Leben der Väter - Palladius von Helenopolis - E-Book

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Palladius von Helenopolis

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Beschreibung

Die "Historia Lausiaca", das "Leben der Väter", ist ein bahnbrechendes Werk, in dem die Geschichte der Wüstenväter (frühchristliche Mönche, die in der ägyptischen Wüste lebten) archiviert wird. Es wurde 419-420 von Palladius auf Bitten von Lausus, Kämmerer am Hof des byzantinischen Kaisers Theodosius II, verfasst. Das Buch war bei den Mönchen im ganzen Osten beliebt, die es bei der Abschrift offenbar erheblich ergänzten.

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Seitenzahl: 190

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Leben der Väter

 

PALLADIUS VON HELENOPOLIS

 

DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER

 

 

 

 

 

 

Leben der Väter, Palladius von Jelenopolis

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849660802

 

Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522

 

Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Einleitung des Übersetzers. 2

Fußnoten. 4

Vorrede des Palladius. 5

Brief des Palladius an Lausus. 6

Das Leben der heiligen Väter [Einleitung].8

1. Isidor.11

10. Pambo.19

20. Paulus von Pherme.36

30. Dorotheus.47

40. Ephräm.63

50. Gaddanas.73

60. Kolluthus.18578

70. Der verleumdete Lektor.84

71. Der Bruder.85

Schluss. 86

Fußnoten. 87

 

 

Leben der Väter

 

Bibliographische Angaben:

 

Titel Version: Einleitung zur Historia Lausiaca Sprache: deutsch Bibliographie: Einleitung zur Historia Lausiaca In: Griechische Liturgien. Übers. von Remigius Storf ; mit Einl. versehen von Theodor Schermann. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 5) München 1912. Unter der Mitarbeit von: Jürgen Voos.

 

Titel Version: Leben der Väter (BKV) Sprache: deutsch Bibliographie: Leben der Väter (Historia Lausiaca). Griechische Liturgien. Übers. von Remigius Storf ; mit Einl. versehen von Theodor Schermann. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 5) München 1912. Unter der Mitarbeit von: Jürgen Voos.

 

 

 

 

Leben der Väter (Historia Lausiaca)

 

Vorrede des Palladius

 In diesem Buche steht geschrieben die Tugendübung und wunderbare Lebensart der seligen und heiligen Wüstenväter, damit jene, die einen himmlischen Wandel führen und den Weg zum Himmelreiche gehen wollen, angeeifert werden, ihnen nachzufolgen; auch der ehrwürdigen Frauen und der hochberühmten, vom Geiste Gottes getriebenen Mütter, die mit wahrhaft männlichem Mute den Kampfpreis strenger Tugendübung errangen, wird gedacht, damit jene, die nach dem Kranze der Enthaltsamkeit und Reinheit streben, durch ihr Vorbild angefeuert werden.

Wir wurden angeregt von einem überaus mächtigen, hochgebildeten, friedliebenden Manne, der voll inniger Frömmigkeit und Gottesliebe die Armen freigebig unterstützt und vermöge seiner hohen Würden und des edlen Charakters viele der auserlesensten Männer überragt und in allem durch die Kraft des göttlichen Geistes bewahrt wird. Dieser hat uns aufgefordert, vielmehr - um die volle Wahrheit zu sagen - trieb er unseren trägen Geist, sich mit der Tugendübung der heiligen unsterblichen Männer zu befassen, die unsere geistlichen Väter waren und Gott zu gefallen ihren Leib in harter Zucht hielten; die glänzenden Vorzüge der größten ausführlich zu schildern und ihm sodann den Bericht über das Leben dieser unbesiegten Streiter zu schicken. Dieser von himmlischer Sehnsucht erfüllte Mann ist der hochedle Lausus, durch Gottes Fügung Haupt der Leibwache des frommen, gottbegeisterten Kaisers.1

 Wohl bin ich weder redegewandt noch in geistlichen Dingen erfahren, noch wert, das geistliche Leben der heiligen Väter aufzuzeichnen und scheute darum vor einer Aufgabe zurück, die soviel äußeres Wissen und geistliche Kenntnis erheischt und meine Kraft unendlich übersteigt; dennoch beseelte mich vor allem Ehrfurcht für den Tugendeifer des Auftraggebers; zugleich erwog ich den Nutzen der Leser; auch den Schaden, wenn ich aus kluger Berechnung nicht folgte. Darum übernahm ich mit allem Eifer den Auftrag, wagte mich, gestärkt durch die Fürbitte der heiligen Väter, an das Werk und schrieb gleichsam nur in kurzem Abriß die herrlichsten Taten und Wunderzeichen der tapferen Kämpen und großen Männer; doch nicht allein der hochberühmten Männer, die sich ausgezeichnet haben durch einleuchtendes Tugendleben, auch der seligen Frauen, die voll keuscher Zucht auf hoher Tugendstufe standen.

Der einen heiliges Antlitz ward ich selber zu schauen gewürdigt; den himmlischen Wandel jener, die schon früher den frommen Lauf vollendet hatten, erfuhr ich von anderen gottbegeisterten Streitern Christi. Viele Städte und Flecken, alle Höhlen und Hütten der Wüstenmönche hab’ ich frommen Sinnes zu Fuße besucht, teils nach eigener Anschauung, teils nach Mitteilungen der heiligen Väter in diesem Buche genauen Bericht erstattet von den Kämpfen, denen die großen Männer und solche Frauen, die männlicher waren als ihr Geschlecht, voll Hoffnung auf Christus sich unterzogen. Nun send’ ich ihn Dir, Lausus, Du Freund frommer Lesung, Du Zierde der besten gottesfürchtigen Männer, Du strahlender Schmuck des tiefgläubigen, gottliebenden Kaiserreiches, edler und getreuer Knecht Christi! Die glorreichen Namen aller Streiter Christi beiderlei Geschlechtes hab’ ich genannt und von ihren vielen herrlichen Siegen einiges in meiner einfältigen Art erzählt, meist mit Angabe des Standes, der Heimat und des Aufenthaltes.

Auch hab’ ich berichtet, wie Männer und Frauen, die zuvor ein sehr tugendhaftes Leben führten, durch Eitelkeit, die Mutter des Stolzes, in den tiefsten Abgrund geworfen wurden und in einem Augenblick alles verloren, was sie während langer Zeit in hartem Kampf errungen hatten; wie sie dann aber durch die Gnade unseres Erlösers, die Sorgfalt der heiligen Väter und ihre milde Barmherzigkeit den Schlingen des Teufels entrissen wurden und durch die Gebete der Heiligen wieder auf die nämliche Tugendstufe gelangten.

 

Brief des Palladius an Lausus

Ich lobe Deine Absicht - es ist ja passend mit einem Lobe den Brief zu beginnen - daß, während alle nach Eitlem haschen und steinerne Bauten errichten, von denen sie keinen Nutzen haben, Du selbst erbauliche Belehrung suchest. Denn nur Gott allein, der Schöpfer aller Dinge, hat nicht nötig, belehrt zu werden, weil er das Leben aus sich selber hat; dagegen müssen sich alle anderen Wesen belehren lassen, weil sie gemacht und geschaffen sind. Die auf höchster Stufe stehen, haben als Lehrmeisterin die hocherhabene Dreifaltigkeit; die der zweiten Stufe lernen von jenen der ersten; die der dritten von jenen der zweiten und so der Reihe nach bis zu den letzten; denn wer die anderen an Kenntnis und Tugend übertrifft, ist Lehrmeister für die Schwächeren. Wer dagegen wähnt, er habe keinen Lehrer nötig und liebevolle Unterweisung verachtet, krankt an Unwissenheit, die der Hoffart Mutter ist. Solche gehen auf die nämliche Weise zugrunde wie jene, die durch dieselbe Leidenschaft vom Himmel stürzten und jetzt als Teufel das Luftreich durchflattern müssen, weil sie den Lehrmeistern im Himmel den Rücken wandten. Nicht die Sorgfalt für Silben und Worte beweist, daß jemand Nutzen aus der Lehre zieht - darauf verlegen sich zuweilen auch grundverdorbene Menschen - vielmehr Fortschritt im Guten, Gleichmut, Unerschrockenheit, Mut und Milde mit Offenheit, die flammengleiche Beredsamkeit eingibt. Wenn es nicht so wäre, sagte nicht der große Lehrer zu seinen Schülern: “Lernet von mir, denn ich bin sanft und demütig von Herzen!”2 Damit gebot er den Aposteln durchaus nicht, kunstvolle Reden zu halten, sondern einen frommen Wandel zu führen, niemand streng entgegenzutreten außer jenen, die Lehre und Lehrer hassen. Denn wer seine Seele nach Gottes Willen in strenger Zucht hält, muß entweder getreulich erlernen, was er nicht weiß, oder deutlich lehren, was er kennt. Will er keines von beiden, so muß er von Sinnen sein. Wer abfällt von der Lehre, fühlt erst Unlust und Ekel am Worte, nach dem die gottliebende Seele dürstet. Darum sei mutig, stark und standhaft! Und Gott gebe Dir, daß Du zur Erkenntnis Christi gelangest!

 

 

 

 

Das Leben der heiligen Väter [Einleitung].

 Viele haben viel und mancherlei Schriften zu verschiedenen Zeiten in dieser Welt hinterlassen; die einen, durch Gottes Gnadenhauch vom Himmel her bewogen, zur Erbauung und Bestärkung für jene, die treulich festhalten an den Lehren des Erlösers; die andern trieben ihr Unwesen in verdorbener Absicht, um Menschen, die nach eitlen Dingen lüstern sind, Vergnügen zu bereiten; wieder andere, durch den Einfluß des Teufels, der alles Gute haßt, verblendet und angestachelt, suchten unachtsame Menschen zu schädigen, deren Sinn zu verwirren aus Wut über ihren ehrwürdigen Wandel und der makellosen katholischen Kirche ein Schandmal anzuheften. Ich glaube darum,3 trotz meiner Armseligkeit, Deinem Verlangen nach Belehrung und geistigem Fortschritt, hochedler Mann, entgegenkommen zu müssen. Im dreiunddreißigsten Jahre meines Wandels mit den Brüdern als Mönch, im zwanzigsten meines bischöflichen Amtes, im sechsundfünfzigsten meines ganzen Lebens hab’ ich darum Deinem Wunsche gemäß in diesem Buch ausführlich erzählt, was ich aus fremdem Munde zu hören bekam oder aus eigener Anschauung weiß von den Vätern, von Männern und Frauen, mit denen ich selbst zusammentraf in der ägyptischen Wüste, in Libyen, in der Thebais und in Syene, darunter auch jene von Tabennä, ferner in Mesopotamien, Palästina, Syrien, den Länderstrichen des Westens, in Rom und Kampanien und den angrenzenden Gebieten. Dies alles hab’ ich aufgezeichnet, damit Du in würdiger Weise gemahnt werdest, für Deine Seele zu sorgen; im Besitz eines nie versiegenden Arzneimittels wider alle Nachlässigkeit die böse Begierlichkeit überwindest, wenn sie Dich einschläfern will; allen Wankelmut und kleinlichen Sinn für irdische Dinge, alles ängstliche Zaudern in Deinem Charakter, Jähzorn, Verwirrung, Trauer, grundlose Furcht und das Vertrauen auf diese Welt aus Deinem Innern entfernst; voll unablässiger Sehnsucht an Frömmigkeit zunehmest, Dein eigener Führer seiest und Deiner Untergebenen, vor allem jedoch der überaus frommen Kaiser. Dadurch sollen alle, die Christus lieben, angeeifert werden, nach Vereinigung mit Gott zu streben. Täglich sollst Du die Auflösung Deines Leibes erwarten, wie geschrieben steht: “Gut ist es, aufgelöst zu werden und mit Christo zu sein”4 und wiederum: “Besorge deine Arbeit für den Ausgang und bestelle dein Feld”.5 Denn wer immer eingedenk bleibt, daß der Tod kommen muß, und nicht zögert, der wird nicht in schwere Sünde fallen.6 Unterschätze nicht den Lehrgehalt dieser Berichte und verachte nicht die schmucklos einfältige Sprache! Denn es ist nicht Aufgabe der göttlichen Lehre, mit Wissenschaftlichkeit zu prunken, sondern durch die Kraft der Wahrheit den Geist zu gewinnen, wie geschrieben steht: “Öffne deinen Mund dem Worte Gottes!”7 und wieder: “Laß dir die Rede der Alten nicht entgehen, denn auch sie haben von den Vätern gelernt”.8

Um diese Mahnung, heilsbeflissener Mann Gottes, doch teilweise zu befolgen, hab’ ich viele der Heiligen aufgesucht, nicht aus geschäftiger Neugier, und ich legte dreißig Tagereisen zurück, sogar doppelt so weiten Weg, durchwanderte mit Gottes Hilfe zu Fuß das ganze Römerreich und nahm die Reisebeschwerden gern auf mich, wenn es galt, einen Gottesfreund zu treffen und etwas zu gewinnen, was mir mangelte. Wenn Paulus, der mich an Wandel und Wissen, Einsicht und Glauben unendlich überragt, den weiten Weg von Tarsus nach Judäa zurücklegte, nur um Petrus, Jakobus und Johannes kennen zu lernen, und das gleichsam rühmend erwähnt, um durch das Beispiel der eigenen Mühsale jene anzufeuern, die tatenlos und träg dahinleben, indem er sagt: “Ich ging hinauf nach Jerusalem, um Kephas zu sehen”;9 wenn er nicht damit zufrieden war, seine Tugend rühmend zu hören, sondern auch Verlangen trug, sein Angesicht zu schauen - wieviel mehr mußte dann ich, der zehntausend Talente schuldig ist, ebenso handeln! Ich tat es ja nicht, um jenen eine Gunst erweisen zu können, sondern zum eigenen Vorteil. Auch jene, die das Leben der Väter, Abrahams und der übrigen, des Moses und Elias, aufgezeichnet haben, taten es nicht diesen zu Lobe, vielmehr den Lesern zu Nutzen.

Das bedenk’, o Lausus, getreuester Knecht Christi, mahne Dich selbst und merk’ auf meine einfältige Rede, damit Dein frommes Herz im Guten bekräftigt werde; denn naturgemäß wird es von bösen Einflüssen, sichtbaren und unsichtbaren, unstet umhergetrieben und kann nur Ruhe finden in beständigem Gebet und Sorge für sich selbst. Viele Brüder, die stolz waren auf Kasteiungen und Almosenspenden, sich der Ehelosigkeit und Jungfräulichkeit rühmten und durch eifrige Betrachtung des göttlichen Wortes sich gefeit und gewappnet glaubten, sanken wieder in Leidenschaft zurück, weil sie unter dem törichten Vorwand frommer Geschäftigkeit sich in viele schlechte Dinge verstrickten, so den Sinn für edle Taten verloren und die Sorge für das eigene Seelenheil vergaßen.

Ich ermahne Dich also, standhaft zu sein und nicht nach Vermehrung des Reichtums zu trachten; statt dessen teile davon wie bisher reichlich den Armen aus und mach’ ihn auf diese Weise Deiner Tugend dienstbar! Du hast ja nicht, um Menschen zu gefallen, Deinen freien Willen vorschnell und in blindem Eifer durch einen Eid gebunden, wie manche tun, die von Ehrgeiz und Eifersucht bewogen, dem eigenen Willen durch einen Eid das Essen und Trinken wehren, dann aber aus Leichtsinn und Lebenslust jämmerlich zurückfallen und Eidbrecher werden. Wenn Du mit Vernunft alles gebrauchest und mit Vernunft Dich enthältst, wirst Du niemals sündigen; denn die Vernunft in unserem Innern ist etwas Göttliches; sie weist die schädlichen Regungen ab und fördert die nützlichen; denn “für den Gerechten gibt es kein Gesetz”.10 Besser ist es, mit Vernunft Wein zu trinken, als mit Hochmut Wasser. Betrachte nur die heiligen Männer, die mit Vernunft Wein tranken und daneben die Weltleute, die ohne Vernunft Wasser tranken; dann wirst Du nicht mehr Speise und Trank tadeln und loben, sondern die Gesinnung jener, die beides gut oder schlecht gebrauchen. Wein trank auch Joseph bei den Ägyptern, doch litt er keinen Schaden am Verstande, denn er hatte seinen Sinn gestählt. Pythagoras dagegen, Diogenes und Plato tranken Wasser; desgleichen die Manichäer und die ganze Schar jener, die Philosophen spielen wollten; diese kamen soweit in ihrem frechen Wahne, daß sie Gott nicht kannten und Götzenbilder anbeteten. Auch der Apostel Petrus und seine Genossen tranken Wein; deshalb rügten die Juden sogar den Heiland, ihren Lehrer, mit den Worten: “Warum fasten Deine Jünger nicht wie jene des Johannes?”11 und wiederum beschimpften sie seine Jünger und warfen ihnen vor: “Euer Meister ißt und trinkt mit den Zöllnern und Sündern”.12 Ohne Zweifel meinten sie da nicht Brot und Wasser, sondern Fleisch und Wein; und als sie wieder unvernünftigerweise das Wassertrinken bewunderten und das Weintrinken tadelten, sprach der Heiland zu ihnen: “Johannes kam auf dem Wege der Gerechtigkeit und aß und trank nicht” - selbstverständlich Fleisch und Wein, denn ohne jede Nahrung hätte er nicht leben können - “und sie sagen: Er hat einen Teufel. Es kam der Menschensohn und aß und trank und sie sagen: Sehet, ein gefräßiger Mensch und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder”13 weil er nämlich aß und trank. Was sollen also wir tun? Laß uns weder den Tadlern noch den Lobrednern folgen, sondern fasten wir mit Vernunft wie Johannes, auch wenn sie sagen: Sie haben einen Teufel. Und trinken wir in Weisheit Wein mit Jesu, wenn der Leib dessen bedarf, auch wenn sie sagen: Sehet da, welch gefräßige Menschen und Weinsäufer! Denn weder essen noch enthaltsam sein ist etwas in Wahrheit, sondern nur der Glaube, der durch die Liebe sich in Werken offenbart.14 Wenn der Glaube jede Handlung begleitet, dann verfällt, wer ißt und trinkt, nicht dem Gerichte, “denn was nur immer aus dem Glauben stammt, ist ohne Sünde”.15 Weil jedoch ein jeder sündhafte Mensch behaupten wird, er habe den Glauben, wenn er zum Beispiel in falscher Überzeugung mit verdorbenem Gewissen an den Geheimnissen teilnimmt, darum hat der Heiland den Auftrag erteilt: “An ihren Früchten sollt ihr sie kennen”.16 Die Frucht jener, die nach Vernunft und Gewissen ihren Wandel bemessen, ist aber, wie der Apostel Gottes lehrt, “Liebe, Freude, Friede, Langmut, Milde, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit”;17 Paulus selber sagt ja: “Denn die Frucht des Geistes” ist dies und das. Wer solche Früchte zu bringen strebt, wird niemals unüberlegt, zwecklos oder zur unrechten Zeit Fleisch essen und Wein trinken noch mit jemand zusammenwohnen, der ein schlechtes Gewissen hat, wie der nämliche Paulus sagt: “Jedermann, der am Wettkampfe teilnehmen will, enthält sich von allem”.18 Ist sein Leib gesund, so wird er Fettes vermeiden; ist er schwach und krank, von Schmerz und Kummer gebeugt, so wird er dankbar gegen Gott Speise und Trank als Heilmittel gebrauchen und alles meiden, was der Seele schädlich ist: Zorn und Neid, Ehrgeiz und Sorge, falschen Argwohn und üble Nachrede.

Nachdem ich davon hinreichend gehandelt habe, will ich Deinem Eifer zuliebe noch eine Mahnung beifügen. Meide, soviel nur möglich, die Gesellschaft von Menschen, deren Einfluß nicht besser macht und die auf ungeziemende Weise die Haut schmücken, mögen sie rechtgläubig oder gar Häretiker sein; diese schaden durch ihre Heuchelei, wenn auch ihr graues Haar und die Runzeln ihres Angesichtes ein reifes Alter andeuten. Und sollten sie Deinem edlen Charakter nichts anhaben können, zum mindesten wirst Du sie verlachen und so zu Stolz und Überhebung verleitet werden; und auch das ist ein Schaden für Dich. Wie man ein helles Fenster aufsucht, wenn man eine Schrift mit feinen Buchstaben entziffern will, so suche den Umgang mit heiligen Männern und Frauen, damit Du an solchem Maßstäbe Dein eigenes Herz ergründest und es erkennest, wenn Du leichtsinnig und sorglos werden solltest. Ein blühendes Angesicht mit grauem Haar, reinliche Kleidung, bescheidenes Wesen, bedachtsame Rede und heiterer Sinn werden Dich aufrichten, wenn Dich Trübsal betraf. “Des Mannes Kleid und seiner Füße Tritt und seiner Zähne Lachen zeugt von ihm”,19 sagt die Weisheit.

So will ich denn anheben zu erzählen und jener sowohl gedenken, die hausten in Städten und Dörfern als auch jener in Einsiedeleien. Denn nicht um den Ort, um die Art ihres Lebens soll es sich handeln.

 

1. Isidor.

Als ich zum ersten Male die Stadt der Alexandriner betrat [unter dem zweiten Konsulate des großen Kaisers Theodosius, der jetzt ob seines Glaubens an Christus bei den Engeln weilt],20 traf ich daselbst einen wunderbaren, mit Tugend und Weisheit reich geschmückten Mann; es war der Priester Isidor, Vorstand des Fremdenhospizes der alexandrinischen Kirche. Von diesem erzählte man, er habe die ersten Kämpfe seiner Jugend in der Wüste bestanden; auch sah ich in Nitrien21 seine Zelle. Zu jener Zeit, als ich ihn kennen lernte, war Isidor ein Greis von siebzig Jahren; er lebte noch fünfzehn Jahre lang und starb im Frieden. Bis an sein Ende trug er keine Leinwand außer einer Binde, berührte kein Bad22 und genoß nie Fleisch. Dennoch sah sein Leib so blühend kräftig aus, daß jene, die seine Lebensweise nicht kannten, der Meinung waren, daß er Überfluß habe. Seine Tugendhaftigkeit nur teilweise zu schildern, ist unmöglich. Er war von solcher Nächstenliebe beseelt und so friedfertig und edel, daß sogar seine ungläubigen Feinde Ehrfurcht vor seinem Schatten hegten. Er besaß so tiefe Kenntnis der Heiligen Schrift und der göttlichen Lehren, daß er sogar bei den gemeinsamen Mahlzeiten der Brüder in Verzückung geriet. Fragte man ihn nach deren Inhalt, so gab er zur Antwort: “Ich war im Geiste weit weg und im Schauen entrückt.” Ich sah ihn oft bei Tische weinen, und wenn ich ihn nach dem Grunde seiner Tränen fragte, sprach er zu mir: “Ich schäme mich, vernunftlose Speise zu nehmen als vernunftbegabter Mensch, der durch die von Christo verliehene Kraft im Paradies der Wonne weilen sollte.” Ihn kannte der ganze römische Senat und die Frauen der angesehensten Männer daselbst, denn er war zweimal nach Rom gekommen, das erste Mal mit dem Bischof Athanasius,23 dann mit dem Bischof Demetrius.24 Obgleich er großen Reichtum und viele Güter besaß, schrieb er beim Tode kein Testament, hinterließ kein Geld und sorgte nicht für seine Schwestern, die Jungfrauen waren, sondern empfahl sie Christo mit den Worten: “Der euch erschaffen hat, wird sorgen für euch wie für mich.” Seine Schwestern lebten mit einer Schar von siebzig Jungfrauen zusammen.