Kunterbunte Kurzgeschichten - Daniela Streitenberger - E-Book

Kunterbunte Kurzgeschichten E-Book

Daniela Streitenberger

0,0

Beschreibung

Sunny der Frosch verliebt sich in ein Smartphone. Aber bereits nach seiner ersten Nacht mit ihm stellt Sunny fest, dass ein Handy zwischenmenschliche Nähe nicht ersetzen kann. Die Kühlschrankdame Bella und das Kellerregal Fiete sind krank: Sie drohen unter ihrer Last zusammenzubrechen. Die anderen Möbel schmieden einen Plan, um ihren Freunden zu helfen und die Menschen wieder zur Vernunft zu bringen. Diese scheinbar harmlosen Geschichtchen halten unserer schnelllebigen Smartphone-, Wegwerf- und Konsumgesellschaft schonungslos einen Spiegel vor. Ihnen gelingt es, Kinder zum Lachen und Erwachsene zum Nachdenken zu bringen. Wegen unserer Rücksichtslosigkeit und Unachtsamkeit der Natur gegenüber muss in der kunterbunten Kurzgeschichtenwelt ständig jemand vor den Menschen gerettet werden. Die Wale zum Beispiel retten Alfred Albatros und seine Sippe. Ein kleines Mädchen sorgt dafür, dass Ziegen wie Meggi vor dem Müll der Wanderer gerettet werden. Ein anderes Kind rettet Herrn Krokus und Frau Schneeglöckchen vor der Ignoranz des Nachbarn. Wunderbar absurd erscheint unsere Gesellschaft auch durch die Augen des kleinen Augenblicks, der feststellen muss, dass nur Kinder ihn wahrnehmen können.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 107

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



© 2020 Daniela Streitenberger

Lektorat: Anja-Nadine Mayer

Illustrationen: Daniela Streitenberger

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-09423-9

Hardcover:

978-3-347-09424-6

e-Book:

978-3-347-09425-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

Rette mich!

Lanzelot

Herr Krokus und Frau Schneeglöckchen

Übervoll

Kasimir – Der Held im Karpfenteich

Meggi in Not

Liebeskummer

Die Geschichte vom kleinen Augenblick

Paulina die Clownfrau

Erwin Schneck – Mit Vollgas ins Glück

Rette mich!

Das Meer war heute ruhig. Ein sonnenklarer Tag und der Himmel strahlend blau. Solche Tage gefielen Elli der Waldame besonders. Stundenlang konnte sie sich treiben lassen und kilometerweit auf offener See schwimmen. Bis zum Abend war noch Zeit. Dann musste sie wieder bei ihrer Gruppe sein. Die Walgesänge hörte sie meilenweit und den Weg zurück würde sie wie im Schlaf finden. Weit und breit war niemand zu sehen. Ab und an tauchte sie an die Oberfläche. Dabei pustete sie eine Wasserfontäne aus einer Öffnung ihres Rückens. Wusch! Mit einer Wucht schoss diese in die Höhe.

„Aaaaaaaaaaah!“, hörte Elli plötzlich einen Schrei. Verwundert blickte sie sich um.

„Was um alles in der Welt soll das? Ja, dich meine ich.“

Die Waldame spürte jemanden auf ihrem Rücken stehen. Langsam hüpfte der Unbekannte in ihren Blickwinkel.

Auf Ellis Nasenrücken stand ein Vogel und schimpfte vor sich hin: „Haben Sie noch alle Tassen im Schrank, Fräulein? Was fällt Ihnen ein, mich einfach so aus der Luft zu pusten? Beinahe wäre ich untergegangen. Da haben Sie aber Glück gehabt, dass ich auf Ihrem Rücken gelandet bin.“

Der Gefiederte war immer noch klatschnass. Seine Federn klebten tropfend an seinem Körper, die Augen waren vor Empörung weit aufgerissen und er atmete lautstark ein und aus.

„Oh“, entgegnete die Walfrau nur. Und dann lachte sie unvermittelt los: „Hihihihihi! Entschuldigung! Hihi! Aber Sie sehen ziemlich komisch aus. Hihihihi!“

„Ich weiß wirklich nicht, was daran so lustig ist“, schmollte der Vogel.

„Tut mir leid“, meinte Elli, als sie sich wieder beruhigt hatte. „Ich heiße Elli und wer sind Sie?“

Der Angesprochene rümpfte den Schnabel. „Na schön! Waffenstillstand. Ich bin Alfred Albatros.“

„Freut mich“, sagte die Waldame und grinste ihr Gegenüber an. „Und was machst du so weit hier draußen?“

„Also, um ehrlich zu sein“, begann Alfred, „bin ich auf der Suche nach Hilfe.“ Er stockte.

Elli blickte ihn erwartungsvoll an.

„Meine Kumpels und ich wohnen auf einem kleinen Felsen. Er steht mitten im Meer. Seit Generationen leben wir dort. Ich wüsste nicht, wann es einmal anders gewesen wäre. Aber vor ein paar Tagen sind sie angerückt.“

„Wer?“, fragte die Zuhörerin interessiert.

„Menschen! Mit einem riesigen Tanker. Sie wollen eine Bohrinsel bauen. Frag mich nicht, wie sie das machen, aber anscheinend gibt es im Meeresboden reichlich Öl. Das wollen sie haben. Ich dachte, mir fliegen die Ohren weg, als sie mit den Bauarbeiten angefangen haben. Ohne Pause. Permanent dieser Lärm. Ich bin jetzt schon völlig am Ende. Nicht auszudenken, wenn das Ding erst einmal steht.“

„Ach herrje! Du armer Tropf“, sagte Elli mitfühlend. „Und deswegen suchst du Hilfe?“

Alfred nickte matt. „Ich muss irgendetwas tun, um meine Sippe zu retten. Aber was? Wir sind zu wenige und zu schwach, um den Feind in die Flucht zu schlagen. Der Lärm macht uns alle fertig. Er zerrt an unseren Nerven. Keiner von uns hat mehr ein Auge zugetan, seit die Menschen da sind. Und zu fressen finden wir auch nichts mehr in der Nähe des Felsens, weil alle Meeresbewohner geflohen sind. Wenn es zum Äußersten kommt, dann müssen wir unser Zuhause verlassen.“ Traurig ließ er die Flügel hängen.

„Das darf nicht sein!“, rief die Waldame. „Das wäre schrecklich! Ich helfe dir!“

„Du?“, fragte der weiße Vogel ungläubig. „Wie willst du …?“, wollte er noch hinterherschicken, doch da begann die Walfrau zu singen. Der Albatros sah verwundert zu, wie sie im Meer verschwand.

Es dauerte aber nicht lange, da tauchte sie wieder auf. „Bring mich zu deinem Felsen!“

Alfred verstand überhaupt nichts mehr, aber er befolgte die Anweisung. Am Ziel angekommen, erkannten sie das Baugelände. Maschinenlärm war zu hören und die verschreckten Albatrosse versteckten sich auf dem Felsen. Aus sicherer Entfernung beobachteten Elli und Alfred die Lage.

„Was hast du denn jetzt vor?“, fragte der Vogel.

„Warte ab!“, kam die Antwort. Schweigend lag die Walfrau im Wasser und der Albatros saß auf ihrem Rücken.

„Es geht los!“, rief Elli plötzlich. „Schau!“

Tatsächlich! Aus dem Meer tauchten an die fünfzig Wale auf und schwammen geradewegs auf die Baustelle zu. Alfred traute seinen Augen kaum.

„Das ist meine Familie. Wir helfen euch. Komm mit!“ Und auch sie steuerte auf den Tanker zu.

Geschlossen umkreisten die Wale das feindliche Gefährt Dicht beieinanderliegend, rückten sie immer näher. Sie waren erfolgreich. Der Baulärm stoppte.

„Was um alles in der Welt!“, rief ein Mensch. „Das gibt es doch nicht?“, meinte ein anderer.

Die Meeressäuger blieben stur auf ihren Plätzen. Und nicht nur das. Alfred hatte inzwischen alle Albatrosse mobilisiert. Geschlossen flatterten sie auf die Menschen zu und kreisten über deren Köpfen.

„Weg mit euch!“, schrie ein Bauarbeiter und ein anderer fuchtelte wild mit seinen Armen. Doch auch die Vögel blieben hartnäckig. Den Menschen war es unter dieser Belagerung unmöglich, ihr Bauvorhaben fortzusetzen. Drei Tage lang blieben die Wale und die Albatrosse da und bedrängten die Menschen. Die Arbeiter gaben schließlich auf.

Sie lösten die Baustelle auf und fuhren auf dem Tanker davon.

Das war ein Jubel! Geschafft. Der Plan hatte funktioniert. Der Felsen der Albatrosse war gerettet. Wie eh und je ragte er aus dem Meer. Ringsum blaues Wasser und fünfzig Wale, die sich mitfreuten.

„O Mann, Elli! Das war einfach gigantisch!“, sagte Alfred glücklich. „Danke. Danke. Danke.“

Die Waldame blinzelte mit ihren großen Augen. „Immer gerne.“

Von nun an besuchte sie ihn regelmäßig. Aus der Rettungsaktion entstand eine Freundschaft, die von Heldenmut und unerschütterlichem Zusammenhalt erzählt.

Lanzelot

Mein Name ist Lanzelot.

Ich bin zehn Tage alt und kann schon ziemlich hoch springen. Sobald die Stalltür geöffnet wird, flitze ich los. Ich hätte nie gedacht, dass es draußen so herrlich sein kann. Im Bauch meiner Mutter Sylvie war es neun Monate kuschelig warm. Eigentlich wollte ich für immer dort drin bleiben. Doch dann kam der Tag, an dem ich spürte: Ich muss raus! Von da an ging alles relativ schnell. Eine unkomplizierte Geburt sozusagen.

Kaum hatte ich das Licht der Welt erblickt, bekam ich auch schon Hunger. Das liegt bestimmt an der frischen Luft. Ich könnte fressen wie ein Bär.

Ach so, apropos Bär. Habe ich erwähnt, was für ein Tier ich bin? Ich glaube nicht. Also hier noch einmal in voller Ausführlichkeit:

Ich bin Lanzelot, der kleine Stier.

Mein Fell ist braun und hat überall Locken. Die habe ich von meiner Mama geerbt. Auf meiner Stirn habe ich einen weißen Fleck.

Ich lebe mit meiner Mutter Sylvie und meiner Tante Mandy am schönsten Ort der Welt. Mitten auf einer großen Wiese steht unser offener Stall. Hier bin ich zur Welt gekommen. Im Stroh ist es richtig gemütlich. Ich bin die meiste Zeit bei meiner Mama. Sie passt auf mich auf, weil ich mich noch nicht so gut auskenne. Aber bald will ich auf die Weide. Ehrlich gesagt, kann ich es kaum erwarten, endlich über das saftige Grün zu springen. Es ist alles so aufregend!

Die beiden Menschen, die ich am liebsten mag, sind Herr H. und Frau S. Die beiden kümmern sich um uns. Füttern, ausmisten und alles, was wir sonst so brauchen, geben sie uns. Die Streicheleinheiten sind das Beste. Die beiden sind immer freundlich und ich freue mich jedes Mal, wenn sie kommen.

Mama und Tante Mandy haben schon immer zusammen gewohnt. Hier auf dem Bauernhof bewohnen sie die wunderschöne Weide. Sie schlafen im offenen Stall, in dem auch ich geboren wurde.

Aber irgendwie mag mich meine Tante nicht. Warum, weiß ich auch nicht. Noch nie hat sie ein Wort mit mir gewechselt. Aus irgendeinem Grund bin ich Luft für sie. Seit ich auf der Welt bin, geht sie mir aus dem Weg. Auch mit Mama spricht sie nur das Nötigste. Ich habe versucht mit ihr ins Gespräch zu kommen. Statt einer Antwort erhielt ich nur Schweigen. Sie fraß einfach weiter, als hätte sie nichts gehört.

„Seltsam!“, dachte ich. „Aber so schnell gebe ich nicht auf!“ Breitbeinig stellte ich mich direkt vor ihr Gesicht. Sie konnte mich gar nicht übersehen. Mandy hob den Kopf. Endlich! Sie hatte mich gesehen.

„Lanzelot! Geh weg!“, schnaubte sie jedoch verärgert. „Siehst du nicht, dass ich hier fresse?“

„Spielst du mit mir?“, fragte ich stattdessen. Doch ihr Blick verriet mir, dass das keine gute Idee war. Enttäuscht trottete ich davon. Verstehen konnte ich das Ganze nicht, also suchte ich Rat bei meiner Mutter.

„Du, Mama?“

„Ja, mein Kleiner?“

„Warum mag mich Tante Mandy nicht?“

Meine Mutter sah mich an. „Ach, mein lieber kleiner Lanzi.“ Mit diesem Spitznamen spricht sie mich oft an, was ich ziemlich cool finde. „Deine Tante Mandy mag dich. Nur leider ist sie seit deiner Geburt eifersüchtig.“

„Eifersüchtig?“, fragte ich. „Was ist das?“

Mama erklärte: „Vorher waren wir zu zweit auf der Weide. Wir sind die besten Freundinnen, seit ich denken kann. Wir haben uns alles erzählt und viel Zeit gemeinsam verbracht. Jetzt, mein Lieber, wohnst du auch hier. Meine meiste Aufmerksamkeit gilt dir, weil du noch klein bist. Das muss so sein und das will ich auch so. Allerdings ist Mandy traurig darüber und fühlt sich einsam.“

Ich überlegte: „Und das macht sie eifersüchtig?“

Meine Mutter nickte. „Ja. Sie sucht sich jemanden, auf den sie böse sein kann. Und das sind in diesem Fall wir beide. Jemand anderes ist ja nicht da.“

Entmutigt ließ ich den Kopf hängen. „Kopf hoch, mein Kleiner. Sie braucht nur etwas Zeit.“ Sie lächelte mir zu.

„Und wenn ich ihr einfach zeige, wie gern ich sie habe?“

„Das ist eine schöne Idee. Doch glaube ich, du erreichst damit nur das Gegenteil. Warte noch eine Weile, bis Mandy von selbst zu dir kommt.“

Warten. Warten war nicht meine Stärke. Warum konnte nicht gleich alles gut sein? Widerwillig folgte ich der Anweisung.

Die kommenden Tage verbrachte ich damit, groß und stark zu werden. Wann immer ich Hunger hatte, brauchte ich nur an das Euter meiner Mutter zu gehen und mich satt trinken. Im Schlaraffenland konnte es schöner nicht sein. In den Pausen legte ich mich ins Stroh oder erkundete den Stall.

Ab und zu kamen Besucher vorbei. Kleine und große Menschen deuteten mit dem Finger auf mich und machten verzückte Gesichter. Offensichtlich gefiel ich ihnen. Wenn ich Lust hatte, führte ich ein paar Bocksprünge vor. Das ließ mein Publikum lachen und jubeln.

Eines Tages war es so weit. Herr H. machte das Gatter auf und ich durfte auf die Weide. Ich gebe zu, zunächst stand ich ziemlich unbeholfen vor der Tür.

„Na los, mein kleiner Lanzi. Lauf! Du darfst auf die Wiese“, sagte meine Mutter und gab mir einen leichten Stups. „Keine Angst. Ich bin bei dir.“

Angst? Pah. Ich hatte doch keine Angst! Ich war lediglich vorsichtig. Etwas wackelig tapste ich auf den neuen Untergrund. Das Gras war weich und warm. So etwas Schönes konnte nicht gefährlich sein. Mit einem Riesensprung galoppierte ich los. Das war das Herrlichste, was ich jemals erlebt hatte. Ich fühlte mich frei und leicht und wollte nie mehr irgendwo anders sein.

„Lanzelot!“, rief meine Mutter besorgt. „Nicht so wild!“

Doch das überhörte ich.

Nachdem ich mich ausgetobt hatte, stand ich keuchend auf der Weide. Ich sah mich um. In einer Ecke entdeckte ich Tante Mandy. Sie graste. Leider hatte sich an ihrem Verhalten mir gegenüber noch nichts geändert. Für sie war ich einfach nicht da. „Wie lange das wohl noch dauern wird?“, dachte ich bei mir, als meine Mutter meinte: „Mein Kleiner, ich ruhe mich dort im Gras ein wenig aus. Du kannst hier weiterspielen. Aber bleib immer in meiner Nähe.“

Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Sogleich begab ich mich auf einen Streifzug. Am Zaun blieb ich stehen. Neugierig schnupperte ich an einer Blume, auf der ein schwarz-gelb-gestreiftes Tier mit Flügeln saß. Ich erforschte dieses rätselhafte Wesen und war so vertieft, dass ich das, was um mich herum geschah, überhaupt nicht bemerkte.

Erst das Rufen einer Frau aus der Ferne riss mich aus meinen Gedanken.

„Enzo! Nein! Bei Fuß! Enzo!“

Enzo, ein großer, schwarzer Hund, hatte sich von seiner Leine losgerissen und stürzte auf den Weidezaun zu. Genaugenommen auf mich.