Kriemhilds Akkumulation männlicher Handlungsmacht im Nibelungenlied - Selina Grund - E-Book

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Selina Grund

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,0, Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Lehrstuhl für Deutsche Philologie des Mittelalters), Veranstaltung: PS: Das Nibelungenlied, Sprache: Deutsch, Abstract: In meiner Hausarbeit widme ich mich dem zweiten Teil des Nibelungenliedes, anhand dessen ich dezidiert die Racheausübung Kriemhilds in Bezug auf ihre Akkumulation von männlicher Handlungsmacht analysieren möchte. Hierbei gilt es zunächst die essentiellen Voraussetzungen darzulegen, die eine konkrete Rachehandlung realisierbar machen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Figur Kriemhilds als Frau im Mittelalter lediglich durch Männer handeln kann, muss sie sich deren Unterstützung bemächtigen. Unter dieser Bedingung möchte ich insbesondere die Figur des Hunnenkönigs Etzel akzentuieren, da dieser nicht nur die notwendigen Gegebenheiten für eine Rache schafft, sondern gleichwohl selbst zum Objekt des Missbrauchs wird und sich wie eine Marionette in den Fesseln seiner rachsüchtigen Gattin verfängt. Meine Arbeit soll also keine zeitliche Chronologie der 'Werkzeuge' abbilden, derer sich Kriemhild bedient, sondern zunächst gezielt zwei männliche Hilfsmittel vorstellen. Die zweite Figur, die ich neben Etzel in meinem Beitrag vordergrundieren möchte, bildet der Markgraf Rüdeger, da sich dieser enorm gegen eine Unterstützung seiner Herrin sträubt, durch die unmittelbare Erfahrung der erheblichen Verfügungsgewalt Kriemhilds, unter Beihilfe ihres Handlangers Etzel, sich allerdings gezwungen sieht, ihren Forderungen nachzugehen. Schließlich möchte ich eine weitere Strategie Kriemhilds zur Instrumentalisierung von Männern aufgreifen, die sich simultan an viele verschiedene Personen richtet: Die Mobilisierung durch miete. Dieses Mittel möchte ich vor allem hinsichtlich seiner Effizienz ergründen. Die Zielsetzung meiner Arbeit besteht demzufolge einerseits in der Demaskierung der notwendigen Voraussetzungen für die Akkumulation von Manpower, aber auch konkret für die Racheausübung, andererseits in der Darstellung der Suggestion Rüdegers und der Diskussion um die Strategie der „Bestechung“. Mein Interesse an der Fragestellung wurde v.a. durch die gegenwärtig fehlende Thematisierung dieses Aspekts als eigenständiges Sujet geweckt. Zwar gibt es vielerlei Werke zu übergeordneten Fragestellungen, wie beispielsweise der Rache Kriemhilds im Allgemeinen, aber keinerlei Publikationen, die sich explizit und ausschließlich auf diesen Gegenstand beziehen.

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Inhaltsverzeichnis

 

1. Einleitung

2. Grundlagen für Kriemhilds Racheausübung

2.1. Recht auf Fehde

2.2. (Un-)gezielter Racheaufschub

3. Voraussetzungen für Kriemhilds Racheausübung

3.1. Wiederherstellung und Festigung der Macht

3.1.1. Heirat mit Etzel

3.1.2. Freigebigkeit als „Werkzeug“

3.1.3. Einladung der Burgunder an Etzels Hof

3.2. Mobilisierung Etzels

3.2.1. Etzel als vorbildlicher Gastgeber

3.2.2. Etzel als Handlanger Kriemhilds

4. Strategien zur Akkumulation von männlicher Handlungsmacht

4.1. Mobilisierung Rüdegers

4.1.1. Feudalgesellschaftliche Regelungen des Mittelalters

4.1.2. Rüdegers innerer Zwiespalt

4.2. Mobilisierung durch miete

5. Resümee

6. Siglenverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

7.1.Primärliteratur

7.2. Sekundärliteratur

7.2.1. Monographien

7.2.2. Sammelwerke

 

1. Einleitung

 

In meiner Hausarbeit widme ich mich dem zweiten Teil des Nibelungenliedes, anhand dessen ich dezidiert die Racheausübung Kriemhilds in Bezug auf ihre Akkumulation von männlicher Handlungsmacht analysieren möchte. Hierbei gilt es zunächst die essentiellen Voraussetzungen darzulegen, die eine konkrete Rachehandlung realisierbar machen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Figur Kriemhilds als Frau im Mittelalter lediglich durch Männer handeln kann, muss sie sich deren Unterstützung bemächtigen.[1]Unter dieser Bedingung möchte ich insbesondere die Figur des Hunnenkönigs Etzel akzentuieren, da dieser nicht nur die notwendigen Gegebenheiten für eine Rache schafft, sondern gleichwohl selbst zum Objekt des Missbrauchs wird und sich wie eine Marionette in den Fesseln seiner rachsüchtigen Gattin verfängt. Meine Arbeit soll also keine zeitliche Chronologie der „Werkzeuge“ abbilden, derer sich Kriemhild bedient, sondern zunächst gezielt zwei männliche Hilfsmittel vorstellen. Die zweite Figur, die ich neben Etzel in meinem Beitrag vordergrundieren möchte, bildet der Markgraf Rüdeger, da sich dieser enorm gegen eine Unterstützung seiner Herrin sträubt, durch die unmittelbare Erfahrung der erheblichen Verfügungsgewalt Kriemhilds, unter Beihilfe ihres Handlangers Etzel, sich allerdings gezwungen sieht, ihren Forderungen nachzugehen. Schließlich möchte ich eine weitere Strategie Kriemhilds zur Instrumentalisierung von Männern aufgreifen, die sich simultan an viele verschiedene Personen richtet: Die Mobilisierung durch miete. Dieses Mittel möchte ich vor allem hinsichtlich seiner Effizienz ergründen. Die Zielsetzung meiner Arbeit besteht demzufolge einerseits in der Demaskierung der notwendigen Voraussetzungen für die Akkumulation von Manpower, aber auch konkret für die Racheausübung, andererseits in der Darstellung der Suggestion Rüdegers und der Diskussion um die Strategie der „Bestechung“. Mein Interesse an der Fragestellung wurde v.a. durch die gegenwärtig fehlende Thematisierung dieses Aspekts als eigenständiges Sujet geweckt. Zwar gibt es vielerlei Werke zu übergeordneten Fragestellungen, wie beispielsweise der Rache Kriemhilds im Allgemeinen, aber keinerlei Publikationen, die sich explizit und ausschließlich auf diesen Gegenstand beziehen. Ein weiterer Grund für die Wahl meiner Fragestellung liegt in der gewissermaßen vertauschten Geschlechterrolle, da hier Männer von einer Frau als Mittel zum Zweck benutzt werden und nicht umgekehrt, wie es in den meisten Heldenepen üblich ist.[2]

 

2. Grundlagen für Kriemhilds Racheausübung

 

Die Rache Kriemhilds, auf welche sich die Fragestellung meiner Arbeit bezieht, ist im Allgemeinen durch die Ausübung der Blutrache, die ich im Folgenden auch als „Fehde“ bezeichnen werde[3], determiniert. Dabei ist anzumerken, dass nicht nur Kriemhild im Schlussteil des Epos Blutrache betreibt, sondern neben ihr auch einige männliche Figuren von dem feudalen Rechtsprinzip Gebrauch machen. Der Fehde muss, nicht nur, aber vor allem, hinsichtlich der Geschehnisse im zweiten Teil des Nibelungenlieds, also in jedem Fall ein gewisser Grad an Wichtigkeit und Bedeutung eingeräumt werden. Aus diesem Grund sollen die folgenden Darlegungen über das mittelalterliche Rechtswesen der Blutrache aufklären.

 

2.1. Recht auf Fehde

 

Die rechtliche Position der Frau im Mittelalter ist prinzipiell durch eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit gekennzeichnet, die beispielsweise im Fehlen des Waffen- und Fehderechts oder dem Ausschluss von öffentlichen Ämtern zum Ausdruck kommt.[4]

 

„Dies ging auf den germanischen Brauch zurück, Frauen unter die Vormundschaft (Munt) des Vaters bzw. des nächsten männlichen Blutsverwandten zu stellen.“[5]