Leitfaden zur Einführung von ERP Software - Antworten und Erfolgsstrategien - Uwe Knust - E-Book

Leitfaden zur Einführung von ERP Software - Antworten und Erfolgsstrategien E-Book

Uwe Knust

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Beschreibung

Dieser Ratgeber richtet sich an Geschäftsführungen, Führungskräfte und alle Interessierten, die die Einführung einer neuen ERP-Software planen oder zukünftig in ein solches Projekt involviert werden. Am Beispiel eines ERP-Einführungsprojektes bei der fiktiven Futura Hanse GmbH werden alle Projektphasen durchlaufen und dabei praxis- und erfahrungsorientiert mögliche Risiken und die am häufigsten vorkommenden Fehler beleuchtet. Der Ratgeber beginnt mit der Idee der Geschäftsführung, eine neue ERP-Software einzuführen, beschreibt die Softwareselektionsphase, die Vertragsphase, die einzelnen Projektphasen, ein typisches Eskalationsszenario und endet mit dem erfolgreichen »Go Live«. Zu jeder Phase werden dem Leser wertvolle Praxistipps und Erklärungen gegeben, deren konsequente Beachtung einen erfolgreichen Projektablauf ermöglicht. Auf verständliche Art werden typische Problemstellungen aus dem Projektalltag dargestellt und klare Lösungsstrategien aufgezeigt. In diesem Ratgeber vereint der Autor jahrelange Praxiserfahrungen aus Anwendersicht, Beratersicht und aus Sicht der Wirtschaftsprüfung.

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Uwe Knust

Leitfaden zur Einführung von ERP-Software

Antworten und Erfolgsstrategien

Allgemeingültige Tipps und Lösungen zur Einführung von ERP-Software in ihrem Unternehmen, unabhängig davon, ob es sich um Infor, Microsoft, Navision, Oracle oder SAP etc. handelt.

Copyright: © 2021 Uwe Knust

Lektorat: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Umschlag & Satz: Erik Kinting

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

978-3-347-36217-8 (Paperback)

978-3-347-36218-5 (Hardcover)

978-3-347-36219-2 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

1 Vorwort

2 Etwas Neues muss her

2.1 Die Beweggründe

2.2 Und was soll an diesem Vorgehen falsch sein?

2.3 … große Schatten voraus

2.4 … muss man das wirklich so kompliziert angehen?

2.5 … und was ist jetzt zu tun?

3 Softwareauswahlprozess

3.1 „Wünsch Dir was„ gemeinsam mit der Geschäftsführung

3.2 … wenn es mehr nicht ist

3.3 Gibt es etwas, das man besser machen kann?

3.4 … weiter mit der Softwareselektion

4 … lästige Vertragsarbeit

4.1 Beratervertrag: … damit sie gut beraten werden

4.2 Lizenzvertrag: … zum Töten? Nein, zum Nutzen

4.3 Supportvertrag: … damit ihnen geholfen wird!

4.4 … ich höre immer Werkvertrag

4.5 … und was ist ein Dienstleistungsvertrag?

5 Das Projekt

5.1 Jetzt geht es los!

5.2 Die Berater kommen

5.3 Die Projektphasen

5.3.1 Initialisierungsphase: Wir haben einen Plan von dem was wir tun, oder?

5.3.2 Stamm- und Steuerungsdatenphase: Eine gute Basis ist wichtig

5.3.3 Bewegungsdatenphase

5.3.4 Schnittstellenanalysephase … um Kontakt zu halten

5.3.5 Datenmigration: Die „Datenschaufel“

5.3.6 Anpassungsprogrammierungen: Die Kreativität der Unflexiblen

5.3.7 Eskalation: Jetzt knallt`s!

5.3.7.1 Das Eskalationsmeeting

5.3.7.2 Die Einigung

5.3.8 Berechtigungskonzept: Wie? Ich darf nicht mehr alles?

5.3.9 User-Schulungen: Man lernt nie aus

5.3.10 End to End-Testphase: Mal sehen, was geht

5.3.11 Produktivstartphase / Go Live: Go for gold!

6 Die Sicht der Wirtschaftsprüfer: „… wäre ja auch zu schön gewesen …“

7 Nachgedanken

1 Vorwort

Dieses kleine Büchlein richtet sich an alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die Großes vorhaben, nämlich die Einführung einer neuen ERP-Unternehmenssoftware (Enterprise-Ressource-Planning-System, im Folgenden kurz ERP-Software genannt). Was versteht man eigentlich unter einer ERP Software? Der Name suggeriert, dass es sich um ein Ressourcenplanungsprogramm handelt. Ich finde das irreführend, weil damit nur eine der vielen Eigenschaften einer solchen Software erwähnt wird. Tatsächlich unterstützt die ERP-Software ihre gesamten Geschäftsprozesse im Unternehmen. Sie enthält Module für den Einkauf, den Verkauf, die Finanzbuchhaltung, die Lagerwirtschaft, die Produktion und viele mehr. Diese Module arbeiten automatisiert zusammen und tauschen jede Menge Daten und Informationen miteinander aus, die dabei helfen, die Geschäftsprozesse ihres Unternehmens schnell, fehlerfrei und mit geringem manuellen Aufwand ablaufen zu lassen.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, die Geschäftsprozesse des Unternehmens komplett zu beschreiben und bei Bedarf zu optimieren. Erst danach ist es sinnvoll mit einem Implementierungsprojekt zu beginnen. ERP-Implementierungen sind grundsätzlich komplex, kostenintensiv und zeitaufwendig.

Ich vergleiche diese Implementierungen immer mit einer Operation an einem lebenden Organismus. Auf ein Unternehmen bezogen bedeutet dies, den Wechsel von einer alten Hard- und Softwarekonstellation, die bisher die Geschäftsprozesse unterstützt hat, auf eine komplett Neue und das Ganze während des laufenden Geschäftsbetriebs. Der Übergang von Alt auf Neu muss funktionieren. Zum Glück hat man, im Gegensatz zu einer medizinischen Operation, im Krisenfall noch weitere Versuche. Trotzdem gilt es, so ein Szenario mit allen Mitteln zu vermeiden. Nach Monaten intensiver Arbeit haben alle Beteiligten ein Anrecht auf das Erfolgsgefühl nach einem gelungenen Produktivstart, vor allem weil die Nerven erfahrungsgemäß über die Dauer des Projektes schon „ein wenig“ beansprucht wurden.

Dieses kleine Büchlein soll dabei helfen das Nervenkostüm aller Projektbeteiligten durch eine realistische Einschätzung der bevorstehenden Aufgabe und eine daraus abgeleitete passende Planung, effektiv zu schonen.

Die folgende fiktive Geschichte schildert die Situation der Futura Hanse GmbH die, inspiriert von Begrifflichkeiten wie Digitalisierung, Industrie 4.0, agilen Methoden und ähnlichem, zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine moderne ERP-Software eingeführt werden muss, um adäquat für die Zukunft gerüstet zu sein.

Ich schildere hier die häufigsten Fallgruben einer solchen komplexen Entscheidung und deren Umsetzung auf anschauliche Weise, unterlegt mit über 25 Jahren Erfahrung in diesem Bereich, aus Unternehmenssicht, Beratersicht und der Sicht der Wirtschaftsprüfung.

Mein Ziel ist es, ihnen Hinweise zu geben, die helfen, das bevorstehende Abenteuer in einem einschätzbaren Rahmen zu halten. Dabei ist zu beachten, dass gemeinsame erlebte Abenteuer alle Beteiligten zusammenschweißen, allerdings nur, wenn sie erfolgreich ausgehen. Deshalb und noch aus vielen anderen guten Gründen ist es lohnend, sich auf Abenteuer einzulassen. Die Einführung einer ERP-Software ist häufig ein Abenteuer, und das Gute ist, dass sie den Ausgang selber bestimmen können.

Alle Situationen, Handlungen und Personen sind natürlich von mir frei erfunden und können in der Realität zum Glück gar nicht vorkommen?!?

Ähnlichkeiten mit der Wirklichkeit wären also rein zufälliger Natur.

Ich wünsche ihnen bei der Lektüre viel Spaß und hoffe, dass ich Ihnen in dieser ernsthaften Welt das eine oder andere Schmunzeln entlocken kann, freue mich aber auch über ein nachdenkliches Stirnrunzeln.

2 Etwas Neues muss her …

2.1 Die Beweggründe

Die Futura Hanse GmbH ist ein gesundes mittelständisches Produktionsunternehmen, das bereits viele Jahre erfolgreich am Markt agiert. Die Geschäftsführung besteht aus Katrin Orga, die sich um alle internen Belange des Unternehmens kümmert und Harald Kaufmann, der für den Vertrieb zuständig ist.

In der letzten Zeit haben beide bemerkt, dass der Preiskampf in ihrem Zielmarkt zugenommen hat. Das gilt für die Einkaufseite ebenso wie für die Vertriebsseite.

Frau Orga und Herr Kaufmann haben die Futura Hanse GmbH vor zehn Jahren gemeinsam erworben und seitdem zu stetigem Wachstum geführt. In den letzten Jahren wurden im Rahmen der Expansion zwei weitere Unternehmen in Frankreich und England dazu gekauft. Seitdem ist allerdings nichts mehr wie früher.

Plötzlich scheinen alle Geschäftsabläufe langsamer und schwieriger zu werden. Die monatlichen Datenauswertungen, jetzt über drei Geschäftseinheiten, lassen sich quasi unmöglich zeitgerecht erstellen. Dies hat bereits zu kritischen Fragen seitens der Banken geführt. Überhaupt arbeiten die beiden Neuerwerbungen einfach genauso weiter wie vor dem Kauf. Rückfragen von Frau Orga werden nur schleppend und meistens lückenhaft beantwortet. Auch hierfür soll in der Zukunft eine Lösung gefunden werden. Es muss etwas unternommen werden, das steht für beide Geschäftsführer außer Frage.

Als verantwortungsbewusste Geschäftsführung besuchen die beiden, mehr oder weniger regelmäßig Unternehmertagungen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Bei diesen Gelegenheiten wurden ihnen Themen wie Industrie 4.0, Digitalisierung, Internet of things (Iot), Cloud as a chance usw. vorgestellt.

Was sie hörten schien ihnen, soweit sie es verstanden haben, plausibel. Alarmierend war aber, dass jeder Vortrag mit der gleichen beunruhigenden Aussage endete:

„Wer sich diesen Themen in der nahen Zukunft nicht widmet, wird sich nicht mehr lange am Markt behaupten können. Oder anders ausgedrückt: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“

Lauschen wir mal einem Gespräch, das die beiden im Anschluss an eine solche Tagung bei einem Glas Wein geführt haben.

„Ich glaube, wir müssen etwas tun“, sagt Frau Orga nachdenklich.

„Unbedingt, sonst sind wir über kurz oder lang weg vom Fenster“, stimmt ihr Herr Kaufmann zu.

„Ja, aber was? Hast du das alles verstanden?“

„Bestenfalls zum Teil, aber ich habe keine Ahnung was das alles im Detail und speziell für unser Unternehmen heißt.“

„Das kann ich auch nicht richtig beurteilen. Ich bin aber auch nicht so IT affin.“

„Das geht mir genauso, trotzdem müssen wir mit der Zeit gehen“, nickt Herr Kaufmann zustimmend.

„Wir sollten mal ein Gespräch mit unserem IT-Leiter führen.“, schlägt Frau Orga vor.

Dem Vorschlag folgend findet kurz darauf ein Meeting zwischen der Geschäftsführung und dem IT-Verantwortlichen, Herrn Speicher, statt.

Herr Speicher hat Informatik studiert und bereits viele Jahre Berufserfahrung als IT-Leiter. Er hat von den meisten der angesprochenen Themen mindestens eine grobe Vorstellung, allerdings eher hinsichtlich der technischen Umsetzung innerhalb der IT, als bezogen auf die betriebswirtschaftlichen Überlegungen. Trotzdem verlockt es ihn sehr, sich in diese Themen tiefer einzuarbeiten. Nach kurzer Analyse identifiziert er den ersten notwendigen Schritt in die Zukunft:

„Um überhaupt etwas in dieser Richtung in Angriff nehmen zu können, brauchen wir eine moderne ERP-Software“, erklärt er den Geschäftsführern.

„Die alte Systemlandschaft ist mit solchen Anforderungen definitiv überfordert. Immer wieder gibt es Probleme mit der Systemperformance und die User müssen warten ehe das System reagiert. Außerdem könnten wir die Anzahl an Schnittstellen reduzieren, weil viele Funktionen, die wir derzeit in separaten Systemen ausführen, in einem modernen ERP-System zusammengeführt sind. Dadurch können wir diese Softwareinseln auflösen und sparen auch noch Lizenzkosten. Moderne ERP-Systeme sind bereits auf die angesprochenen Zukunftsthemen ausgerichtet und bieten damit eine ideale Plattform für deren Umsetzung“, begründet er seine Aussage weiter.

Das leuchtet Frau Orga und Herrn Kaufmann ein und sie sind froh darüber, dass Herr Speicher den Ball so konstruktiv aufnimmt. Sie bitten ihn, sich um die Auswahl einer passenden ERP-Software zu kümmern.

Alle Beteiligten sind zufrieden. Die Geschäftsführer haben das Gefühl den richtigen Schritt in Richtung Zukunft des Unternehmens zu tun, und der IT-Leiter, fühlt sich durch seine neue Aufgabe aufgewertet und endlich einmal angemessen sichtbar.

So, oder so ähnlich entsteht in Unternehmen der Gedanke, dass eine neue ERP-Software implementiert werden muss. Natürlich gibt es noch viele andere Gründe für so eine Entscheidung, aber für unsere Zwecke sollen die vorliegenden erst einmal ausreichen.

2.2 Und was soll an diesem Vorgehen falsch sein?

Die Geschäftsführer informieren sich über neue Trends, die die Kunden, die Zulieferer und die Märkte gravierend beeinflussen, um die Zukunft des eigenen Unternehmens abzusichern. Sie erkennen, dass all diese Trends in engem Zusammenhang mit der IT stehen und geben deshalb ihrem IT-Leiter den Auftrag, sich darum zu kümmern. Das klingt alles logisch und richtig. Tatsächlich ist daran auch nichts falsch. Es reicht nur bei weitem nicht aus.

Zunächst ist es wichtig zu realisieren, dass die IT-Abteilung des Unternehmens nur die technische Plattform für die Geschäftsprozesse des Unternehmens bereitstellt. IT hat keinen Selbstzweck, vielmehr dienen alle Aktivitäten der IT dazu, den reibungslosen Ablauf der Geschäftsprozesse in den einzelnen Fachabteilungen (zum Beispiel Einkauf, Verkauf, Buchhaltung, Lagerwirtschaft, Produktion, etc.) zu gewährleisten. Sie erledigt übergeordnete Aufgaben, die keiner einzelnen Fachabteilung zugeordnet werden können. Dazu gehört der Betrieb und die Administration der IT-Infrastruktur und der Softwaresysteme, die zentrale Datensicherung, der Betrieb von Firewalls, die laufende Überwachung der Systembelastung und so weiter. Alle diese „hoheitlichen“ Aufgaben dienen den Fachabteilungen und generieren eine sichere und stabile Arbeitsumgebung. Auch die Verbesserung von Antwortzeiten, die Überwachung der internen Verarbeitungsgeschwindigkeit und das zur Verfügung stellen von ausreichender Speicherkapazität gehört zu den klassischen Aufgaben einer internen IT-Abteilung. Heutzutage werden diese Aufgaben durch den zunehmenden Einsatz von Cloud Computing größtenteils auf externe Dienstleister verlagert. Die interne IT-Abteilung übernimmt dabei die Aufgabe, die Einhaltung der mit dem Cloud-Dienstleister vereinbarten Leistungsparameter (Key-Performance-Indikator, KPI) sicherzustellen. Mittels definierter KPIs wird kontrolliert, ob der externe Dienstleister seine zugesagten Leistungen auch tatsächlich erbringt.

Diese Beschreibung soll deutlich machen, weshalb die Idee der Geschäftsführung, Herrn Speicher frühzeitig einzubinden grundsätzlich richtig ist. Bezogen auf die o.g. Themen aber absolut nicht ausreicht, weil nahezu alle Abteilungen und Mitarbeiter von den notwendigen Änderungen betroffen sein werden.

Genauso wenig wie das Thema der Euroumstellung nur die Buchhaltung betraf, sind Themen wie Digitalisierung, Industrie 4.0 usw. auch keine reinen IT-Themen. Diese Themen müssen interdisziplinär behandelt werden, um den für das Unternehmen optimalen Umsetzungspfad zu ermitteln. Dazu müssen Vertreter aller Fachabteilungen inclusive der Geschäftsführung zusammenkommen und besprechen, welche Unternehmensprozesse gut funktionieren, welche schlecht laufen und/oder Zeitfresser sind.

Um langfristig erfolgreich zu sein, benötigt ein Unternehmen eine strategische Unternehmensplanung über fünf oder mehr Jahre. Diese Planung wird auf Ebene der Geschäftsführung entwickelt und aus dieser Planung leiten sich auch Anforderungen an eine ERP-Software ab. Damit wir nicht zu abstrakt werden gebe ich ihnen ein Beispiel: Sie möchten in den nächsten 5 Jahren um 35 % wachsen. Außerdem möchten sie in diesem Zeitrahmen den englischen und französischen Markt erschließen. Das sind zwei große Ziele.

Was hat das nun mit der ERP-Software zu tun?

Gehen wir in diesem Beispiel davon aus, dass sie derzeit nur ein Unternehmen in Deutschland betreiben. Die Umsatzausweitung um 35 % könnte durch Intensivierung ihrer Kundenbetreuung erfolgen. Dabei könnte ihnen ein CRM-Modul helfen. CRM steht für Customer Relation Management (Kundenbeziehungsmanagement) und unterstützt ihre Bestandskundenpflege und ihr Neukundengeschäft.

Es hilft ihnen dabei Kundenbeziehungen systematisch aufzubauen und langfristig zu erhalten.

Fazit, es wäre sinnvoll, wenn ihre zukünftige ERP-Software ein CRM Modul beinhalten würde.

Der Ausbau ihrer Geschäfte in England und Frankreich kann durch Unternehmensneugründungen oder strategische Unternehmenskäufe erfolgen.

Fazit: Es wäre sinnvoll, wenn ihre ERP-Software verschiedene rechtliche Einheiten (Unternehmen) in unterschiedlichen Ländern abbilden könnte. Klug wäre es auch, wenn diese rechtlichen Einheiten auf gemeinsame Kunden-, Lieferanten und Artikeldaten zurückgreifen könnten, die dann zentral gepflegt werden können.

Ergänzend eröffnet sich die Fragestellung, ob ihr deutsches Unternehmen als Muttergesellschaft fungieren soll, oder ob die deutsche Gesellschaft gleichberechtigt mit den Auslandsgesellschaften unter einer Holding geführt werden soll.

Solche Aspekte und noch viele weitere, die sich aus der Unternehmensstrategie ableiten, sollten bei der Auswahl einer zukünftigen ERP-Software eine Rolle spielen. Diesen Input bekommen sie aber nicht aus ihren Fachabteilungen, diesen Input müssen sie als Geschäftsführung selber liefern.

Alle gemeinsam zusammengetragenen Aspekte lassen ein Gesamtbild entstehen, aus dem die Anforderungen an eine neue ERP-Software abgeleitet werden muss, um nicht Millionenbeträge fehl zu investieren.

Unsere Futura Hanse GmbH hat diesen Weg so leider nicht beschritten.

Mal sehen, was als nächstes passiert.

2.3 … große Schatten voraus

Als der IT-Leiter, Herr Speicher, den Besprechungsraum verlässt, fühlt er sich einerseits beschwingt, ist aber andererseits auch skeptisch. Beschwingt, weil die Geschäftsführung ihm eine derart wichtige Aufgabe übertragen hat und skeptisch, weil er noch gar nicht einschätzen kann, was da auf ihn zukommt.

Ob er vielleicht schon ahnt, dass er diese Nuss nicht alleine knacken kann?

Zum Glück hat er ja aufgeweckte Mitarbeiter, die ihm zur Seite stehen können.

In seinem Büro angekommen bittet er seinen besten Mitarbeiter Tom Draht zum Gespräch.

„Moin Tom, ich komme gerade von der Geschäftsführung und die wollen, dass wir uns um die Themen Digitalisierung, Industrie 4.0 usw. kümmern. Was meinst Du dazu?“

Tom ist noch jung und allem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Deshalb freut er sich auf die Herausforderung.

„Das klingt klasse. Und was machen wir jetzt?“

„Mit unserem derzeitigen Softwarezoo können wir diese Themen nicht bewegen. Deshalb habe ich vorgeschlagen, als erstes eine neue ERP-Software einzuführen, die dann das Rückgrat für diese neuen Themen bilden soll.“

Tom freut sich, weil er dadurch sein Know-how erweitern kann und gleichzeitig in einem Unternehmen arbeitet, dass auf dem neuesten Stand bleiben will. Das gibt ihm das Gefühl, einen attraktiven Arbeitgeber gewählt zu haben.

„Und an welche Software hast du gedacht?“

„Gute Frage. Sie muss sich für den Mittelstand eignen und technisch modern sein. Ich recherchiere mal ein bisschen im Internet.

Tom, du hilfst ja den Fachabteilungen immer, wenn die irgendwo Probleme haben. Schreib doch mal auf, was die so brauchen.“

„Ok, das mache ich in Excel. Ich habe da schon eine Idee“, erklärt Tom motiviert und geht an die Arbeit.

Dadurch, dass die IT-Abteilung die Fachabteilungen unterstützt, haben die IT-Mitarbeiter zum Teil recht umfassende Kenntnisse über die Geschäftsabläufe in den einzelnen Fachabteilungen. Trotzdem reichen diese Kenntnisse in der Regel nicht aus, um einen Kriterienkatalog für eine Softwareauswahl aufzubauen. Wenn Tom Draht auf Basis seiner Kenntnisse, die Geschäftsabläufe in den einzelnen Fachabteilungen beschreibt, ist das vergleichbar mit einem Einsiedler, der im Wald lebt und aus seiner Sicht eine Großstadt beschreibt. Das Ergebnis ist sicherlich interessant, hat aber mit der Realität nur wenig gemeinsam. Außerdem kennt Tom die Veränderungen und Besonderheiten der einzelnen Fachabteilungen nicht ausreichend.

Eine gute Idee ist es aber, dass Tom ein Template entwickelt, in das jede Fachabteilung ihre Geschäftsabläufe eintragen kann. Damit wird eine einheitliche Qualität der Beschreibung sichergestellt, so dass am Ende leicht zu erkennen ist, wie sich die Abläufe je nach dem Wertefluss im Unternehmen aneinanderreihen.

2.4 … muss man das wirklich so kompliziert angehen?

Na ja, sehen wir uns doch einmal einen vermeintlich einfachen Geschäftsprozess an.

Als Beispiel nehmen wir einen Materialbeschaffungsprozess. Dieser scheinbar einfache Einkaufsprozess ist bereits ein Wechselspiel zwischen vier Abteilungen und muss gut abgestimmt laufen, weil die Produktion ansonsten mangels Rohstoffes auf einmal stillsteht und das Unternehmen nicht mehr lieferfähig ist.

Hätten sie ad hoc vermutet, dass in den Ablauf dieses Prozesses am Ende mindestens vier Abteilungen involviert sind? Es handelt sich um die Abteilungen Produktion, Einkauf, Lagerlogistik und Finanzbuchhaltung.

Wir werden dieses Beispiel später noch im Detail betrachten.

Normalerweise wird dieser Prozess in ihrem ERP-Software von der Bedarfsmeldung bis zur abschließenden Bezahlung unter Berücksichtigung von Rabatten und Skonti vollständig automatisiert ablaufen. Zuvor ist es allerdings erforderlich jeden einzelnen Schritt des Ablaufes inklusive der notwendigen Buchungen zu definieren. In vielen Unternehmen nehmen die einzelnen Abteilungen nur den Teil eines Geschäftsprozesses wahr, der in ihrer Abteilung abläuft. Dabei handelt es sich in der Regel nur um einen Teilprozess eines komplexeren Gesamtprozesses.

Diese Sichtweise reicht für die Einführung einer modernen ERP-Software nicht mehr aus.