Die Paarliebe - Michael Mary - E-Book

Die Paarliebe E-Book

Mary Michael

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Beschreibung

Im Buch beschreibt Michael Mary sein einzigartiges Konzept der modernen Paarliebe. Danach wirken in heutigen Liebes- und Paarbeziehungen drei unterschiedliche, geschichtlich nacheinander entstandene Liebesbereiche: - die partnerschaftliche Liebesdimension - die freundschaftliche Liebesdimension und - die emotional/leidenschaftliche Liebesdimension. Da jeder dieser Bereiche einer eigenen Logik folgt und daher ein unterschiedliches Verhalten erfordert, können PartnerInnen sich leicht in ihrer Beziehung verheddern, Missverständnisse und Konflikte sind quasi vorprogrammiert. Wenn PartnerInnen die spannende Dynamik von Liebesbeziehungen verstehen und nachvollziehen, welchen Mix dieser Liebesformen ihre konkrete Beziehung aufweist, geraten sie in die Lage, auch dauerhaft gut mit ihrer Beziehung und Liebe umzugehen. Dabei werden sie auch von erprobten praktischen Werkzeugen unterstützt, die der Autor anbietet. Nach mehr als 40 Jahren als Paarberater legt der bekannte Autor mit seinem Konzept der drei Liebesformen innerhalb einer Paarbeziehung sein Vermächtnis vor.

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Michael Mary

Die Paarliebe

Anfänge, Entwicklung und Gegenwartder Liebesbeziehung

Epub: ISBN 978-3-946370-16-1

Print: ISBN 978-3-946370-14-7

© 2024

Verlag Henny Nordholt, Yokohamastraße 10 20457 Hamburg Deutschland

Besuchen Sie auch die Homepage des Autors, dort finden Sie weitere Bücher und Hinweise auf seine Arbeit.

https://michaelmary.de

Table of Contents

Die Paarliebe

Über den Autor

Einleitung

Kapitel 1 - Die Historie der Paarliebe

Die Anfänge der Paarbeziehung

Liebe 1.0 - die erste geschichtliche Paarbindung

Die Entwicklung der Paarbeziehung

Liebe 2.0 - die zweite geschichtliche Paarbindung

Der gegenwärtige Stand der Paarbeziehung

Die dritte geschichtliche Paarbindung - Liebe 3.0

Die Rolle des Begehrens in der Liebe 3.0

Kapitel 2 - Die Gegenwart der Paarliebe

Die Motive heutiger Paarbindungen

Liebe 1.0 - das Motiv gegenseitiger Versorgung

Liebe 2.0 - das Motiv psychischer Unterstützung

Liebe 3.0 - das Motiv der Ganzbestätigung

Paarliebe heute - ein kompliziertes und anspruchsvolles Gemenge

Die Logiken der drei Liebesformen

Die Logik der partnerschaftlichen Liebe

Die Logik der freundschaftlichen Liebe

Die Logik der leidenschaftlichen Liebe

Sinnvolles Verhalten in der Paarbeziehung

Sinnvolle Kommunikation in der Liebe 1.0

Sinnvolle Kommunikation in der Liebe 2.0

Sinnvolle Liebeskommunikation in der Liebe 3.0

Fazit zur sinnvollen Liebeskommunikation

Sinnloses Verhalten in der Paarbeziehung

Unsinniges Verhalten in der Liebe 1.0

Unsinniges Verhalten in der Liebe 2.0

Erwartungen deutlich machen

Unsinniges Verhalten in der Liebe 3.0

Zwischenfazit und Ausblick

Sich der Beziehung zuwenden

Kapitel 3 - Mit Beziehungen und ihren Veränderungen umgehen

Der Zustand einer Beziehung: Wo liegt ihr gegenwärtiger Schwerpunkt?

Das erste Werkzeug: Beziehungsdreieck und Schwerpunkt

Veränderungen einer Beziehung

Äußere und innere Umstände

Äußere Umstände

Innere Umstände

Beziehungen im Fluss von Veränderungen

Das zweite Werkzeug: Den Verlauf einer Beziehung ergründen

Probleme mit dem Partner - oder mit der Beziehung?

Verhalten und Erwartung

Lassen sich Beziehungs-Probleme vermeiden?

Probleme als Hinweise sehen

Lässt sich eine Beziehung reparieren?

Das dritte Werkzeug: Beziehungsbaustellen

Die Kongruenzanforderung: Probleme innerhalb ihrer Logik lösen

Die Einflüsse der Liebesbereiche aufeinander

Grenzen der Beziehungsreparatur

Kapitel 4 - Die Eigenständigkeit von Beziehungen

Lässt sich eine Beziehung kontrollieren?

Sich selbst kontrollieren?

Den Partner kontrollieren?

Beziehung: eine Geschichte gegenseitiger Reaktionen aufeinander

Die Beziehung als dritte Person

Die Beziehung erhalten oder beenden?

Veränderungs-Bereitschaft

Vom Wert einer Beziehung

Das vierte Werkzeug: Verbindungen visualisieren

Die größte Gefahr für eine Paarbeziehung

Kapitel 5 - Liebes-Aus und Trennungen

Wodurch die Liebe 1.0 enden kann

Wodurch die Liebe 2.0 enden kann

Wodurch die Liebe 3.0 enden kann

Ein Ende der Bereitschaft

Abschlußbemerkungen

Was ist Liebe denn nun ‘wirklich’?

Dialog mit LeserInnen

Einige Rückmeldungen von den ProbeleserInnen zum Buch

Über den Autor

Michael Mary ist einer der bekanntesten deutschen Paar-, Individual- und Singleberater. Er hat knapp 40 Bücher geschrieben, darunter sind einige Best- und Longseller. Für die öffentlich-rechtlichen TV-Sender NDR und SWR führte er etliche Paarberatungs-Sendungen durch. Er arbeitet in Hamburg, wo er Beratungen und Fortbildungen in seiner Methode 'Erlebte Beratung' durchführt.

Etliche seiner Bücher sind als Print und als E-Books erhältlich. Sie finden diese auf seiner Homepage, wo er neben seinen Büchern auch Instrumenten zur Selbsthilfe und Beratung anbietet. Seit geraumer Zeit überträgt er seine langjährig bewährten Seminare und Fortbildungen in E-Learning-Kurse. Diese Kurse bieten hervorragende Möglichkeiten der Wissens-Vermittlung, weil darin neben Vorträgen in erster Linie mit Video-Demonstrationen gearbeitet wird.

Einleitung

Es freut mich, dass du dieses Buch zur Hand nimmst. Ich werde darin die heutige Paarliebe und moderne Paarbeziehungen so weit mir möglich ‘entschlüsseln’ und darüber hinaus praktische Anregungen zu einem guten Umgang mit Liebesbeziehungen vermitteln.

In diesem Buch fasse ich die Erkenntnisse meiner mehr als 40-jährigen beruflichen Beschäftigung mit Paarbeziehungen zusammen. Dem Feedback der ProbeleserInnen dieses Buches habe ich entnommen, dass es in Teilen recht sachlich wirkt. Das kann ich nachvollziehen. Aber ich halte eine sachliche Abhandlung des zutiefst emotionalen Themas ‘Paarliebe’ für sinnvoll. Warum, das will ich kurz erläutern.

Natürlich kann man über die Liebe auch vorwiegend warm und herzlich schreiben oder gar in höchsten Tönen davon schwärmen und das Phänomen verklären. Romane und Gedichte leben von so etwas. Aber was nutzt die Lyrik, wenn man die Paarliebe nicht preisen, sondern ihre Dynamik begreifen will? Dann helfen Überhöhungen oder bruchstückhafte Halbwahrheiten nicht im Mindesten weiter. Willst du einige Beispiele davon, was über die Paarliebe so alles geglaubt. gesagt und behauptet wird?

- Ein Professor äußerte in einer Talkshow mir gegenüber: “Die Liebe ist doch ganz einfach - Du bist mein Ein und Alles!” Das klingt wunderbar. Es erklärt zwar nichts, verklärt aber alles. Was lässt sich mit dieser Beschreibung anfangen, was folgt aus ihr? Bedeutet Liebe demnach Verzicht auf Individualität? Ist der Partner das Wichtigste im eigenen Leben, soll man ihm Vorrang in allen Belangen einräumen? Soll der Andere einem wichtiger sein als man sich selbst? Wer will oder kann das leisten?

- Ein moderner Ratschlag an Partner lautet: “Damit die Liebe hält, müsst ihr gleiche Werte teilen.” Ach ja? Das klingt im ersten Moment einleuchtend, aber geht so etwas überhaupt? Nehmen wir beispielsweise Werte wie ‘Treue’ oder ‘Ehrlichkeit’. Diese Werte wird jeder Partner hochhalten, ebenso Werte wie ‘Großzügigkeit’ oder ‘Gerechtigkeit’. Teilen lassen sie sich in der Praxis dennoch kaum, jedenfalls nicht verlässlich. Denn jeder Partner wird etwas anderes unter ‘Ehrlichkeit’ oder ‘Treue’ oder ‘Großzügigkeit’ oder ‘Gerechtigkeit’ verstehen. Was ein einst beschworener Wert wirklich taugt und ob ihm ein gemeinsames Verständnis zugrunde liegt, zeigt sich leider erst im Ernstfall. Es nutzt also nichts, vorweg einen Wertecheck durchzuführen, um die Paarliebe abzusichern.

- Eine andere bruchstückhafte und daher wenig hilfreiche Aussage über Paarbeziehungen lautet: “Es kommt in der Liebe darauf an, Nehmen und Geben auszugleichen.” Das klingt geradezu spielerisch. Doch wie wird solch ein Ausgleich erreicht? Indem man vereinbart, dass jeder den Anderen genauso oft begehrt? Indem jeder dem Anderen wöchentlich die gleiche Zeit oder Qualität an Aufmerksamkeit widmet? Misst man das mit der Stoppuhr oder gib es eine verbindliche Skala dafür? Und bewertet jeder das, was er gibt und das, was er nimmt genauso wie der Partner sein eigenes Nehmen und Geben einschätzt? Sind Gefühle fair? Die Aussage ist viel zu schwammig, als dass sich etwas damit anfangen ließe.

- Ganz absurd wird es mit der Aussage: “Wahre Liebe akzeptiert alles.” Tatsächlich? Alles? Da fiele mir viel Unakzeptierbares ein. Beispielsweise psychische oder gar körperliche Gewalt. Die Aussage beweist nichts außer sich selbst, denn wenn die gewollte Akzeptanz nicht gelingt, hat es sich schlicht nicht um wahre Liebe gehandelt. Und darüber hinaus: Was soll das sein, ‘wahre’ oder ‘unwahre’ Liebe?

- Stimmt wenigstens die Behauptung: “Liebe erfordert Kompromisse”? In dem Fall könnten Partner alles miteinander verhandeln, etwa auch das: “Wenn du zweimal wöchentlich mit mir Sex hast, mache ich die ganze Gartenarbeit und fahre die Kinder zur Schule.” Solcher Handel wird kaum funktionieren. Im Gegenteil: beide Partner würden sich damit gegenseitig frustrieren.

- Und wie steht es mit der Beschwörung: “Echte Liebe ist selbstlos!” Liebe ohne Selbst? Stellen wir uns das vor. Wenn es auf einer oder beiden Seiten kein Selbst gibt, kein ‘Ich’, wenn man also kein eigenständiges Gegenüber hat, wen soll man dann lieben? Die heutige Paarliebe lebt nicht mehr von der Aufgabe der Individualität, sie lebt nicht mehr vom ‘Wir’. Sie ist ganz im Gegenteil eine Liebe der Individuen geworden. Sie ist unverzichtbar auf zwei ‘Selbste’ angewiesen und kann daher unmöglich selbstlos sein.

- Stimmt denn wenigstens die Aussage: “Offene Kommunikation erhält eine Beziehung!” Nun, das würde erfordern, dass Form und Inhalt einer Kommunikation gleichermaßen auf Bestätigung stoßen. Dafür gibt es jedoch keine Garantie. Die Art, wie man sich dem Partner mitteilt (Form) mag sehr gut sein, aber das, was man mitteilt (Inhalt) kann eine Beziehung stören oder beenden. Wird beispielsweise die offene und ehrliche Mitteilung: “Ich muss dir etwas sagen: Ich begehre jemand anderen!” die Beziehung erhalten? Zweifel sind da mehr als angebracht

- Kommen wir zu einer weiteren Falschbehauptung. “Es kommt in einer Beziehung darauf an, für den anderen da zu sein.” Es geht also angeblich darum, die Bedürfnisse des Partners/der Partnerin zu erfüllen. Das klingt nach einem Rezept. Allerdings möchte kein Partner zum Dienstleister des Anderen werden, schließlich hat er selbst auch Bedürfnisse. Ob die Bedürfniswelten beider Partner zueinander passen, wie sie sich verändern und wann sie nicht mehr kompatibel miteinander sind, lässt sich jedoch unmöglich vorhersehen. Schließlich weiß jeder aus eigener Erfahrung, dass sich Bedürfnisse abhängig von körperlichen oder psychischen Ereignissen oder abhängig von der Lebenssituation stark verändern können.

- Und wie sieht es mit der modernsten Anforderung aus: “Paare sollten ihre Beziehung nicht dem Zufall überlassen, sondern sie bewusst gestalten.” Das klingt nach guter Arbeit, packen wir es an. Wer würde nicht darüber bestimmen wollen, wen er liebt und das dauerhaft? Darüber hinaus müssten Partner nicht nur ihr Gegenüber bewusst wählen, sondern auch den Verlauf ihrer Beziehung kontrollieren. Von vielen Fachleuten wird verharmlosend von einer angeblich möglichen ‘Beziehungs-Gestaltung’ geschwärmt. Doch damit ist letztlich nur Kontrolle gemeint. Ist Liebe kontrollierbar? Fragen wir andersherum: Wenn ein entsprechendes Liebes-Management möglich wäre, könnten sich Partner dann von der Liebe beschenkt und durch sie beglückt fühlen? Gott sei Dank lässt sich Liebe nicht vom Ego dirigieren, ihre Aufgabe besteht im Gegenteil darin, das Ego in Teilen zu unterwerfen. Hingabe lässt sich nicht im Mindesten managen

Wie gesagt: Über die Liebe lässt sich gut fantasieren und noch besser schwadronieren. Ähnlich wie man ‘das Leben’ oder ‘die Wahrheit’ oder ‘die Welt’ besingen kann. Nur gibt es ‘das Leben’ oder ‘die Welt’ oder ‘die Wahrheit’ genauso wenig wie es ‘die Liebe’ gibt. Diese Substantivierung vermittelt den falschen Eindruck, es handle sich bei der Paarliebe um eine feste und berechenbare Erscheinung, die quer durch die Zeiten den gleichen Bedingungen ausgesetzt ist und stets die gleiche Form aufweist.

Das Gegenteil ist der Fall. Das Phänomen Paarliebe schwebt keineswegs über den gesellschaftlichen Verhältnissen. Die Paarliebe hat sich vielmehr im Laufe der Jahrtausende und Jahrhunderte stets den sozialen und wirtschaftlichen Umständen angepasst und ihre Form entsprechend verändert.

Das bedeutet: Menschen haben zu jeder Zeit unter Paarliebe etwas anderes verstanden und zu jeder Zeit wurde von Partnern ein anderes Liebesverhalten erwartet.

Das gilt besonders für die heutige Paarliebe. Diese ist komplexer und anspruchsvoller als jemals zuvor. Denn sie ist vollständig individualisiert. Das bedeutet, dass heute PartnerInnen selbst definieren können (und müssen), was Paarliebe für sie ist, woraus sie besteht und wie sie mit ihrer Beziehung umgehen wollen. Bei dieser Aufgabe ist ein Verständnis der historischen Entwicklung und zugleich des gegenwärtigen Zustandes der Paarbeziehung nützlich. Ebenso hilfreich, um die moderne Paarliebe und ihre Funktionsweise zu erfassen ist es, eine gewisse Distanz zu Emotionen einzunehmen und auf verallgemeinernde oder idealisierende Aussagen zu verzichten.

Diesen Bedingungen will ich Rechnung tragen und Paare anhand einer brauchbaren Beschreibung der modernen Liebesdynamik dabei unterstützen, ihre eigene, ganz individuelle Form der Liebesbeziehung zu erkennen und zu führen. Eine gewisse Redundanz kann ich dabei nicht bloß vermeiden, ich halte sie sogar für sinnvoll, um die teils ungewohnten Perspektiven, die ich vorschlage, einnehmen zu können. Etliche der ProbeleserInnen dieses Buches haben berichtet, dass einige Aussagen erst nach Tagen zu wirken begannen, dann aber um so deutliche. Die Sichtweise, den ich hier anbiete, ist zu ungewöhnlich, um sie im Schnelldurchgang zu erfassen.

Um von diesem Buch zu profitieren empfehle ich dir daher, entspannt und mit Neugier an die Sache heran zu gehen und vorhandene Überzeugungen (wie beispielsweise die oben geschilderten) bis nach der Lektüre zurück zu stellen. Ich bin sicher, dass sich etliche deiner Ansichten über die Paarliebe durch die Lektüre verändern werden.

Was liefere ich dir im Gegenzug für deine Offenheit? Im Wesentlichen konkrete Antworten auf folgende Fragen:

Wieso haben sich geschichtlich drei unterschiedliche Liebesformen entwickelt und welche davon liegen modernen Paarbeziehungen zugrunde?

Welchen unterschiedlichen Zwecken kann eine Paarbeziehung heute dienen?

Welches Verhalten ist in den verschiedenen Formen der Paarliebe sinnvoll und welches Verhalten schadet der Paarliebe?

Wieso verändern sich Paarbeziehungen unvermeidlich und wie kann man mit den ebenso unvermeidlich dabei auftauchenden Problemen umgehen?

Welchen Einfluss können PartnerInnen auf die Entwicklung ihrer Liebesbeziehung nehmen?

Wieso verweigern sich Beziehungen einer bewussten Kontrolle und scheinen vielmehr eine Art Eigenleben zu führen?

Wie bestimmt man den Wert, den eine Beziehung für einen hat?

Wieso enden Beziehungen manchmal und warum ist das oft ganz normal und sinnvoll?

Da kommt eine Menge Stoff zusammen, der Anlass zum Nach- und Umdenken gibt. Außerdem werde ich darüber hinaus einige Werkzeuge zum praktischen Umgang mit problematischen Situationen vermitteln. Denn was nutzt die schönste Theorie, wenn es an der praktischen Anwendbarkeit mangelt?

Noch etwas zur Begriffs-Klärung: Was verstehe ich unter dem Begriff ‘Liebe’? Im Zusammenhang dieses Buches bezeichne damit die exklusive und intime Verbundenheit zweier Menschen, natürlich unabhängig vom Geschlecht. Ich meine also, wenn ich hier von Liebe spreche, stets die Paarliebe.

Was das Gendern betrifft, so versuche ich es flexibel und locker anwenden. Ich empfinde mich als Mann, daher bin ich Partner, meine Frau empfindet sich als Frau, daher ist sie Partnerin. Zwei schwule Männer werden einander Partner sein, zwei lesbische Frauen einander Partnerinnen. Wenn ich Gruppen von Menschen unabhängig vom biologischen Geschlecht adressiere, werde ich von PartnerInnen sprechen.

Insgesamt werde ich meine Thesen so prägnant wie möglich darstellen. Emotionalen Dimensionen werden dann in Beispielen deutlicher, die ich in die einzelnen Kapitel einflechte. Im letzten Teil des Buches gehe ich dann in Dialogform auf Fragen oder Einwände vonProbe-LeserInnen ein.

Soweit einleitende Hinweise, und nun wünsche ich dir viele Erkenntnisse und Einsichten beim Lesen und Erforschen.

Kapitel 1 - Die Historie der Paarliebe

In diesem Buch gehe ich der Frage nach, wie moderne Paarbeziehungen und die heutige Paarliebe funktionieren.

Diese Beziehungen und diese Liebe unterscheiden sich einerseits gewaltig von dem, was unsere Eltern oder die Generationen davor darunter verstanden und wie sie diese gelebt haben. Andererseits beziehen auch heutige Paarbeziehungen immer noch wesentliche Elemente aus der Vergangenheit.

Das besondere Merkmal heutiger Paarbeziehungen besteht darin, dass sich in ihr drei unterschiedliche Bindungsmotive vermischen, die sich geschichtlich nacheinander entwickelt haben.

Die heutige Paarliebe beruht sozusagen auf drei 'Beinen', auf drei Liebesformen. Und zwar auf:

einer partnerschaftlichen,

einer freundschaftlichen und

einer leidenschaftlichen Liebe.

Es bietet sich an, die Entwicklung dieser drei Liebesformen, die ich als Liebe 1.0, Liebe 2.0 und Liebe 3.0 bezeichne, nachzuvollziehen und auf diese Weise herauszufinden, was zu dem spannenden Motiv-Mix moderner Paarbeziehungen geführt hat. Das will ich in diesem ersten Kapitel des Buches tun.

Die Anfänge der Paarbeziehung

Vorweg eine kurze Erläuterungen zu zwei wesentlichen Begriffen. Zu den Begriffen Form und Bindung.

Ich spreche von drei unterschiedlichen Formen der Paarliebe. Mit dem Begriff ‘Form’ bezeichne ich sozial verpflichtende und verbindliche Vorstellungen und Verhaltensweisen darüber, wie eine Paarbeziehung zu führen ist. Eine solche Verbindlichkeit kann sozial auf verschiedene Weisen durchgesetzt werden. Beispielsweise durch harte rechtliche Vorschriften. Oder anhand strenger moralischer Vorgaben. Oder auf sanfte Weise, durch Idealisierungen und Glücksversprechen. All das wird dir in den drei Liebesformen begegnen.

Ich spreche auch von Bindungen. Wer sich auf eine Paarbeziehung einlässt bindet sich, er verpflichtet sich einem Partner gegenüber. Beispielsweise durch Verträge oder durch Versprechungen oder durch Erwartungen, ebenso durch Selbstverpflichtungen oder aufgrund moralischer Einflüsse der Umgebung.

Formen und Bindungen der Paarliebe sind eng miteinander verbunden und waren und sind stets sozial vermittelt. Was Liebe ist und wie man sich als Liebespartner verhält, das hat sich kein Partner ausgedacht und es ist auch nicht zufällig entstanden. Erst recht ist eine bestimmte Form der Paarbindung nicht genetisch vorgegeben.

Was Liebe ist, woran man sie erkennt und wie man sie lebt, das übernehmen PartnerInnen von der Gesellschaft. Der folgende Blick auf die Entstehung der drei Liebesformen wird das zeigen.

Liebe 1.0 - die erste geschichtliche Paarbindung

Auch wenn ich von verpflichtenden Liebesformen und Paarbindungen spreche, so war die Beziehung zwischen den Geschlechtern keineswegs immer schon sozial determiniert.

Im Gegenteil. In grauen Vorzeiten startete sie auf sehr unverbindliche Weise. Ich meine die Zeit vor der Sesshaftwerdung der Menschen.1 Eine Zeit, in der Menschen nomadisch in kleinen Gruppen von 15 bis 30 Personen, selten mehr, lebten.2 Sie ernährten sich vom Jagen und Sammeln. Es gab noch keine Familien, überlebenswichtig für die Einzelnen war vielmehr ihre Sippenzugehörigkeit. Dieser soziale Verband sorgte für Nahrung und Sicherheit.

Natürlich werden Menschen auch zu jener Zeit Bedürfnisse nach Nähe – nach einer wie auch immer gearteten Liebe - gehabt haben. Aber solange das existentielle Überleben von der Sippe garantiert wurde, gab es keinen Grund, Paare aneinander zu binden und feste Partnerschaften einzugehen. Die Gruppe hätte keinerlei Vorteile von einer solchen Verpflichtung gehabt. Daher fußte die Nähe zu einem Partner/einer Partnerin allein auf sexuellen Bedürfnissen und gegenseitiger Sympathie. Diese Paarliebe war entsprechend unverbindlich.

Aufzeigen lässt sich das beispielsweise am Phänomen der ‘Besuchsehe’. Diese war in matrilinear organisierten Verbänden zu finden. In matrilinear strukturierten Gruppen wurden die Kinder einer Frau ihrer Sippe zugeordnet und die Versorgung der Kinder fand im mütterlichen Clan statt. Liebespartner konnten daher zusammen sein und auseinander gehen, ohne dadurch existentiell und sozial gefährdet zu werden. Eine Abhängigkeit einer Frau von einem bestimmten Mann bestand nicht, weil die Frau von den Männern ihres eigenen Clans, vom Vater und ihren Brüdern und Onkeln, unterstützt wurde.

Solche freie und unverbindliche Lebensformen gibt es sogar heute noch. Dr. Carola Meier-Seethaler berichtet von einem Kongress in Luxemburg:

“... wo eine Ethnologin und ein Ethnologe über die heute noch bestehende Besuchsehe im Südwesten Chinas berichteten. Dort wird die lebenslange Geborgenheit für Töchter und Söhne in der matrilinearen Sippe garantiert. Die Männer suchen über Nacht ihre Partnerinnen in anderen Sippenhäusern auf, und diese Liebesverhältnisse dauern ganz verschieden lang. So, wie es der Liebe gefällt.”3

Auch in Afrika sind noch Überbleibsel einer solchen unverbindlichen Besuchsehe zu finden. An anderer Stelle beschreibt Dr. Meier-Seethaler, dass bei der Besuchsehe 'Ehe'gatten keinen Anspruch auf den ausschließlichen Sexualkontakt mit dem Partner haben und die Frauen oft über zwei oder drei offizielle 'Ehe'männer verfügen, die ihrerseits die Freiheit haben, mehrere Frauen zu besuchen.4

Man kann mit Fug und Recht davon ausgehen, dass Paarbeziehungen einst unverbindlich waren. Fest steht aber auch, dass sie nicht unverbindlich blieben. Das hat mit dem Siegeszug des Patriarchats zu tun.

Erst im Laufe der Sesshaftwerdung der Menschen und der damit verbundenen Entstehung des Patriarchats erhielt die Paarbeziehung eine feste, sozial vorgegebene und schließlich absolut verbindliche Form.

Wie kam es zu diesem tiefgreifenden Wandel? Das kann ich nur in einem kurzen Überblick andeuten. Es war die Sesshaftwerdung, die das Leben der Menschen von Grund auf veränderte. Denn erst aufgrund der Sesshaftwerdung wurde es nötig, ein bestimmtes Gebiet für die eigene Gruppe zu beanspruchen und zu sichern. Das Gebiet nämlich, in dem Ackerbau stattfand und in dem sich Dörfer bildeten.

Dieses Gebiet und die damit verbundenen Ressourcen, von denen das Überleben der Gruppe abhing, musste zuerst gegen andere Gruppen, später dann gegen andere Stämme und schließlich gegen andere Völker verteidigt werden.

Aufgrund der Sesshaftwerdung kam es erstmals zu territorialen Kriegen.5 Bei den nomadischen Gruppen von ungefähr 15 bis 30 Personen hätten kriegerische Konflikte wenig Sinn gemacht. Wenn Nahrung in einem Gebiet knapp wurde, zogen die Gruppen weiter, alles andere hätte die Existenz der ganzen Gruppe gefährdet.

Mit der Sesshaftwerdung aber wurden Kriege normal. Das brachte die Männer in eine besondere soziale Position und Rolle, weil vorwiegend ihnen die Aufgabe der Kriegsführung zufiel. Es waren in erster Linie die Männer, die aufgrund ihrer körperlichen Verfassung Kriege führten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass schon bei unseren Vorfahren, den Menschenaffen, vorwiegend die Männchen den Schutz der Gruppe vor Raubtieren übernahmen. So beschreiben zwei Forscher folgende Sachverhalte in Situationen, in denen Affengruppen den Schutz der Wälder verlassen um zur Nahrungssuche in die Savanne zu ziehen:

“(bei Schimpansen) Können die Feinde allenfalls Jungtieren gefährlich werden, stellen sich ihnen erwachsene Männchen entgegen, um sie zu verjagen. Falls der Angreifer doch einen Affen erbeutet, führen mitunter einige Gruppenmitglieder, auch wieder fast immer Männchen, einen Gegenangriff durch.”

“(bei Pavianen) Was aber, wenn da draußen ein Leopard eine Gruppe von Pavianen angreift? Eine Reihe von Männchen, die sonst alles andere als Freunde sind, schließen sich zusammen und greifen den Leoparden an.”6

Männer verfügen über größere Körperkraft, durchleben keine Schwangerschaften und müssen keine Kinder säugen. Sie waren für Kampf und Kriegsführung besser ausgestattet, auch wenn Frauen und manchmal sogar Kinder durchaus an Scharmützeln und Kriegen teilnahmen. Doch es waren vorwiegend Männer, die raubten und eroberten und sie waren es auch, die schließlich Frieden schlossen.

Indem sie die erbeuteten Dingen und das eroberte Land nach und nach für sich beanspruchten, sammelten die Männer Eigentum an – Privateigentum.

Das Privateigentum kommt in dieser Zeit erstmals in die Welt, indem Land und seine Erträge privatisiert werden. Dieses Entwicklung und ihre besondere Position darin nutzten Männer im Laufe eines langen gesellschaftlichen Prozesses dazu, Frauen erst allmählich und dann vollständig in Abhängigkeit zu bringen.7

“Die Landwirtschaft wird erst dort richtig erfolgreich, wo das fundamentale Gesetz menschlichen Zusammenlebens, die Maxime, Ressourcen zu teilen, ausgehebelt wird. Und diese kulturelle Innovation des Privateigentums brachte Unheil über Eva und ihre Nachfahrinnen.”8

Wie verlief dieser Vorgang der Machterringung der Männer? Indem Eigentum an männliche Kinder des Mannes vererbt wurde. Auch diesen Prozess kann ich hier nur kurz beschreiben.

Sippen waren wie erwähnt ursprünglich matrilinear strukturiert, das heißt, die Kinder waren der mütterlichen Linie zugeordnet. Mütter brachten die Kinder zur Welt, und wer an deren Zeugung beteiligt war, das war unwesentlich oder in früheren Zeiten sogar unbekannt. Es bedurfte auch keiner Väter, um Kinder zu versorgen. Die Männer sorgten nämlich nicht in erster Linie für von ihnen selbst gezeugte Kinder, sondern für alle Kinder ihres Clans. Auch Eigentum - wobei es vor der Sesshaftigkeit kaum anderes Eigentum als das an Kleidung oder Werkzeugen gab - gehörte vor der Neusteinzeit der Sippe. Erst nach der Sesshaftwerdung - hier spielen Landwirtschaft und Viehhaltung wie beschrieben eine zentrale Rolle - konnten Männer Eigentum anhäufen und es privatisieren.