104,99 €
Die aktuelle Kommentierung zum LkSG ist eine wertvolle Arbeitshilfe für alle, die sich mit der Analyse und Umsetzung des neuen Gesetzes befassen. Sie zeigt den Weg durch die Regelungen anhand aller Tatbestandsmerkmale und enthält nützliche Informationen zu Interpretation und Subsumption. Das Buch analysiert den Gesetzestext unter Verweis auf bereits gängige, vorhandene Begriffe sowie interpretationsbedürftige neue Bestimmungen. Dabei befasst es sich mit Herkunft, Änderungen, Gesetzes- sowie Änderungsbegründung und Gesetzestext. So werden Herleitung und Interpretation der subsumptionsfähigen Tatbestandsmerkmale, deren Bedeutung, Unterscheidbarkeit und Stringenz zueinander herausgearbeitet und in die bekannten Compliance-Standards eingewoben. Mangels behördlicher Auslegungs- und Anwendungshinweise, Rechtsprechung und Literatur werden die Änderungen im Gesetzgebungsverfahren deren Begründungen und auch die relevanten UN und OECD Grundsätze herangezogen und textlich abgebildet. Dem Rechtsanwender wird mit diesem Buch somit eine wertvolle und verlässliche Quelle an die Hand gegeben.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 843
Kommentar
von
Dr. Martin Rothermel
München
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
Alle im Buch verwendeten Begriffe verstehen sich geschlechterneutral. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet – entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-8005-1804-3
© 2022 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Mainwww.ruw.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Satzkonvertierung: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, 69502 Hemsbach
Druck undVerarbeitung:Druckerei Hachenburg · PMSGmbH, 57627 Hachenburg
Dieses Buch ist in dem Bemühen entstanden, möglichst rasch nach dem Erscheinen des Entwurfs der Europäischen Richtlinie und in akzeptabler Zeit nach Veröffentlichung und vor Inkrafttreten des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, eine Auseinandersetzung mit der Materie anzubieten.
Zudem wird versucht, die umfangreichen Materialien und Quellen für die Anwendung des deutschen Gesetzes zu erfassen, zu verkürzen und in einem Buch wiederzugeben. Es handelt sich dabei um das Gesetz (mit Änderungskennung), dessen Begründung und seine Änderungsbegründung sowie das Relevante (nach Verständnis des Verfassers) des in Bezug genommenen Soft Law. Das Gesetz verweist dazu in seiner Anlage auf etwa 300 Seiten sowie in seiner Begründung zu § 3 Abs. 1 auf weitere 1.100 Seiten.
Eingeflossen sind zudem die FAQ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) in der Fassung von November 2021 (auch wenn diese sich im Hintergrund zu verändern scheinen).
Die sich so ergebenden vielen Zitate aus anwendungsrelevanten Quellen sind, der Übersichtlichkeit wegen, mit einem Balken am Rand gekennzeichnet.
Explizit soll hier auf die sehr guten und sehr nützlichen bisher erschienenen Handbücher zum Umgang mit Menschenrechten und Umweltrisiken von Grabosch (Das Neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Nomos Verlag) sowie Hembach (Praxisleitfaden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Compliance Berater Schriftenreihe, dfv – Deutscher Fachverlag) und – für eher wirtschaftswissenschaftliche Auseinandersetzungen – von Zeisel (Lieferkettengesetz, Springer Gabler) hingewiesen werden. Davon wurde einiges hier eingearbeitet – die genannten Werke enthalten aber natürlich noch viele weitere nützliche Details. Berücksichtigt sind zudem gut 100 Artikel der juristischen Literatur, die bis Abschluss des Manuskripts am Tage der Vorstellung des EU-Richtlinienentwurfes (23.2.2022) erschienen sind. Bei der betreffenden Literatur hat sich der Verfasser auf solche konzentriert, die mit Nachhaltigkeit im Allgemeinen bzw dem Gesetzesvorhaben im Besonderen zu tun haben (natürlich gäbe es zu vielen Themen und Schnittstellen des Gesetzes noch mehr).
Hintergrundbedingt wird im Moment noch kein starker Fokus auf die Auswirkungen des Gesetzes für die Finanzindustrie (obwohl die Konsequenzen für die diesbezüglichen Dienstleistungen nach dem Gesetz und seiner Begründung sehr weitgehend sind, da insbesondere auch die Lieferkette in diesem Bereich sehr lang erscheint) gelegt. Zudem sind das Arbeitsrecht und Betriebsverfassungsrecht sowie der Datenschutz noch nicht aufgebohrt. Und: Das Verständnis zur Vorbereitung und Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen steht noch mehr im Vordergrund als die Befassung mit Konsequenzen bei Verstößen (Haftung, behördliche Maßnahmen, Bußgelder, vergaberechtliche Ausschlüsse etc.).
Dieses Buch stellt damit eine Momentbetrachtung aktueller Erkenntnisse dar und verzichtet bewusst auf eine detaillierte Wiedergabe der Historie der EU-Richtlinie, der Historie des deutschen Gesetzes und der vielfältigen Gesetze, Gesetzesvorhaben und Diskussionen dazu in anderen Ländern. Dies ist andernorts bereits sehr gut aufgearbeitet und darauf wird verwiesen.
Für eine nächste Auflage würde es sich vielleicht anbieten, die hier zu kurz gekommenen Passagen zu ergänzen und den Umfang des Buches im Übrigen durch Weglassen der Begründung und Änderungsbegründung zu reduzieren.
Der Autor freut sich jedenfalls über Feedback, konstruktive Kritik, positive Anregungen und gut gemeinte Tipps unter [email protected].
Expliziter Dank gilt meinem Partner Sebastian Rünz, LL.M. (Toronto), für die Inspiration und den kritischen Diskurs sowie Input, insbesondere zum Thema Gap-Analyse, Risikoanalyse und Toolbox.
München, im März 2022
Martin Rothermel
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Teil A. Ziele, Historische Entwicklung und vergleichbare Initiativen in der EU und anderen Ländern
I. Gesteigerte Verantwortung
II. Compliance und Paradigmenwechsel
III. Historische Entwicklung, Kritik, Befürwortung
IV. Hinweise, Handreichungen, Verordnungen
V. Andere Länder
1. Pro Menschenrechte und contra umweltbezogene Risiken
2. Contra fremde Eingriffe
VI. EU
1. Richtlinie zu Sorgfaltspflichten
2. Holzhandel und Konfliktmineralien
a) Holzhandel
b) Konfliktmineralien
c) Entwaldung
3. Nichtfinanzielle Berichterstattung
VII. UN
Teil B. Aus dem Gesetzentwurf und dessen Begründung
I. Gesetzentwurf der Bundesregierung131
II. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung132
Teil C. Kommentierung des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (vom 16. Juli 2021)
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderungen**
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderungen**
III. Kommentierung
1. Zu § 1 Abs. 1
a) Unternehmen in Deutschland
b) Zweigniederlassung in Deutschland
c) Arbeitnehmer in Deutschland (im Inland)
d) Entsandte Arbeitnehmer (ins Ausland)
e) Anzahl Arbeitnehmer in der Regel über Schwellenwerten von 3.000 bzw. 1.000
2. Zu § 1 Abs. 2
3. Zu § 1 Abs. 3
a) Verbundene Unternehmen und konzernangehörige Gesellschaften
b) Berücksichtigung bei Obergesellschaft
c) Entsandte Arbeitnehmer
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 2 Begriffsbestimmungen
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 2 Abs. 1
a) Abkommen in der Anlage (Ziff. 1 bis 14)
b) Geschützte Rechtsposition
2. Zu § 2 Abs. 2
a) Geschützte Rechtsposition
b) Risiko
c) Hinreichende Wahrscheinlichkeit
d) Struktur der Verbotstatbestände
(1) Kinderarbeit
(2) Schlimmste Formen der Kinderarbeit
(3) Zwangsarbeit
(4) Sklaverei
(5) Missachtung lokaler Arbeitsschutz
(6) Koalitionsfreiheit
(7) Ungleichbehandlung
(8) Angemessener Lohn
(9) Boden-, Gewässer-, Luftverunreinigung und Lärmemission sowie Wasserverbrauch
(10) Zwangsräumung
(11) Sicherheitskräfte
(12) Auffangklausel
3. Zu § 2 Abs. 3
a) Quecksilber
b) Chemikalien, POPs
c) Abfälle
4. Zu § 2 Abs. 4
5. Zu § 2 Abs. 5
a) Begrifflichkeiten
b) Lieferkette
c) Herstellung, Dienstleistung, Handel
d) Endkunde
e) Erforderlich
6. Zu § 2 Abs. 6
a) Unternehmen
b) Tätigkeit
c) Unternehmensziel
d) Herstellung und Verwertung von Produkten, Erbringung von Dienstleistungen
e) In- und Ausland
f) Obergesellschaft und konzernangehörige Gesellschaft
g) Bestimmender Einfluss – Bestimmung
h) Lieferketten der Tochterunternehmen
7. Zu § 2 Abs. 7
8. Zu § 2 Abs. 8
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
Abschnitt 2 Sorgfaltspflichten
§ 3 Sorgfaltspflichten
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 3 Abs. 1
a) Aufzählung Ziff. 1–9, Lieferketten, Angemessenheit, Bemühenspflicht, Erfolgspflicht, Handlungspflicht, risikobasierter Ansatz
b) Sorgfaltspflichten, Due Diligence
c) In Bezug genommene Dokumente
(1) VN-Leitprinzipen von 2011 für Wirtschaft und Menschenrechte
(2) Nationaler Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016
(3) OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen 2011
(4) UN OHCHR (2012): The Corporate Responsibility to Respect Human Rights. An Interpretive Guide
(5) UN OHCHR (2018): Corporate human rights due diligence – Getting started, emerging practices, tools and resources
(6) OECD (2012 bzw. 2018): OECD Due Diligence Guidance for Responsible Business Conduct
(7) OECD (2012): OECD-Guidance for Responsible supply Chains of Minerals from Conflict- Affected and High-Risk Areas
(8) OECD/FAO (2016), OECD-FAO Guidance for Responsible Agricultural Supply Chains
(9) OECD (2017): OECD-Due Diligence Guidance for Meaningful Stakeholder Engagement in the Extractive Sector
(10) OECD (2018): OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains in the Garment and Footwear Sector
(11) OECD (2018): Responsible business conduct for institutional investors: Key considerations for due diligence
(12) OECD (2019): Due Diligence for Responsible Corporate Lending and Securities Underwrit ing: Key considerations for banks implementing the OECD Guidelines for Multinational Enterprises
2. Zu § 3 Abs. 2
a) Angemessene Weise eines Handelns
b) Kriterien
(1) Art und Umfang der Geschäftstätigkeit
(2) Einflussvermögen auf den unmittelbaren Verursacher
(3) Schwere der Verletzung, Umkehrbarkeit, Wahrscheinlichkeit
(4) Art des Verursachungsbeitrages
c) Anwendung der Kriterien
3. Zu § 3 Abs. 3
a) Keine zivilrechtliche Haftung aus dem Gesetz
b) Zivilrechtliche Haftung nach anderen Regeln
c) Internationales Privatrecht
d) Kasuistik
(1) Menschenrechte, Umwelt, Haftung
(2) Compliance und Bußgeld
e) Durchsetzung im Übrigen
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 4 Risikomanagement
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 4 Abs. 1
a) Unternehmen
b) Angemessenes und wirksames Risikomanagement
c) Verankerung in alle maßgeblichen Geschäftsabläufe durch angemessene Maßnahmen
2. Zu § 4 Abs. 2
a) Maßnahmen wirksam, wenn sie ermöglichen zu erkennen, zu minimieren, zu verhindern, zu beenden
b) Am eigenen Standort in allen maßgeblichen unternehmensinternen Geschäftsabläufen
c) Verursachen oder dazu beitragen innerhalb der Lieferkette
3. Zu § 4 Abs. 3
a) Interne Zuständigkeit
b) Empfehlung Einrichtung Menschenrechtsbeauftragter
d) Verantwortlichkeit und Haftung des Menschenrechtsbeauftragten
4. Zu § 4 Abs. 4
a) Interessen der Beschäftigten
b) Interessen unmittelbar Betroffener
c) Angemessene Berücksichtigung
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 5 Risikoanalyse
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 5 Abs. 1
a) Unternehmen bzw. Unternehmensleitung
b) Quellen und Vorgehensweise
(1) Quellen
(2) Einzelne Indices
(3) Vorgehensweise
c) Zeitpunkt
d) Eigener Geschäftsbereich
e) Unmittelbarer Zulieferer
f) Umgehung durch missbräuchliche Gestaltung
2. Zu § 5 Abs. 2
a) Angemessene Gewichtung und Priorisierung
b) Vertiefung und Informationsbeschaffung bei Priorisierung
3. Zu § 5 Abs. 3
a) Unternehmen bzw. Unternehmensleitung
b) Interne Kommunikation
c) Entscheidungsträger, Vorstand, Einkauf
4. Zu § 5 Abs. 4
a) Unternehmen
b) Wiederholung und anlassbezogene Durchführung
c) Erkenntnisse aus Beschwerdeverfahren
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 6 Grundsatzerklärung und weitere Präventionsmaßnahmen
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zur Überschrift
2. Zu § 6 Abs. 1
a) Unternehmen
b) Feststellung eines Risikos in Risikoanalyse
c) Unverzügliche angemessene Präventionsmaßnahmen
3. Zu § 6 Abs. 2
a) Unternehmen bzw. Unternehmensleitung, Adressaten
b) Grundsatzerklärung
(1) Verfahrensbeschreibung
(2) Prioritäre Risiken
(3) Erwartungen an Beschäftigte und Zulieferer
4. Zu § 6 Abs. 3
a) Unternehmen
b) Angemessene Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich
(1) Umsetzung der Grundsatzerklärung
(2) Entwicklung und Implementierung geeigneter Beschaffungsstrategien und
(3) Schulungen
(4) Risikobasierte Kontrollmaßnahmen
5. Zu § 6 Abs. 4
a) Unternehmen
b) Angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber unmittelbarem Zulieferer
(1) Berücksichtigung der Erwartung bei Auswahl
(2) Vertragliche Zusicherung zur Einhaltung der Erwartung und Adressierung entlang der Lieferkette
(3) Schulungen und Weiterbildungen
(4) Angemessene vertragliche Kontrollmechanismen
6. Zu § 6 Abs. 5
a) Unternehmen
b) Jährliche Überprüfung
c) Anlassbezogene Überprüfung
d) Erkenntnisse aus Beschwerdeverfahren
e) Bußgeld
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 7 Abhilfemaßnahmen
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 7 Abs. 1
a) Unternehmen
b) Feststellung eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Verletzung im eigenen Geschäftsbereich oder bei unmittelbarem Zulieferer
c) Unverzügliche Angemessene Abhilfemaßnahmen um zu verhindern, beenden oder minimieren
d) Missbräuchliche Umgehung
e) Eigener Geschäftsbereich im Inland: Beendigung
f) Eigener Geschäftsbereich im Ausland oder bei Konzerngesellschaft: in der Regel Beendigung
2. Zu § 7 Abs. 2
a) Unternehmen
b) Bei unmittelbarem Zulieferer nicht in absehbarer Zeit beendbar: Unverzügliches Konzept zur Beendigung oder Minimierung mit konkretem Zeitplan
3. Zu § 7 Abs. 3
a) Befähigung vor Rückzug
b) Nicht ratifizierte Abkommen, Einschränkungen Außenwirtschaftsverkehr
4. Zu § 7 Abs. 4
a) Unternehmen
b) Jährliche Überprüfung
c) Anlassbezogene Überprüfung
d) Erkenntnisse aus Beschwerdeverfahren
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 8 Beschwerdeverfahren
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 8 Abs. 1
a) Unternehmen
b) Angemessenes unternehmensinternes Beschwerdeverfahren
c) Personen, die auf menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken hinweisen
d) Wirtschaftliches Handeln im eigenen Geschäftsbereich oder unmittelbarer Zulieferer
e) Hinweise auf wirtschaftliches Handeln eines mittelbaren Zulieferers
f) Bestätigung Hinweis
g) Erörterung mit Hinweisgebern, Verfahren einvernehmlicher Beilegung
h) Beteiligung an externem Beschwerdeverfahren
i) Bußgeld
2. Zu § 8 Abs. 2
a) Unternehmen
b) Öffentlich zugängliche Verfahrensordnung in Textform
3. Zu § 8 Abs. 3
a) Unternehmen
b) Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, Weisungsungebunden, Verschwiegen
4. Zu § 8 Abs. 4
a) Unternehmen
b) Öffentliche Informationen zu Erreichbarkeit, Zuständigkeit, Durchführung
c) Zugänglichkeit, Vertraulichkeit, Schutz vor Benachteiligung oder Bestrafung
5. Zu § 8 Abs. 5
a) Unternehmen
b) Jährliche Überprüfung, Aktualisierung, Bußgeld
c) Anlassbezogene Überprüfung
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 9 Mittelbare Zulieferer; Verordnungsermächtigung
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 9 Abs. 1
a) Unternehmen
b) Einrichten Beschwerdeverfahren auch für mittelbare Zulieferer und deren wirtschaftliches Handeln
2. Zu § 9 Abs. 2
a) Unternehmen
b) Anpassen Risikomanagement
3. Zu § 9 Abs. 3
a) Unternehmen
b) Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte, die Verletzung möglich erscheinen lassen (substantiierte Kenntnis)
(1) Aufgreifschwelle
(2) Quellen
(3) Adressat
c) Anlassbezogene und unverzügliche Maßnahmen
(1) Risikoanalyse
(2) Angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher wie Kontrolle, Vorbeugungs- und Vermeidungsunterstützung, branchenspezifische oder branchenübergreifende Initiative
(3) Konzept zur Verhinderung, Beendigung oder Minimierung erstellen und umsetzen
(4) Grundsatzerklärung aktualisieren
4. Zu § 9 Abs. 4
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
§ 10 Dokumentations- und Berichtspflicht
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 10 Abs. 1
a) Unternehmen
b) Fortlaufende unverzügliche Dokumentation
c) Aufbewahrung
2. Zu § 10 Abs. 2
a) Unternehmen
b) Darlegung
c) Handlungspflicht, Bußgeld
3. Zu § 10 Abs. 3
4. Zu § 10 Abs. 4
IV. Auswirkungen auf Lieferkette
Abschnitt 3 Zivilprozess
§ 11 Besondere Prozessstandschaft
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 11 Abs. 1
a) Überragend wichtige geschützte Rechtsposition
b) Geltend machen, verletzt zu sein
c) Ermächtigung zur Prozessführung
d) Gerichtliche Geltendmachung der Rechts
2. Zu § 11 Abs. 2
Abschnitt 4 Behördliche Kontrolle und Durchsetzung
Unterabschnitt 1 Berichtsprüfung
§ 12 Einreichung des Berichts
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 12 Abs. 1
2. Zu § 12 Abs. 2
§ 13 Behördliche Berichtsprüfung; Verordnungsermächtigung
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 13 Abs. 1
2. Zu § 13 Abs. 2
3. Zu § 13 Abs. 3
Unterabschnitt 2 Risikobasierte Kontrolle
§ 14 Behördliches Tätigwerden; Verordnungsermächtigung
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 14 Abs. 1
a) Tätigwerden von Amts wegen und Ermessen
b) Kontrolle
c) Feststellung, Beseitigung, Verhinderung von Pflichtverstößen
d) Tätigwerden auf Antrag
2. Zu § 14 Abs. 2
a) Rechtsverordnung
b) Risikobasierter Ansatz
§ 15 Anordnungen und Maßnahmen
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Anordnungen und Maßnahmen
a) Laden
b) Aufgeben Plan vorzulegen
c) Handlungen aufgeben
2. Durchsetzung
§ 16 Betretensrechte
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Befugnis
a) Betreten und Besichtigen
b) Unterlagen einsehen und prüfen
2. Durchsetzung
§ 17 Auskunfts- und Herausgabepflichten
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 17 Abs. 1
2. Zu § 17 Abs. 2
3. Zu § 17 Abs. 3
§ 18 Duldungs- und Mitwirkungspflichten
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Duldung
2. Mitwirkung Inhaber und Unternehmensvertreter
3. Durchsetzung
Unterabschnitt 3 Zuständige Behörde, Handreichungen, Rechenschaftsbericht
§ 19 Zuständige Behörde
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 19 Abs. 1
2. Zu § 19 Abs. 2
§ 20 Handreichungen
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
§ 21 Rechenschaftsbericht
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 21 Abs. 1
2. Zu § 21 Abs. 2
Abschnitt 5 Öffentliche Beschaffung
§ 22 Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
Abschnitt 6 Zwangsgeld und Bußgeld
§ 23 Zwangsgeld
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
§ 24 Bußgeldvorschriften
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
III. Kommentierung
1. Zu § 24 Abs. 1
a) Vorsatz oder Fahrlässigkeit
b) Verstöße
2. Zu § 24 Abs. 2
a) Ahndung
b) Anwendung § 30 Abs. 2 Satz 3 OwiG
3. Zu § 24 Abs. 3
4. Zu § 24 Abs. 4
5. Zu § 24 Abs. 5
Anlage (zu § 2 Absatz 1, § 7 Absatz 3 Satz 2) – Übereinkommen
I. Amtliche Begründung – Entwurf*
II. Amtliche Begründung – Änderung**
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
a.A.
andere Ansicht
a.E.
am Ende
a.F.
alte Fassung
ABl.
Amtsblatt
Abs.
Absatz
AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen
AktG
Aktiengesetz
Anh.
Anhang
Anm.
Anmerkung
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
AÜG
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Ausf.
ausführlich
Az.
Aktenzeichen
BAFA
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
BAG
Bundesarbeitsgericht
BB
Betriebs-Berater (Zeitschrift)
Bd.
Band
BeckOK
Beck’scher Online-Kommenta
Beschl.
Beschluss
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
BKartA
Bundeskartellamt
BMAS
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
BT-Drs.
Bundestagsdrucksache
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
bzw.
beziehungsweise
CB
Compliance-Berater
CCZ
Corporate Compliance Zeitschrift
CDP
Carbon Disclosure Project
CDSB
Climate Disclosure Standards Board
CMS
Compliance-Management-Systeme
CSR
Corporate Social Responsibility
CSRD
Corporate Sustainability Reporting Directive
CTA
Customs-Tariff-Act
CSR
Corporate Social Responsibility
ders./dies.
derselbe/dieselbe(n)
DfA
Dodd-Frank-Act
d.h.
das heißt
EG
Europäische Gemeinschaft
ESRS
European Sustainability Reporting Standards
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EuGH
Gerichtshof der Europäischen Union
f.
folgende
FAQ
Frequently Asked Questions
ff.
fortfolgende
Fn.
Fußnote
FTE
Full Time Equivalent
ggf.
gegebenenfalls
GRI
Global Reporting Initiative
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
GwG
Geldwächsegesetz
HGB
Handelsgesetzbuch
HRIA
Human Rights Impact Assessment
h.M.
herrschende Meinung
IASB
International Accounting Standards Board
IIRC
International Integrated Reporting Council
i.V.m.
in Verbindung mit
Kap.
Kapitel
KI
Künstliche Intelligenz
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
Komm.
Kommission
LG
Landgericht
Mio.
Millionen
MNU
Multinationale Unternehmen
Mrd.
Milliarden
MSA
Modern Slavery Act
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
n.F.
neue Fassung
NFRD
Non-Financial Reporting Directive
NGO
Non-governmental organization (Nichtregierungsorganisation)
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
Nr.
Nummer
NRO
Nichtregierungsorganisation
o.Ä.
oder Ähnliches
OECD
Organisation for Economic Cooperation and Development
OHCHR
Office of the United Nations High Commissioner for Refugees
OLG
Oberlandesgericht
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
POP
Persistent Organic Pollutants
RAW
Recht Automobil Wirtschaft (Zeitschrift)
Rn.
Randnummer
Rs.
Rechtssache
Rspr.
Rechtsprechung
S.
Seite
SASB
Sustainability Accounting Standards Board
s.o.
siehe oben
s.u.
siehe unten
TCFD
Task Force on Climaterelated Financial Disclosures
TG
Transparenzgesetz
TVPA
Trafficking Victims Protection Act
Urt.
Urteil
u.U.
unter Umständen
v.
von, vom
VerSanG
Verbandssanktionengesetz
vgl.
vergleiche
VO
Verordnung
WBRL
Whistleblowing-Richtlinie
z.B.
zum Beispiel
Ziff.
Ziffer
ZLR
Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht
z.T.
zum Teil
1
Vielfach überraschend hat der deutsche Gesetzgeber in einer von Wahlkampf und anderen Krisen geprägten Zeit am 11.6.2021 beschlossen, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zu erlassen. So kam es am 16.7.2021 zu dessen Ausfertigung und am 22.7.2021 zu dessen Veröffentlichung. Neben den vorgenannten politischen „Herausforderungen“ in der genannten Zeit stand starker Lobbyismus mit massiven finanziellen Befürchtungen dem von Nachhaltigkeitsbestrebungen geprägte Gesetz im Weg. Die Historie (dazu sogleich) ist also interessant und das Ergebnis durchaus überraschend. Die Bestrebungen einer ähnlichen „EU-Gesetzgebung“ waren ebenfalls schon länger vorhanden und haben tatsächlich am 23.2.2022 zum Entwurf einer EU-Richtlinie geführt (dazu sogleich), welche sich mehr oder weniger stark an das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz anlehnt, aber natürlich an einigen Stellen darüber hinausgeht (siehe unten → Rn. 26ff.). Zwar gibt es auch in anderen Ländern partiell ähnliche Überlegungen oder gar Regelungen (siehe unten → Rn. 24); das deutsche Gesetz dürfte aber im Moment die Tabellenführung im internationalen Nachhaltigkeitsgesetzgebungsranking verdienen. Die mit dem Gesetz verfolgten Ziele sind tadellos. Dem Gesetz selbst fehlt vielleicht „der letzte Schliff“, d.h. eine stringente Interpretation fällt aufgrund einiger Redundanzen, Definitionsmängel und unklarer Begrifflichkeiten schwerer als nötig. Die Entscheidung des Gesetzgebers, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in den Begriffsbestimmungen zu verkürzen sowie gleichzeitig mit Verweis auf Übereinkommen in der Anlage zu adressieren, macht die Gesetzesanwendung nicht leichter und erhöht natürlich typische Ungenauigkeiten an den Schnittstellen. Die in der Anlage genannten Übereinkommen summieren sich zudem auf etwa 300 Seiten und sind nicht ohne Weiteres selbsterklärend sowie auf Beziehungen von Privatrechtssubjekten untereinander auch nicht ohne Weiteres anwendbar. Es mag zudem vielleicht eine Hilfestellung sein, dass in der Begründung zu § 3 Abs. 1 auf eine Reihe von Leitprinzipien, dem nationalen Aktionsplan sowie UN-OHCHR- und OECD-Leitfäden verwiesen wird; diese aber umfassen weitere 1.100 Seiten und machen es dem Gesetzesanwender nicht unbedingt einfacher, die Intention, Interpretation und Umsetzung des Gesetzes in den Griff zu bekommen. Es muss zunächst aus den vorgenannten Soft-Law-Werken das Relevante destilliert werden und dann ist immer noch fraglich, inwieweit „Relevantes“ überhaupt „Verbindlichkeit“ haben kann oder soll.
2
Aus der letztlich zur Annahme des Gesetzes im Bundestag am 11.6.2021 führenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 9.6.2021 (BT-Drs. 19/3050) unter A und B ergibt sich:
„Die zunehmende Integration deutscher Unternehmen in globale Beschaffungs- und Absatzmärkte bietet Chancen und Herausforderungen: neue Märkte und Produktionsstätten werden erschlossen und so Arbeitsplätze und Wohlstand geschaffen. Gleichzeitig können aber auch Risiken durch Intransparenz und die oft mangelhafte Durchsetzung von international anerkannten Menschenrechten in den Lieferketten von Unternehmen in der globalen Wirtschaft entstehen. Um ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte gerecht zu werden, setzt die Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 (Nationaler Aktionsplan) in der Bundesrepublik Deutschland um. Dort ist die Erwartung an Unternehmen formuliert, mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen. Der Nationale Aktionsplan ist ein wichtiger erster Schritt. Zentral für seine erfolgreiche Umsetzung sind ein einheitliches Verständnis von Inhalt und Umfang der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und deren breite Verankerung in unternehmensinternen Prozessen. Die Ergebnisse der im Rahmen des Nationalen Aktionsplans durchgeführten repräsentativen Untersuchungen vom Juli 2020 haben gezeigt, dass lediglich zwischen 13 und 17 % der befragten Unternehmen die Anforderungen des Nationalen Aktionsplans erfüllen. Um eine ausreichende Einhaltung zu gewährleisten, bedarf es daher eines rechtlich verbindlichen und international anschlussfähigen Sorgfaltsstandards. Durch das angestrebte Gesetz werden in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte durch die Implementierung der Kernelemente der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht besser nachzukommen, heißt es in dem Gesetzentwurf. Dadurch sollen zum einen die Rechte der von Unternehmensaktivitäten betroffenen Menschen in den Lieferketten gestärkt, zum anderen den legitimen Interessen der Unternehmen an Rechtssicherheit und fairen Wettbewerbsbedingungen Rechnung getragen werden. Der vorliegende Entwurf eines Sorgfaltspflichtengesetzes dient der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage, indem er Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten für bestimmte Unternehmen festlegt. Unternehmen erhalten einen klaren, verhältnismäßigen und zumutbaren gesetzlichen Rahmen zur Erfüllung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten. Die Anforderungen sind international anschlussfähig und orientieren sich am Sorgfaltsstandard („Due Diligence Standard“) der VN-Leitprinzipien, auf dem der Nationale Aktionsplan basiert. Der Entwurf enthält behördliche Durchsetzungsmechanismen. Die für die Kontrolle und Durchsetzung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten zuständige Behörde wird benannt und mit Eingriffsbefugnissen ausgestattet. Das Gesetz begründet eine Bemühenspflicht, aber weder eine Erfolgspflicht noch eine Garantiehaftung.1 Das Sorgfaltspflichtengesetz soll an eine künftige europäische Regelung angepasst werden mit dem Ziel, Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zu verhindern.“
3
Es geht also um (gesteigerte) Verantwortung; diese ergibt sich gegenüber der Behörde (diese verfolgt einen risikobasierten Ansatz bzw. eine risikobasierte Kontrolle im Unterabschnitt 2 und § 19 Abs. 2, ohne den Begriff zu definieren2) und weniger in Form einer zivilrechtlichen Haftung aus dem Gesetz (§ 3 Abs. 3 LkSG), aber vielleicht dennoch aus anderen Regeln. In angemessener Weise müssen Risiken (wie eben) ermittelt, ihnen begegnet, darüber berichtet und dazu ein Beschwerdeverfahren ermöglicht werden. Das Gesetz fokussiert spätestens seit der Änderungsfassung die Begriffe „vorbeugen, minimieren, beenden“ (§ 3 Abs. 1) bzw. „erkennen, minimieren, verhindern, beenden“ (§ 4 Abs. 2) bzw. „verhindern, beenden, minimieren“ (§ 7 Abs. 1 und § 9 Abs. 3 Nr. 3) bzw. „verhindern oder minimieren“ (§ 6 Abs. 3 Nr. 2) bzw. „beenden oder minimieren“ (§ 7 Abs. 2) bzw. „vorbeugen und vermeiden“ (§ 9 Abs. 3 Nr. 2) oder nur „minimieren“ (§ 7 Abs. 2 Nr. 3). Zuvor im NAP (siehe dazu → Rn. 16) sprach man von „ermitteln, verhüten, mindern“. Dies ging wohl zurück auf die UN-Leitprinzipen, wo es hieß „identify, avoid, prevent, mitigate“; es entsteht etwas der Eindruck, die Begriffe sind vielfältig und nicht stingent und die Übersetzungen und die (inter-)nationalen Begrifflichkeiten machen es nicht leichter (siehe dazu auch nun das Proposal zur EU-Richtline vom 23.2.2022,3 wo von „identify, prevent, mitigate, minimise“ oder auch „neutralise, bringing to an end“ die Rede ist) – ein wenig „lost in translation“ steht zu befürchten. In Bezug genommen werden zudem noch in der Begründung zu § 3 Abs. 1 des Gesetzes zwölf Soft-Law-Quellen (UN-Leitprinzipien, Nationaler Aktionsplan, OECD Leitsätze) mit 1.071 Seiten, die wieder eine Vielzahl von Begriffen enthalten. Besonders interessant dürfte dabei der OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln von 2018 sein (in der Begründung zu § 3 Abs. 1 des Gesetzes wohl aus Versehen mit „2012“ bezeichnet).4 Dort finden sich die Dreiklänge „voraussehen, vermeiden, mindern“ oder „ermitteln, vermeiden, mindern“, oder auch „beseitigen, vermeiden, mindern“ und zuvor der Zweiklang „bestimmen und bewerten“ sowie generell „voraussehen, bestimmen, bewerten, beseitigen, vermeiden, mindern, nachverfolgen, kommunizieren“.5
4
Die Begriffe erscheinen unnötig vielfältig. Sie gehen gleichwohl in die Richtung des Compliance-Dreiklangs des Gesellschaftsrechts: „aufklären, abstellen, ahnden“.6 Ähnliches gilt auch in der Produkt-Compliance mit Begriffen wie „prevent, detect, respond, improve“.7 Dies alles führt zu weiterer Konkretisierung der Legalitätspflicht bzw. Legalitätskontrollpflicht und damit zu den gängigen Compliance Normen, Fragen und Entwicklungen in §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AktG sowie §§ 130 Abs. 1, 9 Abs. 1, 30 Abs. 1 OWiG und dem Trennungsprinzip, dem Verbandssanktionengesetz (VerSanG8), den aktuellen Entwicklungen in Kartellbußgeldern (§§ 81a ff. GWB9) und oder steigenden Bedeutung des GwG sowie der Datenschutz-GVO u.a.
5
Im Vergleich zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bestanden bisher im Themenkomplex noch eher unkonkrete Pflichten wie z.B. in § 130 OWiG:
„(1) Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.“
6
Gleiches gilt für das AktG bspw. in §§ 76 Abs. 1 (ähnlich in § 43 GmbHG) und 93 Abs. 1 S. 1: (1):
„Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten“
und
„Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.“
7
Dabei gilt auch ein Ermessenspielraum (Business Judgment Rule bzw. Business Judgement Rule).10
8
Die Legalitätspflichten und Legalitätskontrollpflichten konkretisieren sich durch Gesetze wie das LkSG aber nun wohl weiter. Man spricht bisweilen von einem Paradigmenwechsel.
1
Allerdings können eben solche Bemühenspflichten auch verletzt sein, wenn keine Verletzung einer menschenrechtlichen umweltbezogenen Risiken verwirklicht sind und zudem sind durchaus auch Erfolgspflichten zu erkennen.
2
Der Begriff findet sich fünfmal im Gesetz: in der Überschrift zu Unterabschnitt 2 „Risikobasierte Kontrolle“, in § 14 Abs. 2, § 19 Abs. 2 und bei der Prävention in § 6 Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 4 Nr. 4. Der Begriff findet sich weitere sechsmal in der Begründung und zwar interessanterweise auch im Rahmen der Angemessenheit bei der Änderungsbegründung zu § 3 Abs. 1 Satz 1. Er wird zwar nicht definiert, aber in dem OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln von 2018 findet sich eine Gleichsetzung: „Due Diligence ist proportional zum Risiko (risikobasiert)“; dort in Abschnitt I, „Merkmale von Due Diligence“, S. 17 der deutschen Fassung.
3
Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937, Brussels, 23.2.2022; https://ec.europa.eu/info/publications/proposal-directive-corporate-sustainable-due-diligence-and-annex_en.
4
http://mneguidelines.oecd.org/due-diligence-guidance-for-responsible-business-conduct.htm; in 13 Sprachen.
5
OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln von 2018, S. 15, 16, 22ff. der deutschen Fassung.
6
Wagner/Rutloff/Wagner/Hahn
, Der Entwurf des „Sorgfaltspflichtengesetzes“, Neue Compliance-Herausforderungen für Unternehmen in der Lieferkette, CB 2021, 89ff. (92) m.w.N.
7
Reusch
, Produkt-Compliance – Entwicklungen und Ausblick, CB 2021, 144ff. (144) m.w.N.
8
Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft, BR-Drs. 440/20.
9
GWB-Digitalisierungsgesetz vom 18.1.2021; BGBl. I Nr. 1, 18.1.2021.
10
„Judgment“ wohl amerikanisches Englisch und „Judgement“ wohl britisches Englisch.
9
Compliance hat, das ist nicht neu, in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen.11 Sehr interessant ist eine aktuelle Studie,12 wonach vor allem das Verbandssanktionengesetz und das Hinweisgeberschutzgesetz bereits Wirkungen zeigen, obwohl noch nicht erlassen. Beides wird durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz noch verstärkt (und zwar auch bei Unternehmen mit weniger als 3.000 oder 1.000 Mitarbeitern), wie auch die Studie zeigt.
10
Compliance meint die Beachtung sämtlicher einschlägiger Regeln und Gesetze durch ein Unternehmen; dafür braucht es regelmäßig bestimmte Abläufe, Systeme und Organisationsstrukturen in Form von Schulungen und Kommunikation, Kontrollen sowie Dokumentations- und Aktualisierungsprozesse, damit Risiken frühzeitig erkannt werden können und diesen sodann entgegenzuwirken ist. Solche Compliance-Management-Systeme (CMS) behandeln auch Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung eines Unternehmens, sog. CSR (Corporate Social Responsibility).13 Diskutiert wird, ob ein CMS zwingend erforderlich ist,14 sich aus der Legalitätspflicht ergebe15 oder vielleicht „nur“ das Bußgeld reduziert.16 Erörtert wird, ob die Legalitätspflicht der Geschäftsleiter der Konzernobergesellschaft konzernweit uneingeschränkt in jeder Tiefe gilt, insbesondere vor dem Hintergrund des kapitalgesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzips, welches sich nun wohl im Bußgeldrecht etwas aufgeweicht wiederfindet.17 Diskutiert wird dies auch bei der Haftung (siehe dazu § 3 Abs. 3).
11
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sieht nun jedenfalls für seine Themen ein spezifisches CMS vor. Das wirft die Frage auf, ob das nun aus Unternehmensleitungssicht die Dinge vereinfacht oder erschwert, ob es also aus dem Compliance-Blickwinkel positiv oder negativ zu werten ist. Denn rechtlich strikt gebundene Organentscheidungen unterfallen im Haftungsprozess der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit (Legalitätspflicht).18 Bei ungebundenen Entscheidungen im Rahmen der Leitungsaufgabe (§ 76 AktG), wozu auch Compliance gehört, gibt es hingegen einen unternehmerischer Ermessensspielraum im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG19 (Business Judgement Rule20).
12
Gibt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nun einen solchen Ermessensspielraum auch?21 Dies wird durchaus bejaht.22 Denn in § 3 Abs. 2 und an anderen Stellen des Gesetzes sowie seiner Begründung werden die Angemessenheit, Bemühenspflicht, die Nicht-Erfolgspflicht und die Nicht-Garantie erwähnt. Womöglich verschwimmt hier die Legalitätspflicht mit der Business Judgement Rule und einer Legal Judgement Rule, da es konkretere Handlungspflichten und weniger konkrete risikobasierte sowie dem Angemessenheitspostulat unterliegende Pflichten gibt (siehe dazu bei den Pflichten in den betreffenden Paragraphen).
13
Es wird vermutet, dass die gesetzlichen Anforderungen in den Aufgabenbereich der Rechts- und Compliance-Abteilung fallen wird und diese eine Gap-Analyse vornehmen werden muss.23 Teilweise wird vertreten, es gäbe im LkSG nicht delegierbare Pflichten,24 die in der Verantwortung der Geschäftsleitung lägen, dies sei aber einer Compliance Defense durch Einrichtung eines Compliance Management Systems zugänglich.25 Dabei werden IDW PS 980 und ISO 19600 genannt.26 Zu erwägen sind auch die anderen ISO Normen 26000:2021, 19600:2014 und 37301:2021 sowie die IDW PS 981.
14
Es ergibt sich allerdings wohl eine klar modifizierte Perspektive im Hinblick auf die nicht mehr lediglich materiellen Risiken des Risikomanagementsystems.27 In dem Zusammenhang mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wird zudem vielfach von einem Paradigmenwechsel gesprochen, dies jedoch aus unterschiedlicher Perspektive:
– Die zwölf menschenrechtlichen und drei umweltbezogenen Risiken müssen nun nicht mehr nur gemanagt werden, wenn dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens oder seinem Markenimage Nachteile drohen.28
– Unternehmen müssen sich um die Vermeidung externer Schäden nun auch dann bemühen, wenn ihre Reputation, der Markenwert und die Produktionsziele kaum gefährdet sind – insofern unterscheidet sich das auch fundamental vom Inhalt der nichtfinanziellen Berichterstattung.29
– Künftig dürfen sich Unternehmen nicht mehr wie in der Vergangenheit darauf verlassen, durch die Einhaltung staatlicher Normen Rechtssicherheit zu erlangen. Es wird auch an Sachverhalte in Drittstaaten angeknüpft und Normkonflikte sind vorprogrammiert, zumal der aktuelle Entwurf keine „White List“ vorsieht, also Länder, in denen Unternehmen sich auf ein ausreichendes Schutzniveau verlassen dürfen.30
– Ein historischer Paradigmenwechsel für das außenwirtschaftliche unternehmerische Engagement ergibt sich wohl aus den neuen Pflichten für bestimmte große Unternehmen und aus den Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten.31
11
Siehe bspw. die interessanten Fakten zu Compliance in deutschen Unternehmen bei
Schockenhoff/Roßkopf/Arnold
, Konzern-Compliance im Lichte neuer Sanktionsgesetze, GWB, GwG, Datenschutz-GVO, Verbandssanktionengesetz, AG 2021, 66 (66).
12
Deloitte, The Future of Compliance 2021, Herausforderungen und Trends, https://www2.deloitte.com/de/de/pages/audit/articles/future-of-compliance.html?gclid=EAIaIQobChMI4uaOyqGv9gIVAgOLCh0wgwELEAAYASAAEgLCJPD_BwE.
13
Siehe dazu aus praktischer und internationaler Sicht für Manager und die Beschaffung:
Zeisel
, Lieferkettengesetz, Sorgfaltspflichten in der Supply Chain verstehen und umsetzen, Kap. 1 und 5.
14
Koch
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz Compliance, Sorgfaltspflichten und zivilrechtliche Haftung, MDR 2022, 1 (2) m.w.N.
15
LG München v. 10.12.2013 – 5HK O 1387/10, Siemens/Neubürger.
16
BGH v. 9.5.2017 – 1 StR 265/17, Krauss Maffei.
17
Schockenhoff/Roßkopf/Arnold
, Konzern-Compliance im Lichte neuer Sanktionsgesetze, GWB, GwG, Datenschutz-GVO, Verbandssanktionengesetz, AG 2021, 66 (66) m.w.N.
18
Paefgen
, Haftung für die Verletzung von Pflichten nach dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, ZIP 2021, 2006 (2013) m.w.N. und Verweis auf das „Ision“-Urteil des BGH ZIP, 2011, 2097ff. Die Geschäftsleiter haben hinsichtlich der sie treffenden Legalitätspflichten noch Rechtsvergewisserungspflichten. Danach müsse z.B. ein Vorstand einen fachlich qualifizierten Berater wählen. Der Berater muss allgemein und insbesondere unabhängig sein. Der Rat oder das Gutachten müssen plausibel sein, d.h. dauerhaft fixiert und auf vollständigen Tatsachen beruhen, die Maßnahme decken und keine offenen Widersprüche und Begründungslücken haben. Zudem müsse eine umfassende Darstellung des Sachverhalts und die Offenlegung aller erforderlichen Unterlagen erfolgt sein. Dies wird von
Paefgen
wohl auch als
Legal Judgement Rule
bezeichnet und auf die Baustoffrechtsprechung verwiesen, was allerdings möglicherweise verwirrend ist. Denn vielfach wird das „Ision“-Urteil (BGH vom 20.9.2011, II ZR 234/09) so verstanden, dass es eine Legal Judgement Rule in Analogie zur
Business Judgement Rule
ablehnt und nur den
Verbotsirrtum
anerkennt.
19
Vgl. dazu
Seibt/Vesper-Gräske
, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erweitert Compliance-Pflichten, CB 2021, 357 (360).
20
Das Prinzip der
Business Judgement Rule
ist in den § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG verankert und hat vier Kriterien. Danach erfordern angemessene Managemententscheidungen, dass eine unternehmerische Entscheidung in gutem Glauben, ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse zum Wohle des Unternehmens auf der Grundlage angemessener Information getroffen wird.
21
Vgl.
Paefgen
, Haftung für die Verletzung von Pflichten nach dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, ZIP 2021, 2006ff. (2012);
Wagner/Ruttloff
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eine erste Einordnung, NJW 2021, 2145 (2146).
22
Spindler
, Verantwortlichkeit und Haftung in Lieferantenketten – das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. aus nationaler und europäischer Perspektive, ZHR 2022, 67 (106).
23
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 5 Rn. 23.
24
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 5 Rn. 14.
25
Engel/Schönfelder
, in: Grabosch, Das neue LkSG, 2021 § 6 Rn. 40: Abweichend von § 10 OWiG reicht wegen der ausdrücklichen Regelung in § 24 Abs. 1 auch ein fahrlässiger Verstoß für ein Bußgeld. Hilfreich zur Vorbeugung von Fahrlässigkeitsvorwürfen ist eine saubere Dokumentation der Sorgfaltspflichtenmaßnahmen gem. § 10 Abs. 1 LkSG und die Einrichtung und externe Prüfung von Risikomanagementsystemen und Compliance-Management-Systemen nach IDW PS 981 bzw. 98093 oder ISO 3-1000 bzw. 19600.
26
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 5 Rn. 17ff.
27
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 5 Rn. 26.
28
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, Vorwort, § 2 Rn. 13, § 5 Rn. 27.
29
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 5 Rn. 27.
30
Harings/Keim
, Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in internationalen Lieferketten, AW-Prax 2021, 21 (21). Dies geht auch in Richtung des bemängelten Fehlens eines „
Safe Harbour
“.
31
Stöbener de Mora/Noll
, Grenzenlose Sorgfalt? – Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Teil 1, NZG 2021, 1237ff. (1237).
15
Der Weg zum Gesetz ist vielfach beschrieben.32 Interessant ist vielleicht auch die (nicht abschließende) Kasuistik, die weiter unten aufgeführt ist, und die sicher ihren Beitrag zur Entwicklung hatte (siehe dazu unten bei § 3 Abs. 3, → Rn. 73ff.).
16
Für das deutsche Gesetz konkret relevant war sicher der NAP als Folge der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte.33 Nach diesem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) von Dezember 2016 war die Bundesregierung mit den Monitoring-Ergebnissen im Oktober 2020 so unzufrieden,34 dass die Tür zum Gesetz aufgestoßen wurde. Nach einigen Verzögerungen35 wurde dann auch Proposal zur EU-Richtline vom 23.2.202236 (siehe dazu → Rn. 27ff.) veröffentlicht; es hat den Eindruck, dass sich die Kommission dabei mehr oder weniger offen am deutschen Gesetz orientiert, denn das Proposal sieht schon sehr anders aus als noch die Entschließung des Parlaments vom 30.3.2021.37
17
Natürlich stand das Gesetzesvorhaben scharf in der Kritik der Wirtschaft, ihren Verbänden und Lobbyisten. Bemängelt wurde auch, dass zu wenig umweltbezogene Risiken erfasst seien und dass es zum Beispiel am Klimaschutz fehlt.38Den enthält aber nun das Proposal zur EU-Richtline vom 23.2.202239 (dort Art. 15). Die Richtlinie wird wohl ebenfalls großem Lobby-Widerstand ausgesetzt sein.
18
Aber es gab auch viel positives Feedback;40 so sei wünschenswert, dass Transparenzinitiativen weniger als Ex-post-Instrument der Rechenschaft über erfolgte Maßnahmen und Mechanismus der Bestrafung für Menschenrechtsverletzungen („naming and shaming“) verstanden und stattdessen mehr von den Unternehmen dazu genutzt werden, ex-ante-Maßnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen zu implementieren und über die Berichterstattung extern zu kommunizieren („knowing and showing“).41
19
Bisweilen wird nun von handwerklichen Mängeln42 bzw. redaktionellen und inhaltlichen Schwächen43 gesprochen. Ein Thema sind natürlich – vor dem Hintergrund der Verfassungsmäßigkeit – auch die vielen unbestimmten Rechtsbegriffe44 und der Bestimmtheitsgrundsatz45 (siehe dazu auch die Entwicklungen zum „Loi de vigilance“ → Rn. 24). Vielfach wird die Bestimmtheit kritisch gesehen,46 manches Mal aber auch als unkritisch erachtet47 und z.T. die „Herkulesaufgabe“ gewürdigt.48
32
Sehr empfehlenswert über 20 Seiten mit vielen Nachweisen:
Hembach
, Praxisleitfaden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, B. S. 4ff. Siehe auch
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 1 Rn. 1ff.
Schmidt-Räntsch
, Sorgfaltspflichten der Unternehmen – Von der Idee über den politischen Prozess bis zum Regelwerk, ZUR 2021, 387 (390). Siehe auch
Stave/Velte
, Regulierung eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements, DB 2021, 1791 (1796);
Keilmann/Schmidt
, Der Entwurf des Sorgfaltspflichtengesetzes – Warum es richtig ist, auf eine zivilrechtliche Haftung zu verzichten, WM 2021, 717 (717);
Dutzi/Schneider/Hasenau
, Lieferkettenregulierung und Risk Governance, Implikationen für die betriebliche Praxis und Kritik, DK 2021, 454 (454).
33
https://www.auswaertiges-amt.de/blob/266624/b51c16faf1b3424d7efa060e8aaa8130/unleitprinzipien-de-data.pdf.
34
Das NAP-Monitoring ermittelte nur 12 bis 17 Prozent an Unternehmen, die die Voraussetzungen des NAP erfüllen (https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2405080/3e080423f4602580404eaf560a07be3e/201013-nap-monitoring-abschlussbericht-data.pdf).
35
Siehe dazu
Hembach
, Praxisleitfaden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, B. VIII. 2a. S. 42ff. zu den Regelungen auf EU-Ebene und dem Einfluss des Regulatory Scrutiny Boards.
36
Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937, Brussels, 23.2.2022; https://ec.europa.eu/info/publications/proposal-directive-corporate-sustainable-due-diligence-and-annex_en.
37
P9_TA(2021)0073, Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen, Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10.3.2021 mit Empfehlungen an die Kommission zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen (2020/2129(INL)); https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-03-10_DE.html.
38
Gailhofer/Verheyen
, Klimaschutzbezogene Sorgfaltspflichten – Perspektiven der gesetzlichen Regelung in einem Lieferkettengesetz, ZUR 2021, 402ff.
39
Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937, Brussels, 23.2.2022; https://ec.europa.eu/info/publications/proposal-directive-corporate-sustainable-due-diligence-and-annex_en.
40
„Das Vorpreschen des deutschen Gesetzgebers [...] ein Lichtblick für die Brüsseler Verhandlungen“,
Junker
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Und wo bleibt das positive“, ZfA 2021, 437 (438).
41
Wüstemann
, (Fehlende) Rolle der Transparenz bei der Achtung von Menschenrechten, comply 2021 18 (20).
42
Ekkenga/Erlemann
, Lieferkettengesetz, Europäisches Kartellrecht und die Folgen: Effiziente Missbrauchsbekämpfung oder nutzlose Gängelung gesetzestreuer Unternehmen?, ZIP 2022, 49 (53).
43
Bettermann/Hoes
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Besondere Pflichten für Kreditinstitute?, BKR 2022, 23 (29).
44
Keilmann/Schmidt
, Der Entwurf des Sorgfaltspflichtengesetzes – Warum es richtig ist, auf eine zivilrechtliche Haftung zu verzichten, WM 2021, 717 (719) und
Bettermann/Hoes
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Besondere Pflichten für Kreditinstitute?, BKR 2022, 23 (28): „Da es sich beim LkSG um ein sanktionsbewehrtes Gesetz handelt, sind einer Auslegung durch den Bestimmtheitsgrundsatz Grenzen gesetzt (Art. 103 Abs. 2 GG).“
Gehling/Ott/Lüneborg
, Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Umsetzung in der Unternehmenspraxis, CCZ 2021, 230 (233) „Auch wenn der Grundansatz der abgestuften, risikobasierten Sorgfaltspflichten zu begrüßen ist, wird die Rechtsanwendung durch die Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe erschwert, was absehbar zu Rechtsunsicherheit führen wird.“
45
Instruktiv dazu
Zimermann/Weiss
, Völker- und verfassungsrechtliche Parameter eines deutschen Lieferkettengesetzes – Gutachten aus dem April 2020 für das deutsche Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Siehe auch
Hembach
, Praxisleitfaden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, A. S. 3.
46
Spindler
, Verantwortlichkeit und Haftung in Lieferantenketten – das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz aus nationaler und europäischer Perspektive, ZHR 2022, 67 (78 und 81) unter besonderem Hinweis auf die Auffangklausel in § 2 Abs. 2 Nr. 12 und auch im Hinblick auf die Bemühenspflicht, m.w.N.;
Lutz-Bachmann/Vorbeck/Wengenroth
, Menschenrechte und Umweltschutz in Lieferketten – der Regierungsentwurf eines Sorgfaltspflichtengesetzes, BB 2021, 906 (907, 909, 912);
Wagner/Ruttloff/Hahn
, Der Entwurf des Sorgfaltspflichtengesetzes – Neue Compliance-Herausforderungen für Unternehmen in der Lieferkette, CB 2021, 89 (95);
Wagner/Ruttloff
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eine erste Einordnung, NJW 2021, 2145 (2146);
Keilmann/Schmidt
, Der Entwurf eines Sorgfaltspflichtengesetzes – Warum es richtig ist, auf eine zivilrechtliche Haftung zu verzichten, WM 2021, 717 (721);
Bodenstein/Lenz
, Unternehmerische Sorgfaltspflichten in der Lieferkette Herausforderungen für die Corporate Governance im Lichte aktueller deutscher und europäischer Gesetzesinitiativen, ZCG 2021, 101 (105);
Schork/Schreier
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, RAW 2021, 74 (76);
Spießhofer
, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Was kommt ab 2023?, AnwBl 2021, 534 (535) und (534): „Diese Ansammlung unbestimmter Begriffe lässt viele Fragen offen: Wonach richten sich Pflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit in einem transnationalen Lieferkettenkontext – nach deutschem Recht? Zu den Rechtspositionen gehören auch solche, die sich aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ergeben – bedeutet das Verbot des Unterlassens eine Verpflichtung zum Einschreiten zum Schutz politischer Rechte in Drittländern? Hier sind Forderungen aus dem rechtspolitischen Diskurs ohne Berücksichtigung rechtsstaatlicher Bestimmtheitsanforderungen in Gesetzestext überführt worden“;
Plemper/Damm
, Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG), AW-Prax 2021, 455 (456);
Stöbener de Mora/Noll
, Grenzenlose Sorgfalt? – Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Teil 1, NZG 2021, 1237ff. (1240) und Teil 2, NZG 2021, 1285 (1288);
Harings/Jürgens
, Die Auswirkungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auf die Transportwirtschaft, RdTW 2021, 297 (299);
Kammann/Irmscher
, Das Sorgfaltspflichtengesetz – ein neues Sanktionsrecht für Menschenrechts- und Umweltverstöße in Lieferketten, NZWiSt 2021, 249 (253);
Charnitzky/Weigel
, Die Krux mit der Sorgfalt, RIW 2022, 12 (12 und 19);
Schäfer
, Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und seine Auswirkungen auf die Ernährungswirtschaft, ZLR 2022, 22 (33).
47
Gailhofer/Verheyen
, Klimaschutzbezogene Sorgfaltspflichten – Perspektiven der gesetzlichen Regelung in einem Lieferkettengesetz, ZUR 2021, 402 (409); tendenziell auch
Grabosch
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 2 Rn. 119;
Schönfelder
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 4 Rn. 40 und 58;
Engel
, in: Grabosch, Das neue LkSG, § 6 Rn. 47.
48
Keilmann/Schmidt
, Der Entwurf des Sorgfaltspflichtengesetzes – Warum es richtig ist, auf eine zivilrechtliche Haftung zu verzichten, WM 2021, 717 (721).
20
Wie in Ziff. IV.4.2 der Gesetzesbegründung angekündigt und in § 20 vorgesehen, können Handreichungen erfolgen. Dies ist im Grunde bereits Gegenstand von Kritik;49 teilweise wird auch Hoffnung darin gesetzt, die mangelnde Bestimmtheit zu verbessern.50
21
Inzwischen (Anfang Dezember 2021) sind auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) detailliertere Informationen erschienen,51 die „FAQ“ genannt sind. In diesen FAQ wird zudem unter Ziff. XVI.3 erklärt, „derzeit (Stand November 2021) sind keine Rechtsverordnungen geplant“.
22
Kurioserweise verändert sich der Text der FAQ ohne Hinweise – in der dritten Februarwoche 2022 war die unten stehende Ziff. IV.8 auf der Website verschwunden und der Rest neu nummeriert (erneut ohne Datum, Versionsstand, Angabe von Verfasser etc.). Gründe, Konsequenzen und Auswirkungen auf den Umgang mit dem Ministerium und eventuell auch der Behörde sind unklar – das ist schwer zu kommentieren. Man könnte nachvollziehen, wenn die FAQ mehr werden, weil weitere Antworten auf weitere Fragen erfolgen. Wenn es aber weniger wird und Antworten verschwinden, dann ist das für den Rechtsanwender nicht sehr verlässlich. Es steht zu erwarten, dass sich diese FAQ noch weiter verändern werden; zuletzt kurz vor Drucklegung am 28.4.2022; siehe hier eine Synopse:52
– Ziff. II.4: Auch „unbedeutende“ Zulieferungen sind zu berücksichtigen, es komme aber auf den Verursachungsbeitrag (das LkSG enthält also ein Verursachungsprinzip) an.
– Ziff. III.1–3: Die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer*innen sind genauer erläutert.
– Ziff. IV.6: Es findet sich eine (weiterhin unklare) Erläuterung zur Bestimmung inländischer Arbeiternehmer*innen ausländischer Konzernteile.
– Ziff. IV.8 (a.F.): Die Prüfungspflicht für Töchter und deren unmittelbare bzw. mittelbare Zulieferer durch Obergesellschaften mit bestimmenden Einfluss ist gestrichen (dies war schon im Februar 2022 erfolgt).
– Ziff. IV.12: Die extraterritoriale Anwendung auf Sachverhalte außerhalb Deutschlands für Gesellschaften mit einer deutschen Zweigniederlassung ist noch einmal bestätigt.
– Ziff. V.3 und 4: Der lokale gesetzliche Mindestlohn entspricht nicht dem „angemessenen Lohn“ im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG.
– Ziff. VI.7–11: Das Stufenverhältnis im Rahmen der Prüfung im eigenen Geschäftsbereich, beim unmittelbaren Zulieferer und beim mittelbaren Zulieferer in der Lieferkette wird noch einmal erläutert. Endkunden von Kreditinstituten sind kein Teil der Lieferkette. Endkunden bei Produktlieferungen sind solche, die das Produkt nutzen oder verarbeiten. Endkunden für Dienstleistungen sind solche, die die Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Logistikpartner bei der Auslieferung des Produktes sollen Zulieferer im Sinne der Lieferkette sein (dies widerspricht aber dem Gesetz in § 2 Abs. 7 und Abs. 8).
– Ziff. VI.12–13: Die „substantiierte Kenntnis“ im Sinne des § 9 Abs. 3 LkSG wird in den Kontext zu den Grundsätzen der Wissenszurechnung, der Wissenszusammenrechnung sowie der Organisationpflicht gerückt. Der „Möglichkeitsgrad“ einer „substantiierten Kenntnis“ wird erläutert; es sollen Eintrittswahrscheinlichkeiten von unter 50 % ausreichen, die noch nicht einen konkreten Zulieferer erkennen lassen und es soll ein objektiv-normativer Verständnishorizont unter Berücksichtigung des zumutbaren weiteren Aufwands in Betracht gezogen werden.
– Ziff. VIII.2: Die Risikoanalyse soll auf den eigenen Geschäftsbereich und den unmittelbaren Zulieferer gerichtet sein. Etwaige Präventionsmaßnahmen sollen dennoch Risiken bei allen Zulieferern in der Lieferkette adressieren.
– Ziff. VIII.6: Die regelmäßige Risikoanalyse soll sich auf den eigenen Geschäftsbereich und den unmittelbaren Zulieferer konzentrieren. Die „Adhoc-Pflicht zur Risikoanalyse bei neuen Umständen“ soll überall in der Lieferkette, also auch bei unmittelbaren und bei mittelbaren Zulieferern erfolgen (dies passt nicht wirklich zur Gesetzessystematik).
– Ziff. X.1: Präventionsmaßnahmen sind unverzüglich nach Erkennung der Risiken im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern zu ergreifen, müssen aber auch andere Risiken in der Lieferkette adressieren, zu denen das Unternehmen beiträgt und eine entsprechende Priorisierung erfolgt (dann wird aber auf Formulierungen im Risikomanagement, der anlassbezogenen Risikoanalyse, der Grundsatzerklärung und andere Präventionsmaßnahmen sowie der substantiierten Kenntnis abgestellt, die damit nicht wirklich im Zusammenhang stehen).
– Ziff. XVIII.1: Es wird auf die am 23.2.2022 vorgelegte EU-Richtlinie im Entwurf verwiesen.
23
Die FAQ des BMAS beinhalteten (Stand November 2021) das Folgende:
Lieferkettengesetz
Fragen und Antworten
Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Fragen zu dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG, umgangssprachlich Lieferkettengesetz) kompakt zusammengefasst. Im Sinne einer besseren Übersichtlichkeit haben wir die einzelnen Themenbereiche in Kapitel geordnet.
Inhalt:
I.
Grundsätzliches zum Lieferkettengesetz
II.
Der Begriff der Lieferkette
III.
Der Anwendungsbereich des Gesetzes
IV.
Verbundene Unternehmen
V.
Geschützte Menschenrechte und Umweltbelange im Detail
VI.
Grundsätzliches zur Ausübung der Sorgfaltspflichten
VII.
Sorgfaltspflicht zur Einrichtung eines Risikomanagements
VIII.
Sorgfaltspflicht zur Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen
IX.
Sorgfaltspflicht zur Abgabe einer Grundsatzerklärung
X.
Sorgfaltspflicht zur Verankerung von Präventionsmaßnahmen
XI.
Sorgfaltspflicht zum Ergreifen von Abhilfemaßnahmen
XII.
Sorgfaltspflicht zum Einrichten eines Beschwerdeverfahrens
XIII.
Sorgfaltspflicht zur Dokumentation und Berichterstattung
XIV.
Überwachung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
XV.
Folgen des Gesetzes für Unternehmen/Fragen der Haftung
XVI.
Umsetzungshilfen für Unternehmen
XVII.
Auswirkungen des Gesetzes für kleine und mittlere Unternehmen
XVIII.
Das Lieferkettengesetz im internationalen Kontext
I. Grundsätzliches zum Lieferkettengesetz
1. In welchem Zusammenhang stehen der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
Im Dezember 2016 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) beschlossen, um gemeinsam mit Unternehmen einen Beitrag dazu zu leisten, die weltweite Menschenrechtslage zu verbessern und die Globalisierung mit Blick auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sozial zu gestalten. Der NAP basiert auf den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen. Neben staatlichem Schutz und gerichtlicher sowie außergerichtlicher Abhilfe steht dabei die Unternehmensverantwortung im Zentrum. Die Bundesregierung hat im Aktionsplan ihre Erwartung an alle in Deutschland ansässigen Unternehmen formuliert, dass sie die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht in einer ihrer Größe, Branche und Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessenen Weise einhalten und Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten.
Eine repräsentative Unternehmensbefragung der Bundesregierung im Jahr 2020, das NAP-Monitoring, hat aber gezeigt: Weniger als ein Fünftel der in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten kamen ihren Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferketten ausreichend nach. Freiwillige Selbstverpflichtung reicht also nicht aus. Im Koalitionsvertrag hat die damals amtierende Bundesregierung für diesen Fall vereinbart, national gesetzlich tätig zu werden und sich gleichzeitig auf europäischer Ebene für verbindliche Regeln einzusetzen. Am 22.7.2021 wurde das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Bundesgesetzblatt verkündet.
2. Was regelt das Gesetz?
Das Gesetz verpflichtet die unter den Anwendungsbereich fallenden Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Die Pflichten, die ein Unternehmen zu erfüllen hat, sind nach seinen Einflussmöglichkeiten abgestuft, konkret bezogen auf
– einen eigenen Geschäftsbereich,
– das Handeln eines Vertragspartners und
– das Handeln weiterer (mittelbarer) Zulieferer.
3. Ab wann und für wen gilt das Gesetz?
Das Gesetz gilt ab 2023 für Unternehmen mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung sowie 3.000 Arbeitnehmer*innen im Inland, ab 2024 dann auch für Unternehmen ab 1.000 Arbeitnehmer*innen im Inland.
Dennoch ist das Gesetz ebenso für Unternehmen von Bedeutung, die nicht in den direkten Anwendungsbereich fallen. Denn diese können mittelbar betroffen sein, etwa als Zulieferer eines in der gesetzlichen Verantwortung stehenden Unternehmens. Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereiches sind jedoch nicht Adressaten von Bußgeldern oder gesetzlichen Verpflichtungen.
II. Der Begriff der Lieferkette
1. Was genau bedeutet „Lieferkette“?
Die Lieferkette im Sinne des Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen bei der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zu der Lieferung an den Endkunden, und erfasst
– das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,
– das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers und
– das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.
Dazu gehört auch die Inanspruchnahme von notwendigen Dienstleistungen, wie zum Beispiel der Transport oder die Zwischenlagerung von Waren.
2. Gilt das Gesetz entlang der gesamten Lieferkette?
Ja, neben dem eigenen Geschäftsbereich müssen auch Geschäftsbeziehungen und Produktionsweisen der unmittelbaren Zulieferer in den Blick genommen werden. Liegen einem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern möglich erscheinen lassen, so hat es anlassbezogen auch dort tätig zu werden.
Dabei gilt das Prinzip der Angemessenheit: Von Unternehmen wird nur verlangt, was ihnen angesichts ihres individuellen Kontextes – etwa ihrer Größe, der Art ihrer Geschäftstätigkeit oder ihrer Nähe zum Zulieferer – möglich ist. Es wird von Unternehmen nicht verlangt, alle identifizierten menschenrechtlichen Herausforderungen gleichzeitig anzugehen, sondern dass sie sich zunächst auf die wesentlichen Risiken konzentrieren. Sollte es trotz aller (angemessenen) Bemühungen doch zu einer Menschenrechtsverletzung in der Lieferkette kommen, kann das Unternehmen nicht belangt werden.
3. Die Lieferkette erfasst alle Handlungen, die „erforderlich“ zur Herstellung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen sind. Wie ist der Begriff „erforderlich“ in diesem Zusammenhang zu verstehen?
Der Begriff „erforderlich“ ist weit aufzufassen. Erfasst wird zum Beispiel auch der Bürobedarf eines Industrieunternehmens. Diese weite Definition ist zu unterscheiden von der Frage, welche Lieferketten und Risiken ein Unternehmen im Rahmen seines Risikomanagements zuerst angehen muss. Hier geht es darum, Risiken zu bewerten, zu priorisieren und ihnen angemessen zu begegnen. Ein wesentlicher Aspekt bei der Priorisierung ist dabei auch die Einflussmöglichkeit eines Unternehmens (vgl. § 3 Abs. 2 LkSG). Nicht prioritäre Risiken können zurückgestellt werden.
III. Der Anwendungsbereich des Gesetzes
1. Fallen öffentliche Unternehmen in den Anwendungsbereich?
Juristische Personen des Privatrechts in öffentlicher Hand, die am Wirtschaftsleben teilnehmen, fallen unter den Anwendungsbereich, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 1 LkSG erfüllt sind. Dagegen fallen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Verwaltungsaufgaben einer Gebietskörperschaft wahrnehmen, nicht darunter, soweit sie nicht am Markt unternehmerisch tätig sind.
2. Müssen Krankenhäuser, die Produkte vom Hersteller kaufen und dann beim Patienten einsetzen, das Lieferkettengesetz berücksichtigen? Oder gilt das nur für die Hersteller, die ihre Zulieferer hieraufhin prüfen sollten?
Grundsätzlich fallen auch Krankenhäuser unter den Anwendungsbereich des Gesetzes, sofern sie die Arbeitnehmer*innenschwelle erreichen, am Markt tätig sind, gesundheitliche Dienstleistungen gegen Entgelt anbieten und die damit verbundenen finanziellen Risiken tragen sowie als Einkäufer (etwa von medizinischen Gerätschaften) agieren. Dabei müssen sie Sorgfaltspflichten beachten.
Der Begriff des Unternehmens im LkSG ist ein Oberbegriff für alle Unternehmensformen. Er ist rechtsformneutral, es kommt also etwa nicht darauf an, ob es sich um eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft handelt. Das LkSG nimmt hier keine Eingrenzung vor, weil das Bestehen von menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken nicht von der gewählten Rechtsform des Unternehmens abhängt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtliche Ausgliederungen, zum Beispiel solche, die Verwaltungsaufgaben einer Gebietskörperschaft wahrnehmen, fallen nicht in den Anwendungsbereich des LkSG, soweit sie nicht am Markt unternehmerisch tätig sind. Dies muss am Einzelfall geprüft werden.
IV. Verbundene Unternehmen
1. Wann ist ein Unternehmen „konzernangehörig“ im Sinne des § 1 Abs. 3 LkSG?
„Konzernangehörig“ ist ein untechnischer Sammelbegriff und beschränkt sich nicht auf Unternehmen gem. § 18 AktG. Es sind alle Formen verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 AktG erfasst.
2. Muss die Mutter die Arbeitnehmer*innen der Töchter usw. mitzählen? Wenn ja, nach welchen Kriterien?
Ja, wenn es sich bei Müttern, Töchtern und Enkelinnen um verbundene Unternehmen handelt (vgl. § 15 AktG).
3. Müssen deutsche Töchter auch die Arbeitnehmer*innen der jeweiligen Muttergesellschaft bzw. auch sämtlicher Schwestergesellschaften (also letztlich alle Konzernbeschäftigten) mitzählen oder zählen die Töchter nur ihre eigenen Arbeitnehmer*innen und ihre Töchter mit?
Es wird immer von „unten nach oben“ gezählt, das heißt die Arbeitnehmer*innen der Konzerntöchter zählen bei der Konzernobergesellschaft mit. Andersherum werden aber nicht die Arbeitnehmer*innen der Konzernobergesellschaft dem Tochterunternehmen zugerechnet.
4. Werden, falls eine Zurechnung nur „nach oben“ stattfindet, die Beschäftigten auf jeder Stufe zugerechnet oder nur zur obersten Konzernmutter?
Die Arbeitnehmer*innen werden nur zur obersten Konzernmutter (in Deutschland) zugerechnet.
5. Gehören zum eigenen Geschäftsbereich der Obergesellschaft auch Tochterunternehmen?
Zum eigenen Geschäftsbereich gehören neben der Gesellschaft selbst auch mit ihr verbundene Unternehmen im In- und Ausland. Voraussetzung ist, dass die Obergesellschaft auf die konzernangehörige Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausübt. Dabei muss eine Einflussnahme nach dem jeweils anwendbaren Recht möglich sein. Ob ein bestimmender Einfluss gegeben ist, ergibt sich aus der Gesamtschau der wirtschaftlichen, personellen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen Tochter- und Muttergesellschaft. Anhaltspunkte sind etwa eine hohe Mehrheitsbeteiligung an der Tochtergesellschaft, ein konzernweites Compliance-System, Verantwortung für die Steuerung von Kernprozessen im Tochterunternehmen, ähnliche Geschäftsbereiche oder auch personelle Überschneidungen.
6. Muss in einem Konzern jedes erfasste Unternehmen eigene Pflichten nach dem LkSG erfüllen, oder können diese Pflichten auch zentral von der Obergesellschaft erfüllt werden?
Hier sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden:
a) Konzernobergesellschaft und Tochterunternehmen fallen beide unter das LkSG, es besteht aber kein bestimmender Einfluss (vgl. § 2 Abs. 6 LkSG) der Obergesellschaft auf die Tochter.
Beide Unternehmen müssen die Sorgfaltspflichten für ihren eigenen Geschäftsbereich und entlang ihrer Lieferketten erfüllen. Dabei ist grundsätzlich von einer getrennten Durchführung auszugehen – zum Beispiel haben beide einen eigenen Bericht gemäß § 10 Abs. 2 LkSG zu veröffentlichen. Unabhängig davon können sich die Unternehmen abstimmen, wenn sie Maßnahmen ergreifen. Beispielsweise kann ein Tochterunternehmen von der Obergesellschaft initiierte geeignete Maßnahmen (z.B. bei Grundsatzerklärung/Schulungen etc.) übernehmen und sich – eigenverantwortlich – zu eigen machen. Dies kann in der Berichtspflicht entsprechend dargestellt werden.
Ist das Tochterunternehmen gleichzeitig unmittelbarer Zulieferer (vgl. § 2 Abs. 7 LkSG) der Obergesellschaft, dann hat die Obergesellschaft entsprechende auf unmittelbare Zulieferer bezogene Sorgfaltspflichten auch im Hinblick auf die Tochter durchzuführen.
b) Konzernobergesellschaft und Tochterunternehmen fallen beide unter das LkSG und es besteht ein bestimmender Einfluss (§ 2 Abs. 6 LkSG) der Obergesellschaft auf die Tochter.
Die Konzernobergesellschaft muss die Sorgfaltspflichten für ihren eigenen Geschäftsbereich und entlang ihrer Lieferketten erfüllen. Dies schließt auch den Geschäftsbereich und die Lieferketten des Tochterunternehmens mit ein (vgl. § 2 Abs. 6 LkSG). Die Verantwortung erfasst dabei die wirtschaftlichen Aktivitäten der Tochtergesellschaft, um Produkte herzustellen oder zu verwerten oder um Dienstleistungen zu erbringen. Dabei ist unerheblich, ob ein Tochterunternehmen seine Produkte oder Dienstleistungen der Obergesellschaft zuliefert, oder ob es sie an Dritte vertreibt.
Das Risikomanagement des Tochterunternehmens kann – abhängig von der jeweiligen individuellen Risikodisposition – im eigenen Unternehmen oder im Tochterunternehmen verankert werden.
Das Tochterunternehmen ist ebenfalls selbst dafür verantwortlich, dass die Sorgfaltspflichten im eigenen Geschäftsbereich und entlang seiner Lieferketten erfüllt werden.
Bei diesen Konstellationen kann es angemessen sein, dass sich der Pflichteninhalt der Obergesellschaft auf bloße Überwachungspflichten bzgl. des Tochterunternehmens reduziert bzw. dass die Tochter auf die Erfüllung der Pflichten durch die Mutter verweist. Dies ist abhängig von der Konzernstruktur und der individuellen Risikodisposition der Obergesellschaft bzw. der Tochterunternehmen.
c) Nur die Konzernobergesellschaft, nicht aber die Tochter fällt in den Anwendungsbereich des LkSG.
Die Obergesellschaft muss die Sorgfaltspflichten für ihren eigenen Geschäftsbereich und entlang ihrer Lieferketten erfüllen. Dies schließt auch den Geschäftsbereich und die Lieferketten eines Tochterunternehmens mit ein, wenn die Obergesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausübt (vgl. § 2 Abs. 6 LkSG).
Die Obergesellschaft muss – bei nichtbestimmendem Einfluss – die Tätigkeiten der Tochter im Risikomanagement entsprechend den Vorgaben des LkSG nur dann prüfen, wenn das Tochterunternehmen (unmittelbarer) Zulieferer der Obergesellschaft ist.
Das Tochterunternehmen selbst ist in diesem Fall nicht gesetzlich verpflichtet, eigenverantwortlich Sorgfaltspflichtmaßnahmen umzusetzen bzw. darüber zu berichten. Allerdings erwartet die Bundesregierung bei Unternehmen, die nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, dass sie ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen, wie sie im Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte verankert wurde.
d) Nur das Tochterunternehmen, nicht aber die Obergesellschaft fällt in den Anwendungsbereich (z.B. Tochterunternehmen einer US-amerikanischen Konzernmutter).