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Räuchermännchen, Schwibbogen, Nussknacker - klar, sie kommen aus dem Erzgebirge. Doch wussten Sie, dass einst Motorräder der erzgebirgische Exportschlager waren? Mit ihnen ließen und lassen sich auch die Könige erklimmen: der Keil- und Fichtelberg. Auch versteckte Orte wie die 1.000-jährige Eibe bei Schlottwitz oder die Ölmühle in Pockau reizen zu Ausflügen, ebenso Abstecher in den unbekannteren böhmischen Gebirgsteil jenseits der sächsischen Gefilde. Erkunden Sie Jan Hüblers persönliche Lieblingsplätze in feinsinnigen Texten und stimmungsvollen Bildern.
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Seitenzahl: 131
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Lieblingsplätze Erzgebirge
Jan Hübler
Autor und Verlag haben alle Informationen geprüft. Gleichwohl wissen wir, dass sich Gegebenheiten im Verlauf der Zeit ändern, daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Sollten Sie Feedback haben, bitte schreiben Sie uns! Über Ihre Rückmeldung zum Buch freuen sich Autor und Verlag: [email protected]
Für meinen Vater Karl-Heinz Hübler
Sofern nicht im Folgenden gelistet, stammen alle Bilder von Jan Hübler:
SRM-GmbH, Fotograf Fritz Glänzel 146; Kloster Teplá, PR-Abteilung 182
Alle Seitenangaben in diesem Buch beziehen sich auf die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe.
Dank an Annelie Brux (Radebeul) für ihre Impulse bei der Foto-Auswahl
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1., überarbeitete Neuauflage 2021
© 2014 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75/20 95-0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat/Redaktion: Anja Kästle
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Susanne Lutz
unter Verwendung der Illustrationen von © Bojanovic78 – stock.adobe.com; © SimpLine – stock.adobe.com; © Trueffelpix – stock.adobe.com; © SylwiaNowik – stock.adobe.com; © Susanne Lutz
Kartendesign: Kim-Anna Bucher / Susanne Lutz
ISBN 978-3-8392-7024-0
Impressum
Pultscholle mit Charakter
Vorwort: Einleitung
Osterzgebirge
Vor den Toren der Stadt
Osterzgebirge: Naherholung für die Dresdner
1 Ihr Vorname deutet Gefahr an
Dresden: Wilde Weißeritz im Plauenschen Grund
2 Prachtexemplar am Steilhang
Glashütte: 1.000-jährige Eibe bei Schlottwitz
3 Zeit für eine Zeitreise
Glashütte: Deutsches Uhrenmuseum Glashütte
4 Es lockt ein Bach das Tal hinan
Glashütte: Lockwitzbachtal mit Schloss Reinhardtsgrimma
5 Na, da war was los!
Geising: Ferienlager
6 Heute Stille, früher Gejubel
Geising: Scharspitze
7 360-Grad-Panorama: Nuguggemada!
Altenberg: Geisingberg
8 Bahne frei, sonst rummst’s!
Altenberg: Abfahrtslauf
9 Eine Silberschlange im Wald
Altenberg: Bobbahn Altenberg
10 Gute Gründe für den Biergenuss
Rechenberg-Bienenmühle: Sächsisches Brauereimuseum Rechenberg
11 Natur zieht Netzstecker
Frauenstein: Gimmlitztal
12 Kettensäge und Kunst?
Mulda: Sauensäger in Blockhausen
13 Wasser contra Eisen
Dorfchemnitz: Museum Eisenhammer
14 Schneeschimmer bei Mondenschein
Altenberg: Silberglanz
15 Glück auf, der Steiger kommt!
Freiberg: Besucherbergwerk Reiche Zeche
16 Eierschecke schmeckt besonders
Freiberg: Café Hartmann
17 Fantasien in Stein
Freiberg: Terra Mineralia
Mittleres Erzgebirge
18 Ritter Runkel lässt grüßen!
Kriebstein: Burg Kriebstein
19 Romantischer Park voller Zierde
Lichtenwalde: Schloss Lichtenwalde
20 Europas größtes Motorradmuseum
Augustusburg: Schloss Augustusburg
21 Zwei Genies wirken unter einem Dach
Forchheim: George-Bähr-Kirche
22 Glück zu, wenn Flachs kommt!
Pockau: Ölmühle
23 Kalk, Kunst und Knabenkraut
Lengefeld: Museum Kalkwerk Lengefeld
24 Weihnachten das ganze Jahr
Seiffen: Spaziergang durch die Stadt
25 Wo ist das Bernsteinzimmer?
Deutschneudorf: Fortunastollen Deutschkatharinenberg
26 Kupfer in alle Welt
Olbernhau: Museum Saigerhütte
27 Fluss mit wilder Felskulisse
Pobershau: Schwarze Pockau
28 Ein Abstecher nach Transsilvanien
Großrückerswalde: Wehrkirche Großrückerswalde
29 Renaissance trifft Zweitaktmotoren
Zschopau: Schloss Wildeck
30 Der Robin Hood des Erzgebirges
Scharfenstein: Burg Scharfenstein
31 Barocker Palazzo und uralte Burg
Chemnitz: Schloss und Burg Rabenstein
32 Jugendstil aus der Gründerzeit
Chemnitz: Villa Esche
33 Lesen im Steinwald
Chemnitz: Stadtbibliothek Chemnitz
34 Dor Nischl in Kams!
Chemnitz: Karl-Marx-Monument
Oberes Erzgebirge
35 Oase für Körper und Geist
Wiesenbad: Thermalbad Wiesenbad
36 Jugendstil vom Allerfeinsten
Wiesenbad: St.-Trinitatis-Kirche in Wiesa
37 Fast so alt wie der Wald
Tannenberg: Passklausenturm
38 Possierliche Posamenten
Schlettau: Schloss Schlettau
39 Turm mit buntem Treppenhaus
Scheibenberg: Scheibenberg (807 Meter)
40 Rauchende Kegel, süßlicher Duft
Sehmatal: Schauwerkstatt »Zum Weihrichkarzl« in Neudorf
»Wenn es Raachermannl naabelt …«
Annaberg-Buchholz: Weihnachtszeit im Erzgebirge
41 Ein Wunder aus Feldsteinen
Annaberg-Buchholz: St. Annenkirche
42 Das größte Volksfest im Erzgebirge
Annaberg-Buchholz: Annaberger Kät
43 Der durchlöcherte Sauberg
Ehrenfriedersdorf: Zinngrube Ehrenfriedersdorf
44 Dramen vor Felskulissen
Ehrenfriedersdorf: Greifensteine
45 Das zweite Zuhause meiner Kindheit
Thum: St. Annenkirche
46 Erich Honecker im Gotteshaus
Gelenau: DDR-Museum
47 Irgendwo im Nirgendwo
Ehrenfriedersdorf: Waldesrausch
48 Da geed’s hoch naus und tief nunner
Oberwiesenthal: Fichtelberg
49 Ein Recke unterm böhmischen Himmel
Boží Dar: Klínovec (Keilberg)
Westerzgebirge
50 Taster Loop oder Black Raven?
Breitenbrunn: Sportpark Rabenberg
51 Unser Bimmelbah raacht nimmer
Breitenbrunn: Schmalspurbahn-Museum Rittersgrün
52 Spätgotischer Bergmannsdom
Schneeberg: Bergmannsdom St. Wolfgang
53 Stärkstes Radonbad der Welt?
Bad Schlema: Kurort
54 Niemandsland nach Zweitem Weltkrieg
Schwarzenberg: Freie Republik Schwarzenberg
55 Sympathieträger für eine ganze Region
Aue: Fußballstadion Aue
56 Horsch, da kummt ä Horch
Zwickau: August Horch Museum Zwickau
57 Ein Turm überragte die Stdat
Zwickau: Dom St. Marien
58 Aus dem Knast zum Mega-Erfolg!
Hohenstein-Ernstthal: Karl-May-Geburtshaus und Museum
59 Männer, Stelzen und Maschinen
Oberlungwitz: Sachsenring
60 Ein märchenhaft schöner Ballsaal
Stollberg: Bürgergarten
61 Auf fünf Hektar rund um die Erde
Lichtenstein: Miniwelt Sachsen
62 Ein riesiges TrinkwasserReservoir
Lichtenstein: Talsperre Eibenstock
63 Hier schwingt sich’s gut!
Stützengrün: Bikertreff Talsperrenblick Eibenstock bei Hundshübel
64 Filigranes Handwerk
Eibenstock: Stickereimuseum Eibenstock
65 Durch Waldesgrün ins Blaue Tal
Eibenstock: Blauenthaler Wasserfall
Touren nach Böhmen
Entlang der Südflanke des Kammes
Krušné hory: Touren nach Böhmen
66 Ein betürmter Berg ohne Mücken
Horní Krupka: Komáří vížka (Mückentürmchen)
67 Eine Landschaft wie im Bilderbuch
Milešov: Milešovka (Milleschauer) und Böhmisches Mittelgebirge
68 Romantik jenseits alles Irdischen
Osek: Kloster Osek
69 Barockperle über Mondlandschaft
Horní Jiřetín: Zamék Jezeří (Schloss Eisenberg)
70 Ein Ziel schöner als das andere
Krásný Dvůr: Klášterec, Kadaň und Zámek Krásný Dvůr
(Klösterle, Kaaden und Schloss Schönhof)
71 Zwei konträre Berge nebeneinander
Měděnec: Mědnik und Meluzina (Kupferberg und Wirbelstein)
72 Himmelfahrt über dem Dorf
Kovářská: Flugzeugmuseum
73 Geburtsorte von Dichter und Dollar
Boží Dar: Boží Dar und Jáchymov (Gottesgab und Joachimsthal)
74 Abwechslungsreiche Wanderung
Abertamy: Plešivec, Blatenský vrch und Vlčí jáma(Pleßberg, Plattenberg und Wolfspinge)
75 Zweitgrößte Bibliothek Böhmens
Teplá: Kloster Teplá
76 Goethes letzte große Liebe
Mariánské Lázně (Marienbad)
Karte
Schwibbogen in Tannenberg
Vertikal betrachtet kommt dieses Mittelgebirge unauffällig daher, und doch bestimmen »Hübel« und Täler die Landschaft. Die gewaltige tektonische Platte des Erzgebirges ist an die 8.000 Quadratkilometer groß, wovon 6.000 auf die sächsische Seite entfallen, knapp 2.000 auf das nordböhmische Krušné hory. Das Erzgebirge erstreckt sich von den nördlichen Eingangstoren Zwickau, Chemnitz und Dresden nach Süden, steigt aus dem Tiefland ganz allmählich bis auf 900 Meter an. Der runde, sanft hügelige Hauptgebirgskamm zieht sich vom Osterzgebirge bei Bahratal (unmittelbar an die Sächsisch-Böhmische Schweiz angrenzend) in südwestlicher Richtung über 160 Kilometer Luftlinie bis hin zum vogtländischen Elstergebirge bei Schöneck. Auf böhmischer Seite fällt das Erzgebirge in markanten Steilhängen mehrere Hundert Höhenmeter zur Tiefebene der Eger ab. Diesen Steilabfall nehmen deutsche Reiseführer zuweilen zu wörtlich, indem sie den böhmischen Teil völlig ignorieren. Als ob das Erzgebirge auf dem Kamm an der deutschen Grenze schlagartig aufhört zu existieren. Den Gegenbeweis treten einmal mehr die in diesem Buch beschriebenen Touren – Tagesausflüge – auf die böhmische Seite an.
Das Erzgebirge ist das am dichtesten besiedelte Mittelgebirge Europas, oft beträgt der Abstand zwischen den Dörfern nur ein bis zwei Kilometer, umso erstaunlicher sind die unterschiedlichsten Dialekte. Im Prinzip gibt es von Dorf zu Dorf eine Lautverschiebung, da muss man allerdings sehr genau hinhören. Eine typische Aussage über die Region gefällig? »Wo de Hasen Hosen haaßen und de Hosen Hußen haaßen.« Wie ist der Erzgebirgler vom Wesen her, was macht ihn aus? Typisches Klischee: Ein Mann sitzt in Lederhuß mit Hußenträgern Pfeife rauchend auf der Ofenbank, am Wandhaken der grüne Filzhut. Also ich habe noch kein solches Original leibhaftig gesehen, aber es ist ein schönes Bild.
Der Erzgebirgler ist »zsammnammsch«, das heißt, er kann sich gut zusammennehmen, ist extrem sparsam, kann aus dem Nichts etwas machen, er kann gut wirtschaften und gibt nicht gerne Geld aus – nicht zu verwechseln mit geizig! Geldverdienen ist bis heute ein Problem im Erzgebirge, es gibt nicht wirklich viele gut bezahlte Arbeitsplätze. Erzgebirgler gelten als aufgeschlossen, kommunikativ, gesellig und gastfreundlich, sie mögen Besuch, die Gemütlichkeit, ihr Zuhause und ihre Heimat. Mag sein, dass Natur und Landschaft als größte Stärke für diese lebenswerte Region sprechen.
Neben dem Wald- und Holzreichtum war das Erz im Berg der Schatz in dieser ansonsten kargen Landschaft. Das Silber hat im 11. Jahrhundert ein großes »Berggeschrey« ausgelöst, Tausende Siedler angezogen und einige Städte überdurchschnittlich wachsen und prächtig gedeihen lassen. Viele Gebirgsstädte sind Perlen in einer Landschaft, die heute vor allem als Wander-, Radfahr- und Skilanglaufparadies gilt. Wenn das Wetter partout nicht mitspielen sollte, dann bietet es sich an, sich auf die Spuren des jahrhundertelangen Bergbaus zu begeben, in Museen oder Stollenanlagen.
Das ist überhaupt die Frage: Wie nähert sich der interessierte Reisende am besten dieser ausgedehnten Region an? Es gibt auf sächsischer Seite im Wesentlichen vier Teilgebiete, in deren Mitte sich jeweils ein Basislager zu wählen anbieten würde: Osterzgebirge, Mittleres Erzgebirge, Oberes Erzgebirge und Westerzgebirge. Im Übrigen tangiert das sogenannte Silberne Erzgebirge alle vier Teilgebiete längs der Alten Silberstraße von Zwickau bis Dresden, wo das gewonnene Silber verprasst wurde.
Heute hat es das Erzgebirge geschafft, als Montan- und Kulturlandschaft ins UNESCO-Welterbe aufgenommen zu werden. Es ist ein jahrelanger Weg gewesen, bis die Kommission im Sommer 2019 mit dem geschärften Profil zufrieden war. Letztendlich enthält die montane Kulturlandschaft mit Welterbestatus 17 Bestandteile auf sächsischer Seite und fünf auf der böhmischen. Jeder Bestandteil ist aufgegliedert in dutzende Einzelobjekte wie sakrale Gebäude oder Zeugen des Bergbaus. Das grenzüberschreitende Projekt soll der gemeinsamen Geschichtswahrung dienen, die Region fördern und Landschaften, wertvolle Städte und Kunstschätze für künftige Generationen erhalten. Neben dem identitätsstiftenden Imagegewinn wie der Slogan »Hurra, wir sind Welterbe!« verspricht die Einstufung als Weltkulturerbe einen Anstieg der Touristenzahlen, was die Montanregion Erzgebirge gut verkraften könnte.
Blick vom Turm des Geisingberges
Die vertrauteste Gebirgsregion ist mir seit fernen Kindertagen das Osterzgebirge, deswegen hat es Anspruch auf eine Extra-Einleitung. Es beginnt unmittelbar am Südrand von Dresden, über 40 Kilometer flach ansteigend bis zum 800 Meter hohen Hauptkamm. Auffällig am Horizont sind alte Vulkane, deren Kegel zu allerlei Fantasie beim Gedanken an ihre Entstehung anregen: der Wilisch bei Kreischa, der Geisingberg oder der Luchberg bei Oberfrauendorf. Vulkankegel bildeten im Tertiär vor mehr als zwei Millionen Jahren die letzte formgebende Phase des Erzgebirges.
Vor allem die Flüsse verbinden Dresden mit dem Erzgebirge, die hier und in der Umgebung in die Elbe münden: der Lockwitzbach bei Laubegast, die Müglitz in Heidenau und der heftigste und ungestümste: die Wilde Weißeritz in Cotta.
Das Osterzgebirge ist für Dresdner ein hervorragendes Naherholungsgebiet. Auf der Flucht aus dem hektischen Gedärm der Großstadt hält das Gebirge hinsichtlich sauberer Luft und Stille Balsam für Körper und Seele bereit.
Zentrum und beliebtester Höhenkurort des Osterzgebirges ist zweifelsohne Altenberg, von Dresden bequem mit der Müglitztalbahn zu erreichen. Ich weiß nicht, wie oft wir als Kinder mit unseren Eltern und vier Fahrrädern diese Wochenendausflüge unternahmen. Spannend war immer die letzte Etappe zwischen Geising und der Endstation in Altenberg, da wand sich die Eisenbahntrasse wie ein Linksgewinde um den Geisingberg herum und schraubte sich 200 Höhenmeter hinauf. Die Diesellok V180 röhrte vor Anstrengung wie ein Sechzehnender und schaffte es kaum schneller als im Läufertempo, die wenigen Waggons bergan zu ziehen. In Altenberg angekommen, gab es mit dem Fahrrad verschiedene Varianten, die allesamt eine Gemeinsamkeit hatten: egal in welche Richtung, es ging immer bergab!
Altenberg, eine Bergstadt mit über 550 Jahre alter Bergbautradition, trumpft heute insbesondere als Wintersport-Hochburg auf. Es gibt ein sehr gut gepflegtes Loipennetz für Skilanglauf, einen Abfahrtslauf- und Rodelhang, im Kohlgrund heißt Sie eine moderne Bobbahn willkommen.
Ein Netz von Wanderwegen lädt Sie im Sommer zu Touren in dichte Fichtenwälder ein, über naturgeschützte Bergwiesen, entlang alter Entwässerungsgräben und über freie Stoppelfelder im Schatten langer Alleen von Wildapfelbäumen, sogenannter »Holzäppel«.
Als Abiturienten beschlossen ein Freund und ich 1978, eine Radtour in die Slowakei zu starten. Wir beide kurbelten mit Zelt und Schlafsack von Pirna das Bahratal empor, passierten nach 40 Kilometern hinter Petrovice in 700 Metern Meereshöhe den Erzgebirgskamm. Wir waren knülle, hatten uns mit der berguntauglichen tschechischen Favorit-Gangschaltung beinahe unsere Kniescheiben »rausgedreht« und standen nun vor einem Straßenschild: zwölf Prozent Gefälle!
Schlagartig hellte sich unsere Laune auf: Flach auf den Lenker geschmiegt und mit vollem Karacho den Berg hinab. Was wir nicht ahnten und wussten: Die Abfahrt war fünf Kilometer lang! Der Wind pfiff uns ungeheuerlich um die Ohren. Ich linste auf meinen Tachometer und glaubte meinen vertränten Augen nicht zu trauen: Die Nadel pendelte weit jenseits der 60 am Anschlag! Es ergab sich auch ganz natürlich, so nebenbei noch zwei Trabis zu überholen. Unten in Telnice zitterten wir am gesamten Körper vom Adrenalinschub.
Diese verrückte Abfahrt an der Steilflanke des südlichen Erzgebirges, damals mit 17 Jahren, werde ich mein Leben immer in Erinnerung behalten. Ohne es bewusst zu erfassen, haben wir mit dieser Radtour die so typische Erzgebirgscharakteristik als Bruch- oder Pultscholle hautnah erlebt: der lange flache Anstieg von Norden her und der phänomenale Steilabfall des Gebirges an seiner Südflanke.
Mehr als vier Jahre bin ich beinahe täglich über diese alte Steinbrücke zu meinem Büro im Eiswurmlager geradelt, und automatisch drehte sich mein Kopf stets zum Fluss hin, was er denn heute so für einen Anblick bietet. Denn das ist das Verrückte: Er war nie derselbe, zeigte sich jedes Mal anders. Ein Teil des Wassers wird am Wehr abgezweigt und muss im kleinen Turbinenhäuschen Schwerstarbeit verrichten.
Im Sommer schwächelt die Wilde Weißeritz zumeist, plätschert harmlos über Kieselsteine. Eisvögel schießen wie Pfeile flach über das kleine Wellengekräusel, ein Fischreiher stelzt bedächtig am Ufer. Die Turbine steht still, der Fluss ist zu schwach. Temperamentvoller wird die Weißeritz, wenn es im Osterzgebirge regnet. Je übermütiger sie dahinschäumt, umso mehr bekommen die Anwohner Sorgenfalten. Der Flusspegel steigt, die Wasserfarbe wird schlammig braun, das Rauschen und der Widerhall vom Felsen erreichen rasch eine eindrucksvolle Lautstärke. Irgendwann muss die Turbine abgeschaltet werden, ein weißer Wasservorhang tost die Schräge am Kleinkraftwerk hinunter und donnert ins ursprüngliche Bachbett hinein. Das ist noch nicht das Maximum. Die Wilde Weißeritz kann noch eins draufsetzen wie im August 2002, als ihren ungeheuerlichen Fluten weder die 500 Jahre alte Brücke noch das Turbinenhäuschen standhielt. Millionenschäden entstanden damals auch in Dresden, als in Löbtau der Fluss in einer Kurve sein Bett verließ und seine ursprüngliche Rinne quer durch den Dresdner Hauptbahnhof und die Semperoper zur Elbe suchte und wiederfand.
In aufwendigen Baggerarbeiten wurde seitdem das Bachbett um zwei Meter tiefer gelegt, was sich als außerordentlich sinnvoll erwies, als im Juni 2013 ähnlich gewaltige Wassermassen zu Tal schossen, ohne größeren Schaden anzurichten.
Vom Bienertgarten führt ein Spaziergang durch die Alte Felsenkellerbrauerei hinauf zum Hohen Stein mit mehreren Aussichtspunkten.
1
Plauenscher Grund
Hegereiterbrücke am Eiswurmlager
01189 Dresden
Schlottwitz im Müglitztal genießt im Schatten von Glashütte ein eher unauffälliges Dasein. Eine schnurgerade Straße führt durch den Ort. Die lose Bebauung macht es schwer, überhaupt einen Dorfkern zu erkennen. Doch ungefähr dort ist linker Hand talaufwärts gesehen ein kleiner einladender Parkplatz mit den Schautafeln des Wandergebiets Lederberg. Bevor es die Wanderstiefel zu schnüren gilt, lohnt sich ein Blick auf die Infowände. Schmuck- und Halbedelsteine lenkten schon in früheren Jahrhunderten die Aufmerksamkeit des Menschen auf sich. Bereits 1750 berichtete ein Bergmann fasziniert von Achatgängen mit weißem und rötlichem Amethyst im Müglitztal.
Ein Netz von Wanderwegen umspinnt den Lederberg, die gute Ausschilderung erleichtert die Wahl und weist die Richtung zum Eibenwald. Trittsicher sollte man schon sein, der Aufstieg ist steil, es gibt kein Geländer. Knorrige Bäume, die sich abenteuerlich an Felsen krallen, säumen den Pfad. Hauptaugenmerk sollte den dunklen und geheimnisvoll wirkenden Nadelbäumen gelten, die immer häufiger oberhalb des Weges durchs Dickicht schimmern. Das zähe Holz des urtümlichen Baumes wussten bereits unsere frühen Vorfahren zu schätzen. So trug der mehr als 5.000 Jahre alte Ötzi bei seiner Entdeckung einen Bogen aus Eibe.
Schneller als einem lieb ist, hat man nach kaum einem Kilometer den ältesten Eibenbaum erreicht. Auf einmal steht man vor ihm, stolpert über seine gewaltigen Wurzeln und staunt über dieses Labyrinth aus Tentakeln, die sich über den Boden ziehen und ihn wie Riesenschlangen umklammern. Der mächtige Stamm steht schief und braucht mit seiner mächtigen Krone diese feste Verankerung. Was für eine Eibe!
Beim Zurückwandern sinniere ich darüber, mir manchmal auch solche Wurzeln auf der Erde zu wünschen. Allerdings ginge das zu Lasten der eigenen Mobilität. Entweder – oder …
Sie können den Aufstieg über den Edelmannsteig bis zum Aussichtspunkt Totenstein fortsetzen – schönes Panorama der Sächsischen Schweiz!
2
1.000-jährige Eibe
im Naturschutzgebiet Müglitzhang
Eibenwald am Lederberg
Startpunkt: Parkplatz Ortsmitte
01768 Glashütte OT Schlottwitz
www.heimatverein-schlottwitz.de