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Wir sind mehr als unsere Fehler. Vier einfache Worte berichten Prinzessin Luna vom Mord an der Königin Atheas, vom Mord an ihrer Mutter. Doch während das Königreich gegen die Verschwörer in den Kampf zieht, soll sie selbst zu nutzloser Untätigkeit verdammt sein - schließlich ist es ihre Schuld, dass die Verdächtigen entkommen konnten. Luna verlässt die Zaubererakademie von Arsarca und kehrt an den Hof ihrer Schwester zurück, entschlossen, sich ihrer Rolle als Prinzessin würdig zu erweisen und die Schuldigen zu finden, die ihr Königreich bedrohen. Sie ahnt nicht, dass dort bereits der größte Fehler ihrer Vergangenheit wartet, bereit, die Grenzen zwischen Freund und Feind verschwimmen und sie alles hinterfragen zu lassen, woran sie je geglaubt hat. Während die Lügen und Geheimnisse Athea zu zerstören drohen, bleibt Luna nur eine Chance, für das zu kämpfen, was sie für richtig hält: Lunas Wahrheit kann der Dolch sein, der das Königreich rettet. Oder es zugrunde richtet. Eine Welt voller Magie, die von unterschiedlichsten Magiergruppen beherrscht wird, und in ihrem Zentrum starke (Anti-)Heldinnen an einem Hof voller Zauber und Intrigen ... und uralter Vorurteile - mit »Lies Of Crowns And Death« erscheint der zweite Teil der Athea-Chroniken und setzt fort, was »Lies Of Blood And Flames« begonnen hat: fesselnde Fantasy mit einem Hauch von Romance, die die Grenzen zwischen richtig und falsch verschwimmen lässt!
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Seitenzahl: 639
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© 2024 Jenny Brandes
Jenny schreibt Geschichten, seit sie schreiben kann, und verbrachte ihre Kindheit zu größten Teilen mit der Nase tief in einem Buch. Die Macht von Worten, ganze Welten zu erschaffen, fasziniert sie seit jeher.
Mit »Lies Of Blood And Flames« veröffentlicht sie 2024 ihren Debütroman.
Wenn Jenny nicht gerade in ihrer eigenen Welt schreibt, erkundet sie gern fremde Welten in Büchern, Filmen oder Spielen.
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Epilog
Die Rosen blühen rot.
Das Pergament in Lunas Händen bebte und die Worte darauf verschwammen vor ihren Augen. Der Brief enthielt nur wenige kurze Zeilen in der makellosen Handschrift ihrer Schwester, kontrollierte Federstriche, die sich nichts von der Nachricht anmerken ließen, die sie versteckten. Hätte jemand den Boten abgefangen, hätte er nur bedeutungslose Worte vorgefunden, belangloses Geschwätz zwischen Schwestern über den neuesten Stand im Palast, über die Bälle und die Gärten … Doch Luna hatte die Floskeln und Kodierungen gelernt, seit sie auf zwei Beinen stehen konnte. Man hatte sie ihnen beim Frühstück eingebläut und beim Nachmittagstee abgefragt. Sie hatten sie lernen sollen, um vorbereitet zu sein … doch Luna war nicht vorbereitet.
Die Rosen blühen rot. Die Königin war tot.
Dies war kein Schreiben einer Schwester an die andere, es war ein Schreiben zwischen zwei Prinzessinnen, das alles veränderte … einer Prinzessin – ihre Schwester würde bald Königin sein, weil Ihre Majestät … weil ihre Mutter tot war.
Die Rosen blühen rot. Nicht weiß, nicht gelb, nicht rosa. Rot. Ein gewaltsamer Tod.
Lunas Hand sank herab, den Brief in ihren Fingern noch immer fest umklammert. Sie zitterten, doch jede weitere Reaktion, die sie von ihrem Körper erwartet hatte, blieb aus. Da war kein Schmerz in ihrer Brust oder Tränen in ihren Augen, nur ein ungläubiges Rauschen, das keinen klaren Gedanken zuließ. Sie atmete tief ein und versuchte, sich zu sammeln.
Sie hatte sich vergessen, hatte vergessen, die höfliche, unbeteiligte Maske aufrecht zu erhalten, die ihr inzwischen wie ins Gesicht gebrannt war. Sie konnte nicht mehr sagen, ob ihre Züge das Entsetzen spiegelten, das sich in ihre Brust gekrallt hatte, sie spürte sie kaum noch. Trotzdem versuchte sie, ihr Gesicht wieder zu verschließen, bevor sie den Kopf hob.
Die oberste Magistra der Zaubererakademie von Arsarca beobachtete sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Sie lehnte sich in ihrem imposanten Ohrensessel nach vorn, die Finger auf der Tischplatte ihres Schreibtisches ausgespreizt. Tiefe Falten zogen sich wie Wellen über ihre Haut, verschwanden in den Ärmeln ihres schwarzen Kleides und setzten sich an ihrem Hals und auf ihrem Gesicht fort. Luna konzentrierte sich auf den straff zurückgebundenen Haarknoten in ihrem Nacken, um nicht ihrem Blick begegnen zu müssen.
Das dämmrige Kerzenlicht im Raum erweckte den Anschein, dass es schon spät in der Nacht war, dabei sperrten die zugezogenen Vorhänge gerade einmal die untergehende Sonne aus. Bücher überzogen die Wände und versteckten die Vertäfelung, Bücher so alt und gut erhalten, dass sie in den vergangenen Jahrhunderten kein Sonnenlicht gesehen haben konnten. Ihr Geruch hatte sich tief in den dunkelroten Teppich gesenkt und verhing den Raum, ein Duft von rauem Leder und staubigem Pergament.
Die oberste Magistra verharrte so bewegungslos, dass sie beinahe mit der Einrichtung ihres Arbeitszimmers zu verschmelzen schien. Sie wirkte hinter der riesigen, dunklen Schreibtischplatte und den Papieren, die sich in Stapeln darauf türmten, zierlich, ein Umstand, der jedoch nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass sie die mächtigste Person in den Mauern der Akademie war.
Sie wartete nicht darauf, dass Luna erklärte, warum der königliche Bote ein Schreiben im Eiltempo direkt in ihr Arbeitszimmer gebracht und sich geweigert haben musste, den Raum zu verlassen, bevor die Prinzessin nicht gerufen worden war. Ihr musste klar sein, dass etwas Bedeutendes geschehen war, aber sie gab sich nicht die Blöße, zu fragen. Vielleicht wusste sie es auch bereits, vielleicht hatte der Rat der Zauberer sie schon informiert, schließlich war ihr Netzwerk schneller als ein berittener Bote … Doch warum hatten sie dann nicht auch –
»Wir müssen handeln«, ergriff Meisterin Margo geschäftig das Wort.
Sie bewegte sich neben Luna vor dem Schreibtisch von einem Bein auf das andere, sodass das Rascheln ihres blauen Kleids zu einem steten Hintergrundgeräusch verklang. Blut und Feuchtigkeit sprenkelten Flecken über ihren Rock und färbten den Saum dunkel. Anscheinend war sie direkt von der Befragung der Gefangenen in den Verliesen hinauf in das Arbeitszimmer der obersten Magistra gestürmt, ohne Zeit darauf zu verschwenden, sich zu waschen oder umzukleiden.
»Uns läuft die Zeit davon.« Ihre Stimme klang drängend und die Unruhe, die durch ihren Körper pulsierte, wirkte seltsam deplatziert an ihrem sonst makellosen Aussehen, genau wie die langen dunklen Haarsträhnen, die sich aus ihrer Steckfrisur gelöst hatten und jetzt über ihre Schultern hingen. »Es scheinen noch mehr der Hexer überlebt zu haben, mehr, als ich befürchtet hatte.«
Vor zwei Jahrzehnten hatten nur einhundert Hexer den Brand in ihrer Stadt Daersk überlebt, einhundert Hexer, die fortan als die Hundert in die Chroniken Atheas eingehen sollten. Als hätten die Flammen ihren Blutdurst geweckt, waren sie mordend und brandschatzend durch das Königreich gezogen und hatten auf ihrem Weg nichts als Asche zurückgelassen. Nur durch die Unterstützung der Zauberer hatte die königliche Wache sie schlussendlich besiegen können … Zumindest hatten sie geglaubt, dass sie sie besiegt hatten – bis Meisterin Margo vor wenigen Wochen auf eine Überlebende gestoßen war, eine Hexerin, die zwei Jahrzehnte unerkannt unter ihnen gelebt hatte: die Tochter des Barons von Arlven … Eine Hexerin, die jetzt in ihren Verliesen gefangen war.
Der Hinweis, mit dem sie sie hatten festnehmen können, war von Luna gekommen. Als die Hexerin aus Arlven geflohen war, hatte ihr Kindheitsfreund Noda sich den Zauberern angeschlossen, in der Hoffnung, sie retten zu können, sie von ihrem Weg der Gewalt und Zerstörung abzubringen. Er hatte Luna von ihr erzählt und sie hatte die Zuneigung in jeder seiner Geschichten gehört – seine, aber auch die der Hexerin, und sie hatte recht behalten, dass sie sich ergeben würde, wenn Noda sie darum bat. Als Meisterin Margo Luna davon erzählt hatte, hatte sie beinahe stolz geklungen. Zum ersten Mal in ihrem Leben war Luna von Nutzen gewesen … und doch nicht genug.
Meisterin Margo hatte Noda und sie in die Verliese bestellt, um zu überprüfen, ob sie recht behalten würde, ob Noda tatsächlich die Schwachstelle der Hexerin war, doch sie hatte sich geweigert, ihnen den Aufenthaltsort der übrigen Überlebenden zu offenbaren. Luna hatte sich geirrt. Wieder einmal.
Meisterin Margo zog bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten erfolgreich für das Königreich in den Kampf gegen die Hexer und hatte unzählige von ihnen gefangengenommen und befragt. Entsprechend hoch waren ihre Erwartungen und die Enttäuschung in ihren Augen keine Überraschung für Luna, doch sie hatte in dem Blick der Magistra auch gesehen, dass sie nie überhaupt in Betracht gezogen hatte, dass Luna nicht versagen würde, und es war dieses Wissen, das sich schwer auf ihre Schultern legte.
Meisterin Margo hatte Noda und sie fortgeschickt und ihre eigenen Methoden angewandt, um die Informationen zu bekommen, die sie brauchte – sie hatte den zweiten Hexer gefoltert, der zusammen mit der Hexerin festgenommen worden war … Die Spuren davon zogen sich jetzt über ihren Rock.
Meisterin Margo schloss ihren Bericht darüber, was sie aus dem Verhör zu dem Unterschlupf der übrigen Hexer erfahren hatte, und als sie verstummte, hallte nur noch das ungeduldige Klackern ihrer Fingernägel auf dem Holz der Tischplatte durch den Raum. Schlieren von Blut zogen sich auch über die Außenkante ihrer Hand, doch sie schienen sie nicht zu kümmern.
Luna hielt sich steif neben ihrer Magistra und versuchte, keine Aufmerksamkeit zu erwecken, so als könnte Meisterin Margo sonst dahinterkommen, was sie kurz zuvor getan hatte. Sie strich über ihr Kleid, prüfte, ob auch sie verräterische Nässeflecken auf ihrem Rock hatte, und bildete sich dabei ein, dass man die Verliese an ihr riechen konnte.
Noda hatte Luna beim Gehen gebeten zu bleiben, und so waren sie, verborgen im Schatten der Gänge, Zeugen jedes Schreis, jedes Wimmerns und jedes gewürgten Flehens geworden. Bei der Erinnerung stieg Übelkeit in Lunas Rachen auf, begleitet von einem Schauer auf ihrem Rücken und einer Gänsehaut, die die Härchen auf ihren Oberarmen aufstellte. Irgendwann hatte die Hexerin Erbarmen gehabt, irgendwann hatte sie sich ergeben … Meisterin Margo war davongestürmt, sobald sie den Aufenthaltsort der übrigen Hexer kannte, doch Luna war geblieben.
Sie wussten nun zwar, wo sie die Hexer finden konnten, aber sie wussten noch nichts über ihre Pläne. Die Hexerin hatte nur wenige Tage zuvor auf dem Magiefest in Arenja öffentlich einen Platz im königlichen Rat gefordert, der seit Jahrzehnten aus Zauberern bestand, aus den Adligen Atheas, nur um kurz darauf ein Attentat auf die Andachtshalle des Tempels zu verüben und sie in Schutt und Asche zu legen. Das alles wirkte unorganisiert, planlos, doch es musste mehr dahinterstecken.
Wenn Luna es herausgefunden, wenn Noda noch einmal mit der Hexerin gesprochen hätte – vielleicht hätte sie der obersten Magistra und Meisterin Margo zeigen können, dass sie den Titel einer Zauberin verdiente … Doch Luna hatte nichts erreicht. Sie war kaum mit der Hexerin ins Gespräch gekommen, bevor die oberste Magistra sie zu sich gerufen hatte.
»Wir müssen die Hexer so schnell wie möglich finden … und töten!«, flüsterte Meisterin Margo mit glühendem Blick. »Ich will dafür jede Zauberin und jeden Zauberer, die in der Ausbildung weit genug fortgeschritten sind, um sich verteidigen zu können.«
Etwas in Lunas Innerem zog sich zusammen. Meisterin Margo zum Unterschlupf der Hexer zu begleiten, wäre eine Gelegenheit gewesen, die sie so vielleicht nie wieder bekommen würde. All ihre Mitschülerinnen und Mitschüler würden dort sein, sie alle würden die Chance bekommen, ihren Wert zu beweisen, doch sie –
»Ich muss gehen«, brach aus Luna hervor und der Brief raschelte dabei leise in ihren zitternden Fingern.
Meisterin Margos Blick schoss zu ihr, aber es war, als würde sie durch sie hindurchsehen, als sie mit scharfer Stimme wiederholte: »Ich brauche jeden –«
Die oberste Magistra unterbrach sie mit einem Handwedeln. »Ihr seid entlassen, Prinzessin.«
Luna neigte gehorsam den Kopf und atmete ein, bis das Ziehen in ihrer Brust nachließ. Aus dem Mund der obersten Magistra klang ihr Titel wie ein Vorwurf, der schwer zwischen ihnen in der Luft hing. Er erinnerte sie daran, was sie nicht war, ließ sie niemals vergessen, dass sie in den Augen der Zauberer nicht zu ihnen gehörte und es vielleicht auch niemals würde. Für sie würde sie immer eine Prinzessin bleiben und eine Prinzessin gehörte an den Hof … Doch Luna war nicht dort gewesen, nicht einmal, als Ihre Majestät getötet worden war. Zu was für einer Prinzessin machte sie das?
Sie würde nach ihren Jahren an der Akademie an den Hof zurückkehren, ohne auch nur irgendetwas vorweisen zu können, ohne etwas erreicht zu haben. Sie konzentrierte sich auf das Heben ihrer Brust, auf den Atemzug, der das brennende Kribbeln in ihrem Bauch zurückdrängen sollte.
»Versammelt die Schülerinnen und Schüler, Meisterin Margo. Nehmt mit, wen Ihr benötigt«, fuhr die oberste Magistra in geschäftigem Ton fort, ihren Blick an Luna vorbeigerichtet, so als wäre sie schon längst fort und vergessen.
Schreie gellten durch das Treppenhaus zu ihnen hinauf, fuhren Luna durch Mark und Bein und ließen sie mit schreckgeweiteten Augen zurück. Keine von ihnen rührte sich, bis weitere schrille Rufe folgten, diesmal lauter.
Meisterin Margo löste sich als Erste aus ihrer Starre. Sie wirbelte herum, stürzte mit einem Satz zur Tür und riss sie auf, nur, um in die weit aufgerissenen Augen der Zauberin dahinter zu blicken, die ein Ohr an der Tür gehabt haben musste. Luna seufzte innerlich. Charlyn … Vermutlich schämte sie sich noch nicht einmal dafür. Sie sprang aus dem Weg, um Meisterin Margo an sich vorbeizulassen, und ihre Locken wippten, als sie herumwirbelte und ihr in den Gang folgte.
Hinter Luna schoss auch die oberste Magistra in den Stand, als hätte sie ihr Alter vergessen, packte ihren Gehstock und humpelte um den Schreibtisch herum. Sie war bereits in der Tür, bevor Luna sich aus ihrer Starre reißen konnte. Sie stopfte den Brief ihrer Schwester mit hastigen Bewegungen in die Tasche ihres Kleides, während sie in den Gang hinauslief. Ihre Finger hatten das Pergament ohnehin bereits vollkommen zerknüllt.
Meisterin Margo und Charlyn hingen über das Geländer der offenen Galerie gebeugt und blickten in das Treppenhaus hinunter. Die untergehende Sonne brach sich in der Buntglasfensterfront und ließ den goldenen Stuck an den Wänden warm glänzen. Sowohl die Flure im Obergeschoss als auch die Halle unten waren übersät mit bedeutenden Ausstellungsstücken der Zauberergeschichte – manche von ihnen sogar älter als ihre Zeitrechnung –, mit Artefakten und Schriften in kleinen Glaskästen, in denen das Abendlicht funkelte. Luna hatte schon Stunden damit verbracht, sie zu begutachten.
Jetzt versanken ihre Schritte in dem weichen roten Teppich, der sich durch den gesamten Gang und die ausladende Treppe hinab bis ins Erdgeschoss erstreckte, als sie zusammen mit der obersten Magistra an das Geländer stürmte. Sie klammerte sich fest an die hölzerne Balustrade, beugte sich nach vorn und erstarrte bei dem Anblick, der sich ihr bot. Dunkles Entsetzen schlug seine Krallen in ihre Brust.
Die Hexerin, die Meisterin Margo in den Verliesen gefoltert hatte, taumelte auf den Fuß der Treppe zu, an der Hand den Hexer der Hundert, bei dessen Befreiungsversuch sie festgenommen worden war – sie waren nicht mehr in ihren Verliesen.
Übelkeit stieg in Lunas Hals. Sie war doch nur wenige Augenblicke zuvor noch bei den Hexern gewesen, vor ihren verschlossenen Zellen, hatte sogar mit dem Wachmann gesprochen … Die Verliese der Akademie waren so sicher, die Ketten, mit denen sie die Gefangenen fesselten, unterdrückten Magie – wie hatten sie entkommen können? War es ihre Schuld? Hatte sie nicht aufgepasst? Lunas gepresster Atem rang mit ihrer Furcht.
Die Hexer stürmten auf die Treppe zu, verfolgt von den Wachen der Akademie. Ihre Haut und vormals weiße Kleidung strotzten vor Dreck- und Nässeflecken – Dreck, Nässe und Unmengen von Blut. Der Hexer konnte sich kaum allein auf den Beinen halten, während die Hexerin ihn vorwärtszerrte.
Luna hatte in der Dunkelheit der Zellen nur eine Ahnung von der Zerstörung bekommen, die Meisterin Margo seinem Körper gebracht hatte, doch jetzt im Licht raubte sie ihr den Atem. Sein Rücken hing in Fetzen.
Als sie den Kopf hob, war Meisterin Margo vom Geländer neben ihr verschwunden, hatte einige Schritte zur Treppe gemacht und begonnen, einen Zauber zwischen ihren Händen zu formen. Die Magie bauschte sich um ihre Finger, wirbelte mit ihren Worten und bog sich zu einer pulsierenden bläulichen Kugel.
Die Hexerin hatte sie ebenfalls entdeckt und war am Fuß der Treppe erstarrt. Ihr Blick brannte vor Hass, brannte so lichterloh, dass allein er die Luft in Flammen zu setzen schien. Luna öffnete den Mund, um Meisterin Margo eine Warnung zuzurufen, doch bevor auch nur ein einziger Ton ihre Lippen verlassen konnte, hatte die Hexerin bereits die Arme hochgerissen und ihre Magie schoss auf die Empore zu, begleitet von einem gellenden Schrei. Sie brauchte keine Zauberformel, sie brauchte nur ihr Blut.
Auch Luna schrie auf, als die Druckwelle sie erwischte und der Boden unter ihren Füßen bebte, brach und mit einem ohrenbetäubenden Donnern in Splittern um sie spritzte. Halb sprang sie zurück, halb wurde sie geworfen. Sie prallte schmerzhaft gegen die oberste Magistra, klammerte sich an ihr fest und krallte sich gleichzeitig blind in das, was sie von Charlyn zu fassen bekam. Sie strauchelten in einem Gewirr aus Beinen und Röcken rückwärts und konnten sich kaum aufrecht halten, bis sie mit den Rücken gegen die Wand prallten.
Einen Moment verharrten sie regungslos, entsetzt, bevor Charlyn sich von ihr abdrückte und einen Schritt zur Seite machte. Eine ihrer Locken bebte unter ihrem keuchenden Atem und wirbelte den Staub auf, der sonst beinahe bewegungslos in der Luft schwebte. Eine dunkle, beißende Wolke trennte sie von der anderen Seite der Empore und dem unteren Geschoss, schirmte sie ab und verbarg sie zur selben Zeit.
Erst jetzt wurde Luna bewusst, dass sie sich noch immer in den Arm der obersten Magistra krallte. Sie öffnete hastig ihre Finger und machte einen Schritt zurück, um wieder angemessenen Abstand zwischen sie zu bringen. Die alte Frau beachtete sie jedoch gar nicht. Sie blickte starr auf die Umrisse des Geländers, die aus dem Staubschleier auftauchten, und humpelte darauf zu. Ihren Stock hatte sie in der Explosion verloren.
Luna folgte ihr, fing sich am Geländer ab – an dem, was davon noch übriggeblieben war – und blickte nach unten, während der sich lichtende Staubschleier das gesamte Maß der Zerstörung offenbarte.
Die Hälfte der Empore war weggebrochen, die Trümmer übersäten den Fuß der Treppe und hatten die Wachen unter sich begraben. Luna schlug eine Hand vor den Mund, um das Keuchen zu dämpfen, das ihr unwillkürlich entwich. Ihr Blick schoss über die Bruchstücke der Empore, über die Stelle, an der Meisterin Margo gestanden hatte, dort, wo jetzt ein Loch klaffte.
Sie musste sich mit einem Sprung auf die andere Seite gerettet haben. Graue Schlieren überzogen ihr Kleid, bedeckten ihr Haar und ließen sie wie eine der marmornen Statuen in den Gängen im unteren Geschoss erscheinen. Sie schwankte, und doch hatte sie bereits wieder einen Zauber auf den Lippen, dessen Magie zischte und bläulich zwischen ihren Fingern glomm.
Am Fuß der Treppe kamen auch die Hexerin und der Hexer auf die Beine.
Ein Zauber der obersten Magistra fauchte an Luna vorbei, schlug zwischen den beiden in die Stufen und stob Steinsplitter in die Luft. Wieder bebte der Boden, selbst unter ihren Füßen ein Stockwerk höher. Luna klammerte sich fester an das Geländer.
Die Hexerin und der Hexer hatten ausweichen können und krochen nun weiter die Stufen hinauf, geduckt und gebeugt, doch Meisterin Margo schleuderte bereits den nächsten Zauber auf die Hexerin, die von der Druckwelle zur Seite geworfen wurde. Ihr Kreischen jagte Luna eine Gänsehaut über die Arme.
Sie zwang sich, ihre Hände vom Geländer zu lösen, sich Finger für Finger gegen die Panik zu stellen, die durch ihre Eingeweide kroch. Wenn es auf irgendeine Weise ihr Fehler gewesen war, dass die Hexerin sich hatte befreien können, musste sie ihn beheben, bevor jemand bemerkte, dass es ihre Schuld war.
Luna murmelte einen Lähmzauber, doch die Bewegungen ihrer klammen Finger waren ruckartig und ihre Worte stockten. Sie fühlte sich um Jahre zurückversetzt in ihre ersten Zauberstunden, in denen die Magie ihr einfach nicht hatte gehorchen wollen, dabei kannte sie diesen Zauber in- und auswendig, hatte ihn unzählige Male gewirkt. Jetzt pulsierte er zwischen ihren Händen, doch die Magie zuckte widerstrebend, sandte Stöße in ihre Haut und begehrte gegen die Form auf, in die Luna sie mit ihren Worten und Fingern zu zwingen versuchte.
Die Hexerin kam schwankend auf die Knie, hob ihren Blick zu Meisterin Margo und wandte der Empore dabei den Rücken zu. Ihre offenen Haarsträhnen waren blutverschmiert.
Luna zielte. Noch konnte sie ihren Fehler korrigieren und niemand würde erfahren, dass sie ihn begangen hatte.
Die Erinnerung an die Zellen stieg in ihr auf, der Geruch von Moos und feuchtem Dreck legte sich in ihren Rachen und sie hörte die Schreie in ihren Ohren. Sie spürte Nässe auf ihrer Haut, doch sie drängte sie zurück und konzentrierte sich auf die Worte auf ihren Lippen. Meisterin Margo wollte die Hexer zurück in die Verliese gebracht haben und sie musste ihr dabei helfen.
Lunas Hände zitterten, als sie ihren Zauber losließ, und den Atem anhielt, den Blick starr auf die Hexerin gerichtet.
Ihr Zauber schlug neben ihr in den Stein.
Sie hatte sie verfehlt.
Luna atmete auf, schnappte für den Bruchteil eines Augenblicks nach Luft, bevor die Schuld in ihr sich aufbäumte und ihre Brust zusammenquetschte. Sie hatte wieder versagt.
Zu ihren Seiten schossen weitere Zauber nach unten und krachten wie Blitzschläge in die Stufen, während sie nur still dastand und zusah, wie die Stoßwellen der Magie Meisterin Margos Kleid bauschten und ihr Haarsträhnen in ihr verzerrtes Gesicht peitschten. Für einen kurzen Moment schien der gleiche wilde Ausdruck in ihren Augen aufzublitzen, den die Hexerin trug, der gleiche wahnhafte Hass.
Die Hexerin richtete sich zwischen Splittern und Trümmern auf, riss ihre Arme mit einem Schrei nach oben, und die Stoßwelle, die aus ihren Händen brach, schoss auf Meisterin Margo zu. Sie schrie auf und konnte nur knapp auf den Beinen bleiben. Die Blutmagie der Hexerin bauschte sich in ihren Händen zu einer roten Kugel, bevor sie sie mit einem Fauchen zur Seite schleuderte, wo sie einen Wandteppich in Stücke riss und eine Fackel zu Boden fegte, die auf Meisterin Margo zurollte und nur eine Schrittweite von ihren Röcken entfernt liegen blieb.
»Dieser Abschaum!«, fauchte die oberste Magistra neben Luna.
Sie führte ihre Hände wie durch Wasser und wirbelte die Arme durch die Luft, jede Bewegung strotzend vor stummer Kraft. In ihr schlummerten die Fähigkeiten von Jahrzehnten des Trainings und sie hatten sich dem Lauf der Zeit nicht gebeugt. Ein weiterer Zauber leuchtete zwischen ihren Händen und schoss auf die Hexerin zu, die einem Magiestoß von Meisterin Margo auswich und dabei direkt in die Flugbahn sprang. Der Zauber verfehlte sie nur knapp und schlug stattdessen in den Stein, stob ihn auf und explodierte mit einem Krachen, doch er schleuderte sie dennoch zu Boden.
Luna schauderte, hielt den Atem an und lauschte in die Stille, die auf das kurze Zögern der Zauber folgte. Die Meisterinnen waren bereit, bei der kleinsten Bewegung der Hexerin zu feuern, was bedeutete, dass sie den Sturm, der unausweichlich folgen würde, nicht überleben konnte, wenn sie sich nicht ergab.
Kurz blieb es still … Dann schrie die Hexerin, kreischte schrill, und mit dem Laut aus ihrer Kehle zuckten Funken aus ihren Fingerspitzen, fingen sich in dem Blut, das den Teppich befleckte, und fraßen sich daran hinauf. Innerhalb eines Wimpernschlags stand die Halle in Flammen.
Meisterin Margos Zauber schoss auf die Hexerin zu, gerade als sie den Kopf hob, und schleuderte sie nach hinten, doch der Hexer fing sie auf, bevor sie die Stufen hinunterfallen konnte. Luna beachtete sie nicht mehr.
Sie lehnte sich über das Geländer, als Schreie unter ihnen gellten, und zuckte im selben Moment wieder zurück. Die Hitzewelle der Flammen schoss in die Luft und rankte sich wie Weinreben an der Empore hinauf, während das Feuer die Trümmer am Fuß der Treppe erreicht hatte und mit ihnen die Wachen darunter. Ein weiterer Schrei. Diesmal war es Meisterin Margo, die zurücktaumelte. Rauch füllte den Saal in rasender Geschwindigkeit und verschleierte Lunas Blick, er biss in ihren Augen und in ihrer Lunge.
»Flieht!«, schallten Schreie durch den Rauch, die Stimmen panisch verzerrt.
Flammen eroberten die Treppe Stufe für Stufe, fauchten und flackerten. Ihre Hitze kam plötzlich, brannte sich in Lunas Haut und klebte ihr Kleid an ihre Beine. Instinktiv ging sie in die Knie, als könnte sie sich so davor verstecken.
Meisterin Margo musste auf dem oberen Treppenabsatz zwischen dem Inferno und dem klaffenden Loch zur Empore eingeschlossen sein, doch Luna konnte sie durch die Flammen nicht mehr entdecken.
»Flieht!«, erklang es noch einmal, diesmal tiefer und unnachgiebiger. Der Ton der obersten Magistra.
Luna gehorchte. Sie stürzte zu Charlyn, die ihr Gleichgewicht noch immer nicht gefunden zu haben schien, packte sie am Arm und wollte sie mit sich ziehen, doch sie schafften nur wenige Schritte, bevor Charlyn ihre Fersen in den Boden stemmte und ihren Arm aus Lunas Griff wand.
»Was tust du?«, schrie Charlyn ihr zu.
Das Inferno flammte in der Halle hinter ihnen auf.
»Wir müssen hier weg!« Luna wollte wieder nach ihrem Arm fassen, doch sie wich ihr aus.
Die oberste Magistra hinter ihnen war vollständig auf die Kugel aus Wasser fokussiert, die zwischen ihren Händen anschwoll und mit ihren Zauberworten pulsierte. Sie zog die schmalen Lippen zurück und bleckte ihre Zähne, als sie sie von sich stieß und sie mit einem scharfen Zischen auf die Flammen traf. Das Wasser verpuffte augenblicklich und wehte ihnen kochenden Dampf in die Gesichter.
Instinktiv ließen sie sich in die Knie fallen und schützten sich mit ihren Armen. Charlyns Locken klebten zwischen Lunas Lippen, während sie ihre Hände fest in den Stoff über ihren Schultern krallte.
»Wir können jetzt nicht gehen!« Charlyns Stimme überschlug sich dicht an Lunas Ohr und die Worte sandten einen Stich durch ihre Brust. Charlyn wusste noch nicht, dass sie gehen musste.
»Wir können hier nichts ausrichten!«, entgegnete Luna und versuchte, ihr rasendes Herz zur Ruhe zu bringen, die irrationale Panik in ihren Knochen zu beruhigen, aber das Entsetzen saß zu tief.
Der Zauber der obersten Magistra war von den Flammen verschluckt worden, ohne auch nur die kleinste Spur zu hinterlassen. Selbst sie hatte gegen dieses Inferno keine Chance.
»Ich werde nicht weglaufen!«, widersprach Charlyn vehement und wollte sich schon wieder aufrichten, als Luna sie am Arm zurückhielt.
»Ich muss gehen«, würgte sie hervor.
In diesem Moment barsten die Buntglasfenster mit einem ohrenbetäubenden Klirren, Wind fegte in den Saal und peitschte Scherben und dunkle Rauchwolken um sie. Luna hielt den Atem an, aber zu spät, der Rauch hatte sich bereits in ihre Lungen gefressen und kratzte in ihrem Hals. Sie klammerte sich an Charlyn, während sie hustend nach Luft schnappte.
»Komm!«, würgte sie hervor, beinahe flehend, und versuchte, sie mit sich zu ziehen. »Ich werde dich nicht hierlassen!« Nicht mit den Konsequenzen ihres eigenen Fehlers.
»Dann musst du bleiben!«, schrie Charlyn über das Kreischen und Krachen im Erdgeschoss. »Ich werde nicht weglaufen.«
Luna ließ ihren Arm los und musste sich auf dem Boden abstützen, um das Gleichgewicht zu halten. Sie schon. Sie musste weglaufen. Charlyn konnte bleiben, sie konnte tun, was sie wollte. Luna jedoch fühlte sich schon beim bloßen Gedanken daran elend. Sie hatte eine Verantwortung in ihrer Rolle als Prinzessin, die sie schwer wie Stein in ihrem Rückgrat spürte, die sie begleitete, wohin auch immer sie ging. Und jetzt musste sie ihr folgen. Sie musste versuchen, eine gute Prinzessin zu sein. Ihre Schwester erwartete sie.
»Bitte«, flehte Luna. »Ich will dich nicht allein lassen.«
Charlyn schnaubte, richtete sich auf und streckte ihr eine Hand entgegen. »Dann bleib … oder willst du wirklich gehen?«
Ihr Blick bohrte sich in Lunas und zwang sie zu einer Antwort, die sie nicht geben konnte. Charlyn kannte sie so gut wie niemand sonst.
»Ich habe keine Wahl«, brachte Luna mühsam hervor. Sie wusste nicht, wie sie es ihr erklären sollte, wenn sie doch kein Wort über den Brief ihrer Schwester verlieren durfte.
Charlyn nickte nur. »Dann tu, was du für richtig hältst«, entgegnete sie und wandte sich mit diesen Worten von Luna ab und den Flammen zu.
Luna nickte, auch wenn sie sie schon nicht mehr sehen konnte, und wollte bereits gehen, als Charlyn doch noch einmal zu ihr herumfuhr. Ihre Augen glänzten in dem beißenden Rauch, als sie sich so dicht zu Luna beugte, dass ihre Locken über ihre Wangen strichen.
»Was ist passiert?«, fragte sie und ihr Ton klang so herausfordernd, als würde sie von Lunas Antwort abhängig machen, ob sie sie gehen ließ.
Doch Luna schüttelte nur stumm den Kopf. Sie konnte es ihr nicht erzählen.
»Du musst nach Hause?« Wenn Luna ihr eine Frage nicht beantworten konnte, fragte Charlyn darum herum, bis sie eine zufriedenstellende Antwort hatte.
»Ich muss nach Arenja.« Luna musste zur Sommerresidenz der Könige, zu ihrer Schwester, aber nicht zu einem Ort, der den Titel Zuhause verdiente.
»Du wirst davon hören«, fügte sie leise hinzu. Ihre Stimme erstarb.
Charlyns Augen weiteten sich kurz, während sie überlegte, welche Möglichkeiten dann blieben, bevor sie Luna an sich zog und ihr Gesicht in ihren Locken vergrub. Luna versuchte, sich an dieser Umarmung festzuhalten, an diesem Gefühl, das sie dort nicht mehr spüren würde, wo sie hinging, das sie nicht in dieses andere Leben würde mitnehmen können.
»Ich verstehe dich nicht …«, murmelte Charlyn dicht an ihrem Ohr.
Wie könnte sie auch? Lunas Kehle schnürte sich zu und drohte, sie zu ersticken.
»Pass auf dich auf«, flehte sie schlicht.
Es gab nichts, was sie sagen, keine Warnung, die sie ihrer Freundin mitgeben konnte, keine, die ein Ersatz dafür sein würde, dass sie sie im Stich ließ.
Charlyn drückte sie von sich und wandte sich mit einem knappen Nicken wieder den Flammen zu. Sie würde sich der Hexerin stellen, sie würde kämpfen, während Luna floh.
Als sie durch die Türen der Akademie zu den Stallungen stürmte, verschloss sie erst ihr Gesicht und dann ihr Herz. Tränen brannten in ihren Augen, Tränen, die sich für eine Prinzessin nicht gehörten.
Die Kutsche schaukelte so stark, dass die Kette, deren Anhänger Luna umklammert hielt, bei der Bewegung in ihren Hals schnitt.
Sie hatte in den Stallungen der Akademie trotz der beginnenden Evakuierungen in kürzester Zeit einen Kutscher gefunden, der bereit gewesen war, sie die Tagesreise bis nach Arenja zu bringen – vielleicht war er selbst froh gewesen, entkommen zu können.
Nach einer kurzen, beinahe schlaflosen Nacht ruckelten sie nun über eine der vier Zugbrücken nach Arenja hinein. Die zweitgrößte Stadt des Königreichs lag, umschlossen von einem Fluss, an der Kreuzung der wichtigsten Handelsstraßen, und nur die Zugbrücken aus allen Himmelsrichtungen führten in die Stadt hinein. Die königliche Familie nutzte die zentrale Lage innerhalb Atheas in den Sommermonaten als Ausgangspunkt, um Besuche in alle Ecken des Königreichs zu machen und ihre Besucher in der Sommerresidenz zu empfangen.
Lunas Schwester hatte sie in ihrem Brief gebeten, nicht erst in die Thronstadt Rox Taenn, sondern direkt nach Arenja zu reisen, wo auch ihre Krönung stattfinden würde. Ihre Krönung. Das Wort schien noch immer unwirklich.
Die Stadt jedoch summte bereits vor Geschäftigkeit. Die Händler konnten kaum ihre Bilanzen für das Magiefest der vergangenen Tage fertiggestellt haben, und nun mussten sie sich bereits auf die nächste Feierlichkeit vorbereiten. Ihre Rufe und das Klappern der Kutschräder auf dem Pflaster schallten so laut durch die Gassen, dass sie beinahe Charlyns Stimme in Lunas Kopf überdeckten.
Sie umklammerte ihr Medaillon fester, ihre Verbindung, die Verbindung aller Zauberer. Sie hatte nur Charlyns Namen denken müssen, und nachdem Charlyn es erwidert hatte, konnten sie über ihre Gedanken kommunizieren, ihre Stimmen direkt im Kopf der anderen hören. Es erforderte einige Übung, sie so zu kontrollieren, dass man über die Ketten ein vernünftiges Gespräch führen konnte – ohne ständige ungewollte Zwischenrufe –, doch sie beide hatten genug Erfahrung darin.
›Mir geht es gut.‹ Charlyns Lächeln klang durch ihre Ketten. ›Hier ist noch nichts passiert, wir reisen nur. Meisterin Margo treibt uns alle an.‹
Auch, wenn Charlyns Stimme laut wie ein Gedanke in Lunas Kopf klang, lenkte das Rattern der Räder auf dem Pflaster sie ab, das und die Tatsache, dass die Hexerin und der Hexer während des Feuers hatten entkommen können … Sie waren aus der Akademie geflohen.
›Es gab eine Planänderung‹, fügte Charlyn hinzu, diesmal ernster, und Luna richtete sich auf der Kutschbank unwillkürlich gerader auf. ›Die Hexerin reist nicht zu ihrem Unterschlupf zurück. Wir haben uns aufgeteilt, eine Hälfte reitet wie geplant zu dem Ort, den sie Meisterin Margo genannt hat, die andere folgt der Hexerin nach Osten.‹
Luna hielt den Atem an und krallte die Finger ihrer freien Hand in die Polster der Kutschbank.
›Ich hätte zum Berg reiten sollen, aber ich habe mich bei der Verfolgungsgruppe dazugemogelt.‹ Charlyn grinste bei diesen Worten, ihre Stimme klang warm und stolz.
Luna schüttelte fassungslos den Kopf.
›Meisterin Margo war nicht gerade amüsiert.‹
Luna auch nicht.
›Warum?‹, fragte sie erstickt.
Es war nicht mehr nur leichtsinnig, es war beinahe dumm, sich freiwillig für eine solche Mission zu melden, entgegen dem Rat einer erfahrenen Zauberin. Charlyn war eine fähige Schülerin, aber sie kannte die Hexerin nicht, sie wusste nicht, wie gefährlich sie war. Bei dieser Sache stand mehr auf dem Spiel als nur eine Rüge ihrer Magistra und das Schlimmste daran war, dass Charlyn das ganz genau wusste.
›Du musst auf Meisterin Margo hören, Charlyn, sie weiß besser –‹
›Ich muss auf niemanden hören, Luna‹, unterbrach Charlyn sie genervt, so als wüsste sie bereits genau, was sie ihr sagen würde. ›Weder auf Margo noch auf sonst wen noch auf dich. Sag mir nicht, was ich zu tun habe, und ich sag es dir nicht.‹
Luna presste ihre Lippen fest aufeinander und schluckte die Worte herunter, die sie Charlyn an den Kopf werfen wollte. Sie drehten sich um Leichtsinnigkeit und kindisches Aufbegehren, doch stattdessen gab sie nur leise zu: ›Ich möchte helfen, Charlyn.‹
Während die Zauberer unter Meisterin Margo und sie ihre Leben aufs Spiel setzten, um ihr Königreich zu retten, würde Luna als ihre Prinzessin in der Sommerresidenz zur Nutzlosigkeit verdammt sein.
›Ich kann nichts tun‹, flüsterte sie, so als könnte jemand ihr Geständnis hören, wenn sie es zu laut dachte.
Sie richtete das Diadem in ihrem Haar, um sich daran zu erinnern, wer sie war und warum sie nicht bei Charlyn sein konnte.
Charlyn schwieg auf der anderen Seite ihrer Verbindung und je länger die Stille andauerte, desto schlechter wurde Lunas Gewissen. Es ging hierbei nicht um sie. Es war Charlyn, die in Gefahr war, und sie sollte sie nicht mit ihren unsinnigen Gedanken belasten.
›Entschuldige‹, flüsterte Luna. ›Mach dir um mich keine Sorgen.‹
Wieder entgegnete Charlyn für längere Zeit nichts, bevor sie leise flüsterte: ›Ich denke, ich weiß, was passiert ist.‹
Luna erstarrte.
›Es tut mir leid.‹
Sie schluckte schwer. Es war zu erwarten gewesen, dass die Neuigkeiten sich wie ein Lauffeuer durch das Königreich verbreiten würden, spätestens, nachdem die Einladungen zur Krönungsfeier an die Adligen verschickt worden waren. Inzwischen musste es die gesamte Bevölkerung wissen.
Luna wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, und so sagte sie stattdessen: ›Melde dich, wenn es etwas Neues gibt!‹
Sie hörte beinahe, wie Charlyn die Augen verdrehte. ›Du auch.‹
›Pass auf dich auf!‹, flüsterte Luna noch einmal, aber ihre Verbindung war bereits unterbrochen.
Sie schob die Vorhänge des Kutschenfensters ein Stück zur Seite und linste hinaus. Am Ende der Straße kamen die Mauern der Sommerresidenz in Sichtweite.
Lunas Finger in ihren Haaren stockten, als die Pferde zum Stehen kamen, und sie gab den Versuch auf, angemessen hergerichtet auszusehen. Die Nacht in der Kutsche hatte ihr Haar verwüstet und ihr Kleid zerknittert, und der Geruch von Feuer und Rauch klebte an ihrer Haut, waberte durch den Innenraum und biss in ihrer Nase.
Sie hatte kaum geschlafen und immer, wenn sie sich nun die Augen rieb, brannte der Ruß von ihren Händen darin. Ihr Kleid war ebenso schwarz verschmiert, staubbedeckt und am Saum zerrissen, dass sie sich gar nicht erst die Mühe machte, es notdürftig mit den Händen zu glätten. Sie sah nicht aus wie eine Prinzessin – wie passend, dass sie sich nie wie eine gefühlt hatte.
Die Tür der Kutsche öffnete sich und Luna blieb nur ein letzter tiefer Atemzug, um zurück unter ihre Maske zu schlüpfen, in dieses Leben, das sie die letzten Jahre in der relativen Ferne der Akademie abgelegt hatte. Sie ergriff die angebotene Hand des Bediensteten, als ihre Beine auf der Treppenstufe schwankten.
Die Hand verschwand augenblicklich wieder, sobald ihr Fuß den knirschenden Kies des Innenhofs berührte, zusammen mit dem Bediensteten, doch die Wärme der Berührung glühte noch in ihrer Handfläche nach. Sie sog jede dieser Gesten in sich auf, jede Überschreitung der Distanz, die sie sonst wie eine unsichtbare Glaskugel umhüllte.
Luna hob den Kopf und blinzelte in die Herbstsonne, die hoch über dem Innenhof stand. Die Sommerresidenz thronte in der Mitte der Stadt, gesäumt von übermannshohen, dunklen Mauern, die sie von der glimmenden, summenden Geschäftigkeit der Einwohner Arenjas abschirmten. So massiv die Mauern auch waren, so zart war alles im Inneren, von dem goldberankten Eingangstor zu der langen weißglitzernden Kiesauffahrt, die beinahe so fein wie ein Sandstrand war.
Die Sommerresidenz selbst wand ihre Flügel entlang der Mauern und ihre weiße Fassade spiegelte das Sonnenlicht ebenso wie die goldenen Fensterrahmen. Das Gebäude sollte repräsentieren, wofür die Königinnen und Könige Atheas standen: goldene Sicherheit, weiße Reinheit und das Versprechen, dass sie das Königreich so erblühen lassen würden wie das Labyrinth aus Hecken, das sich zu beiden Seiten des Kiesweges erstreckte.
Die Wachen am Tor mussten ihre Ankunft angekündigt haben, denn ein Teil der königlichen Garde stand bereits für ihren Empfang Spalier, ein Dutzend dunkelgekleideter, junger Männer, die in einer Reihe neben der Eingangstür Aufstellung genommen hatten. Sie alle hoben ihre rechte Hand an die Brust und senkten die Köpfe in einer Verbeugung, um ihre Prinzessin willkommen zu heißen.
Luna schluckte schwer, als ihr Blick auf die mitternachtsblauen Stoffstreifen fiel, die sich um die Uniformen und leichten Rüstungen der Garde wickelten. Ein Zeichen der Trauer. Sie hatte nie an der Nachricht ihrer Schwester gezweifelt, aber ihr war nicht wirklich bewusst gewesen, was sie bedeutete. Es war unumstößlich.
Luna blickte an der Reihe von Menschen entlang, die vor ihr den Kopf neigte, hüstelte kaum hörbar und schluckte. Sie traute ihrer Stimme nicht, und dennoch klang sie fest, als sie sagte: »Erhebt Euch.«
Ein Gardist nach dem anderen hob den Kopf.
»Luna!« Die Stimme vom anderen Ende des Hofes ging ihr durch Mark und Bein. Syltain. Syl. Sein Name stockte noch immer auf ihrer Zunge, selbst wenn sie ihn nur dachte.
Luna straffte den Rücken, wappnete sich und drehte sich zu dem Mann herum, der ihr über den Hof entgegenkam. Sie hatte ihn seit einer Ewigkeit nicht gesehen, nicht nachdem … Er streckte die Arme nach ihr aus, die rechte Hand von einem hellen Verband umwickelt.
»Eure Hoheit«, sagte Luna hastig und förmlich und neigte den Kopf vor Syltain von Kildarim, dem Verlobten ihrer Schwester.
Ihre Augen flackerten nach oben, als sein Schritt stockte. Sie wagte nur einen kurzen Blick auf sein Gesicht, doch das reichte, um zu sehen, wie sich seine Augen verdunkelten. Seine ausgestreckten Arme fielen zurück an seine Seiten, als wäre ihm ebenfalls in diesem Moment klar geworden, was er im Begriff gewesen war zu tun.
»Eure Hoheit«, wiederholte er, nun ebenfalls förmlicher, und deutete eine Verbeugung an.
Luna trat einen winzigen Schritt zurück, um wieder eine angemessenere Distanz zwischen ihnen herzustellen. Der Kies unter ihren Füßen knirschte verräterisch.
Syltain hatte sich in den letzten Jahren nicht verändert, nicht seit der Nacht, in der sie ihn kennengelernt hatte, und nicht seit der Nacht, in der sie gegangen war. Ihr Herz schlug seltsam flatterhaft, als sie ihn musterte, die kupferroten Strähnen, die sich aus seinen zurückgekämmten Haaren lösten und in seine Stirn fielen, das Grübchen, das sich bei seinem Lächeln auf seiner linken Wange zeigte, und seine eisblauen Augen.
Syltains Hand zuckte auf sie zu, aber er streckte sie nicht aus. »Wir haben von dem Feuer gehört. Geht es dir gut?«
»Ich bin unversehrt.« Luna senkte bei der Sorge in seiner Stimme betreten den Kopf. Es fiel ihr schwer, mit ihm zu sprechen und ihm dabei in die Augen zu sehen.
»Du hättest nicht dort sein sollen«, sagte er leise und wieder zuckte seine Hand auf sie zu, diesmal deutlicher.
Luna trat bei der persönlichen Anrede einen weiteren kleinen, knirschenden Schritt zurück und hoffte, dass es unter ihrem Rocksaum unsichtbar bleiben würde. Sie war sich nur zu deutlich bewusst, wie viele Augen auf ihnen lagen und ihr Verhalten bewerteten.
»Ich möchte Rea sehen.« Sie hob ihren Blick bis zu seinem Kinn, gerade bis zu dem Schwung seiner Lippen und kein Stück höher.
Syltain nickte knapp. »Natürlich«, erwiderte er, drehte sich auf dem Absatz herum und bot ihr den Arm an.
Luna versteifte sich. Es war nur eine unschuldige, höfliche Geste, doch als sie ihren Arm hob und auf seinen legte, spürte sie, dass es mehr war. Der Stoff seines Gehrocks schmiegte sich in ihre Handfläche und die Muskeln in seinem Arm bewegten sich, als er ihn an seine Seite drückte.
»Eure Schwester hält eine Ratssitzung, aber sie empfängt Euch sicher«, erklärte Syltain wieder lauter und mit angemessener höflicher Distanz, während er sich in Bewegung setzte.
Luna ließ sich von ihm über den Hof und die Treppen hinauf in die kühleren Gänge der Sommerresidenz führen. Die Sonne verschwand von ihrer Haut und hinterließ nur ein Prickeln, wo vorher noch ihre Wärme gelegen hatte, während das Knirschen ihrer Schritte sich zu einem hellen, klaren Hallen zwischen den Marmorfliesen und dem Glas der Fensterfronten wandelte, die in den Innenhof zeigten. Der Stein unter ihren Füßen schien ihr seltsam vertraut und gleichzeitig völlig fremd, dabei hatte er sich nicht verändert.
Luna war nur wenige Tage zuvor zur Eröffnung des Magiefests bereits in der Sommerresidenz gewesen, doch beim letzten Mal hatte sie die Gänge als Gast betreten, als Zauberin. Nun war sie eine Prinzessin – ihrer Familie gehörte dieses Schloss – und trotzdem fühlte es sich nicht heimischer an.
Möglichst unauffällig drehte sie den Kopf und blickte über ihre Schulter. Syltain wurde von seiner Leibwächterin begleitet, egal, wohin er ging, und auch jetzt spürte Luna ihren Blick wie einen Dolch in ihrem Rücken.
Sie folgte ihnen mit einigen Schritten Abstand, ihre Hände an den Griffen ihrer beiden Schwerter, einem langen und einem kurzen, die sie stets mit einem Band passend zu ihrer Kleidung umwickelte. An diesem Morgen waren sie mitternachtsblau, so wie auch ihr Kleid und ihr Kopftuch. Sie schien immer dann ein Tuch zu tragen, wenn sie eine längere Zeit draußen verbrachte, vermutlich, um ihre Kopfhaut zu schützen.
Zumindest eine Sache hatte sich in den vergangenen Jahren nicht verändert – Syltains Leibwächterin schien sie noch immer nicht ausstehen zu können. Sie begegnete ihrem Blick und zog die Augenbrauen in die Höhe, als wollte sie sie herausfordern. Luna ließ sich ihre Überraschung über diese Anmaßung nicht anmerken, erwiderte den Blick mit einem Ausdruck, von dem sie hoffte, dass er Gleichgültigkeit zeigte, und wandte sich dann wieder nach vorn.
»Mein aufrichtiges Beileid«, flüsterte Syltain leise, als sie den Eingangsbereich der Sommerresidenz hinter sich gelassen hatten und tiefer in das Gebäude eintauchten.
Ein kleiner Splitter eisiger Schuld bohrte sich bei seinen Worten in Lunas Magen. Sie wartete noch immer auf den Schmerz, den sie nach dem Tod Ihrer Majestät verspüren sollte, doch noch hatte er sich nicht gezeigt.
Sie zog ihre Hand von Syltains Arm, sobald sie sich sicher war, dass weder Gardisten noch Bedienstete sie sehen konnten, und brachte einen Schritt Abstand zwischen sie beide. Falls Syltain enttäuscht oder brüskiert war, ließ er es sich nicht anmerken, stattdessen verschränkte er wie beiläufig die Hände hinter seinem Rücken.
»Was ist mit deiner Hand passiert?«, fragte Luna und nickte mit dem Kinn zu dem Verband, den sie nun nicht mehr sehen konnte.
Syltains Haltung war aufrecht, wie sie sie kannte, sein in Gold gefasster, mitternachtsblauer Gehrock makellos, und als er sie vorsichtig musterte und seine Lippen zu der Andeutung eines ergebenen Lächelns verzog … Luna wandte ihren Blick schnell wieder nach vorn.
»Ich habe versucht, im Galopp einen Zweig zu brechen«, gestand er zögerlich und nicht einmal halb so beschämt, wie er ihrer Meinung nach sein sollte.
Sie hatte die Erinnerung an ihn in den vergangenen Jahren verzerrt, doch ein einziger Blick jetzt reichte, um sie zu erinnern, wie er gewesen war und was sie in ihm gesehen hatte. Ihr Fehler blieb ein Fehler – ein unverzeihlicher noch dazu –, aber in diesem Moment war ihr nicht mehr völlig unbegreiflich, warum sie ihn begangen hatte.
»Ich freue mich, dass du wieder bei uns bist«, murmelte Syltain und ging in der Stille der Flure zu einem vertrauteren Ton über. »Auch wenn ich mir andere Umstände gewünscht hätte.«
Luna blickte starr auf die glatte, weiße Steinwand am anderen Ende des Ganges und erwiderte nichts. Sie konzentrierte sich darauf, ihre ausgefransten Röcke zu raffen, als sie sich nach rechts wandten und die Stufen einer Treppe nach oben stiegen.
»Ich habe mit Rea gesprochen und Ihrer verstorbenen Majestät – immer wieder –, dass sie dich nach Hause holen sollen …«
Luna verzog das Gesicht. Sie wollte es nicht hören. Sie hatten sie nicht nach Hause geholt und das aus gutem Grund.
»Es war eine Ehre, an der Akademie lernen zu dürfen«, entgegnete sie ein wenig lauter als beabsichtigt. Das selbst war keine Lüge, aber es war eine Ehre, die sie nie gewollt hatte.
Die im oberen Teil der Sommerresidenz stationierten Gardisten salutierten, als Luna und Syltain an ihnen vorbeieilten. Ihre Schritte wurden gedämpft von den Teppichen, deren Gold sich auf den Wandbehängen widerspiegelte, auf den Bildern vergangener Schlachten, manche Geschichte, andere Mythen.
Syltain öffnete wieder den Mund, doch Luna war schneller. »Was ist geschehen?«, fragte sie rau.
Sie wusste nicht, ob sie die Antwort ertragen konnte, aber ein weiteres Wort zu dem Grund, warum sie hatte gehen müssen, ertrug sie ganz sicher nicht.
Syltain blieb stehen und fasste nach ihrem Ellenbogen. Instinktiv warf Luna einen Blick durch den Gang, ob jemand diese allzu vertraute Geste bezeugen konnte, doch sie waren allein. Sie stockte, als sie sein Gesicht sah, den Schmerz und den Unglauben, die seine Züge verzerrten, stärker, als sie selbst sie spürte, und der eisige Splitter in ihrem Magen glühte auf.
Syltain neigte sich zu ihr und sie kam ihm entgegen, bis er ihr so nah war, dass sie seinen Atem auf ihrer Wange spürte, bis sie bemerkte, wie sie die Lippen öffnete. Sie wollte Abstand zwischen sie beide bringen, doch niemand durfte hören, was er ihr erzählen würde, und in diesem Schloss hatten selbst die Wände Ohren.
Luna hob den Blick, begegnete Syltains und sah sofort wieder auf ihrer beider Füße, die viel zu dicht beieinanderstanden. Sie verstand sich selbst nicht. Sie verstand nicht, warum sie nach alldem wieder reagierte, als wäre sie nie fort gewesen. Sie hatte Jahre Zeit gehabt, um sich zu fragen, wie sie so hatte handeln können, nur um es jetzt sofort wieder zu tun.
Syltain sprach leise, so leise, dass sie ihren Blick auf seine Lippen heften musste, um ihn verstehen zu können. »Es war ein Attentat …«
Luna erstarrte. Auch, wenn das Unbehagen in ihrer Brust sich zusammenzog, neigte sie ihren Kopf weiter zu ihm.
»Wie –?«, fragte sie ungläubig.
Wenn es ein öffentliches Attentat gegeben hätte, hätte sie davon hören müssen.
»Die Täter sind in ihr Zimmer eingedrungen. Der Gardist vor ihrer Tür wurde getötet.«
Luna schüttelte den Kopf. Dafür war der Palast viel zu gut bewacht. Sie spürte einen kurzen Stich, Bedauern um den Mann, der gestorben war, dann rasten ihre Gedanken weiter.
Ihre Majestät hätte sich nicht einfach so überwältigen lassen, sie wäre nicht ohne einen Kampf gestorben. Ihre Position brachte es mit sich, dass sie über ihren Tod gesprochen hatten, darüber, was geschehen musste, über das Protokoll, aber Luna hatte sich nicht vorstellen können, dass es so geschah. Ihre Majestät hätte im Kampf untergehen müssen, wenn nicht auf einem Schlachtfeld, dann zumindest in einem offenen Angriff, mit der Chance, ihr Schwert zu ziehen und sich zu wehren, mit der Chance, ihre Angreifer mit in den Tod zu nehmen.
Das Glühen des Splitters wurde zu einem fauchenden Brennen. Luna fühlte sich schuldiger mit jedem abgeklärten Gedanken, der sich um die Frau drehte, die ihre Mutter gewesen war. Eine Stimme in ihrem Inneren sagte ihr, dass sie anders denken und vor allem anders fühlen sollte, doch sie hatte kaum laufen können, als ihr Großvater verstorben und ihre Mutter Königin geworden war, und von da an hatte es nur noch Ihre Majestät gegeben. Auch für ihre Töchter. Luna erinnerte sich nicht mehr an die Zeit, in der sie ihre Mutter gewesen war.
»Konnten die Attentäter bereits gefasst werden?«, fragte sie, doch Syltain schüttelte den Kopf.
»Der Rat macht den Hexeraufstand verantwortlich, der sich um das Magiefest geregt hat.«
Die Hexer. Bilder der Flammen in der Akademie stiegen vor Lunas Augen auf, doch sie schüttelte den Kopf, nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. »Wie sollten sie … wie? Warum?«
Kälte sickerte durch ihre Gliedmaßen und sie schauerte. Sie hatte vor der Zelle der Hexerin gestanden, hatte mit ihr gesprochen, und dabei nicht gewusst, nicht einmal geahnt, dass sie plante, Ihre Majestät zu töten. Übelkeit stieg in Lunas Hals, als sie rechnete. Ihre Majestät musste schon tot gewesen sein … als sie vor der Zelle der Hexerin gestanden hatte, war Ihre Majestät bereits tot gewesen. Die Hexerin hatte es sich nicht anmerken lassen, hatte kein Wort darüber verloren. Hatte sie noch nicht gewusst, dass ihr Attentat von Erfolg gekrönt gewesen war?
»Die Hexerin ist geflohen«, brachte Luna tonlos hervor. »… aber Meisterin Margo – die Herzogin von Privonn – kennt den Aufenthaltsort der übrigen Hexer und …«
Luna konnte nicht weitersprechen. Sie hatten die Täterin gehabt – oder zumindest eine von ihnen – und es war ihre Schuld, dass sie hatte entkommen können. Wäre sie nicht noch einmal zu den Zellen gegangen, hätte sie die Wachen nicht abgelenkt, hätte sie auf Anzeichen für einen Fluchtplan geachtet …
Wie von selbst legten sich ihre Finger auf das Amulett an ihrem Hals, strichen über die Kanten des Steins und fuhren die kleinen silbernen Perlen der Einfassung nach.
Syltain neben ihr hielt seinen Blick starr nach vorn gerichtet und sagte kein Wort. Er öffnete zwar den Mund, doch er schloss ihn wieder und presste die Lippen fest aufeinander. »Wir sollten zu Rea.«
Luna nickte. Sie hatte keine Zeit, sich zu fragen, was es war, das er ihr nicht erzählte. Sie straffte die Schultern, um ihrer Schwester entgegenzutreten.
R ea erwartete sie am Ende des großen, massiven Ratstisches, der die linke Hälfte des Thronsaals einnahm, so unbewegt, als gehörte sie selbst zur Dekoration dieses Raumes, der jeden Besucher mit seinem Prunk erdrückte. Er zwang ihren Blick auf die Throne am Ende des Saals, prahlte mit den riesigen, deckenhohen Malereien vergangener Siege Atheas und den Stuckranken an der Decke, die sich in dem goldenen Ratstisch spiegelten.
Und doch war es Rea, die Lunas Blick auf sich zog. Ihr schweres, ausladendes Kleid aus mitternachtsblauem Brokat bauschte sich in Wellen um sie, gewaltig wie die See vor den Klippen von Rox Taenn. Riesige goldfarbene Ornamente zogen sich über den Rock und spiegelten sich in der Krone, die auf ihrem kunstvoll aufgesteckten Haar thronte.
Um den Tisch, an dessen Ende Rea stand, waren auch sieben der Ratsmitglieder versammelt, die jetzt ihre Köpfe zu Luna und Syltain wandten.
Meister Saren – der Herzog von Nesra – strich sich sein dunkles Haar zurück, bevor er seine Hände wieder unter den geschlitzten Ärmeln seines Gehrocks verbarg wie unter einem Umhang. Es war seltsam, ihn in Blau zu sehen, nicht wie sonst in Grün. Es war überhaupt seltsam, ihn an diesem Ratstisch zu sehen, nicht vor ihrer Werkbank an der Akademie. Luna hatte nur Tage zuvor noch eine Unterrichtsstunde in Giften und Tränken von ihm erhalten, doch jetzt neigte er den Kopf vor ihr wie auch die anderen und sie musste sich verhalten wie eine Prinzessin, nicht mehr wie eine Schülerin – dabei fühlte es sich nicht weniger nach einer Prüfung an.
»Eure Hoheit«, erschallte ein vielstimmiges Murmeln.
Reas Augen huschten zwischen Syltain und Luna hin und her und machten ihr bewusst, wie dicht sie beieinanderstanden. Doch noch bevor Luna sich rühren konnte, tat Syltain bereits einen Schritt und trat um den Tisch hinter Rea. Seine Finger streiften ihren Rücken, als er sich neben sie stellte, und obwohl die Berührung beinahe unsichtbar gewesen war, obwohl Luna noch nicht einmal hingeschaut hatte, hatte sie es wahrgenommen, ebenso wie die Tatsache, dass der Abstand zwischen Rea und ihm so viel kleiner war als der aller anderen am Tisch. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was es bedeutete.
Die Frau neben Syltain legte ihre Hand für einen kurzen Moment auf seine Schulter, bevor sie sie wieder zurückzog. Es überraschte Luna, sie hier zu sehen. Syltains Mutter, die Herzogin von Kildarim und Königin der Niemandslande, hatte ihr schulterlanges Haar sorgfältig nach hinten gekämmt, sodass es aussah wie das Fell des schwarzen Fuchses, das um ihre Schultern lag. Auf ihrem Scheitel saß eine Krone aus geschwärztem Silber, geziert von zwei Wolfsohren und so fein wie ihre Gesichtszüge.
Die Frostkönigin besuchte Arenja wohl kaum ohne einen triftigen Grund. Wenn sie aber aufgrund der aktuellen Ereignisse angereist war, hätten Rea und Syltain sie schon vor einigen Tagen benachrichtigt haben müssen, noch vor Luna. Sie überlegte, schätzte die Entfernung. Das war nicht möglich, sie hätten sie noch vor dem Tod Ihrer Majestät benachrichtigen müssen … ihre Anwesenheit musste also einen anderen Grund haben.
Die vier Herzogtümer nördlich der Wälder, die in Athea als die Niemandslande bekannt waren, hatten sich vor Jahrzehnten von der Krone losgesagt und Reas Verlobung mit Syltain glättete die Wogen gerade einmal so weit, dass der Konflikt nicht erneut in einem Krieg ausgetragen wurde.
Luna hatte schon bei ihrem ersten Blick auf Syltains Mutter verstanden, warum man sie die Frostkönigin nannte. Sie hatte ihre eisblauen Augen an ihren Sohn weitergegeben, doch während seine warm und wach glänzten, musterten ihre Luna kalt und hart. So allein im Raum, unter den vielen Blicken, die auf sie geheftet waren, wurde sie sich auch wieder ihres schäbigen Aussehens bewusst.
»Wir sind froh, dass du wohlbehalten bei uns bist«, sagte Rea schließlich. Es war die schwesterlichste Begrüßung, die sie erwarten konnte.
Sie beide hatten ein ähnliches Gesicht, doch wo Reas hart war, war Lunas weich. Das galt für ihre gesamten Körper, aber ebenfalls für ihren Geist, ihren Willen und vielleicht sogar ihre Seelen. Rea war zur Königin geboren … wofür Luna geboren war, schien sich niemand sicher zu sein.
Sie neigte den Kopf, sank in die Andeutung eines Knicks und suchte fieberhaft nach einer passenden Erwiderung. »Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.«
… auch, wenn sie hier vollkommen nutzlos sein würde. Rea brauchte sie nicht, hatte sie nie gebraucht – ganz im Gegenteil, wann immer Luna in ihrer Nähe war, schien sie ihr nur Schwierigkeiten zu bereiten. Ihre Wangen begannen, vor Scham zu brennen, und sie senkte den Kopf, bevor jemand es sehen konnte.
Die Herzogin von Yptar drehte sich zu Rea herum und nahm das Gespräch der Ratssitzung wieder auf. »Der Baron von Arenja hat ebenfalls einen Zwischenstand gemeldet.«
Rea nickte ihr auffordernd zu, woraufhin die Herzogin ihr Notizbuch öffnete, das sie vor sich auf den Tisch gelegt hatte, und eine Bewegung machte, als wollte sie sich eine Strähne hinter das Ohr streichen, obwohl ihre Haare viel zu kurz dafür waren.
»Die Restaurationsarbeiten des Tempels gehen trotz der größten Beschleunigung nicht so schnell vonstatten wie erhofft«, erklärte sie, während sie durch die Seiten blätterte. »Dieser Punkt sollte bei der Überlegung Berücksichtigung finden, ob Ihr die Feierlichkeiten wirklich dort abhalten möchtet. Es wird nicht so aussehen, wie Ihr vielleicht erwartet …«
Rea nickte unbeeindruckt. »Ihre verstorbene Majestät wurde in diesem Tempel gekrönt und ihr Vater vor ihr. Ich sehe keinen Grund, warum mich eine einzelne Hexerin davon abhalten sollte, ebenfalls dort gekrönt zu werden.«
Das filigrane Diadem in Reas Haar, ganz ähnlich dem, das Luna auch trug, würde in wenigen Tagen einer goldenen Krone weichen, der Krone Ihrer verstorbenen Majestät. Sie waren in dem Wissen herangewachsen, dass dieser Tag kommen würde, und trotzdem schien es absurd, über die Dekoration einer Krönungsfeier zu sprechen, über die Platzierung des Sargs, der bereits zum Transport nach Arenja versiegelt worden war … vielleicht lag es daran, dass Luna den Leichnam Ihrer Majestät nie gesehen hatte.
Die Worte verschwammen in ihren Ohren, während die Ratssitzung voranschritt.
Beide Throne am Ende des Saals waren nun leer, und doch schien es, als säße der Geist Ihrer Majestät noch immer unsichtbar dort. Luna erinnerte sich kaum noch an ihren Vater, an den Prinzgemahl, der in der entscheidenden Schlacht gegen die Hexer in Privonn gefallen war, dafür erinnerte sie sich an jede einzelne Schmuckranke, die den goldenen Thron überzog, denn sie war jede von ihnen mit den Fingern nachgefahren, wenn sie als Kinder dort hatten stehen müssen.
Niemand von ihnen sprach über den Mord an der Königin, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, über die man stillschweigend Einigkeit erlangt hatte. Luna suchte in Reas Gesicht nach einem Zeichen, dass es sich für sie ebenso unwirklich anfühlte, nach einem Schatten von Schmerz, doch auch wenn Rea Ihrer Majestät immer näher gewesen war als sie selbst, fand sie nichts davon. Reas Maske saß wie immer perfekt. Ihnen beiden war ein Maß von Verschlossenheit gelehrt worden, bei dem sie an manchen Tagen nicht einmal selbst wussten, was sie fühlten.
Luna spürte einen Blick auf ihrem Gesicht, doch es war nicht ihre Schwester, die sie ansah, sondern der Gardist, der hinter Reas Schulter an der seitlichen Tür des Saals wartete. Sie begegnete seinem Blick, zeigte ihm, dass sie ihn wahrgenommen hatte, doch er wandte die Augen ab, als hätte er sie nur wachsam durch den Raum schweifen lassen.
Xyn, der Leibwächter Ihrer Majestät, hatte sich verändert, seit Luna ihn das letzte Mal gesehen hatte. Sein Haar war kürzer geschnitten, was ihn älter wirken ließ, und auch die rosige, gekräuselte Narbe, die sich von seinem linken Augenwinkel quer über seine eingefallene Wange bis zu seinen Lippen zog, war neu. Beinahe überraschte es sie, dass er noch lebte.
Für ein Mitglied der Garde Ihrer Majestät, der Totengarde, hatte er seine Lebenserwartung vielfach überschritten. Man sagte, jeder der Männer schreibe beim Eintritt seinen Namen ins Buch des Gottes Thanhel, des Totengottes, und von da an wäre ihr Sterbetag nur eine Frage der Zeit.
Vielleicht wusste Xyn bereits mehr darüber, wie Ihre Majestät zu Tode gekommen war. Die Garde stellte mit Sicherheit Ermittlungen an, wie die Hexer in den Palast eindringen, ihre Sicherheitsvorkehrungen umgehen und sogar einen der Gardisten hatten töten können. Luna durfte in dieser Ratssitzung nicht sprechen, doch sie nahm sich vor, ihn bei der nächsten Gelegenheit danach zu fragen. Wenn sie mehr Einzelheiten kannte, würde sie Ihre Majestät vielleicht nicht mehr hinter jeder Biegung des Schlosses erwarten.
»Konnte Margo bereits etwas zu den Plänen der Hexer erfahren?«, fragte die Herzogin von Nenomin und echte, unverhohlene Unsicherheit färbte dabei ihre Stimme.
Ihr schlichtes dunkles Kopftuch und ihr ebenso schlichtes dunkles Kleid sollten kaschieren, dass ihre Schönheit die der Königin und Prinzessinnen mit Leichtigkeit übertrumpfen konnte, dabei gab es nichts, das darüber hinwegtäuschen würde.
»Margo wollte die Hexerin in der Akademie dazu befragen, aber dazu ist es nicht gekommen«, erwiderte die Herzogin von Droduis.
Luna war auch ihre Schülerin gewesen, obwohl die Herzogin nur wenige Jahre älter sein konnte als sie. Ihre Heilkünste waren im gesamten Königreich bekannt und gefragt, jetzt jedoch verursachten ihre Worte ein schmerzhaftes Ziehen in Lunas Bauch. Wenn sie die Zeit zurückdrehen könnte, zurück zu dem Moment, in dem sie sich entschieden hatte, Noda zu helfen und noch einmal zu der Hexerin zurückzukehren, sie würde es tun. Doch Zeitmagie gehörte zu den verbotenen Zaubern, sie war so gefährlich, dass es nie auch nur den Ansatz einer Forschung dazu gegeben hatte.
Ein drückendes Schweigen breitete sich um den Tisch herum aus und Luna straffte ihren Rücken, sammelte ihren Mut, um die kurze Unterbrechung des Gesprächs zu nutzen. Sie brauchte drei tiefe Atemzüge, bis sie sich traute, ihre Frage zu stellen. »Gibt es irgendetwas, das wir tun können?«
Wir. Das schloss auch andere, fähigere Menschen als sie selbst ein, und trotzdem schien ihr die Frage anmaßend. Zeitmagie kam nicht in Frage, aber irgendetwas musste sie doch tun können, um ihren Fehler wiedergutzumachen.
Der Herzog von Xayres seufzte. Er war ein kleiner, untersetzter Mann, dessen Ellenbogen gerade so auf den Ratstisch reichten, auf dem Rea inzwischen ihre Fingerspitzen aufstützte. Sein Alter hatte ihn gebeugt. »Solange wir keinen Zugriff auf die Hexer haben, können wir nichts tun, außer auf die Rückkehr von Herzogin Margo zu warten.«
»Natürlich.« Luna senkte den Kopf und trat wieder einen Schritt vom Tisch zurück, um deutlich zu machen, dass sie die Ratssitzung nicht noch einmal unterbrechen würde.
Sie musste darauf warten, dass andere ihre Schlacht für sie kämpften. Meisterin Margo. Charlyn.