Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Dieser Band enthält folgende Titel: Prolog zur Liebe (Anna Martach) Tausend heiße Liebesnächte (Sandy Palmer) Winterserenade (Sandy Palmer) Einen so spannenden Auftrag hat die Journalistin Ellen Niehaus lange nicht mehr bekommen: Sie soll in Dubai den Schauspieler Dennis Ullmann interviewen, der dort vor Drehbeginn eines Actionfilms Urlaub macht. Der Traumjob gestaltet sich allerdings ziemlich anstrengend, denn Dennis wohnt nicht, wie angekündigt, im Burj Al Arab. Auf ihrer Suche trifft sie einen ebenso geheimnisvollen wie aufregenden Mann mit dunklen Märchenaugen, der sie Dennis vergessen lässt …
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 288
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Liebe und Schicksal Großband 1/2023
Copyright
Prolog zur Liebe
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
Tausend heiße Liebesnächte
Winterserenade
Dieser Band enthält folgende Titel:
Prolog zur Liebe (Anna Martach)
Tausend heiße Liebesnächte (Sandy Palmer)
Winterserenade (Sandy Palmer)
Einen so spannenden Auftrag hat die Journalistin Ellen Niehaus lange nicht mehr bekommen: Sie soll in Dubai den Schauspieler Dennis Ullmann interviewen, der dort vor Drehbeginn eines Actionfilms Urlaub macht.
Der Traumjob gestaltet sich allerdings ziemlich anstrengend, denn Dennis wohnt nicht, wie angekündigt, im Burj Al Arab. Auf ihrer Suche trifft sie einen ebenso geheimnisvollen wie aufregenden Mann mit dunklen Märchenaugen, der sie Dennis vergessen lässt …
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
COVER A.PANADERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Folge auf Facebook:
https://www.facebook.com/alfred.bekker.758/
Folge auf Twitter:
https://twitter.com/BekkerAlfred
Erfahre Neuigkeiten hier:
https://alfred-bekker-autor.business.site/
Zum Blog des Verlags!
Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!
https://cassiopeia.press
Alles rund um Belletristik!
von Anna Martach
Der Umfang dieses Buchs entspricht 113 Taschenbuchseiten.
Die Innenarchitektin Rita lernt im Zuge eines Einbruchs in ihr Büro den Polizisten Nicholas Rhode kennen. Die beiden sind sich sofort sympathisch und auch bald darauf ein Paar. Doch hält die Liebe den häufigen Eifersuchtsattacken Rhodes statt oder bleibt es nur bei einem Prolog zur Liebe?
Ritas weit aufgerissene Augen schweiften fassungslos über das Chaos in ihrem und den angrenzenden Büros.
„O nein!“, sagte sie erschüttert.
Sie schritt vorsichtig über verstreute Akten, zerrissene Zeichnungen und malerisch verstreute Stoffmuster. Der Fuß der Frau stieß an etwas, Porzellan klirrte, als sie sich niederbeugte und Scherben aufsammelte. Tränen der Wut und der Hilflosigkeit standen in ihren ausdrucksvollen blauen Augen.
„Meine Katze“, stellte sie anklagend fest. „Diese Kerle haben nicht einmal vor meiner Katze halt gemacht. Was haben diese Vandalen nur gesucht?“, fragte sie dann zornig. „Dies hier ist ein Büro und nicht der Tresorraum einer Bank.“
Rita Schlesinger, eine gefragte, aber noch junge Innenarchitektin, schüttelte noch immer ratlos den Kopf. Über Nacht hatten Einbrecher die Büroräume heimgesucht. Buchstäblich alles war verwüstet, wertvolle Entwürfe, die eigentlich termingerecht abgegeben werden mussten, lagen als unordentlicher Haufen Müll auf dem Boden; das Büro von Ritas Partner Hans Kurz bot in etwa den gleichen Anblick. Nur hatte man zumindest in Ritas Büro etwas gestohlen; das Bild „Frankfurt im Regen“, das ein Freund von ihr gemalt hatte. Axel Johnson besaß in der Fachwelt einen guten Ruf, doch so wertvoll war das Gemälde nun auch wieder nicht, dass es einen solchen Einbruch und Vandalismus rechtfertigen würde.
Auch Hans Kurz schritt zornig und fassungslos durch das Chaos, suchte dann den Blick seiner Partnerin, die nicht hilflos heulte, sondern wütend die Fäuste ballte.
Die Polizei traf ein und schwärmte aus, suchte nach Fingerabdrücken und Spuren und vergrößerte das Durcheinander mühelos.
Johanna, die ältliche Sekretärin, saß an ihrem Schreibtisch und jammerte, ohne dass sie es ernst meinte, auch sie war einfach nur wütend.
„Hanni, halt doch endlich den Schnabel!“, forderte Rita dann ungeduldig. „Damit änderst du auch nichts mehr. Hilf lieber der Polizei, mach deine Aussage.“
Johanna verstummte abrupt, ein verschmitztes Lächeln stahl sich plötzlich auf ihre Lippen, als sie ihre junge Chefin beobachtete, die recht gut mit der ungewöhnlichen Situation fertig zu werden schien.
„Erst mal koche ich Kaffee, hoffentlich haben diese wilden Horden nicht auch die Kaffeemaschine in Schutt und Asche gelegt.“
Wunderbarerweise funktionierte die Maschine, und wenig später verbreitete sich der aromatische Duft des anregenden Getränks. Hanni beobachtete derweil weiter Rita. Die junge Frau war neunundzwanzig Jahre alt, besaß volles kastanienbraunes Haar, das sie mit einer Spange aus dem Gesicht heraushielt, doch die wilden Locken brachen nur allzu häufig wieder hervor. Das Gesicht besaß hohe Wangenknochen und volle rote Lippen. Rita war etwa 1,70 m groß und schlank, konnte als Kleidung fast alles tragen, bevorzugte jedoch verwaschene Jeans und weit fallende Pullover mit Ärmeln, die an den Handgelenken schmaler wurden, damit die sie beim Arbeiten nicht behinderten. Um genügend Bewegungsfreiheit zu haben, schob sie die Ärmel dennoch häufig bis zum Ellenbogen hoch. Rita war ausgesprochen attraktiv, schien aber keinen besonderen Wert darauf zu legen diese Tatsache besonders hervorzuheben. Dabei war ihr Geschmack absolut stilsicher, und bei einigen seltenen Gelegenheiten warf sie sich regelrecht in Schale, so dass selbst Hans sie kaum erkannte.
Aber nicht hier und heute.
Ein leuchtend grüner Pullover in einem komplizierten Muster schlabberte über Ritas Oberkörper bis auf die Oberschenkel hinab, ihre Jeans darunter lag eng an, und sie hatte wieder einmal die Ärmel hochgeschoben.
Jetzt stemmte sie die Arme in die Hüften. Dann wollte sie energisch anfangen aufzuräumen, weil sie der Ansicht war, dass die Polizei sich jetzt lange genug ausgetobt hatte. Doch da brüllte eine Stimme dazwischen.
„Halt, nichts anfassen!“ Rita drehte sich um und starrte in ein gutaussehendes Männergesicht. Dessen blaue Augen unter leuchtend blonden Haaren blitzten sie ärgerlich an.
„War die Spurensicherung schon hier drin?“, fragte der Mann noch immer ärgerlich, obwohl zu sehen war, dass ihn Ritas Erscheinung beeindruckte.
„Woher soll ich das wissen?“, schnappte Rita. „Hier wimmelt es von Polizisten. Und wahrscheinlich hat es hier heute Nacht von Einbrechern gewimmelt. Woher also soll ich wissen, wer zu wem gehört?“
Hans Kurz mischte sich rasch ein und legte seiner Kollegin und Partnerin besänftigend eine Hand auf den Arm.
„Verzeihen Sie meiner Partnerin. Sie ist aufgebracht, weil unsere Arbeit zerstört wurde. Das alles ist so – so sinnlos. Rita hat Sie bestimmt nicht beleidigen wollen.“
Er stellte sich und Rita förmlich vor, und der blonde Mann nahm seinen Dienstausweis heraus.
„Nicholas Rhode, Kriminalpolizei“, sagte er dann auch förmlich. Aber jetzt umspielte ein Lächeln seine Lippen, ließ zwei gesunde Zahnreihen sehen und zauberte aufregende Grübchen in seine Wangen. Rita fand ihn plötzlich sehr sympathisch, aber gleich rief sie sich wieder zur Ruhe. Wo käme sie denn hin, wenn sie einen attraktiven Mann in Gedanken darauf prüfte, ob er zu ihr passte? Das machte sie doch sonst nicht.
Nein, nein, insgeheim schüttelte sie den Kopf. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, unbewusst zwar, aber gerade deswegen einfach unwiderstehlich. Rhode schaute sie bewundernd an, und seine Blicke glitten ungewollt weiter an ihrem Körper entlang.
„Wollen Sie jetzt ein Protokoll aufnehmen?“, fragte Hans Kurz etwas lauter und stieß den Beamten leicht an. Der erwachte aus seiner Verzückung, und eine leichte Röte schoss ihm in die Wangen.
„Ja, natürlich“, beeilte er sich zu versichern.
Sein Ton wurde geschäftsmäßig, während er jeden Gedanken an diese reizende Frau aus seinem Kopf verbannte.
Die Spurensicherung traf ein, und noch mehr Beamte wieselten herum, nahmen Fingerabdrücke, machten Fotos und vergrößerten das allgemeine Chaos noch mehr.
Etwa eine Stunde später war dann alles vorbei, die Polizei zog ab, und zurück blieb nur Nicholas Rhode, der die ganze Zeit über nervige Fragen gestellt und eifrig in sein Notizbuch geschrieben hatte. Jetzt stand er neben Rita und betrachtete mit ihr zusammen das Durcheinander.
„Darf ich jetzt vielleicht endlich aufräumen?“, fragte sie noch immer schnippisch.
Er lächelte. „Das alles gehört Ihnen“, erklärte er ironisch und machte eine umfassende Bewegung mit der Hand. Rita stieß die Luft aus, dann griff sie energisch nach einer Mülltüte und drückte sie dem Kripobeamten in die Hand.
„Für dumme Sprüche bin in diesem Büro ich zuständig“, sagte sie sanft.
Rhode schluckte, dann lachte er auf und schaute Rita treuherzig an. „Kann ich das irgendwie wieder gut machen?“ fragte er mit gespielter Zerknirschung. „Gehen Sie mit mir ins Kino?“ Wir schauen uns einen ordentlichen amerikanischen Krimi an, und Sie sagen mir, was ich alles falsch gemacht habe.“
Nun lachte auch Rita, während sie gleichzeitig überlegte. „Ich nehme an, Sie haben es nicht anders gelernt“, meinte sie dann versöhnlich aber spöttisch. „Wissen Sie was, ich nehme Sie beim Wort, holen Sie mich morgen Abend ab. Ich habe lange keinen guten Krimi mehr gesehen.“
Sie nahm ihm die Tüte wieder aus der Hand, und dabei berührte sie ihn unabsichtlich. Ein prickelndes Gefühl durchfuhr sie plötzlich und erzeugte für kurze Zeit eine Gänsehaut. Wie elektrisiert fuhr sie zurück und drehte sich betont rasch um.
„Morgen, Herr Kommissar“, wiederholte sie dann.
Hans Kurz begleitete Rhode an die Tür.
„Kommen Sie bitte noch ins Präsidium, damit Sie Ihre Aussage unterschreiben und weitere Angaben machen können. Falls noch etwas als gestohlen festgestellt wird, meine ich. Frau Schlesinger bitte auch“, forderte Nicholas Rhode.
„Gibt es eine reelle Chance das Bild wiederzubekommen?“, erkundigte sich Hans ernsthaft.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte der Polizist. „Es kommt darauf an, ob auf dem Schwarzmarkt Bedarf an solchen Bildern besteht. Denken Sie bitte daran, ein Foto des Gemäldes mitzubringen. Und falls noch etwas fehlt, erstellen Sie eine Liste.“
Kurz nickte. Er starrte dem anderen etwas verdrossen hinterher.
„Was hat er, was ich nicht habe?“, fragte er leise, eher murmelnd. Schon lange hatte er versucht, ebenfalls eine private Verabredung mit Rita zu ergattern, doch ihr Verhältnis zueinander war immer geschäftsmäßig geblieben, obwohl sie sich schon seit fast fünf Jahren kannten. Und dieser flachsblonde Schönling kam daher, und Rita nahm seine Einladung an.
Sie bemerkte plötzlich seinen Blick und erriet seine Gedanken, dann lachte sie.
„Gräm dich nicht, Hans. Du bist ganz einfach nicht mein Typ, okay?“
„Bezahlen wir eigentlich dafür unsere Steuern, dass die Polizei den Klienten schöne Augen macht?“, fragte er missmutig.
„Lass das Maulen“, empfahl Rita. „Wir müssen unsere Entwürfe neu erstellen. Das ist wichtiger als die Polizei.“
„Warum musst du auch noch recht haben?“, fragte er in komischer Verzweiflung.
Johanna kam mit der Kaffeekanne und belegten Broten. „Lasst uns frühstücken, danach geht die Arbeit doppelt so schnell“, schlug sie praktisch vor.
„Wenn wir dich nicht hätten“, kam einstimmig die Antwort.
In den nächsten zwei Wochen tauchte Nicholas Rhode in schöner Regelmäßigkeit im Büro von Kurz und Schlesinger auf. Er informierte über Fortschritte, die bisher nicht zu verzeichnen waren, erkundigte sich nach dem Fortgang der neuen Entwürfe, die sehr wohl zu verzeichnen waren, und bemerkte, dass nach zwei Tagen das totale Chaos im Büro wieder verschwunden war.
Johanna und Hans warfen sich bezeichnende Blicke zu, wenn der Polizist wieder auftauchte, beiden war klar, dass er nur wegen Rita kam. Die beiden waren wirklich gemeinsam im Kino gewesen und hatten sich einen Krimi angesehen. Auf Johannas Frage am nächsten Morgen hatte Rita nur knapp gesagt, dass es ganz nett gewesen sei. Das war nun wirklich keine erschöpfende Auskunft, aber zu mehr ließ die junge Frau sich nicht hinreißen. Oder vielleicht gab es auch nichts zu erzählen, wer wollte das schon sagen?
Doch sie schien die unregelmäßigen Besuche des Mannes irgendwie zu schätzen, jedenfalls hatte sie nichts dagegen. Und sie nahm auch wieder eine Einladung von Rhode an, sehr zum Missfallen von Hans Kurz, der eine betrübte Miene zog.
Die Nacht war mild, im Main spiegelten sich die Lichter der Leuchtreklamen, und am Himmel über der Stadt erhellten die Lampen der Hochhäuser die Nacht. Der Autolärm hatte nachgelassen, nur irgendwo im Zentrum schrillten Sirenen.
Rita und Nicholas schlenderten am Schaumainkai entlang und diskutierten dabei den Film, den sie sich gerade angesehen hatten. Unbewusst lenkten sie ihre Schritte nach Sachsenhausen hinein, um irgendwo noch ein Glas zu trinken und damit einen harmonischen Abend ausklingen zu lassen. Die beiden verstanden sich gut, sie lachten über die gleichen Dinge, empörten sich über die gleichen Ungerechtigkeiten und genossen jetzt und hier die Nacht.
„Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Polizei so gebildet ist“, sagte Rita neckend.
„Oh, das kommt nur daher, dass wir neulich einen Kunstraub hatten. Das schärft die Aufmerksamkeit, und dann ist wohl was hängengeblieben“, erklärte Nicholas mit gespielter Ernsthaftigkeit. „Aber mal im Ernst, es ist nicht so, dass Polizisten dumm sind, nur weil sie sich den Vorschriften unterordnen, die wenig Spielraum für eigene Entscheidungen lassen. Aber wir geben unsere Persönlichkeit nicht ab, und wir haben die gleichen verschiedenen Interessen und Hobbys wie alle anderen Leute auch.“
„So war das auch nicht gemeint“, schwächte Rita ab. „Es scheint nur so zu sein, dass Polizisten irgendwie anders sind als normale Menschen. Es ist, als ob wir Bürger euch als – nun, als außerhalb der Gemeinschaft stehend betrachten.“
Nicholas lachte. „Das haben Sie sehr schön ausgedrückt. Und es ist schon so, wir fühlen uns manchmal wie außerhalb stehend. Zumindest werden wir häufig so behandelt. Aber ganz ehrlich, so sind wir nicht.“
Die beiden hatten das geschäftige Vergnügungsviertel erreicht. Gruppen von Menschen liefen umher, lachend, angetrunken, fröhlich. Ein paar Damen vom eindeutigen Gewerbe suchten Begleitung, und aus verschiedenen Kneipen schallte laute Musik heraus, aromatische Düfte aus guten Restaurants mischten sich mit dem scharfen Geruch von Öl und Knoblauch aus diversen Imbissbuden.
Rhode führte Rita zielsicher in eine kleine Seitenstraße. Hier war der Lärm nicht mehr so aufdringlich, die Kneipen waren kleiner und nicht so überfüllt, die Menschen weniger. Aus einem Keller drangen die klagenden Laute eines Saxophons, und eine raue weibliche Stimme sang dazu.
„Mein Lieblings-Jazzkeller“, erklärte Nicholas.
Die Kellerbar war winzig, aber gemütlich, und längst nicht so überfüllt, wie Rita vermutet hatte. Auf einer kleinen, eher angedeuteten Bühne, stand eine mollige Frau in einem Glitzerkleid. Ihre volle kehlige Stimme erfüllte den Raum, drei Musiker spielten selbstvergessen, wobei das Saxophon den Ton führte. Rita fühlte sich auf Anhieb wohl. Nicholas bestellte, ohne sie zu fragen, zwei Whisky, und Rita akzeptierte.
„Ich hoffe, Sie hatten nicht etwas anderes vor“, sagte Rhode entschuldigend. „Aber mir war nicht nach einer großen lauten Kneipe.“
„Nein, das hier ist genau richtig“, stellte Rita zufrieden fest. „Wir sollten uns vielleicht doch langsam duzen? Mittlerweile kennen wir uns zwei Wochen, und diese Musik verbindet. Ich heiße Rita.“
„Ich weiß“, grinste er. „Ich habe das Protokoll aufgenommen. Mein Name ist Nicholas, und bitte nicht abkürzen, Nick finde ich irgendwie lächerlich.“
„Prost, Nicholas“, sagte Rita lächelnd. Der Mann gefiel ihr, er hatte feste Standpunkte und vertrat diese entschieden, ohne dreist zu werden.
Sie saßen selbstvergessen an ihrem winzigen Tisch und lauschten der Musik, und irgendwann ging der Abend nahtlos in die Nacht über. Die Unterhaltung der beiden beschränkte sich auf gelegentliche Sätze, sie schienen sich ohne Worte zu verstehen, es war fast, als würden sie sich schon ein Leben lang kennen. Verbunden durch die Musik, dicht beieinander sitzend, fühlten sie sich verbunden und vertraut. Und als schließlich der Keller geschlossen wurde, irgendwann in den frühen Morgenstunden, schien es gar keine Frage mehr, dass Nicholas Rita nach Hause begleitete.
Vor der Tür küsste er sie sanft, und sie erwiderte die Liebkosung. Seine Küsse wurden plötzlich fordernder, seine Hände glitten über ihren Körper und lösten wohliges Verlangen aus. Rita wehrte sich nicht gegen dieses Gefühl, sie genoss es. Ohne hinzusehen kramte sie nach ihrem Hausschlüssel, öffnete die Tür und zog den Mann mit sich. Und in ihrer Wohnung bedurfte es keiner Worte mehr. Wenig später streichelten seine hungrigen Hände über ihre Brüste, während ihre Finger sich ebenfalls einen Weg suchten.
Es hatte sich einfach so ergeben, und beide waren zufrieden damit.
„Rita, du bist siebenundzwanzig, siehst gut aus, verdienst ganz ordentlich und bist nicht dumm. Warum heiratest du nicht endlich?“
Es war die ewig wiederkehrende Litanei von Doris Schlesinger, Ritas Mutter, die sie mit ermüdender Beharrlichkeit stets aufs Neue begann, sobald sie ihre Tochter sah. Doris war eine attraktive Frau Mitte vierzig, der eine kleine exklusive Boutique gehörte. Sie war unabhängig, leistete sich von Zeit zu Zeit einen Freund und schickte denjenigen dann mit schöner Regelmäßigkeit wieder weg.
Nach ihrer Ehe, aus der Rita stammte, hatte sie sich nie wieder fest gebunden. Doch sie beharrte darauf, dass Rita unbedingt einen Ehemann brauchte.
So auch an diesem Tag.
Die beiden Frauen hatten sich zu einem Einkaufsbummel getroffen und waren zum Kaffee in eine Konditorei auf der Zeil gegangen. Rita hatte vorsichtig von Nicholas erzählt, und ihre Mutter war sofort ausgiebig auf ihr Lieblingsthema eingegangen.
„Ein staatlicher Beamter, das ist gut“, hatte sie befriedigt festgestellt. „Er verdient zwar nicht so viel wie du, aber ihr werdet schon gut zurechtkommen. Und wenn er sich nichts zuschulden kommen lässt, ist er praktisch unkündbar. Der ideale Ehemann, mein Liebes. Habt ihr schon die Verlobung geplant?“
„Mutter, du bist unmöglich“, stellte Rita nicht zum ersten Mal fest. „Wir haben uns erst vor Kurzem kennengelernt.“
„Aber er gefällt dir!“ Das war eine Feststellung, keine Frage. „Habt ihr schon miteinander geschlafen? Es ist wichtig, dass zwei Menschen auch im Bett harmonieren.“
Genüsslich schob sich Doris ein Stückchen ihrer Sahnetorte in den Mund. Sie hatte es nicht nötig auf die Kalorien zu achten, sie wurde einfach nicht dick.
„Warum heiratest du nicht wieder?“, parierte Rita den Angriff. Das war immer ihre letzte Verteidigungslinie. Wenn ihre Mutter zu sehr drängte, hielt sie ihr das eigene Leben vor.
„Ich bin nicht für die Ehe gemacht“, erklärte Doris im Brustton der Überzeugung. „Davon hat mich ein Versuch überzeugt und kuriert.“
„Wie war mein Vater?“, fragte Rita wohl schon zum tausendsten Mal. Sie hatte ihren Vater nie kennengelernt, und ihre Mutter hatte stets Wert darauf gelegt, dass es auch so blieb. Nach der Scheidung hatte sie ihren Mädchennamen Schlesinger wieder angenommen, Rita wusste nicht einmal, wie ihr Vater hieß, er tauchte in keinem der offiziellen Dokumente auf. Es gab keine Fotos von ihm, und Doris schwieg sich eisern über ihn aus, was ausgesprochen seltsam war, wenn man ihr Mundwerk kannte.
Jetzt verdüsterte sich ihre Miene, wie immer, wenn Rita diese Frage stellte.
„Er war ein wunderbarer Mann, er sah gut aus, hatte Vermögen und gute Manieren. Aber er war ganz einfach kein Mann für mich. Und ich nicht die richtige Frau für ihn.“
Mehr hatte sie nie darüber gesagt, und mehr würde sie auch nicht sagen.
Rita seufzte, dieses Gespräch führte zu nichts, wie schon viele andere vorher. Geschickt wechselte sie das Thema.
„Wie hat dir das Teeservice vorhin im Geschäft gefallen?“, fragte sie listig.
Doris lächelte. „Es ist einfach zauberhaft. Das Porzellan ist fast durchsichtig, und diese handgemalten Motive sehen sehr apart aus. Ich werde es dir zur Verlobung schenken.“
Ihre Augen sprühten vor Übermut, und Rita musste lachen, obwohl sie eigentlich empört war.
„Schade, dann werde ich wohl noch lange darauf warten müssen. Ich habe in absehbarer Zeit nicht das Bedürfnis mich zu binden.“
„Überleg es dir nicht zu lange, Liebes“, warnte Doris plötzlich ernst. „Eines Tages wirst du feststellen, dass du die richtige Zeit und den richtigen Mann verpasst hast. Dann wird es dir leid tun.“
Rita legte eine Hand auf den Arm ihrer Mutter. „Ich werde darüber nachdenken. Aber jetzt lass uns das Thema bitte beenden. Es führt zu nichts.“
„Nun gut“, gab die Ältere nach. „Aber deinen Nicholas stellst du mir hoffentlich trotzdem bald vor. Ich würde ihn gern kennenlernen.“
„Damit du ihn völlig verschreckst, indem du ihm erklärst, er soll mich heiraten? O nein, damit warten wir noch“, erklärte Rita bestimmt. „Noch gehört er mir allein, und das soll auch noch so bleiben.“
Im Büro merkten Hans und Johanna im Laufe der folgenden Wochen ebenfalls die Veränderung an Rita. Sie war aufgeräumt und fröhlich, telefonierte manchmal lange während der Arbeitszeit, und ging andererseits erst spät nach Hause.
„Nicholas hat Spätschicht“, erklärte sie schließlich, als Johanna besorgt nach den Gründen für diese Veränderung fragte.
„Du hast doch früher auch alles Mögliche ohne ihn unternommen. Warum tust du das jetzt nicht auch, statt dich in die Arbeit zu verkriechen?“ Johanna hatte ein ungutes Gefühl. Für ihren Geschmack fixierte sich Rita viel zu sehr auf diesen Mann.
„Ach, weißt du, allein macht das keinen Spaß“, behauptete Rita.
„Allein, sagst du? Du hast viele Freunde, willst du die jetzt alle aus deinem Leben streichen? Da stimmt doch etwas nicht.“
Die ältere Frau war argwöhnisch, aber Rita zuckte mit den Schultern. „Was soll denn nicht stimmen, Hannilein? Du siehst Gespenster. Ich habe ganz einfach keine Lust mehr auf dieses oberflächliche Geplänkel. Und Nicholas denkt genauso.“
„Und ich denke, dein Nicholas ist eifersüchtig und möchte dich gern in einen Elfenbeinturm stecken, damit du keinen anderen mehr ansiehst.“
„Du spinnst ja“, erklärte Rita im Brustton der Überzeugung, doch ihre Miene wurde mit einem Mal nachdenklich. Sollte Johanna vielleicht doch ein kleines bisschen recht haben? Es stimmte schon, sie ging nicht mehr so oft aus wie früher, sie passte ihre Arbeit an die Schichten von Nicholas an, und wenn sie eine Verabredung zum Essen oder ins Kino hatte, fragte er endlos lange nach. Aber Eifersucht? Nein, bestimmt nicht. Warum sollte er auch?
Aber auch Ritas Kollege und Partner Hans sah mit Besorgnis die Veränderung der jungen Frau. Er hatte nichts an ihrer Arbeit auszusetzen, die war so gut wie immer. Doch wenn sie jetzt etwas erzählte, dann hieß es neuerdings nur noch Nicholas hier und Nicholas da.
„Gehst du morgen mit mir ins Theater?“, fragte Hans Rita eines Tages. Sie hatten sich oft gemeinsam gute Aufführungen angesehen und später darüber diskutiert.
„Was wird denn gegeben?“, wollte sie interessiert wissen, doch dann zog sie sich plötzlich zurück. „Ach nein, ich glaube nicht. Nicholas hat Spätschicht, und ich wollte ihn abholen.“
Ärger spiegelte sich im Gesicht des Mannes. „Kann er nicht mal einen Abend ohne dich leben? Du hast dich innerhalb kürzester Zeit sehr verändert, Rita. Außerdem dachte ich, dass die Polizei mehr zu tun hat, als tagtäglich Liebesgeflüster durchs Telefon zu schicken und brave Bürgerinnen durch die Nacht zu scheuchen.“
„Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht“, erwiderte Rita plötzlich scharf. „Das ist mein Privatleben, und da mache ich, was ich für richtig halte.“
„Ich bin dein Freund, nicht dein Feind, Rita. Ich mache mir Sorgen um dich. So langsam fürchte ich, dass Nicholas dir nicht gut tut.“
„Ach“, höhnte sie bitter. „Nur weil du bei mir nichts erreicht hast, willst du jetzt einen anderen Mann in meinen Augen schlecht machen?“
„Willst du nicht verstehen?“, fragte Hans sanft, aber unverkennbar aufgebracht. „Meinetwegen kannst du mit King Kong zusammenleben. Aber verschließ dich bitte nicht vor der Welt. Das hast du vorher auch nicht getan.“
Sie starrte ihn lange an, doch in seinen Augen sah sie nur Besorgnis und Freundschaft. Es stimmte schon, Hans war nicht ihr Feind, und ganz sicher wollte er ihr nichts Böses. Es konnte manchmal nicht schaden, die Sichtweise anderer zu berücksichtigen. Sie dachte nach, bevor sie antwortete.
„Vielleicht hast du nicht ganz Unrecht“, murmelte sie dann. „Ich lasse mir das alles noch mal durch den Kopf gehen. Aber weißt du, ich liebe ihn, da ist es vielleicht nicht ganz einfach objektiv zu sein.“
„Hör zu“, sagte Hans bestimmt. „Am Freitag kommt der neue Kunde aus München, der, für den wir das Bürohaus einrichten sollen. Es wäre mir ganz lieb, wenn du mit ihm essen gehen würdest und ein bisschen von der Stadt zeigst. Mein Vater hat Geburtstag, wie du weißt, und ich möchte ihn nicht gerne mit einer Absage enttäuschen.“
„Gar keine Frage“, lächelte Rita. „Geschäftsessen sind mir die liebsten, da kostet das gute Essen nicht mein Geld.“
„Und was wird Nicholas dazu sagen?“, erkundigte sich Hans leicht ironisch.
„Ich bitte dich, Hans, stell ihn doch nicht als Monster hin. Er liebt mich, und wir werden wohl bald sogar zusammenziehen. Aber die Arbeit ist für uns beide wichtig. Oder hast du jemals erlebt, dass ich meinen Job nicht ordentlich erledige? Und zu meiner Arbeit gehört es auch, dass ich mit wichtigen Kunden essen gehe.“
Ob sie ihn absichtlich missverstand, fragte sich Hans mit leichter Verzweiflung. Nicholas mochte lieb und nett und diszipliniert sein, aber er schien irgendwie merkwürdige Auffassungen von einer Partnerschaft zwischen zwei Menschen zu haben. Doch wie wollte er das Rita klarmachen? Nun gut, es war ihr Leben, und sie war nicht dumm. Früher oder später würde sie erkennen, was er, Hans, gemeint hatte. Also ließ er vorerst alles auf sich beruhen. Die Situation schien im Augenblick zumindest beruhigt, doch ein flaues Gefühl blieb bei Hans zurück.
Wusste Rita überhaupt noch, was sie tat?
„Und du musst unbedingt mit diesem Typen ausgehen? Kann das nicht dein Kollege übernehmen?“, fragte Nicholas verstimmt, als Rita ihm davon erzählte.
„Du, das ist ein wichtiger Kunde, und Hans muss zum Geburtstag seines Vaters. Außerdem ist es ganz gut für meine Arbeit, wenn ich den Kunden besser kennenlerne, das hilft mir bei der Arbeit. Schließlich muss ich mich auf seinen Geschmack einstellen, damit er zufrieden ist. Das geht nun mal in gelöster Stimmung und angenehmer Atmosphäre leichter. Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?“, fragte sie plötzlich.
„Eifersüchtig? Ich? Wie kommst du auf eine so absurde Idee? Nein, Rita, es ist nur so, dass ich dich am liebsten Tag und Nacht um mich hätte. Ich teile dich ungern mit jemand anders.“
Er zog sie eng an sich und küsste sie erst sanft, dann fordernd. Nur zu willig gab sie seinem Drängen nach und genoss es wieder einmal, welch ein guter Liebhaber er war. Alle Bedenken, die sie vielleicht noch gehabt hatte, verflogen angesichts seiner stürmischen Leidenschaft, von der sie sich gerne mitreißen ließ. Was blieb, war ein berauschendes Gefühl, diesem Mann ganz und gar zu gehören.
Rita lauschte den Erzählungen von Michael Reitmeyer, dem wichtigen Kunden aus München. Er war ein erfolgreicher Immobilienmakler, der in Frankfurt ein ganzes Haus gekauft und geschickt umgebaut hatte. Nun wollte er eine perfekte Inneneinrichtung, um einen Teil der Büros möbliert zu vermieten.
„Nicht zu protzig, nicht aufdringlich, es darf teuer sein, sollte aber nicht so aussehen, doch ich schätze gediegene Eleganz. Potente Kunden sollen auf den ersten Blick wissen, dass sie bei mir nicht in einem billigen Ramschladen gelandet sind.“
So in etwa waren seine Vorgaben gewesen, und nun versuchte Rita beim Essen mehr über seine Vorlieben und Abneigungen herauszufinden. Doch das erwies sich als nicht ganz einfach. Reitmeyer sprach zwar viel über sich selbst, er hörte sich sehr gern reden, stellte sie fest, aber sein einziges Thema schien das Buch zu sein, das er veröffentlicht hatte.
„Es ist eigentlich eine Art Ratgeber, auch für die einfachsten Menschen, die sich nur eine Etagenwohnung kaufen wollen. Wenn Sie so wollen ein Ratgeber für jedermann“, erklärte er weitschweifig und von sich selbst überzeugt.
Des Langen und Breiten hatte er sich über jedes Kapitel ausgelassen, und Rita kämpfte mittlerweile gegen ein fast unwiderstehliches Schlafbedürfnis. Himmel, dieser Mann war so interessant wie ein Haufen Mottenkugeln. Doch das durfte sie sich natürlich nicht anmerken lassen, er war wichtig, er brachte einen großen Auftrag.
Dabei sah er gar nicht einmal so schlecht aus. Er war hochgewachsen und schlank. Doch seine Kleidung mochte teuer sein, die Farbzusammenstellungen trieben ihr die Tränen in die Augen. Ein himmelblaues Hemd mit einer schreiend bunten Krawatte, bei der orange und grün dominierten, der Anzug von Versace in einem leichten Rot. Nun gut, er hatte das Geld, und Rita hoffte nur, dass sie nicht auf solche Kompositionen zurückgreifen musste, wenn sie die Büros einrichtete.
Das Essen war hervorragend gewesen, und nun überlegte sie verzweifelt, womit sie sein Interesse wecken konnte, um weitere Fragen zu stellen, die ihr wichtig waren.
„Ich hatte lange nicht so reizende Gesellschaft beim Essen“, stellte Reitmeyer plötzlich fest. „Wie wäre es jetzt mit einem Nachtclub? In München haben wir ja ganz nette Etablissements, aber ich habe mir sagen lassen, hier in Frankfurt soll es ungleich besser sein.“
Rita schickte ein Stoßgebet zum Himmel, das war eigentlich nicht ihre weitere Vorstellung des Abends gewesen. Und außerdem kannte sich Hans zum Beispiel auf diesem Sektor viel besser aus.
Sie verwünschte in Gedanken ihren Partner und die Geburtstagsfeier und überlegte krampfhaft, wohin sie ihren illustren Gast nun führen sollte. Sie entschied sich dann für einen sündhaft teuren Club, der nicht nur für allein reisende Herren geeignet war. Ein wenig verstimmt begleitete sie ihn hinein, und plötzlich hatte sie das untrügliche Gefühl, dass sie beobachtet wurde. Es war, als bohrten sich zwei brennende Augen in ihren Rücken. Irritiert und verstört drehte sie sich um und blickte suchend umher, aber sie sah nichts Ungewöhnliches.
Du bildest dir schon was ein, schalt sie sich selbst. Dieser Mann steckt dich an mit seiner Egozentrik. Dann machte sie sich wieder gefasst auf weitere Kapitel des Ratgebers für Anleger. Hoffentlich fiel ihr bald etwas ein, mit dem sie ihn auf andere Gedanken bringen konnte.
Draußen auf der Straße standen einige Autos, in denen äußerst unauffällig mehrere Männer saßen, die ein in der Nähe stehendes Haus beschatteten. Unter ihnen befand sich auch Nicholas Rhode. Er hatte erstaunt gesehen, wie seine Rita mit einem wildfremden Mann in diesen wohlbekannten Club gegangen war. Sein erster Impuls bewog ihn ihr sofort zu folgen und sie zur Rede zu stellen.
Sah so das wichtige Geschäftsessen aus, zu dem sie unbedingt gehen musste?
Doch seine Arbeit an diesem Abend hatte Vorrang, er durfte sich jetzt keine Extratour leisten.
So blieb er zähneknirschend sitzen, aber seine Gedanken schweiften ab zu dem, was Rita mit dem Fremden wohl tun mochte.
„Ich sage dir, da war nichts“, verteidigte sich Rita empört. „Der Kunde wollte nach dem Essen noch etwas Nachtleben haben, und mir fiel auf Anhieb kein anderes Lokal ein. Was ist denn schon dabei? Ich frage dich doch auch nicht, was du im Bahnhofsviertel zu suchen hast.“
„Das ist meine Arbeit, da habe ich keinen Grund irgendetwas zu erklären“, erwiderte er scharf. „Ich könnte mir oft was Schöneres denken als mit Prostituierten, Zuhältern und Drogendealern zu tun zu haben.“
„Da haben wir es doch“, sagte Rita. „Du hast deine Arbeit, und ich hatte eben die meine. Im Übrigen hat der Mann den ganzen Abend von seinem Buch erzählt. Ich kann dir jetzt das Einmaleins der Immobilien rauf- und runterbeten.“
Sie hob in gespielter Verzweiflung die Hände zum Himmel. Vorsichtshalber verschwieg sie Nicholas allerdings, dass Reitmeyer nach ein paar Drinks mehr als nur zutraulich geworden war. Sie hatte sich energisch gegen den Mann zur Wehr setzen müssen, bis sie ihn schließlich durch ein Mädchen aus dem Lokal loswurde. Empört und wütend war sie nach Hause gefahren, immer noch ihren Kollegen innerlich verfluchend, der sich vermutlich besser um den Mann hätte kümmern können. Aber sie war alt genug um Nein zu sagen. Doch das ging Nicholas nichts an. Er würde wahrscheinlich wieder alles falsch verstehen. Wenn er in dieser Stimmung war, fiel es ihr schwer, ihm etwas begreiflich zu machen.
„Nicholas, glaube mir, der Mann ist es nicht wert, dass du auch nur ein Wort über ihn verlierst. Vergiss ihn. Und außerdem hast du mich bis jetzt noch nicht geküsst.“
Rhode war besänftigt. Er fragte sich plötzlich, was ihn dazu gebracht hatte, die geliebte Frau derart anzugreifen. Seine Unterstellungen waren lächerlich, das wusste er. Nun schob er alles beiseite, was er noch hatte sagen wollen und zog Rita an sich. Seine Hände streichelten über ihren Körper, während seine Zunge sanft an ihrem Ohr spielte. Er spürte, wie sie sich an ihn drängte, ihr Atem ging schneller, und auch ihre Hände begannen sich vorzutasten. Für den Augenblick vergaßen beide diesen unerfreulichen Vorfall. Doch Nicholas hatte noch immer ein bohrendes Gefühl in seiner Brust. Und er wusste, es war Angst. Angst, diese wunderbare Frau wieder zu verlieren. Nur deswegen reagierte er so übertrieben, wobei ihm klar war, dass er sie mit übertriebener Eifersucht eher von sich treiben würde. Aber er konnte nicht anders, er liebte Rita bis zur Raserei.
„Und du glaubst, dass er der Richtige ist?“, fragte Doris Schlesinger.
Sie saß wieder einmal mit ihrer Tochter zusammen, diesmal jedoch in der hübschen großzügigen Wohnung, die ihr gehörte. Rita hatte eigentlich mit Nicholas zusammen kommen wollen. Aber er hatte angerufen und erklärt, es würde etwas später.
„Er ist Polizist, du wirst dir angewöhnen müssen, auf ihn zu warten. Und manchmal wirst du auch Angst um ihn haben müssen“, stellte Doris sachlich fest. „Überleg es dir gut, worauf du dich da einlässt.“
„Mutter, bis vor Kurzem hast du noch ganz anders gesprochen. Du willst doch ständig, dass ich heirate. Du, Nicholas ist der erste, bei dem ich das Gefühl habe, es könnte ein Leben lang gut gehen. Und ausgerechnet dir fallen jetzt alle möglichen Gegenargumente ein. Findest du nicht, dass du reichlich inkonsequent bist?“
Doris lachte belustigt auf und goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein. „Ich will sehr gerne sehen, dass du mit einem Mann glücklich wirst, mein Liebes“, sagte sie eindringlich. „Aber das macht mich nicht blind gegen das, was jeder mit ein bisschen Überlegung bedenkt. Ihr kennt euch jetzt gerade mal vier Monate. Ich rate dir nicht ab, eine Ehe mit ihm ins Auge zu fassen, ich gebe dir nur Hinweise, was du bedenken solltest. Du bist meine Tochter, mein einziges Kind, und es würde mir sehr wehtun, wenn du nicht glücklich würdest. Im Prinzip habe ich nichts gegen Polizisten, es ist ein ehrenwerter Beruf. Und du scheinst deinen Nicholas sehr zu lieben, auch wenn ich feststelle, dass du dich verändert hast, seit du ihn kennst. Doch es ist dein Leben. Ich will und kann dir nicht hineinreden, ich will nur, dass du gut darüber nachdenkst. Vielleicht solltest du auch noch bedenken, dass du wahrscheinlich einiges mehr verdienst als er. Pass auf, dass er dadurch keine Minderwertigkeitskomplexe bekommt. Das wäre später vielleicht ein Streitpunkt, den man jetzt schon ausräumen sollte.“
Eine so lange Rede hatte Rita von ihrer Mutter noch nie gehört. Im Allgemeinen war Doris etwas flapsig, sie nahm ganz bewusst nichts ernst, am allerwenigsten sich selbst. Aber jetzt hatte sie sehr eindringlich auf ihre Tochter eingeredet, und Rita erwog ernsthaft ihre Worte. Doch noch bevor sie etwas darauf erwidern konnte, klingelte es an der Tür. Nicholas stand mit einem wunderschönen Blumenstrauß da und begrüßte Doris strahlend und galant mit einem Handkuss.
„Du hast mir nicht gesagt, dass dein Auserwählter ein Schmeichler ist“, wandte sich Doris an ihre Tochter.
Sie ging in die Küche, um die Blumen in eine Vase zu stellen und den beiden Gelegenheit für einen langen Begrüßungskuss zu geben.
Dann kehrte sie zurück und riss mühelos das Gespräch an sich. Geschickt fragte sie Rhode aus, so dass er es zunächst gar nicht merkte. Wenn Doris wollte, konnte sie eine gute Zuhörerin sein, die durch gezieltes Nachfragen mehr erfuhr, als anderen recht war.
Rita bemerkte es und hörte zunächst amüsiert zu. Schließlich aber unterbrach sie ihre Mutter.
„Nicholas, wenn sie so weitermacht, solltest du sie für die Polizei vorschlagen. Mutter, deinen Fragen kann wirklich niemand widerstehen, aber jetzt ist es genug, finde ich.“
Doris blickte ihre Tochter rätselhaft an. „Ich bin schrecklich neugierig, wie du weißt“, erklärte sie dann harmlos. „Und dein junger Mann gefällt mir gar nicht schlecht.“
Nicholas lachte befreit auf und legte dann seinen Arm um Rita.
„Da bin ich aber froh, dass ich Ihre Prüfung bestanden habe, Frau Schlesinger. Rita ist mir das Liebste auf der Welt, und es hätte mir nicht gefallen, wenn Sie nicht mit mir einverstanden wären. Darf ich Sie nun einladen, mit uns beiden auszugehen?“
„Aber gern, wenn ich alte Frau euch dabei nicht störe.“
„Mutter, jetzt reicht es“, empörte sich Rita. „Sei nicht so kokett, sonst komme ich noch auf dumme Gedanken und werde womöglich eifersüchtig.“
Das war natürlich nicht ernst gemeint, und Doris lachte nur auf. „Ist schon gut, ich habe einen Bärenhunger. Hoffentlich weiß Nicholas ein Restaurant, in dem wir gut und reichlich versorgt werden.“
Sie hatte sich ihr eigenes Bild von dem Mann gemacht, den ihre Tochter liebte. Und ihr Blick war nicht von Liebe verstellt, wie der von Rita. Sie sah Nicholas durchaus kritisch und hatte bemerkt, dass er sehr besitzergreifend sein konnte. Hoffentlich ging das gut, denn Rita war eine unabhängige junge Frau.
Insgeheim seufzte Doris, sie sah die beiden noch längst nicht vor dem Traualtar.
„Sag mal, deine neue Flamme muss ja wirklich was ganz Besonderes sein“, meinte Jan Metzger. Er war der Kollege, mit dem Nicholas am liebsten zusammenarbeitete. Jan besaß Disziplin aber auch Menschlichkeit, er hatte Humor und Verständnis. Und er nahm vor allem nicht so schnell etwas krumm.
Natürlich war ihm seit einiger Zeit aufgefallen, dass Nicholas Rhode auf Wolke sieben schwebte. Als Jan ihn darauf ansprach, hatte er zunächst etwas verlegen reagiert.
„Merkt man mir das so sehr an?“, hatte er gefragt.
„Man vielleicht nicht, ich aber schon“, war die Antwort gekommen.
Und so hatte sich Nicholas seinem Partner anvertraut, so dass die sanfte Neckerei zustande gekommen war.
„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich sie liebe“, beteuerte Nicholas. „Sie ist schön, klug, intelligent und gebildet. Ich möchte sie am liebsten vierundzwanzig Stunden am Tag um mich haben.“
„Du solltest dich aber nicht verrennen“, warnte Jan. „Vielleicht ist es ja noch gar nichts Festes, auch wenn ihr euch jetzt schon vier Monate kennt. Vielleicht stellt ihr in ein paar Wochen fest, dass ihr doch nicht zusammenpasst, oder einer von euch findet einen anderen. Das kann alles passieren.“
„Ich werde sie niemals verlassen“, erklärte Nicholas, und sein Partner wurde ernst.
„Du kannst sie aber nicht an dich fesseln. Wenn du sie liebst, musst du auch Vertrauen zu ihr haben. Mach ihr nicht das Leben mit Eifersucht schwer. Sei dankbar, dass du solche Liebe empfindet und auch von ihr empfängst.“
„Du bist ein Philosoph, Jan, und ich glaube, du übertreibst. Ich bin doch nicht eifersüchtig.“
„Bist du sicher? Nach allem, was du mir erzählt hast, klammerst du dich ziemlich fest an sie. Du musst lernen, sie auch loszulassen. Wenn sie dich so liebt wie du sie, wird sie auf jeden Fall bleiben.“
„Ach komm, jetzt mach mal halblang. Du nimmst das alles ein bisschen schwer. Weißt du was, am Wochenende stelle ich sie dir vor. Bring deine Freundin mit, und wir machen es uns gemütlich.“
Dieser Vorschlag gefiel Jan, er war mächtig gespannt auf diese Frau, die seinem Freund die Seelenruhe raubte. Die musste schon etwas ganz Besonderes sein.
Jan dachte an seine Freundin Anke, er fand sie sehr hübsch, auch wenn sie etwas mollig war, aber das gefiel ihm. Genauso wollte er sie haben. Anke war sechsundzwanzig Jahre, hatte fast schwarze wilde lockige Haare und fröhliche Grübchen in den glatten Wangen. Sie war keine ausgesprochene Schönheit, besaß aber ein fröhliches Gemüt und einen Sinn für das Praktische. Jan liebte sie aufrichtig, aber nicht so rasend wie Nicholas seine Rita.
Die beiden Pärchen trafen sich am Samstagnachmittag in einer kleinen gemütlichen Kneipe. Und Jan blieb für einen Moment die Luft weg. Wie kam denn Nicholas an solch ein Klasseweib?
Er begrüßte Rita deutlich verlegen, und Anke lächelte. Sie verstand ihren Freund, bei dieser Frau würden noch ganz andere Männer schwach werden.
Aber Rita wurde rot. Sie fühlte sich als nichts Besonderes, und Jans Bewunderung war ihr fast peinlich.