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Mit Liebe 3.0 bezeichnet Michael Mary seinen einzigartigen Ansatz, die heutige Paarliebe zu begreifen. Danach kommen in modernen Paarbeziehungen gleichzeitig drei unterschiedliche, historisch gewachsene Liebesformen vor: die partnerschaftliche, die freundschaftliche und die leidenschaftliche Liebe. Diesen Liebesformen liegen je eigene Bindungsmotive zugrunde, die je verschiedenes Verhalten erfordern. Anhand ihrer Differenzierung lässt sich sinnvoll über Liebe bzw. Paarliebe sprechen und Paare können klar erkennen, worauf ihre Liebe beruht und wie sie mit ihrer Beziehung und miteinander gut umgehen können. Im vorliegenden Buch wendet Michael Mary seinen Ansatz auf das Thema Geld in Paarbeziehungen an. Entsprechend der drei Liebesformen identifiziert er dabei drei Geldarten: Partnergeld, Freundesgeld und Liebesgeld. Werden diese Geldarten in Liebesbeziehungen vermischt, entstehen die typischen und verbreiteten Geld-Konflikte, unter denen viele Partnerschaften leiden. Aufgrund der durch viele praktische Beispiele untermauerten Unterscheidung der Geldarten können Paare selbst herausfinden (und auf Ratschläge vollständig verzichten), wie sie Geld so handhaben, dass ihre Beziehung durch einen adäquaten Umgang mit dem Thema gestärkt wird.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Inhalt
Einleitung
Das Wichtigste zum Thema Geld
Geld als Versprechen
Geld als Mittel
Geld als Symbol
Das wichtigste zum Thema Liebe
Heutige Zeiten
Drei Liebesbereiche
Die Logiken der Paarliebe
Sinn und Unsinn in der Paarliebe
Die Allianz von Geld und Liebe
Beziehungsgeld – wenn die Liebe über das Geld regiert
Partnergeld
Tauschgeld – Geld in persönlichen Partnerschaften
Freundesgeld
Liebesgeld
Dreierlei Geld
Wenn das Geld über die Beziehung bestimmt
Die Ambivalenz des Geldes in der Paarliebe
Die individuelle Symbolik des Geldes
Unterschiedliche individuelle Bedeutungen von Geld
Die Logik eines Liebesbereiches dehnen
Über Beziehungsgeld lässt sich sprechen
Wenn fürs Geld die Worte fehlen
Chancen und Risiken der Thematisierung von Geld
Eine Beziehung vom Ende her denken
Die Realität: unvermeidbare Geldkomplikationen
Unvorhergesehene Geldkonflikte
Drei Stufen auf dem Weg zum Geldkonflikt
Macht, Geld und Liebe
Wie andere es machen
Ungelöste Geldprobleme
Gelöste Geldprobleme
Nachwort
Interview mit der Hamburger Fachanwältin für Familienrecht Wiebke Chemnitz
Sie halten hier die 2023 überarbeitete Version dieses Buches in den Händen. Worum geht es darin? Um die Verbindung, die Liebe und Geld miteinander eingehen. Und darum wie ein Paar mit dem Thema Geld umgehen kann.
Geld ist das letzte große Tabu der Liebe. Während die meisten Paare mittlerweile sogar über sexuelle Wünsche offen sprechen, machen sie um das Geld einen großen Bogen.
Die Scheu, das Thema anzufassen, ist nachvollziehbar. Kein Paar möchte seine Liebe durch etwas so Profanes wie »Geld« beschädigen. Liebe ist zutiefst persönlich und hoch emotional, Geld hingegen ist unpersönlich und kalt. Und obwohl Geld und Liebe kaum gegensätzlicher sein könnten, gehen sie in der Paarliebe eine untrennbare Allianz ein.
Aufgrund seiner Tabuisierung gerät das Geld, so berichten Forscher und Psychologen, auf Dauer zum Konfliktpunkt Nummer eins in Paarbeziehungen. Nötig erscheint, das Tabu um Geld in der Paarbeziehung aufzulösen. Dazu lässt sich auf dem Buchmarkt wenig Aufschlussreiches finden. Von Ökonomen kann man zwar viel über das Geld und von Soziologen / Psychologen viel über die Liebe erfahren, aber Erhellendes zur Allianz von Liebe und Geld sucht man vergebens.
Das habe ich mir zum Ziel gesetzt. Um die Zusammenhänge von Liebe und Geld zu verstehen, ist es nötig, anfangs die Begriffe Geld und Liebe zu klären. Dabei werden die LeserInnen etliches zur Bedeutung von Geld und zur geschichtlichen Entwicklung der Liebe erfahren. Anschließend wende ich mich der Allianz von Geld und Liebe zu und beschreibe:
die drei Dimensionen der Paarliebe,
die drei Arten von Beziehungsgeld,
die unterschiedlichen Temperaturen von Geld in Paarbeziehungen,
den richtigen beziehungsweise falschen Umgang mit Geld in der Liebe und
die Ambivalenz, die Geld in Paarbeziehungen entfaltet.
die individuelle Bedeutung, die jeder Partner dem Geld verleiht,
das sinnvolle Sprechen über Geld,
unvermeidbare Komplikationen und Geldkonflikte,
das Verhältnis von Geld und Macht,
und schildere, wie andere Paare mit dem Thema umgehen.
Zum besseren Verständnis illustriere ich die Darstellung mit vielen Fallbeispielen.
Ich kann Ihnen versprechen, dass Sie nach der Lektüre dieses Buchs einen anderen Blick auf den Zusammenhang von Geld und Liebe haben werden als vorher. Diese Zuversicht gewinne ich aus den Rückmeldungen der 30 anonymen TestleserInnen, die das Buch vor Erscheinen auf »Herz und Nieren« geprüft haben.
In einem Buch, das von Liebe und Geld handelt, muss ich diese Phänomene definieren und beschreiben. Ich fange mit dem Geld an.
Worüber reden wir, wenn wir von Geld sprechen? Das kann nicht in einem Satz beschrieben werden, denn Geld ist ein komplexes soziales Phänomen, das mehrere Dimensionen aufweist. Für unsere Zwecke lässt sich sagen, dass es drei wesentliche Funktionen hat:
Geld ist ein Versprechen, ein Mittel und ein Symbol.
Die Wirkungsweise und die Aufgabe von Geld scheinen vielen Menschen undurchsichtig, doch es ist gar nicht so kompliziert, seine Funktion zu verstehen.
Wer Geld hat, kann eine Menge damit anfangen. Mit Geld kann man Menschen dazu bringen, einem etwas zu geben oder etwas für einen zu tun. Voraussetzung dafür ist, dass man selbst über Geld verfügt und dass andere gleichzeitig Geld benötigen, während die anderen über jene Dinge oder Dienste verfügen, derer man selbst bedarf.
Der Tausch von Dingen und Diensten gehört zu den grundlegenden menschlichen Handlungen, mit denen Gesellschaften zusammengehalten werden. Es ist zwar auch auf andere Weise möglich, Menschen zum Geben oder Tun zu veranlassen – etwa mittels angedrohter oder ausgeübter Gewalt oder aufgrund sozialer Verpflichtungen, wie sie sich aus Verwandtschaftsverhältnissen ergeben. Allerdings kann man nur Schwächere oder nur Nahestehende auf derart unmittelbare Weise zum Geben oder Tun veranlassen, also jeweils nur sehr wenige Menschen.
Fremde Menschen – und daraus besteht aus Sicht des Einzelnen fast die gesamte Menschheit – kann man nur auf indirekte Weise zum Geben oder Tun motivieren: indem man ihnen etwas verspricht.
Geld ist solch ein Versprechen. Seine Wirkung beruht auf dem Versprechen, dass man für Geld etwas anderes als Geld eintauschen kann, nämlich ein Ding oder eine Tat, also in der Wirtschaftssprache: eine Ware oder eine Dienstleistung.
Damit das Versprechen des Geldes verlässlich funktioniert, müssen sich alle Menschen, die an der Wirtschaft teilnehmen, in der das Geld gilt, verpflichtet fühlen, die Versprechen und Ansprüche einzulösen. Insofern ist Geld ein Recht. Ein Recht zum Bezug von Waren oder Diensten oder zum Begleichen von Steuern oder Schulden.
Geld funktioniert aber nur, solange die Menschen beabsichtigen, sich an diesbezügliche Verabredungen und Bestimmungen zu halten, und solange sie ihren Absichten gegenseitig vertrauen. In dieser gegenseitigen sozialen Verpflichtung und ihrer Beständigkeit besteht der einzig verlässliche Wert des Geldes, und keineswegs in einem scheinbar vorhandenen materiellen oder sogenannten »realen« Wert.
Der Wert des Geldes besteht im Vertrauen ins Geld.
Diese ernüchternde Tatsache – ernüchternd für diejenigen, die glauben, Geld trage einen Wert in sich – beweist sich, sobald Menschen sich nicht mehr an Geldversprechen gebunden fühlen. Wenn das Vertrauen weg ist, verliert das Geld jeden Wert. Wer beispielsweise auf dem Dachboden oder im Keller einen Koffer voll Geld findet, das nicht der gegenwärtig anerkannten Währung entspricht, besitzt wertloses Papier. Eine Million Reichsmark, ob in Münzen oder Scheinen, hat lediglich Gebrauchswert – also den Metallwert von Münzen und den Heizwert von Scheinen. Auch im Kriegsfall hören Menschen oft auf, dem Geld zu vertrauen, weil die damit verbundenen Versprechen unglaubwürdig werden. Was fängt man mit einem Haufen Geld an, wenn man dafür nicht, wie zuvor versprochen und möglich, zu essen kaufen kann oder wenn es dafür keine Medikamente gibt? Nichts!
Im und nach dem Zweiten Weltkrieg haben Bauern, so geht die Sage, ihre Kuhställe mit Teppichen ausgelegt und ihre Truhen mit Schmuck und Gold gefüllt. Auch wenn solche Schilderungen übertrieben sein mögen, erzählen sie davon, wie Geld seinen Wert verliert, wenn sich bisher damit verbundene Erwartungen als unerfüllbar erweisen. Selbst Gold hat keinen Wert an sich, aber mit ihm war bisher stets mehr Glaubwürdigkeit verbunden als mit Geld. Die Bauern gaben Brot für Gold, weil sie sich vom Gold einen zukünftigen Wert versprachen. Von Geld versprachen sie sich – zu Recht – zukünftig gar nichts.
Andere Fälle, in denen Geld seinen Wert verliert, sind beispielsweise Inflationen, Währungsreformen oder Staatspleiten. Als Argentinien 2001 den Staatsbankrott erklärte und damit das Versprechen widerrief, seine Staatsschulden vollständig und pünktlich zu begleichen, verloren viele Investoren eine Menge Geld – der Anspruch, die gegebenen Darlehen zurückzubekommen, stand nur noch auf dem Papier, war also nichts mehr wert.
Solange das allgemeine Vertrauen in die Währung stabil ist, kann man mit Geld nicht nur Dinge oder Dienste unmittelbar erwerben, sondern auch Ansprüche darauf aufbewahren und ansammeln. Wer Geld hortet, hat Vertrauen in das Versprechen und spekuliert darauf, dass er auch in Zukunft etwas anderes dafür bekommt als Geld.
Hieraus ergibt sich eine erste Definition von Geld: Geld ist ein soziales Instrument, mit dem sich Ansprüche auf Dinge/Dienste erheben, ansammeln und aufbewahren lassen.
Mit Geld vermag man eine Menge zu tun, insofern stellt es eine Form von Vermögen dar. Vermögen nimmt verschiedene Formen an. Bargeld in Form von Münzen oder Scheinen ist eine davon, weitere materielle Vermögensformen sind Immobilien, Aktien, Kredite, Schuldverschreibungen, Bankguthaben oder Wertgegenstände wie Schmuck oder Kunstwerke – also alles, was man zu Geld machen kann. Für dieses Buch fasse ich alle geldwerten Vermögensformen unter dem Begriff Geld zusammen.
Natürlich ist Geld auch in Paarbeziehungen mit bestimmten Versprechen verknüpft ; darauf gehe ich weiter unten im Buch ein.
Geld, Gold, Aktien, Buchgeld, Schuldverschreibungen – all diese unterschiedlichen Geldformen haben keinen Wert an sich. Sie erhalten ihren Wert unter einer weiteren Voraussetzung : Es müssen wirtschaftliche Überschüsse vorhanden sein, Überschüsse an Waren oder Kapazität für Dienste. Diese Überschüsse werden durch eine spezifische Handlung verteilt: durch den Kauf beziehungsweise Verkauf von Dingen oder Diensten gegen Geld.
Geld ist insofern auch ein soziales Instrument, um wirtschaftliche Überschüsse zu verwalten und zu verteilen – es fungiert dabei als Medium oder Vermittler. Weil es beispielsweise sehr umständlich wäre, den Dienst »Haareschneiden« mit der Ware »Kartoffeln« zu vergleichen, braucht es das Geld, um zwischen den unzähligen überschüssigen Waren und Dienstleistungen zu vermitteln. Allerdings braucht man dieses neutrale Medium nur in großen Gesellschaften, in denen unpersönliche Beziehungen vorherrschen. In kleinen, von persönlichen Beziehungen geprägten, wird Geld als Mittler zwischen Waren und Diensten nicht gebraucht, wie ich noch ausführlicher zeigen werde.
In seiner Vermittlerfunktion zeigt sich eine soziale Eigenschaft des Geldes, die für unser Thema von großer Bedeutung sein wird:
Geld ist grundsätzlich unpersönlich!
Es interessiert sich weder für die von Menschen produzierten Dinge und Dienste noch für die Menschen selbst; es vermittelt lediglich. Sein unpersönlicher Charakter lässt sich am Unterschied zu den lange verbreiteten Schuldscheinen aufzeigen. Ein Schuldschein oder »Wechsel« ist ein einfaches Schriftstück, auf dem ein Kreditnehmer erklärt, dem Kreditgeber (Gläubiger) eine bestimmte Summe Goldes oder Silber (später: Geld) zu schulden.
Schuldscheine wurden etliche Jahrhunderte, bevor Münz- oder Papiergeld aufkam, zum Kauf eingesetzt. Sie funktionierten allerdings nur in der nahen Umgebung des Schuldners, weil sie persönliche Versprechen darstellten. Sie waren nur so lange von Wert, wie ihr Aussteller persönliches Vertrauen genoss – solange man annahm, er habe genügend Vermögen, um seine Schulden zu begleichen. Ein »ehrbarer Kaufmann« war in der Hanse jemand, der im Ruf stand, seine Schuldscheine einzulösen. Im großen sozialen Maßstab, quer durch gesellschaftliche Schichten und über weite räumliche Distanzen hinweg, waren Schuldscheine allerdings nicht praktikabel, weil man den Schuldner nicht kannte und somit seinem Versprechen nicht vertrauen konnte. Deshalb wurden sie schließlich vom Geld abgelöst, das den Vorteil hat, nicht an eine bestimmte Person gebunden zu sein; es ist ein allgemeines Recht.
Damit Geld unpersönlich und allgemeines Recht werden konnte, musste sein Versprechen von Privatpersonen auf den Staat übertragen werden. Der Staat steht über den Einzelnen. Nur er vermag aufgrund seiner Rechtsgewalt für Geld zu garantieren. Diese Garantie setzt er mittels seines Gewaltmonopols durch. Nur der Staat ist berechtigt, Münzen zu prägen oder Papiergeld zu drucken, und nur er sorgt dafür, dass säumige Schuldner zur Rechenschaft gezogen werden. Dass der Staat sein Geldschöpfungsmonopol heute zum größten Teil verloren hat und dieses Privileg inzwischen – von den meisten Menschen unbemerkt – privatisiert und an Banken abgegeben wurde, steht auf einem anderen Blatt.1 Unabhängig davon ist Geld ein gänzlich unpersönliches Mittel des Waren- und Dienstleistungshandels. Geld lässt sich nun folgendermaßen definieren:
Geld ist ein unpersönliches Mittel, um Überschüsse an Dingen oder Diensten anhand staatlich garantierter Versprechungen zu verwalten.
Der unpersönliche Charakter des Geldes spielt auch für Paarbeziehungen eine wichtige Rolle, wie sich später zeigen wird.
1 2 Der Autor Christoph Pfluger ergänzt hierzu: »Natürlich ist Geld auch ein Symbol, ein Versprechen etc. Aber seinem Wesen nach ist es ein Anrecht auf Gegenleistung, das aber in unserem System nicht für alle Geldbesitzer im gleichen Ausmaß erfüllt werden kann. Der Grund liegt in der Geldschöpfung. Das meiste Geld, rund 90 Prozent, schöpfen die privaten Banken, indem sie Kredite verleihen. Dazu schreiben sie dem Kreditnehmer einen Betrag ins Konto, den es vorher nicht gegeben hat. Damit entsteht ein Guthaben, das gleich bleibt (und in die Geld/Waren-Zirkulation geht), und eine Forderung, die mit der Zeit wächst. Diese Asymmetrie ist der ungelöste Grundkonflikt unseres Geldsystems. Alles Geld besteht aus Schulden, aber es gibt immer mehr Schulden als Geld. Weil es immer zu wenig Geld gibt, muss immer mehr Luftgeld (Giralgeld) geschaffen werden – mit verheerenden Folgen: Wachstumszwang, Blasenbildung, Umverteilung von Arbeitenden zu Vermögenden, steigender Konkurrenzdruck, Benachteiligung der Realwirtschaft, Verlagerung in Billiglohnländer, Ausbeutung der Umwelt und der Schwachen – man mag es nicht mehr hören.«
Siehe hierzu auch: http:/ /www.christoph-pfluger.ch/2015/09/09/diezehn-fallgruben-unseres-geldsystems
Die Geldschöpfung geschieht heute zu 85 Prozent abseits der staatlichen Kontrolle, durch das Giralgeld der Banken. Siehe hierzu ausführlicher den Vortrag von Prof. Dr. Josef Huber unter: https://www.youtube.com/watch ?v=-rSHH47jEpA&feature=youtu.be und:https://www.youtube.com / watch ?v=nHMq_PFkrho
Damit Geld als Vermittler zwischen Dingen / Diensten fungieren kann, die nichts miteinander zu tun haben, sowie zwischen Menschen, die persönlich ebenfalls nichts miteinander zu schaffen haben, muss es den jeweiligen Wert von Dingen/Diensten symbolisieren. Geld ist insofern auch ein Symbol. Das meint, dass Geld für etwas anderes steht als für sich selbst. Es symbolisiert den Wert von Dingen oder Diensten anhand von Zahlen. Indem einer Ware oder einem Dienst eine Zahl zugewiesen wird, die deren Wert symbolisiert – beispielsweise: 100 Euro –, wird die Ware/der Dienst für alle Teilnehmer am Warenverkehr vergleichbar.
Geld war immer schon ein Symbol für etwas anderes – aber was genau es symbolisiert, hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Ursprünglich diente Geld der Buße. In diesen längst vergangenen Zeiten hatte es die Form von Muscheln, Hölzern, Metall oder anderen Dingen. Dieses Geld symbolisierte die Schuld des Menschen gegenüber den Göttern. Indem man es opferte, beglich man diese Schuld.1 Diese spirituelle Dimension hat das Geld mittlerweile vollständig verloren. Heute symbolisiert Geld in erster Linie Werte anhand von Zahlen.
Damit ist seine Symbolkraft aber nicht erschöpft. Geld ist auch ein soziales Symbol. Durch Geld kommt man nicht nur an Dinge und Dienstleistungen, es steht nicht nur für Kaufkraft, es symbolisiert beispielsweise auch Macht, Leistung, Achtung, Sicherheit, Status, Einfluss und anderes mehr. Geld kann soziale Bedeutungen einnehmen, die sich je nach den Umständen als wertvoll und geldwert erweisen.
Die soziale Symbolik des Geldes wirkt, wie ich später zeigen werde, auch in Paarbeziehungen hinein.
Neben sozialen Bedeutungen nimmt Geld auch individuelle Bedeutungen an, das heißt, es wird zu einem individuellen Symbol für etwas anderes als Geld. Jeder Einzelne bewertet Geld aufgrund seiner Lebenserfahrungen und seiner dadurch erworbenen Einstellungen unterschiedlich. Einer findet es faszinierend und erstrebenswert, weil er vielleicht in armen Verhältnissen aufgewachsen ist ; er verbindet damit Glück, Sicherheit, Unabhängigkeit oder sonst etwas Erstrebenswertes. Ein anderer mag zwar mit viel Geld, aber mit wenig menschlicher Zuwendung aufgewachsen sein ; für ihn bedeutet Geld unter anderem Unfreiheit oder Einsamkeit. Ein anderer hat erfahren, wie Geld Familien spaltet – für ihn sind damit Streit und Unglück verbunden. Nicht wenige verachten das Geld aus politischen Gründen: weil eine Person nur viel davon haben kann, indem sie anderen Personen Dinge oder Dienste abverlangt, ihnen beispielsweise eine hohe Miete abknöpft oder ihre Arbeitskraft ausbeutet.
Wodurch auch immer die individuelle Symbolkraft des Geldes bestimmt ist, ob durch Sehnsucht danach, Abscheu davor oder durch ein ambivalentes Verhältnis: Geld ist nie einfach nur Geld, sondern auch durch individuelle, oft stark emotionale Bedeutungen aufgeladen. Zusammengefasst lässt sich Geld nun folgendermaßen definieren:
Geld ist ein unpersönliches Mittel, um wirtschaftliche Überschüsse an Dingen/Diensten mithilfe staatlich gewährleisteter Versprechungen zu verwalten. Geld macht nicht vergleichbare Dinge durch symbolische Zahlenwerte vergleichbar, stattet seine Besitzer mit sozialer Bedeutung aus und nimmt individuell unterschiedliche Bedeutungen an.
Wie anfangs gesagt: Geld ist multidimensional – und sämtliche seiner hier beschriebenen Funktionen und Eigenschaften spielen in Paarbeziehungen hinein.
Bevor es um diese Wirkungen geht, die Geld in Paarbeziehungen entfaltet, muss ich noch beschreiben, was heutzutage unter einer Paarbeziehung verstanden wird. Das Thema Paarund Liebesbeziehung ist ebenfalls komplex – und mindestens so spannend wie das Thema Geld.
1 3 Siehe hierzu David Graeber, Schulden – die ersten 5000 Jahre, Stuttgart 2012 Seite 259
Vorab ein Hinweis für Romantiker: Die folgenden Überlegungen und Definitionen werden vielleicht nüchtern auf Sie wirken. Eine sachliche Beschreibung erscheint mir jedoch – gerade weil es beim Thema Liebe scheinbar nur um Gefühle geht – besonders wichtig. Und eine weitere Vorbemerkung: Mit »Liebe« und »Beziehung« sind in diesem Buch stets die Paarliebe und Paarbeziehungen gemeint – unabhängig davon, ob es sich um gleich- oder gemischtgeschlechtliche Verbindungen handelt. Es geht also nicht um die Liebe zu Eltern, Kindern, Geschwistern oder Freunden.
Was ist nun unter Paarliebe zu verstehen? Unter Liebe verstehe ich eine intensive, nahe Form menschlicher Verbundenheit; unter Paarliebe die persönliche Verbindung zweier Menschen, die von existenzieller, körperlicher, sexueller, emotionaler und psychischer Nähe gekennzeichnet ist.
Über die Bindungsform »Paarliebe« lässt sich jedoch wenig aussagen, wenn man allgemein von »der Liebe« der Partner spricht. Diese Formulierung suggeriert, es gebe in einer Paarbeziehung lediglich eine Liebesform und die Paarliebe sei durch alle Zeiten unverändert geblieben. Das ist nicht der Fall. Wie der folgende Überblick zeigen wird, haben sich im Laufe eines langen geschichtlichen Prozesses zwischen Partnern unterschiedliche Bindungsformen entwickelt. Heutzutage können all diese historisch gewachsenen Bindungsformen in einer Paarbeziehung vorkommen.
Das bedeutet: Es gibt mehr als einen Grund, einen Partner zu lieben. Genau genommen gibt es drei wesentliche Gründe für die Paarliebe. Jede der sich aus diesem Motiven ergebenden Bindungsformen hat ihren eigenen Bezug zum Geld.
Die folgende historische Betrachtung der Paarbeziehung wird verdeutlichen, dass:
unter Paarliebe zu unterschiedlichen Zeiten etwas Unterschiedliches verstanden wurde,
heute drei Liebesformen in Paarbeziehungen vorkommen können oder idealerweise vorkommen sollen,
jede dieser Liebesformen nach einer eigenen Logik funktioniert,
jeder Liebesbereich ein anderes Verhalten erfordert,
sich die Liebesformen zwar nicht unbedingt gegenseitig fördern, sich aber durchaus gegenseitig in die Quere kommen können.
Dem Geld kommt in jeder Liebesform eine andere Bedeutung zu, und daher ist in jeder Bindungsform ein anderer Umgang damit erforderlich. Es nutzt demnach wenig, von »der Liebe« und »dem Geld« zu sprechen, weil in Paarbeziehungen dreierlei Liebe und dreierlei Geld vorkommen. Darauf gehe ich nach dem historischen Abriss ausführlicher ein.
Wann und wie hat die Paarliebe begonnen? Bei unseren tierischen Vorfahren, den Primaten, finden sich nur sehr wenige Arten, in denen sich Partner aneinander binden, und sie tun das nur für kurze Zeiträume. Wann genau bei Menschen die ersten Paarbindungen aufkamen, ist unklar, und auch über Paarbindungen in den Urgesellschaften, also im Zeitraum bis vor etwa 50 000 Jahren, ist wenig bekannt. Fest steht lediglich: Paarbeziehungen gibt es in allen Völkern und Kulturen, und zwar unabhängig von den teils extrem unterschiedlichen Lebensformen und sozialen Strukturen. Und fest steht auch, dass sich die Form und der Zweck von Paarbeziehungen im Laufe der Jahrtausende stark veränderten. Diese Veränderungen ergaben sich aus den jeweiligen Lebensbedingungen, den wirtschaftlichen und sozialen Umständen.
Da die heutige Paarbeziehung wesentliche Elemente dieser langen Entwicklungsgeschichte enthält, in deren Verlauf sowohl menschliche Gesellschaften als auch Paarbeziehungen immer komplexer wurden, empfiehlt es sich, einen Blick auf diese Prozesse zu werfen. Nur so wird die heutige Paarliebe in ihren unterschiedlichen Dimensionen und ihrer Komplexität nachvollziehbar.
Die Anfänge der Paarbeziehung liegen im Nebel; erst für pristine Gemeinschaften, also für Wildbeuter- und Jäger-/Sammlergemeinschaften liegen etwas verlässlichere Informationen vor. Diese stammen meist aus historischen Berichten von Ethnologen oder aus der Erforschung noch existierender Urvölker.
Im Zeitraum von 50 000 bis etwa 12 000 v. u. Z. lebten die Menschen in kleinen Gemeinschaften von überwiegend etwa 30 bis 80 Personen. Wenn es sich um etwas größere Stämme handelte, waren diese in Sippen unterteilt.
Für die kleinen Verbände der Frühzeit kann man eine vorwiegend egalitäre Sozialstruktur annehmen. Es gab also keine ausgeprägten Herrschaftsverhältnisse innerhalb der Gruppen, und wenn Einzelne eine Sonderposition innehatten, war diese auf persönliche Eigenschaften und nicht auf soziale Privilegien zurückzuführen. Die Mitglieder der Sippe waren prinzipiell gleichberechtigt.
Es gab in dieser Frühzeit bereits eine Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen, deren Ausprägung allerdings von Ethnie zu Ethnie stark variierte. Diese Arbeitsteilung war biologisch begründet. Weil die Frauen die Säuglinge trugen, übernahmen sie überwiegend das Sammeln von Wurzeln oder Früchten und das Jagen kleinerer Tiere, während die Männer zusätzlich das begehrte Großwild jagten, das teilweise über mehrere Tage und weite Distanzen hinweg gehetzt werden musste. Diese Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern war sinnvoll und begründete anfangs kein Herrschaftsverhältnis zwischen ihnen.
Schon zu diesen frühen Zeiten gingen Männer und Frauen intime Beziehungen ein. Sie wurden ein Paar, indem sie ein Lager miteinander teilten oder gemeinsam eine Hütte bewohnten. Diese Paarbeziehungen waren relativ unverbindlich und wurden frei gewählt. Zwar gab es hier und da rituelle Heiraten, aber meist genügte die schlichte Erklärung der Betreffenden, jetzt ein Paar zu sein, um als Paar zu gelten, und eine solche Verbindung konnte durch einfache Willenserklärung wieder gelöst werden.
Die Unverbindlichkeit der ursprünglichen Paarbindung war möglich, weil eine Paarbeziehung keine Überlebensgemeinschaft darstellte. Die Versorgung und das Überleben der Einzelnen wurde durch die Sippe gewährleistet. Es war daher nicht existenziell, einen Partner zu haben, und Frauen befanden sich nicht in materieller Abhängigkeit vom Mann. Die Beziehung zwischen den Partnern bestand, solange die Liebe anhielt. Oft war es sogar möglich, mehrere Sexualpartner gleichzeitig zu haben.
Die ersten Paarbindungen dienten natürlich der Reproduktion, der Zeugung von Kindern, aber dieser Zweck wurde eher nebenbei erfüllt – wahrscheinlich wussten die Menschen lange Zeit nichts von den Zusammenhängen der Zeugung. Der hauptsächliche Zweck dieser Paarbindung war ein anderer: Sie erfüllte grundlegende menschliche Bedürfnisse, allen voran jenes nach geschlechtlicher Liebe, sexuellem Kontakt und einem rudimentären Bedürfnis nach emotionaler Nähe.
Im Zeitraum von etwa 20 000 bis 6000 v. u. Z. veränderten sich die Lebensverhältnisse und die ökonomischen Bedingungen grundlegend. Die Menschen gingen erst zur Viehzucht und später zum Ackerbau über ; sie wurden sesshaft und erzeugten wirtschaftliche Überschüsse, sodass erstmals nennenswerter Besitz entstand. Aufgrund der überschüssigen Produktion von Lebensmitteln lebten die Menschen mehr und mehr in großen Stämmen und später in ersten Staatsgebilden zusammen.
Die neuen Lebensbedingungen veränderten auch das Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Die größte Veränderung bestand darin, dass die Männer zunehmend Macht über die Frauen errangen. Das war möglich, weil – aufgrund wachsender Bevölkerung, knapper werdender natürlicher Ressourcen, der agrarischen Produktion mit ihrer Vorratshaltung und durch den einsetzenden Handel – der Kontakt zu anderen Gruppen und Stämmen immer bedeutsamer wurde. Dieser Kontakt fand an Grenzen statt: an den neu entstandenen Grenzen der Stammesgruppen. Er war nicht immer friedlicher Natur – er bestand nicht nur aus Handel, sondern auch aus Raub und Krieg. Aggressive Auseinandersetzungen wurden für das soziale Leben sogar immer bestimmender.
Sesshaftigkeit und Besitz, Krieg und Frieden werteten die »außenpolitischen« Beziehungen zwischen den Gemeinschaften auf – und dadurch die soziale Position der Männer.1 Denn die Außenverhältnisse der Gemeinschaften waren seit jeher ihre Angelegenheit. Stets waren es Männer, die Scharmützel oder Kriege anfingen und Frieden schlossen, und sie waren es auch, die raubten oder Handel trieben.
Aufgrund dieser Vorrangstellung in den Außenbeziehungen gelang es den Männern im Laufe der Zeit, politische Macht und Besitz an Land und Gegenständen an sich zu ziehen. Sie verfügten jetzt maßgeblich über das Land und die Handelswaren. Logischerweise lag es im Interesse der nun bevorteilten Männer, die Erbfolge von der Mutterlinie wegzunehmen und an die vom Mann gezeugten Kinder zu binden. Nach und nach etablierten sich patriarchalische Verhältnisse, deren zentrales Element die um den Mann herum gruppierte Familie war.
Besitz und Macht wurden in den nun patriarchalisch organisierten Gesellschaften innerhalb der Familien gehalten; die Sippen wurden nach und nach ihrer ursprünglichen Versorgungsaufgabe enthoben, und die Paarbeziehung stieg zur existenziellen Versorgungsgemeinschaft auf. Schließlich erhielt sie einen rechtlichen Status: Sie wurde als Ehe zum sozial verbindlich geregelten Vertragsverhältnis zwischen Mann und Frau. In der ehelichen Versorgungsgemeinschaft wuchs sich die anfängliche lose Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern dann zu einer starren Rollenteilung aus.
Die Aufgabe der Paarbeziehung hatte sich damit grundlegend verändert. Da sie nun in erster Linie dem materiellen Überleben und nicht mehr der Bedürfniserfüllung diente, musste sie auf Dauer und Stabilität ausgelegt sein. Aus diesem Grund wurde die Scheidung der Partner weitgehend unmöglich gemacht. Gleichzeitig wurde die sexuelle Treue der Frau durchgesetzt. Dies diente der Besitzwahrung: Nur wenn man die Kinder einem konkreten Paar zuordnen konnte, war es möglich, Ansprüche seitens unehelicher Kinder – also anderer Familien – auszuschließen. Damit die Ehen stabil blieben, wurde zusätzlich die Leidenschaft aus ihnen verbannt. Denn wenn Ehen auf sexueller Anziehung beruhen würden, wäre ihre Dauer gefährdet – Leidenschaft ist nicht »für immer« gemeint. Die Leidenschaft wurde folgerichtig aus den Ehen ausgegliedert und in außerehelichen Affären gelebt.2