eine zuverlässige und verständliche Einführung und bietet – wie der neu gewählte Untertitel „Leitfaden für die Praxis“ deutlich unterstreicht – zu den praxisrelevanten Fragen eine vertiefte Darstellung mit sachgerechten Lösungsansätzen. Wie sollen die Aufgaben, Strukturen und Funktionsweisen der Kommunalunternehmen bei Aufrechterhaltung einer aktiven, lebendigen kommunalen Selbstverwaltung gestaltet, wie sollen die Probleme der strategischen Steuerung, des Controllings und der Haftung, der Information und Einflusssicherung, der Energiewende und der Digitalisierung, des Public-Private-Partnerships (ÖPP) und der fortschreitenden wirtschaftsrechtlichen Vorgaben des EU-Rechts – die Schwerpunkte des Leitfadens – sachgerecht gelöst werden? Durch umfassende Hinweise, Fallbeispiele und Muster sowie Satzungs- und Vertragsentwürfe werden der Praxis vielfältige Hilfestellungen und Handlungsanleitungen gegeben. Im Einzelnen wird auch auf das nachstehende Vorwort zur 1. Auflage Bezug genommen und inhaltlich voll verwiesen.

Das Kommunalrecht der Länder ist vielfältig und heterogen. Im Wesentlichen bestehen jedoch einheitliche Strukturen und Vorgaben, die auch das Grundkonzept der 2. Auflage prägen. Einzelne Regelungen sind jedoch durchaus landesspezifisch. Vertieft wird in Teil 1 besonders auf die jeweils landesrechtliche Rechtslage in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eingegangen. Das Buch eignet sich für Praktiker und Studierende, besonders für Kommunalpolitiker, für die vielen Gemeinderäte als Aufsichtsratsmitglieder und die zahlreich in Kommunalunternehmen Tätigen.

Prof. Dr. Alfred Katz ist seit langem mit allen Facetten der kommunalen Wirtschaft beschäftigt. Er war viele Jahre in der Kommunalpolitik und ist heute als Anwalt bei SGP Schneider, Geiwitz & Partner, Neu-Ulm, tätig. Als Co-Autoren haben an diesem Buch Dr. Jan Seidel und Dr. Nicolas Sonder mitgewirkt, beide Rechtsanwälte im Bereich Öffentlicher Sektor bei der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Nürnberg bzw. Stuttgart. Die Co-Autoren, die ausschließlich ihre persönlichen Ansichten und Meinung wiedergeben, blicken jeweils auf langjährige Erfahrung aus ihrer Praxis bei der Beratung der öffentlichen Hand, insbesondere in den Bereichen des kommunalen Wirtschaftsrechts, des Vergaberechts und des EU-Beihilferechts zurück.

Vielen, die an der völlig überarbeiteten Neuauflage unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren, sagen wir schlicht danke. Dies gilt zuförderst dem Kohlhammer Verlag, der sie in Druck gesetzt hat, und Herrn Bahnert, der uns rund um die Neuauflage bestens betreut hat. Dies gilt aber ebenso der SGP Schneider Geiwitz & Partner, Neu-Ulm, allen voran Herrn Wirtschaftsprüfer Werner Schneider. Ferner bedanken sich die Co-Autoren für die wertvollen Anregungen und Hinweise von Frau Hübner und Herrn Lenk. Last not least ganz herzlichen Dank an Marita.

Im September 2016Alfred Katz

Vorwort zur 1. Auflage (Auszug)

Zweck und Ziel sowie Strukturen, Aufgaben und Funktionsweisen öffentlicher und insbesondere kommunaler Wirtschaftstätigkeit sind seit Mitte der 90er Jahre verstärkt in Veränderung, im Wandel, in einem Umbruchprozess begriffen. Nicht zuletzt ausgelöst durch die europäische und nationale Liberalisierungs- und Privatisierungsgesetzgebung (Bahn, Post, Telekommunikation, Energie, Abfall, Wasser, ÖPNV usw.) ist vieles in Bewegung. Wissenschaft und Praxis, Gesetzgebung und Rechtsprechung haben Schwierigkeiten und sind mitunter unsicher, die Entwicklungen und Konsequenzen der globalen und internationalen Liberalisierung, d. h. die Ausrichtung kommunaler Unternehmen an wettbewerbsorientierten und marktgerechten Verhaltensmaximen rechtlich in den Griff zu bekommen. Der sich vollziehende Funktionswandel ist in vollem Gange (auch ordnungspolitisch). Das klassische Bild öffentlicher Wirtschaftstätigkeit darf dabei nicht statisch verstanden werden, sondern ist nicht zuletzt aufgrund der europäischen Rahmenbedingungen dynamisch weiter zu entwickeln („neues Leitbild“). Die Vielzahl von spezialgesetzlichen Regelungen die den kommunalen Raum seit Anfang der 90er Jahre maßgeblich beeinflussen und ganz überwiegend durch EU-Recht ausgelöst und überlagert wurden bzw. werden, machen dies augenfällig. Die letzten Jahre waren aber auch geprägt von einer Vielzahl von „Auslagerungen“ aus den Kommunalhaushalten, von einem deutlichen Trend zu kommunaler Tätigkeit in Privatrechtsform, sowie von vielfältigen Kooperationsformen in Privat-Public-Partnership-Projekten (PPP), von neuen wettbewerbsorientierten Handlungsformen und von Trends zur Privatisierung.

Der davon ausgehende Anpassungs- und Veränderungsdruck, der noch durch die enormen Finanzprobleme verschärft wird, ist gerade auf der kommunalen Ebene besonders evident und vielfältig. Es wird immer schwieriger, „Gemeinwohlinteressen“, die Sicherung einer nachhaltigen Aufgabenerfüllung durch die Kommunen und die Gewährleistung einer modernen, leistungsfähigen Infrastruktur und Daseinsvorsorge mit knappen Ressourcen, einem „Lean-Management“ und dem durch Globalisierung, Wettbewerb und Privatisierung entstandenen Handlungsbedarf in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen und mindestens in „Konfliktsituationen“ angemessene Einflussrechte der Anteilseigner, der demokratisch legitimierten und letztlich über Steuern sich refinanzierenden Selbstverwaltungsorgane, zu sichern. Die kommunale Wirtschaft als zentraler Eckpfeiler der kommunalen Selbstverwaltung muss, will sie überleben und zukunftsfähig bleiben, diesen Veränderungs- und Modernisierungsdruck aktiv aufgreifen und konstruktiven, innovativen Lösungen zuführen, aber auch nachhaltig von EU, Bund und Ländern kommunalverträgliche Rahmenbedingungen einfordern.

Das vorliegende Buch will dazu einen Beitrag leisten. Es greift die breite Palette der aktuellen Problemstellungen auf und stellt sie in verständlicher, übersichtlicher und praxisorientierter Form dar. Im Teil 1 werden die einschlägigen Themen und Handlungsfelder im Gesamtzusammenhang dargestellt. Dabei wird zur Vertiefung auf eine umfangreichere Darstellung von weiterführenden Fundstellen, praktischen Hinweisen usw. ebenso wie auf anschauliche Abbildungen und eine gute Textgestaltung besonderer Wert gelegt. Der Teil 2 enthält die ausführliche und profunde Kommentierung des Rechts der wirtschaftlichen Betätigung des Landes Baden-Württemberg (Kunze/Bronner/Katz, a. a. O., Loseblattausgabe, Erl. zu §§ 102 bis 108 GemO BW). Mit einer synoptischen Darstellung der GO-Bestimmungen aller dreizehn Flächenbundesländer wird der Zugang zu der aktuellen, auf den neuesten Stand gebrachten Kommentierung (GemO BW) bundesweit ermöglicht und stark erleichtert (vgl. unten Teil 2, Abschnitt I). Im Teil 3 werden die Ausführungen durch drei Anlagen abgerundet (Muster einer Eigenbetriebssatzung und eines GmbH-Gesellschaftsvertrags; IDW-Prüfungskatalog zu § 53 HGrG).

Das Buch wendet sich an die Repräsentanten und Vertreter der Anteilseigner der kommunalen Unternehmen. Den demokratisch legitimierten Entscheidungsträgern der kommunalen Wirtschaft, den Räten, Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Verwaltungen, sollen sowohl ein verständlicher Gesamtüberblick als auch praxisorientierte Arbeitshilfen gegeben werden. Aber auch für die Kommunalunternehmen und ihre Geschäftsführungen sowie für alle Kommunalberater und -interessierten wird ein breiter Einstieg in die Gesamtproblematik und ein aktuelles Nachschlagewerk geboten.

Im März 2004Alfred Katz

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Teil 1:Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen

I.Einführung und aktuelle Ausgangslage

1.Problemstellung

2.Uneinheitliche, kontroverse Standpunkte

3.Ausgangslage

4.Aktuelles Koordinatensystem

II.Kommunale Selbstverwaltung und Kommunalunternehmen

1.Kommunalrechtliche Ausgangslage

2.Verfassungsrechtliche Absicherung (Art. 28 Abs. 2 GG und LV)

3.Landesrechtliche Vorgaben (Kommunalrecht)

4.Europarechtliche Vorgaben (unionsrechtlicher Rahmen)

5.Erscheinungsformen kommunaler Wirtschaftstätigkeit

6.Faktische Bedeutung der kommunalen Wirtschaftstätigkeit

7.„Konzern Stadt“

8.Herausforderungen und Zielsetzungen

9.Aktuelle Entwicklungen kommunalwirtschaftlicher Betätigung

a)Allgemeine Trends

b)Die Rolle der Energiewende

c)Weitere Sektoren

III.Zulässigkeitsvoraussetzungen und Grenzen

1.Begriff „wirtschaftliches Unternehmen“ (wirtschaftliche Betätigung der Kommunen)

2.Voraussetzungen und Grenzen (insb. „Schrankentrias“ und Territorialprinzip)

a)Öffentlicher Zweck

b)Leistungsfähigkeit und Bedarf

c)Subsidiaritätsklausel

d)Einzelfälle

3.Weitere begrenzende Rechtsgrundlagen (insbes. europäisches und nationales Wettbewerbsrecht)

a)Europäisches Unionsrecht

b)Verfassungsrechtliche Grenzen

c)Wettbewerbsrechtliche Grenzen (insb. §§ 1 und 3 Abs. 1 UWG)

d)Kartellrechtliche Grenzen (insbes. GWB)

IV.Rechts- und Organisationsformen kommunaler Wirtschaftstätigkeit

1.Überblick

2.Kompetenz für die Rechtsformwahl

3.Öffentlich-rechtliche Organisationsformen

a)Regiebetrieb

b)Eigenbetrieb

c)Rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (Kommunalunternehmen)

d)Zweckverband

e)Stiftungen des öffentlichen Rechts

4.Privatrechtliche Organisationsformen

a)Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG)

b)Aktiengesellschaft (AktG)

c)Sonstige privatrechtliche Organisationsformen

5.Organisationsformen interkommunaler Zusammenarbeit

a)Öffentlich-rechtliche Vereinbarung

b)Zweckverband

c)Gemeinsames Kommunalunternehmen/Anstalt des öffentlichen Rechts

d)Vergaberecht bei interkommunaler Zusammenarbeit

e)Umsatzsteuer bei interkommunaler Zusammenarbeit

6.Kriterien für die Rechtsformentscheidung

V.Einflusssicherung in Kommunalunternehmen (Ausgestaltung der Steuerungs- und Controllingrechte und -pflichten)

1.Gewährleistung der kommunalen Aufgabenerfüllung (öffentlicher Auftrag)

2.Einflusssicherung bei der GmbH

a)Grundpositionen, Kollisionskonzept

b)Einzelne Fallgruppen (Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat und Geschäftsführung)

c)Einwirkungsrechte auf die Geschäftsführung

d)Sonstige Einflusssicherung

e)Effiziente Unternehmensführung

3.Einflusssicherung in der AG

4.Steuerung und Controlling durch Rechnungslegung, Jahresabschlussprüfung usw.

a)Allgemeine Bedeutung

b)Gesetzessystematik und allgemeine Anforderungen

c)Jahresabschlussprüfung, insbes. Prüfung nach §§ 316 ff. HGB

d)Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung

e)Prüfung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

f)Risikomanagement und dessen Prüfung

5.Berichtswesen und Zielvereinbarung

VI.Beteiligungsmanagement und -Controlling

1.Inhalt und Funktionen

2.Organisation und Zuständigkeiten

3.Beteiligungsbericht

4.Beteiligungscontrolling

5.Erfolgsfaktoren und Instrumente

6.Compliance in öffentlichen Unternehmen

VII.Betriebsführung wirtschaftlicher Unternehmen

1.Besondere Wirtschaftsgrundsätze

2.Rechnungswesen

3.Wirtschaftsplanung

4.Steuerliche Fragen der Kommunalunternehmen

5.Personalfragen (kommunale Mitarbeiter)

6.Kommunale Haftung und Insolvenz

a)Ausgangslage

b)Problemstellung

c)Insolvenzfähigkeit der Kommunen und ihrer Unternehmen

d)Vertrags- oder vertragsähnliche Haftung der Kommunen für ihre Unternehmen

e)„Durchgriffshaftung“ auf die Kommunen für ihre Unternehmen

f)Zusammenfassung

VIII.Privatisierung kommunaler Aufgaben (PPP usw.)

1.Ausgangslage

a)Ursachen und Motivation von Privatisierung und Rekommunalisierung

b)Aufgabenbereiche

c)Rechtlicher Rahmen

d)Privatisierungsdiskussion

2.Begriffliches, Systematik, Fallgruppen

a)Die Begriffe „Privatisierung“ und „kommunale Aufgaben“

b)Formen der formellen und materiellen Privatisierung

c)„Regulierungsintensität“ kommunaler Aufgaben

3.Entwicklungslinien und Trends

a)Pro und Contra der kommunalen Aufgabenprivatisierung

b)Wandel und Veränderungen

c)Generelle strategische Optionen

d)Regulierungserfordernisse im Einzelnen

4.Kommunale Bedingungen und Ziele

a)Kommunalrechtliche Vorgaben

b)Sicherstellung des „Kommunalwohls“

5.Gestaltungsvarianten von Public-Private-Partnerships (ÖPP/PPP)

IX.Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse

1.Europäisches Daseinsvorsorge-Konzept

2.Spannungsverhältnis zwischen öffentlichem Auftrag und Wettbewerb

3.Nichtwirtschaftliche Dienstleistungen

4.Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) und Europäisches Beihilfenrecht

a)„Altmark-Trans“-Rechtsprechung des EuGH

b)Das „Almunia“-Paket der EU-Kommission

c)Die Betrauung mit DAWI

d)Sektorenspezifische Regelungen, insbesondere die VO/1370/2007

5.Offene Fragen

X.Vergaberecht (öffentliches Auftragswesen)

1.Bedeutung

2.Rechtsquellen

3.Struktur und Grundprinzipien

4.Öffentliche Auftraggeber und Aufträge

5.Vergabeverfahren

6.Nachprüfungsverfahren, Rechtsschutz (§§ 155 bis 184 GWB)

7.Aktuelle Problembereiche

XI.Entwicklungsperspektiven der Kommunalunternehmen

Teil 2:Kommunales Landesrecht mit Kommentierung (§§ 102 bis 108 GemO BW)

I.Synoptische Darstellung der GO-Bestimmungen (Landesrecht der kommunalen Unternehmen: BW, Bay, Brand, Hess, MeVo, Nds, NRW, RhPf, Saarl, Sachs, SachsAnh, SchlH und Thür)

II.Kommentierung der §§ 102 bis 108 GemO BW (mit ergänzenden Gesetzestexten)

Teil 3:Anlagen

I.Anlage 1: Mustersatzung für Eigenbetriebe

II.Anlage 2: Muster-Gesellschaftsvertrag für eine Kommunale GmbH

III.Anlage 3: Muster einer Organisationssatzung für Kommunalunternehmen (Anstalt des öffentlichen Rechts – KU/AöR –)

IV.Anlage 4: IDW Prüfungsstandard: Berichterstattung über die Erweiterung der Abschlussprüfung nach § 53 HGrG (IDW PS 720)

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A.A.Anderer Ansichta. a. O.am angeführten OrtABLAmtsblattAbs.AbsatzAEUVVertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Uniona. F.alte FassungAGAktiengesellschaftAGBGGesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen GeschäftsbedingungenAktGAktiengesetzAnh.AnhangAnm.Anmerkung(en)AOAbgabenordnungAÖRAnstalt des öffentlichen Rechts (Kommunalanstalt)AöRArchiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)Art.ArtikelAufl.AuflageAVBAllgemeine VersorgungsbedingungenAz.AktenzeichenBad.-Württ./BWBaden-WürttembergBAGBundesarbeitsgerichtBAGEAmtliche Sammlung der Entscheidungen des BundesarbeitsgerichtsBAnzBundesanzeigerBATBundes-AngestelltentarifvertragBayBayern/bayerischBayBgmDer Bayerische Bürgermeister (Zeitschrift)BayGOGemeindeordnung für den Freistaat BayernBayObLGBayerisches Oberstes LandgerichtBayVBl.Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)BayVerfGHBayerischer VerfassungsgerichtshofBayVGHBayerischer VerwaltungsgerichtshofBBBetriebs-Berater (Zeitschrift)BBesGBundesbesoldungsgesetzBBGBundesbeamtengesetzBd.BandBetrVGBetriebsverfassungsgesetz BFHBundesfinanzhofBgABetrieb gewerblicher ArtBGBBürgerliches GesetzbuchBGBl.BundesgesetzblattBGHBundesgerichtshofBGHZAmtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in ZivilsachenBHOBundeshaushaltsordnungBiRiLiGBilanzrichtliniengesetzBMFBundesfinanzministeriumBranBrandenburgBR-DSBundesratsdrucksacheBRRGRahmengesetz zur Vereinheitlichung des BeamtenrechtsBStBl.Bundessteuerblatt (Zeitschrift)BT-DSBundestagsdrucksacheBVVerfassung des Freistaats BayernBVerfGBundesverfassungsgerichtBVerfGEAmtliche Sammlung der Entscheidungen des BundesverfassungsgerichtsBVerwGBundesverwaltungsgerichtBVerwGEAmtliche Sammlung der Entscheidungen des BundesverwaltungsgerichtsBWGZDie Gemeinde (Baden-Württemberg, Zeitschrift)DAWIDienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen InteresseDBDer Betrieb (Zeitschrift)ders.derselbeDGODeutsche Gemeindeordnung 1936d. h.das heißtDÖVDie Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)DrittelbGDrittelbeteiligungsgesetzDrs./DSDrucksacheDStRDeutsches Steuerrecht (Zeitschrift)DVBl.Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)DVPDeutsche Verwaltungspraxis (Zeitschrift)EBV/EigBVOEigenbetriebsverordnungEG (-V)Europäische Gemeinschaft (Vertrag zur Gründung der …)EigBGEigenbetriebsgesetzEnWGEnergiewirtschaftsrechtErl.ErläuterungenEStGEinkommensteuergesetzEStR Einkommensteuer-RichtlinienEUEuropäische UnionEuGHEuropäischer GerichtshofEUVVertrag über die Europäische UnionEuZWEuropäische Zeitschrift für WirtschaftsrechtEWSEuropäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift)f.folgende (Seiten)ff.fortfolgende (Seiten)FAGGesetz über den kommunalen FinanzausgleichFn.FußnoteFStDie Fundstelle (Zeitschrift)GBl.Gesetzblatt (Bad.-Württ.)GemHHDer Gemeindehaushalt (Zeitschrift)GemHVOGemeindehaushaltsordnungGemO BWGemeindeordnung für Baden-WürttembergGeschOGeschäftsordnungGewArchGewerbearchiv (Zeitschrift)GewOGewerbeordnungGewStGGewerbesteuergesetzGFGeschäftsfüher/GeschäftsführungGGGrundgesetz für die Bundesrepublik DeutschlandGKGemeindekasse (Zeitschrift)GKZGesetz über kommunale ZusammenarbeitGmbHGesellschaft mit beschränkter HaftungGmbHGGesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter HaftungGO/GemOGemeindeordnung (für jeweiliges Bundesland)GoBGrundsätze ordnungsgemäßer BuchführungGrEStGGrunderwerbsteuergesetzGrStGGrundsteuergesetzGuVGewinn- und VerlustrechnungGVBl.Gesetz- und VerordnungsblattGWBGesetz gegen WettbewerbsbeschränkungenHessHessenHGBHandelsgesetzbuchHGrGHaushaltsgrundsätzegesetzHKWPHandbuch der kommunalen Wirtschaft und Praxish. M.herrschende MeinungHrsg.Herausgeberi. d. F./idFin der FassungIFGInformationsfreiheitsgesetzIM/IMKInnenminister/Innenministerkonferenzinsbes./insb.insbesondereInsOInsolvenzordnungIRInfrastrukturrecht (Zeitschrift)i. S.im SinneIuKInformations- und Kommunikationstechniki. V. m.in Verbindung mitJAJuristische Arbeitsblätter (Zeitschrift)jPdöRjuristische Personen des öffentlichen RechtsJuSJuristische Schulung (Zeitschrift)JuraJuristische Ausbildung (Zeitschrift)JZJuristenzeitung (Zeitschrift)KAKommunalanstaltKAGKommunalabgabengesetzKAVKommunaler ArbeitgeberverbandKGKommanditgesellschaft; KammergerichtKHBVKrankenhausbuchführungsverordnungKHGGesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausgesetz)KommHVVerordnung über das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen der Gemeinden, der Landkreise und der Bezirke (Kommunalhaushaltsverordnung)KommJurKommunaljurist (Zeitschrift)KommZGGesetz über die kommunale ZusammenarbeitKonTraGGesetz zur Kontrolle und Transparenz im UnternehmensbetriebKrW-/AbfGKreislaufwirtschafts- und AbfallgesetzKSchGKündigungsschutzgesetzKStGKörperschaftssteuergesetzKStR Körperschaftssteuer-RichtlinienKUKommunalunternehmenKUVVerordnung über KommunalunternehmenKWGGesetz über das KreditwesenLAGLandesarbeitsgerichtLGLandgerichtLHOLandeshaushaltsordnungLIFGLandesinformationsfreiheitsgesetzLKrOLandkreisordnungLT-DSLandtagsdrucksacheLVLandesverfassungMeVoMecklenburg-VorpommernMFGMittelstandsförderungsgesetzMitbestGGesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmerm. w. N.mit weiteren NachweisenNds.Niedersachsenn. F.neue FassungNJWNeue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)NKomVGNiedersächsisches KommunalverfassungsgesetzNKomZGNiedersächsisches Gesetz über die kommunale ZusammenarbeitNr.NummerNVwZNeue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift)NW/NRWNordrhein-WestfalenNWVBl.Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)NZANeue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift)NZGNeue Zeitschrift für GesellschaftsrechtOHGOffene HandelsgesellschaftOLGOberlandesgerichtOVGOberverwaltungsgerichtPVGPersonalvertretungsgesetzPPP/ÖPPPublic Private PartnershipRdARecht der Arbeit (Zeitschrift)Rdn.Randnummer(n)RP/RhPfRheinland-PfalzRspr.RechtsprechungS.Seite(n)SaarlSaarlandSachs/sächsSachsen/sächsischSachsAnhSachsen-AnhaltSchlHSchleswig-HolsteinSGBSozialgesetzbuchs. o.siehe obensog.sogenanntStAnzStaatsanzeigerStGHStaatsgerichtshofstr.streitigStTStädtetagThürThüringenTransPuGTransparenz- und PublizitätsgesetzTVöDTarifvertrag für den öffentlichen DienstUmwGUmwandlungsgesetzunstr.unstreitigUStGUmsatzsteuergesetzUWGGesetz gegen den unlauteren Wettbewerbv.von, vomV/VOVerordnungVBlBWVerwaltungsblätter für Baden-WürttembergVerfGHVerfassungsgerichtshofVerw­ArchVerwaltungsarchiv (Zeitschrift)VGVerwaltungsgerichtVGHVerwaltungsgerichtshofvgl.vergleicheVHSVolkshochschuleVKUVerband Kommunaler UnternehmenVOBVerdingungsordnung für BauleistungenVOFVerdingungsordnung für freiberufliche LeistungenVOLVerdingungsordnung für LeistungenVRVerwaltungsrundschau (Zeitschrift)VVDStRLVeröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen StaatsrechtslehrerVwGOVerwaltungsgerichtsordnungWMWertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift)WPgDie Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)WuVWirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift)ZBRZeitschrift für BeamtenrechtZfkZeitschrift für kommunale WirtschaftZGRZeitschrift für Unternehmens- und GesellschaftsrechtZHRZeitschrift für das gesamte Handels- und WirtschaftsrechtZiff.ZifferZIPZeitschrift für WirtschaftsrechtZKFZeitschrift für KommunalfinanzenZögUZeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche UnternehmenZPOZivilprozessordnung

Allgemein informiert umfassend und zuverlässig: Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Aufl. 2015.

Teil 1:Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen

I.Einführung und aktuelle Ausgangslage

1.Problemstellung

1Wirtschaftliche Betätigungen/Unternehmen der Gemeinden sind für die Wahrnehmung der vielfältigen kommunalen Aufgaben ein zentraler „Baustein“, kommunale Unternehmen unverzichtbare Instrumente für deren Erfüllung. Sie gehören zum Wesen, zum prägenden Bild und zum „vitalen Kern“ der kommunalen Selbstverwaltung, auch wenn sie nicht unbegrenzt möglich sind und in den Randbereichen „Grauzonen“ aufweisen (vgl. Lange, Kommunalrecht, S. 720 f.; Püttner DVBl. 2010, 1189 ff.). Zweck und Ziel sowie Strukturen, Aufgaben und Funktionsweisen öffentlicher und insbesondere kommunaler Wirtschaftstätigkeit sind seit Mitte der 90er Jahre verstärkt in Veränderung, im Wandel begriffen, der nach wie vor anhält. Nicht zuletzt ausgelöst durch die europäische und nationale Liberalisierungs- und Privatisierungsgesetzgebung (Bahn, Post, Telekommunikation, Energie, Abfall, Wasser, ÖPNV usw.; Trend: „Privat vor Staat“) und die heute eher gegenläufige Entwicklung der Rekommunalisierung ist vieles im Umbruch. Wissenschaft und Praxis, Gesetzgebung und Rechtsprechung haben Schwierigkeiten und sind mitunter unsicher, die Entwicklungen und Konsequenzen der globalen und internationalen Liberalisierung, d. h. die Ausrichtung der den kommunalen Unternehmen ambivalent innewohnenden wettbewerbsorientierten und marktgerechten Verhaltensmaximen rechtlich in den Griff zu bekommen und mit den Rahmenbedingungen der kommunalen Selbstverwaltung zu „harmonisieren“ (vgl. etwa Bauer DÖV 2012, 329 ff.; Budäus/Hilgers DÖV 2013, 701 ff.; Guckelberger Verw­Arch 2013, 161 ff.). Diese Diskussion darf nicht belastet werden mit unreflektierter Privatisierungs- oder Rekommunalisierungseuphorie, einseitigen, emotionsgeladenen Diskussionen wie etwa staatlich/kommunale Aktivitäten im Wirtschaftsleben seien grundsätzlich ineffektiv und mit großen Gefahren/Risiken für Wettbewerb und Steuerzahler verbunden (nach einer PWC-Studie aus 2014 ist die Rentabilität in etwa gleich!). Auch pauschale Aussagen, dass diese expandierenden Betätigungen die zentrale „hoheitliche Ordnungsfunktion“ der öffentlichen Hand stark schwächen, die hoheitlichen und gesetzlich als Pflichtaufgaben den Kommunen überantworteten Aufgaben vernachlässigen oder keiner wirksamen Effizienzkontrolle unterliegen würden, sind unzutreffend. Zweifellos muss neben der Sicherung der Privatautonomie einschließlich der Unternehmerfreiheit und dem durch staatlichen Schutzauftrag zu gewährleistenden fairen, diskriminierungsfreien und Monopole vermeidenden Wettbewerb (Modell der ordo-sozialen Marktwirtschaft) eine Balance mit den einwohnerdienenden Gemeinwohlinteressen als vorgegebene Funktionen kommunaler Wirtschaftstätigkeit hergestellt werden. Es muss ein angemessener Ausgleich zwischen kommunaler Selbstverwaltung einerseits und einem durch Gesetzesvorgaben begrenzten wirtschafts- und marktpolitischen „Vorrangvorbehalt“ für die Privatwirtschaft andererseits, eine mit Augenmaß austarierte „Balance“ zwischen wirtschaftlicher, unternehmerischer Verantwortung und öffentlichem/kommunalpolitischem/demokratisch legitimiertem Auftrag hergestellt werden. Dabei dürfen die mit einer kommunalwirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen Vorteile der Rechtsformwahl wie stärkere Flexibilität, Produktivität, Wettbewerb und Effizienzorientierung, schnelleres Handeln und Reagieren, zügigere Entscheidungsprozesse usw. nicht „erstickt“ werden (vgl. Art. 3 Abs. 3 EUV; BT-DS 17/7181S. 24 f.; Mühlenkamp, Speyerer Vorträge, Heft 82, S. 1 ff. und 25 ff.; Katz VBlBW 2011, 1 ff.; Thomas JZ 2011, 485 ff.; Burgi NdsVBl. 2012, 225 ff.; Lange, a. a. O., Kap. 14 Rdn. 9 ff.; unten Rdn. 46).

Der sich vollziehende Funktionswandel ist in vollem Gange (auch ordnungspolitisch). Der Glaube an neoliberale Marktkräfte und die Privatisierungseuphorie sind vor allem seit 2007 einer deutlichen Skepsis gewichen (vgl. etwa Stober NJW 2008, 2301; Bauer DÖV 2012, 329 ff.). Es wird seit einigen Jahren um ein politisch verantwortungsbewusstes und sachgerechtes Konzept der Daseinsvorsorge gerungen (vgl. Art. 28 Abs. 2 GG; Art. 101 ff., 119 Abs. 1 AEUV; GOen). Das klassische Bild öffentlicher Wirtschaftstätigkeit kann deshalb nicht statisch verstanden werden, sondern ist aufgrund dieser Rahmenbedingungen dynamisch weiter zu entwickeln („neues Leitbild“ aus Aspekten bzw. Ausgleichsmechanismen von regulierendem Staat, aus wettbewerbsrechtlich handelnden Leistungserbringern, aus konsumierenden Verbrauchern, aus demokratisch legitimierten und einwohnerdienenden Tätigkeiten; vgl. etwa Katz GemHH 2016, 73 ff.). Die Vielzahl von spezialgesetzlichen Regelungen, die den kommunalen Bereich seit Anfang der 90er Jahre, insbesondere im Energiewirtschafts- und Umweltrecht, im Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, im Wasserversorgungsrecht, im Telekommunikations- und Personennahverkehrsrecht maßgeblich beeinflussen und ganz überwiegend durch EU-Recht ausgelöst und überlagert wurden bzw. werden, machen dies augenfällig. Die letzten Jahre waren aber auch geprägt von einer Vielzahl von „Auslagerungen“ aus den Kommunalhaushalten und einem deutlichen Trend zu kommunaler Tätigkeit in Privatrechtsform (meist bloße Organisationsprivatisierung in die GmbH). Generell sind unreflektierte ordnungspolitische Glaubensbekenntnisse wie „Privat vor Staat“/„Kommunal vor Staat“ oder unverhohlener Argwohn/überhöhter Glaube an die Marktkräfte nicht weiterführend. Privatisierung und Rekommunalisierung sind i. S. von komplementären Strategien zur Modernisierung der Aufgabenerfüllung der Kommunen wichtig, stehen prinzipiell gleichberechtigt nebeneinander und sind im Einzelfall unvoreingenommen und möglichst ideologiefrei aufgaben-, sach- und situationsspezifisch und unter Berücksichtigung der vielschichtigen Gestaltungsmöglichkeiten zu analysieren, abzuwägen und zu entscheiden. Der Staat hat für beide Alternativen sachgerechte, adäquate Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, das öffentliche Wirtschaftsrecht hat dabei eine Schlüsselrolle (Entscheidungs-, Handlungs- und Organisationsoptionen zur zeitgemäßen, effizienten, effektiven, flexiblen und möglichst optimalen Wahrnehmung der Kommunalaufgabe, aber auch Berücksichtigung kommunal- und sozialpolitischer Belange der Daseinsvorsorge und der Gewährleistungsverantwortung; vgl. unten Rdn. 113 ff.; Mühlenkamp/Schöneich, in: Wirtschaftsdienst 11/2007, 707 ff. und 716 ff.; Brüning Verw­Arch 2009, 453 ff.; Collin JZ 2011, 274 ff.; Bauer DÖV 2012, 329 ff. m. w. N.; Guckelberger Verw­Arch 2013, 161 ff.; Podszun/Palzer NJW 2015, 1496 ff.; Lorson/Haustein/Albrecht/Perlick DB 2015, 2705 ff.; Fehling JZ 2016, 540).

2Die Bundesländer haben mit einer Reihe von GO-Novellen versucht, einen Teil dieser Entwicklungen mit mehr oder weniger großem Erfolg aufzuarbeiten. Zwar ist im Grundsatz unbestritten, dass es sich bei diesen Tätigkeiten um die Erzeugung, die Bereitstellung oder den Verkauf von Gütern und Dienstleistungen zur Befriedigung materieller Grundbedürfnisse der Einwohner handeln muss. Die „wettbewerbsbedingten“ Forderungen, insbesondere die Eindämmung der „Ausweitung“ des öffentlichen Zwecks (neue Geschäftsfelder usw.), des Subsidiaritäts- und des Territorialprinzips, wurden nach meist intensiven Diskussionen in den Ländern nur zum Teil berücksichtigt und zudem unter politischen Aspekten auch unterschiedlich geregelt. Viele der außerordentlich komplexen Probleme blieben ungelöst bzw. wurden nur vage geregelt und oft im praktischen Alltag eher ignoriert. Trotz verschiedener Anläufe konnten sich bisher aber auch weder die Kommunalen Spitzenverbände noch die Länderinnen- und -wirtschaftsminister untereinander in wesentlichen Punkten inhaltlich verständigen. Grund dafür war und ist insbesondere, dass sich nicht zuletzt ordnungspolitisch sehr extreme, fast „unversöhnliche“ Positionen gegenüber standen und stehen, die sich stark politisch „neutralisieren“ (vor allem die Kommunen, große öffentlich/kommunale Betriebe und VKU einerseits sowie die Wirtschaft, kleinere und mittlere Privatbetriebe, IHK und Handwerkskammern andererseits; vgl. Ehlers DVBl. 1998, 497 ff.; Britz NVwZ 2001, 380 ff.; Katz GemHH 2003, 1 ff.; Dünchheim/Schöne DVBl. 2009, 146 ff.). Dies und auch die z. T. zwangsläufig nur relativ „unbestimmt“ festgelegten Gesetzesregelungen führen dazu, dass mitunter von den Kommunen und der Rechtsaufsicht weniger rechtlich gesteuert, sondern mehr das kommunalpolitische Wollen und das finanzpolitische Können für kommunale Wirtschaftstätigkeit entscheidend sind (vgl. Schoch DÖV 1993, 377, 383; Henneke NdsVBl. 1999, 1, 6; Broß JZ 2003, 874 ff.; Lattmann IR 2004, 31 ff.; Knirsch GemHH 2016, 28 ff.; vgl. etwa Teil 2 § 102 Rdn. 41).

2.Uneinheitliche, kontroverse Standpunkte

3Das Recht der öffentlichen/kommunalen Unternehmen ist beginnend mit dem Inkrafttreten der DGO 1936 bis Ende der 80er Jahre trotz vielfältigen Diskussionen und unterschiedlichen Positionen in Einzelfragen in den Grundzügen doch weitgehend einheitlich bewertet worden. Seit Anfang/Mitte der 90er Jahre hat sich dies stark verändert und zwar auf EU-, Bundes-, Landes- und Kommunalebene. Die Konsequenzen aus diesen Veränderungen werden auf den einzelnen Ebenen und der Wirtschaft leider sehr unterschiedlich bewertet. Vor allem die Landesebene glaubt, das bisherige öffentliche Wirtschaftsrecht mit einigen begrenzten Änderungen beibehalten zu können. Von den großen Kommunalunternehmen, dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU), verschiedenen Großstädten und einem Teil der Literatur wird dagegen das Recht der öffentlichen/kommunalen Unternehmen terminologisch, definitorisch und inhaltlich als wenig schlüssig und zukunftsträchtig sowie als zu kompliziert und konzeptionslos bezeichnet (Cronauge GemHH 1998, 131 ff.; Moraing GemHH 1998, 223 ff.; Stober NJW 2002, 2357 ff.; Schöneich, in: Wirtschaftsdienst 11/2007, 716 ff.). Die Grundprobleme, die sich vor allem aus der unterschiedlichen Sicht und den divergierenden Konzepten der Ordnungs- und der Wettbewerbspolitik, dem geltenden Kommunalrecht und der praktizierten Kommunalpolitik sowie dem Management und der Geschäftspolitik der Unternehmen ergeben, manifestieren sich etwa in der außerordentlich divergierenden und zum Teil kaum verständlichen Diskussion auf dem 64. Deutschen Juristentag (vgl. dazu die Beschlüsse, in: NJW 2002, 3073, 3079 ff.; Meyer NVwZ 2002, 1479 ff.; Katz GemHH 2003, 1 ff.; vgl. auch Monopolkommission, Hauptgutachten XX, 07/2014, S. 439 ff.). Das breite Meinungsspektrum zur kommunalen Wirtschaftsbetätigung lässt sich vereinfacht in drei Grundströmungen umschreiben: (1) Die Vertreter der Privatwirtschaft verweisen darauf, dass in einer marktwirtschaftlichen Ordnung ihr der Vorrang gebührt (insb. kostengünstigere, bessere und effizientere Aufgabenerfüllung), für öffentliche/kommunale Unternehmen – auch wenn einige der Privatisierungserwartungen nicht erfüllt wurden – grundsätzlich keine Berechtigung zu wirtschaftlicher Betätigung vorliege (eine von PWC durchgeführteStudie zeigt allerdings, dass Kommunalunternehmen nicht unrentabler arbeiten, ZfK 2014, S. 17). (2) Die öffentliche Hand verfolgt keine einheitliche Strategie. Während der Bund eher auf eine materielle Privatisierungspolitik setzt, lässt sich ein eindeutiger Trend in den Ländern und vor allem in den Kommunen nicht feststellen. Insgesamt herrscht die Meinung vor, dass an dem Kriterium des „öffentlichen Zwecks„ festgehalten werden muss, und der Wettbewerbsgedanke nicht überstrapaziert werden dürfe. (3) Die großen Kommunalunternehmen und ihre Verbände fordern gleiche Wettbewerbsbedingungen und eine Beseitigung kommunalrechtlicher „Hürden“ (insbes. Öffentlichkeits-, Territorial- und Subsidiaritätsprinzip; vgl. Rdn. 18 f.; Mann JZ 2002, 819 ff.; Tomerius/Breitkreuz DVBl. 2003, 426 ff.; Broß JZ 2003, 874 ff.; Steckert ZKF 2003, 257 ff.). Diese Grundpositionen bzw. -strömungen gelten mit gewissen „Ausschlägen“ bis heute (vgl. etwa Bauer DÖV 2012, 329 ff.).

3.Ausgangslage

4Bei der Analyse und Bewertung von öffentlichen/kommunalen Unternehmen sind vor allem folgende Punkte zu berücksichtigen:

5–  Die außerordentliche Aufgabenvielfalt der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand (Gemeinwohlaufgaben; öffentlicher Zweck): Ver- und Entsorgungsaufgaben, soziale und kulturelle Einrichtungen, bedarfsdeckende und freiheitssichernde Aufgaben, infrastrukturelle, strukturpolitische, konjunkturpolitische, wirtschaftspolitische, wettbewerbsfördernde, technische und ökologische Aufgaben. Dabei sind im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge und Stadtentwicklung die Verfassungsgrundsätze des Demokratie-, Sozial- und Rechtstaates sowie die Grundrechte zu gewährleisten, aber auch der technische Fortschritt (z. B. IT) und die sich wandelnden Bedürfnisse der Einwohner zu berücksichtigen.

6–  Das Recht der öffentlichen/kommunalen Unternehmen ist schon dadurch einem beachtlichen Spannungsverhältnis ausgesetzt, weil es als „Schnittmaterie“ im Grenzbereich zwischen öffentlichem und privatem Recht, zwischen Wirtschaftswissenschaft und Verwaltungswissenschaft einschließlich öffentlicher Betriebswirtschaftslehre, New Public Management, Corporate Governance und Good Governance, zwischen Wirtschaftsprivatrecht und Wirtschaftsstrafrecht, zwischen Gesellschafts-, Wettbewerbs-, Kartellrecht und Kommunalrecht, zwischen Arbeitsrecht und öffentlichem Dienstrecht, zwischen internationalem und nationalem Recht, zwischen EU-Gemeinschaftsrecht und Verfassungsrecht, zwischen Bundesrecht und Landeskommunalrecht, zwischen allgemeinem und besonderem Verwaltungsrecht, zwischen materiellem, Organisations- und Haushaltsrecht, zwischen Leistungs- und Gewährleistungsverwaltungsrecht, zwischen einer Vielzahl von Public-Private-Partnership-Lösungsansätzen (PPP), zwischen Technisierung und Haushaltskonsolidierung, zwischen Regionalisierung und Globalisierung angesiedelt ist (vgl. dazu Stober NJW 2002, 2357). In besonderer Weise wurde in den letzten Jahren das Spannungsverhältnis durch EU-Recht (Art. 106 Abs. 2 AEUV usw.), durch den Vorrang des Wettbewerbsprinzips und der Marktöffnung, durch Wettbewerbs-, Kartell-, Vergabe- und Beihilferechtsnormen im Hinblick auf das weitgehend unveränderte kommunalwirtschaftliche Landesrecht stark belastet, eine Entwicklung, die in der Praxis zunehmend bei großen kommunalen Unternehmen auf Kritik und auf kommunalrechtliche „Barrieren“ stößt.

7–  Neben der und verursacht durch die Aufgabenvielfalt hat sich für die wirtschaftliche Betätigung eine große Formenvielfalt für öffentliche und vor allem kommunale Unternehmen entwickelt. Für die Unternehmensheterogenität ist auch die Wahlfreiheit der öffentlichen/kommunalen Träger für die konkrete Rechtsform verantwortlich (öffentlich-rechtliche Unternehmenstypen wie Regiebetrieb, Eigenbetrieb, Kommunalunternehmen, Zweckverbände, Stiftungen; privatrechtliche Organisationsformen wie AG, GmbH, GmbH & Co. KG, rechtsfähiger Verein, private Stiftungen usw.; vgl. unten Rdn. 77 ff.).

8–  Neben der Aufgaben- und Rechtsformenvielfalt sind für die Analyse und Bewertung der Kommunalunternehmen aber auch zahlreiche weitere Kriterien zu berücksichtigen: Die örtlichen, sachlichen, personellen und politischen Gegebenheiten, die spezifischen Rahmenbedingungen, die Größe der Kommune und der Unternehmen, die örtlichen Ziele, Motive und Argumente für die Rechtsformenwahl, die Finanzsituation der Kommune usw. (vgl. Püttner, Zur Reform des Gemeindewirtschaftsrechts, 2002, S. 143 ff.; Wolff/Bachhof/Stober/Kluth, AllgVerwR, Bd. 1, 11. Aufl., § 23 II).

9–  Öffentliche/kommunale Unternehmen haben ihr Handeln nicht maßgeblich am Gewinn zu orientieren („Shareholder value“), sondern sind primär auf die Erfüllung des Gemeinwohls, auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben verpflichtet (öffentlicher Zweck). Ihre Entscheidungen müssen letztlich demokratisch legitimiert sein (Demokratieprinzip). Nach dem Kommunalverfassungsrecht ist – bildlich gesprochen – das Rathaus der Mittelpunkt der politischen Gemeinde, der Gemeinderat das Entscheidungszentrum vor allem für strategische Fragen sowie die Kommunalverwaltung die generelle, für örtliche Angelegenheiten zuständige Anlaufstelle für den Bürger. Dem können sich die Kommunalunternehmen grundsätzlich nicht entziehen (Knemeyer, Der Städtetag 1992, 317 ff.; OVG Schl.-Holst. ZKF 1999, 273 f.; BerlVerfGH NVwZ 2000 794 ff.; unten Teil 2, § 103 Rdn. 22 ff.).

4.Aktuelles Koordinatensystem

10Für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen sind im Koordinatensystem zwischen demokratischem Rechtsstaat und freier Marktwirtschaft, zwischen Gesetzesvorbehalten (Gemeinwohl) und Wettbewerb für die Kommunen als Teil der öffentlichen Hand gegenwärtig besonders folgende sieben Punkte entscheidend und deshalb zu berücksichtigen (vgl. Katz BWGZ 1998, 687 ff.; Mann JZ 2002, 819 ff.; Eichhorn u. a., Rollenwechsel kommunaler Unternehmen, 2002, S. 5 ff.; Monopolkommission, Hauptgutachten XX, 07/2014, S. 439 ff.):

11–   Der ständige Wandel in Politik, Technologie und Bedürfnissen sowie den faktischen Verhältnissen. In den letzten Jahren hat sich etwa die Beurteilung der Betätigung der Kommunen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wirtschaftsförderung, Telekommunikation grundlegend gewandelt; im Gegensatz zu früher werden diese Sachbereiche mindestens zum Teil als kommunale Aufgabenfelder betrachtet werden müssen.

12–  Änderung zahlreicher bundesrechtlicher Rahmenbedingungen (Bahn, Post, Telekommunikation/IT; Energiewende, Energiewirtschaftsrecht, Abfallrecht, Wasserrecht usw.).

13–  Stärkere Durchdringung der kommunalen Aufgabenfelder durch EU-Recht (vor allem des Wettbewerbs-, Kartell-, Vergabe- und Beihilferechts; sog. Unbundling usw.).

14–  Änderung des Verbraucherverhaltens. Die Abnehmer kommunaler Leistungen wollen zudem über den bloßen Leistungsempfang hinaus umfassend beraten und bedient werden („Full-Service“, ganzheitliche Dienstleistungen).

15–  Die angespannte Finanzsituation der Kommunen. Die z. T. großen Finanzprobleme „inspirieren“ zur Ausschöpfung aller Einnahmemöglichkeiten (z. T. „boomende“ Kommunalwirtschaft, „Goldgräbermentalität“ auch durch Verkauf).

16–  Verwaltungsreform, „Neues Steuerungsmodell“, New Public Management, Kommunale Doppik und Budgetierung, Beteiligungsmanagement im „Konzern Stadt“, aber auch verstärkt Förderung des wirtschaftlichen Denkens in den Kommunen und Betonung von Konkurrenz und Wettbewerb als wichtige kommunale Handlungsstrategien.

17–  Anpassungen in den Kommunalunternehmen (endogene Faktoren wie Kundenorientierung, Verbesserung der betriebswirtschaftlichen, technischen und ökologischen Kompetenzen, Nachhaltigkeit sichern; Transparenz und Effizienz erhöhen).

18Die Konsequenzen, die aus diesen veränderten Rahmenbedingungen zu ziehen sind, werden unterschiedlich bewertet. Das breite Meinungsspektrum reicht von der Auffassung, dass sich die Kommunen auf wenige notwendige Bereiche zurückziehen sollen (z. B. Bund der Steuerzahler: „Städte bleibt bei euren Leisten. Überlasst das Wirtschaften der Wirtschaft“; Monopolkommission: Rekommunalisierungstrend drehen), über die Auffassung, dass sich die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen in einer Grauzone abspiele („neue Unübersichtlichkeit“), die wenig überzeugenden Privatisierungen durch Rekommunalisierung abgelöst werden müssten, bis zu der Ansicht, dass die in verschiedenen Aufgabenfeldern eingetretene Liberalisierung und Deregulierung und später verstärkte Regulierung (z. B. Energiewende und Energiemarkt) die Kommunen unvorbereitet treffe und sie dazu noch die finanziellen Auswirkungen zu verkraften hätten. Die Kommunen und ihre Unternehmen dürften nicht allein gelassen werden. Sie müssten auf solche Entwicklungen mit entsprechenden Strategien reagieren können (vgl. oben Rdn. 3; Lattmann IR 2004, 31 ff.; Monopolkommission, Hauptgutachten XX, 07/2014, S. 439 ff.).

19Die Diskussion über eine wirtschaftliche Betätigung der Kommunen lässt sich nicht mit Schlagworten führen; eine nüchterne, sachliche Analyse ist im Rahmen der rechtlichen Vorgaben und der kommunalen Erfordernisse notwendig. Die veränderten Rahmenbedingungen zwingen zweifellos zu einer Neubesinnung und in weiten Teilen auch zu einer umfassenden strategischen und operativen Neuausrichtung (stärkere Markt- und Kundenorientierung; Veränderungen durch veränderte Rahmenbedingungen wie vor allem Marktliberalisierung, damit einhergehendem größeren Wettbewerb und Konkurrenz). Die kommunalen Gesellschaften und Betriebe müssen mit viel Phantasie, Tatkraft und entschlossenem Handeln diese schwierigen Probleme der Umstrukturierung und Neuorientierung auf der Grundlage der jeweils geltenden Rechtsordnung angehen und lösen. Die unreflektierte pauschale Forderung, zur Lösung der schwierigen Situation alle Voraussetzungen und „Fesseln“ für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen zu beseitigen, ist genauso unverantwortlich wie ein bloß reagierendes, passives Abwarten (vgl. dazu Rdn. 1, und 63 f.).

II.Kommunale Selbstverwaltung und Kommunalunternehmen

1.Kommunalrechtliche Ausgangslage

20Die Kommunalwirtschaft, die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden zur Gewährleistung und Erfüllung der „Daseinsvorsorge“ zum Wohle ihrer Einwohner, zur Sicherstellung der für das menschliche Dasein notwendigen Grundbedürfnisse, gehört seit jeher zum typusprägenden Bild und zum Wesenskern der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG: verbürgte, eigenverantwortliche Wahrnehmung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft). Was im Einzelnen unter dem System Daseinsvorsorge zu verstehen ist und wie die Abgrenzung zu nichtwirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen vorzunehmen ist, wird unterschiedlich beurteilt, ist auch zwischen den Bundesländern im Fluss, hat sich den veränderten Entwicklungen anzupassen und unterliegt in begrenztem Umfange auch politischen Entscheidungen (kommunalem Gestaltungsspielraum; vgl. Rdn. 37 ff.; Teil 2 § 102 Rdn. 1 ff. und 42; Mühlenkamp/Schöneich, in: Wirtschaftsdienst 11/2007, 707 ff. und 716 ff.; Bauer DÖV 2012, 329 ff.). Die Teilnahme von Unternehmen der öffentlichen Hand am Wirtschaftsverkehr ist ein legitimes Instrument zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Zwar gibt es keinen verfassungskräftigen Subsidiaritätsgrundsatz zu Gunsten privater Unternehmen. Gleichwohl ist unbestritten, dass die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand nur unter Beachtung der Grundrechte, des europäischen und nationalen Wettbewerbsrechts sowie sonstiger bundes- und landesrechtlicher, insbesondere kommunalrechtlicher Vorgaben zulässig ist und damit vor allem dem kommunalen Spielraum Grenzen setzt, ihn faktisch einengt. Dabei stehen die unterschiedlichen Interessen zueinander in einem beachtlichen Spannungsverhältnis. Wichtig ist, dass diese Einzelinteressen zu einem funktionsgerechten Gesamtausgleich gebracht werden (Interessen der Kommunen, ihrer öffentlichen Unternehmen und der Daseinsvorsorgenutzer sowie der Privatwirtschaft; Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Qualität; Gewährleistung einer Binnenmarktfreiheit und eines fairen, unverfälschten Wettbewerbs sowie der Bindung an einen öffentlichen Zweck; vgl. Scholz, DÖV 1976, 441 ff.; Tettinger NJW 1998, 3473 f.; Püttner DVBl. 2010, 1189 ff.; Blanke DVBl. 2015, 1333 ff.).

21Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wurden in der deutschen Gemeindeordnung 1936 (DGO) Art, Maß und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen festgelegt (§§ 67 ff. DGO). Die Gemeindeordnungen der Länder haben nach 1945 die DGO-Regelungen im Wesentlichen übernommen und der Gemeindewirtschaft bis Anfang der 90er Jahre, abgesehen von länderspezifischen Besonderheiten, trotz einigen definitorischen und inhaltlichen Unklarheiten eine erstaunliche Festigkeit gegeben. Durch Vorgaben des Europarechts ist diese Rechtssituation seit den 90er Jahren allerdings deutlich überlagert (vgl. dazu unten Rdn. 66 ff.; Blanke DVBl. 2015, 1333 ff.). Im Kern gilt die DGO-Grundordnung aber im Grundsatz im nationalen Recht bis zur Gegenwart.

§ 67 Abs. 1 DGO hatte bestimmt, dass die Gründung und Errichtung wirtschaftlicher Unternehmen nur zulässig ist, wenn

–  der öffentliche Zweck die Errichtung des Unternehmens rechtfertigt, also dem Wohl der Einwohner dient (Daseinsvorsorge),

–  das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht sowie die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt wird (Leistungsfähigkeitsfunktion),

–  der durch das Unternehmen verfolgte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen, insbesondere privaten Träger erfüllt werden kann (Subsidiaritätsklausel).

22Es spricht für politisches Augenmaß und Elastizität dieses Regelwerkes, dass damit die Gemeinden in einem Zeitraum von ca. 80 Jahren in der Lage waren, ihre Aufgaben mit all ihren expansiven Veränderungen, ihrem fundamentalen sozialstaatlichen und technologischen Wandel bewältigen zu können. Das kluge Konzept der §§ 67 ff. DGO mit ihrer Schrankentrias stellte und stellt auch heute noch überwiegend einen funktionsgerechten Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessenlagen dar. Es entspricht nicht der Stellung der Kommunen als Verwalter öffentlicher Angelegenheiten, sich als Unternehmer schrankenlos zu betätigen. Durch die Bindung der wirtschaftlichen Betätigung an den öffentlichen Zweck, das Wirtschaftlichkeitserfordernis und die eigene Leistungsfähigkeit soll ausdrücklich festgelegt werden, dass die Kommunalunternehmen nicht Selbstzweck sind, sondern nur der im öffentlichen Interesse gebotenen „Daseinsvorsorge“ zu dienen haben (Gemeinwohlprinzip) und damit ein ausschließlich auf Gewinnerzielung angelegtes Kommunalunternehmen der öffentlichen Zweckgebundenheit zuwider läuft und nicht zulässig ist. Die kommunalrechtliche Ausgangslage ist vor allem von drei Zielsetzungen gekennzeichnet („einwohnernützliche und -befördernde“ kommunale Normzwecke, Schutzfunktionen zu Gunsten der Kommunen selbst; Ehlers DÖV 1998, 497 ff.; Püttner DVBl. 2010, 1189 ff.; VKU, Kommunalwirtschaft auf den Punkt gebracht, 11/2012; Towfigh DVBl. 2015, 1015 ff.; unten Teil 2, § 102 Rdn. 8 ff.):

23–  Kommunalpolitische Zielsetzung: Die Begrenzung verfolgt den Zweck, die Entscheidungsfunktion der Gemeindeorgane zu sichern, sich auf die eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren und die Verwaltungskraft der Kommune für die zentralen gemeindlichen Verwaltungsaufgaben zu erhalten. Die Gemeinde soll sich nicht „verzetteln“, sondern sich in erster Linie ihren Kernaufgaben auch im Sinne der sich verändernden örtlichen Daseinsvorsorge- und Dienstleistungsfunktionen widmen (Konzentration auf den kommunalen Wirkungskreis; Gemeinwohlfunktion; Wohlfahrtsorientierung). Dabei sollen der Einfluss der Kommunen und deren demokratisch legitimierten Gemeindeorgane gewahrt bleiben.

24–  Finanzpolitische Zielsetzung: Die Vorschriften bezwecken den Schutz der Kommunen vor Eingehung übermäßiger wirtschaftlicher Risiken und möglicher finanzieller Verluste. Steuergelder und sonstige Abgaben sollen grundsätzlich nicht für solche Risiken eingesetzt werden (Begrenzung von Risiken und Überforderung im Sinne einer primären Schutzfunktion für die Gemeinde und die wirtschaftlichen Kräfte ihrer Abgabenpflichtigen).

25–  Wirtschaftspolitische Zielsetzung: Im Verhältnis zur Privatwirtschaft soll einer zu extensiven Erwerbstätigkeit der öffentlichen Hand durch die Anbindung an einen öffentlichen Zweck vorgebeugt werden, die Kommunen neben einer Grundsicherung an Daseinsvorsorge auf eine eher ergänzende Rolle beschränkt werden (ordnungspolitische Subsidiaritätsgesichtspunkte sowie Sicherung von Marktwirtschaft und Wettbewerb aus Gründen ökonomischer Funktionstüchtigkeit, Leistungsfähigkeit und Zweckmäßigkeit, Arbeitsteilung, Effizienz, Innovation usw.). Ob und ggf. in welchem Umfang sich daraus unmittelbar ein Rechtsanspruch der Privatwirtschaft vor kommunalem Wettbewerb ableiten lässt, ist umstritten (vgl. Rdn. 64 und 75; von Land zu Land unterschiedlich; nur z. T. drittschützender Charakter; Trend: Drittschutz in begrenztem, zunehmendem Umfange; vgl. BGH NJW 2002, 2645; OVG NW NVwZ 2003, 1520 f. und NVwZ 2008, 1031 f.; VGH BW NVwZ 2008, 1031; OVG Rh.-Pf. DÖV 2011, 611; Papier DVBl. 2003, 686 ff.; Lange NVwZ 2014, 616 f.; Rdn. 63 f.).

2.Verfassungsrechtliche Absicherung (Art. 28 Abs. 2 GG und LV)

26Die Gemeindewirtschaft, Errichtung und Betrieb der öffentlichen Einrichtungen und die wirtschaftliche Betätigung (Aufgaben der örtlichen Daseinsvorsorge, Schaffung der kommunalen Infrastruktur, mittelbare Wirtschaftsförderung usw.) prägen seit jeher das Wesen der kommunalen Selbstverwaltung. Diese Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche bestimmen ganz wesentlich Maß und Inhalt politisch aktueller Selbstverwaltungspotenz, zählen zu dem überkommenen und prägenden Bild einer deutschen Kommune, sind für die Autonomie einer Kommune Typus bestimmend und essentiell. Sie sind folglich Teil der institutionellen Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG und der entsprechenden Artikel der einzelnen Landesverfassungen (LV; z. B. Art. 71 ff. LV BW; Art. 78 LV NW). Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden zählt also zum verfassungsrechtlich verbürgten kommunalen Selbstverwaltungsrecht (eigenverantwortlicher „vitaler Kern“; zentrale Aufgabenfelder der Kommunalpolitik). Art. 28 Abs. 2 GG manifestiert für „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip zu Gunsten der Gemeinden (Allzuständigkeit; BVerfGE 23, 353, 365 ff.; 79, 127, 143 ff.; 91, 228, 236; BVerwGE 98, 273, 275; BGH DÖV 2015, 196 ff.; Schink NVwZ 2002, 129 ff.; Papier DVBl. 2003, 686 ff.; Schulz/Tischer GewArch 2014, 1 ff.; unten Teil 2, § 102 Rdn. 5 ff.). Einen allgemeinen Vorrang der Privatwirtschaft zu Lasten der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung enthält nach ganz h. M. das GG nicht (insoweit kein Subsidiaritätsprinzip, das GG ist wirtschaftspolitisch neutral; Hess OVG NVwZ-RR 2005, 425, 427; Heilshorn Verw­Arch 2005, 88 ff. m. w. N.). Das kommunale Selbstverwaltungsrecht beinhaltet einen doppelten Schutzgehalt (zweigliedriger Garantieinhalt):

27–  Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet einmal einen bestimmten Aufgabenbestand. Den Gemeinden werden die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft als eigenständige Aufgabe im Rahmen der staatsorganisatorischen Aufgabenverteilung und damit auch die kommunale Aufgabe „wirtschaftliche Betätigung“ zugewiesen (kommunale Verbandskompetenz; als Zuständigkeiten im gemeindlichen Wirkungskreis; sog. Universalität). Diese in der örtlichen Gemeinschaft wurzelnden Aufgaben sind für die Kommunen grundsätzlich verpflichtend und bindend. Für deren Wahrnehmung und Aufrechterhaltung stehen sie in der Verantwortung (kommunale Gewährleistungsverantwortung, Garantie- und Sicherstellungspflicht). Für gemeinwohlgeprägte und -dienliche, einwohnernützliche, in den Bedürfnissen der örtlichen Gemeinschaft wurzelnde kulturelle, soziale usw. Aufgaben sind folglich einer unbeschränkten Entledigung, einer materiellen Privatisierung Grenzen gesetzt (vgl. BVerfGE 79, 127 ff. und JZ 2012, 676 f.; BVerwGE 123, 159, 165 und NVwZ 2009, 1305 ff.; Winkler JZ 2009, 1169 ff.; Brüning Verw­Arch 2009, 453 ff.; Katz NVwZ 2010, 405 ff.).

28–  Zum anderen garantiert das Selbstverwaltungsrecht – und darin liegt für die Kommunalwirtschaft in der Praxis der Schwerpunkt – die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerledigung (sog. Gemeindeautonomie), die Art und Weise der selbständigen Wahrnehmung des kommunalen „Wirtschaftens“ (Wahlfreiheit bezüglich geeigneter Organisations- und Handlungsformen). Die Gemeinden können aufgrund ihrer Organisationsgewalt, der ihnen als wesentlicher Teil der Selbstverwaltungsgarantie zustehenden Organisationshoheit, die Handlungs- und Organisationsformen zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Gesetze bestimmen (Regie- oder Eigenbetrieb, Zweckverband oder Stiftung, AG oder GmbH usw.). Den Gemeindeorganen muss also neben dem „ob“ auch bezüglich des „wie“ der Erledigung kommunaler Aufgaben und damit auch der Rechtsform der wirtschaftlichen Betätigung grundsätzlich eine Wahlfreiheit, mindestens ein gewisser Entscheidungsspielraum verbleiben (kommunale Organisationshoheit; vgl. BVerfGE 91, 228, 236 ff.; BVerwGE 98, 273 ff.; OVG NW DVBl. 2011, 45, 47; Ruffert AöR 2001, 27, 32 ff.; Brüning Verw­Arch 2009, 453 ff.).

29Die wirtschaftliche Betätigungsgarantie besteht allerdings nur „im Rahmen der Gesetze“ (Gesetzesvorbehalt), also nicht im Sinne einer „Unantastbarkeit“ einer ganz bestimmten gesetzlichen Ausprägung, sondern nur i. S. einer „Unantastbarkeit“ wirtschaftlicher Betätigung als solcher, also eines Grundaufgabenbestandes, sowie einer eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung, die erforderlich ist, um im örtlichen Wirkungskreis kraftvoll und aktiv die Kommunalpolitik wahrnehmen zu können (vgl. BVerfGE 79, 127, 143 ff.). Dem Gesetzgeber steht dabei ein Regelungsspielraum zu (bei Ausgestaltungsregelungen mehr, bei „Eingriffen“ weniger), der aber in zweifacher Weise begrenzt ist: Zum einen setzt der Kernbereichsschutz Schranken (keine Aushöhlung des Wesengehalts der kommunalen Selbstverwaltung); zum anderen sind bei Eingriffen in den „Randbereich“ die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Willkürverbots anzuwenden. Den Gemeinden muss stets die Möglichkeit kraftvoller Betätigung und eigenständiger Gestaltungsfähigkeit verbleiben (BVerfGE 79, 127, 143 ff.; 91, 228, 238 ff.; BGH DÖV 2015, 196 ff.; Papier DVBl. 2003, 686 ff.; unten Teil 2 § 102 Rdn. 5 ff.).

30Gemeinden (Gemeindeverbände) sind ein „Stück Staat“, in den staatlichen Aufbau integriert. Art. 28 Abs. 2 GG ist nicht als Grundrecht gewährleistet, sondern ist eine Staatsorganisationsnorm, die die dezentrale Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft bestimmt und die Kommunalebene strukturiert (staatsorganisatorisches Verteilungsprinzip, Verbandskompetenz). Das Recht auf wirtschaftliche Betätigung können die Gemeinden folglich ausschließlich aus dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht ableiten (Art. 28 Abs. 2 GG und LV). Eine Berufung auf Art. 12, 14 und 2 Abs. 1 GG, die Berufs-, Gewerbe- und Wettbewerbsfreiheit sowie die Eigentumsgarantie, ist der Gemeinde als staatlichem Hoheitsträger bei der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben nach ganz h. M. verwehrt. Diese Grundrechte stehen den Kommunen nicht zu. Verfassungsrechtlich ist kommunales Wirtschaftsengagement eben niemals privatautonomes freies Handeln, sondern zweckgebundene Verwaltungstätigkeit, die nur im Rahmen gesetzlich festgelegter Kompetenzen, also nur begrenzt und gebunden ausgeübt werden kann („gemeinwirtschaftliches Handikap“ der Kommunalunternehmen; vgl. BVerfGE 79, 129, 148 f.; RhPfVerfGH NVwZ 2000, 801 ff.; Hösch DÖV 2000, 393 ff.; Pieroth/Hartmann DVBl. 2002, 421 ff.; Rennert JZ 2003, 385, 390 ff.; Rdn. 57 f.).

3.Landesrechtliche Vorgaben (Kommunalrecht)

31Der für die Praxis bedeutsame Rechtsrahmen für die kommunalen Unternehmen ist traditionell und nach Art. 70 ff. GG in den Kommunalgesetzen der Bundesländer geregelt (Gemeindeordnungen). Ausgehend von den in den §§ 67 ff. DGO enthaltenen Grundsätzen sind die Zielsetzungen und die Systematik des Rechts der wirtschaftlichen Betätigung (kommunale Unternehmen und Beteiligungen) insbesondere geprägt von einer Minimierung der damit für die Gemeinden verbundenen Risiken und Gefahren sowie der Kanalisierung der Vielzahl von auftretenden Interessenkonflikten. Die Landesgesetzgeber versuchen, mit dem Recht der wirtschaftlichen Betätigung einen den sachlichen Erfordernissen und den sich ständig ­wandelnden Gegebenheiten gerecht werdenden wirtschaftspolitischen Ordnungsrahmen bereit zu stellen. Zwischen den Grundsätzen der Einheit der öffentlichen Verwaltung und des politischen Handelns, der Notwendigkeit gesamtheitlicher Steuerung und zentraler Finanzdispositionen, der Erfüllung kommunaler Aufgaben („öffentlicher Zweck“ als Primärfunktion), der Entscheidungsprärogative demokratisch gewählter Gemeindeorgane, der Bürgerbeteiligung und demokratischen Kontrolle („aktive Bürgerkommune“) sowie der Öffentlichkeit und Transparenz kommunaler Entscheidungsprozesse einerseits sowie den Prinzipien der Unabhängigkeit und Flexibilität der Unternehmen, der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Geschäftsführung und der „Gewinnmaximierung“, aber auch der Markt- und Wettbewerbsorientierung sowie der Wettbewerbsfähigkeit andererseits besteht ein beachtliches Spannungsfeld. Es ist permanente Aufgabe der Landesgesetzgebung diese Zielkonflikte zu einer Synthese von gemeindlich-demokratischer Verwaltungslegitimation und effektiver, konkurrenzfähiger Gemeindewirtschaft, zu einem politik- und funktionstüchtigen kommunalen Interessenausgleich, zu einer ganzheitlichen, integralen, kommunalgerechten und -verträglichen „Harmonie“ zu bringen. Dazu ist eine Systematik von Zulässigkeitsvoraussetzungen, Inhalten und Grenzen festzulegen sowie adäquate Organisations- und Handlungsformen bereit zu stellen, die eine effiziente Wirtschaftsführung unter gleichzeitiger Wahrung der öffentlichen Gemeindeinteressen, insbesondere durch ausreichende Vertretung und Einflussmöglichkeiten der Gemeindeorgane, aber auch durch die Ausschaltung nicht vertretbarer Risiken gewährleistet.

32Das Recht der kommunalen Unternehmen (wirtschaftliche Betätigung) ist in den einzelnen landesrechtlichen Gemeindeordnungen in folgenden Bestimmungen geregelt (vgl. dazu die Synopse der Landesregelungen unten S. 203 ff.):

–  Für Baden-Württemberg in §§ 102 bis 108 GemO;

–  Für Bayern in Art. 86 bis 96 GO;

–  Für Brandenburg in §§ 91 bis 100 BbgKVerf;

–  Für Hessen in §§ 121 bis 127b HGO;

–  Für Mecklenburg-Vorpommern in §§ 68 bis 77 KV M-V;

–  Für Niedersachsen in §§ 136 bis 152 NKomVG;

–  Für Nordrhein-Westfalen in §§ 107 bis 115 GO NRW;

–  Für Rheinland-Pfalz in §§ 85 bis 92 GO RhPf;

–  Für das Saarland in §§ 108 bis 118 KSVG SL;

–  Für Sachsen in §§ 94a bis 102 SächsGemO;

–  Für Sachsen-Anhalt in §§ 128 bis 135 KVG LSA;

–  Für Schleswig-Holstein in §§ 101 bis 109 GO SH;

–  Für Thüringen in §§ 71 bis 77 ThürKO.

33Das kommunale Wirtschaftsrecht in den einzelnen Gemeindeordnungen der Bundesländer basiert zwar, ausgehend von den in §§ 67 ff. DGO festgelegten Grundsätzen, auf einem weitgehend gleich gebliebenen Aufbau und Grundstruktur. Aufgrund der wirtschafts- und ordnungspolitischen Vorstellungen in den einzelnen Bundesländern und den Auffassungen über den Stellenwert von Kommunalunternehmen einerseits und dem Schutzumfang wirtschaftlicher Betätigung durch Private andererseits, aber auch der Frage der Steuerung und Kontrolle und der notwendigen Einflussnahme der kommunalen Organe auf ihre wirtschaftlichen Unternehmen unterscheiden sich die Regelungen in Einzelfragen inhaltlich doch z. T. beachtlich und zwar mit zunehmender Tendenz. Die Innenministerkonferenz hat zwar immer wieder den Versuch unternommen, durch „Musterentwürfe“, Empfehlungen und Lösungsvorschläge zu einer relativen Einheitlichkeit des Rechts der Kommunalunternehmen beizutragen. In den letzten Jahren ist dies nur noch mühsam, zum Teil auch nur noch mit alternativen Lösungsansätzen gelungen (vgl. etwa Ehlers DÖV 1986, 897 ff. m. w. N.; Dünchheim/Schöne DVBl. 2009, 146 ff.; Berichte des AK III der Innenministerkonferenz vom 5./6.3. 1998 und 26./27.3.2001; NRW, LT-Drucks. 14/3979). In den Berichten des AK III der IMK von 1998/2001 und 2007 in NRW sind vor allem folgende Themen problematisiert und ein Handlungsbedarf für gesetzliche Neuregelungen gesehen worden:

–  Rechtfertigung durch einen öffentlichen Zweck, die kommunale Leistungsfähigkeit und den voraussichtlichen Bedarf (Weiterentwicklung der Begriffe einschließlich damit verbundener Dienstleistungen: Rand- oder Nebennutzungen bzw. Annex- oder Hilfstätigkeiten von untergeordneter Bedeutung; „Full-Service-Problematik“);

–  Inhalt und Reichweite des Örtlichkeitsgrundsatzes, Grenzen von Lockerungen, länderübergreifende Betätigung, Auslandsbetätigung (Territorialprinzip; Vereinbarkeit mit Art. 28 Abs. 2 GG);

–  Subsidiaritätsprinzip als „einfache“, „verschärfte“ oder „sui generis“ Subsidiaritätsklausel und Konkurrenzschutz;

–  Beibehaltung bzw. Aufgabe der Unterscheidung in wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigungsbereiche;

–  Mitwirkungsrechte der Kommunen in den Gesellschaftsorganen (inhaltliche Ausgestaltung und Instrumente zur Steuerung und Kontrolle einschließlich mittelbarer Beteiligungen);

–  Zulässigkeit und Grenzen neuer Geschäftsfelder;

–  Erweiterung der zulässigen Unternehmensformen, insbesondere die Rechtsform der Anstalten des öffentlichen Rechts (Kommunalunternehmen);

–  Veränderungen durch neue Wettbewerbssituationen (EU-Recht, insbesondere Vergabe- und Beihilferecht; Ausschreibungspflichten);

–  Modernisierung und zum Teil auch Privatisierung/Rekommunalisierung sowie Regulierungsstrategien (vor allem bei der Ver- und Entsorgung auch als Konsequenz der Liberalisierung; vgl. etwa Papiere zur „Fortentwicklung der kommunalen Wasserwirtschaft“; Konsequenzen der Energiewende für die Kommunen; zur Wasserwirtschaft vgl. Zabel DVBl. 2010, 93 ff.; Kühling DVBl. 2010, 205 ff.; Podszun/Palzer NJW 2015, 1496 ff.).

4.Europarechtliche Vorgaben (unionsrechtlicher Rahmen)

34Neben den bestehenden nationalen Zulässigkeitsvoraussetzungen und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts (vor allem durch kommunales Landesrecht) wird das kommunale Wirtschaftsrecht inzwischen maßgeblich durch europarechtliche Vorgaben in Form primären und sekundären EU-Rechts überlagert (EUV, AEUV, Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, vgl. Art. 288 AEUV). So wird der weit überwiegende Teil der von den Kommunen zu erfüllenden Aufgaben durch europarechtliche Vorgaben beeinflusst. Dies macht deutlich, dass sich Recht und Politik der EU in erheblichem Maße auf viele Politik- und Aufgabenfelder der Kommunen nachhaltig auswirken. Bei der in den letzten zwei Jahrzehnten stark fortschreitenden europäischen Integration, die von der Bundesrepublik mitinitiiert und getragen wurde und wird, ist zu beobachten, dass diese politische, wirtschaftliche und friedenssichernde Entwicklung, die erfolgreichste in der Geschichte Europas, teilweise als Nivellierung und Unitarisierung durch einen anonymen Brüsseler „Beamtenapparat“ empfunden wird. Auch hatten nur wenige damit gerechnet, dass die europarechtlichen Vorgaben die kommunale Daseinsvorsorge und damit einen Kernbereich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts so stark beeinflussen wie dies in den letzten Jahren geschehen ist. Konfliktpotential erwächst vor allem daraus, dass die europäische Union gerade in den wirtschaftlichen Betätigungsbereichen der Daseinsvorsorge fortschreitend zahlreiche Regelungskonzepte vorlegt und umsetzt, dass hinsichtlich der Rahmenbedingungen und der näheren Ausgestaltung öffentlicher Daseinsvorsorge in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU erhebliche Unterschiede bestehen und dass es in wichtigen Fragen zum Teil an klaren Begriffen und Abgrenzungen und damit zum Teil an der erforderlichen Rechtssicherheit fehlt (vgl. zu den sich gegenüberstehenden Interessen: Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Forderungen an das neugewählte Europäische Parlament vom 10.4.2014; Kämmerer NVwZ 2004, 28 ff., der demgegenüber vor der Aushöhlung des Wettbewerbsprinzips warnt; Lange NVwZ 2014, 616 ff.; zum TTIP und den Auswirkungen auf die Kommunen: Positionspapier der Kommunalen Spitzenverbände von Ende 2014, in: Mitt. NRW StGB 2014, 288 ff.; A. Hille, TTIP, 2015; Weiß DÖV 2016, 661 ff.).

35Die Vorgaben des primären Unionsrechtssind in dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgelegt. Zielsetzung und Aufgabe der Union ist es, durch die Errichtung eines Binnenmarkts und einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie durch gemeinsame Politiken und Maßnahmen in der gesamten Union „auf eine nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ hinzuwirken (Art. 3 EUV). Von besonderer Bedeutung ist die in Art. 119 Abs. 1 AEUV hervorgehobene Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf eine Wirtschaftspolitik, die dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist. Ein freier Wettbewerb als wirtschaftliches Ordnungssystem wird in den Mittelpunkt eines so herzustellenden Binnenmarkts gerückt und durch die vier Grundfreiheiten des freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs gewährleistet (vgl. Art. 26 Abs. 2 AEUV; daneben dienen Wettbewerbsregeln, Beihilfevorschriften etc. der Beseitigung der Hindernisse für einen freien Binnenmarkt). Für den Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge wird diese Position z. T. als zu einseitig angesehen („Überhöhung“ des Wettbewerbs; Broß JZ 2003, 874 ff.; vgl. Kolb LKV 2006, 97), inzwischen aber weitgehend als feststehend akzeptiert, wenngleich die Konsequenzen in der kommunalen Praxis noch nicht hinreichend bewusst sind (vgl. Busson/Kirchhof/Müller-Kabisch KommJur 2014, 88 ff.). Dabei ist freilich nicht zu übersehen, dass die Kennzeichnung als offene Marktwirtschaft sowie die in den Verträgen angelegten Regelungen über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in engen Grenzen Ausnahmen und Interventionen der Mitgliedstaaten oder der Union selbst ermöglichen (vgl. insbes. Art. 14 und 106 Abs. 2 AEUV, ferner Art. 36 Charta der Grundrechte). In Art. 14 AEUV ist festgelegt, dass „in Anbetracht des besonderen Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen […], dafür Sorge zu tragen ist, dass die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass sie ihren Aufgaben nachkommen können“. In Art. 106 Abs. 2 AEUV heißt es: „Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, gelten die Vorschriften dieses Vertrages, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert“. Beide Ausnahmevorschriften werden allerdings von der EU-Kommission und der europäischen Rechtsprechung restriktiv ausgelegt und somit das Spannungsverhältnis zwischen Wettbewerb und Gemeinwohl, für die effiziente und diskriminierungsfreie Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse als Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts einerseits und der Forderung nach Sonderbehandlung bei kommunaler Wirtschaftstätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit aufgegebenen Gemeinwohlverpflichtungen andererseits, häufig wettbewerbsorientiert gelöst. Nur in den erwähnt engen Grenzen hat der EuGH durch seine „Altmark-Trans“-Rechtsprechung und darauf aufbauend auch die EU-Kommission durch ihr „Almunia-Paket“ der Bedeutung der Daseinsvorsorge Rechnung getragen Daher kritisieren die kommunalen Spitzenverbände die aktiv-gestaltende Rolle der Kommission deutlich und fordern unter Berücksichtigung der konkreten nationalen, rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen mehr Spielräume für die Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht (vgl. Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Forderungen an das neugewählte Europäische Parlament vom 10.4.2014; näheres unten Rdn. 67 f. und 236 ff.).

36Im AEUV ist als zentraler Grundsatz der Union eine offene Marktwirtschaft mit diskriminierungsfreiem Wettbewerb festgelegt. Dementsprechend ist es Aufgabe der Europäischen Union, diesen zu gewährleisten und zu schützen. Hierfür sieht die Wettbewerbsordnung in den Art. 101 ff. AEUV das Kartellverbot, das Missbrauchsverbot, die Fusionskontrolle sowie Regelungen im Bereich öffentlicher Unternehmen und staatlicher Beihilfen vor. Mit der zunehmenden Europäisierung des Kommunalrechts hat Papier zu Recht darauf hingewiesen, dass, desto eher die Verwaltungsgerichte vor die Frage gestellt werden, ob und inwieweit der Gewährleistungsgehalt des Art. 28 Abs. 2 GG in seinem Kernbereich berührt (Papier DVBl. 2003, 686, 691 ff.) und damit zusammenhängend die Frage nach der Europafestigkeit des Art. 28 Abs. 2 GG gestellt wird (vgl. auch Kolb LKV 2006, 97 ff.), je intensiver die Kommission in diesem Bereich eine extensive Handhabung und Auslegung des EU-Rechts betreibt. Ob sich Papiers Hoffnung nach einer Lösung des Spannungsverhältnisses, die er in einer Europäischen Verfassung sieht, die für die kommunale Selbstverwaltung und die kommunale Daseinsvorsorge hinreichend Rechtsgrundlagen beinhaltet, durch die Europäischen Verträge erfüllt, kann durchaus bezweifelt werden. Allein das in Art. 4 Abs. 2 AEUV zum Ausdruck kommende Verständnis von einem Mehrebenensystem unter Einschluss der kommunalen Ebene und dem nunmehr in Art. 5 Abs. 3 EUV normierten Subsidiaritätsprinzip („Kommunalblindheit“ Mehde, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 74. EL Mai 2015, Art. 28 Abs. 2 GG Rdnr. 8, 9) können insoweit nur als ein richtiggehender Anfang gesehen werden.

Literaturhinweise (EU-Recht):

Eingehendere Ausführungen zum Europäischen Unionsrecht vgl. unten Teil 1 Rdn. 67 ff. und 236 ff. je mit weiteren Literaturhinweisen.

5.Erscheinungsformen kommunaler Wirtschaftstätigkeit

37Die wirtschaftlichen Betätigungen der Kommunen zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben, insbesondere der Bedürfnisse ihrer Einwohner in den Bereichen Daseinsvorsorge, Lebensqualität, Infrastruktur usw. sind außerordentlich bunt und vielgestaltig („gemischtwarenladenähnliche“ Aufgabenvielfalt; vgl. bereits oben Rdn. 4 ff.). Die Erscheinungsformen haben sich teilweise historisch entwickelt und sind nur aus ihrem geschichtlichen Kontext zu verstehen, unterliegen aber auch beachtlichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen, die ihrerseits wieder von den jeweils herrschenden ordnungs-, wirtschafts- und sozialpolitischen Grundauffassungen sowie heute auch von unionsrechtlichen Regeln geprägt werden (vgl. Badura DÖV 1998, 818 ff.; Püttner DVBl. 2010, 1189 ff.; Blanke DVBl. 2015, 1333 ff.). Zur Illustration der großen Vielfalt in den klassischen Feldern kommunaler Wirtschaftstätigkeit wird auf die nachfolgende Abb. 1 verwiesen (vgl. dazu erste Ausführungsanweisung zur EigBVO vom 22.3.1939, RMBliV 633; Hidien, Gemeindliche Betätigung rein erwerbswirtschaftlicher Art, 1981, S. 34 ff.; Knemeyer, in: Achterberg/Püttner/Würtenberger, BesVerwR, Bd. I, S. 53, 59; Wessel NVwZ 2002, 1083 ff.):

Abb. 1: Aufgabenfelder kommunaler Wirtschaftstätigkeit

Abfallbeseitigungsanlagen;

Abwässerbeseitigungsanlagen;

Amts- und Mitteilungsblätter;

Apotheken;

Arbeitsvermittlungsstellen;

Automobilfabriken;

Badebetriebe;

Bäckereien;

Bankenbeteiligungen;

Bauhöfe für Gartenbau und Straßenbau;

Bau- und Betriebsgesellschaften;

Bauträgergesellschaften;

Behindertenarbeitsbetriebe;

Bestattungsunternehmen;

Blumenläden;

Brauereien;

Brunnenbetriebe;

Buchbindereien;

Bundesgartenschaugesellschaften;

Camping-Gesellschaften;

Datenverarbeitungszentralen;

Documenta-GmbH;

Druckereien;

Einkaufsgenossenschaften und -zentralen;

Eisfabriken;

Entwicklungsgesellschaften;

Fahrdienste;

Forstwirtschaftsbetriebe;

Freizeitunternehmen;

Fremdenzimmer-Vermittlungsstellen;

Fuhrparks mit Werkstätten und Tankstellen;

Gärtnereibetriebe;

Grundstücke- und Anlagegesellschaften;

Hallenbetriebe (Festhallen, Stadthallen, Ausstellungshallen, Mehrzweckhallen, Markthallen);

Handwerksbetriebe;

Hotels;

Hotel- und Gaststättenschulen;

Heime (Alters-, Jugend- und Pflegeheime);

Installationsbetriebe;

Kantinen;

Kohleveredlungsbetriebe;

Kompostwerke;

Kraftfahrzeugkennzeichen-Verkauf;

Kurbetriebe;

Landwirtschaftliche Betriebe;

Lebensmittelbetriebe;

Möbelbetriebe;

Müllabfuhrbetriebe;

Müllverbrennungsanlagen;

Parks (Tierparks, Freizeitparks, Olympia-Parks);

Parkhäuser- und Parkplatzgesellschaften;

Pfandleihunternehmen;

Reisebüros;

Reinigungsbetriebe;

Reklamebetriebe;

Reparaturwerkstätten (Schreinereien, Schlossereien);

Restaurationsbetriebe (Ratskeller, Schlosscafe, Stadion-Gaststätte);

Sanierungs- und Planungsgesellschaften;

Sargfabriken;

Schlachthöfe;

Schuhbesohlanstalten;

Seilbahn-Gesellschaften;

Sparkassen;

Speditionsunternehmen;

Studentenwohnheim-Betriebe;

Textilfarben;

Tierkörperbeseitigungsbetriebe;

Trinkwassergewinnungsbetriebe;

Urproduktionsbetriebe (Braunkohlebergwerke, Güter, Molkereien, Milchhöfe, Sägewerke, Minen, Brunnenbetriebe, Kies- und Kalkbetriebe, Steinbrüche, Ziegeleien, Mühlen, Torfbrüche);

Verkehrsbetriebe (Straßenbahnen, Kleinbahnen, Kraftverkehrsbetriebe, Industriebahnen, Anschlussbahnen, Gleisbetriebe, Hafenbetriebe, Speicher, Lagerhäuser, Häfen, Flughäfen, Fähren);

Verkehrsförderungsgesellschaften;

Verkehrsvereine;

Verlage;

Versicherungsunternehmen;

Versorgungsunternehmen (Gas, Wasser, Elektrizitäts- und Fernheizwerke);

Waagen;

Wäschereien;

Weinkeller;

Weingüter;

Wirtschaftsförderungsgesellschaften;

Wohnraumvermittlungsstellen;

Wohnungsbauunternehmen;

Zuckerfabriken.

38Die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen und damit auch Leitbild und Funktionen der Kommunalunternehmen wandeln sich. Vor allem durch die europäische und nationale Liberalisierungs- und Privatisierungsgesetzgebung der letzten Jahre wurden für die Kommunalunternehmen deutliche Veränderungen und Entwicklungen eingeleitet (von Gebietsmonopolen zu weitgehend freiem Wettbewerb; vgl. Britz NVwZ 2001, 380; Schink NVwZ 2002, 129). Das Tätigkeitsspektrum der klassischen Daseinsvorsorge i. S. Forsthoff’s ist aber auch deshalb in einem beachtlichen Wandel begriffen, weil Fragen wie Wirtschaftlichkeit, Spar- und Rationalisierungszwänge, Finanzknappheit der Kommunen sowie die Sicherung von Arbeitsplätzen, des Standortwettbewerbs und vieles mehr eine zunehmende Rolle spielen (Daseinsvorsorge kein statischer, sondern entwicklungsoffener Begriff; vgl. Schwarze EuZW 2001, 334 ff.). Vor allem die Entwicklung, dass kommunale Monopole durch neue Ordnungsrahmen und Wettbewerbssituationen verändert wurden und werden (Energieversorgung, Wasser, Entsorgung, ÖPNV usw.), trägt dazu bei, dass zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der Kommunalunternehmen verstärkt in Richtung Ausdehnung des Absatzmarkts weit über die Gemeindegrenze hinaus und die Erweiterung ihrer Produkte und Leistungen nachgedacht wurde und wird. Dass dabei in Einzelfällen auch über das Ziel hinausgeschossen wurde und unter den Kommunalunternehmen einige wenige „schwarze Schafe“ zu verzeichnen sind, ist nicht ganz verwunderlich (von den Rechtsaufsichtsbehörden wäre in diesen Fällen eine etwas aktivere und klarere Position sicher hilfreich; vgl. Ruffert Verw­Arch 2001, 27 ff.; unten Rdn. 188 und BGH NJW 2003, 1318 ff.; BVerwG NVwZ 2016, 72 ff.; Knirsch GemHH 2016, 28 ff.; Bertelsmann Stiftung, Kommunalaufsicht 2020). Abstrakt lassen sich die neuen Geschäftsfelder im Wesentlichen in zwei Kategorien einteilen:

–  Zum einen handelt es sich um außengerichtete Tätigkeiten (Fremdbedarfsdeckung) der Kommunen zur Erschließung und Wahrnehmung von Aufgaben, die sie bisher nicht wahrgenommen haben bzw. um Tätigkeiten, die bereits wahrgenommen wurden, die sich aber durch technische Veränderungen und Neuentwicklungen ausgeweitet und/oder verändert haben.

–  Zum anderen werden unter dem Begriff der neuen Geschäftsfelder auch Tätigkeiten verstanden, die bisher ausschließlich oder ganz überwiegend internen Zwecken dienten (Eigenbedarfsdeckung) und nunmehr erstmalig in größerem Umfang Dritten angeboten werden.

39Die Palette der „neuen Geschäftsfelder“ ist sehr vielfältig (vgl. dazu UA „Kommunale Wirtschaft“ der IMK, Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen in neuen Geschäftsfeldern, März 1998; Henneke NdsVBl. 1998, 273 ff.; Schink NVwZ 2002, 129; Podzun/Palzer NJW 2015, 1496 ff.; Cronauge, a. a. O., Rdn. 552 ff.). Zu den wichtigsten neuen Geschäftsfeldern, die ganz oder begrenzt zulässig sind, zählen insbesondere (zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen und Grenzen vgl. unten Rdn. 45a ff., 50 ff. und Teil 2 § 102 Rdn. 43 ff.):

–  Breitbandinfrastruktur/Telekommunikationsdienstleistungen, digitale Vernetzung und dergl. (vgl. etwa Holznagel/Deckers DVBl. 2009, 482 ff.);

–  Wirtschaftsförderungs- und Beschäftigungsgesellschaften, Technologie- und Existenzgründerzentren, Risikokapitalgesellschaften und dergl.;

–  Tourismus- und Veranstaltungsdienstleistungen;

–  Consulting- und Planungsdienstleistungen;

–  untergeordnete Wartungs-, Installations-, Werkstatt- und ähnliche Arbeiten im Zusammenhang mit Ver- und Entsorgungsdienstleistungen für private Dritte („Full Service“ etwa im Energiebereich, Dienstleistungen „Rund ums Haus“; Übernahme von Kfz-Reparaturaufträgen, Garten- und Grünpflege für Private, Fremdleistungen des Bauhofs, der Vermessungsverwaltung usw.; Service-, Reinigungs- und Gebäudemanagementaufgaben und vieles mehr; je als neue, wesentlich oder unwesentlich zusätzlich ergänzende Tätigkeiten oder Einsatz von nicht ausgelasteten Personalkapazitäten; vgl. Rdn. 56a);

–  Sozialer Wohnungsbau, Flüchtlingsunterkünfte.

6.Faktische Bedeutung der kommunalen Wirtschaftstätigkeit

40Die kommunal- und volkswirtschaftliche Bedeutung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen ist nach wie vor beachtlich. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Kommunalwirtschaft in den letzten Jahren und gegenwärtig „boomt“ und sich in vielen Kommunen eine „Goldgräbermentalität“ breit gemacht hat (vgl. etwa Ehlers DVBl. 1998, 497 f.; Ruffert Verw­Arch 2001, 27 f.; Schink NVwZ 2002, 129 f.). Unbestritten ist, dass der zunehmende Umfang und ihre meist lebensnotwendigen Aufgabenbereiche die kommunalen Unternehmen zu einem nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor machen, insbesondere bei den elementaren täglichen Bedürfnissen der Grundversorgung: Die Versorgungsunternehmen mit kommunaler Beteiligung beliefern den Großteil der Einwohner (Wasser rd. 90 %, Abwasser rd. 95 %, Energie fast 60 %), städtische Verkehrsbetriebe bedienen in größeren Gemeinden den öffentlichen Nahverkehr weitgehend und auch die kommunalen Wohnungsbauunternehmen versorgen zusammen mit freien gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen die Bevölkerung mit einem wesentlichen Teil der Wohnungen im sozialen Wohnungsbau. Auf die öffentliche Wirtschaft entfällt insgesamt ein Anteil von etwa 10 bis 12 % an der gesamten Bruttowertschöpfung (vgl. Reidt, in: Jarass (Hrsg.), Wirtschaftsverwaltungsrecht, 3. Aufl. 1997, § 12; Cronauge AfK 1999, 24 ff.). Nach den Berechnungen der Monopolkommission (Hauptgutachten XX, 07/2014, S. 439 ff.) haben sich die Kommunalen Unternehmen zahlen- und umsatzmäßig von 2000 bis 2011 wie folgt entwickelt (Abb. 2):

Abb. 2: Entwicklung der Kommunalen Unternehmen von 2000 bis 2011

41Leider gibt es für die öffentlichen Unternehmen keine vollständigen Statistiken und damit fehlen verlässliche Zahlen. Deshalb sollen hier zusätzlich die vom Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) herausgegebenen statistischen Daten für die im VKU inzwischen zusammengeschlossenen knapp 1.500 Kommunalunternehmen dargestellt werden: Rund 115 Mrd. Euro Umsatzerlöse bei knapp 250.000 Beschäftigten (Stand: 2013). Die Entwicklung der Organisationsformen in der kommunalen Praxis hat sich wie folgt entwickelt bzw. stellt sich gegenwärtig wie folgt dar (nur VKU; vgl. Abb. 3):

Abb. 3: Organisationsform kommunaler Unternehmen (nur VKU-Mitglieder)

Jahr

EigB

AÖR bzw. KU

AG

GmbH

Zweck­verband

Insgesamt

Zahl

%

Zahl

%

Zahl

%