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Charmant und smart hat Nicola den Wahlkampf von Abe Danforth geleitet. Kein Wunder, dass sie den Gipfel des Erfolgs stürmten. Und den der Lust. Ihre Affäre zu verbergen, war kein Problem - bis Nicola verräterische Zeichen sieht. Auf einem Schwangerschaftstest …
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Seitenzahl: 187
IMPRESSUM
Küss mich, wenn uns keiner sieht erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2004 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Shocking the Senator“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 321 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733766009
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Dieser Mann sollte absolut tabu sein, aber Nicola Granville fiel es schwer, etwas anderes als ja zu sagen.
„Wir wollten es nicht mehr tun“, mahnte sie, als sie sich widerstrebend von Abraham Danforths Lippen löste. Während die kalte Bürotür ihren Rücken kühlte, fühlte sich Abes Körper herrlich warm und stark an.
Er glitt mit den Händen über ihre Hüften und zog sie an sich. „Die Wahl ist vorüber, Nic. Ich habe gewonnen. Warum sollen wir noch gegen unser Verlangen ankämpfen?“
Sie hätte mehrere wichtige Gründe nennen können. Allein einer davon aus ihrer Vergangenheit würde den mächtigen Abe Danforth, früher Navy SEAL und CEOh und jetzt frisch gewählter Senator, veranlassen, sich auf seinen überraschend knackigen Po zu setzen. Abe erstaunte sie in mancher Hinsicht. Nicht viele fünfundfünfzigjährige Männer hatten noch einen Körper, der eine Frau zweimal hinschauen ließ.
Nicola kämpfte gegen die Anziehungskraft an, die er auf sie ausübte. „Trotzdem erzeugt es noch immer Ressentiments, wenn du eine Affäre mit deiner Wahlkampfmanagerin hast. Ich weiß, wovon ich spreche. Und nach allem, was wir durchgemacht haben, solltest du es auch wissen.“
„Ich weiß, was du für tolle Arbeit geleistet hast. Wer außer dir hätte einen Kandidaten durchgebracht, der von seiner Vergangenheit eingeholt wird und plötzlich eine wunderschöne, aber uneheliche Tochter hat? Und einen Sohn, der fälschlicherweise des organisierten Verbrechens beschuldigt wurde? Wer sonst …“
Nicola schüttelte den Kopf und legte einen Finger an seinen Mund. „Hör auf. In deiner Familie gab es vielleicht ein paar ungewöhnliche Situationen, mit denen ich fertig werden musste, aber weil du eine außergewöhnliche Persönlichkeit bist, war mein Job nicht so schwer, wie er hätte werden können. Du bist ein wundervoller Mensch, Abe Danforth. Deshalb bist du gewählt worden.“
„Darüber will ich mit dir nicht diskutieren. Ich habe es dir zu verdanken, dass ich gewählt wurde. Aber zwischen uns war von Anfang an mehr.“
Nicola verspürte das süchtig machende Prickeln, als sie in Abes blaue Augen blickte. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie geblendet werden und die Realität nicht mehr klar erkennen. Sie schloss die Augen und atmete seinen unwiderstehlichen Duft ein. „Ich habe dir gesagt, dass ich nicht mit dir nach Washington gehen werde.“
„Aber du hast versprochen, während der Übergangsphase bei mir zu bleiben. Bis ich meinen Amtseid abgelegt habe“, erinnerte er sie und strich ihr die Haare aus dem Gesicht.
Nicola öffnete die Augen. Seine Zärtlichkeit ging ihr unter die Haut. „Ja, das habe ich.“ Vermutlich war das eines der Versprechen, die am schwierigsten einzulösen waren.
„Dann habe ich also Zeit, dich umzustimmen.“
„Das wirst du kaum schaffen.“ Es sollte nicht wie eine Herausforderung klingen, sondern war einfach die Wahrheit.
„Das tue ich aber.“ Er schob ein Bein zwischen ihre Schenkel.
Nicola biss sich auf die Lippen und stieß gegen seine Brust. „Wir waren uns einig, dass wir das lassen. Es war ein Fehler, dass wir …“, sie unterbrach, sich und schluckte, „… etwas miteinander hatten.“
Er betrachtete sie lange. „Willst du damit sagen, dass du es bereust?“
Nein. Ja. Nein. Ja. „Abe, das haben wir doch schon gehabt. Ich will nicht, dass das, wofür wir beide so hart gearbeitet haben, beschmutzt wird, weil …“
„Weil was? Weil ich so viel älter bin als du?“
Nicola verdrehte die Augen. „Das ist es nicht, und das weißt du auch genau.“
„Vielleicht.“ Es war deutlich zu merken, dass er nicht überzeugt war. „Ich bin fast zwanzig Jahre älter als du.“
„Deinem Körper merkt man es nicht an“, murmelte sie. Sein Durchhaltevermögen sowohl im Bett als auch außerhalb überraschte sie immer wieder. Sie schüttelte den Kopf. „Ich lasse mich nicht von dir beschwatzen. Auch nach der Wahl ist es immer noch mein Job, dir die beste PR zu verschaffen, und glaub mir, eine Affäre mit mir ist dein schlimmster PR-Albtraum.“
„Es fällt mir schwer, das Wort Albtraum mit dir in einem Atemzug zu nennen, Nic“, murmelte er. Mit der Fingerspitze strich er zart von ihrer Wange über ihren Hals bis hinunter zu ihrem Brustansatz.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie das begierige Funkeln in seinen Augen sah. Seine erotische Ausstrahlung und sein heftiges Verlangen nach ihr verfehlten nie die Wirkung. Ihr Protest löste sich in nichts auf. Wie könnte sie sich Abe verweigern, wenn er sie so heiß begehrte und Gefühle in ihr weckte, die sie nie für möglich gehalten hatte? Sie versuchte trotzdem, konsequent zu bleiben, doch ihr Widerstand schmolz bereits dahin.
„Dir gefällt nicht, wie ich dich berühre“, sagte er und strich federleicht über ihre Knospen, was sie erbeben ließ.
Sie biss sich auf die Lippen. „Du weißt, dass das nicht stimmt“, flüsterte sie.
„Du magst es nicht, wie ich dich küsse“, sagte er und senkte den Kopf, bis sich ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss fanden.
Das ist nicht fair, wollte ihre Stimme der Vernunft schreien, doch Nicola gab sich schon der herrlich dekadenten und verbotenen Lust hin.
„Und du magst es nicht, wie ich dich liebe“, murmelte er gegen ihre Lippen, als er mit den Händen zu ihrem Hosenbund glitt und den Reißverschluss öffnete.
Sag Nein!
Das Zurren des Reißverschlusses ging in seinen und ihren Atemgeräuschen unter. Nicola wusste, was jetzt kommen würde, wenn sie Abe nicht stoppte. Sie wusste, dass er ihren vollschlanken Körper berühren und ihr das Gefühl geben würde, die verführerischste Frau der Welt zu sein.
Er würde sie sanft liebkosen und auf ihre Reaktion achten. Er würde ihre Hände über seinen Körper führen und zulassen, dass sie seine Erregung anfachte. Und seine Leidenschaft zu spüren, würde ihr Verlangen noch steigern, bis er schließlich in sie eindrang und sie zum Gipfel der Lust trieb.
„Ich will dich, Nicola“, sagte er mit seiner rauen, sexy Stimme, die sie erregte, als hätte er ihre empfindlichste Stelle berührt.
Sie gab ihren Widerstand auf. Nur einmal sagte sie sich. Nur noch dieses eine Mal.
Zwei pinkfarbene Linien auf dem Schwangerschaftstest.
Zwei pinkfarbene Linien auf dem zweiten Schwangerschaftstest.
Panik ergriff sie. Nicola konnte ihren Augen nicht glauben. Sicher, ihre letzte Periode war ausgeblieben, doch sie war nie besonders regelmäßig gekommen. Zudem war sie siebenunddreißig Jahre alt, und die jüngsten Forschungen legten nahe, dass die Fruchtbarkeit einer Frau ab dem sechsundzwanzigsten Lebensjahr nachließ.
Als ihre Periode das zweite Mal ausblieb und die Übelkeit anhielt, war sie so nervös geworden, dass sie einen Schwangerschaftstest durchführte. In dem Badezimmer ihrer großen Suite auf Crofthaven starrte sie lange auf das positive Ergebnis.
Wie konnte ich so blöd sein? Habe ich meine Lektion das erste Mal nicht gelernt?
Nicola schloss die Augen, als sie die unbarmherzige innere Stimme vernahm. Unzählige Empfindungen brodelten in ihr wie ein Vulkan. Sie musste an den anderen Abschnitt ihres Lebens denken, als sie schwanger geworden war.
Damals hatte keiner der ihr nahestehenden Menschen zu ihr gehalten. Ihre Pflegeeltern hatten ihre Schwangerschaft als Schande empfunden. Ihr Freund an der Highschool hatte beharrlich behauptet, zu jung zu sein, um Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, und sie im Stich gelassen.
Der einzige Mensch, der sie nicht verurteilt hatte, war die Frau in dem Heim für ledige Mütter gewesen.
Nicola verkrampfte sich der Magen, als sie daran dachte. Damals war sie mit der Situation völlig überfordert gewesen und hatte sich schrecklich allein gefühlt. Sie hatte nicht gewusst, was sie unternehmen sollte. Eine Abtreibung war für sie nicht infrage gekommen, doch jeden Tag wurde sie aufs Neue mit der Tatsache konfrontiert, dass sie nicht die finanziellen Möglichkeiten hatte, ein Baby zu versorgen.
Deshalb hatte sie ihr Baby sofort nach der Geburt zur Adoption freigegeben. Sie verspürte wieder diesen schrecklichen Schmerz, der sie all die Jahre begleitet hatte. Hör auf, sagte sie sich. „Meine Tochter hat wundervolle Eltern, die sie von ganzem Herzen lieben. Ich habe mich damals richtig entschieden. Es war das Beste für sie.“ Sie sprach die Worte laut aus, um die Stimme ihres Gewissens zu übertönen, die ihr immer noch einzureden versuchte, dass nur eine schlechte Mutter ihr Kind weggeben konnte.
Sie biss sich auf die Lippe und öffnete die Augen. Das Testergebnis schrie sie an. Wie konntest du so blöd sein? Und schon das zweite Mal!
„Wo ist Nicola?“, fragte Abe seine Haushälterin Joyce, als diese das Frühstück servierte. Er bemerkte, dass auf dem Tablett nur ein Teller mit einem Omelett und Toast stand, ein Glas Orangensaft, eine Tasse Kaffee. Normalerweise frühstückte Nicola mit ihm zusammen. Er liebte es, den Morgen mit ihr zu beginnen. Egal, welche Probleme der Tag bereithielt, ihre Anwesenheit richtete ihn auf.
„Miss Granville fühlte sich heute Morgen nicht wohl. Sie lässt sich entschuldigen.“
Abe runzelte die Stirn. Nicola ließ sich entschuldigen? Sie hätte direkt mit ihm sprechen können.
Die Haushälterin bemerkte seinen Unmut. „Sie hat Bauchschmerzen.“ Sie hielt kurz inne, dann fügte sie hinzu. „Es könnte sich um Frauenprobleme handeln, und es war ihr vielleicht deshalb unangenehm …“
Abe nickte kurz, überrascht, dass Nicola ein Problem haben könnte, über irgendetwas mit ihm zu sprechen. Sie waren sich so nah gekommen, wie Mann und Frau sich nur kommen konnten … körperlich, mental und vielleicht sogar emotional.
Er trank einen Schluck Kaffee. „Danke, Joyce. Das Frühstück sieht wie immer lecker aus.“
Seine Haushälterin strahlte bei dem Lob. „Danke, Sir. Rufen Sie mich, wenn Sie noch etwas brauchen.“ Damit verließ sie den Raum.
Sein Sohn Marcus steckte den Kopf durch die Tür. „Guten Morgen. Wie kommst du mit deinem Umzug nach Washington voran?“
„Gut.“ Abe blickte finster auf die Kartons mit Akten und Papieren, die ein Viertel seines großen Arbeitszimmers einnahmen.
„Du siehst im Moment nicht besonders glücklich aus, Senator“, stellte Marcus fest.
Abe lachte kurz auf und begegnete dem Blick seines Sohnes. Die Beziehung zu seinem Sohn Marc entspannte sich langsam, obwohl Abe immer noch vorsichtige Zurückhaltung spürte.
Als Marc ein Verbrechen zur Last gelegt wurde, das er nicht begangen hatte, war Abe zunächst außer sich gewesen. Nicola hatte ihm geholfen, Marc unvoreingenommen zu beurteilen, und er war am Ende stolz auf Marcs Mut und Genialität und verdammt froh gewesen, dass er eine wunderbare Frau gefunden hatte.
Abe wusste auch, dass Marc immer noch nicht alle Entscheidungen verstand, die er getroffen hatte, als die Kinder klein waren, aber sein Sohn schien es ihm nicht mehr so übel zu nehmen wie in der Vergangenheit. „Ich versuche einen Weg zu finden, wie ich Nicola überzeugen kann, mit mir nach Washington zu gehen, um meine Mitarbeiter zu führen.“
Marcus hob überrascht die Augenbrauen. „Ich wusste gar nicht, dass sie nicht mitkommen will. Ihr beide habt so gut zusammengearbeitet.“
„Ja, das haben wir, aber sie will in Georgia bleiben.“
„Sie hat wahrscheinlich hervorragende Angebote. Es ist ungemein förderlich für die Karriere, zum Gewinnerteam zu gehören, vor allem in ihrem Beruf.“
„Stimmt.“ Abe rieb sich nachdenklich das Kinn. „Vielleicht habe ich ihr einfach noch nicht das richtige Angebot gemacht.“
„Wenn jemand sie überzeugen kann, dann du“, sagte Marc.
„Danke für dein Vertrauen. Wie geht es deiner FBI-Agentin?“
„Sie arbeitet hart. Wir sind dabei, Beweismittel gegen die Leute zu sammeln, die mich verleumdet haben.“ Marc schüttelte den Kopf. „Eine erstaunliche Frau, die in mein Leben getreten ist. Ich könnte nicht glücklicher sein.“
Abe sah, wie Marc die Liebe zu seiner jungen Frau aus den Augen leuchtete. „Es ist schön, dass ihr über die Feiertage hier seid.“
„Ich freue mich auch. Diesmal ist es anders als sonst. Du bist anders“, sagte Marc. „Weniger angespannt. Der Wahlsieg bekommt dir gut.“
„Ja, stimmt.“ So seltsam es war, aber jetzt, wo der Kampf vorüber war, fühlte Abe sich leer. Das Hochgefühl über den Sieg war verklungen. Jetzt freute er sich auf die anspruchsvolle Arbeit, die ihn im Kongress erwartete. Er betrachtete es als seine Pflicht, als sein Schicksal, dem Volk zu dienen.
Doch er wusste auch, dass die Zeit des Wahlkampfs für seine Familie nicht einfach gewesen war. Zu erleben, wie seine Söhne und seine Tochter allen Herausforderungen begegnet waren, hatte ihm bewusst gemacht, was er während ihrer Kindheit verpasst hatte.
„Du und deine Geschwister, ihr habt während des Wahlkampfs gezeigt, aus welchem Holz ihr geschnitzt seid. Ich weiß, ich war nicht für euch da, als ihr Kinder wart.“ Er hatte den bitteren Geschmack der Reue auf der Zunge. „Ich kann es mir nicht als meinen Verdienst anrechnen, was aus euch geworden ist, aber ich bin stolz auf euch.“
Marcs Gesicht drückte Überraschung aus. „Das ist das erste Mal, dass ich dich so etwas sagen höre.“
„Es ist aber nicht das erste Mal, dass ich es denke“, erwiderte Abe schroff. Er wurde nicht gern daran erinnert, dass er als Vater und Ehemann kein gutes Bild abgegeben hatte.
„Mom hat immer gesagt, dass du Wichtigeres zu tun hast, als hier bei uns zu sein.“
Wut stieg in ihm hoch, doch er sagte nichts. Abe wollte nicht schlecht über seine verstorbene Frau sprechen. Er hatte sie nie zufriedenstellen können. „In gewisser Weise hatte sie recht. Ich musste mich beweisen. Deine Mutter und ich, wir hatten keine perfekte Ehe. Wir wollten unterschiedliche Dinge.“
„Welche?“
„Sie wollte nicht mit einem Militärangehörigen verheiratet sein. Sie wollte Savannah und Crofthaven nicht verlassen.“
„Warst du nicht schon beim Militär, als ihr geheiratet habt?“ Marc nutzte die Chance, Antworten auf seine Fragen zu bekommen.
Abe nickte. „Ja, aber sie dachte, sie könnte mich ändern.“ Er hob die Hände, als Marc Anstalten machte, die nächste Frage zu stellen. „Eure Mutter hat euch sehr geliebt und wollte das Beste für euch. Ich werde das Andenken an sie nicht schmälern. Das hat sie nicht verdient. Ich stehe zu meinen Entscheidungen, den guten und den schlechten.“
Abe sah den Anflug von Verletzlichkeit über das Gesicht seines Sohnes ziehen, was ihm in der Seele wehtat. Er ahnte, wie sehr Marc gelitten haben musste, weil er zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt gewesen war, um ein guter Vater zu sein. Er wollte sich aber nicht mit Entschuldigungen herausreden, deshalb schwieg er.
Marc zuckte mit den Schultern. „Ich lasse dich jetzt weiter packen.“
„Du bist hier immer gern gesehen, Marc.“
Sein Sohn nickte skeptisch und ging.
Abe untersagte sich einen Fluch. Marc behandelte ihn so, wie er es verdient hatte. Respektvoll, aber distanziert.
Zwei Stunden später hörte Abe ein Klopfen an seiner Tür. Sein Herzschlag beschleunigte sich, als Nicola eintrat. Verrückter Irrer schalt er sich. Er stand auf und betrachtete sie fasziniert. Er liebte es, wie die roten Haare beim Gehen auf ihren Schultern hüpften. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug, der ihrem Körper schmeichelte. Sie hatte die Kurven dort, wo eine Frau sie haben sollte, und wenn sie hohe Schuhe trug, war sie groß genug, um ihm direkt in die Augen zu sehen. Nicola reizte ihn wie keine Frau zuvor. „Ich habe mich schon gefragt, wann du dich sehen lässt.“
„Dir auch einen guten Morgen. Hat Joyce dir nicht gesagt …“
Er nickte und ging um seinen Schreibtisch herum, um näher bei ihr zu sein. „Doch. Sie hat etwas davon gesagt, dass du Bauchschmerzen und Krämpfe hast.“
„Ja, genau.“
„Geht es dir jetzt besser?“
„Ja.“
Er nahm ihre Hand. „Ich habe nachgedacht. Ich möchte dich in Washington wirklich gern bei mir haben. Nenn mir deinen Preis.“
Nicola machte große Augen und schüttelte den Kopf. „Ich habe dir bereits gesagt, dass ich in Savannah bleibe.“
„Du kannst einen Wohnsitz in Savannah behalten und während der Sitzungspause des Senats hier sein. Ich mache dir ein gutes Angebot. Großzügige Urlaubsregelung. Ich bezuschusse auch deine Unterkunft in Washington. Denk nur an die vielen Kontakte, die du schließen wirst.“ Er drückte ihre Hand. Sie fühlte sich kalt an. Zu kalt. „Geht es dir immer noch nicht so gut?“
„Doch, doch.“
„Deine Hand ist ganz kalt.“ Er rieb sie. „Und du machst einen abwesenden Eindruck.“
„Ich muss mich heute Nachmittag um einige Dinge kümmern. Deshalb wollte ich dich fragen, ob ich mir den Rest des Tages freinehmen kann.“
„Sicher“, entgegnete er, verwirrt über ihr distanziertes Verhalten. „Gibt es irgendetwas, worüber du reden möchtest?“
Sie wich seinem Blick aus. „Nein. Ich muss nur ein paar Einkäufe erledigen.“
„Du weißt, wenn du irgendetwas brauchst, musst du mich nur fragen.“
Sie lächelte halbherzig. „Natürlich.“
„Wir essen zu Abend, wenn du zurück bist.“
„Ich komme vielleicht nicht rechtzeitig. Du fängst besser schon ohne mich an.“
Er verstärkte den Griff um ihre Hand. „Du weißt, dass ich dieses Versteckspiel nicht mag, Nic. Was ist los?“
Sie biss sich auf die Lippe. „Ich muss mich heute Nachmittag wirklich um einige wichtige Dinge kümmern. Persönliche Angelegenheiten.“
Angelegenheiten, die sie ihm nicht anvertrauen wollte. Abe hatte das Gefühl, als wäre eine Tür direkt vor seiner Nase zugeschlagen worden. Es sollte ihn nicht stören. Nicola war jünger als er, und er hatte sich immer wieder gesagt, dass sie sich besser jemanden suchte, der altersmäßig zu ihr passte …
Sie waren beide die Vernunft in Person und hatten gegen das erotische Knistern angekämpft, das von Anfang an da gewesen war. Die emotionale Beziehung, die sich während des Wahlkampfs entwickelte, hatte schließlich dazu geführt, dass er doch mit Nicola im Bett gelandet war. „Nic, wir haben im letzten Jahr eine Menge durchgemacht. Ich weiß, dass ich auf lange Sicht nicht der richtige Mann für dich bin, aber du sollst wissen, dass ich für dich da bin.“
Sie wurde blass und schluckte hörbar. „Danke“, murmelte sie und verließ das Zimmer.
Glücklicherweise hatte sie sofort einen Termin bei ihrer Gynäkologin bekommen. Nach ein paar Tests saß Nicola auf der harten Untersuchungsliege und wartete. Die Tests hatte sie nur für die Ärztin durchgeführt. Nicola selbst kannte und akzeptierte bereits die Wahrheit. Sie war schwanger. Und sie würde das Baby bekommen, auch wenn sie es allein großziehen musste. Sie wusste nur noch nicht, wie sie es Abe sagen sollte.
Sie hatte ein schlechtes Gewissen. Eine solche Geschichte konnte eine Karriere ruinieren, und Nicola glaubte mehr als jeder andere daran, dass Abe Danforth sich anschickte, Washington zu erobern.
Es klopfte, und ihre Ärztin, eine nette, gradlinige Frau Anfang fünfzig trat ein. „Hallo, Miss Granville.“
„Hallo, Dr. Baxter. Danke, dass Sie mir so kurzfristig einen Termin geben konnten.“
Dr. Baxter nickte und blickte auf die Patientenkarte. „Sie sind schwanger. Haben Sie damit gerechnet?“
Nicola nickte. „Ich wollte mir eine Packung Schwangerschaftsvitamine holen.“
Dr. Baxter blickte wieder auf die Karte. „Hat sich Ihr Familienstand geändert?“
Nicola schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin immer noch Single. Aber das ist kein Problem. Ich kann mich allein um mein Kind kümmern.“
Dr. Baxter begegnete ihrem Blick. „Ich bin sicher, dass Sie das können.“
Nicola entspannte etwas. Sobald sie die schreckliche Phase der morgendlichen Übelkeit überstanden hatte, würde es ihr wieder gut gehen.
Da sie nicht schlafen konnte, schlich Nicola sich nach Mitternacht in die Küche. Zusammen mit den Schwangerschaftsvitaminen hatte sie eine Auswahl an Kräutertees gekauft und hoffte, dass eine Tasse davon ihre Nerven beruhigen würde. Sie kochte Wasser, nahm eine Tasse aus dem Schrank, gab einen Beutel mit dem Tee hinein, der beruhigende Wirkung versprach, und goss heißes Wasser darüber.
„Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte Abe von der Tür aus.
Nicola wirbelte herum, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
„Ein Whiskey hilft vielleicht besser“, meinte er und hielt eine Flasche hoch, die, wie sie wusste, mehr gekostet hatte als ihre teuersten Schuhe. Er trug eine Schlafanzughose und ein Hemd, das nicht ganz zugeknöpft war, sodass sie den muskulösen Oberkörper sehen konnte, der über sein Alter hinwegtäuschte. So mochte Nicola ihn am liebsten. Die Haare zerzaust, sein Auftreten locker und entspannt.
Genau das ist aber auch schuld an meinem Problem, rief sie sich in Erinnerung. Sie räusperte sich. „Ich probiere es lieber mit diesem Tee. Angeblich wird man danach entspannt und kann gut schlafen.“
Abe verzog die Lippen zu einem gewinnenden Lächeln, als er auf sie zukam. „Ich kenne da viele Möglichkeiten, die zur Entspannung führen. Warum bist du so angespannt? Die Wahl liegt hinter uns, Babe.“
Nicola kümmerte sich um ihren Tee. „Da du selbst ehrgeizig und immer in Aktion bist, weißt du, wie das ist. Dein Gehirn fängt an zu arbeiten und hört nicht mehr auf. Ich könnte dich auch fragen, warum du wach bist …“
Er spielte mit ihrem Haar und strich es zurück. „He, du bist ganz verspannt. Was ist los?“
Ihr Herz schlug schneller bei seiner Berührung. „Ich hab’s dir doch schon gesagt. Mein Gehirn arbeitet.“
„Worüber denkst du nach?“, fragt er und rieb mit dem Daumen über eine Verhärtung.
Sie biss sich auf die Lippe. Der Mann hat magische Hände, dachte sie, und viele verbotene Bilder von Abe und seinen Händen an ihrem Körper schossen ihr durch den Kopf.
„Du sagst ja gar nichts. Mache ich es so richtig?“
Sie räusperte sich wieder. „Zu richtig“, murmelte sie. „Du scheinst immer genau zu wissen, wie du mich berühren …“ Sie sprach nicht weiter, sondern stöhnte leise, als er den nächsten Knoten fand.
Sie spürte, wie er ihre Haare anhob und ihre nackte Haut küsste. „Ich wüsste ein Mittel, wie wir deine Verspannung noch effektiver bekämpfen können“, murmelte er gegen ihren Nacken. Er schlang von hinten den Arm um sie und zog sie an sich.
Nicola schloss die Augen. Sie konnte seine Erregung spüren und war immer wieder erstaunt, dass Abe sie so sehr begehrte. Er besaß die Macht, sie in diesen Momenten alles vergessen zu lassen. Vielleicht könnte es zwischen ihnen doch funktionieren. Plötzlich tauchte der verbotene Gedanke auf. Reichte die Magie zwischen ihnen für eine längere Beziehung? „Wir haben nie richtig über die Zukunft gesprochen“, stieß sie hervor.