Leben mit Hirn - Sebastian Purps-Pardigol - E-Book

Leben mit Hirn E-Book

Sebastian Purps-Pardigol

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Beschreibung

Kennen Sie das Geheimnis, wie Sie in schwierigen Situationen Ihre Gedanken so lenken, dass Ihr Kopf ruhig bleibt? Wissen Sie, wie Sie sich jenes neurobiologische Grundbedürfnis erfüllen, das Sie zum Glücklichsein brauchen? Bestsellerautor Sebastian Purps-Pardigol hat mit Menschen gesprochen, die sich dieses Wissen angeeignet haben: darunter Geiselverhandler der Polizei, Fluglotsen, die täglich für Tausende Menschenleben verantwortlich sind, Friedensmediatoren der Vereinten Nationen und ein buddhistischer Mönch aus dem Umfeld des Dalai Lama, der als der glücklichste Mensch der Welt gilt. Die Erkenntnisse dieser Menschen verknüpft Purps-Pardigol mit der neuesten neurowissenschaftlichen Forschung. Er zeigt dadurch, wie wir selbst in einem herausfordernden Alltag erfüllt und glücklich leben können sowie optimalen Zugriff auf unsere höheren kognitiven Leistungen erhalten.

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Sebastian Purps-Pardigol

LEBEN MIT HIRN

Wie Sie Ihre Potenziale entfalten, egal was um Sie herum geschieht

Illustriert von Nadine Rondholz

Campus VerlagFrankfurt/New York

Über das Buch

Kennen Sie das Geheimnis, wie Sie in schwierigen Situationen Ihre Gedanken so lenken können, dass Ihr Kopf ruhig bleibt? Wissen Sie, wie Sie jenes eine neurobiologische Grundbedürfnis erfüllen, das Sie zum Glücklichsein brauchen? Für sein neues Buch hat Bestsellerautor Sebastian Purps-Pardigol mit Menschen gesprochen, die sich dieses Wissen angeeignet haben: einem Geiselverhandler der Polizei, Friedensmediatoren der Vereinten Nationen oder einem buddhistischer Mönch aus dem Umfeld des Dalai Lama. Ihre Techniken gleicht Purps-Pardigol in unterhaltsamen Storytelling mit den neuesten neurowissenschaftlichen Erkenntnissen ab. So schlägt er die Brücke von der Wissenschaft zu unserem Alltag und zeigt, wie es mit dem erfüllten, selbstbestimmten Leben klappt.

Besonders für Paul

Inhalt

Einleitung: Eine ziemlich teure Tasse Tee

Wie wir in der heutigen Welt über uns hinauswachsen können

Worum es mir in diesem Buch auch noch geht

Kapitel 1Die eigenen Erzählungen: Wie wir unser Hirn verzaubern

Um unser Glück müssen wir uns schon selbst kümmern – den Fokus bewusst neu ausrichten

Gefühle in Worte fassen – den Dingen einen Namen geben

Neubewertung

Unterdrückung schädigt den Körper

Wie sich alles zusammenfügt

Kapitel 2Verbundenheit: Was uns ein neurobiologisches Grundbedürfnis ermöglicht

Wie unser Gehirn auf den Verlust von Verbundenheit reagiert

Neuronale Schutzmechanismen – wir fühlen weniger Freude

Wenn wir Verbundenheit erleben – die positiven Auswirkungen auf Geist und Körper

Bereits das Gefühl von Zugehörigkeit beflügelt uns

Verbundenheit kann uns schlauer machen

Kapitel 3Die Überholspur im Hirn: Wohlwollen

Unser Gehirn kann bei Mitleid schmerzen – aber es belohnt uns für Mitgefühl

Metta-Meditation – allein Verbundenheit erleben

Metta im Alltag

Andere Menschen ins Herz zu schließen, macht uns stressresistenter

Wohlwollen lässt uns schmerzfreier und länger leben

Survival of the Fittest?

Kapitel 4Das Steuer in der Hand: Wie wir unsere Neurotransmitter in Balance bringen

Ist es ein Traum, oder ist es ein Ziel?

Mentale Generalprobe

Mitgestaltung beruhigt uns, wenn eigentlich alles schwierig ist

Ballast abwerfen – wie wir die Last durch andere Menschen hinter uns lassen

Was uns helfen kann zu vergeben

Der Potenzialkreis

Unsere inneren Bilder beeinflussen unser Potenzial

Unser Umfeld beeinflusst unsere inneren Bilder

Unsere Erfahrungen beeinflussen unsere inneren Bilder

Unser Verhalten beeinflusst unsere Erfahrungen

Kapitel 5Ebbe und Flut im Kopf: Wie wir unsere neuronalen Ressourcen managen

Das Handmodell des Gehirns

Die unbemerkte Ebbe im Hirn

Unsere Ebbe im Hirn – wie wir damit umgehen könnten

Niemand ist wie Harvey Specter

Wir brauchen tägliche Gehirnwäsche

Alles der Reihe nach, bitte!

Symphonie im Hirn – sie beginnt in unserer Nase

Springflut im Kopf – der schnelle Reset

Und was nun?

Anhang

Metta- oder Mitgefühlsmeditation – die detaillierte Erklärung

Der Prozess

Dank

Glossar

Einleitung: Eine ziemlich teure Tasse Tee

Als das Auto an der Ampel hält, schießt mir ein Gedanke durch den Kopf: »Raus hier! Jetzt oder nie!« Ich sitze auf der Rückbank, hinter dem Fahrer. An der Kreuzung warten noch andere Fahrzeuge auf Grün. Ich könnte mich vielleicht in eines von ihnen retten, wenn ich jetzt schnell aus dem Wagen springe. Oder aber ich renne in eine der kleinen Seitengassen. Die drei Männer, die mich in das Auto gezwängt haben, sind zwar groß und muskulös – doch sie scheinen mir nicht sonderlich schnell zu sein. Ich könnte ihnen womöglich entkommen.

Mein ganzer Körper ist voller Adrenalin. Meine Gedanken rasen und werden von meinen Emotionen befeuert: Zum einen bin ich wütend auf mich, dass ich in so eine Situation geraten bin. Zum anderen wirken die drei Kerle wirklich beängstigend. Eine kurze Zeit lang spürte ich Ohnmacht, doch jetzt merke ich den archaischen Impuls zur Flucht.

Springe ich in eines der anderen Autos, kurz bevor es bei Grün losfährt, oder renne ich in eine der Seitengassen? »Ich entscheide das, sobald ich aus dem Wagen raus bin und eine bessere Übersicht habe«, denke ich. Die ersten Schritte werde ich nach hinten links machen. Dort ist eine erhöhte Verkehrsinsel. Von dort aus kann ich das Straßennetz besser einsehen.

Es geht los. Ich lehne mich mit meiner Schulter unbemerkt gegen die Tür, damit ich sie gleich schneller aufstoßen kann. Die drei grimmigen Muskelpakete im Auto scheinen abgelenkt. Mein Herz rast nochmal einige Schläge schneller als ohnehin schon die ganze Zeit. Ich halte die Luft an und ziehe langsam am Türgriff … nichts passiert. »So ein Mist – sie haben die Kindersicherung eingeschaltet«, realisiere ich. »Ich bin wohl nicht der Erste, den sie in diesem Auto durch die nächtlichen Straßen von Istanbul fahren.«

Ein Blick in mein Gehirn: Ich erlebte sehr eindrücklich das Zusammenspiel seiner verschiedenen Anteile. Die primitiven neuronalen Strukturen meines Hirnstamms lassen in einer solchen bedrohlichen Situation sehr wirksame Notfallprogramme anspringen. Einige neuronale Strukturen hatten bereits begonnen, eine große Menge Adrenalin und Noradrenalin auszuschütten. Wäre ich in eine sogenannte unkontrollierbare Stressreaktion gerutscht, könnte mein Hirn nur noch mit einer der drei Überlebensstrategien reagieren: Angriff, Flucht oder Starre. Ich wäre wohl die Bestzeit meines Lebens gerannt, hätte ich mich an der Ampel aus dem Auto befreien können.

Zugleich gibt es da noch diese neuronalen Netzwerke direkt hinter unserer Stirn, in unserem präfrontalen Cortex (PFC). Dieser wirkt wie ein Gegenspieler zum Hirnstamm mit seinen archaischen Überlebensreaktionen. Kein anderes Säugetier auf dem Planeten hat einen so ausgeprägten PFC wie wir Menschen. In ihm sind viele unserer höheren kognitiven Fähigkeiten beheimatet, wie die vorausschauende Handlungsplanung, die Kreativität, die Empathie, das Mitgefühl, die Beurteilung von Erfahrungen, aber auch das Priorisieren. Eine weitere seiner Fähigkeiten ist die Impulskontrolle. Diese beruhigte die Signale meines Hirnstamms und sorgte dafür, dass ich nichts Unüberlegtes tat.

Durch den gescheiterten Fluchtversuch rasten meine Gedanken einen Moment lang noch mehr als zuvor. Die Ampel schaltete auf Grün, und wir fuhren weiter. »Ruhig atmen«, sagte ich mir. Nach einigen Augenblicken erhielt mein PFC wieder die Oberhand. Mein Hirn beruhigte sich, und ich reflektierte die Situation: »Wow, du wirst gerade räuberisch erpresst«, dachte ich. »Wie lange wird das Ganze dauern? Wie verhalte ich mich am besten?«

Eine halbe Stunde, bevor ich in das Auto gedrängt wurde, war ich noch durch den Istanbuler Stadtteil Taksim gelaufen. Das Viertel im europäischen Teil der Metropole ist mit den vielen kleinen Geschäften rund um die große Fußgängerzone ein beliebter Ort für Touristen. Ich war mit einem Einheimischen ins Gespräch gekommen, der mich in diese Bar gelotst hatte, in der das unschöne Ereignis begann. Es war das Jahr 2006. Ich verantwortete die weltweiten Allianzen zur Unterhaltungsindustrie für den schwedischen Telekom-Zulieferer Ericsson. Am kommenden Tag sollte ich gemeinsam mit meinen Kollegen vor Ort Meetings mit den CEOs von Warner Music, Universal Music und Sony Music haben. Wir würden über die Lizenzen für digitale Musikrechte verhandeln.

Diese Gespräche versprachen anstrengend zu werden, also bestellte ich mir nur einen grünen Tee in der Bar, in die ich unbemerkt gelockt worden war. Was dann geschah, ist ein bekanntes Betrugsmuster, wie man mir später erklärte: In dem Moment, als mein Tee serviert wurde, setzten sich plötzlich zwei unbekannte Frauen ungefragt zu mir und meinem türkischen Begleiter. Noch im Hinsetzen bestellten sich die beiden jeweils ein Getränk. Und die erschienen kurz darauf auf unserer Rechnung – denn wir hätten sie ja eingeladen, behauptete der Kellner. Laut der Getränkekarte, die er mir präsentierte, kosteten ihre Bestellungen 1 200 Euro. Die Falle war zugeschnappt. Mein Begleiter tat überrascht, doch ich glaubte ihm nicht. Ich war der einzige Mitteleuropäer in dem Laden, stellte ich fest. Ohne gute Kampfsportkenntnisse hatte ich keine Chance, ungeschoren aus dieser Nummer herauszukommen. Ich hatte nicht so viel Bargeld bei mir, und so fand ich mich plötzlich in einem Hinterzimmer ohne Fenster wieder. Vier dunkle Gestalten unterhielten sich eine gefühlte Ewigkeit darüber, was sie nun mit mir machen würden. Ich kam mir vor wie in einem Tarantino-Film. Einer erklärte mir schließlich, dass wir zu einem Geldautomaten fahren würden, damit ich meine Schulden begleichen könnte. So landete ich in dem Auto.

»Was ist wohl der maximale Betrag, den der Geldautomat ausspucken wird?«, frage ich mich. »Die Alternative zum Geld sind Schmerzen und viele Zahnarztbesuche, um das zu richten, was die Jungs mir antun könnten«, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Ich lebe in der Schweiz und habe ein gutes Gehalt. Trotzdem ärgert mich die Summe – und zudem will ich einfach nicht beraubt werden!

Das Auto hält. Verdammt, sind die drei gut vorbereitet: Eine abgelegene lange Straße. Selbst wenn ich rennen würde, würden sie mich mit dem Wagen erwischen. Ich hätte keine Chance gegen die Männer, es sei denn, ich wäre Chuck Norris. Geld oder Gesundheit – die Wahl habe ich bereits während der letzten Kilometer getroffen. Natürlich Gesundheit! Einer der Hünen begleitet mich in den Vorraum der Bank. Als ich ihm das Bündel Geldscheine in die Hand drücke, gibt er mir – und das finde ich sogar bis heute noch überraschend freundlich – einen ehrlich gemeinten Rat: »Don’t trust anybody in this city!«

Wie wir in der heutigen Welt über uns hinauswachsen können

Den Überlebensmechanismus mit Angriff, Flucht oder Starre, den ich in Istanbul in mir spürte, haben wir alle früh in unserem Hirn verankert. Er reagiert ganz von allein. Die höheren kognitiven Leistungen des PFC (am Ende des Buchs finden Sie ein Glossar, in dem ich Ihnen viele der wiederkehrenden neurowissenschaftlichen Begriffe in Ruhe erkläre), die den archaischen Anteilen entgegenwirken können, entstehen erst im Laufe der Zeit. Abhängig vom sozialen Umfeld und den Erfahrungen während unserer Kindheit und Jugend entwickeln sich viele Netzwerke in unserem PFC gut – manche vielleicht etwas weniger. Doch selbst wenn Letzteres geschieht, weiß man inzwischen aus der modernen Hirnforschung, dass unser Gehirn in der Lage ist, sich ein Leben lang neu zu vernetzen. Das bedeutet, dass wir grundsätzlich jederzeit neue Gedanken, neue Fähigkeiten und neue Verhaltensweisen entwickeln können. Wenn es die richtigen sind, meistern wir schwierige Situationen einfacher, erreichen persönliche Ziele leichter und können resistenter mit Stress umgehen. Wir haben mehr mentale Energie zur Verfügung, können die Beziehungen zu den Menschen in unserem Umfeld verbessern und letztlich auch unser persönliches Wohlbefinden und unser Erleben von Glück steigern.

Doch wie kann das gelingen?

Ich habe mich vor langer Zeit auf die Suche gemacht, darauf Antworten zu finden. Auf meinem Weg arbeitete ich mich durch Hunderte wissenschaftliche Studien und sprach mit vielen Menschen, die in ihrem Leben besondere Erfahrungen gemacht haben – aufgrund ihrer Profession oder persönlichen Lebensereignisse. Über einige von ihnen werden Sie auf den nächsten Seiten mehr erfahren.

Vor 25 Jahren habe ich zum ersten Mal an einem intensiven Persönlichkeitstraining teilgenommen. In den folgenden Jahren habe ich viel Zeit investiert, rund um den Globus nach Lehrern zu suchen, die mir halfen, alten Ballast abzuwerfen und mich stetig weiterzuentwickeln. Parallel dazu habe ich zehn Jahre für Unternehmen wie Sony Music, Swisscom und Ericsson gearbeitet. Hier war es eine andere Art persönlichen Wachstums, die mich interessiert hat: »Wie muss ich als Führungskraft sein, damit sich meine Mitarbeitenden besonders gut entfalten können?« Meine Neugier auf Persönlichkeitsentwicklung hat vor sechs Jahren eine weitere Triebfeder erhalten, als mein kleiner Sohn geboren wurde. Seitdem frage ich mich häufig: »Wie kann ich ein wirklich guter Vater und das bestmögliche Vorbild für ihn sein?«

Im Jahr 2008 habe ich begonnen, meine Erkenntnisse beruflich mit Menschen zu teilen. Zum einen verbringe ich als Berater und Coach Zeit mit Unternehmern und Führungskräften. Ich zeige ihnen, wie sie eine Kultur in ihrer Organisation etablieren, durch die Mitarbeitende mehr der in ihnen liegenden Potenziale entfalten können. Aus diesem Teil meiner Arbeit entstand gemeinsam mit meinem Wegbegleiter, dem Hirnforscher Dr. Gerald Hüther, die Initiative »Kulturwandel in Unternehmen und Organisationen« (kulturwandel.org). Davon handeln auch meine beiden Wirtschafts-Bestseller Führen mit Hirn und Digitalisieren mit Hirn. Zum anderen biete ich Persönlichkeitstrainings für Menschen an, die Lust haben, sich einige Tage intensiv mit sich und den für sie wichtigen Bereichen ihres Lebens zu beschäftigen.

Während meiner Arbeit mit inzwischen mehreren Tausend Teilnehmenden innerhalb und außerhalb von Unternehmen sah ich regelmäßig wiederkehrende Themen, die diese Menschen beschäftigen. Was viele beispielsweise umtreibt, ist: »Wie gelingt es mir, jeden Tag bestmöglichen Zugriff auf das zu bekommen, was in meinem Kopf steckt?« Dazu habe ich für dieses Buch mit mehreren Fluglotsen und dem Chief Security Officer der Deutschen Flugsicherung gesprochen. Diese Personen arbeiten in einer sogenannten Hochrisiko-Organisation. Manche der Fluglotsen haben die mental sehr anspruchsvolle Aufgabe, pro Stunde jeweils bis zu 60 Flugzeuge mit teilweise mehreren Hundert Passagieren sicher auf den Boden zu navigieren. Sie brauchen ständigen Zugriff auf ihre neuronalen Ressourcen, denn bereits nur ein Fehler kann viele Menschenleben kosten.

Eine weitere wiederkehrende Frage für viele lautet: »Wie kann ich mich in Belastungssituationen emotional stabilisieren, wie kann ich alten Ballast hinter mir lassen?« Dazu habe ich mehrfach eine Mutter getroffen, die ihr Kind durch einen Unfall verloren hat. Sie berichtete, wie es ihr gelungen ist, einen guten inneren Umgang mit dem Menschen zu finden, der persönlich eine Mitverantwortung an der Tragödie trägt.

Und auch die Herausforderung, wie man nicht nur täglich, sondern möglichst auch langfristig Zugriff auf die eigenen neuronalen Fähigkeiten und Potenziale erhält, ist für immer mehr Menschen von Bedeutung. Denn wir leben in einer Zeit, die ein menschliches Hirn ziemlich fordern kann. Allein die hohe Informationsdichte und die gleichzeitig eintreffenden Impulse über verschiedenste Kommunikationskanäle verlangen ihm etwas ab, wofür es nicht geschaffen ist: Multitasking. Das parallele Verarbeiten mehrerer Vorgänge raubt ihm mächtig viel Energie. Studien der York University und der University of London zeigen, dass uns beim Multitasking 17 Prozent unserer Auffassungsgabe verloren gehen und dass sich mittelfristig dadurch auch die Anzahl der Nervenzellen in manchen Bereichen unseres Hirns zurückbilden. Man muss kein Wissenschaftler sein, um zu verstehen, dass der Verlust von Hirnzellen nicht besonders erstrebenswert ist. Doch wie kann man mit Phasen hoher Informationsdichte umgehen? Dazu erklärt ein Geiselverhandler, was er und seine Kollegen tun, wenn viele Impulse zur selben Zeit auf sie einströmen und sie sich selbst stabilisieren müssen. Denn wenn das nicht gelingt, kann es Tote geben.

Echte Bedrohungsszenarien, wie das von mir erlebte in Istanbul, sind für die meisten von uns hoffentlich eher die Ausnahme. Unser Hirn, dessen allerwichtigste Aufgabe es ist, uns am Leben zu erhalten, ist jedoch trotzdem ständig subtil im Suchmodus nach Gefahren, um diese vorausschauend abzuwenden.

Wenn nichts Lebensbedrohliches zu finden ist, wählt es das Nächstbeste. Dann ist es eben der Autofahrer, der uns die Vorfahrt nimmt. Eine Schrecksekunde im Großstadtverkehr und schon schickt unser Hirn sich selbst in eine neuronale Übererregung. Vielleicht ist es aber auch das trödelnde Kind am Morgen, die spitz formulierte Mail der Chefin oder der leere Akku des Handys beim Verlassen des Hauses – das Angriffs-, Flucht- oder Starre-Verhalten des Hirnstamms erwacht dann gerne zum Leben.

Worum es mir in diesem Buch auch noch geht

Besonders eindrücklich ist so eine fehlgeleitete Übererregung bei Konflikten in den sozialen Medien. Facebook, Twitter & Co. scheinen für viele Nutzer ein bisschen so wie Autofahren zu sein: Sie kommen mit Menschen in Kontakt, die sie im echten Leben nicht kennen, und sie beschimpfen diese auf eine Art und Weise, wie sie es sich im direkten Kontakt nie trauen würden. Der Unterschied zu dem vor sich hin schimpfenden Autofahrenden: In den sozialen Medien lesen andere mit, sie erzürnen sich ebenfalls, und es entstehen Lawinen negativer Kritik – die sogenannten Shitstorms. Es hat den Anschein, als sei das impulsregulierende Korrektiv des PFC bei manchen Menschen außer Kraft gesetzt, wenn sie vor ihrem Bildschirm sitzen, etwas lesen, das ihnen nicht gefällt, und niemanden haben, mit dem sie darüber sprechen können. Dann übernimmt der archaische Angriffsmodus des Hirnstamms und tippt seine Beleidigungen in die Tastatur.

Dabei widerstrebt dieses konfrontative Auftreten einem tief in uns verwurzelten neurobiologischen Grundbedürfnis: dem Bedürfnis nach Verbundenheit. Ein ganz anderes Verhalten würde uns daher guttun: Freundlichkeit. Die Stanford-Professorin Sonja Lyubomirsky hat nachgewiesen, dass allein wenige Akte der Freundlichkeit nachweisbar zu einem 40 Prozent höheren Glücksempfinden führen.

Doch es gibt sie nun einmal, diese Momente im Alltag, die in einer neuronalen Übererregung münden und in denen Freundlichkeit zu entwickeln schwierig ist. Um mit solchen Situationen gelassener umzugehen, lernen Sie bereits zu Beginn dieses Buchs fünf Methoden kennen, die Ihnen dabei helfen können – egal, was Sie gerade ärgert: andere Menschen, Ihr Handy oder Sie sich über sich selbst.

Ich erkläre Ihnen auf den späteren Seiten die neurobiologischen Hintergründe des Verbundenheitsbedürfnisses und was in uns geschieht, wenn es fehlt. Dazu habe ich mehrfach mit international arbeitenden Friedensmediatoren gesprochen, deren Aufgabe es ist, zerstrittenen Parteien in Kriegsgebieten dabei zu helfen, sich zu befrieden. Einer von ihnen berichtete mir von einer Mediation im Kosovo. Sie begann damit, dass ihm eine Gruppe Kosovo-Serben gegenüberstand und fragte: »Warum glaubt die ganze Welt, dass wir Mörder sind?«

Wie er in dieser verzwickten Situation reagierte und ob er überhaupt noch als Mediator akzeptiert wurde, erfahren Sie später in seiner Erzählung.

Da wir gerade bei Konflikten sind … Eine Haupttriebfeder für mich, dieses Buch zu schreiben, ist meine Sorge über die zunehmende Spaltung der Gesellschaft und den damit einhergehenden Verlust menschlichen Miteinanders. Die Covid-19-Situation wirkte wie ein Vergrößerungsglas, durch das manch Verborgenes plötzlich sehr schnell sehr sichtbar wurde: Viele Menschen scheinen nicht mehr dazu in der Lage zu sein, kultiviert Meinungen auszutauschen oder überhaupt andere Meinungen zuzulassen. Sie kanzeln einander ab und verurteilen den anderen. Das Virus war ein Katalysator für eine unterschwellige Dynamik, die vorher bereits brodelte. Es ist mir ein tiefes Anliegen, dass die Leserinnen und Leser dieses Buches das Wissen erhalten, um diese Dynamik im eigenen Leben und im eigenen Umfeld zu verändern. Daher werde ich auch all die ungünstigen Auswirkungen von fehlender Verbundenheit auf Gehirn und Körper beschreiben. Aber ich beleuchte ebenso die Sonnenseite und was uns alles möglich sein wird, wenn wir dieses Grundbedürfnis nach Verbundenheit stillen.

Ich zeige Ihnen den »G-Punkt des Gehirns« und wie Sie diesen aktivieren. Sie lernen einen engen Vertrauten des Dalai Lama kennen, der als glücklichster Mensch der Welt gilt. Er hat mit mir für dieses Buch über die Methoden gesprochen, mit denen es für ihn möglich wurde, in diesen Glückszustand zu gelangen. Mit der Hilfe dieses 75-jährigen Mönchs können Sie sich eine Jahrtausende alte mentale Technik aneignen, die rasend schnell zu positiven Veränderungen in Ihrem Gehirn führt, wie auch Wissenschaftler inzwischen nachweisen können. Und zugleich hilft diese Technik ganz automatisch, die Beziehungen zu anderen Menschen zu verbessern. Sie macht uns den Menschen zugewandter und lässt uns wie ganz von allein mehr Wohlwollen in uns spüren.

Wie Sie in der Mitte des Buchs erfahren werden, hat dieses Kultivieren einer wohlwollenden inneren Haltung jede Menge positive Auswirkungen auf einen selbst – sowohl emotional als auch körperlich!

Die Erkenntnisse und die Methoden in diesem Buch habe ich bewusst für verschiedene Lebensphasen und Prioritäten geschrieben. Manches wird Ihnen vielleicht bekannt vorkommen und Sie können Ihr Wissen durch den wissenschaftlichen Hintergrund weiter vertiefen. Vieles ist möglicherweise genau der Augenöffner, den Sie gerade brauchen. Es kann auch sein, dass Sie etwas lesen, das Sie momentan noch gar nicht anspricht – das Ihnen jedoch weiterhilft, wenn Sie zu einem späteren Zeitpunkt das Buch wieder in die Hand nehmen.

Während des Schreibens habe ich immer wieder verschiedene Perspektiven eingenommen. Ich stellte mir die Führungskräfte vor, mit denen ich arbeite, und ich erinnerte mich an das, was diese Menschen während ihrer eigenen Entwicklung bewegt. Ich hatte auch Teilnehmende meiner Persönlichkeitstrainings im Sinn und wie diese Menschen mit diesem Buch einen guten Schritt weiterkommen könnten. Ich nahm zudem auch die Sichtweise von Eltern ein – ich selbst gehöre ja auch zu dieser Gruppe – und habe für sie an manchen Stellen Inhalte eingefügt, die hilfreich sein könnten. Ich habe mir meinen jetzt noch kleinen Sohn im jungen Erwachsenenalter vorgestellt und wie ich ihn dann mit diesem Buch erreichen könnte. Ich hoffe, dass es auch jetzt schon dem ein oder anderen jungen Erwachsenen helfen wird. Denn dieses Buch ist eines, das ich mit Anfang Zwanzig gerne gelesen hätte – manches wäre für mich dadurch einfacher gewesen. Ich habe mich auch gefragt, mit welcher Fragestellung ganz andere Menschen es in die Hand nehmen, und versucht, vieles einzuweben, das es auch für sie interessant machen könnte.

Wer auch immer Sie, lieber Leser, liebe Leserin, sein mögen: Ich hoffe, dass es mir in den vergangenen achtzehn Monaten gelungen ist, etwas zu Papier zu bringen, das zu Ihnen in Ihrer aktuellen Lebenssituation passt. Wenn das der Fall ist, haben Sie am Ende der Lektüre eine Menge nützlichen Wissens und ganz konkrete Ideen in der Hand, um mit Ihrem Hirn noch besser zu leben.

Haben Sie viel Freude beim Lesen.

Ihr

Sebastian Purps-Pardigol

Kapitel 1Die eigenen Erzählungen: Wie wir unser Hirn verzaubern

Es war an einem Samstagvormittag vor einigen Jahren. Mein kleiner Sohn war gerade zweieinhalb Jahre alt. Ich hatte mit ihm an diesem Morgen bisher vieles unternommen, was er sehr mochte: Wir haben in seinem Lieblingsbuch gelesen, haben Pancakes gebacken und passend dazu im Thermomix frisches Apfelmus zubereitet. Er saß glücklich auf seinem Kinderstuhl und war mit den klein geschnittenen Pfannkuchenstückchen beschäftigt. Da klingelte mein Handy. Ich sah die Nummer und den Namen eines Unternehmers im Display. Ihn und seine Firmen unterstütze ich als Berater und Prozessbegleiter bereits seit einigen Jahren bei der Verbesserung der Unternehmenskultur. »Herr Purps-Pardigol, sorry, dass ich am Wochenende störe, aber ich brauche mal ganz dringend Ihre Einschätzung. Ich habe Ihnen gerade ein Dokument gemailt.« Ich schaute zu meinem Sohn, sah die große Menge Essen auf seinem Teller und schätzte, dass er dafür wohl noch fünf Minuten Zeit brauchen würde. »Wir haben drei Minuten«, antwortete ich ins Telefon, um auf der sicheren Seite zu sein. Dann eilte ich die Treppe zu meinem Arbeitszimmer hoch. Nach zwei Minuten und 38 Sekunden war ich mit dem Gespräch fertig. Ich habe das später an meinem Handy überprüft, denn ich wollte wissen, in welch kurzer Zeit ein Kleinkind eine ganze Küche verwüsten kann.

Meinen Sohn konnte ich nicht mehr sehen, als ich wieder hereinkam. Dafür jedoch die Packung mit den nun aufgeplatzten Eiern, die er von der Kücheninsel auf das Parkett heruntergerissen hatte. Er schien versucht zu haben, die glibberige Masse aus der Packung herauszuholen, denn in einem Radius von einem halben Meter sah ich überall Teile des Eigelbs, die durch den Aufprall allein niemals so weit hätten spritzen können. Mit der Reismilch ist er nicht ganz so weit gekommen. Er hatte den auf dem Schrank stehenden Tetra Pak nur umgeworfen. Da ich vergessen hatte, ihn zuzuschrauben, war der Großteil der Milch aus einem Meter Höhe auf den Boden und teilweise unter die Fußleisten geflossen, wie ich später am Tag fluchend feststellte. Dann gab es noch diesen kleinen Mehlberg auf dem Fußboden. Ihm entsprang eine verdächtige Spur um die Kücheninsel herum, die mich zu meinem Sohn führte. Irgendwo hatte er noch eine Schüssel aufgetan. In ihr zermatschte er die erbeuteten Zutaten – so, wie er es aus seiner Kinderküche kannte. Dieses Mal war es jedoch echtes Essen und echtes Chaos.

Ich war ernsthaft enttäuscht. »Er hatte den perfekten Morgen: Ich habe ihm aus seinem Lieblingsbuch vorgelesen, er hat sein Lieblingsessen bekommen, wir haben viel Zeit miteinander verbracht … wieso verwüstet er die Küche?!«, dachte ich mir. Mit genervter Stimme und einem Armschwung, der auf das ganze Chaos hinweisen sollte, stand ich vor ihm und fragte ihn, warum er so ein Schlachtfeld erschaffen habe. Mein kleiner Sohn war jedoch ganz in seiner Welt versunken. Er bemerkte mich nicht einmal. Ich stellte fest, dass ich nicht zu ihm durchdrang und setzte mich neben ihn auf ein kleines, verbleibendes Stück sauberen Boden. Mit ruhigerer und interessierterer Stimme fragte ich: »Kannst du dem Papa erklären, was du da gerade machst?« Als er mich und meine Frage endlich bemerkte, fing er über beide Ohren an zu strahlen. Er schob mir die Schüssel herüber und sagte: »Papa. Essen!« Ich verstand nun, dass mein kleiner Sohn mir Frühstück zubereitet hatte. So wie ich es kurz zuvor an diesem Morgen für ihn getan hatte. Innerhalb eines Wimpernschlags war mein Frust verschwunden.

Unser innerer Zustand kann sich rasend schnell verändern, wenn wir in der Lage sind, Erlebnisse anders zu verarbeiten. Manchmal geschieht das, indem wir durch äußere Einflüsse eine andere innere Perspektive erhalten. Bei mir war es der Moment, als mein Sohn mir freudig strahlend erklärte, dass er mir Frühstück gemacht hatte. Plötzlich konnte ich dem Schlachtfeld in unserer Küche eine andere Bedeutung geben.

Doch auch dann, wenn diese äußeren Impulse fehlen, haben wir wirksame Möglichkeiten, unseren inneren Zustand schnell und nachhaltig zu verändern. So wirksam, dass man die unmittelbaren Verbesserungen sogar neuronal messen kann. Der Philosoph und Neurowissenschaftler Anthony Jack von der Case Western Reserve University in Cleveland hat im Jahr 2012 eindrucksvoll gezeigt, wie sehr unsere Gedanken unsere neuronalen Aktivitätsmuster beeinflussen.

Stellen Sie sich vor, Sie lägen in einem funktionellen Magnetresonanztomografen (fMRT), mit dem man Scans Ihres Gehirns erstellen kann. Anthony Jack bittet Sie darum, zwei unterschiedliche Arten innerer Bilder in sich zu erzeugen. Zuerst wird Jack Sie fragen: »Wenn alles in Ihrem Leben ideal laufen würde – wo sähen Sie sich in zehn Jahren? Wo würden Sie leben? Wie würden Sie Ihre Zeit verbringen? Was wären Sie dann für ein Mensch?« Denken Sie einen Augenblick über die Antworten nach, die Ihnen auf diese Frage einfallen …

Während Sie in Ihren Zukunftsträumen schwelgen, würde der Wissenschaftler Jack mit dem fMRT erkennen, dass Ihr linker präfrontaler Cortex (PFC) aktiver geworden ist. Dieser Teil des menschlichen Gehirns ist von Geburt an mit der Erfahrung von persönlichem Wohlempfinden assoziiert.

Woher man das weiß? In anderen Studien, bei denen man wenige Wochen alten Babys etwas Zuckerwasser auf die Lippen träufelte und dabei die elektrische Aktivität des Gehirns untersuchte, fingen die Kleinen an zu lächeln: Sie freuten sich über den süßlichen Geschmack. Die Wissenschaftler konnten eine höhere Aktivität des linken PFC bei den Babys messen. Der aktivste linke PFC, den man wissenschaftlich jemals erfasst hat, war übrigens derjenige von Matthieu Ricard, einem engen Vertrauten des Dalai Lama. Dieser Mönch hat viel Zeit seines Lebens eine besondere Form der Meditation praktiziert, die zu diesen bemerkenswerten Veränderungen in seinem Hirn geführt haben. Seit den Untersuchungen in einem neurowissenschaftlichen Labor gilt er als »happiest man in the world«. Matthieus Form der Meditation, mit der sich auch Ihr linker PFC mehr aktivieren lässt, lernen Sie in Kapitel 3 kennen.

Doch zuerst zurück zu Ihnen, zu Ihrem aktiven linken PFC und zu Anthony Jack. Letzterer würde in Ihrem Kopf noch etwas anderes entdecken: Einen recht aktiven ventromedialen PFC. Dieser Teil des Hirns ist bedeutsam für die Erzeugung eines sogenannten »safety signal«, eines Gefühls sozial-emotionaler Sicherheit. In weiteren Untersuchungen wäre auch sichtbar, dass Ihr parasympathisches Nervensystem hochgefahren ist. Das ist der Teil des peripheren Nervensystems, der aktiv wird, wenn nach einer Anstrengung der Ruhezustand eintritt. Es verlangsamt Herzschlag und Atmung, erweitert die Blutgefäße und bringt die Verdauung in Gang.

Nun beginnt Phase zwei des Experiments. Anthony Jack bittet Sie, andere innerer Bilder entstehen zu lassen. »Welche Herausforderungen erleben Sie derzeit? Was könnte in Ihrem Leben aktuell schwierig werden? Welche Ängste beschäftigen Sie?« Während Sie sich mit diesen Fragen beschäftigen, kann Jack völlig andere Aktivitätsmuster in Ihrem Gehirn feststellen. Es werden neuronale Netzwerke aktiv, die mit dem sympathischen Nervensystem verbunden sind.

Der Name trügt, denn so sympathisch ist dieses System gar nicht. Wenn es aktiv ist, steigert es Blutdruck und Herzfrequenz, während es die Sekretion von Verdauungssäften reduziert. Es bereitet unseren Körper auf Flucht oder Kampf vor. Während Sie sich weiterhin mit den problemorientierten Fragen des Wissenschaftlers beschäftigen, zeigen die Hirnscans, dass die Aktivität in Ihrem linken PFC gesunken und dafür im rechten PFC gestiegen ist. Dieser Bereich ist eher mit unangenehmen Gefühlen assoziiert. Denken Sie nochmal an die Babys und das Zuckerwasser. Es gab damals einen weiteren Teil des Experiments, bei dem man ihnen etwas Zitronenwasser auf die Lippen träufelte. Die Kleinen verzogen das Gesicht. Die Wissenschaftler sahen eine Erhöhung der Erregung nun in ihrem rechten PFC.

Ob Sie sich nun also etwas unangenehm Schmeckendes in Ihren Mund stecken oder über Probleme in Ihrem Leben grübeln – in beiden Fällen springt Ihr rechter PFC an. Beides fühlt sich nicht gut an.

Merksatz

Durch unsere Gedanken beeinflussen wir unmittelbar, welche Bereiche unseres Gehirns aktiviert werden.

Hätte man an dem Morgen, als mein Sohn mir »Frühstück« zubereitete, bei mir die neuronale Aktivität gemessen, wäre mutmaßlich eine sprunghafte Veränderung sichtbar gewesen: Das stressassoziierte sympathische Nervensystem und der rechte PFC waren vermutlich hochaktiv, als ich zurück in die Küche ging und das Chaos sah. Dann kam der Moment, in dem ich realisierte, dass er das alles getan hatte, um mir Frühstück zuzubereiten. Der linke PFC fuhr hoch und das sympathische Nervensystem fuhr herunter. Mein Hirn beruhigte sich. Ich fühlte mich besser – und geliebt.

Die Auswirkungen unserer Gedanken auf uns sind nicht nur unmittelbar, sondern auch langfristig messbar. So hat beispielsweise der Glaube, eine Bestimmung im Leben zu haben, einen messbaren Einfluss auf Gesundheit, Leben und Tod. Der Kardiologe Randy Cohen vom Mount Sinai Medical Center in New York hat zehn Studien analysiert, die sich mit dem Gefühl der Lebensbestimmung beschäftigen. Er veröffentlichte seine Erkenntnisse in der Studie »Purpose in Life and its Relationship to All-Cause Mortality and Cardiovascular Events: A Meta-Analysis«. Cohen hatte Zugriff auf die Daten von 137 000 Menschen, die untersucht und befragt worden waren. Hatten diese Menschen in Interviews angegeben, eine Bestimmung oder einen Sinn in ihrem Leben zu haben, war die Wahrscheinlichkeit, dass sie an einer Herzerkrankung litten, um 19 Prozent geringer als in den Vergleichsgruppen. Die Langzeitstudien zeigten, dass die Sterblichkeitsrate von Menschen, die ein sinnerfülltes Leben führen, um ganze 23 Prozent niedriger liegt als die der übrigen. »Für Ihr eigenes Wohlbefinden sollten Sie alles dafür tun, eine Bestimmung für sich zu finden«, resümiert Cohen.

Ich habe Ihnen nun erste messbare Auswirkungen unserer Gedanken auf unser Gehirn und den restlichen Körper nähergebracht. Im Folgenden möchte ich Ihnen erklären, wie Sie idealerweise mit unangenehmen Umständen umgehen, damit sich diese nicht ungünstig auf Ihre Gedanken und Ihre innere Welt auswirken.

Lassen Sie uns dafür einige Tausend Jahre in die Vergangenheit reisen und die alt-indische Sprache Sanskrit betrachten. Darin gibt es zwei Begriffe, die bis heute sowohl hinduistische als auch buddhistische Konzepte beeinflussen: »Sukha« und »Dukkha«. »Sukha« bedeutet Glück, Freude und Zufriedenheit. »Dukkha« ist die Beschreibung des Zustands von Stress, Schmerz und Leid. Interessant ist die Herkunft dieser beiden Begriffe. Sanskrit wurde von den alten Ariern (die übrigens ursprünglich Menschen aus dem indo-iranischen Sprachgebiet sind – und für gewöhnlich keine blonden Haare und blaue Augen haben) in den fernen Osten gebracht. Dieses nomadische Volk reiste zu Pferd und mit kleinen Wagen. Gut ausgebaute Straßen fehlten und eine Reise war deutlich beschwerlicher als heutzutage. Die Wege waren damals voller Schlaglöcher. Darum machte die Qualität des Wagens den großen Unterschied, ob es eine angenehme oder weniger angenehme Reise wurde. War die Achse des Wagens nicht zentral ausgerichtet, ruckelte das Gefährt stark oder fiel sogar in den Kurven um. Der damalige Begriff »kha« beschreibt das Loch der Achse. »Su« und »Dus« waren Präfixe und bedeuteten »gut« und »schlecht«. »Sukha« stand daher für die »gute Achse« und »Dukkha« für die »schlechte Achse«. Auf ein und derselben Straße konnte das nomadische Volk mit einer guten Achse eine angenehme und mit einer schlechten Achse eine unangenehme Reise erleben. Nun konnten die Nomaden nicht überall neue Straßen bauen, doch sie hatten Einfluss auf die Qualität ihrer Wagen und deren Achsen.

Buddhistische Konzepte übernahmen den Begriff von »Sukha« und »Dukkha«: Wir können die Qualität der Wege, die wir in unserem Leben gehen, nur bedingt beeinflussen. Doch wie das nomadische Volk der Arier Einfluss auf die Qualität ihrer Achsen hatte, so haben wir Einfluss auf unseren Geist. Ist er in einem schlechten, starren Zustand (»Dukkha«), erleben wir vieles, was uns widerfährt, als Leid und Schmerz. Ist er dagegen in einem guten, flexiblen Zustand (»Sukha«), nehmen wir das, was uns geschieht, mit deutlich mehr Freude und Zufriedenheit wahr – selbst dann, wenn uns eine Menge Schlaglöcher auf unserem Weg begegnen.

Doch wie können wir so einen »Sukha«-Zustand des Geistes in uns stärken? Lassen Sie uns dafür in die Gegenwart zurückkehren und einige neurowissenschaftliche Labore besuchen, in denen in den vergangenen Jahren viele hilfreiche Entdeckungen gemacht wurden. Sie müssen sich all die Namen und Orte nicht merken – Sie werden die Inhalte des Buchs auch dann verstehen, wenn Sie sie ignorieren. Ich habe sie hauptsächlich für all die Leserinnen und Leser aufgeführt, denen diese Details wichtig sind.

Wir können die Beschaffenheit unserer Wege nicht vorhersehen. Jedoch können wir uns darauf vorbereiten, dass wir auf der Reise stabil bleiben.

Um unser Glück müssen wir uns schon selbst kümmern – den Fokus bewusst neu ausrichten

Reisen wir zuerst an die University of Michigan in das Jahr 2012. Hier hat sich die Professorin für kognitive Neurowissenschaften, Heide Klumpp, mit dem Einfluss unserer Aufmerksamkeit auf unser Gehirn beschäftigt. Es ging um die Forschungsfrage: Reicht das bewusste Ignorieren bestehender emotionaler Reize, um unser Gehirn zu beruhigen?

Stellen Sie sich vor, Klumpp würde Ihnen auf einem Bildschirm gleichzeitig sowohl drei geometrische Symbole als auch Fotos von drei emotional ausdrucksstarken Gesichtern zeigen. Die Symbole wären Dreiecke, Kreise und Quadrate. Die Gesichter auf den Fotos drücken Wut, Trauer und Freude aus. Emotional ausdrucksstarke Gesichter zu betrachten, führt für gewöhnlich ganz automatisch zu einer Reaktion in unserem Gehirn. Eine Schlüsselregion für die Verarbeitung solcher Reize ist die Amygdala. Das ist eine mandelförmige Struktur in unserem Kopf, die ich gerne auch als »Gefahrenriecher« bezeichne, da sie bei jeder echten oder vermeintlichen Gefahr Alarm schlägt.

In Ihrem Blickfeld sind also gleichzeitig sechs Dinge zu erkennen: drei Symbole sowie Fotos von drei Gesichtern. Sie sind nun mitten in einem Experiment, das sich »Emotional Faces Shifting Attention Task« nennt. Langer Name, doch die Aufgabe ist kurz: Sie müssen Ähnlichkeiten finden. In manchen Runden sollen Sie ausschließlich auf die Symbole achten und dabei die beiden von den dreien identifizieren, die identisch sind. Wenn Sie also zwei Dreiecke und einen Kreis sehen, kennzeichnen Sie die beiden Dreiecke. Die Fotos der menschlichen Gesichter ignorieren Sie währenddessen, auch dann, wenn sie mitten zwischen den Symbolen platziert sind. In anderen Runden hingegen blenden Sie die Symbole aus und kümmern sich ausschließlich um die Gesichter. Sie schauen sich deren Ausdrücke an (traurig, wütend, glücklich) und bestimmen die beiden, die zusammenpassen. Wenn Sie also einen blonden wütenden Mann, eine traurige schwarzhaarige Frau und einen braunhaarigen wütenden Mann sehen, kennzeichnen Sie Foto 1 und Foto 3.

Heide Klumpp hat Sie – so wie manche Neurowissenschaftler es während einer Studie gerne tun – vorab in einen fMRT geschoben. Sie macht Scans Ihres Gehirns. Während Sie in den Runden sind, in denen Sie die emotionalen Gesichtsausdrücke miteinander verbinden, kann Klumpp eine aktivere Amygdala erkennen. Wie erwartet, reagiert Ihr Gehirn unmittelbar auf die sozialen Signale, die von den Gesichtern der anderen Menschen ausgehen – auch wenn es nur Fotografien sind! Das hat Klumpp nicht anders erwartet: Die Emotionen springen leicht über. Interessanter ist die Beobachtung aus dem zweiten Teil des Experiments. Die erhöhte Erregung in der Amygdala verschwindet, sobald Sie sich den geometrischen Symbolen zuwenden. Obwohl Sie die Fotos der menschlichen, emotionalen Gesichter weiterhin direkt vor Ihrer Nase sehen, sorgt Ihr veränderter Fokus dafür, dass Ihre Amygdala entspannt bleibt.

»Klingt logisch«, denken Sie vielleicht. »Wenn ich das Störende ausblende und mich auf das Positive fokussiere, fühle ich mich besser.« Doch auch wenn es einleuchtet und neuronal nachweisbar ist – in der Realität verhalten wir uns oftmals genau andersherum und fokussieren uns auf das Störende.

Pro Sekunde strömen durch unsere Sinne zwölf Millionen Informationsimpulse auf unser Gehirn ein. Den größten Teil dieser riesigen Datenmenge filtern wir aus, denn wir könnten dieses hohe Volumen gar nicht bewusst verarbeiten. Doch was kommt durch?

Wir sind neuronal so konstruiert, dass wir Gefahren erkennen, um sie jetzt und in der Zukunft zu vermeiden. Deswegen lassen sich viele Menschen auch eher von Hiobsbotschaften (zum Beispiel in den Medien) fesseln als von positiven Nachrichten. Im Grunde ist das ein hilfreiches Geschenk der Natur. Wenn wir über die Straße gehen und ein Auto heranrast, erkennt ein Teil unseres Gehirns diese Gefahr blitzschnell. Bevor unsere langsamer arbeitenden, höher entwickelten neuronalen Netzwerke des PFC das Auto bewusst wahrnehmen und sich entscheiden können, wie sie mit dieser Information umgehen, haben wir längst reagiert. Die Amygdala wurde wachgerufen, und sie hat dafür gesorgt, dass wir von der Straße gesprungen sind, noch bevor uns klar wird, welche Gefahr auf uns zurast.

Dieses Überlebenssystem hat nur einen Nachteil: Da dem Erkennen von Gefahr eine so große Bedeutung gegeben wird, werden von den zwölf Millionen Impulsen pro Sekunde bedauerlicherweise auch viele angenehme oder gute Informationen weggefiltert. Denn für das Überleben brauchen wir sie nicht. Um diese wieder reinzulassen, müssen wir bewusst in den Automatismus in unserem Kopf eingreifen und unseren Fokus neu ausrichten. Damit das nachhaltig gelingt, sollten wir das regelmäßig tun und uns immer wieder auf die angenehmen Aspekte der zwölf Millionen Impulse re-fokussieren.

Merksatz

Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, uns am Leben zu erhalten. Es ist nicht seine Aufgabe, uns glücklich zu machen. Darum müssen wir uns selbst kümmern!

Während ich diese Zeilen schreibe, ist es Ende Dezember 2019, kurz vor Weihnachten. Ich habe die erste Erkältung des Jahres und kann daher nicht joggen gehen. Ich bin schlapp und kann nicht so viele Stunden pro Tag an dem Buch arbeiten, wie ich gerne möchte. Sie wissen ja, wie das mit Männern und den Erkältungen ist – wir erleben dabei subjektiv größere Schmerzen als eine Frau, die gerade ein Kind gebärt.

Während ich mich mit meinen Gliederschmerzen quäle, fällt mein Blick auf die 20 Zentimeter große Sanduhr, die auf dem Holztisch steht, an dem ich gerade sitze. Dieser analoge Zeitmesser gefällt mir sehr, denn er ist ein großartiges Gegenstück zu all dem elektronischen Schnickschnack, der mich sonst begleitet. Sie hilft mir, 30, 60 oder 90 Minuten lang ganz konzentriert bei einer Aufgabe zu bleiben. Ich freue mich auch über diese so leicht schreibenden japanischen Gelstifte, mit denen ich die erste Version meiner Texte immer handschriftlich verfasse. Und ich bin auch erleichtert, dass ich viele Tage am Stück zu keinem Vortrag verreisen muss, da ich mir die kommenden Monate zum Schreiben freigehalten habe. Was ich an diesem Dezembertag anwende, ist ein wissenschaftlich gut untersuchter Weg der Re-Fokussierung: Ich übe mich in Dankbarkeit! Damit habe ich bewusst meinen Fokus geändert und dafür gesorgt, dass vorwiegend die angenehmen Anteile der zwölf Millionen Impulse pro Sekunde durchkommen.

Würde ich weiter sinnieren, fielen mir noch mehr Dinge ein, über die ich dankbar bin: die Menschen in meinem Leben, Vorhaben, die ich in diesem Jahr umgesetzt habe, unerwartete, erfüllende Erfahrungen …

Wenn Sie etwas in Ihrem Leben suchen, für das Sie dankbar sind, finden Sie wahrscheinlich auch einige Antworten. Meist sind es die kleinen Dinge des Alltags, die uns glücklich machen und für die wir dankbar sein können. In manchen der Führungskräfte- oder Persönlichkeitstrainings, die ich jedes Jahr durchführe, erhalten meine Teilnehmenden daher von mir Postkarten, auf denen in großen Lettern »Worüber bin ich glücklich?« oder »Wofür bin ich dankbar?« steht. Ich empfehle ihnen, diese Karten ins Badezimmer zu hängen. Denn mit diesen Fragen verhält es sich, wie mit einer Zahnbürste: Es ist sinnvoll, sie regelmäßig zu nutzen.

Falls Ihnen auf Anhieb keine Antwort einfällt oder wenn Sie sich denken »Da gibt es nichts!«, dann wirkt dieser katalysierende Satz vorab ganz wunderbar: »Nur einmal angenommen, es gäbe etwas … wofür könnte ich dankbar sein?« Am besten funktioniert es, wenn Sie die Antwort nicht nur denken, sondern auch fühlen. Es macht einen Unterschied, ob man sich beispielsweise nur kognitiv dahersagt: »Ich bin dankbar für meine Freunde« – oder ob man es tiefer sinken lässt und realisiert, wofür man genau dankbar ist, und das auch spürt. Manchmal braucht das etwas Übung.

Die Veränderung unseres inneren Zustands kann rasend schnell stattfinden. Durch die Studien von Anthony Jack wissen Sie inzwischen, dass der Inhalt Ihrer Gedanken bestimmt, ob Ihr linker oder rechter PFC aktiv ist und ob Ihr sympathisches oder parasympathisches Nervensystem die Führung übernimmt. Doch die Auswirkungen, wenn man eine Haltung von Dankbarkeit in sich kultiviert, gehen noch weit darüber hinaus. Viele Wissenschaftler haben sich in den vergangenen Jahren intensiv damit beschäftigt. Im Jahr 2018 erschien das 70-seitige Whitepaper »The Science of Gratitude« vom Greater Good Science Center der University of California, Berkeley. Darin lassen sich über 13 Seiten einer Auflistung weltweit erschienener Studien finden, die die Auswirkung regelmäßiger Re-Fokussierung auf Dankbarkeit beschreiben. Eine kurze Auswahl:

In der Langzeitstudie GRACE (Gratitude research in acute coronary events) erkannte man, dass Herzinfarktpatienten mit einem höheren Maß an Dankbarkeit weniger Entzündungsmarker und verbesserte Funktionen der Herzkranzgefäße aufwiesen.

Teilnehmende einer Studie, die 16 Wochen lang ein Dankbarkeitstagebuch schrieben, berichteten später davon, mehr Sport zu treiben und weniger körperliche Probleme zu haben als die Kontrollgruppe.

Teilnehmende einer weiteren Studie, die nur drei Wochen ein Dankbarkeitstagebuch schrieben, berichteten, dass sie inzwischen einen längeren und erholsameren Schlaf hätten als zu Beginn der Studie.

Tipp

Hier können Sie die gesamte Studie einsehen: leben-mit-hirn.de/gratitude

Pro Sekunde strömen durch unsere Sinne zwölf Millionen Impulse auf uns ein. Der Überlebensmechanismus unseres Hirns richtet seine Aufmerksamkeit auf die problematischen. Fokussieren wir uns willentlich auf die guten, verbessert sich unser innerer Zustand messbar. Es ist wie mit dem Zähneputzen: Es wäre gut, wenn wir das regelmäßig tun.

Was im Leben Einzelner zu einem positiven Einfluss führen kann, funktioniert auch für Gruppen von Menschen. Wenn ich Firmen dabei helfe, ihre eigene Unternehmenskultur zu verbessern, arbeite ich ab und an mit einer Methode, die »Appreciative Inquiry« genannt wird, also »wertschätzende Erkundung«. Dabei interviewen die Teilnehmenden sich gegenseitig. Durch vorgegebene, wertschätzende Fragen machen sie sich gemeinsam auf die Suche nach Gelungenem. In der ersten von vier Phasen, der »Discovery«-(»Entdeckungs«-)Phase, suchen sie nach den Stärken des Teams, des Bereichs oder der Organisation und nach allem, was dort gut läuft. Ich nutze diese Methode, damit die Teilnehmenden schnell in einen Zustand gelangen, in dem ihr linker PFC und das parasympathische Nervensystem aktiviert sind. Das verändert die Dynamik und den Zusammenhalt der Gruppe. Im weiteren Verlauf des gemeinsamen Workshops ziehen die Teilnehmenden deutlich spürbar an einem Strang, anstatt etwaige Grabenkriege miteinander auszufechten.

Story

»Was ist jetzt wirklich wichtig?« – Re-Fokussierung in Stress-Situationen