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Alle deutschen Rechte bei Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2020
Umschlag- und Innenillustrationen: Sabine Rothmund
Umschlagtypografie: formlabor
Lektorat: Wiebke Andersen-Oberschäfer
Satz und Herstellung: Gunta Lauck
E-Book-Umsetzung: Zeilenwert, Rudolstadt
978-3-646-93357-4
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Martin Klein
Mit Bildern von Sabine Rothmund
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1.
Der König hat eine Idee
An manchen Orten gibt es auch heutzutage noch Könige.
Sie schreiten mit ihren Kronen möglichst würdevoll durch
die Gegend und halten zu Weihnachten festliche An-
sprachen.
In England herrscht sogar bis zum heutigen Tag eine
Königin. Sie heißt Queen Elisabeth und trägt meist keine
Krone, sondern einen schicken Hut. Sie ist eine nette Person
und denkt jedes Jahr darüber nach, bei ihrer Weihnachts-
rede eine bunt flackernde Lichterkette an ihrem Hut zu
befestigen. Königin Elisabeths Enkel haben ihr schon ver-
raten, wie ihre Oma es schaffen könnte, dabei ohne Strom-
kabel auszukommen: Na klar, mit Batteriebetrieb!
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Manche Könige und Königinnen findet man nur in
Büchern. So ist das zum Beispiel mit König Alfons, dem
Viertel-vor-Zwölften, der das berühmte Lummerland
regiert. Und wer den König Efraim von Takatuka-Land
kennenlernen will, liest dafür am besten einmal die Aben-
teuer von Pippi Langstrumpf.
Das Königreich, von dem die folgende Weihnachtsge-
schichte handelt, gibt es wirklich. Allerdings wissen die
meisten Menschen nicht, dass es ein Königreich ist. Man
findet es in der nicht besonders großen Stadt Luckenwalde
im schönen Brandenburg, und wer dort nach einem König-
reich fragt, wird in ratlose Gesichter schauen.
Erkundigt sich aber stattdessen jemand nach dem Zoo,
wird die Antwort lauten: »Oh ja, den kenne ich. Unser Zoo
ist nicht besonders groß, aber er ist besonders schön. Wir
haben sogar einen richtigen Löwen!«
Die Luckenwalder zeigen jedem Gast gern den Weg
dorthin. Schon bald taucht dann zwischen dem Stadtrand
und dem Märkischen Kiefernwald ein großes Schild mit der
Aufschrift LUCKENWALDER ZOO auf.
Der Zoo von Luckenwalde ist ein ganz besonderes klei-
nes Königreich, und sein Herrscher ist der Löwe Malte. –
Schließlich wird ein Löwe nicht umsonst der König der
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Tiere genannt, und kein Zoobewohner hat etwas dagegen.
Bis auf einen, aber das soll der Reihe nach erzählt werden.
Natürlich gibt es auch einen Zoodirektor. Er heißt Petar
Plewka und wohnt in einem schmucken Haus mitten im
Zoo, zusammen mit seiner Frau Petra, den Drillingen
Paulea, Paule und Pawel und dem Königspudel Padre.
Falls sich jetzt jemand fragt, wie es möglich sein kann,
dass Drillinge aus einem Mädchen und zwei Jungen be-
stehen, so lautet die Antwort: So etwas gibts, und wer
herausfinden will, wieso, der schafft das bestimmt.
Wer außerdem genau hingehört hat, dem ist soeben
aufgefallen, dass sämtliche Namen in der Familie mit
einem großen P beginnen und obendrein jeweils ein kleines
a und ein kleines e im Namen tragen.
Dafür haben Herr und Frau Plewka gesorgt. Sie wollten
es genau so haben, besonders Herr Plewka. Er liebt eine
gewisse systematische Ordnung, und die schönsten Weih-
nachtsgeschenke sind für ihn Werke über die großartige
Systematik des Tierreichs, zum Beispiel: Die Varianz der
nordeuropäischen Köcherfliege.
Petra Plewka schenkt ihrem Mann jedes Jahr an Heilig-
abend so ein Buch. Zum Glück gibt es unzählige davon.
Es ist nun acht Jahre her, dass die Plewkas Eltern von
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Drillingen wurden, und sie haben damals ganz schön lange
nachgedacht, bis alle Namen passten.
Eines Tages kurz nach der Geburt der drei kleinen
Schreihälse schoben sie ihre nigelnagelneue Drillingskarre
am Löwengehege vorbei, knobelten den dritten Namen aus
und der Königspudel Padre stolzierte neben ihnen her.
Plötzlich wurden sie so jäh unterbrochen, dass Padres
Locken sich für einen Moment schnurgerade in sämtliche
Himmelsrichtungen spreizten.
»Herr Plewka«, brüllte Malte mit tiefer, durchdringender
Löwenstimme. »Vergiss nicht: Du bist zwar der Direktor,
aber ich bin der König! Das solltest du endlich einmal
offiziell bestätigen. Alles klar?«
Die Plewkas waren gerade kurz davor, auf den Namen
Pawel zu kommen.
»Hast du's gehört, Herr Plewka?! Du Direx, ich King!«,
polterte der Löwe.
Der Königspudel Padre knurrte leise. »Das hättest du
wohl gern.«
Schließlich rief Herr Plewka genervt Richtung Löwen-
gehege: »Ja, ja, Malte. Von mir aus. Ich Direx, du King.
Und jetzt sei endlich still.«
Von diesem Moment an betrachtete sich Malte im
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Luckenwalder Zoo endgültig als Herrscher von allem und
für alles. Nur weil Herr Plewka seine Ruhe haben wollte.
Außer der Familie Plewka, Padre und den Zootieren hat
allerdings niemals jemand davon erfahren, und das ist gut
so. Manche Besucher würden sich nämlich sehr fürchten,
wenn sie wüssten, dass hier im Zoo der Löwe den Boss gab.
Dabei hätten sie sich gar keine Sorgen zu machen brau-
chen. Denn ob sie Chef sind oder nicht, spielt bei Zoolöwen
keine große Rolle. Meist sind sie recht friedliche und träge
Zeitgenossen. Für Malte gilt das besonders. Von Beutejagd
hat er keine Ahnung. Malte glaubt vielmehr – genau wie
manches Menschenkind –, dass Chicken-Nuggets in Tief-
kühltruhen wachsen. Jeden Tag kommt eins der Plewka-
kinder bei ihm vorbei und versorgt ihn mit den köstlichen
Happen. Meistens übernimmt Paulea diese wichtige Auf-
gabe.
Paulea ist damals als erster Drilling auf die Welt gekom-
men. Sie denkt deshalb manchmal, dass sie etwas mehr zu
sagen hat als ihre Brüder. Paule erblickte kurz nach Paulea
das Licht der Welt, und wenig später kam auch noch Pawel
hinterher.
Paule denkt manchmal, dass ein mittleres Drillingskind
Pech hat. Er hat eine wenige Minuten ältere Schwester, die
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über ihn bestimmen will, und einen wenige Minuten jünge-
ren Bruder, der dauernd vorgezogen wird.
Auch Pawel meint bisweilen, dass er benachteiligt ist. Er
ist nicht nur ein paar Minuten jünger, sondern auch kleiner
als seine Geschwister. Pawel findet das unfair und es gibt
Tage, an denen er Paulea und Paule zeigen muss, dass nur
er allein der mutigste aller Plewkas ist.
Klar also, dass es im Hause Plewka ebenso wie in allen
anderen Familien manchmal Streit gibt.
Die meiste Zeit verstehen sich die drei Kinder aber rich-
tig gut und auch alle Zootiere kommen hervorragend mitei-
nander aus.
Es gab allerdings einmal eine Ausnahme und davon
erzählt diese Geschichte. Ausgerechnet die
beiden Namensverwandten, der
Löwenkönig Malte und der
Königspudel Padre, konn-
ten sich nämlich einfach
nicht leiden. Aber so ist
es wahrscheinlich
meistens, wenn gleich
zweie König sein
wollen.
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2.
Lebkuchenkrümel, Jubelziegen
und Löwenpups
Anfang Dezember begann die Familie Plewka wie jedes
Jahr damit, das Zoogelände festlich zu schmücken.
Frau Plewka legte Tannengrün aus, Herr Plew-
ka befestigte eine Lichterkette am Eingang und
Paulea, Paule und Pawel stellten hölzerne
Engel und rundliche Weihnachtsmänner auf.
Währenddessen grübelte Malte wieder
einmal darüber nach, ob ihm als König
irgendetwas entging. Etwas Tolles,
das einem großen König wie ihm
gebührte. Überlegungen dieser Art
gehörten neben der Einnahme möglichst
vieler Mahlzeiten zu seinen Lieblingstätig-
keiten. An echter Regierungsarbeit hatte er