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Actiongeladenes Fußballbuch mit viel Herz Der 11-jährige Matti hat beim Fußballcamp wie ein Gladiator gekämpft, um in die erste Mannschaft aufgenommen zu werden – und wird am Ende mit den Worten aussortiert: »Für dich hat es leider nicht gereicht.« Doch Mattis Vorsatz, nie wieder Fußball zu spielen, hält nicht lange. Mit seinem besten Freund Finn geht er jetzt zur »Platte«, dem Fußballkäfig in ihrem Kiez, wo jede*r mitspielen darf. Mit Lotta, Bär, Anton, Shahin und den anderen und den beiden coolsten Trainern der Welt kicken sie sich bis zu einem großen Turnier an einer DFB-Sportschule. Keine Frage – dieses Team ist einfach unschlagbar! In dieser besonderen Fußballgeschichte findet sich jedes Kind wieder.
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Martin Klein
Underdogs United – Ein Team für alle
Matti hat beim Fußballcamp wie ein Gladiator gekämpft, um in die erste Mannschaft aufgenommen zu werden – vergeblich. Aber mal ehrlich: Wer braucht schon einen Verein? Mit seinem besten Freund Finn trainiert er ab jetzt auf der »Platte«, dem Fußballkäfig in ihrem Viertel, an der Seite von Anton, Bär, Lotta, Shahin und den anderen. Mit Zusammenhalt und jeder Menge Power kicken sich die »Underdogs United« sogar bis zu einem großen Turnier an einer DFB-Sportschule.
Double U – beste Crew: Dieses Team ist einfach unschlagbar!
Wohin soll es gehen?
Buch lesen
Danksagung
Vita
»Klare Bälle!«
Lutz Boede
Für die MSC-Cracks, die Sandplatzhelden von Rotweiß,die Lok-Kicker, die Cordi-Crew & für Olli
Harte Fußballferien
»Um glücklich zu sein, reicht mir ein Ball an den Füßen.«
Lionel Messi
Matti absolvierte das Fußball-Camp des SV 01 Babelsdorf wie ein Gladiator. In jeder Trainingseinheit rannte er hinter dem Ball her, als ginge es um sein Leben. Und um nichts weniger ging es. Nichts weniger stand auf dem Spiel. Es ging um sein künftiges Fußballer-Leben. Es ging darum, in seiner Altersklasse die Aufnahme in die beste Jugendmannschaft zu schaffen.
Der SV 01 war ein kleiner Profiklub in der dritten Liga. Dort zu spielen war zwar noch nicht Champions League. Aber welcher Junge spielte bereits als Kind bei Real Madrid? Klubs wie der SV 01 waren der erste entscheidende Schritt in Richtung Profifußball, die wichtigste Weiche zur großen Karriere. Alle Nachwuchshoffnungen taten diesen Schritt irgendwann im Laufe ihrer Kindheit. Je früher, desto besser.
Matti war einer von fünfundzwanzig Spielern, die sich vierzehn Tage lang darum bewarben, in der kommenden Saison das blau-weiße Trikot des SV 01 tragen zu dürfen. Maximal sechzehn von ihnen konnten es schaffen.
Mädchen waren hier nicht dabei. Weibliche Fußball-Talente empfahl der SV 01 immer gleich an den anderen professionellen Potsdamer Fußballverein weiter: den 1. FC Turbine. Die Mädchen- und Frauenteams der Turbine spielten traditionell den erfolgreichsten Potsdamer Fußball, und der Name des Vereins war auf der Deutschen Meisterschale und sogar auf dem Champions-League-Pokal zu finden.
Alle fünfundzwanzig Jungen im Camp konnten überdurchschnittlich gut kicken. Einige spielten schon seit Jahren für den SV 01, ein paar sogar seit ihrer Bambini-Zeit. Die meisten aber waren von Charly oder Jürgen angesprochen worden. Die beiden waren nicht nur Trainer der ersten Jugend, sondern auch als Scouts auf den regionalen Fußballplätzen unterwegs. Sie hatten einige Wochen zuvor für Mattis Teilnahme am SV-01-Fußball-Camp gesorgt.
Es war bei den Schulmeisterschaften der sechsten Klassen gewesen, bei dem Matti mit dem Team seiner Theodor-Fontane-Schule antrat.
In dieser Mannschaft war Charly und Jürgen sofort der kräftige, zugleich ballfertige und schnelle Junge aufgefallen, der bedingungslos hinter jedem Ball herrannte. Matti sprintete sogar, um einen ins Seitenaus gerollten Ball zum Einwurf zu holen, schoss ein energiegeladenes Tor nach dem anderen und beförderte seine »Fontys« damit bis ins Finale.
Im Endspiel brachte Matti seine Mannschaft mit einem Sonntagsschuss in den Winkel in Führung, und gemeinsam mit den anderen »Fontys« verteidigte er den knappen Vorsprung zäh. Kurz vor Schluss kamen die Sportschulen-Kicker doch noch zum Ausgleich, und in der Verlängerung gelang ihnen ein mühsamer 2:1-Sieg.
Nach dem Schlusspfiff war ein Mann im SV-01-Trainingsanzug auf Matti zugetreten. »Gratuliere zu deiner tollen Leistung, Junge!«, sagte Charly und reckte einen Daumen hoch. »Hättest du nicht Lust, beim SV-01-Trainingscamp in den Sommerferien mitzumachen? Ich würde mich freuen.«
Mattis Enttäuschung über die knapp verpasste Schulmeisterschaft verflog im Bruchteil eines Moments. Und ob er Lust hatte! Für den Fußball war er bereit, alles zu geben.
Mattis erster Ausflug in den Vereinsfußball lag schon eine Weile zurück. Zusammen mit seinem besten Freund Finn war er bei Eintracht 1904 eingetreten. Dieser Lokalrivale wetteiferte mit ein paar anderen Potsdamer Amateur-Vereinen darum, dem SV 01 am nächsten zu kommen. Die Zeit dort wurde für Matti und Finn eine große Enttäuschung.
Mit dem Trainerduo kamen beide überhaupt nicht zurecht. Der eine brüllte und schimpfte unablässig, und wenn er Ansagen machte, klang das wie das Knurren eines Wachhunds. Der andere pfiff pausenlos auf seiner Trillerpfeife herum, und jeder Pfiff war ein Befehl.
Also hatten Matti und Finn ihre Zeit als Fußballsklaven schnell wieder beendet und trafen sich von nun an zum Kicken täglich auf der sogenannten »Platte«.
Die Platte war eine öffentliche Spielplatzanlage mit Basketballkörben, Skaterbereich und einem käfigähnlichen, halb von Fanggittern umgebenen Fußballplatz. Niemand wusste, woher die Platte ihren Namen hatte. Der Bodenbelag der Fußballfläche bestand aus rissigem Beton. Jede Art von Stollenschuhen war hier ungeeignet. Stürze vermied man besser, und Tacklings waren für alle Beteiligten gemeingefährlich. Das Feld hatte keine Normgröße und keine Markierungen. Die Tormaße waren die von Handballtoren, und auf ihrer Rückseite gab es keine Netze, sondern silberfarbige Metallstreben. Erfolgreiche Torschüsse sprangen oft von einem herben Klang begleitet weit ins Feld zurück. Aber es gab auf der Platte keine schlecht gelaunten Erwachsenen mit Trillerpfeife, die sie nur aus dem Mundwinkel nahmen, um »Das war wieder Mist!« zu brüllen. Zur Platte konnte jeder und jede kommen und spielen, wann und wie und mit wem auch immer. Auf der Platte war der Fußball frei.
Allerdings hatte das Plattenkicken aus Mattis Sicht auch viele Nachteile.
Es gab keine Liga, keine Tabelle, keine echten Heim- und Auswärtsbegegnungen, keine reguläre Saison, keine Bratwurstbuden, keine Umkleiden, keine Fans, keine richtigen Schiedsrichter und keine Markierungen: keinen Mittelkreis, keinen Fünfmeterraum, keinen Sechzehner und keinen Elfmeterpunkt.
Der größte Nachteil von allen war jedoch: Der Plattenfußball taugte nicht als Sprungbrett nach oben. Zur Platte verirrte sich garantiert kein Scout. Finn war das alles völlig egal. Er würde sowieso für immer Spaßfußballer bleiben. Für Matti aber bedeutete es immer noch alles, eines Tages als Ausnahmetalent entdeckt zu werden und bei einem großen Klub eine Profi-Karriere zu machen. Mit der Teilnahme am SV-01er-Camp war er diesem Ziel ein großes Stück nähergekommen.
Dann waren die Sommerferien endlich da. Das Trainingscamp des SV 01 begann in der zweiten Ferienwoche. Matti konnte es kaum erwarten und bereitete sich darauf vor, indem er die Vormittage verschlief und die Nachmittage auf der Platte verbrachte. Dort war allerdings nicht viel los. Die Platten-Kicker waren in den Urlaub verschwunden, und Matti war oft alleine mit dem Ball. Nach dem folgenden Wochenende begann endlich die Gladiatorenzeit, und Matti schnürte vierzehn Tage lang um neun Uhr morgens die Töppen. Seine Stollenschuhe waren schwarz mit silbern glänzenden Streifen. An der Innenseite war ein Wort aufgedruckt: Challenge – Herausforderung. Die Nockenschuhe hatten keinen Namen, aber sie trugen ein leuchtendes Rot, das für sich sprach.
Matti spielte immer mit vollem Einsatz Fußball, egal wann und wo, auf dem Schulhof, in der Sporthalle, auf der Platte.
Beim SV-01-Camp legte Matti allerdings noch mal eine Schippe drauf.
Jeden Morgen stieg er pünktlich aufs Rad und fuhr zum Rosa-Luxemburg-Stadion, der Heimspielstätte des SV 01, das alle Babelsdorfer liebevoll Luxi nannten. Es lag direkt neben dem Babelsdorfer Park und war aus diesem Grund das einzige Stadion weit und breit mit abknickbaren Flutlichtmasten.
Das Trainingscamp fand auf dem Kunstrasen neben den Tribünen statt.
Eine Einheit folgte auf die andere. Die Tage waren prall gefüllt mit Aufwärmphasen, Dauerläufen, Dehnübungen, Sprints mit und ohne Ball, Schusstraining, Passtraining, Dribbeltraining, Defensivverhalten, Tacklings, Abseitsverständnis, Formationsverhalten, Kopfballspiel, Positionswechseln und Trainingsspielen.
Am Ende der ersten Woche fühlte Matti sich, als habe er zehn Marathonläufe mit Ball hinter sich. Außerdem vermisste er seine Fußballfreunde von der Platte. Aber was sollte es.
Hier beim Camp geht’s voll ab, schrieb er per Kurznachricht an Finn. Das ist total krass, aber auch sehr cool. Schade, dass du nicht dabei bist, aber ist schon klar: Du stehst halt nicht auf so was.
Matti und Finn tauschten immer Nachrichten aus, egal, wo sie waren und was immer sie auch trieben. Während Matti sich nun durch die Trainingstage kickte, lag Finn herrliche sechs Ferienwochen lang träge am Mittelmeer in der Sonne. Niemals hätte er Urlaub gegen eine Fußball-Leistungsschau eingetauscht.
Bald kam eine Antwort von ihm. Finn schrieb: Du wuppst das! Bleib dran, aber bitte verwandle dich nicht in einen Fußballzombie.
Der Sonntag war trainingsfrei – und der Erholungstag tat gut. Keiner der Camp-Teilnehmer hatte jedoch etwas dagegen, auch an diesem freien Nachmittag Fußball zu erleben. Sie waren alle Fußball-Nerds. Zu viel Fußball gab es für sie nicht.
Auf dem Programm stand ein Saisonvorbereitungsspiel der SV-01-Profis gegen den FC St. Pauli. Den SV 01 verband eine langjährige Fan-Freundschaft mit dem traditionell höherklassigen Hamburger Verein. Schon lange vor dem Anpfiff zogen die Fans beider Vereine in großen Gruppen gemeinsam zum Stadion. Die Ultras sangen laut und schräg ihre Hymnen und feierten die Begegnung mit einer einstudierten Pyro-Show.
Das Beste war, dass die Camp-Jungen mit den Profis ins Stadion einlaufen durften. Als Matti zum ersten Mal in seinem Leben das Spielfeld des Luxi betrat, brandete tausendfacher Beifall auf. Wie ein feiner elektrischer Stromstoß lief ihm ein Schauer über den Rücken und breitete sich über seine Beine bis zu den Zehenspitzen aus. Matti fühlte großen Stolz.
Sein Einlauf-Partner war ausgerechnet Patrick Max, der beste Mittelfeldmann der Nulleinser und Mattis Lieblingsspieler. Lässig drehte der sich rundum winkend zu allen vier Tribünen und lächelte Matti aufmunternd zu: »Na los, du auch!«
Da hob Matti ebenfalls die Arme, tippelte auf der Stelle im Kreis herum und winkte ins Publikum. Er sah die vielen Totenkopffahnen aus St. Pauli und die riesigen blau-weißen Flaggen der SV-01-Fans wehen. Er hörte, wie ein vielstimmiger Chor die Babelsdorfer Heimat-Hymne sang:
»In Babelsdorf, da bin ich aufgewachsen, war manchmal traurig und manchmal froh!«
Er sah die Fotografen und Filmkameras und hörte den Stadionsprecher die Aufstellung der beiden Teams verkünden. Er hörte den Jubel, der jedem Spieler-Namen folgte, und spätestens jetzt wusste Matti ganz genau, dass es für ihn nur eine Zukunft gab: Profifußball.
Unmittelbar vor dem Anstoß wechselten die Camp-Jungen zu den Stehplätzen der Nordtribüne und begaben sich in die Nähe der Ultras. Abwechselnd applaudierten sie beiden Mannschaften zu jeder gelungenen Aktion und schrien unermüdlich, bis sie vollkommen heiser waren:
»Es-Vau-Babelsdorf-Null-Eins!« und »Jalla, Jalla, Jalla, Es-Vau-Beee!« und »Voran-Ef-Ce-Sankt-Pauli! Niemand zwingt dich in die Knie! Unter-nein-das-gehst-du-nie!«
Das Spiel endete 2:2. Für die Nulleinser war es ein respektables Ergebnis.
Matti hatte das Zuschauen großen Spaß gemacht. Fußballspiele anzuschauen machte ihm immer Spaß, ob im Fernsehen, im Stadion oder auf irgendeinem Acker.
Matti war Fan der Nulleinser und auch der St. Paulianer, aber vor ihrer Spielkunst erstarrte er nicht in Ehrfurcht. Auch den Profis versprangen manchmal leichte Bälle. Auch sie semmelten versehentlich einen Torschuss übers Tribünendach, und auch sie spielten manchmal haarsträubende Fehlpässe ins Nirwana oder direkt in die Beine eines Gegenspielers. Kein Spieler war außerirdisch gut. Keiner hatte unerreichbar gute Balltechnik, und keiner zeigte überragende Spielübersicht.
Was aber bedeutet das, fragte Matti sich selbst, und er hatte eine Antwort: Es bedeutete, dass es für seine künftige Karriere gut aussah. Er war auf dem richtigen Weg.
Siegtor und Niederlage
»Es hat gut angefangen, aber ich wäre froh, wenn es auch einmal gut aufhören würde.«
Toni Polster
Die zweite Camp-Woche wurde noch intensiver als die erste – und die Folgen waren hart. Der Stollen eines Gegenspielers hinterließ einen schmerzhaften Abdruck auf Mattis rechter Wade. Ein erbitterter Zweikampf sorgte für Abschürfungen an beiden Knien, und ein heftiger Zusammenstoß mit dem ihm wild entgegenstürzenden Torwart trug Matti eine üble Schulterprellung ein.
Charly und Jürgen, die beiden Leiter des SV-01-Camps, wollten ihm für den Rest des Tages freigeben, aber das kam für Matti nicht infrage. Ein Gladiator wurde nicht von ein paar blauen Flecken aufgehalten.
Auch Mattis Fußballschuhen sah man den massiven Einsatz an. Die Silberstreifen bekamen Kratzer, der Challenge-Schriftzug verblasste, und zum Ende der zwei Wochen hin begann sich die Sohle des rechten Schuhs, Mattis starkem Fuß, zu lösen.
Dann kam der letzte Tag des Trainingscamps.
Matti war vierzehn Tage lang durch die Übungseinheiten gerast wie ein Formel-Eins-Pilot. Er hatte das Gaspedal bei jeder Runde voll durchgedrückt. Es gab ihm ein gutes Gefühl, immer mitgehalten zu haben.
Sein linker Fuß war zwar immer noch längst nicht so stark wie sein rechter. Aber jeder Trainingstag lehrte Matti mehr, dass sein linkes Bein zu mehr als nur zum Getränke-Holen taugte. Im Verlauf des Camps lernte er, den Ball auch mit links präzise anzunehmen und einen ordentlichen Pass zu spielen. Und sofern die Entfernung zum Tor nicht zu groß war, brachte er schließlich auch mit links einen passablen Schuss zustande.
Es gab allerdings einige Camp-Teilnehmer, die richtig gut beidfüßig kickten, vor allem ein schlaksiger Junge namens Derry und ein kleiner Wirbelwind, der Tim hieß. Die beiden konnten obendrein überragend mit dem Ball jonglieren. Sie hielten die Kugel beliebig oft hoch, beherrschten verschiedene Flick Up-Tricks und hatten sogar den Around the World-Trick entspannt drauf.
Patrick und ein riesiger Junge namens John zeigten mehr Spielübersicht als Matti. Miro war Kopfballspezialist, Kilian war mit dem Ball am Fuß schneller als die meisten anderen Jungen ohne Ball. Steven wiederum stoppte gegnerische Angriffe ein ums andere Mal mit hervorragenden Grätschen. Mit Sven und Leo, den beiden Besten zwischen den Pfosten, verglich sich Matti nicht. Das Tor war nicht seine Position und würde nie seine werden. Die vielen kleinen Rückstände im Feldspiel machte Matti gegenüber all jenen, die ein bestimmtes Detail besser konnten, durch seinen Einsatz wett. Es war unmöglich, mehr zu geben als er.
Der Fußball-Marathon ging mit einem finalen Trainingsspiel zu Ende. Matti störte, dass Charly und Jürgen die beiden Teams unausgeglichen aufstellten. Alle Spieler, die in einem bestimmten Bereich über herausragende Fähigkeiten verfügten, spielten zusammen. Die Dribbelkönige Derry und Tim, die Mittelfeldstrategen Patrick und John, der pfeilschnelle Kilian, das Kopfballungeheuer Miro und der Supergrätscher Steven waren allesamt in einem Team. Matti wurde zur anderen Mannschaft eingeteilt. Das war ungerecht, aber was sollte es. Die Unterschiede zwischen den fünfundzwanzig Spielern waren ja insgesamt nicht groß. Gut kicken konnten alle, die auf dem Feld standen, egal auf welcher Seite.
Die Abschluss-Partie wurde von Beginn an ein Kampf um jeden Meter. Die Verteidiger kannten die Tricks der Stürmer nun seit vierzehn Tagen und gaben sich auf beiden Seiten keine Blöße, und Matti riss sein Team wieder einmal mit. Seine Mannschaft befand sich zwar zumeist in der Defensive und hatte viel weniger Ballbesitz. Aber sie ließ keinen Treffer zu. So blieb die Partie bis kurz vor dem Abpfiff torlos. Je mehr das Ende sich näherte, desto mehr drängte das Starteam auf die Entscheidung, und schließlich vernachlässigte es die Absicherung.
Matti erlief vor dem eigenen Strafraum einen ungenau gespielten gegnerischen Pass. Er legte sofort nach vorn auf den einzigen Mitspieler ab, der sich in der Nähe der Mittellinie aufhielt. Diese einsame Offensivkraft wurde sofort hart vom Supergrätscher Steven bedrängt. Er war der einzige Spieler, der sein Team nach hinten absicherte. Alle anderen waren unterwegs, um ein spätes Siegtor gegen Mattis Team zu erzielen.
Matti sah den riesigen freien Raum in der gegnerischen Hälfte. Er spurtete los wie ein Hundert-Meter-Läufer, zeigte seinem Mitspieler an, wohin dieser den Ball zurückspielen sollte – und bekam ihn tatsächlich genau dorthin.
Der Weg zum Tor war frei. Ein schneller Blick zurück zeigte Matti, dass ihn niemand einholen konnte, nicht einmal die Rakete Kilian. Sven, der Torwart, der ihm ein paar Tage zuvor die blauen Flecken verpasst hatte, stürzte ihm entgegen.Matti täuschte einen Schuss an. Der Keeper flog ins Leere. Matti zog locker an ihm vorbei und schob den Ball mit links ins leere Tor. Es war der Siegtreffer in der letzten Trainingsspielminute. Matti drehte ab und riss die Arme hoch. Die Mitspieler rannten ihm triumphierend entgegen.
Einer rief: »Weltklasse, Junge!«
»Nicht schlecht, Matti!«, hörte er Charlys Stimme vom Spielfeldrand.
Dann pfiff Jürgen ab.
Matti fühlte eine tiefe Zufriedenheit. Es war ein Abschluss geworden, wie er nicht besser sein konnte.
Nach einer Erholungspause riefen die beiden Trainer die Camp-Teilnehmer zusammen. Die Jungen sammelten sich am Mittelkreis. Die Trainer standen ihnen gegenüber. Plötzlich lag eine Anspannung in der Luft, die so stark war, dass man sie fast mit den Händen greifen konnte. Alle Blicke waren auf die Trainer gerichtet.
Jürgen ergriff als Erster das Wort.
»Es waren zwei coole Wochen mit euch, Jungs. Danke dafür. Ihr habt alle toll mitgezogen, und ihr habt alle was drauf!«
Charly fuhr fort. »Wie ihr wisst, können wir trotzdem nicht alle ins Team für die neue Saison mitnehmen. Das heißt aber nicht, dass diejenigen, die nicht dabei sein werden, schlechte Fußballer sind.«
»Es bedeutet nur, dass ein anderer noch besser war«, sagte Jürgen.
»Und zwar besser als gut«, ergriff wieder Charly das Wort. »Ihr habt alle ein gutes Level. Aber nun ist euch vielleicht klar geworden, welches Level ihr braucht, um beim SV 01 spielen zu können. Es ist das Level sehr gut.«
»Unser Ziel ist übrigens das Level: noch besser als sehr gut.« Jürgen grinste. »Und das wollen wir mit einigen von euch erreichen.«
»Womit wir bei der Bekanntgabe des neuen Kaders angekommen sind«, verkündete Charly. »Es geht los mit Sven und Leo: Ihr beiden werdet unsere Torhüter sein!«
Sven ballte die Faust, und Leo ließ ein »Jaaa!!« heraus, das von ganz tief unten kam.
»Steven, John, Tim, Patrick, Derry, Miro, Kilian: Ihr seid dabei!«
Die genannten Spieler beglückwünschten und umarmten sich. Charly und Jürgen fuhren fort, bis sie sechzehn Namen genannt hatten.
»Das war’s«, sagte Charly. »Ich gratuliere allen, die es geschafft haben. Ich bin sicher: Es wird eine tolle Saison mit euch.«
»Und ihr anderen Jungs lasst den Kopf nicht hängen.« Jürgen zauberte einen aufmunternden Blick in sein Gesicht. »Ihr wart nah dran. Und vergesst nicht: Wir haben noch eine zweite und eine dritte Jugend euren Alters. Die spielen auch nicht gerade schlecht.«
Matti fühlte eine seltsame Benommenheit. War das möglich? War sein Name nicht genannt worden? War er keiner von den sechzehn Nominierten? Trotz der vierzehn Tage Vollgas? Trotz all der erfolgreichen Spielsituationen, die er gezeigt hatte, trotz der Bälle, die er gegen die Dribbelkönige erkämpft hatte, trotz all der Bälle, die er von den Seitenlinien gekratzt hatte, um einen gegnerischen Einwurf zu verhindern, trotz seiner vielen Torvorlagen und trotz des Siegtores von eben gegen die Lieblingsspieler von Charly und Jürgen?
Matti horchte den sechzehn Namen noch einmal hinterher. Vielleicht hatte er es mit einem Versehen zu tun. Womöglich hatten die Trainer sich verzählt. Oder sie hatten einfach vergessen, seinen Namen zu nennen.
»Was ist denn mit mir?«, fragte Matti.
»Für dich hat es leider nicht ganz gereicht«, sagte Charlyfreundlich, und Jürgen klapste ihm aufmunternd auf die Schulter.