Lieblingsplätze Dresden - Jan Hübler - E-Book

Lieblingsplätze Dresden E-Book

Jan Hübler

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Beschreibung

Zwinger, Albertinum, Frauenkirche - jeder weiß, dass von Dresden die Rede ist. Aber kennen Sie auch das Kraftwerk Mitte, die Technischen Sammlungen oder die Kaditzer Linde? Jan Hübler zeigt seine Stadt, wie es nur jemand kann, der sie noch zu DDR-Zeiten kannte - ohne diese Ära zu verklären. Augenzwinkernd nimmt er den Leser an die Hand und präsentiert ihm seine selbst fotografierten Lieblingsplätze in Dresden - und in der unglaublich abwechslungsreichen Umgebung.

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Seitenzahl: 149

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Jan Hübler

Lieblingsplätze Dresden

Impressum

Autor und Verlag haben alle Informationen geprüft. Gleichwohl wissen wir, dass sich Gegebenheiten im Verlauf der Zeit ändern, daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Sollten Sie Feedback haben, bitte schreiben Sie uns! Über Ihre Rückmeldung zum Buch freuen sich Autor und Verlag: [email protected]

Sofern nicht im Folgenden gelistet, stammen alle Bilder von Jan Hübler:

Michael Sollfrank 12, 24, 26, 32, 44, 68, 70, 74, 84, 88, 128, 152, 166, 168; Norbert Millauer 162

Alle Seitenangaben in diesem Buch beziehen sich auf die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

1., überarbeitete Neuausgabe 2022

© 2012 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 07575/2095-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat/Redaktion: Anja Kästle

Herstellung: Julia Franze

E-Book: Mirjam Hecht

Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Susanne Lutz

unter Verwendung der Illustrationen von: © askaja – www.stock.adobe.com; © Susanne Lutz; © mohamed Hassan – www.pixabay.com; © natbasil – www.stock.adobe.com

Kartendesign: © Maps4News.com/here

Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten

Printed in Germany

ISBN 978-3-8392-7246-6

Inhalt

Impressum

  Eine provinzielle Kultur-Hauptstadt

Vorwort: Eine Einladung

Dresden – Altstadt

  Sie umgarnt jeden Neuankömmling

Dresden: Altstadt

  1 Verborgene Oase für die Sinne

Dresden: Zwinger – Nymphenbad

  2 Schönster Blick auf den Theaterplatz!

Dresden: Café Alte Meister

  3 Bezaubernd noch nach 500 Jahren

Dresden: Sixtinische Madonna in der Gemäldegalerie Alte Meister

  4 250 Jahre, lebendiger denn je

Dresden: Friedrich-Schiller-Statue vor der Semperoper

  5 Jahrhundertealte Geschichte

Dresden: Theaterplatz

  6 Prachtvoller italienischer Barock

Dresden: Kathedrale – Ehemalige Katholische Hofkirche

  7 Das erste Fünfsternehotel in Sachsen

Dresden: Hotel Taschenbergpalais Kempinski

  8 Wie unter freiem Himmel

Dresden: Residenzschloss

  9 Die berühmteste Flaniermeile

Dresden: Brühlsche Terrasse

  10 Maler und Werk als Skulptur

Dresden: Platanenhügel auf der Brühlschen Terrasse

  11 Sie wirken, ohne zu reden

Dresden: Ernst-Rietschel- und Planetendenkmal

  12 Dresdens ältestes Sandsteindenkmal

Dresden: Moritzmonument

  13 Kunst aus drei Jahrhunderten

Dresden: Albertinum

  14 Manierliches Sächsisch kennenlernen

Dresden: Restaurant Pulverturm

  15 Beeindruckender Panoramablick

Dresden: Aussicht von der Frauenkirche

  16 Einer der ältesten Turnierplätze

Dresden: Stallhof

  17 Wettiner über acht Jahrhunderte

Dresden: Fürstenzug

  18 Für Technikliebhaber und Kinder

Dresden: Verkehrsmuseum im Johanneum

  19 Ein offenes Haus für alle Bürger

Dresden: Kulturpalast

 20 Die beliebteste Einkaufsmeile

Dresden: Prager Straße

  21 Ein ungleiches Paar

Dresden: Cineplex-Rundkino und UFA-Kristallpalast

  22 Kurz, ganz kurz Verweilen

Dresden: Wiener Platz und Kugelhaus

  23 »Ein Zelt für Züge«

Dresden: Hauptbahnhof

  24 Ein wohltuend weltmännisches Gebäude

Dresden: World Trade Center

  25 Ein Musentempel voller Energien

Dresden: Kulturwirtschaft im Kraftwerk Mitte

  26 Eine feine Adresse

Dresden: Maritim-Hotel und Erlweinspeicher

  27 Märchenhafte Kuppel grüßt Sachsen

Dresden: Kuppelrestaurant in der Yenidze

  28 Zwischen Altstadt und Neustadt

Dresden: Augustusbrücke

  29 Kultur im Prachtbau

Dresden: Japanisches Palais

  30 Glockenspiel und Fahrradklingel

Dresden: Glockenspielpavillon und Elberadweg

  31 Hier schweigen alle Uhren

Dresden: Canaletto-Blick in den Elbwiesen

  32 Dampfschifffahrt auf der Elbe

Dresden: Schaufelraddampferflotte

  33 Sanftes Wetter und lange Schatten 

Dresden: Ballonfahren vom Königsufer

  34 Aufbruch nach Polen?

Dresden: Goldener Reiter

  35 Altes und Modernes eng beieinander

Dresden: Auf der Hauptstraße flanieren

  36 Eine Wanderung von 80 Metern

Dresden: Dreikönigskirche

  37 Das älteste Bürgertheater Dresdens

Dresden: Societaetstheater

  38 Prachtboulevard mit Höhepunkten

Dresden: Flanieren auf der Königstraße

  39 Der Knotenpunkt

Dresden: Albertplatz

  40 Zurückgetaucht in ferne Jahre

Dresden: DDR-Museum am Albertplatz

  41 Von alternativ zu »Schickimicki«

Dresden: Szenemeile Alaunstraße

  42 Gemeinsamkeiten mit der Nagy Ignác?

Dresden: Louisenstraße

  43 Malerische Hinterhöfe

Dresden: Kunsthofpassage

  44 Eine orientalische Oase im Hechtviertel

Dresden: Restaurant und Sauna Saite

  45 Mit Haifischzahn

Dresden: Militärhistorisches Museum

  46 Verpasster Welterbetitel

Dresden: Brauhaus am Waldschlösschen

  47 Preußische Pracht mitten in Sachsen

Dresden: Schloss Albrechtsberg

  48 Bezaubernd: Elbbogen und Wiesenauen

Dresden: Lingnerschloss und -terrassen

Dresden – erweitertes Stadtgebiet

  49 Die Leichtigkeit des Seins

Dresden: Schloss Pillnitz

  50 Ein Park von seltener Vielfalt

Dresden: Schlosspark Pillnitz

  51 Das Genie im Keppgrund

Dresden: Carl-Maria-von-Weber-Museum

  52 Alle Jahre wieder buntes Treiben

Dresden: Elbhangfest

  53 Verträumte Körper in Holz

Dresden: Skulpturenpavillon Małgorzata Chodakowska am Weingut Klaus Zimmerling

  54 Rauf und runter seit über 100 Jahren

Dresden: Standseilbahn und Schwebeseilbahn

  55 »Da laatschn mor maa drieber!«

Dresden: Blaues Wunder

  56 Hier »schillert’s« ohne Ende

Dresden: Schillerhäuschen und -platz

  57 Wissenschaft, Medientechnik und Co.

Dresden: Technische Sammlungen

  58 Eine Reise in den Dresdner Barock

Dresden: Panometer

  59 Erholung im Grünen

Dresden: Großer Garten

  60 Einst Viehweide heute Landschaftspark

Dresden: Bürgerwiese

  61 Einer von 58 stillen Orten

Dresden: Trinitatisfriedhof

  62 Der älteste Baum Dresdens

Dresden: Kaditzer Linde

Radebeul – Das »sächsische Nizza«

  Willkommen im »Sächsischen Nizza«

Radebeul: Vor den Toren Dresdens

  63 Ein barockes Juwel zum Träumen

Radebeul: Hotel Villa Sorgenfrei

  64 Lebendige Weinkultur

Radebeul: Weingut Hoflößnitz

  65 Fast der Mount Everest

Radebeul: Spitzhaustreppe und Spitzhaus

  66 Volkstümliche Naturheilkunde

Moritzburg: Bilz-Kurhotel im Lößnitzgrund

  67 Dampflok zum Dahinschmelzen

Moritzburg: Schmalspurbahn Lößnitzdackel

  68 Sein Geist ist in Radebeul gegenwärtig

Radebeul: Karl-May-Museum

  69 Guinness-Bier und feine Whiskys

Radebeul: Dorfanger Altkötzschenbroda

  70 Ein facettenreiches Staatsweingut

Radebeul: Schloss Wackerbarth

  Höhepunkte aus besonderer Perspektive

Dresdner Umland: Erlebnistouren

  71 Die Wiege Sachsens

Meißen: Spaziergang durch die Altstadt

  72 Märchenhaftes Spektakel

Moritzburg: Schloss Moritzburg

  73 Eine romantische Klosteranlage

Nossen: Kloster Altzella

  74 Kleine Weltstadt im Erzgebirge

Freiberg: Rundgang durch den Stadtkern

  75 Von oben nach unten gebaut

Müglitztal: Schloss Weesenstein

  76 Juwel vor der Sächsischen Schweiz

Pirna: Spaziergang durch die Altstadt

  77 Eine Burg, wie sie im Buche steht

Stolpen: Burg Stolpen

  Wo man auch hinguckt: ’s is’ ä Draum!

Wanderparadies: Sächsische und Böhmische Schweiz

  78 Eine ideale Einstiegstour zum Wandern

Stadt Wehlen: Rauensteine

  79 Hoch hinauf!

Königstein: Barbarine am Pfaffenstein

  80 Bizarre Felsenstadt

Tisá: Tyssaer Wände in Böhmen

  81 Das größte Felsentor Europas

Hřensko: Edmundsklamm und Prebischtor

  Eine provinzielle Kultur-Hauptstadt

Vorwort: Eine Einladung

Dies ist ein Zweitreiseführer. Es geht in diesem Büchlein nicht um lückenloses Aufzählen der Tophighlights, sondern eher um individuelles wie poetisches Betrachten aus der sehr persönlichen Perspektive des Autors. Wert wird insbesondere auf bewusstes Genießen der speziell aufbereiteten Plätze gelegt. Ich freue mich, Ihnen auf den nächsten Seiten meine Heimatstadt Dresden aufzufächern, eine Stadt, die ich einerseits mit kritischer Distanz beobachte, der ich andererseits in tiefer Zuneigung verbunden bin.

Dresden besitzt Schwingungen, die Kraft geben, Energien ausstrahlen und in Bann ziehen. Es ist eine Stadt der Kontraste. Kriege haben die Stadt gebeutelt. Die Narben des letzten sind bis heute unübersehbar. Die Zerrissenheit der Stadt weist allerdings auch auf eine beeindruckende Vielfalt hin. Auf engem Raum bietet Dresden unterschiedlichste Charaktere: vom musealen Neumarktareal um die Frauenkirche zur schrägen Neustadt, von der DDR-Flair verströmenden Prager Straße bis hin zum beschaulichen Laubegast, vom proletarisch angehauchten Löbtau bis zur vornehmen Villengegend Blasewitz.

So hat sich die innere Altstadt, ein Symbol des Festhaltens an alten Werten, zu einer Kopie eines Barockviertels entwickelt. Die Innere Neustadt trägt mit Goldenem Reiter, Hauptstraße und Königstraße teilweise ebenfalls sehr barocke Züge, wenn auch weniger monumental, während die Äußere Neustadt jenseits vom Albertplatz szeniger, kultiger, jugendlicher und lebendiger wirkt – mit Hinterhofcafés und Kneipen, Jazz-Bars und kleinen Kinos –, kurzum das pralle Leben! Dresden ist eine der wenigen Städte in Sachsen, die so richtig am Aufblühen sind. Die Stadt strahlt eine Lebensqualität aus, die auf immer mehr Menschen magnetisch wirkt. Seit der Wende ist viel Geld nach Dresden geströmt. So konnte die Stadt auch nach dem Elbehochwasser 2002 dank eines großzügigen Hilfsfonds frisch geputzt aus den Fluten auftauchen. Ebenso erwiesen sich 2006 einige Steuermillionen extra zum 800. Geburtstag der Stadt als ein wahrer Segen.

Dresden öffnet sich zum Fluss, zum Wasser, wie kaum eine andere Großstadt in Deutschland. Die breit gezogenen Elbwiesen sind unbebaut, und selbst im Stadtzentrum nimmt die Architektur in aufgeschlossener Weise Bezug zum Fluss – man denke nur an die Brühlsche Terrasse und den Canaletto-Blick.

Dresden als Kunststadt hat sich zu neuer Blüte aufgeschwungen. An erster Stelle ist der Wiederaufbau des Schlosses als Museumstempel für bedeutende Kunstsammlungen zu nennen. Was außer am Schloss seit der Wende in unserer Stadt an Aufbauarbeit passiert ist – Hut ab – da können wir nur froh sein! Dresden ist zweifelsohne eine Stadt der Kultur. Da ist für jede Altersklasse etwas dabei. Der Dresdner rennt hin, wenn wo was los ist. Er trägt ein enormes Potenzial an Neugierde und Aufgeschlossenheit in sich. Der Dresdner sagt: »Kumm, da latschn mir ma hin, das müssn mir geseen hamm!« Das Publikum ist durchaus kritisch, offen für alles, enthusiastisch und nicht übersättigt.

Es gibt einen kurzen, knackigen Spruch: Der Sachse ist »gemiedlich, helle und fichelant« (gemütlich, schlau, sich durchlavierend). Also Vorsicht! Unter dem gutmütigen Wesen kann jederzeit ein messerscharfer Verstand seine Machete wetzen und zum Gegenschlag ausholen. Oder der Sachse »tut eindiggschen« (ist beleidigt), dann hat der andere »abgegessen« (die Sympathie verscherzt)! Der sächsische Dialekt ist sich gesamtdeutscher Häme sicher und erwehrt sich ihrer mit stoischem Gleichmut und trotzigem Augenzwinkern. Sinnbild sächsischer Lebensfreude ist für mich seit Jahren das Elbhangfest, eine Riesenparty mit über 70.000 Leuten immer Ende Juni zwischen Körnerplatz und Pillnitz mit jährlich wechselndem Motto, zum Beispiel »Verschwommen sieht der Lachs uns kommen« anno 1999 oder aktueller im Lutherjahr 2017 »Martins Most und Katharinas Äpfel« oder »Diddschn statt Diggschn« 2019.

Dresden hat etwas liebenswert Provinzielles. Das Passantenbild auf Straßen und Plätzen wirkt weit weniger multikulti im Vergleich zu anderen Städten wie Stuttgart, Frankfurt am Main oder Berlin. Der Dresdner liebt seine Wurzelscholle. Einmal Dresdner – immer Dresdner! Die meisten bleiben zeitlebens gerne in dieser ihrer Stadt oder kommen zurück. Dresden punktet nicht zuletzt durch seine Lage inmitten einer wundervollen Umgebung, eine märchenhafte Landschaftsvielfalt in allen vier Himmelsrichtungen. Es ist kein Zufall, dass dieses Buch elf Erlebnistouren ins Umland extra vorstellt.

Dresden, über 555.000 Einwohner, Tendenz steigend. Ausdehnung: 329 Quadratkilometer

Dresden – Altstadt

  Sie umgarnt jeden Neuankömmling

Dresden: Altstadt

Die Altstadt ist nicht nur statistisch mein eindeutiger Favorit! Was war sie grau und von Kriegsruinen durchzogen bis zur Wende, düster wie die Schwarz-Weiß-Bilder meiner Praktica-Kamera. Nach dem Mauerfall wurden nicht nur die Fotos bunt, auch die vielen historischen Gebäude in der Altstadt belebten sich und gewannen an Farbe.

Die Altstadt konzentriert sich auf eine Fläche von nur zwei Quadratkilometern. Ihre Außengrenzen markieren im Norden die Elbe, im Westen und Süden der Bogen der Eisenbahntrasse bis zum Hauptbahnhof und im Osten die Petersburger Straße. Die innere Altstadt umfasst das historische Stadtzentrum zwischen Elbe und Wilsdruffer Straße vom Zwinger bis zum Albertinum. Die äußere Altstadt ist sozusagen der Rest.

Zum einen zieht das barocke Gebäudeensemble der Altstadt den Besucher in seinen Bann, zum anderen begründet die Vielzahl von Museen mit all den Kunstsammlungen Dresdens Attraktivität für Reisende. Andere Städte wären froh, wenn sie eine einzige Präsentation von derartiger Hochkarätigkeit zu bieten hätten. Dresden weist an die 50 Museen auf, da könnte man schon ein paar Tage zusätzlich einplanen …

Als eine der ersten Sehenswürdigkeiten wurde nach dem letzten Krieg der Zwinger wieder aufgebaut. Seine rasche Wiederauferstehung sollte den deprimierten Dresdnern Mut machen, gemäß dem Motto: Schaut, so wie das barocke Glanzstück wird ganz Dresden bald wieder erblühen, wenn wir nur alle anpacken und zielgerichtet darauf hinarbeiten! Jetzt ist es so weit! Nach mehr als 70 Jahren ist die innere Altstadt bis auf einige Sozialismusüberbleibsel an der Wilsdruffer Straße in romantischer Fassadengestalt wiederauferstanden. Maßstab eins zu eins. Fast wie im 18. Jahrhundert. Fast. Hinter den Scheinbarockfenstern und Giebelchen hat sich der Komfort unserer modernen Zeit versteckt und eingenistet, im Quartier QF ebenso wie in verschiedenen Hotels. Warum traute man sich nicht auch äußerlich an den Bruch? Mag sein, dass wir uns nach fernen, längst vergangenen Zeiten sehnen und dass der barocke Zeitgeschmack vor 250 Jahren den Sachsen heute noch schwach werden lässt, mich nicht ausgenommen, denn »so ä bissl scheen sieht’s schon aus«. Das neobarocke Altstadtbild mag ein Grund sein, warum sich der Magnetismus auf junge Touristen in Grenzen hält. Es gibt wenige peppige und verrückte Anziehungspunkte. Kleine Störungen in den Barockhäusern wie Glasfassaden oder eloxierte Rechteckfenster am Neumarkt reichen nicht aus, um neugierige Jugendliche aus Gesamteuropa anzulocken. Stattdessen wurde die Elite an Architekten mit einer gewissen Regelmäßigkeit von der Stadt verprellt.

Es ist so, wie es ist. Generell lässt sich an den großen Plätzen der Altstadt ein Mangel an Flair beobachten: Altmarkt, Postplatz und Neumarkt. In einigen Fällen wirken die riesigen Steinflächen durch ihre Kulisse, das ist ja schon mal was! Als vorteilhaft erweisen sie sich für Festivitäten, angefangen beim legendären Dixieland-Festival im Mai über das Stadtfest im Sommer bis hin zu den Weihnachtsmärkten, bei denen jeder Quadratmeter »überbudet« wird. Extrem finde ich in der Altstadt die abrupten Schnittstellen zwischen heiler historischer Fassade und dem aktuellen Nichts. Es gibt Plätze, da reicht eine Drehung um 180 Grad. Sie stehen im Zwinger, auf der Balustrade neben dem Kronentor und schauen in die vollendete Verspieltheit barocker Formen und Ensembles. Jetzt drehen Sie sich um und wie ein Hammerschlag trifft Sie der Postplatz, ein weithin gähnend leeres Granitareal mit einem großen roten Torbogen, im Volksmund profan »Teppichstange« benannt.

Die äußere Altstadt drückt deutlicher die Zeitperioden aus, in denen die Architektur entstand: die gesichtslosen Betonsilos auf der Prager Straße aus den 70ern oder die Häuserzeilen aus den 50ern und 60ern zwischen Ermischstraße, Liliengasse und Reitbahnstraße. Einzelne historische Gebäude dazwischen, wie die Annenkirche, wirken beinahe wie Fremdkörper. Kein Zweifel, dass die sozialistische Wirtschaft im Nachkriegsdresden nicht die Schlagkraft hatte, mit Fantasie und Kreativität ein neues originelles wie traditionsbezogenes Stadtzentrum zu gestalten.

Mit sächsischem Humor lässt sich enorm viel tolerieren, alle Torheiten dieser Welt und erst recht die in der eigenen Stadt. Beispiel gefällig? Im Schauspielhaus, dem großen Musentempel am Zwinger, werden seit Jahren am Tag der Deutschen Einheit die sächsischen Lieblingswörter gekürt. Hier eine kleine Kostprobe einiger Gewinnerwörter: Hornzsche, Renfdl und Bladsch (Kategorie beliebtestes Wort des Jahres), bäbbeln, diggschn und plumpn (bedrohtestes Wort), dschidschoriengrien, bomforzionös und Dämse (schönstes Wort).

Zum Verständnis des sächsischen Dialekts sei an der Stelle noch darauf hingewiesen, dass der Sachse gerne mehrere Wörter zusammenzieht, sodass ein einziges Wort zu entstehen scheint wie zum Beispiel: Oorschwerbleede!

  1 Verborgene Oase für die Sinne

Dresden: Zwinger – Nymphenbad

Sie kommen vom Theaterplatz, spazieren durch steinerne Bögen in den Zwinger, bestaunen für einige Momente den erhabenen Anblick der barocken Hofanlage, lustwandeln rechts über eine Freitreppe durch den Französischen Pavillon und schon stehen Sie im Nymphenbad.

Es ist wie eine eigene Welt. Verspielt. Leicht. Entrückt. Der Alltag ist von einem abgefallen und hinter dem Horizont verschwunden. Die Luft wirkt frischer, abgekühlt durch diverse Fontänen des barocken Brunnens. Seine Wasserfälle rauschen. Die Sonne hat Mühe, in diesen kleinen Hof hineinzudringen. Schafft eine schattigere Atmosphäre.

Schöne Frauen, in Sandstein gehauen, flankieren das Badebecken. Sie posieren in separaten Nischen. Von den Treppen gesehen entledigen sich in der linken Reihe acht steinerne Damen anmutig ihrer Gewänder. Rechts stehen ihnen acht weitere Nymphen gegenüber, die bereits gebadet haben und sich anmutig in Tücher hüllen. Alle Nymphen stammen aus der Werkstatt von Balthasar Permoser, jenes genialen Bildhauers, der auch für die über 600 Putten im Zwinger in seiner Entstehungszeit zwischen 1709 und 1732 verantwortlich zeichnet. Eine einzige Original-Nymphe ist noch vorhanden, die zweite in der rechten Reihe. An dieser Skulptur wird der Schwerpunkt weiblicher Sinnlichkeit zu Zeiten des Barocks deutlich: die Bauchpartie mit dem üppigen »Sächsischen Hüftschwung«. Alle anderen Plastiken stammen aus den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Übrigens versank das Nymphenbad nach dem Ende der Barockära um 1750 in einen wahrhaftigen Dornröschenschlaf. Es galt in der nachfolgenden Biedermeierzeit als nicht schicklich, Frauen im öffentlichen Raum nackt darzustellen, auch wenn sie in Stein gehauen waren. Über 100 Jahre war das Nymphenbad von Hecken und Ranken zugewuchert, bevor es Anfang des 20. Jahrhunderts wieder von Blättern und Zweigen befreit wurde.

Im Französischen Pavillon die multimediale Dauerausstellung Zwinger Xperience besuchen, eine Zeitreise durch die Geschichte des Zwingers!

1

Zwinger

Theaterplatz

01067 Dresden

0351 438370357 (Zwinger Xperience)

www.der-dresdner-zwinger.de

www.schloesserland-sachsen.de

www.zwinger-xperience.de

  2 Schönster Blick auf den Theaterplatz!

Dresden: Café Alte Meister

Drei Wege führen zu diesem Café: Entweder Sie treten als Besucher der Gemäldegalerie seitwärts durch eine Glastür und stehen mitten im Café. Oder Sie spazieren die Rampe vom oberen Plateau des Nymphenbades herunter und schwenken rechts über eine kleine Treppe ein. Halt – noch nicht weitergehen! Von der obersten Stufe haben Sie den besten Blick auf den Theaterplatz. Der dritte Weg führt direkt vom Theaterplatz zur Statue von Carl Maria von Weber.

Innen bietet das Café edles Ambiente. Noch reizvoller finde ich in der warmen Jahreszeit den Außenbereich: Sie hören so gut wie keine Straßengeräusche. Sie können wählen zwischen sonnigen Plätzen und schattiger Kühle unter Schirmen. Wer Glück hat, erwischt einen Liegestuhl! Sie blicken an der Statue von Carl Maria von Weber vorbei auf den weiten Platz. Muße macht sich breit. Was für ein erhabener Moment an signifikanter Stelle.

Gedanken flattern durch den Kopf. Wie mag es Carl Maria von Weber (1786–1826) in dieser Stadt ergangen sein? In Bronze gegossen blickt er nachdenklich auf die Semperoper. Zehn schöpferische Jahre hat der Komponist und Kapellmeister in Dresden gelebt. Mag sein, dass es für Weber ein schwacher Trost gewesen wäre, zu wissen, dass seine Oper Der Freischütz als letzte vor der Kriegszerstörung (August 1944) und wieder als erste Vorstellung bei der Neueröffnung (13. Februar 1985) aufgeführt wurde. Das Denkmal hat übrigens Ernst Rietschel 1860 geschaffen, ein Dresdner Bildhauer, dessen Name noch des Öfteren in diesem Buch fallen wird.

Entweder Sie passieren nun wieder die Glastür nach innen und setzen Ihren Besuch in der Galerie Alte Meister fort. Zweite Möglichkeit: Sie schlendern auf den Theaterplatz und peilen das Reiterdenkmal von König Johann an. Dritte Option: Sie steigen die kleine Treppe links hinauf und die Rampe zum Nymphenbad empor. Sie ahnen, was nun als letzter Tipp kommt: Auf der Treppe nochmals umdrehen und zurückblicken!

Dresdner Eierschecke genießen und den Rundgang in der Gemäldegalerie fortsetzen!

2

Café Alte Meister

Theaterplatz 1a

01067 Dresden

0351 4810426

www.altemeister.net

  3 Bezaubernd noch nach 500 Jahren

Dresden: Sixtinische Madonna in der Gemäldegalerie Alte Meister

Wie gelang es, den kirchlichen Würdenträgern dieses Bild abzuluchsen und 1754 nach Dresden zu transportieren? Ein Monumentalbild von 256 mal 196 Zentimetern auf Pferdefuhrwerken aus dem Herzen Italiens über Alpenpässe durch Böhmen unbeschadet bis in die Residenzstadt zu bringen – das war auch logistisch eine beeindruckende Leistung! Die Italiener wussten um den Wert des Bildes: Raffael galt längst als Meister genialer Renaissancewerke.

Letztendlich gab Geld den Ausschlag, sehr viel Geld des Kurfürsten. Der Kaufpreis soll dem Wert einer Kleinstadt wie Pirna entsprochen haben … Als sich das Gemälde auf seine lange Reise nach Norden begab, war es bereits über 240 Jahre alt. Seit 1512 schmückte es, von Papst Julius II. in Auftrag gegeben, die Rückseite des Altars von San Sisto in Piacenza – ein etwas stiefmütterlicher Platz. Das ist in Dresden anders: Unübersehbar prangt es an der Stirnseite des zentralen Saales in der Gemäldegalerie Alte Meister und zieht alle Blicke auf sich. Allein im Jubiläumsjahr zog die Madonna 470.000 Besucher in zwei Sonderausstellungen.