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Istanbul. Megacity. Geboren auf zwei Kontinenten, Brücke zwischen den Kulturen des Westens und des Ostens. Eine Stadt unter Starkstrom, eine Stadt im Rausch, ein Stadt auf Schlafentzug. An kaum einem anderen Ort lassen sich Gegensätze besser beobachten: zwischen Reich und Arm, zwischen Stadt und Land, zwischen Laizismus und Islamismus, zwischen Stille und Lärm, zwischen Gestern und Heute. Joscha Remus macht sich auf die Suche nach versunkenen Palästen und versteckten Basaren. Er ergründet, wie der über die Hügel geworfene Häuserteppich sich erdbebensicher macht, entdeckt ein verborgenes Storchenhospital, macht sich mit den Winden der Stadt vertraut und besucht Musa, den Sammler alter osmanischer Rezepte. Geschichtenerzähler und Kaffeesatzleserinnen bedichten und besingen die Stadt. Die Reichen und Schönen Istanbuls zeigen, wie man eine Million Euro in einer halben Stunde farbenprächtig in die Luft jagen kann und drei Nächte ohne Schlaf übersteht. Mutige türkische Künstler wie die Schriftstellerin Elif Shafak stellen alles in Frage, reisen zu Bonbonpalästen und loten die spirituelle Welt der Sufis aus.
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Seitenzahl: 119
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Copyright © 2011 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien Alle Rechte vorbehalten Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien Umschlagabbildung: © José Fuste Raga/www.buenosdias.at Datenkonvertierung E-Book: Nakadake, Wien ISBN 978-3-7117-5032-7 Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt
Informationen über das aktuelle Programm des Picus Verlags und Veranstaltungen unterwww.picus.at
Begonnen hat die außergewöhnliche Karriere der Weltstadt, von der hier die Rede ist, um 660 vor Christus als kleine griechische Kolonie auf einer Halbinsel zwischen dem Goldenen Horn und dem Marmarameer. Wer heute das Gebiet des Topkapı-Palasts durchwandert, durchschreitet genau die Dimensionen dieser historischen Keimzelle namens Byzantion.
In Zeiten, in denen geblähte weiße Rahsegel venezianischer Schiffe das Goldene Horn umfuhren und der Sultanspalast, der Serail, ein riesiges Labyrinth mit elftausend Dienern, Dienerinnen, Sklaven und Sklavinnen beherbergte – in Zeiten, in denen Schildkröten mit Kerzen auf dem Rücken die Tulpenbeete des Sultans durchschritten, in denen Taubstumme mit geschickten Handzeichen das Erscheinen ihrer gestrengen Herrscher ankündigten, die tagsüber unter Wedeln aus bunten Seidentüchern in der Nähe eines künstlichen Sees logierten, aber nachts auf geheimen Streifzügen selbst zur Waffe griffen, um Rauchende oder Trinkende zu erschlagen, und deren heiliger Zorn selbst vor hohen Würdenträgern nicht Halt machte –, in solchen Zeiten wurde die Stadt von arabischen Händlern [10]mit ihrem wohl schönsten Namen bedacht: der-i-saadet – Tor der Glückseligkeit.
In Zeiten, in denen alle Häuser der Stadt mit großen Körben und Koffern ausgestattet waren, in die man seine Habseligkeiten schnell hineinwerfen und von bezahlten Vasallen fortschaffen lassen konnte, wenn plötzlich ein Feuer oder Erdbeben ausbrach, wurde sie auch Constantinopel genannt.
Der Namenspatron Konstantin der Große war von dieser Stadt dermaßen entzückt, dass er sie zur Hauptstadt des gesamten Römischen Reiches machte und ihr 330 nach Christus den Namen »Roma Nova« gab, ein Namensgewand, das die Schöne nur sieben Jahre lang, bis zu seinem Tode, trug.
Arabische Händler nannten sie zwischenzeitlich Schehir-i azima, großartige Stadt, und nach der ottomanischen Eroberung 1453 hieß sie zeitweise Islambol.
Zu Zeiten, in denen Wikinger ihre Boote an den Stromschnellen des Dnjepr vorbei über Land zogen, um so neben Geschmeide, Gewürzen und Glas auch Frauen und Mädchen feindlicher Stämme auf den Basaren anzubieten, in diesen wilden Zeiten hieß die Stadt rund ums Goldene Horn auch Miklagard.
Und als die Überfahrt nach Kadiköy noch zwei Kurusch kostete und der Gesang der Matrosen und die Tangomusik in den Bordellen am Hafen bis hinauf zum Galataturm zu hören war, auch in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch, war es üblich, sowohl Stamboul als auch Constantinopel [11]auf die parfümierten Briefe zu schreiben, die die Stadt erreichen sollten.
Gustave Flaubert, der das großartige Konstantinopel 1850 besuchte, war der Meinung, die Metropole würde in hundert Jahren zur Hauptstadt der Welt geworden sein.
Doch obwohl sie bereits im Mittelalter die einzige Weltstadt Europas war und seit Jahrhunderten zu den prächtigsten, mächtigsten und schönsten Städten Eurasiens zählte, gab es lange Zeit einfach keinen eindeutigen Namen für diese Zauberkulisse am Bosporus, die ihren heutigen Namen bereits seit dem zehnten Jahrhundert kannte, aber erst am 28. März 1930 offiziell verliehen bekam: Istanbul.
Istanbul, aus der Griechischen Sprache geboren, in der »eis ten polin« einfach nur »die Stadt« bedeutet, die Stadt schlechthin. Und was für eine Stadt! Tausendsechshundert Jahre war Istanbul Hauptstadt dreier Imperien. Immer war sie ein Schmelztiegel zwischen Orient und Okzident. Weltweit die einzige Stadt auf zwei Kontinenten. Erbin Roms und der Kalifen. Beherrscherin des Erdkreises, eine Stadt, die unaufhörlich über den Horizont und ihre Ränder hinauswuchs. Von der ihre Einwohner behaupteten, sie hätte eigentlich kein richtiges Ende und keinen Anfang. Eine ausufernde Stadt, ein Moloch, der jährlich um eine halbe Million Menschen wächst. Westliche Länder brauchten noch eine ganze Weile, um Istanbul, diesen Namen aus den Zeiten Atatürks, zu akzeptieren, erschien doch auf den meisten westlichen Karten [12]bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein weiterhin der Name Constantinopel.
Und wer nun glaubt, die Namensgebung der neuzeitlichen Megastadt am Bosporus mit ihren, rechnet man die täglich verzehrten Brotmengen um, wahrscheinlich mehr als zwanzig Millionen Einwohnern, sei nun endgültig weltweit geregelt, der irrt.
Zwei Nachbarn, ein südwestlicher und ein östlicher, verweigern sich beharrlich dieser globalen Namensgebung. Denn die Griechen und die Armenier nennen Istanbul auch heute noch bei einem seiner älteren Namen: Konstantinopel.
Wenn man Reiseschriftsteller und Reisejournalisten nach der windigsten Stadt des Planeten befragt, nennen sie gerne Chicago, Kapstadt oder Wellington. Windhuk ist nie auf dieser Liste, auch wenn die Nennung dieser windigen Ecke der Welt ja eigentlich naheläge, und auch Istanbul fehlt erstaunlicherweise in den meisten Aufzählungen, obwohl alle, die schon einmal hier gewesen sind, es eigentlich besser wissen müssten.
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