Liebe in Zeiten der Ablenkung - Edward M. Hallowell - E-Book

Liebe in Zeiten der Ablenkung E-Book

Edward M. Hallowell

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Beschreibung

Die meisten modernen Beziehungen leiden unter Stress und Zeitmangel. Dank moderner Kommunikationsmittel sind wir immer mehr für andere verfügbar – am Wochenende natürlich auch für den Chef – und immer weniger für die, die uns am liebsten sind. Ausführliche Gespräche und die nötige Aufmerksamkeit, um den Partner mit seinen Sorgen und Bedürfnissen wahrzunehmen, bleiben leider allzu oft auf der Strecke. Edward und Sue Hallowell kennen diese Probleme nicht nur aus ihrer eigenen Ehe, sondern auch aus der beruflichen Praxis. In ihrem Buch beschreiben sie, wie unser moderner Lebensstil – geprägt von Unterbrechungen und Multitasking – die Intimität in Beziehungen gefährdet. Und sie zeigen praktikable und effektive Wege, mit den Herausforderungen unseres stressigen Alltags umzugehen.

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Seitenzahl: 346

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Edward M. Hallowell • Sue George Hallowell • Melissa Orlov

Liebe in Zeiten der Ablenkung

Aus dem Englischen von Karola und Christoph Bausum

Rowohlt Digitalbuch

Inhaltsübersicht

Wir widmen dieses ...EinleitungDie Ehe, die hinter diesem Buch stehtTEIL EINS Probleme der IntimitätEINS Die Anatomie der modernen LiebeZWEI Darf ich um deine Aufmerksamkeit bitten?DREI Immer diese UnterbrechungenVIER Zeit für VerbindungFÜNF A oder O?SECHS Scheinbar egoistischSIEBEN Der große KonfliktTEIL ZWEI Probleme der Ablenkung lösenACHT KonfliktstopperNEUN Überlastung abbauenZEHN Destruktive Sorgen eliminierenELF Wenn Ihr Partner echtes ADS hatZWÖLF Wenn Ihr Partner sich wie Ihr Kind benimmtDREIZEHN Die neue Welt der AffärenVIERZEHN Zeit für SexFÜNFZEHN Wie viel Ordnung braucht der Mensch?SECHZEHN Wut und Frustration bewältigenTEIL DREI Eine leidenschaftliche Verbindung fördernSIEBZEHN Konation: Der unbekannte Schlüssel zur EmpathieACHTZEHN «Speziellisieren»NEUNZEHN Die Romantik am Leben haltenZWANZIG Das unerwartete GeschenkEINUNDZWANZIG HoffnungZWEIUNDZWANZIG Warum es das alles wert istDREIUNDZWANZIG Zehn Gründe, sich nicht scheiden zu lassen; zehn Gründe, sich scheiden zu lassen; vierzig Rezepte für eine großartige EheTEIL VIER Dreißig Minuten, dreißig TageTag 1Tag 2Tag 3Tag 4Tag 5Tag 6Tag 7Tag 8Tag 9Tag 10Tag 11Tag 12Tag 13Tag 14Tag 15Tag 16Tag 17Tag 18Tag 19Tag 20Tag 21Tag 22Tag 23Tag 24Tag 25Tag 26Tag 27Tag 28Tag 29Tag 30DanksagungenAnmerkungen
[zur Inhaltsübersicht]

Wir widmen dieses Buch Sarah und Eric Meyers, einem Paar, das wir kennenlernten, als ihre Tochter Sophie und unsere Tochter Lucy geboren wurden. Dann wurde unser Sohn Jack ungefähr zur selben Zeit geboren wie ihr Sohn Sam, gefolgt von unserem Sohn Tucker und ihrem Sohn Chad. In den 20 Jahren, in denen wir unsere Kinder zusammen aufgezogen haben, sind sie nicht nur zu einer Art zweite Eltern für unsere Kinder geworden, sondern auch wunderbare Freunde für Sue und mich, mit denen wir viel Spaß haben und ebenso gemütlich um den Küchentisch sitzen können. In schweren Zeiten sind sie immer da, um uns unter die Arme zu greifen, und in guten Zeiten sind sie stets zur Stelle, um mit uns zusammen zu feiern. Indem wir dieses Buch Sarah und Eric widmen, wollen wir nicht nur unserer Freundschaft ein Denkmal setzen, sondern alle Paare dazu ermuntern, ihre Freundschaften zu würdigen.

[zur Inhaltsübersicht]

Einleitung

Geht es Ihnen auch so? Es gelingt Ihnen zunehmend schwerer, die Aufmerksamkeit Ihres Partners zu erlangen, ganz zu schweigen von seiner Zuneigung. Ihre Gespräche drehen sich viel zu oft um schlechte Ereignisse und belastende Sorgen. Sie fühlen sich ein wenig einsam, obwohl Sie Ihren Partner (eigentlich) lieben. Sie haben das Gefühl, dass alle Ihre wichtigen Gespräche zwischen Tür und Angel oder per Handy stattfinden – und dann auch noch ständig durch diese nervigen Rufunterbrechungen gestört werden. Ihre Versuche, ein Gespräch zu führen, werden durch Störungen häufig unterbrochen. Während Sie schon zur Tür hinauseilen, zwängen Sie noch eben den Inhalt eines gut einstündigen Dialogs in zwei Minuten verbales Trommelfeuer. Sie sind oft wütend auf Ihren Ehepartner, ohne zu wissen, warum. Sie fühlen sich schon nach der Hälfte des Tages erschöpft oder gar ausgepowert. Die Kommunikation mit Ihrem Partner gleicht dem Versuch, bei einem ausverkauften Rockkonzert mit jemandem über fünf Reihen Entfernung hinweg zu sprechen, sodass Sie schreien müssen, damit er die einfachsten Sätze hört.

Sollten Ihnen einige oder auch alle genannten Situationen vertraut vorkommen, sind Sie in bester Gesellschaft. Willkommen im modernen Leben mit seinen immer zahlreicher werdenden technischen Möglichkeiten, «in Kontakt zu bleiben», und mit seinem immer größer werdenden Wissen über die vielen schrecklichen Dinge, die in der Welt geschehen und die theoretisch auch Sie bedrohen können. Verstehen Sie uns bitte nicht falsch. Wir sind keine Technikfeinde, die den Zustand unserer durchtechnisierten Welt beklagen. Die Möglichkeit, immer informiert zu sein und jederzeit schnell kommunizieren zu können, bietet eine Fülle von Chancen und Anregungen. Diese «schöne neue Welt» ist in vielerlei Hinsicht aufregend und nützlich in einem.

Gleichzeitig aber kann diese schöne neue Welt das Liebesleben ungemein erschweren und gute Beziehungen sabotieren, jedenfalls dann, wenn man sich der Fallstricke des modernen Lebens nicht bewusst ist. Ironischerweise ist es gerade die Vielfalt der Kommunikationsmöglichkeiten, die das, was man ausdrücken will, undeutlich machen oder verfälschen und damit die Beziehungen von Menschen, die sich mögen oder lieben, schädigen kann.

Möglicherweise spüren Sie, dass die Menschen in Ihrer Umgebung gereizter sind als früher, aber Sie wissen nicht, warum. Ein Grund dafür ist, dass viele Menschen über die Maßen abgelenkt, belastet und beunruhigt sind. In einem solchen Gemütszustand kann man unmöglich vertraut miteinander umgehen und eine Liebesbeziehung aufrechterhalten. Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie die Fallen, die die Liebe sabotieren, umgehen und so die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Partner stärken können.

Wir leben in einer Welt, die sich innerhalb nur einer Generation radikal verändert hat. Das Leben wirft heutzutage völlig neue Probleme auf, die uns niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte begegnet sind. Die Diskussion der meisten dieser Probleme überlassen wir lieber Ökonomen, Soziologen, Wissenschaftlern, Politikern und Computerexperten, die davon mehr verstehen als wir.

Unser Wissensgebiet ist die Liebe. Deshalb beschäftigen wir uns mit dem Problem der Intimität in der heutigen Welt. Wir – Edward (genannt Ned) als Psychiater und Sue als Sozialarbeiterin – haben gelernt zu beurteilen, worin die Hindernisse, die unsere heutige Welt der Liebe in den Weg stellt, liegen – und was Sie tun können, um Ihre Liebe so stabil zu gestalten, wie Sie es sich wünschen.

Was dieses Buch von anderen Beziehungsratgebern unterscheidet, ist unsere Betonung dessen, was heutzutage neu und schwierig ist und wie sich die Muster der Intimität derzeit verändern. Die fundamentalen Umwälzungen unseres täglichen Lebens im letzten Jahrzehnt haben nicht nur die Wirtschaftslage, die politischen Machtverhältnisse, das Klima und die Kommunikationsgeschwindigkeit verändert, sondern auch die Art und Weise, wie Menschen einander näherkommen und nahe bleiben.

Auch wenn Intimität zu keiner Zeit einfach war, stellt uns die heutige Welt vor ganz neue Herausforderungen mit ihren vielen Neuerungen wie dem Austausch von SMS mit dem geliebten Menschen, der Partnersuche im Internet, dem Wettstreit um die Aufmerksamkeit des Partners gegen die elektronischen Geräte oder dem wirtschaftlichen Druck, der infolge von Rezession, Personalabbau und Globalisierung auf den Paaren lastet; noch nie mussten die Menschen in ihrem Leben mit schnellerem Wechsel und größerer Unsicherheit fertig werden.

Im Mittelpunkt all dieser Dinge steht das, was wir das moderne Paradox nennen: Niemals zuvor war es so leicht, mit so vielen Menschen elektronisch Kontakt zu halten, aber selten zuvor war es so schwer, wirkliche menschliche Nähe zu erfahren. Unsere elektronische Welt hat uns eine Art emotionaler Isolation voneinander erlaubt und gleichzeitig aufgezwungen. Was als Annehmlichkeit begann, ist zu einer Art extrovertierter Einsamkeit geworden: Unsere Welt produziert einen unablässigen Austausch von Dialogen und Informationen, während sich die Menschen, die daran teilhaben, merkwürdig allein fühlen.

Zusätzlich hat die Verbindung von globaler Politik, Umweltverschmutzung und rasanter wirtschaftlicher Talfahrt Stress und Anspannung auf eine für uns gefährliche Höchststufe getrieben. Es ist gefährlich, mit so viel Angst und Stress zu leben, wie wir es heutzutage tun – ein weiterer Anlass zur Sorge! Wo wir auch hinschauen, finden wir Angst und Stress: bei uns selbst, bei unseren Freunden, bei unseren Kollegen, sogar bei unseren Kindern. Stress vergiftet die Intimität in Beziehungen, weil er unsere Aufmerksamkeit ablenkt von den Menschen, die uns am meisten bedeuten.

Wir alle tragen zur Schaffung dieser neuen Welt bei, und sei es nur, indem wir uns mitreißen lassen und immer schneller vorwärts eilen. Denken wir nur einmal daran, wie sich unser Alltag in den letzten 10 bis 15 Jahren verändert hat. Wann haben Sie Ihr erstes Handy erworben? Wann haben Sie zum ersten Mal 100 Programme auf Ihrem Fernsehgerät empfangen? Wie lange ist es her, dass man sonntags nicht einkaufen gehen konnte, weil die Geschäfte geschlossen hatten? Wann haben Sie aufgehört, Briefe von Hand zu schreiben? Wann haben Sie zum ersten Mal Google benutzt? Wann haben Sie sich zum ersten Mal überlastet und zum Zerreißen angespannt gefühlt?

Und dann, gerade als es uns unmöglich schien, noch mehr zu leisten oder noch mehr Stress zu ertragen, ging die Wirtschaft auf Talfahrt. Plötzlich dominierten uns bis dahin völlig unbekannte Menschen die Nachrichten, und wir mussten erfahren, dass sie uns bestehlen. Wir lasen über riesige verlorene Geldbeträge, die unser Vorstellungsvermögen überstiegen, verstanden hingegen nur zu gut, dass unser Vertrauen missbraucht, unsere Ersparnisse dezimiert, wenn nicht völlig vernichtet und unsere Jobs in Gefahr waren. Wir fühlten eine neue Welle von Angst und Wut in uns aufsteigen – und noch mehr Sorgen!

In dieser Situation erschien uns die Liebe und Unterstützung von unserem Ehepartner oder Lebensgefährten wichtiger als je zuvor. Wohin sonst konnten wir uns auch wenden? Wir mussten jedoch feststellen, dass es in unserer verrückten, hektischen Welt schwieriger als jemals zuvor geworden war, Liebe und Unterstützung zu finden. Jeder ist so beschäftigt und abgelenkt. Wer schafft es noch, einem anderen lange genug Beachtung zu schenken, sodass sich Liebe entwickeln kann?

Die Ehe, die hinter diesem Buch steht

Dieses Buch ist eine Gemeinschaftsarbeit. Genau wie die Lösung, die wir anbieten, in der Kraft der menschlichen Verbindungen liegt, ist das Buch selbst aus einer menschlichen Verbindung entstanden. An dieser Stelle möchte ich – Ned – in die erste Person wechseln, um ein bisschen von Sue und mir zu erzählen.

Wir sind seit 1988 verheiratet. Sue ist meine große Liebe, der beste Lebenspartner, den ich mir vorstellen kann. Mit mir verheiratet zu sein ist nicht einfach (ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt einen Mann gibt, mit dem es einfach wäre), und doch hat sie mich jeden Tag geliebt und mir mehr gegeben, als ich mir von einer Ehe je erhofft hatte. Sie ist der vernünftigste, freundlichste und liebevollste Mensch, den ich kenne.

Sie ist auch eine großartige Therapeutin. Ihre Berufsbezeichnung ist «Licensed Independent Clinical Social Worker» (kurz: LICSW; staatlich geprüfte, selbständige klinische Sozialarbeiterin). Sie war schon immer von Menschen fasziniert, von der Frage, wie sie miteinander auskommen – oder eben nicht – und wie man ihnen helfen kann.

Aufgrund der Tatsache, dass ich selbst an einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) leide, ist Sue im Laufe unserer vielen Ehejahre zu einer Expertin geworden für den täglichen Umgang mit einem Menschen, dessen Aufmerksamkeit unbeständig ist. Auch in ihrer Privatpraxis hat sie sich auf die Arbeit mit Paaren spezialisiert, bei denen einer oder beide Partner ADS haben. Sue selbst leidet nicht unter ADS, scherzt aber manchmal, dass es Tage gibt, an denen sie sich fragt, ob es vielleicht ansteckend ist.

Wir haben drei Kinder, die wir natürlich unendlich lieben und die alle die eine oder andere Form von ADS zeigen. Ihnen beim Heranwachsen zu helfen ist die größte Quelle der Freude und Zufriedenheit im Leben für Sue und mich.

Angesichts meiner nahezu drei Jahrzehnte langen Erfahrung in der psychiatrischen Behandlung von ADS und Sues Erfahrung in der Arbeit mit Paaren sind wir das perfekte Autoren-Duo für ein Buch über Ablenkung und deren Einfluss auf Beziehungen.

Dieses Buch handelt dennoch nicht von der Wirkung von diagnostizierter ADS auf eine Partnerschaft (auch wenn wir auf dieses Thema in Kapitel 11 näher eingehen). Wir schauen hier über ADS hinaus auf alle Beziehungen, in denen Ablenkung und Angst eine Rolle spielen – und das heißt, auf praktisch jede heutige Beziehung. Ob ein Partner an offiziell diagnostizierter ADS, einer Angststörung oder einer Stresserkrankung leidet oder nicht – Ablenkung, Angst und Stress sind in unserem modernen Leben so weit verbreitet, dass jede Partnerschaft durch irgendeine Form von Ablenkung beeinträchtigt wird. Nachdem wir uns so lange mit Aufmerksamkeit, Unaufmerksamkeit und Besorgnis beschäftigt haben, bieten wir mit diesem Buch einen Leitfaden für alle Menschen an, die das Gefühl haben, dass mangelnde Aufmerksamkeit, ein wahnsinnig gehetzter Lebensstil und ständige Sorgen ihrer Intimität im Wege stehen.

Wir haben dieses Buch geschrieben, um Ihnen zu helfen, folgende drei Ziele zu erreichen:

Sich darüber klar werden, was wir von unserer wichtigsten Beziehung erwarten, und jeden Tag das Gefühl haben, dieser Vorstellung ein Stück näherzukommen.

Unser Leben in Liebe genießen.

Sich jeden Tag inspiriert fühlen durch die Kraft unseres Traumes und die Chance, ihn zu verwirklichen.

Die übergeordnete Botschaft jeder einzelnen Seite unseres Buches ist eine Botschaft der Hoffnung. Realistische, ehrliche Hoffnung. Sie können die Kontrolle, zumindest teilweise, in dieser unsicheren Welt zurückerlangen. Sie können zerstörerische Ängste bezwingen. Und Sie können die Art von Liebe erfahren, die Sie sich wünschen.

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TEIL EINSProbleme der Intimität

EINSDie Anatomie der modernen Liebe

Gepriesen sei das unergründliche All

Für Leben und Freude, für Dinge und Wissen wunderbar,

Und für die Liebe, die süße Liebe, – doch Preis, Preis, Preis!

WALT WHITMAN

 

Sie haben dieses Buch aus einem bestimmten Grund in die Hand genommen. Es geht Ihnen um die Liebe.

Wahrscheinlich sind Sie auf Schwierigkeiten gestoßen, vielleicht auf kleine, vielleicht auf große. Menschliche Intimität ist so komplex, so verwickelt und verschachtelt, dass es schwer ist, nicht auf Schwierigkeiten zu treffen. Die meisten von uns stoßen beim Umgang mit anderen ständig auf Hindernisse, besonders bei den Menschen, die uns am nächsten stehen. Sollten Sie also Schwierigkeiten haben, halten Sie durch und lassen Sie in Ihrem Bemühen um Lösungen nicht nach. Jeder, der Ihnen erzählt, dass es leicht ist, eine lange Wegstrecke gemeinsam zu meistern, hat das noch nie versucht. Wenn Sie das Zusammensein immer noch ernst nehmen und daran arbeiten, werden sich Ihre Bemühungen auch auszahlen, solange Sie einen sinnvollen Plan haben. Es reicht nicht aus, eine Beziehung ernst zu nehmen und daran zu arbeiten. Es gibt Menschen, die ihr ganzes Leben daran arbeiten und nichts erreichen. Um Ihnen dabei zu helfen, Ihre Liebe lebendig und Ihre Ehe intakt zu halten, haben wir einen Plan erstellt, von dem wir wissen, dass er funktioniert.

Bei einem glücklichen Paar fühlen sich beide Partner sicher und erfüllt. Um sich in einer Beziehung sicher und erfüllt zu fühlen, muss jeder das Gefühl haben,

dass der andere gut von ihm denkt

dass der andere eine tiefe Zuneigung zu ihm fühlt

dass der andere eine besondere Fähigkeit an ihm erkennt.

Abgesehen davon sollte ein Lächeln auf Ihrem Gesicht erscheinen, wenn Sie an Ihren Partner denken, damit Liebe sich so entwickelt, wie wir alle sie uns wünschen. Sie sollten in Ihrem Partner einen Menschen sehen, mit dem Sie Spaß haben, auf den Sie sich freuen; jemanden, der Ihr Leben aus undefinierbaren Gründen zu etwas ganz Besonderem macht. Sie sollten das Gefühl haben, dass er oder sie ein Leuchten in Ihr Leben bringt, das Sie glücklich macht, egal, was um Sie herum passiert.

Eine natürliche Abfolge von fünf Schritten führt – wenn alles gut geht – zu einem solchen Glück in der Liebe. Jeder Schritt sollte nahtlos in den nächsten übergehen, aber leider wirkt, wie wir später noch sehen werden, unser modernes Leben immer wieder störend darauf ein. Diese Schritte sind:

Aufmerksamkeit

Zeit

Einfühlungsvermögen

Verbindung

Spiel.

Liebe beginnt mit Aufmerksamkeit. Liebe beginnt, wenn wir einen anderen Menschen wahrnehmen. Liebe beginnt, wenn jemand unsere Aufmerksamkeit erregt. Sei es auf einer Party mitten in einem überfüllten Raum oder durch eine Anzeige bei einer Internet-Partnerbörse – irgendein Signal zieht unsere Aufmerksamkeit auf diese bestimmte Person und nicht auf eine andere. Niemand hat bisher genau herausgefunden, wie und warum das passiert – aber es geschieht seit Urzeiten so.

In der heutigen Welt stören Ablenkungen unsere Aufmerksamkeit pausenlos. Es erscheint manchmal unmöglich, die Grundvoraussetzung für Liebe – nämlich Aufmerksamkeit – zu geben oder zu erhalten.

Ist man erst einmal – was kein kleines Kunststück ist – aufmerksam aufeinander geworden, ist der nächste Schritt hin zur Liebe, diese Aufmerksamkeit eine Zeit lang festzuhalten. Ohne dauerhafte Aufmerksamkeit kann die Liebe nicht wachsen. Auf der anderen Seite kann zu viel Aufmerksamkeit sie ersticken. Auch wenn einige Leute behaupten, die richtige Balance im Voraus zu kennen – jede Liebe ist anders, und das ist auch der Grund dafür, dass es nicht das eine Patentrezept dafür gibt und die von «Experten» angebotenen «Tipps, die große Liebe zu finden» so oft fehlschlagen.

Aufmerksamkeit schenken und erhalten wird zu einer Art Tanz, wenn die Liebe wächst. Man sieht sich, man sieht sich wieder nicht. Man gibt sich unnahbar, man lässt sich nicht leicht erobern. Wenn du mich haben willst, musst du dich anstrengen. In diesem Stadium konzentriert sich unsere Aufmerksamkeit auf den anderen in dessen Abwesenheit. Man widersteht mit allen Mitteln der Versuchung, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und anzurufen. Man geht dem anderen bewusst aus dem Weg, während man Tag und Nacht an ihn denkt. Man beschäftigt sich mit der anderen Person, hält aber eine gewisse Distanz. Das ist der Tanz der wachsenden Liebe.

Doch wie schon gesagt: Unser Zeitalter der Ablenkung kann diesen Tanz unterbrechen. Wenn man keine Zeit zum Schauen und Staunen hat; wenn man keine Zeit hat, sich anzunähern und wieder zurückzuziehen und mit Herz und Seele dabei zu sein, gerät die Liebe ins Stocken. Nicht, weil man nicht zusammenpasst, sondern weil man der Liebe nicht genügend Raum zum Wachsen gegeben hat.

Aufmerksamkeit, die man über längere Zeit in angemessenem Maß geschenkt und erhalten hat (wobei das Maß von Paar zu Paar verschieden ist) führt zu einem tieferen Interesse und Kennenlernen des anderen, was wiederum Verständnis und Einfühlsamkeit begründet.

Gegenseitiges Einfühlungsvermögen schafft eine Verbindung. Man kann die Kraft einer starken Verbindung nicht hoch genug einschätzen. Sie bestimmt das Leben. Aber sie kann sich nicht entwickeln, wenn Menschen unfähig sind, jemand anderem über längere Zeit ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Ein solch banales Hindernis – Ablenkung – ruiniert in unserer Zeit Millionen von möglichen intimen Beziehungen.

Aber wenn wir in der Lage sind, eine echte Verbindung einzugehen, können wir es schaffen. Das ist der Lohn der Liebe. In einer Bindung fühlen wir uns sicher genug, unsere Verletzlichkeit zu zeigen. Wir fühlen uns sicher genug, um loszulassen und zu spielen. Spielen ist die wichtigste Aktivität wahrer Liebe. Mit «spielen» meinen wir jede Aktivität, bei der unsere Phantasie lebendig wird.

Oft geht das Spielen mit dem eng verwandten Feiern einher. Eine neue Untersuchung hat gezeigt, dass es noch wichtiger ist, für den Partner in guten Zeiten da zu sein als in schlechten Zeiten. Die Studie fand heraus, dass es ein stärkerer Indikator für die Qualität einer Partnerschaft ist, wenn man Erregung und Freude über gute Nachrichten miteinander teilt, als dem Partner zuverlässig zur Seite zu stehen, wenn schlechte Nachrichten eintreffen.

Zusammen zu spielen und zu feiern – Spaß miteinander zu haben – ist sehr viel wichtiger, als die meisten Menschen glauben. Diese Fähigkeit ist der Eckpfeiler aller gelungenen Beziehungen.

Wie wir bereits erwähnt haben und im weiteren Verlauf immer wieder zeigen werden, bedrohen die Bedingungen des modernen Alltags jeden der genannten fünf Schritte, was wiederum die Lebendigkeit und Kraft der Liebe bedroht. Nicht weil Menschen nicht zusammenpassen, nicht weil Menschen beziehungsunfähig sind, sondern einfach weil die heutige Welt Fallen bereithält, die auch die beste Beziehung aus der Bahn werfen können.

Natürlich wissen wir nicht genau, wie die Anregungen, die Sie hier finden, Ihnen helfen werden, weil wir die Besonderheiten Ihrer Situation nicht kennen. Vielleicht sind Sie in großer Not, vielleicht aber auch nur ein wenig besorgt. Wie auch immer, Sie erwarten wahrscheinlich mehr von Ihrer Ehe (oder einer anderen engen Beziehung), als Sie derzeit bekommen. Dieses Buch wird Ihnen dabei helfen. Wenn Sie den Vorschlägen folgen, die wir Ihnen auf diesen Seiten anbieten, wird Ihre Beziehung zwangsläufig tiefer und befriedigender werden. Und keine Angst: Die Vorschläge sind überhaupt nicht schwer umzusetzen. Sie müssen keine Fremdsprache erlernen oder einer neuen Religion beitreten. Alles, was Sie wirklich tun müssen, ist, ein wenig Zeit zu erübrigen. Das ist nicht leicht, aber möglich, oder?

Vielleicht glauben Sie, dass Ihre Ehe eigentlich ganz gut funktioniert, aber besser sein könnte. Oder Sie fühlen sich wie die Frau, die einmal zu Ned sagte: «Ich weiß, dass meine Ehe eigentlich in Ordnung ist … bis ich innehalte und darüber nachdenke.»

Wahrscheinlich findet sich Liebe in Ihrer Ehe, und auf dieser Liebe werden wir aufbauen. Aber selbst wenn Sie der Meinung sind, dass keine Liebe vorhanden ist, werden wir Ihnen helfen, die positiven Dinge zu finden. Im Mittelpunkt unserer Methode steht das Erkennen und Weiterentwickeln dessen, was bereits gut ist. Sie wären nicht mit Ihrem Partner zusammen, wenn Sie ihm nicht einmal Liebe oder etwas Ähnliches wie Liebe entgegengebracht hätten, aber vielleicht ist diese Liebe mittlerweile nicht mehr so einfach zu finden.

Eine von Neds Patientinnen sagte einmal: «Mein Ehemann und ich arbeiten so hart daran, alles hinzukriegen, wir sind wie ein kleines Unternehmen, und Unternehmen funktionieren nicht durch Liebe. Geld verdienen, sich um die Kinder kümmern, das Haus instand halten, Weihnachten, Geburtstage und Feste feiern, Kuchen backen, Schule, Hausaufgaben erledigen, Kontakt zu den Verwandten halten, das ganze Programm. Bei all dem, was erledigt werden muss, frage ich mich manchmal, wo die Liebe bleibt. Sind wir doch mal ehrlich, wer hat schon Zeit dafür?»

Manchmal sind wir einfach zu beschäftigt, um dem meistgeliebten Menschen unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Wir nehmen ihn als selbstverständlich hin. Es gibt einfach zu viel zu tun. Vielleicht sind Sie aber auch entnervt, wie schwierig es geworden ist, die volle Aufmerksamkeit Ihres Partners auf sich zu lenken oder die Zeit für ein paar schöne Augenblicke zu zweit zu finden; Zeit, in der Sie beide voll und ganz präsent sind.

Das Leben ist so unsicher geworden, so voller Sorgen und Unwägbarkeiten, dass es manchmal schwer sein kann, romantischen Gefühlen Raum zu geben. Man kommt sich mitunter vor, als würde man eine Krise nach der anderen oder zumindest ein Ärgernis nach dem anderen abarbeiten.

Wir leben in unruhigen Zeiten. Also suchen Sie wahrscheinlich nicht nur nach tieferer Liebe, sondern auch nach größerer Stabilität – und das in einer Welt, in der weder Liebe noch Stabilität leicht zu finden sind.

Vielleicht erhoffen Sie sich auch ein wenig Spaß. Aber heutzutage weicht der Spaß oft der Angst. Und während Sie das hier lesen, fragen Sie sich möglicherweise, ob angesichts der Hektik und der Sorgen unseres modernen Lebens und all der Dinge, die man tun muss, um sich über Wasser zu halten, auch nur eine der hier erwähnten Hoffnungen eine reelle Chance hat, verwirklicht zu werden. Eheliche Glückseligkeit scheint eher ein unsinniger Wunschtraum zu sein als ein realistisches Ziel.

Vielleicht ist der Ausdruck «eheliche Glückseligkeit» übertrieben, aber echte Freude in der Ehe ist ein Ziel, das, wie wir glauben, jeder Mensch erreichen kann. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Wunschtraum nicht unsinnig ist. Wir werden Ihnen zeigen, was Sie tun können, um die Hindernisse zu überwinden, denen sich Ehen und andere Beziehungen heutzutage gegenübersehen.

Wir möchten einen Bezug zu Ihnen herstellen, egal, wo Sie emotional gerade stehen. Beim Schreiben dieses Buches haben wir immer wieder versucht, uns Ihre Seite des Gespräches vorzustellen, Ihre Sorgen und Bedürfnisse. Wir haben versucht, vorauszuahnen, was Sie wissen möchten. Wir haben die Ehe in einem modernen Kontext untersucht – in Ihrem Kontext.

Eine der verstörendsten Erkenntnisse über unser heutiges Leben ist, wie böse, gehässig und unfreundlich es sein kann. Dank moderner Technologie leben wir in einem Zeitalter des sofortigen Erwischt!; in einem Zeitalter voller Tratsch und Klatsch und Skandale, die in einer Endlosschleife über die Bildschirme dieser Welt flimmern; in einem Zeitalter verschwindender Privatsphäre und wachsenden Misstrauens, in dem witziger Spott und «geistreiches» Verhöhnen Aufmerksamkeit erregen, während ein anerkennendes Lob abgedroschen und altbacken klingt.

Und doch sehnen sich die meisten Menschen nach einem Lob und etwas Harmonie im Leben. Sind Sie die Enthüllungen, bloßgestellten Helden, korrupten Führungspersönlichkeiten und gebrochenen Versprechen nicht auch leid? Wünschen Sie sich stattdessen nicht auch jemand, dem Sie wirklich vertrauen können? Suchen Sie diese Person nicht in den Nachrichten. Suchen Sie zu Hause. Suchen Sie bei Ihren Freunden. Und vor allem, suchen Sie bei Ihrem Lebensgefährten. In diesen Tagen ist es am besten, seinen eigenen Zufluchtsort zu schaffen, ein Netzwerk positiver Bindungen, einen privaten Schutzwall gegen die Flut von Informationen und Enttäuschungen, die wir Nachrichten nennen.

Neben der schlechten Laune zeichnet sich unser Zeitalter durch ein nie dagewesenes Maß an Ablenkung und Angst aus. Unser tägliches Leben platzt vor Neuigkeiten und bedrohlichen Informationen dermaßen aus allen Nähten, dass sich eine Begebenheit, Meinung oder Idee in Höchstgeschwindigkeit mit einem panzerbrechenden Widerhaken in unsere Gedanken bohren muss, um überhaupt bei uns anzukommen. Freundlichkeit und Höflichkeit sind zu langsam und nicht spitz genug, um Einlass zu finden. Es gibt keinen «Haken» an Höflichkeit. Deswegen droht ihr das gleiche Schicksal wie dem altmodischen Telefon mit Wählscheibe und dem handgeschriebenen Dankesschreiben. Wir brauchen Lärm, Konflikte, schlechte Neuigkeiten, Streit und menschliches Leid oder sogar unseren eigenen Schmerz – dann erst werden wir aufmerksam.

Viele Menschen sind verbittert und sehnen sich nach einem freundlichen Wort, aber sie zögern, darum zu bitten oder selbst Zuspruch zu schenken, damit sie nicht schwach, altmodisch oder verletzlich erscheinen.

Doch der Erfolg einer Ehe und aller anderen engen Beziehungen hängt davon ab, ob es uns gelingt, ausreichend zu «entschleunigen» und uns weit genug zu öffnen, dass ein Ort entstehen kann, an dem einfache, freundliche Worte willkommen sind. Solche Worte sind in unserer Welt schwer zu finden. Wir werden Ihnen dabei helfen, sie zu finden und auszusprechen, wo immer Sie auch gerade sein mögen.

Anders als der Traum, reich oder berühmt zu werden, den Nobelpreis zu gewinnen, in die Erste Liga aufzusteigen oder 110 Jahre alt zu werden, ist der Traum von der Liebe einer, den jeder Mensch verwirklichen kann. Geben Sie ihn nicht auf.

Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, haben Sie das auch noch nicht getan.

Aber Sie sind ein wenig frustriert – oder vielleicht auch sehr frustriert – wegen der Schwierigkeit, Ihre Beziehung in die Form zu bringen, die sie haben könnte, oder in der Form zu halten, die Sie sich für Ihre Partnerschaft wünschen.

Wärme und Intimität benötigen tägliche Anstrengung, aber wer hat schon Zeit dafür? Es gibt größere Probleme, über die man sich Sorgen machen muss, als die Liebe. Sie haben den Buchtitel gesehen und im Stillen gedacht: «Ja! Genauso ist es! Es ist so einfach und doch so schwer! Könnten wir uns gegenseitig doch nur Vorrang vor allem anderen einräumen und uns für mehr als ein oder zwei Minuten wirklich begegnen …»

Vielleicht sind Sie frustriert, weil ihr Partner immer wieder mitten in einem für Sie wichtigen Gespräch oder Vorhaben verschwindet, entweder buchstäblich oder im übertragenen Sinn. Sie fragen sich wahrscheinlich, was in aller Welt Sie tun müssen, um seine oder ihre Aufmerksamkeit lange genug zu fesseln, um die Verbindung, die Sie sich so sehnlich wünschen, herzustellen. Möglicherweise versuchen Sie herauszufinden, wie Sie selbst trotz der vielen Dinge, die Sie jeden Tag erledigen müssen, mental präsenter sein könnten und stärker bemüht um die Person oder die Menschen, die Sie lieben. Es gibt so viel, worüber man sich Gedanken machen muss. Wo hat Liebe da noch Platz? Ist Liebe nicht reiner Luxus, mit dem sich reiche Müßiggänger schmücken (vergessen wir aber nicht, dass es eine der wenigen felsenfesten Kenntnisse der Soziologie ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen Reichtum und Glück gibt. Steigt unser Einkommen über die Armutsgrenze, hat ein weiter steigendes Einkommen nicht automatisch eine steigende Lebensfreude zur Folge. Klar, wir würden alle gerne an diesem Experiment teilnehmen, aber es ist wirklich schon oft nachgewiesen worden!)?

Sie fragen sich vielleicht auch, ob Sie einfach zu viel von Ihrer Ehe erwarten. Sie sagen sich möglicherweise: «Vielleicht ist diese tagtägliche Distanz in einer normalen Partnerschaft einfach unvermeidlich. Vielleicht muss ich mir bewusst werden, dass Romantik nur im Märchen vorkommt und dass das reale Leben eher wie ein Roman ist, in dem jeder unglücklich und frustriert ist und die klügsten Charaktere die sind, die die unvermeidlichen Grenzen im Leben akzeptieren. Vielleicht ist das Beste, was man sich erhoffen kann, Katastrophen zu vermeiden und sich mit dem zu begnügen, was man hat.»

Aber dennoch: Sie wollen mehr. Das ist ein gesunder Instinkt, keine Gier. Es ist gut, das Beste von der Liebe zu erhoffen. Sie wollen Ihren Traum nicht aufgeben, und das sollen Sie auch nicht. Sie fragen sich, warum Sie so viel Zeit aufwenden müssen für Routinearbeiten und die alltäglichen Dinge des Lebens wie Müll raustragen, Kinder chauffieren, fällige Rechnungen bezahlen, die Klauen Ihres Hundes schneiden, und so wenig Zeit haben, die Nähe zu genießen, die Sie sich in Ihrer wichtigsten Beziehung so sehnlich wünschen. Sie fühlen sich vielleicht so, als fände in Ihrem Wohnzimmer eine Party statt und Sie müssten allein in der Küche essen.

Sie haben es satt, Ihrer Ansicht nach weit mehr als Ihren gerechten Anteil der anfallenden Arbeitslast zu tragen. Sie möchten Teil eines Teams sein und nicht eines Paares, das nur nebeneinanderher arbeitet. Sie möchten die Party im Wohnzimmer gemeinsam genießen. Und das sollen Sie auch!

ZWEIDarf ich um deine Aufmerksamkeit bitten?

Liebe wird nicht daran gemessen, wie oft man einander berührt, sondern wie oft man einander erreicht.

CATHY MORANCY

 

«Sagst du mir bitte nochmal, warum wir zu Target fahren, Liebes?», bat Jim seine Frau, während er sich an einem dunstigen Sommertag durch den langsamen, dichten Verkehr kämpfte. Jim hasste Staus fast so sehr wie feuchte Hitze. In der Gegend um Boston gibt es von beidem mehr als genug. Diese Voraussetzungen machten es ihm schwer, sich auf etwas anderes als die Hitze, den Verkehr und seinen Unmut, mit beidem fertig werden zu müssen, zu konzentrieren.

«Es ist einfach so heiß», erwiderte Elaine, «und ich habe keine leichte Kleidung. Die Kinder auch nicht. Keine Angst, es wird nicht viel kosten. Danach können wir ja ein Schwimmbad suchen.»

Jim fuhr weiter. Die drei Kinder auf dem Rücksitz zappelten, alberten herum, kicherten und kabbelten sich.

«Liebes, du wolltest zu Target gehen, oder?», fragte Jim und wartete auf eine Antwort. Als er nichts hörte, wiederholte er: «Zu Target, oder, Liebes?»

«Jim, ich habe dir gerade gesagt, dass ich zu Target möchte und dir außerdem genau erklärt, warum. Was davon hast du nicht verstanden? Oder hast du nicht zugehört?»

Jim stotterte ein bisschen herum, als er antwortete: «Tut mir leid, ich habe gedacht, ich hätte genau zugehört, es ist ja nicht so, dass ich nicht zuhören möchte, es ist nicht deinetwegen, es ist überhaupt nicht deine Schuld, es ist nur manchmal so, dass ich die Worte höre, aber der Inhalt mich nicht erreicht. Diese Hitze und dieser Verkehr machen mich verrückt. Nimm es bitte nicht persönlich.»

«Ich nehme es aber persönlich. Ich nehme es persönlich, weil es so oft passiert.» Elaine machte eine Pause, dann entschied sie sich, fortzufahren. «Was muss ich tun, um deine Aufmerksamkeit für das, was ich dir sagen möchte, zu bekommen? Ich weiß, dass mein Leben nicht furchtbar interessant ist, wie es auch nicht furchtbar interessant ist, dass ich zu Target gehen möchte oder warum ich dort hingehen möchte. Aber dass du mich wieder und wieder fragst, wohin wir gehen, nachdem ich es dir mindestens schon zweimal gesagt habe, ist eine Beleidigung. Wie sollte ich das nicht persönlich nehmen? Was muss ich tun, um zu dir durchzudringen?»

«Es tut mir leid.» Jim war schon so oft in dieser Situation gewesen, dass ihm als einzige Strategie nur blieb, die Scherben aufzusammeln und seine Entschuldigung zu wiederholen. Er wusste, dass ihn Rechtfertigungen oder Erklärungen nicht weit bringen würden.

«Dass es dir leidtut, reicht einfach nicht», fuhr Elaine fort, «dass es dir leidtut, bringt mir überhaupt nichts. Ich möchte keine Entschuldigung. Was bringt mir eine Entschuldigung denn schon? Es tut dir leid, aber es ändert sich nichts. Ich weiß, es ist albern, dass wir uns darüber streiten, zu Target zu gehen, aber hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie es für mich ist, zu wissen, dass ich bei der Hälfte unserer Gespräche genauso gut mit einem Felsbrocken reden könnte?»

«Es tut mir leid. Ich versuche, dir zuzuhören, und ich weiß, dass es frustrierend für dich ist. Diese Hitze und dieser Verkehr machen mir wirklich zu schaffen.»

«Du hast immer eine Entschuldigung. Ich verstehe das ja mit der Hitze und dem Verkehr, aber ich hätte noch wesentlich mehr Verständnis, wenn du nicht immer irgendwelche Ausreden hättest. Was auch immer der Grund dafür ist, es ist manchmal fast unmöglich, dich zum Zuhören zu bringen. Das ist mehr als frustrierend. Ich fühle mich dann so alleingelassen. Und was es noch schlimmer macht: Es scheint dir überhaupt nichts auszumachen.»

Wenn wir an Intimität denken, denken wir in der Regel an Nacktheit und Verletzlichkeit. Wir denken daran, uns ganz zu öffnen und unsere tiefsten Geheimnisse miteinander zu teilen. Wir denken an das Entblößen unseres wahren Ichs. Aber bevor das eintreten kann, muss etwas anderes geschehen. Es ist der notwendige erste Schritt hin zur Intimität, der Schritt, der als selbstverständlich hingenommen wird. Es geht darum, aufmerksam zu sein.

Die Mindestanforderung für Intimität ist Aufmerksamkeit. Ohne Aufmerksamkeit ist emotionale Nähe unmöglich. Ablenkungen sind für ein intimes Gespräch das, was Wasser für Feuer ist.

Aufmerksam sein klingt so einfach. Tatsächlich klingt es wie eine der leichtesten mentalen Aufgaben. Jeder kann aufmerksam sein. Man wacht auf, man ist aufmerksam und alles ist gut, bis man am Ende eines Tages wieder schlafen geht, oder? Verglichen mit, sagen wir mal, dem Nachdenken über eine neue Idee – oder überhaupt mit dem Denken – klingt aufmerksam sein wie ein Kinderspiel.

Aber das ist es nicht. Im Gegenteil: Es ist eine der kompliziertesten Übungen im 21. Jahrhundert. Vor einigen Jahrzehnten noch erachtete man aufmerksam sein mehr oder weniger als selbstverständlich. Aber die Technologie hat dies alles verändert. Wir sind in eine neue Ära gestolpert, die Älteren von uns zudem noch ziemlich unbeholfen. Niemals zuvor seit der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg hat Technologie unser tägliches Leben so radikal verändert. Wir befinden uns im freien Fall eines Epochenwandels.

Der «einfache» Vorgang des Aufmerksamseins ist anstrengend geworden, ähnlich wie der Versuch, einen verrauschten Radiosender zu hören oder die Fahrbahn zu erkennen, während man ohne Scheibenwischer durch einen Regenguss braust.

In unserem Zeitalter der allgegenwärtigen elektronischen Kommunikationstechnologie, in einem Zeitalter, das der New York Times-Kolumnist Tom Friedman als «das Zeitalter der Unterbrechung» bezeichnet hat, brauchen wir all unsere mentalen Muskeln, um gegen Strömungen anzuschwimmen, die an uns ziehen und zerren, um unsere Aufmerksamkeit an sich zu reißen.

Diese Situation ist verwirrend und schwierig, weil sie neu ist. Niemals zuvor waren wir fähig, von unserem Gehirn zu verlangen, so viele Informationen zu verarbeiten, wie wir das heutzutage tun. Niemals zuvor waren wir fähig, so viel in einem Wimpernschlag, im Handumdrehen, in einem Augenblick zu tun wie heute. Technikfreaks haben «einen Augenblick» sogar definiert. Es ist eine Hundertstelsekunde. Wie viel kann man in einem Augenblick erledigen?

Wir messen unser Leben in Augenblicken, weil wir niemals zuvor auf so vieles achten mussten. Niemals zuvor waren wir vor so viele Entscheidungen gestellt wie heute, Sekunde für Sekunde. Jeder Moment – jeder Augenblick – stellt uns vor die Wahl. In Bruchteilen von Sekunden bietet sich uns die Chance auf Ablenkung. Mit jedem Wimpernschlag müssen wir entscheiden, welchen Dingen wir unsere Aufmerksamkeit schenken, welcher Versuchung wir widerstehen, welchem Hinweis wir folgen, auf welches Türeklopfen wir antworten und welches wir ignorieren. Jeder von uns ist ein Fluglotse, eingepfercht in seinen eigenen persönlichen Kontroll- und Beobachtungsturm. Das einzige Problem ist, dass dieser mentale Tower, anders als bei jenen auf Flughäfen, frei zugänglich ist und jedermann zu jeder Zeit dort eindringen kann.

Wir sind mit so vielen Möglichkeiten der Unterbrechungen «gesegnet», dass es sich tatsächlich ganz merkwürdig anfühlen kann, wenn einige Minuten ohne Unterbrechung verstreichen. Was habe ich gerade verpasst? Gehöre ich etwa nicht mehr dazu?

Wir sind so daran gewöhnt, unterbrochen zu werden, dass nicht unterbrochene Zeit – die einst als friedlich erachtet wurde – seltsam quälend sein kann. Wie langweilig! Wo ist die Stimulation? So viel wir uns auch darüber beschweren mögen, unterbrochen zu werden, so checken wir doch freiwillig, wenn nicht gar zwanghaft, unsere Nachrichten – Anrufbeantworter, E-Mail, SMS –, selbst wenn dafür gar keine Veranlassung besteht. Wertvolle Neuronen unseres Gehirns widmen sich der gespannten Erwartung von Unterbrechungen, selbst wenn dann doch nichts passiert. Wir halten mitten in einem Projekt oder Gespräch inne, um nicht etwa den Fortschritt unseres Projektes oder Gesprächs, sondern unsere Nachrichten zu überprüfen.

Bedenkt man neben dieser Techniknervosität noch, welche Ungewissheit und Angst unser modernes Leben bestimmt, kann man leicht erkennen, warum Aufmerksamkeit mehr als eine gewöhnliche Anstrengung benötigt. Lässt man für einen Moment locker, springen einen die Dämonen der quälenden Gedanken an: Werde ich auch nächste Woche noch einen Job haben? Werden meine Kinder ihren Weg im Leben machen? Kann ich meinen Investitionen und Beratern trauen? Die Liste ist endlos.

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Mit dem, was Sie gerade eben tun – nämlich ein Buch lesen – gehören Sie einer Minderheit an. Mit dem Lesen dieses oder jedes anderen Buches gehören Sie zu einer aussterbenden Art von Menschen, die nachsinnen und reflektieren, die wirklich innehalten und nachdenken. Lesen – oder jede andere Aktivität, die eine ausdauernde geistige Anstrengung verlangt – braucht ein gewisses Maß an dauerhafter Aufmerksamkeit, zu der immer weniger Menschen bereit oder überhaupt fähig sind.

Ohne es zu merken, verlieren wir unsere Fähigkeit, zu verweilen und den Moment auszukosten. Reflexartige Ungeduld treibt uns zur Hetze, auch wenn es gar keine Veranlassung gibt, sich zu beeilen. Wann haben Sie das letzte Mal beim Kaffeetrinken getrödelt, ein Gespräch in Ruhe genossen oder sich ein paar schöne Stunden in einem Museum oder einer Buchhandlung gegönnt? Fühlen Sie nicht stattdessen auch einen zwanghaften inneren Druck, sich zu beeilen?

Aber um lieben zu können, müssen wir unser Tempo drosseln. Wir müssen Pausen einlegen. Wir müssen dem anderen Beachtung schenken. Schnelle Liebe ist ungefähr so befriedigend wie Fast Food. Für eine Liebe, die Sie trägt und die Ihnen eine tiefe Freude schenkt wie nichts anderes in diesem Leben, müssen Sie verweilen und genießen. Was Liebe ihre spezielle Tiefe und Prägung verleiht, kommt nur mit der Zeit. Die beste Liebe ist die in die Jahre gekommene Liebe. Alles andere ist Verliebtheit. Aber um wahre Liebe schätzen zu lernen, Liebe, die auch bei Veränderungen unveränderlich bleibt, müssen Sie sich Zeit nehmen – und nicht stehlen lassen. Sie müssen der Liebe erlauben, Sie von Ihren Sorgen und Ihrer Hektik zu befreien, wenigstens für den Moment.

Damit das geschieht, müssen Sie sehr aufmerksam sein. Sie müssen den kleinsten Wandel im Ausdruck Ihres Gegenübers erkennen: das Neigen des Kopfes, die Bewegung der Hände, die Überraschungslaute. Damit Liebe die Art von Gefühlen hervorruft, die sie hervorrufen kann und sollte, damit Liebe uns all den Schmerz im Leben ertragen lässt und für Momente diesen Schmerz lindert, müssen wir von Liebe umhüllt sein wie von einem luxuriösen warmen Bad. Machen Sie langsam. Solange Sie es noch können.

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In unserer unruhigen, rasenden Welt können wir nicht einfach die Uhren zurückdrehen zu den Tagen der mechanischen Schreibmaschinen, den «Niemand-zu-Hause»-Anrufen oder der Zeit ohne elektronische Geräte. Wir müssen lernen, mit dem Chaos um uns herum, aber auch den Möglichkeiten umzugehen.

Ohne es zu merken oder zu wollen, trainieren wir uns ständig darin, in höchster Bereitschaft für Unterbrechungen zu sein, unsere E-Mails zu checken und lieber Informationen zu verarbeiten als etwas zu erforschen, uns etwas auszudenken, über etwas nachzudenken oder etwas zu fühlen. Wir verlieren ganz allgemein das Bedürfnis oder sogar die Fähigkeit zum Nachsinnen, Innehalten, Phantasieren oder uns auf eine Sache oder eine Person mehr als einen flüchtigen Moment lang zu konzentrieren.

In der Tat könnte man die Stimmung in unserer Gesellschaft als ungeduldig und besorgt beschreiben. Wer kann warten? Wer wartet? Warten ist absolut von gestern. Heutzutage muss jeder sich beeilen und hetzen. Es gibt so viel zu tun, es gibt so vieles, über das man sich Sorgen machen muss. Wir haben unser Nervensystem umprogrammiert, jetzt fordern wir Speed. Speed ist die Droge der Nation – nicht die Straßendroge Speed, sondern das Phänomen Schnelligkeit. Oder wie der Schriftsteller Milan Kundera es beschrieben hat: «Geschwindigkeit ist die Form der Ekstase, mit der die technische Revolution den modernen Menschen beschenkt hat.»

Die heutige Welt ist vor allem eines: schnell. Das ist schön, sogar wunderbar, solange man die Folgen und inneren Zusammenhänge versteht. Es ist eine neue Physik des menschlichen Miteinanders entstanden. Eine konstant hohe Geschwindigkeit erschwert die Konzentration. Schnell unterwegs sein macht es schwierig, länger als einen Moment lang aufmerksam zu sein. Wenn man nicht aufpasst, bringt man am Ende allem und jedem das entgegen, was die ehemalige Microsoft-Vorstandsvorsitzende Linda Stone einmal eine «kontinuierliche Teilaufmerksamkeit» nannte. Nichts kann unsere volle Konzentration wecken. Das ist schlecht fürs Geschäft – und noch schlechter für die Liebe.

Wenn diese neue Physik Einlass in eine Ehe findet, beginnt man möglicherweise, sich einsam und gereizt zu fühlen. Man fragt sich vielleicht, wohin der Mensch, den man einmal geheiratet hat, verschwunden ist. Man fragt sich vielleicht auch, wo das eigene Leben geblieben ist.

Schnelligkeit, Überlastung und Angst haben den sprichwörtlichen Elefanten im Wohnzimmer geschaffen, den alle sehen, über den aber keiner spricht. Doch anders als die anderen metaphorischen Elefanten im Zimmer, die man zu übersehen vorgibt, war dieser Elefant unser Baby, unser hinreißendes, anbetungswürdiges Schoßkind.