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Das Märchen LILLIS REISE IM MAGISCHEN LICHT erzählt von der jungen Prinzessin Lilli und ihrer abenteuerliche Reise durch Florazien. Der unersättliche König Pontis möchte Besitzer der größten Weltwunder werden und beauftragt Lilli, sie ausfindig zu machen und zu erwerben. Da sind merkwürdige Erlebnisse vorprogrammiert, und die Prinzessin begegnet seltsamen Gestalten. Wird sie auch der großen, magischen Liebe begegnen?
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Seitenzahl: 178
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Das Märchen „Lillis Reise im magischen Licht“ erzählt von der jungen Prinzessin Lilli und ihrer abenteuerlichen Reise durch Florazien und weitere Länder. Der unersättliche König Pontis möchte Besitzer der größten Weltwunder werden und beauftragt Lilli, sie ausfindig zu machen und zu erwerben. Da sind merkwürdige Erlebnisse vorprogrammiert, und die Prinzessin begegnet seltsamen Gestalten. Wird sie auch der großen, magischen Liebe begegnen?
Für meine Schwester Brüni.
in Liebe und Dankbarkeit
Gudrun Leyendecker ist seit 1995 Buchautorin. Sie wurde 1948 in Bonn geboren.
Siehe Wikipedia.
Sie veröffentlichte bisher circa 98 Bücher, unter anderem Sachbücher, Kriminalromane, Liebesromane, und Satire. Leyendecker schreibt auch als Ghostwriterin für namhafte Regisseure. Sie ist Mitglied in schriftstellerischen Verbänden und in einem italienischen Kulturverein. Erfahrungen für ihre Tätigkeit sammelte sie auch in ihrer Jahrzehntelangen Tätigkeit als Lebensberaterin.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Wie alle Märchen beginnt auch dieses hier mit den Worten: Es war einmal …
Das Land Florazien ist sehr klein und daher nur auf den ganz genauen Weltkarten zu finden. Es liegt dort an einer einzigartigen Stelle, dort wo der große Regenbogen beginnt, und hat im Gegensatz zu vielen anderen Ländern eine großartige Flora und Fauna zu bieten.
Seit fünfundzwanzig Jahren regiert dort der König Pontis, der bei seinen Bürgern beliebt ist, weil er sich gütig verhält.
Dennoch beobachten die Einwohner des Landes argwöhnisch seine einzige „Schwäche“: seine große Sammelleidenschaft.
Er sammelt weder Briefmarken noch Bierdeckel, weder ausgefallene Hüte noch teure Sportwagen, weder Fanartikel irgendeines Vereins noch alte Orden, sondern die kleinen und großen Wunder dieser Erde.
Schauen wir doch mal hinein in den gelben Salon, in dem König Pontis auf einem bequemen, alten Sessel sitzt und sich über ein großes Buch beugt, in dem handschriftliche Notizen vermerkt sind.
Es klopft an der hohen, mit Intarsien besetzten Eichentür, der Regent hebt den Kopf und ruft ein freundliches „Herein!“
Seiner Aufforderung folgt eine junge Frau, die ein schlichtes, langes Gewand trägt, silbern und grau schimmert der seidige Stoff. Ein einziger, akkurat geflochtener Zopf sorgt dafür, dass die braunen Haare nicht wild herumfliegen.
„Was möchtest du, Papa?“ erkundigt sie sich, als sie vor dem antiken Schreibtisch angekommen ist.
Sein liebevoller Blick bleibt auf ihrem hübschen Gesicht hängen, eine Spur von Stolz mischt sich in sein geheimnisvolles Lächeln. „Mein liebes Kind, du hast bis jetzt keine Aufgabe gescheut, die ich dir gestellt habe. Jetzt ist es wieder einmal so weit, Lilli: der Hofnarr Jakobus hat mir von einem Wunder berichtet, das er an der Grenze von Florazien zu Geranien entdeckt hat. Und jetzt möchte ich dich bitten, dass du es für mich suchst und erwirbst.“
„Natürlich, Papa! Das erledige ich gern für dich. Gibt es einen Anhaltspunkt, um was es sich diesmal handelt?“
Die Vorfreude schenkt seinen dunkel schimmernden Augen ein Leuchten. „Ich suche diesen einen Vogel, er ist etwas ganz Besonderes.“
Sie nickt. „Das habe ich mir schon gedacht. Wir haben eine ganze Menge zauberhafter Vögel hier im Schlossgarten, und das liegt daran, dass du hier die Natur so bewahrst, wie sie sich von ganz allein entwickelt. Wenn du mich dorthin schickst, muss dieser gefiederte Freund etwas Außergewöhnliches besitzen.“
„Bei den meisten Vögeln sehen die Männchen anders aus als die Weibchen, aber bei dieser Spezies sind sie identisch, man kann sie nicht auseinanderhalten.“
„Das ist selten“, stimmt Lilli zu.
„Und wie sieht er aus?“
„Ich habe sonst keine weiteren Informationen. Die Kräuterfee Melinda hat ein Pärchen beobachtet, als sie ihre Jungen großzogen. Sie wird dir mehr darüber sagen können.“
Enttäuscht sieht sie ihren Vater an.
„Weißt du auch nichts über seinen Gesang?“
„Nur, dass er sehr hübsch sein soll, mit kurzen Zirplauten am Anfang, gefolgt von einem perlenden Trällern. Sie schreibt mir, dass es sich so anhört, als ob sich der Vogel eine Frage stellt und sich darauf selbst eine Antwort gibt.“
Lilli lächelt. „Das muss ein drolliger Vogel sein. Ich hoffe, dass er sich hier in deinen Wäldern wohlfühlen wird.“
„Zum Glück gibt es dort die gleiche Vegetation“, weiß der König.
„Das hört sich gut an“, findet die junge Frau. „Wann soll die Reise starten?“
König Pontis hebt die Augenbrauen und stockt ein wenig. „Das ist erst einmal nur ein kleiner Ausflug, zu dem du sofort starten kannst. Aber danach habe ich eine größere Reise für dich geplant, und sie ist leider mit Hindernissen verbunden. Du wirst einigen Gefahren begegnen, sehr vorsichtig sein und viel Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Vor allen Dingen wirst du dich nicht wie sonst fortbewegen können, sondern die weise Kira befragen, wie du am besten vorankommst.“
Lilli blickt ihren Vater erwartungsvoll, aber ein bisschen skeptisch an. „Das hört sich an wie ein richtiges Abenteuer.“
König Pontis nickt. „Das wird es auch.“
Man muss wissen, dass es in Florazien eine Menge von Känguruarten gibt. Die kleinsten haben die Größe eines Flohs und sind kaum von ihnen zu unterscheiden, während die großen seit ewigen Zeiten eng mit den Menschen zusammenleben und sie gern in ihren Beuteln befördern.
Man kann sich das ähnlich vorstellen, wie hier das Zusammenleben der Menschen mit Pferden und Eseln.
Fast alle Einwohner von Florazien haben ihr eigenes Känguru, natürlich auch die Prinzessin Lilli, die seit Jahren im gemütlichen Beutel ihres Kängurus, namens „Hüpfer“ reist.
Gerade lässt die junge Prinzessin ihr Känguru im Garten der weisen Frau grasen, um mit Kira einige Vorbereitungen für die große Reise zu treffen.
Die ältere Frau mit dem leuchtenden, weißen Haar sieht die Besucherin liebevoll an. „Warum hat dich dein Vater eigentlich mit dieser Mission beauftragt? Er ist noch jung, er könnte sich selbst auf den Weg machen.“
„Ich denke, er möchte, dass ich wichtige Erfahrungen sammle“, vermutet Lilli. „Aber wahrscheinlich ist es auch wegen seines Regenbogens.“
Kira nickt verständnisvoll. „Ach ja, er pflegt ihn ja jeden Tag. Wasser und Sonne müssen schon ständig dazu beitragen, dass er existent bleibt. Ich glaube, seine Sammelleidenschaft macht ihm viel Arbeit.“
„Richtig, und außerdem bin ich gern unterwegs. So kann er sich seinen Aufgaben und Hobbys widmen, und ich erfahre etwas von der Welt. Ich bin schon sehr gespannt auf diesen seltsamen Vogel. Bei uns im heimischen Wald freue ich mich täglich über die Meisen, die Dompfaff-Pärchen und ganz besonders über die Lieder der Amseln. Aber nun noch einmal zu der ganz großen Reise, die ich nächstens vorhabe. Sie ist viel zu weit für mein liebes Känguru und geht auch über verschiedene Wasserfälle, Schluchten und hohe Berge. Das wäre alles zu viel für mein Lieblingstier.“
„Heute stehen die Sterne gut, heute werde ich gleich einmal vor meiner magischen Fontäne im Garten meditieren. Ich bin ganz sicher, dass ich dann einen guten Rat für dich finde.“
„Ich liebe deinen Springbrunnen“, schwärmt Lilli. „Besonders, wenn er zur Musik tanzt und in allen Farben sprudelt und leuchtet. Ich habe zwar schon ein paarmal dort neben dir gesessen, aber bisher noch keine Eingebungen erhalten.“
Kira lächelt. „Du bist noch jung. Du hast noch keine UÌ bung im Meditieren, und auch sonst fehlt dir noch ein wenig Erfahrung, wenn ich das so sagen darf, ohne dich zu kränken.“
„Es stimmt ja! Warum sollte mich die Wahrheit kränken?! Kannst du mir denn jetzt noch ein gutes Wort für meine Reise mitgeben?“
Die weise Frau überlegt. „Also, das ist nicht ganz einfach. Für deine lange Reise wäre mir gerade etwas Passendes dazu eingefallen: „Wenn du weit genug reist, findest du zu dir selbst.“ Aber eine Reise bis ans Ende unseres Landes, diese Entfernung ist nicht ausreichend.“
„Jetzt soll ich mich um den wundervollen Vogel kümmern, damit ein Pärchen von ihnen hier bei uns angesiedelt werden kann“, erinnert Lilli.
„Nun ja, ich glaube, selbst auf der kürzesten Reise benötigt man irgendeinen Schutz. Vielleicht fürchtest du dich in der Dunkelheit, vielleicht kommst du dir irgendwo fremd vor, vielleicht ist einfach alles neu und ungewohnt und macht dir Angst“, überlegt Kira.
„All das ist möglich“, stimmt ihr die junge Frau zu. „Und du weißt bestimmt einen guten Satz, den man sich in solchen Fällen ins Gedächtnis rufen kann.“
Ein Lächeln erscheint auf dem Gesicht der weisen Frau. „Da gibt es einen Spruch, der immer passt, egal wohin du gehst, und ob deine Reise kurz oder lang ist. In einem Kirchenlied ist dieser Gedanke verwendet, und auch sonst ist dieser Satz für viele Menschen hilfreich. Er lautet: „Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.“ Wenn du dich daran erinnerst, weißt du, dass du niemals allein bist.“
„Das ist bestimmt in vielen Situationen ein hilfreicher Gedanke“, stimmt Lilli zu. „Hab vielen Dank! Und jetzt muss ich los, denn mein lieber Freund, das Känguru hat noch einige Kilometer zu hüpfen.“
„Als kleines Kind habe ich das gar nicht gut vertragen“, erinnert sich Kira. „In meinem Körper und meiner Seele ist alles sehr sensibel. Aber als man später die Beutel bequem ausstattete, wurde es besser. Eine gute Reise wünsche ich dir, Lilli! Wir sehen uns bald wieder!“
Ganz ohne Zwischenfälle hat Lilli die Landesgrenze erreicht und die Kräuterfee Melinda, ihre Patentante, in ihrem kleinen, alten Häuschen am Waldrand aufgesucht. Die beiden haben sich eine längere Zeit nicht mehr gesehen, daher fällt die Begrüßung stürmisch aus, und es gibt natürlich erst einmal aus dem Alltag viel zu berichten.
Während einer ausgiebigen Obstmahlzeit informieren sich beide über die wichtigsten Neuigkeiten, und freuen sich über ihr Zusammen sein.
Etwas später führt Melinda ihr Patenkind zum Gebüsch im angrenzenden Mischwald. Die Augen der jungen Frau wandern staunend über die frischen, grünen Blätter der nahen Birken und der saftig grünen Haselzweige.
„Jetzt wirst du diesen Wunder-Vogel sehen“, verspricht die Kräuterfee. „Er ist ziemlich zahm, ich glaube, er kennt mich schon.“ Sie zeigt mit dem Finger auf einen kleinen, possierlichen Vogel, der ein braunrotes Gefiederkleid mit einem orangeroten Hals und einem Brüstchen in derselben leuchtenden Farbe trägt.
„Der ist aber hübsch!“ findet Lilli.
„Ist es ein Männchen oder ein Weibchen?“
Melinda lächelt. „Bei diesen Vögeln, man hat sie Rotkehlchen genannt, sieht das Paar vollkommen gleich aus. Sie sind beide so schön farbig, was in der Vogelwelt eine Seltenheit ist.“
Die Kräuterfee gräbt den Boden ein wenig um und tritt dann wieder zu Lilli in den Schatten. Kurz darauf fliegt der Vogel behänd auf den Boden und sucht nach Würmchen.
„Das haben diese Tierchen besonders gern“, erklärt Melinda.
„Sie fressen Würmchen und Schnecken, Spinnen und andere Insekten, und sie singen trällernde Lieder. Da sind sie sehr vielseitig und kennen viele Melodien.“
„Mein Vater meint, er sei ein Wunder-Vogel. Er ist schon etwas ganz Besonderes, aber gibt es auch noch etwas Wunderbares an ihm?“
„Ja, dieser Vogel entwickelt seine rote Färbung erst beim Erwachsenwerden, aber bereits die Jungvögel können die Stimmen anderer imitieren. Diese gefiederten Freunde baden gern, und diejenigen, die von ihnen in den Süden ziehen, fliegen am liebsten nachts.“
Lilli lächelt. „Also sind das Nachtschwärmer. Weißt du noch mehr von ihnen?“
„Ja, es gibt eine ganze Menge Legenden, in denen das Rotkehlchen eine Rolle spielt.
Unter anderem ist es auch als Begleiter des Christus bekannt und stand ihm als Tröster zur Seite.
Deswegen soll es auch den Menschen Trost und Beistand schenken. Man nennt dieses Tierchen auch den Weihnachtsvogel.“
„Davon habe ich noch nie etwas gehört“, bekennt die junge Frau.
„Weißt du noch mehr darüber?“
„Eine Legende erzählt, dass das Rotkehlchen sogar bei der Geburt des Jesus dabei gewesen sei. Es habe in der Nacht, als es kalt war und das Feuer auszugehen drohte, ganz eifrig mit den Flügeln geschlagen und damit das Feuer angeheizt. Dabei soll es sich auch ein wenig verbrannt haben. Man erzählt sich, dass es seitdem sein rotes Brüstchen hat. So soll dieser Vogel also ein Sinnbild für Nächstenliebe sein.“
„Das ist hübsch,“ findet Lilli. „Das wird meinem Vater gefallen. Er liebt die Gesänge aller Vögel in seinem Reich, und wenn er jetzt noch weitere Melodien hören kann, wird er sehr glücklich sein.“
Inzwischen fliegt ein zweiter Vogel herbei und sucht sich ebenfalls kleine Würmer aus der frisch aufgegrabenen Erde.
Die junge Frau freut sich. „Wie zierlich sie da herumhüpfen! Aber was hast du nun vor? Wie willst du ein Pärchen für meinen Vater einfangen?“
Die Patentante lächelt. „Es wird nicht eingefangen im eigentlichen Sinn. Wir stellen eine Volliere auf, eine große, und zwar mit geöffneten Türen. Dann warten wir ein Weilchen und schauen, welches Pärchen dort hineinfliegt und sich dort wohlfühlt, um sich ein Nestchen zu bauen.“
„Und wie soll ich diese große Volliere nach Hause bringen?“
„Dein Hüpfer wird sie nicht tragen können. Ich schicke sie euch mit einer Kutsche nach Hause, aber ich hoffe, dass du trotzdem heute noch bei mir bleibst. Oder musst du schon wieder zurück?“
„Mein Vater hatte zwar schon die nächste große Reise für mich vorbereitet, aber natürlich bleibe ich noch heute bei dir. Und Papa wird sich sicher auch noch bei dir melden, denn er freut sich sehr, dass du ihn wieder auf ein neues Wunder aufmerksam gemacht hast.“
Melinda beobachtet die munteren Vögelchen. „Eigentlich ist jedes Lebewesen ein Wunder.“
„Ja, das stimmt. Und doch ist diese Vogelart sehr außergewöhnlich. Vor einigen Jahren schenkte ihm Kira schon den kleinen Zaunkönig und den Dornenvogel, über die er sich täglich Wissen aneignet. Nun ist er schon ein richtiger Ornithologe, und sein Wald wird immer bunter.“
„Das freut mich für ihn.“ Die Kräuterfee legt den Arm um Lillis Schultern. „Und jetzt lassen wir die Vögelchen noch ein bisschen allein und setzen uns auf meine von blühendem Flieder duftende Terrasse und plaudern ein bisschen.“
König Pontis umarmt seine Tochter herzlich. „Ich möchte dir noch einmal danken, Lilli! Die Rotkehlchen sind wohlbehalten angekommen und fühlen sich in meinem Wald schon heimisch. So wie es aussieht, beginnt das Weibchen schon mit dem Nestbau, dafür hat es sich eine kleine Baumhöhle ausgesucht.“
Die junge Frau freut sich. „Das hat sich auch Melinda so gewünscht. Der Besuch bei ihr war sehr schön, und sie konnte mir viel über ihre Kräuter erzählen. Sie will übrigens einmal nachschauen, ob sie für dich auch einige Wunder-Kräuter findet.“
Er schmunzelt. „Ach, das hat Zeit.
Du kannst dir vorstellen, dass ich nun voller Vorfreude auf all das warte, was du mir jetzt von deiner langen Reise mitbringen wirst. Hast du dir auch eine Liste gemacht, an welchen Orten du einen Halt einlegen musst?“
Sie lächelt ihn an. „Aber ja, Papa! Du musst dir keine Sorgen machen.
Die Reiseroute habe ich im Kopf, und die einzelnen Haltepunkte sind notiert.“
Er streicht ihr übers Haar.
„Jakobus, unser Hofnarr ist dort schon überall gewesen und hat dich mancherorts schon angekündigt. Ab und zu wirst du ihn sicher treffen.“
„Das ist schön. Wenn man in der Fremde ist, freut man sich manchmal, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Es ist lieb von dir, dass du ihm so viel Urlaub gegeben hast.“
Der König schmunzelt. „Es war keine Gutmütigkeit von mir, es geschieht im eigenen Interesse. Auf diese Art und Weise kann ich meine Sammlung komplettieren und weiß, dass er im Notfall an deine Seite gelangen kann.“
„Dann werde ich mich jetzt zum Schlafen legen“, erklärt Lilli feierlich, „Denn nur auf diese Weise kann ich meine Reise antreten.“
„Da sage ich dir schon einmal auf Wiedersehen, mein Schatz! Ich finde es immer wieder erstaunlich, welche himmlischen Einfälle in Kiras Kopf hineinfinden. Wie war das noch einmal mit dem magischen Licht?“
„Das habe ich auch zuerst nicht verstanden. Es ist der Schweif der Sternschnuppen, in dem sich all die Wünsche der Menschen befinden.
Darin verwoben befindet sich die Melodie ihrer Herzen. Tagsüber ist dieser Weg nicht sichtbar, weil das Licht zu hell ist, aber in der Nacht werde ich darauf reisen.“
„Dieses magische Licht ist wirklich erstaunlich und sehr vorteilhaft für unsere Zwecke. Auf diese Weise kannst du überall dorthin gelangen, wohin sich dein Hüpfer nicht getraut hätte. Eine so weitere Reise ist für ihn zu anstrengend. Er wird dich allerdings genauso vermissen, wie ich dich.“
„Ihr könnt euch gegenseitig trösten“, schlägt Lilli vor. Mit einer innigen Umarmung verabschiedet sie sich von ihrem Vater.
Als Lilli am anderen Morgen erwacht, befindet sie sich am Strand von Cabo San Lucas in Mexiko, und wie erwartet, steht ein kleiner Junge da, um sie abzuholen.
„Ich bin der Juan“, sagt er freundlich und reicht ihr die Hand.
„Hattest du eine weite Reise?“
„Ich habe sie völlig verschlafen, und kann mich nicht daran erinnern.“ antwortet junge Frau.
„Und ich bin Lilli.“
„Ich werde dich zu meiner Schwester führen, die am Rand der Stadt in einer kleinen Hütte wohnt“, fährt er fort.
„Deine Schwester hat von der Sammelleidenschaft meines Vaters gehört und ihm geschrieben, dass sie ihm eine Perle schenken möchte, die sich aus ihren Freudentränen entwickelt hat. Ist das richtig so?“
Er nickt eifrig. „Ja, das ist wirklich so gewesen, und sie wird dir bestimmt ihre Geschichte erzählen.“
„Ich habe gehört, dass es um eine Augenoperation gegangen ist. Ich hoffe sehr, dass es ihr jetzt besser geht.“
Juan lächelt. „Ja, und sie hat auch viel gebetet. Maria glaubt daran, und es hat ihr geholfen. Bist du eine echte Prinzessin?“
„Mein Vater ist König, und ich bin seine Tochter. Da ist man dann automatisch eine Prinzessin. Aber wenn man als Prinzessin geboren wird, ist man auch verpflichtet, sich wie eine Prinzessin zu benehmen.“
„Dann müsste meine Schwester auch eine Prinzessin sein“, findet der Junge. „Denn, wenn sie etwas bekommt, verschenkt sie davon sehr viel an Menschen, die weniger oder gar nichts haben. Ist sie dann nicht auch eine Prinzessin?“
Lilli überlegt. „Vielleicht ist sie sogar etwas viel Besseres als eine Prinzessin. Wahrscheinlich ist sie ein menschlicher Engel.“
Hinter einer Wegbiegung erreichen sie eine grüne Oase aus Bäumen und Büschen, in der oben das Dach einer Hütte herausschaut.
Beim Gartentor wartet eine junge Frau, deren langes schwarzes Haar in der Sonne glänzt.
Sie winkt freudig „Lilli! Wie schön, dass du kommst!“
Zur Begrüßung küsst sie die Fremde auf beide Wangen. „Jetzt komm einmal herein und stärk dich!“ Sie führt die Prinzessin auf eine winzige Terrasse vor der kleinen Hütte, um die sich hunderte von roten Blumen ranken, deren Blüten geschlossen sind.
Sie setzen sich auf die Bank unter dem Sonnendach, und während Maria die Teller mit kleinen Kuchen und die Gläser mit frischem Saft füllt, bestaunt Lilli die grüne Oase vor ihren Augen.
„Du hast wohl den grünen Daumen“, findet die Prinzessin.
„Alles gedeiht hier so wunderbar unter der heißen Sonne.“
„Ich gestehe, dass ich viel Wasser verbrauche, mehr für die Pflanzen als für mich selbst. Aber diese Pracht hat mir immer viel Mut gegeben. Die Pflanzen haben mir stets gesagt, dass ich durchhalten muss.“
„Dann hast du eine schwere Zeit hinter dir,“ erinnert sich Lilli.
„Das kann man wohl sagen. Es war sehr schwer, ganz allein für meinen Bruder und mich zu sorgen. Daher habe ich oft Tag und Nacht gearbeitet. Wie du dir denken kannst, war das nicht gut für meine Augen. So sollte ich mich dann einer Augenoperation unterziehen, aber ich hatte Angst davor, und die Krankenkasse wollte nicht sämtliche Kosten übernehmen. Also habe ich dann erst einmal nur abgewartet und gebetet. Da haben dann einige Freunde für mich Geld gesammelt, und ich habe mich dann zur Operation entschlossen, die gut verlaufen ist. Zuerst lief ich mit verbundenen Augen herum, und meine Freunde haben mir geholfen. Mein kleiner Bruder hat mir diese Blumen hier gesät. Sie sind auch sehr gut gediehen, und als ich eines Nachts die Augen-Klappe entfernte und die Mondsichel sanft auf meine Terrasse schien, da blühte es rundherum in einer zauberhaften, leuchtend roten Pracht.“
„Diese Blumen blühen in der Nacht?“
Maria nickt. „Ja, und das ist das Besondere an diesen Blumen, und deswegen heißen sie auch „Mirabilis“. Sie öffnen ihre Blüten, wenn die Sonne untergeht, und sie schließen sie, wenn die Sonne aufgeht. Daher haben sie ihren Namen „Wunderblumen“.“
„Sie sind zauberhaft“, findet der Prinzessin. „Aber du kannst auch auf deinen Bruder sehr stolz sein. Er ist ein sehr liebenswerter Junge, und er hat sehr lieb über dich gesprochen.“
Maria nickt eifrig. „Oh ja, ich bin sehr froh, dass er so lieb ist und mir so gut geholfen hat. Und vor lauter Rührung habe ich dann in dieser besonderen Nacht geweint.“
„Oh ja, das verstehe ich. Ich bin auch sehr berührt von alldem, was du erlebt hast, und natürlich auch von dem wundervollen Ende dieser Geschichte. Ich bin sicher, dass auch deine Gebete gut geholfen haben.“
„Das glaube ich auch, ganz fest. Und ich sehe auch die Perle als großes Geschenk an. Was macht eigentlich dein Vater mit all seinen Sammelstücken? Hat er ein Museum, oder staubt er sein Inventar einfach nur ab?“
Lillis Augen werden groß. „Oh nein! Er sammelt die großen und kleinen Wunder nicht für sich, sondern für alle Menschen, besonders für die, die nicht mehr an Wunder glauben.“
„Und was macht er nun damit?“ hakt Maria nach.
„Natürlich pflegt er sie auch. Der Regenbogen braucht täglich Wasser und Sonne, damit er weiter in bunten Farben schimmert. Für die besonderen Vögel hütet er die