Longevity konkret - Daniel Schmitz-Buchholz - E-Book

Longevity konkret E-Book

Daniel Schmitz-Buchholz

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Beschreibung

Wie können wir nicht nur länger, sondern auch gesünder leben? Longevity Konkret liefert die Antworten fundiert, praxisnah und wissenschaftlich geprüft. Erfahren Sie, welche Faktoren mit einer gesteigerten Lebenserwartung von bis zu 20 Jahren assoziiert sind. Dieses Buch bietet anhand von über 900 wissenschaftlichen Artikeln eine detaillierte Analyse von mehr als 70 Nahrungsergänzungsmitteln, Medikamenten, Vitaminen, Mineralien und Therapien, darunter Plasmaspenden, kognitives Training, die hyperbare Sauerstofftherapie, Liquid Biopsy, Rapamycin, Lithium, Metformin und viele mehr. Erfahren Sie, welche Laborwerte Sie kennen sollten und welche Methoden wirklich das Potenzial haben, die Lebensspanne zu verlängern und die Gesundheit zu optimieren und welche reines Marketing sind. Und für Technik-Nerds: Lesen Sie, was Schlaf-Tracking bringt, was die FEV1 ist oder wie Sie ein kontinuierliches Glukose-Monitoring nutzen. Doch wahre Langlebigkeit beginnt im Alltag: Longevity Konkret beleuchtet die entscheidenden Lifestyle-Interventionen in den Bereichen Ernährung, Körper, Sport und Schlaf: die Grundpfeiler eines gesunden Alterns. Zudem finden Sie in diesem Buch einige der effektivsten Longevity-Hacks, die in Studien das biologische Alter um Jahre reduzieren konnten. Im abschließenden Kapitel erhalten Sie eine konkrete Anleitung zur Erstellung Ihrer individuellen Longevity-Strategie. Basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickeln Sie einen maßgeschneiderten Plan für ein langes, vitales Leben. Verlassen Sie sich nicht auf Mythen, setzen Sie auf echte Longevity-Hacks und evidenzbasierte Strategien!

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Seitenzahl: 451

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Einführung

Teil I – Einführung und Grundlagen

Was ist Alter?

Medizin neu denken

Wie wir altern

Die 12 Hallmarks of Ageing

Noch mehr Biochemie

Wie wir sterben

1. Herz-Kreislauf-Erkrankungen

2. Krebs

3. Atemwegsinfektionen

4. Demenz & Schlaganfall

5. Unfälle

Fazit: Wie wir sterben

Exkurs: Wie bestimmend sind unsere Gene?

Wie wir nicht sterben

Alter messen – aber richtig

Wissenschaftliche Evidenz

Teil II – Lifestyle

Körpergewicht

Ernährung

Wie viele Kalorien nehme ich zu mir?

Welche Kalorien nehme ich zu mir?

(Nicht nur) für Nerds: Die kontinuierliche Glukose-Messung

Ernährung im Detail

Die Mediterrane Diät

Low-Carb-Diät

Low-Carb / High-Protein-Diät

Die Ketogene Diät (Low-Carb, High-Fat)

High-Carb Diät

Die Trink-Diät

Die Anti-oxidative Diät

Diät-Fazit

Weitere Ernährungs-Facts

Olivenöl

Walnüsse

Knoblauch

Süßigkeiten sind gut!

Zucker / Zuckerzusatz

Food Environment

Meal Sequencing

Das Mikrobiom

Die Darm-Hirn-Achse

Die Darm-Muskel-Achse

Ballaststoffe pflegen das Mikrobiom

Polyphenole pflegen das Mikrobiom

Probiotika pflegen das Mikrobiom?

Mikrobiom-Analyse

Schlusswort Ernährung

Fitness & Kraft

Für alle: Blutdruckmessung

Für Nerds: Die Spirometrie

Nicht mal für Nerds: EKG

Gebrechlichkeit

Körperliche Gebrechlichkeit

Körperliche Gebrechlichkeit erfassen

Kraftkur gegen Sarkopenie

Soziale Gebrechlichkeit

Schlaf

Schlaf optimieren

Schlaf messen

Kognitives Training

Meditation

Rauchen

Cannabis

Alkohol

Teil III Exogene Moleküle

Bioverfügbarkeit: Warum sie entscheidend ist

Longevity-Infusionen

Vitamine

Vitamin A

Vitamin B-Gruppe

Vitamin B3 (Nicotinamid)

Vitamin C

Vitamin D

Vitamin E

Vitamin K

Mineralien und Spurenelemente

Magnesium

Natrium

Calcium

Eisen

Lithium

Jod

Molybdän

Zink

Selen

Vitamine & Mineralien – eine Kritik

Allgemein (Poly-)Phenole

Anthocyanin

Apigenin

Curcumin

Epigallocatechingallat (EGCG)

Fisetin

Ferulasäure

Luteolin

Oleuropein

Quercetin

Resveratrol

Tyrosol/Hydroxytyrosol

Sonstige exogene Moleküle

NAD+

Nicotinamid-Ribosid (NR)

NMN

NMNH

NADH

CoEnzym Q10

Urolithin A

Grüner Kaffee Extrakt

Coffein/Kaffee

Grüner Tee

Knoblauch-Extrakt

Spermidin

Astaxanthin

alphaKetoglutarat

Arginin

Carnithin

Hydroxymethylbutyrat

Leucin

Glutathion

Ashwangandha

Berberin

Betain

Kreatin

Bromelain

Glycin

NAC/ACC

Fettsäuren

Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA)

Alphaliponsäure (ALA)

Omega-6-Fettsäuren

Medikamente

Melatonin

Acarbose

Rapamycin

Metformin

Statine

Aspirin

Dasatinib

Captopril

GLP-1-Agonisten

Atracurium

Teil IV Sonstiges & Vorsorge

Hyperbare Sauerstofftherapie

Ozontherapie

Rotlichttherapie

Kryotherapie

Sauna

Blutspenden und Co

Blutspenden

Plasmaspende

Therapeutischer Plasma-Austausch

Plasmapherese

Plasma-Übertragung

Medizinische Vorsorge

Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen

Liquid Biopsy

Laborwerte

Teil IV Longevity Konkret

Ihre Longevity-Therapie

Welche Longevity Therapie ist für mich die richtige?

Motivation

Longevity konkret angehen

Sport

(

Labor-)Werte / Tests

Ernährung

Lifestyle

Vorsorge

Schlaf

Nahrungsergänzung

Therapien

Medikamente

Wie viele Jahre können wir herausholen?

Direkte Studiendaten

Indirekte Studiendaten

Schlusswort

Anhang

Einführung

Wie alt wollen Sie werden? 60 oder 70? Dann legen Sie dieses Buch besser beiseite – das passiert meist ganz von allein. Aber wenn Sie auf die 80 zusteuern, werden Sie hier bereits wertvolle Informationen finden. Und wenn Sie 90 oder gar 100 Jahre alt werden möchten – vital, klar im Kopf und voller Lebensfreude –, dann wird dieses Buch Ihr Wegweiser sein. Ich freue mich darauf, Ihnen die besten Tipps, Tools und Longevity-Hacks an die Hand zu geben, damit Sie Ihr Ziel nicht nur erreichen, sondern dabei auch in Bestform bleiben. Und Sie werden sehen: Ein durchaus realistisches Ziel ist die Halbierung Ihrer Sterblichkeit und das Gewinnen von mindestens 10 Jahren mehr Lebenszeit!

Warum dieses Buch? Ganz einfach: Ich habe nicht vor, früh den Löffel abzugeben. Mein Vater starb mit 68, sein Vater ebenfalls. Diese „Tradition“ möchte ich durchbrechen. Mein persönliches Ziel ist die vitale 90 – und dann sehen wir weiter.

Als ich begann, mich intensiv mit Longevity zu beschäftigen, erkannte ich schnell, dass dieser Markt von zwei Dingen getrieben wird: Geld und Hoffnung. Überall gibt es teure Longevity-Programme, exklusive Kliniken und vermeintlich bahnbrechende Nahrungsergänzungsmittel. Wissenschaftlich fundierte Informationen? Oft Fehlanzeige. Stattdessen moderne Webseiten voller strahlender „Super-Senioren“, die den Traum vom ewigen Jungsein verkaufen.

Das war mir zu wenig. Ich wollte klare, fundierte, evidenzbasierte Antworten. Was wirkt wirklich? Was ist Hype? Und was kann jeder tun, um seinen Körper und Geist so lange wie möglich in Bestform zu halten?

Die Essenz meiner Recherche finden Sie in diesem Buch.

Teil 1

: Die Grundlagen des Alterns – Was passiert in unserem Körper? Welche biologischen Prozesse sind entscheidend?

Teil 2

: Der Lifestyle – Die Basis jeder erfolgreichen Longevity-Strategie. Hier geht es um Ernährung, Bewegung, Schlaf, mentale Gesundheit und viele weitere Faktoren, die den Alterungsprozess beeinflussen.

Teil 3

: Nahrungsergänzungsmittel & Medikamente: Welche Stoffe haben tatsächlich einen Longevity-Effekt? Und welche sind reine Geldverschwendung? Lesen Sie diesen Teil von Vorne bis Hinten oder nutzen Sie ihn immer wieder, um einzelne Substanzen nachzuschlagen.

Teil 4

: Therapien & Technologien – Von Fasten über Kälte- und Wärmetherapien bis hin zu neuen medizinischen Ansätzen. Hier trenne ich Fakten von Fantasie.

Teil 5

: Ihr persönlicher Longevity-Plan – Eine praktische Anleitung, wie Sie all das Wissen aus diesem Buch in Ihr Leben integrieren und eine maßgeschneiderte Strategie entwickeln können und wie Sie abschätzen, welchen Effekt die Longevity Therapie auf Ihre Lebenserwartung hat.

Mein Ziel ist, dass dieses Buch Ihr Begleiter auf dem Weg zu einem langen, gesunden und erfüllten Leben wird. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Reise in die Welt der Longevity – und viele, viele Jahre voller Vitalität und Freude!

Los geht’s!

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen,

Ihr Dr. med. Daniel Schmitz-Buchholz

Anmerkung: Im Text finden Sie Hinweise auf die verwendete Literatur mit Namen des Autors und Erscheinungsjahr. Da ich mehr 900 Artikel einbezogen habe, wäre das Literaturverzeichnis mehr als 100 Seiten umfassend. Darauf habe ich aus Kostengründen verzichtet. Sie finden das Literaturverzeichnis auf der Webseite zum Buch: www.longevity-konkret.de.

Teil I – Einführung und Grundlagen

Was ist Alter?

Altern. Ein Wort, das uns oft mit gemischten Gefühlen begegnet. Es erzählt von der Weisheit des Lebens, aber auch von der Vergänglichkeit. Es verspricht Geschichten, Erfolge, Erinnerungen – und es konfrontiert uns gleichzeitig mit dem Unerbittlichen: der Zeit, die immer weiterläuft. Doch was wäre, wenn wir erfahren könnten, dass Altern nicht nur Schicksal ist? Dass es kein unveränderliches Uhrwerk gibt, das uns Jahr für Jahr ein Stück Energie, Gesundheit und Vitalität raubt?

Was wäre, wenn wir die Kontrolle über das Altern zurückgewinnen könnten?

Von jeher hat sich der Mensch gefragt, warum wir altern – und ob wir etwas dagegen tun können. Schon im antiken China wurde vom „Elixier des Lebens“ gesprochen, während die spanischen Konquistadoren den sagenhaften Jungbrunnen suchten. Heute wissen wir: Es gibt keinen magischen Trank, aber es gibt Wissenschaft. Und diese zeigt uns immer klarer, dass Altern nicht ausschließlich eine Frage der Zeit ist.

Studien belegen, dass Teile unseres Alterns genetisch vorbestimmt sind. Der Rest liegt in unseren Händen. Klingt unglaublich? Ist es aber nicht. Altern ist ein dynamischer Prozess, der von unserer Umwelt, unserem Lebensstil und unseren täglichen Entscheidungen geformt wird. Ob wir altern wie eine schwach flackernde Kerze oder wie ein robustes Feuer, das langsam abbrennt, hängt vor allem von uns selbst ab.

Natürlich haben unsere Gene eine gewisse Macht. Sie bestimmen, wie widerstandsfähig unser Körper gegen Krankheiten ist, wie effizient unsere Zellen Energie erzeugen, wie schnell sie sich regenerieren oder auch, wie anfällig wir für Entzündungen sind – ein Haupttreiber des Alterns. Manche Menschen scheinen dabei einen natürlichen „Gen-Jackpot“ zu haben: Forscher haben festgestellt, dass das FOXO3A-Gen, eine Genmutation, bei vielen Hundertjährigen vorkommt und ihren Körpern hilft, länger gesund zu bleiben.

Aber selbst die besten Gene sind kein Freibrief. Was nützt ein langlebiges Erbe, wenn man es durch einen schlechten Lebensstil sabotiert? Gleichzeitig sind weniger ideale Gene kein Todesurteil: Unsere Lebensweise kann die meisten genetischen Schwächen ausgleichen – und genau das macht die Wissenschaft des Alterns so faszinierend.

Hier beginnt der spannende Teil: Die überwältigende Mehrheit dessen, wie wir altern, liegt in unseren Händen. Unsere Ernährung, Bewegung, Schlafqualität, Stressbewältigung und sogar unsere soziale Verbundenheit haben enorme Auswirkungen darauf, wie schnell unsere biologische Uhr tickt. Die Frage ist nicht nur: „Wie alt wirst du?“, sondern vielmehr: „Wie alt willst du werden?“

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Macht des Lebensstils sind die sogenannten Blue Zones. Das sind Regionen der Welt, in denen Menschen besonders alt werden – und zwar gesund und aktiv. In Okinawa (Japan), Sardinien (Italien) oder Ikaria (Griechenland) ist Altern kein schleichender Verfall, sondern ein natürlicher Teil eines erfüllten Lebens. Ihre Geheimnisse? Eine pflanzenbasierte Ernährung, tägliche Bewegung, enge soziale Netzwerke und eine Lebensweise, die Stress minimiert. Was diese Menschen beweisen, ist einfach: Altern muss nicht bedeuten, zu zerfallen.

Altern ist kein Zufall. Es ist ein biologisches Programm, das auf Zellebene abläuft. Unsere Zellen sind ständig damit beschäftigt, Schäden zu reparieren, sich zu erneuern und uns am Leben zu halten. Doch mit der Zeit nimmt diese Fähigkeit ab. Freie Radikale, Entzündungen, DNA-Schäden und der Verlust von zellulärer Energie summieren sich – und das zeigt sich als graue Haare, Falten oder Krankheiten.

Die moderne Longevity-Forschung hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Prozess zu verstehen und zu entschlüsseln. Wissenschaftler suchen nach Wegen, wie wir den biologischen Verfall verlangsamen können – sei es durch Nahrungsergänzungsmittel, die Zellen schützen, oder durch Lebensstiländerungen, die den Körper regenerieren. Und es gibt erste Erfolge: Studien zeigen, dass wir mit kleinen, aber konsequenten Veränderungen unser biologisches Alter – das Alter unserer Zellen – um Jahre senken können.

Die Vorstellung, dass wir das Altern beeinflussen können, ist ein Paradigmenwechsel. Es befreit uns von der Vorstellung, dass wir der Zeit hilflos ausgeliefert sind. Stattdessen erinnert es uns daran, wie viel Macht in unseren Entscheidungen liegt. Jeder Spaziergang, jedes gesunde Essen, jede Stunde erholsamer Schlaf ist wie eine Investition in unsere Zukunft.

Natürlich werden wir alle älter, aber Altern muss nicht bedeuten, krank zu werden. Es muss nicht bedeuten, Energie, Mobilität oder Lebensfreude zu verlieren. Der Schlüssel liegt darin, aktiv zu bleiben – körperlich, geistig und emotional.

Dieses Buch ist Ihre Einladung, mehr darüber zu erfahren, wie Sie das Altern verstehen und selbst gestalten können. Es wird Ihnen nicht nur zeigen, was hinter den Kulissen Ihrer Zellen passiert, sondern auch, wie Sie die Wissenschaft der Langlebigkeit nutzen können, um ein erfülltes Leben zu führen – egal, wie viele Geburtstage Sie bereits gefeiert haben.

Die Reise beginnt hier. Machen Sie sich bereit, das Altern aus einer völlig neuen Perspektive zu betrachten – nicht als unausweichliches Schicksal, sondern als Abenteuer, das wir selbst mitgestalten können.

Fazit

Altern ist weder ein unbesiegbarer Gegner noch eine reine Laune der Natur. Es ist ein Prozess, den wir entschlüsseln und lenken können – nicht vollständig, aber in einem Maße, das unser Leben drastisch verändern kann.

Bereit, das Beste aus Ihren Möglichkeiten herauszuholen? Dann lassen Sie uns loslegen.

Medizin neu denken

Traditionell verstehen wir Medizin als die Kunst und Wissenschaft, Krankheiten zu erkennen und zu behandeln. Diese Definition hat über Jahrhunderte unsere Sichtweise auf Gesundheit geprägt: Wir suchen medizinische Hilfe, wenn wir Symptome spüren, wenn unser Körper uns signalisiert, dass etwas nicht stimmt. Doch in einer Welt, in der die Lebenserwartung steigt und altersbedingte Erkrankungen immer mehr in den Fokus rücken, verändert sich dieses Verständnis grundlegend.

Die moderne Medizin geht heute einen Schritt weiter – und beginnt, bevor Krankheiten überhaupt entstehen. Es geht darum, nicht nur Krankheiten zu bekämpfen, sondern auch altersbedingte Veränderungen zu erkennen, zu verstehen und zu behandeln, lange bevor sie zu ernsthaften Problemen werden. Dies ist der Kern der Longevity-Medizin: eine präventive, proaktive und personalisierte Herangehensweise, die darauf abzielt, den Alterungsprozess selbst zu verlangsamen und die Gesundheit bis ins hohe Alter zu erhalten.

Der Alterungsprozess ist subtil. Im Laufe der Jahre beginnen sich Veränderungen in unserem Körper anzusammeln – oft unbemerkt. Unsere Zellen verlieren nach und nach ihre Regenerationsfähigkeit, unser Stoffwechsel wird langsamer, die Funktion unserer Organe nimmt ab, und Entzündungen schleichen sich ein. Diese altersbedingten Veränderungen sind keine Krankheiten im klassischen Sinne, aber sie schaffen die Voraussetzungen für viele der häufigsten gesundheitlichen Probleme im späteren Leben: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Demenz, Krebs und vieles mehr.

Die Longevity-Medizin setzt genau hier an. Statt darauf zu warten, dass sich diese Veränderungen zu einer diagnostizierbaren Krankheit entwickeln, zielt sie darauf ab, die zugrunde liegenden Prozesse frühzeitig zu erkennen und zu therapieren. Es ist eine Revolution in der Denkweise – eine, die uns nicht länger reaktiv auf Symptome reagieren lässt, sondern uns proaktiv auf die Ursachen von Alter und Krankheit konzentriert.

Der Fokus der Longevity-Medizin liegt auf Prävention. Sie fragt: Welche Prozesse im Körper treiben das Altern an, und wie können wir sie beeinflussen? Altersbedingte Veränderungen wie DNA-Schäden, oxidative Belastung, chronische Entzündungen oder der Verlust von Zellfunktionen können heute mithilfe moderner Technologien und wissenschaftlicher Erkenntnisse frühzeitig erkannt werden.

Dank Fortschritten in der Diagnostik, wie genetischen Analysen, Biomarker-Messungen und bildgebenden Verfahren, ist es heute möglich, die ersten Anzeichen von biologischem Altern zu entdecken und zu behandeln, bevor sie Symptome hervorrufen.

In der modernen Longevity-Forschung geht es außerdem nicht mehr nur darum, das Leben zu verlängern, sondern vor allem, die Qualität dieser Jahre zu maximieren. Die Frage ist nicht mehr nur: „Wie lange können wir leben?“, sondern: Wie können wir länger gesund, vital und aktiv bleiben? Um diese Frage zu beantworten, hat die Wissenschaft den Alterungsprozess auf seine grundlegenden biologischen Mechanismen heruntergebrochen – Mechanismen, die als "Hallmarks of Aging" bekannt sind.

Diese zwölf Hallmarks of Aging (früher neun, inzwischen erweitert durch weitere Erkenntnisse) definieren die zentralen Prozesse, die das Altern antreiben. Sie geben uns nicht nur ein tieferes Verständnis davon, wie Altern funktioniert, sondern eröffnen auch Möglichkeiten, gezielt einzugreifen und den Alterungsprozess zu verlangsamen. Damit bilden sie die Brücke zwischen der wissenschaftlichen Theorie und den praktischen Anwendungen der Longevity-Medizin.

Wie wir altern

Altern ist ein komplexer biologischer Prozess, der durch eine Vielzahl molekularer und zellulärer Veränderungen gekennzeichnet ist. Wissenschaftler haben zwölf zentrale Mechanismen identifiziert, die maßgeblich zum Alterungsprozess beitragen und als Hallmarks of Aging bezeichnet werden. Diese Mechanismen bestimmen nicht nur, wie unser Körper altert, sondern sind auch die treibende Kraft hinter vielen altersbedingten Krankheiten. Die Hallmarks lassen sich in drei Kategorien einteilen: primäre Ursachen des Alterns, antagonistische Reaktionen auf Zellstress und integrative Prozesse, die zur Funktionsstörung führen.

Während junge Körper diese Schäden noch effizient reparieren, wird diese Fähigkeit mit der Zeit immer schwächer. Der Körper verliert die Kontrolle über seine Zellen, die sich entweder in den programmierten Tod verabschieden – oder unkontrolliert wachsen, wie es bei Krebs der Fall ist. Die Hallmarks of Aging sind also der unsichtbare Motor hinter den meisten tödlichen Krankheiten – und sie bestimmen, wann und wie wir sterben.

Die 12 Hallmarks of Ageing

1. Genomische Instabilität

Die DNA (Desoxyribonukleinsäure, englisch: Deoxyribonucleic Acid) ist das Molekül, das die genetische Information aller Lebewesen und vieler Viren enthält. Sie ist der Träger unserer Erbinformation und spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung biologischer Prozesse und der Vererbung von Eigenschaften. Als unser Genom bezeichnet man die Gesamtheit unserer genetischen Informationen, die in unseren Zellen in Form der Chromosomen vorliegen. Unser Genom bildet die Grundlage für Zellteilung, Funktion und Wachstum unseres Körpers.

Genomische Instabilität bezeichnet die erhöhte Anfälligkeit von Zellen für DNA-Schäden und Mutationen. Mutationen sind schadhafte Veränderungen der DNA. Diese Schäden können das Erbgut destabilisieren und sich im Laufe der Zeit anhäufen, was zu Fehlfunktionen in Zellen und Geweben führt. Denn wenn das Erbgut nicht mehr in seiner korrekten Form vorliegt, kann die Zellteilung oder die Herstellung für die Zellfunktion wichtiger Werkzeuge (Enzyme) gestört sein. Die genomische Instabilität ist eine der zentralen Ursachen des Alterns und steht auch mit der Entstehung vieler altersbedingter Krankheiten, insbesondere Krebs, in Verbindung.

Die Stabilität des Genoms kann durch chemische, physikalische und biologische Einflüsse von außen, aber auch durch innere Faktoren wie Fehler bei der Zellteilung, Defekte in der Chromosomenverteilung, oxidative Prozesse und spontane hydrolytische Reaktionen, gefährdet sein (Barbosa, 2019).

Die genetischen Schäden, die durch diese äußeren oder inneren Schadensquellen verursacht werden, sind vielfältig und würden an dieser Stelle zu weit führen. Für die Beurteilung aus einer Longevity-Perspektive müssen wir nur wissen, dass es im Rahmen des Alterungsprozesses zu Schäden an unserem Erbgut kommen kann.

Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass unsere Zellen eine komplexe Vielfalt an DNA-Reparatur- und Erhaltungsmechanismen entwickelt haben, um mit den Schäden an der nukleären und mitochondrialen DNA (mtDNA) umzugehen und eine angemessene genomische Stabilität sicherzustellen. Diese DNA-Reparaturnetzwerke verlieren mit zunehmendem Alter an Effizienz, was die Anhäufung genetischer Schäden und die Ansammlung geschädigter DNA in den Zellen verstärkt.

2. Telomerverkürzung

Telomere sind spezielle DNA-Abschnitte, die jeweils an den Enden der Chromosomen sitzen und dort eine Schutzfunktion erfüllen. Manchmal werden sie bildlich auch als Schutzkappen der Chromosomen bezeichnet. Telomere verhindern, dass die Chromosomen während der Zellteilung abgebaut oder miteinander verschmolzen werden.

Im Laufe der Zeit und aufgrund von Zellteilungen, oxidativem Stress und anderen Faktoren verlieren die Telomere an Länge (López-Otín, 2013). Wenn sie eine kritische Länge erreichen, kann sich die Zelle nicht mehr gesund weiterteilen, was zu Alterungsprozessen oder Apoptose (programmierter Zelltod) führt.

Die Telomerverkürzung wird mit verschiedenen Alterskrankheiten in Verbindung gebracht, darunter einige Formen von Krebs, Herzkrankheiten und andere altersbedingte Erkrankungen (Nogueira, 2020; Richardson, 2018). Kürzlich wurde ein Zusammenhang zwischen der Telomerlänge und der geistigen Leistungsfähigkeit von Personen über 60 Jahren festgestellt (Vyas, 2023).

Ansätze zur möglichen Verlangsamung oder sogar Umkehrung der Telomerverkürzung werden in der Forschung untersucht, da dies wichtige Auswirkungen auf die Alternsforschung und regenerative Medizin haben könnte. Sie werden einige Longevity-Therapien kennenlernen, die als potenzielle Kandidaten gelten, um der Telomerverkürzung entgegenzuwirken – zum Beispiel Lithium oder die hyperbare Sauerstofftherapie.

3. Epigenetische Veränderungen

Im Abschnitt über die genomische Stabilität haben wir bereits gehört, dass es zu schädlichen Veränderungen an der DNA kommen kann und dass dies ein Teil des Alterungsprozesses sein kann. Dabei ging es um direkte strukturelle Schäden an der Architektur der DNA, die zu Zellschäden führte. Neben diesen tiefgreifenden und ungewollten DNA-Schäden treten gewissermaßen “natürliche” Modifikationen der DNA auf, die eine Veränderung in der Funktion der DNA bewirken. Die wichtigste dieser natürlichen DNA-Modifikationen ist die DNA-Methylierung. Die DNA-Methylierung ist ein biochemischer Prozess, bei dem eine Methylgruppe (CH₃) an die DNA angeheftet wird, typischerweise an das Cytosin, eines der vier Hauptbausteine der DNA. Dieser Prozess spielt eine wichtige Rolle in der Genregulation und der Zellidentität. Man spricht hier also nicht von einem DNA-Schaden, sondern von einer DNA-Regulation. Innerhalb der Zelle wird darüber beispielsweise gesteuert, welche Informationen aus der DNA abgelesen werden (Transkription einzelner Gene) und welche nicht. So können Zellen beispielsweise bestimmte Enzyme herstellen, die sie benötigen oder ihr Wachstum regulieren. Die DNA-Methylierung gehört also zu einer normalen Zellfunktion dazu. Allerdings kann diese DNA-Methylierung auch abnormal ablaufen und so zu einer fehlerhaften Zellfunktion führen. Dies spielt beispielsweise bei der Entstehung von Krebs eine Rolle.

Für die Longevity ist die DNA-Methylierung von besonderer Relevanz, denn bestimmte Muster der DNA-Methylierung sind mit dem biologischen Alter einer Zelle oder eines Organismus assoziiert. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass sich die Methylierungsmuster im Laufe der Zeit ändern, was bedeutet, dass diese Veränderungen als Biomarker für das biologische Alter dienen können. Das hat zur Entwicklung verschiedener sog. epigenetischer Altersbestimmungsverfahren geführt. Diese “Alterungsuhren” basieren auf der Analyse von DNA-Methylierungsmustern und ermöglichen die Schätzung des biologischen Alters eines Individuums anhand spezifischer methylierter Cytosine in der DNA. Beispiele dafür sind die Horvaths Clock oder GrimAge.

Bestimmung des biologischen Alters - so geht’s

Wie beschrieben kann man durch eine Analyse des DNA-Methylierungsmusters das biologische Alter eines Lebewesens ermitteln. Das geht inzwischen bereits ganz einfach von zu Hause, indem eine Speichelprobe oder eine Blutprobe aus dem Finger genommen und in ein Labor geschickt wird. Nach wenigen Wochen erhält man dann per Post das Ergebnis zugeschickt. Nähere Details dazu im Abschnitt über das biologische Alter.

4. Verlust der Proteostase

Proteostase beschreibt den dynamischen Prozess, durch den Zellen die richtige Faltung, Stabilität und Funktion von Proteinen aufrechterhalten. Es handelt sich um ein Gleichgewichtssystem (das sogenannte Proteostasis Network), das sicherstellt, dass Proteine ordnungsgemäß synthetisiert, gefaltet, transportiert, modifiziert und abgebaut werden (Hipp, 2019).

Unter bestimmten Bedingungen, wie z. B. oxidativem Stress oder Temperaturerhöhung, kann das Gleichgewicht der Proteostase gestört werden (Korovila, 2017). Proteine können dadurch funktionslos werden oder aufgrund von Störungen beim Transport und Abbau in sperrigen Ansammlungen akkumulieren und die Zellfunktionen beeinträchtigen. Zellen reagieren darauf, indem sie Stressantworten aktivieren, um die Proteinqualität zu gewährleisten und die Stabilität des Proteinsystems wiederherzustellen.

Eine Beeinträchtigung der Proteostase tritt mit zunehmendem Alter auf und ist mit verschiedenen Krankheiten verbunden, einschließlich neurodegenerativer Erkrankungen (wie Alzheimer und Parkinson), Krebs und Stoffwechselstörungen.

5. Störung der Macroautophagie

Bereits im Rahmen der Proteostase haben wir kennengelernt, dass Zellen Dinge (in diesem Fall Proteine) auch wieder abbauen können. Das dafür verantwortliche System ist die Makroautophagie, die das wichtigste Reinigungssystem der Zelle darstellt. Sie ist jedoch nicht nur dafür verantwortlich, Proteine abzubauen, sondern kann dies auch mit anderen Objekten tun, zum Beispiel funktionslos gewordenen Zellorganellen, Krankheitserregern, DNA-Molekülen oder Glykogen.

Die Makroautophagie nimmt physiologischer Weise im Laufe des Lebens ab, und Zellen verlieren zunehmend ihre Fähigkeit, mit „Müll“ bzw. nicht mehr benötigten oder schädlichen Objekten umzugehen. Das wiederum führt zu Einschränkungen in der Zellfunktion und einer Vielzahl von kardiovaskulären, entzündlichen, neurodegenerativen, metabolischen und anderen Erkrankungen.

Umgekehrt ist die Autophagie, wie wir noch sehen werden, ein möglicher Ansatzpunkt für etliche Longevity-Therapien und kann die genannten negativen Folgen der Störung bekämpfen (Jung, 2020).

6. Deregulierte Nährstoffsensorik

Die Fähigkeit der Zelle, Nährstoffe zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren, ist eine fundamentale Funktion des zellulären Stoffwechsels. Diese Nährstoffsensorik hat sich evolutionär entwickelt, um die Zelle an sich ständig ändernde Umweltbedingungen anzupassen. Dabei spielen zwei zentrale Faktoren eine Rolle: das Vorhandensein von Nahrung und die Belastung durch Stressfaktoren wie Entzündungen.

Wenn ausreichend Nährstoffe vorhanden sind und kein Stress besteht, versetzt sich die Zelle in einen anabolen Zustand. In dieser Phase werden Wachstumsprozesse aktiviert, die Zellteilung gefördert und neue Zellbestandteile synthetisiert. Dies ist besonders in der Jugend von entscheidender Bedeutung, da der Körper in dieser Lebensphase Wachstum und Entwicklung priorisiert.

Verändert sich jedoch die Umgebung, beispielsweise durch einen Mangel an Nährstoffen oder das Auftreten von Stressfaktoren wie oxidativem Stress oder Entzündungen, schaltet die Zelle in einen defensiven Modus. Anstatt weiterhin in den Aufbau zu investieren, fokussiert sie sich auf Schutzmechanismen wie die Autophagie – einen Prozess, bei dem beschädigte oder nicht mehr benötigte Zellbestandteile abgebaut und recycelt werden. Dies hilft, zelluläre Schäden zu minimieren und die Überlebensfähigkeit der Zelle zu sichern.

Mit zunehmendem Alter verändern sich die Anforderungen an die Nährstoffsensorik. Während in der Jugend das Zellwachstum und der anabole Stoffwechsel von Vorteil sind, gewinnt im späteren Leben der defensive Modus zunehmend an Bedeutung. Studien zeigen, dass eine gesteigerte Autophagie und eine reduzierte Aktivierung anaboler Signalwege, wie beispielsweise des mTOR-Signalwegs (mechanistic Target of Rapamycin), das Altern verzögern und die Gesundheitsspanne verlängern können.

Ein Problem im Alterungsprozess ist jedoch, dass die Nährstoffsensorik zunehmend gestört wird (Yu Z., 2024). Zellen reagieren oft nicht mehr adäquat auf Nahrungsangebote oder Stressreize, was zu einer chronischen Aktivierung anaboler Signalwege führen kann – selbst dann, wenn diese nicht mehr förderlich sind. Dies begünstigt altersbedingte Erkrankungen wie Diabetes Typ 2, neurodegenerative Erkrankungen und Krebs. Gleichzeitig kann eine fehlerhafte Stressantwort dazu führen, dass schützende Mechanismen wie die Autophagie nicht mehr effektiv arbeiten, was die Anhäufung von Zellschäden verstärkt.

Therapeutische Ansätze zur Verbesserung der Nährstoffsensorik spielen daher eine entscheidende Rolle in der Longevity-Forschung. Kalorienrestriktion oder intermittierendes Fasten sind bekannte Strategien, die eine milde Stressreaktion hervorrufen und die Zelle dazu anregen, verstärkt in den Schutzmodus zu wechseln. Medikamente wie Metformin oder Rapamycin werden ebenfalls untersucht, da sie Signalwege wie AMPK aktivieren oder mTOR hemmen und somit positive Effekte auf die zelluläre Regulation haben könnten.

Zusammenfassend gilt, dass eine flexible und funktionierende Nährstoffsensorik essenziell für gesundes Altern ist. Während in der Jugend anabole Prozesse dominieren, wird im späteren Leben eine ausgewogene Balance zwischen Wachstum und Schutz entscheidend. Eine gestörte Nährstoffsensorik kann zu altersbedingten Krankheiten und einem beschleunigten Alterungsprozess führen. Daher rückt sie immer mehr in den Fokus der Longevity-Forschung als potenzieller Ansatzpunkt zur Förderung von Gesundheit und Langlebigkeit.

7. Mitochondriale Dysfunktion

Mitochondriale Dysfunktion ist ein zentraler Mechanismus, der mit dem Alterungsprozess in Verbindung gebracht wird. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle, die für die Produktion von Adenosintriphosphat (ATP), dem primären Energieträger der Zelle, verantwortlich sind. Mit zunehmendem Alter neigen Mitochondrien dazu, weniger effektiv ATP zu produzieren (Chocron, 2019). Dies kann zu einem Energiemangel in Zellen führen, was sich negativ auf die Zellfunktion und -leistung auswirkt, insbesondere in energieintensiven Geweben wie dem Herzmuskel und dem Gehirn.

Mitochondrien sind außerdem eine Hauptquelle für potenziell schädliche reaktive Sauerstoffspezies (ROS), die als Nebenprodukt der ATP-Produktion entstehen. Diese ROS werden üblicherweise durch Schutzmechanismen unschädlich gemacht.

Mit zunehmendem Alter kann die Fähigkeit der Zelle, ROS zu neutralisieren, abnehmen, was zu oxidativem Stress führt. Dieser Stress kann Zellschäden, Entzündungen und die Alterung von Zellen fördern und so Organe und Gewebe schädigen.

Mitochondriale Dysfunktion wird mit mehreren altersbedingten Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson, Immunstörungen, Krebs sowie metabolische Erkrankungen wie Diabetes und Herzkrankheiten (Whitehall, 2019; McGuire, 2019).

8. Zelluläre Seneszenz

Zelluläre Seneszenz bezeichnet einen Zustand, in dem Zellen ihre Fähigkeit zur Teilung dauerhaft verlieren, obwohl sie metabolisch aktiv bleiben. Sie sind sozusagen teilweise stillgelegt, meist weil sie geschädigt sind und der Körper eine unkontrollierte oder fehlerhafte Vermehrung dieser Zellen – etwa bei DNA-Schäden oder Telomerverkürzung – verhindern möchte (Vicencio, 2008).

Seneszente Zellen können jedoch auch entzündliche Prozesse auslösen und fördern, indem sie sogenannte seneszente sekretorische Phänotypen (SASP) freisetzen. Das sind entzündungsfördernde Moleküle, Wachstumsfaktoren und Proteasen. Sie sind also nicht nur passiv stillgelegt, sondern haben auch schädliche Auswirkungen auf ihre Umgebung (Coppé, 2010).

Die Sekretion von SASP ist dabei ursprünglich eigentlich „gut gemeint“: Diese lokale Entzündungsreaktion soll die Immunabwehr auf seneszente Zellen aufmerksam machen und diese im Idealfall abtöten. Allerdings kann das alternde Immunsystem dieser Aufgabe im Laufe der Zeit immer schlechter nachkommen. So sammeln sich in den Organen immer mehr seneszente Zellen an, die durch die Sekretion von SASP zu einer anhaltenden chronischen Entzündungsreaktion führen (Guan, 2020).

Faszinierend sind in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse eines Experiments, bei dem jungen Mäusen seneszente Zellen transplantiert wurden. Tatsächlich hatten diese transplantierten Zellen einen „alternden“ Effekt auf die Gewebe der jungen Tiere, bei denen plötzlich unerwartet viele weitere seneszente Zellen und Alterserscheinungen auftraten (Xu, 2018). Seneszente Zellen sind also offensichtlich nicht einfach nur alt, inaktiv und „sitzen ihre Rente ab“, sondern haben negative Effekte auf umgebende und sogar entfernte Gewebe!

Während die zelluläre Seneszenz eine wichtige Rolle, zum Beispiel bei der Tumorprävention, spielt, wird sie außerdem im Alter mit chronischen Entzündungen und degenerativen Erkrankungen wie Osteoarthritis, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs in Verbindung gebracht. In diesen Fällen werden immer mehr Zellen seneszent, wodurch die betroffenen Gewebe oder Organe nicht mehr korrekt funktionieren (McHugh, 2017).

Ansätze für die Longevity-Therapie sind das Entfernen der stillgelegten Zellen oder ein Rückgängigmachen der Stilllegung (Mylonas, 2022).

9. Erschöpfung von Stammzellen

Die Erschöpfung der Stammzellen ist eine zentrale „Hallmark of Aging“ und bezieht sich auf die allmähliche Abnahme der Fähigkeit von Stammzellen, sich zu teilen und funktionsfähige neue Zellen zu generieren. Stammzellen sind essenziell für die Geweberegeneration und -reparatur, da sie geschädigte oder alte Zellen ersetzen können (Post, 2019).

Mit zunehmendem Alter werden Stammzellen jedoch durch intrinsische Faktoren wie DNA-Schäden, Telomerverkürzung und epigenetische Veränderungen sowie durch extrinsische Faktoren wie chronische Entzündungen und einen dysregulierten Zellstoffwechsel beeinträchtigt (Ren R., 2017).

Dies führt zu einer reduzierten Regenerationsfähigkeit des Gewebes und trägt zu altersbedingten Erkrankungen wie Muskelschwund (Sarkopenie), Knochenabbau (Osteoporose) und einer eingeschränkten Funktion des Immunsystems (Immunoseneszenz) bei (Yamakawa, 2020).

Die Erhaltung der Stammzellfunktion wird daher als potenzieller Ansatz für Therapien zur Verzögerung des Alterns und zur Verbesserung der Gesundheit im Alter erforscht.

10. Veränderte Zellkommunikation

Die veränderte Zellkommunikation beschreibt die zunehmenden Störungen in den Signalwegen und der Interaktion zwischen Zellen im Alterungsprozess.

Mit zunehmendem Alter wird die zelluläre Kommunikation häufig durch Faktoren wie chronische Entzündungen, den Verlust von Homöostase-Signalen und die Fehlregulation hormoneller und neuronaler Netzwerke beeinträchtigt.

Seneszente Zellen tragen durch die Freisetzung proinflammatorischer Moleküle (SASP) zu einer entzündlichen Umgebung bei, die benachbarte Zellen schädigen und Gewebefunktionen stören kann.

Darüber hinaus können Veränderungen in Wachstumsfaktoren, Immunantworten und interzellulären Verbindungen die Regenerationsfähigkeit und den Schutz vor Krankheiten verringern.

Diese dysfunktionale Kommunikation führt zu einer Verschlechterung der Gewebefunktion und fördert altersbedingte Erkrankungen wie Neurodegeneration, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.

Strategien zur Wiederherstellung einer gesunden Zellkommunikation sind vielversprechende Ansätze, um den Alterungsprozess zu verlangsamen und altersbedingte Schäden zu mindern.

11. Chronische Entzündungen (Inflammaging)

Inflammaging ist ein Begriff, der die chronische, niedriggradige Entzündungsreaktion beschreibt, die mit dem Alterungsprozess einhergeht (Franceschi, 2018). Dieses Phänomen entsteht durch eine Akkumulation von Entzündungsfaktoren im Gewebe und wird durch Faktoren wie die Persistenz seneszenter Zellen, Umweltgifte, ungesunde Ernährung, Schlafmangel, eine gestörte Autophagie sowie Veränderungen des Mikrobioms verstärkt (Franceschi, 2000).

Anders als akute Entzündungen, die eine schützende Rolle bei Infektionen oder Verletzungen spielen, ist Inflammaging ein langfristiger, subklinischer Zustand, der die Gewebefunktion schädigt und altersbedingte Erkrankungen wie Arteriosklerose, Diabetes Typ 2, neurodegenerative Erkrankungen und Krebs fördert.

Die Bekämpfung von Inflammaging durch entzündungshemmende Strategien, Lebensstiländerungen oder pharmakologische Interventionen wird als vielversprechender Ansatz gesehen, um das gesunde Altern zu fördern und die Lebensqualität im Alter zu verbessern.

Durch einfache Messungen von Entzündungswerten (CRP, IL-6) im Blut ist eine Beurteilung des Entzündungszustandes als Verlaufsparameter einer Longevity-Therapie möglich.

12. Dysfunktion des Mikrobioms

Die Dysfunktion des Mikrobioms beschreibt die altersbedingten Veränderungen in der Zusammensetzung und Funktion der mikrobiellen Gemeinschaften, die im Körper, insbesondere im Darm, leben. Mit zunehmendem Alter nimmt die Diversität des Mikrobioms ab, und es kommt zu einem Ungleichgewicht (Dysbiose), das von einer Zunahme schädlicher Mikroben und einer Abnahme nützlicher Bakterien geprägt ist.

Dieses Ungleichgewicht kann die Barrierefunktion des Darms beeinträchtigen, was zu einer erhöhten Durchlässigkeit („Leaky Gut“) und einer systemischen Entzündungsreaktion beiträgt, da entzündlich wirkende Nahrungs- oder Bakterienbestandteile in die Blutbahn gelangen.

Außerdem beeinflusst die gestörte Mikrobiom-Zusammensetzung den Stoffwechsel, das Immunsystem und sogar die Gehirngesundheit. Die Dysfunktion des Mikrobioms wird mit altersbedingten Erkrankungen wie chronischen Entzündungen, neurodegenerativen Erkrankungen und metabolischen Störungen in Verbindung gebracht.

Ansätze zur Erhaltung eines gesunden Mikrobioms, etwa durch Ernährung, Probiotika oder Präbiotika, könnten dazu beitragen, den Alterungsprozess positiv zu beeinflussen und altersbedingte Krankheiten zu verhindern.

Noch mehr Biochemie

Für das Verständnis der in diesem Buch behandelten Longevity-Maßnahmen sollten Sie neben den genannten Hallmarks of Aging noch ein paar weitere Dinge wissen:

mTOR

mTOR (mechanistic Target of Rapamycin) ist ein wichtiges Protein, das in unseren Zellen als eine Art „Schalter“ arbeitet und eng mit der Nährstoffsensorik verbunden ist. Es entscheidet, ob die Zelle wachsen und sich teilen soll oder ob sie Energie sparen und sich auf Reparaturprozesse konzentrieren muss.

mTOR reagiert auf Signale wie die Menge an Nährstoffen, Energie und Wachstumshormonen im Körper. Wenn die Bedingungen gut sind, schaltet mTOR auf „Wachstum“, wenn nicht, auf „Energiesparen und Reparatur“.

Es gibt zwei Hauptvarianten von mTOR: mTORC1 und mTORC2 (Reiling, 2006).

mTORC1 ist für das Zellwachstum zuständig. Es startet die Produktion von Proteinen und Lipiden (Fetten), die die Zelle benötigt, um größer zu werden und sich zu teilen. mTORC1 wird durch AMPK gehemmt.

mTORC2 ist mehr an der Organisation der Zellstruktur und am Stoffwechsel beteiligt.

Wenn der Körper genug Nährstoffe wie Glukose und Aminosäuren hat, wird mTOR aktiviert, und die Zelle wächst. Bei Nährstoffmangel oder Stress wird mTOR jedoch gehemmt. In diesem Zustand passiert nicht einfach nur „nichts“, sondern die Zelle aktiviert Reparaturprozesse, zum Beispiel die Autophagie. Dabei werden alte oder beschädigte Zellbestandteile abgebaut und wiederverwendet. Dieser Prozess ist extrem wichtig, um Zellen und Gewebe funktionstüchtig zu halten und Alterung zu vermeiden.

mTOR ist also eng mit dem Alterungsprozess verbunden. Wenn es dauerhaft aktiv ist – etwa durch eine ständige Überversorgung mit Nahrung – kann es die Zellreparatur behindern. Dies führt dazu, dass sich Schäden in den Zellen ansammeln, was Krankheiten wie Krebs, Diabetes und Herzprobleme fördern kann. Außerdem wird angenommen, dass eine ständige Aktivierung von mTOR die natürliche Lebensspanne verkürzen kann, da die Zellen zu wenig Zeit mit Reparatur und Regeneration verbringen.

Die gute Nachricht ist, dass wir mTOR beeinflussen können. Eine Möglichkeit ist Kalorienrestriktion oder Fasten, bei denen weniger Nährstoffe verfügbar sind und mTOR heruntergefahren wird. Wir gehen darauf im Kapitel zur Ernährung noch genauer ein.

mTOR ist ein Schlüsselspieler im Körper, der zwischen Wachstum und Reparatur balanciert. Dieses Gleichgewicht ist entscheidend für die Gesundheit. Wenn mTOR zu oft auf „Wachstum“ gestellt ist, kann das langfristig schädlich sein und zu Alterserscheinungen führen. Indem man mTOR bewusst reguliert, kann man nicht nur gesünder, sondern möglicherweise auch länger leben. Das macht mTOR zu einem spannenden Thema in der Longevity-Forschung, und wir werden im Laufe dieses Buches immer wieder auf mTOR zurückkommen.

AMPK

AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase) ist ein Enzym, das eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel der Zellen spielt. Es steht thematisch also eng in Verbindung mit mTOR.

AMPK fungiert als eine Art „Energiesensor“, der den Energiezustand der Zelle überwacht. Seine Hauptaufgabe besteht darin, bei Energiemangel sicherzustellen, dass die Zelle ihre Energie effizient nutzt und ihre Energiespeicher wieder auffüllt.

AMPK wird aktiviert, wenn der Energiezustand der Zelle abfällt, also beispielsweise bei fehlender Nahrung. Dies geschieht, wenn der ATP-Spiegel (Adenosintriphosphat), der wichtigste Energieträger der Zelle, sinkt und die Konzentration von AMP (Adenosinmonophosphat) oder ADP (Adenosindiphosphat) ansteigt. Ein Ungleichgewicht zwischen ATP und AMP/ADP signalisiert der Zelle, dass mehr Energie benötigt wird. AMPK reagiert darauf, indem es energieverbrauchende Prozesse herunterreguliert und energieproduzierende Prozesse ankurbelt. Ein Beispiel ist die Hemmung der Fettsäuresynthese, da diese viel Energie verbraucht, sowie die gleichzeitige Förderung der Fettsäureverbrennung, bei der Energie gewonnen wird. Dadurch stellt AMPK sicher, dass die Zelle ihre Ressourcen sinnvoll nutzt.

AMPK hat außerdem mehrere zentrale Funktionen für die Longevity-Therapie:

Es aktiviert die Autophagie, einen Prozess, bei dem beschädigte Zellbestandteile recycelt werden. Dies unterstützt die Zellgesundheit und steigert die Effizienz der Energieproduktion.

Es fördert die Funktion und Bildung von Mitochondrien, den „Kraftwerken“ der Zelle, die für die Produktion von Energie zuständig sind.

AMPK wird durch verschiedene Faktoren und Reize aktiviert.

Physische Aktivität wie Sport ist ein starker Auslöser, da Muskeln während des Trainings mehr Energie verbrauchen.

Kalorienrestriktion oder Fasten stimulieren AMPK, da weniger Energie aus der Nahrung zur Verfügung steht.

Bestimmte Substanzen wie das Diabetesmedikament Metformin oder der pflanzliche Stoff Resveratrol (in Trauben und Rotwein) aktivieren AMPK.

Oxidativer Stress

Der Begriff des oxidativen Stresses wird Ihnen im Laufe dieses Buches immer wieder begegnen, daher möchte ich auf die zentrale Rolle dieses Faktors für die Zellalterung kurz eingehen.

Oxidativer Stress beschreibt ein Ungleichgewicht zwischen der Produktion freier Radikale und der Fähigkeit des Körpers, diese durch Antioxidantien zu neutralisieren. Freie Radikale sind hochreaktive Moleküle, die als Nebenprodukte des Zellstoffwechsels entstehen, insbesondere in den Mitochondrien während der Energieproduktion. Sie spielen eine wichtige Rolle bei verschiedenen biologischen Prozessen, wie der Immunabwehr gegen Krankheitserreger.

In übermäßigen Mengen können sie jedoch Zellschäden verursachen, da sie Proteine, Lipide und sogar die DNA angreifen (Korovila, 2017).

Die Hauptursachen für oxidativen Stress sind vielfältig:

Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung, Zigarettenrauch, UV-Strahlung und Pestizide tragen dazu bei, dass vermehrt freie Radikale gebildet werden. Eine unausgewogene Ernährung mit viel Zucker, verarbeiteten Lebensmitteln und ungesunden Fetten fördert ebenfalls oxidativen Stress. Zudem können chronischer psychischer Stress, übermäßiger Alkoholkonsum und intensive körperliche Belastung die Balance zwischen freien Radikalen und Antioxidantien stören.

Auch bestimmte Erkrankungen wie Diabetes, neurodegenerative Krankheiten (z. B. Alzheimer und Parkinson) sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mit erhöhtem oxidativem Stress verbunden. Langfristig kann oxidativer Stress erhebliche gesundheitliche Folgen haben. Er beschleunigt den Alterungsprozess, indem er die Zellfunktion beeinträchtigt und Entzündungsprozesse im Körper fördert. Besonders schädlich ist er für die Mitochondrien, da sie durch freie Radikale beschädigt werden und ihre Funktion verlieren können. Dies kann zu chronischer Müdigkeit, neurodegenerativen Prozessen und einem erhöhten Risiko für Krebs führen, da oxidative Schäden an der DNA Mutationen begünstigen können.

Der Körper verfügt jedoch über ein ausgeklügeltes Abwehrsystem gegen oxidativen Stress. Ein zentraler Bestandteil dieses Schutzsystems ist Glutathion, eines der wichtigsten körpereigenen Antioxidantien.

Glutathion wird in der Leber produziert und ist entscheidend für die Entgiftung und den Schutz der Zellen vor oxidativen Schäden. Es wirkt, indem es freie Radikale neutralisiert und dabei in seine oxidierte Form umgewandelt wird. Durch Enzyme wie die Glutathion-Reduktase kann es jedoch wieder in seine aktive Form regeneriert werden, sodass es kontinuierlich als Schutzfaktor zur Verfügung steht. Ein Mangel an Glutathion wird mit einer Vielzahl von Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter neurodegenerative Erkrankungen, Herzkrankheiten und chronische Entzündungen.

Zusammenfassend gilt, dass oxidativer Stress ein bedeutender Faktor für Alterungsprozesse und zahlreiche Erkrankungen ist. Während er in kontrollierten Mengen Teil normaler biologischer Prozesse ist, kann eine chronische Überlastung der antioxidativen Abwehrsysteme zu weitreichenden gesundheitlichen Problemen führen.

Durch eine bewusste Lebensweise, die den Körper mit ausreichend Antioxidantien versorgt und die natürliche Produktion von Glutathion unterstützt, kann das Risiko für oxidativen Stress und seine negativen Auswirkungen erheblich reduziert werden.

Sirtuine

Sirtuine sind spezielle Proteine im Körper, die viele wichtige Aufgaben erfüllen. Sie helfen den Zellen, gesund zu bleiben, indem sie sich um Reparaturen kümmern und Energie sparen, wenn es nötig ist. Man könnte sagen, sie sind wie Hausmeister der Zellen, die aufräumen und dafür sorgen, dass alles reibungslos läuft. Sirtuine können der Zelle signalisieren, ob sie wachsen, sich reparieren oder Energie sparen soll.

Sie reagieren auf ein Molekül namens NAD+, das in jeder Zelle vorhanden ist und mit der Energiegewinnung zu tun hat. Wenn es genug NAD+ gibt, können die Sirtuine optimal arbeiten (Bosch-Presegué, 2014). Sie helfen dann, Schäden an der DNA zu reparieren, Zellmüll zu entsorgen und die Mitochondrien, die kleinen „Kraftwerke“ der Zelle, gesund zu halten (Lee I. H., 2019).

Mit zunehmendem Alter nimmt die Menge an NAD⁺ im Körper ab, und die Sirtuine können nicht mehr so gut arbeiten. Auch die Menge der Sirtuine nimmt ab (Pradhan, 2017) und kann in Zukunft eventuell sogar als frühes Anzeichen von Erkrankungen wie z. B. Alzheimer-Demenz gewertet werden (Kumar R., 2013). Das bedeutet, dass die Zellen weniger repariert werden und sich schneller abnutzen.

Das trägt dazu bei, dass wir altern und anfälliger für Krankheiten werden. Die Aktivität von Sirtuinen kann durch verschiedene Lebensstilfaktoren gesteigert werden: Kalorienrestriktion, Fasten und regelmäßige körperliche Aktivität sind bekannte Stimulatoren, da sie den NAD+-Spiegel erhöhen. Auch bestimmte Substanzen wie Resveratrol (ein Polyphenol aus Rotwein) sowie NAD+-Vorstufen wie Nicotinamid-Ribosid (NR) oder Nicotinamid-Mononukleotid (NMN) sowie Fisetin werden als mögliche Aktivatoren erforscht. Diese Verbindungen könnten dazu beitragen, die natürlichen Funktionen der Sirtuine zu unterstützen und altersbedingte Prozesse zu verlangsamen.

FOXO

Eins vorweg: FOXO spielt für das Verständnis der Longevity-Therapie nur eine untergeordnete Rolle. Ich habe es aus Gründen der Vollständigkeit mit aufgenommen, da es für einige Therapien von Bedeutung ist.

Forkhead Box O (FOXO) ist eine Familie von Transkriptionsfaktoren. Transkriptionsfaktoren sind Proteine, die die Genexpression regulieren, indem sie sich an spezifische DNA-Sequenzen binden. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Steuerung, wann, wo und in welchem Umfang bestimmte Gene in Messenger-RNA (mRNA) transkribiert werden. Diese Regulation ist entscheidend für zahlreiche zelluläre Prozesse, darunter Wachstum, Differenzierung, Stressreaktionen und Apoptose (programmierter Zelltod).

FOXO-Proteine sind besonders wichtig für die Zellregulation, den Stressschutz und die Langlebigkeit. Insbesondere FOXO3 wird mit gesundem Altern und einer verlängerten Lebensspanne in Verbindung gebracht (Tia, 2018).

Bedeutung für die Longevity-Forschung

Da FOXO als zellulärer Schalter für Stressresistenz und Langlebigkeit fungiert, ist es ein potenzieller Angriffspunkt für Longevity-Strategien.

Aktivierungsmechanismen wie Kalorienrestriktion, Fasten, Bewegung und bestimmte Wirkstoffe (z. B. Metformin, Resveratrol oder Spermidin) könnten FOXO-Signalwege stimulieren und damit das gesunde Altern fördern.

Zusammenfassend ist FOXO ein entscheidender Regulator der Zellgesundheit, dessen Aktivierung mit einer längeren Gesundheitsspanne assoziiert ist. Die gezielte Modulation dieses Transkriptionsfaktors könnte eine Schlüsselstrategie in der Longevity-Medizin darstellen.

Wie wir sterben

Das Leben ist ein natürlicher Prozess, der unweigerlich zum Tod führt. Daran führt leider kein Weg vorbei.

Doch der Tod tritt meist nicht plötzlich ein, sondern ist das Ergebnis biologischer Veränderungen, die sich über Jahrzehnte hinweg ansammeln. Und hier setzen wir an.

Für die Longevity-Therapie ist es wichtig, die häufigsten Todesursachen und ihre Entstehung zu kennen – nicht nur, um die Longevity-Maßnahmen besser zu verstehen, sondern auch, weil es ungemein motivierend sein kann, genau zu wissen, mit wem wir es zu tun haben.

Wen müssen wir in Schach halten, wenn wir 100 werden wollen?

Mit den Hallmarks of Ageing haben Sie bereits die biochemischen Alterungsvorgänge kennengelernt. Nun erfahren Sie, wie sich diese Veränderungen solange addieren und aggravieren, bis relevante Erkrankungen entwickeln, die zu den häufigsten Todesursachen führen.

Diese sind:

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Krebs

Atemwegsinfektionen

Schlaganfall

Demenz

Unfälle

Diese sechs Hauptursachen sind für etwa 75 % aller Todesfälle verantwortlich und somit im wahrsten Sinne unsere Longevity-Feinde (Statistisches Bundesamt, 2025).

Abbildung 1: Die häufigsten Todesursachen (Created in https://BioRender.com)

1. Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Das Herz ist ein Hochleistungsorgan, das täglich mehrere Tausend Liter Blut durch den Körper pumpt.

Mit zunehmendem Alter können sich jedoch Ablagerungen aus Fett, Kalzium und abgestorbenen Zellen an den Arterienwänden ansammeln, was als Arteriosklerose bezeichnet wird. Dies führt dazu, dass die Blutgefäße an Elastizität verlieren und der Blutfluss eingeschränkt wird.

Bluthochdruck, erhöhte Blutfette und chronische Entzündungen begünstigen diesen Prozess. Insulinresistenz und Übergewicht, wie sie beim metabolischen Syndrom vorkommen, verschlechtern die Gefäßgesundheit zusätzlich.

Ein vollständiger Verschluss eines Herzkranzgefäßes kann zu einem Herzinfarkt führen, während eine chronische Durchblutungsstörung das Herz langfristig schwächt und zu Herzinsuffizienz führen kann. Zudem kann eine schlechte Sauerstoffversorgung der Organe die Leistungsfähigkeit des gesamten Körpers erheblich beeinträchtigen, wodurch Folgeerkrankungen auftreten.

Ein weiterer Faktor ist die zunehmende Versteifung der Arterien mit dem Alter. Die Gefäßwände verlieren ihre Elastizität, wodurch der Blutdruck steigt und das Risiko für Gefäßrisse oder Gerinnselbildungen zunimmt. Dies kann insbesondere im Gehirn und in lebenswichtigen Organen zu akuten Notfällen führen.

2. Krebs

Krebs entsteht, wenn sich Zellen unkontrolliert teilen und das Immunsystem nicht mehr in der Lage ist, diese entarteten Zellen zu eliminieren. Im Laufe des Lebens häufen sich DNA-Schäden, die zu genetischen Mutationen führen können. Gleichzeitig nehmen epigenetische Veränderungen und mitochondriale Dysfunktion zu, wodurch Krebszellen die natürlichen Kontrollmechanismen des Körpers umgehen.

Faktoren wie Rauchen, ungesunde Ernährung und chronische Entzündungen begünstigen die Entstehung verschiedener Krebsarten. Übergewicht ist ein zusätzlicher Risikofaktor, insbesondere für hormonabhängige Tumoren wie Brust- oder Darmkrebs.

Da das Immunsystem mit dem Alter schwächer wird, kann es mutierte Zellen nicht mehr effizient bekämpfen, wodurch das Krebsrisiko steigt. Mit zunehmendem Alter nimmt die Effektivität der Zellreparaturmechanismen ab. Beschädigte Zellen, die sich normalerweise selbst zerstören würden, überleben länger und können sich zu bösartigen Tumoren entwickeln. Zudem sinkt die Fähigkeit des Körpers, entzündliche Prozesse zu regulieren, was das Wachstum von Krebszellen weiter begünstigt.

3. Atemwegsinfektionen

Das Immunsystem altert ebenso wie andere Körpersysteme. Immunoseneszenz beschreibt die zunehmende Schwächung der Abwehrkräfte im Alter, wodurch ältere Menschen anfälliger für Infektionen werden.

Besonders gefährlich sind Atemwegsinfektionen wie Lungenentzündung, die eine der häufigsten Todesursachen bei älteren Menschen darstellt. Chronische Lungenerkrankungen, die häufig durch Rauchen verursacht werden, erhöhen das Risiko zusätzlich. Eine geschwächte Atemmuskulatur aufgrund von Sarkopenie kann die Lungenfunktion weiter verschlechtern, sodass eigentlich ungefährliche Infektionen einen fatalen Verlauf nehmen.

4. Demenz & Schlaganfall

Demenz beschreibt einen fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten. Alzheimer-Demenz, die häufigste Form, ist durch die Ablagerung von Amyloid-Plaques und Tau-Protein-Verklumpungen im Gehirn gekennzeichnet. Diese Proteine stören die Signalübertragung zwischen Nervenzellen und führen zum neuronalen Abbau.

Frühe Symptome einer Demenz sind:

Gedächtnisprobleme

Orientierungsstörungen

Schwierigkeiten bei alltäglichen Aufgaben

In späteren Stadien verlieren Betroffene die Fähigkeit zu sprechen, sich zu bewegen und selbstständig zu essen. Letztendlich führt Demenz häufig zum Tod, da Betroffene zunehmend anfälliger für Infektionen, Mangelernährung oder andere gesundheitliche Komplikationen werden.

Neben der Alzheimer-Demenz gibt es auch die vaskuläre Demenz, die durch wiederholte kleine Schlaganfälle oder eine chronische Durchblutungsstörung des Gehirns verursacht wird. Diese Form der Demenz zeigt oft eine plötzliche Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten und ist eng mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes verknüpft.

Schlaganfall – eine häufige Ursache für Demenz

Ein Schlaganfall entsteht, wenn die Blutversorgung im Gehirn unterbrochen wird. Er tritt entweder durch:

ein verstopftes Gefäß (

ischämischer Schlaganfall

) oder

eine Hirnblutung (

hämorrhagischer Schlaganfall

) auf.

Die Hauptursachen sind:

Arteriosklerose

Bluthochdruck

Herzrhythmusstörungen

Schlaganfälle können zu Lähmungen, Sprach- und Sehstörungen oder kognitiven Beeinträchtigungen führen. Viele Überlebende behalten bleibende Schäden, und wiederholte kleine Schlaganfälle erhöhen das Risiko für vaskuläre Demenz. Die Sterblichkeit ist hoch, insbesondere bei schweren Schlaganfällen.

5. Unfälle

Unfälle sind eine häufig unterschätzte Todesursache im Alter. Während jüngere Menschen in der Regel durch Verkehrsunfälle oder Arbeitsunfälle sterben, sind es bei älteren Menschen vor allem Stürze, die schwere Verletzungen und langfristige Komplikationen nach sich ziehen.

Mit zunehmendem Alter verschlechtern sich:

Muskulatur und Knochendichte: Der altersbedingte Muskelabbau (Sarkopenie) und eine verringerte Knochendichte (Osteoporose) erhöhen das Risiko für Knochenbrüche, insbesondere Hüftfrakturen.

Gleichgewicht und Koordination: Sensorische Veränderungen, eine verlangsamte Reaktionsfähigkeit und eine reduzierte Körperkontrolle erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Stürze.

Kognitive Funktionen: Leichte kognitive Beeinträchtigungen oder fortgeschrittene Demenz können dazu führen, dass alltägliche Situationen falsch eingeschätzt werden, wodurch das Unfallrisiko steigt. Ein Oberschenkelhalsbruch ist besonders problematisch, da viele Betroffene nach einer solchen Verletzung nicht mehr vollständig mobil werden.

Eine längere Bettlägerigkeit kann zu Muskelschwund, Thrombosen, Lungenentzündungen und Dekubitus (Druckgeschwüren) führen, was letztlich das Sterberisiko erheblich erhöht. Neben Stürzen spielen auch Verkehrsunfälle im Alter eine Rolle. Aufgrund verlangsamter Reaktionszeiten sowie schlechterer Seh- und Hörfähigkeit steigt das Risiko, in Unfälle verwickelt zu werden.

Fazit: Wie wir sterben

Der Tod ist meist das Ergebnis langfristiger biologischer Veränderungen, die sich über Jahre oder Jahrzehnte hinweg entwickeln. Die Hallmarks of Aging führen zu einer schrittweisen Verschlechterung der Zell- und Organfunktionen, wodurch sich das Risiko für tödliche Erkrankungen erhöht, die irgendwann eintreten und unser Leben beenden.

Exkurs: Wie bestimmend sind unsere Gene?

Allgemein wird behauptet, dass 30 % unseres Alterns von genetischen Faktoren abhängen. Ich habe das schon in einigen Longevity-Artikeln gelesen, und es erscheint auf den ersten Blick plausibel. Allerdings habe ich das Gefühl, dass diese Aussage einfach immer weiterverbreitet wird, ohne dass sich jemand wirklich mit den entsprechenden Daten auseinandersetzt.

Und da habe ich eine gute Nachricht: Offenbar ist der Einfluss der Gene deutlich geringer! Das zeigen zumindest die Daten einer Studie aus China, die im Jahr 2023 veröffentlicht wurde. Die etwas mehr als 35.000 Teilnehmer der Studie waren im Durchschnitt 90 Jahre alt und wurden über mehrere Jahre begleitet und beobachtet. Neben verschiedenen Lifestyle-Parametern wurden auch genetische Analysen durchgeführt. Und diese zeigen eindeutig: Unsere Gene sind gar nicht so entscheidend. Personen mit einem hohen genetischen Risiko hatten nur ein 7 % höheres Risiko, während der Beobachtungszeit der Studie zu versterben, verglichen mit Personen, die ein niedriges genetisches Risiko hatten (Wang J., 2023).

Und noch etwas Spannendes: Personen mit einem höheren genetischen Risiko profitieren laut den Daten dieser Studie ganz besonders von einem Longevity-Lifestyle! Das bedeutet nichts anderes als:

Unsere Gene haben offenbar einen viel geringeren Einfluss auf unsere Lebenserwartung, als wir denken. Und selbst wenn wir „schlechte“ Gene haben, gerade dann(!) können wir viel für ein langes Leben tun.

Wie wir nicht sterben

Nun geht es endlich los mit Longevity und mit dem, was wir tun können, um möglichst viele zusätzliche Jahre herauszuholen. Aber bevor es richtig losgeht, müssen wir einen Blick auf den Status quo werfen.

Alter messen – aber richtig

Wie alt sind Sie wirklich? Eine scheinbar banale Frage, die wir oft ohne nachzudenken beantworten. Ein Blick in den Personalausweis, und schon haben wir die Antwort: das chronologische Alter. Doch wie aussagekräftig ist diese Zahl wirklich?

Sie verrät uns lediglich, wie viel Zeit seit unserer Geburt vergangen ist – nicht aber, wie gut oder schlecht wir diese Zeit genutzt haben. Während das chronologische Alter ein starrer Maßstab ist, erzählt das biologische Alter die wahre Geschichte unseres Körpers.

Die entscheidenden Fragen lauten also:

Wie alt sind Sie biologisch?

In welchem Zustand befindet sich Ihr Körper?

Sind Sie in Bestform, oder hat der Zahn der Zeit bereits seine Spuren hinterlassen?

Das Wissen um Ihr biologisches Alter ist der Schlüssel, um die Kontrolle über Ihr Altern zurückzugewinnen – und es gibt heute wissenschaftlich fundierte Methoden, dieses Alter genau zu bestimmen.

Warum das biologische Alter zählt

Das chronologische Alter sagt uns nur, wie viele Geburtstage wir gefeiert haben. Doch es ist das biologische Alter, das bestimmt, wie fit, vital und widerstandsfähig wir wirklich sind. Zwei Menschen können beide 50 Jahre alt sein, aber während der eine biologisch eher wie ein 40-Jähriger funktioniert, kann der andere bereits die Belastbarkeit eines 60-Jährigen aufweisen.

Der Unterschied liegt in den veränderten Prozessen unseres Körpers, die sich im Laufe der Zeit ansammeln – von Zellschäden bis hin zu einer langsameren Regeneration. Das biologische Alter zu kennen, ist entscheidend, wenn Sie Ihre Gesundheit aktiv steuern wollen. Es ist wie ein Zwischenstand in einem langen Rennen:

Wissen Sie, wo Sie stehen, können Sie gezielt Maßnahmen ergreifen, um das Beste aus Ihrer Gesundheit herauszuholen. Doch wie misst man etwas so Komplexes wie das biologische Alter?

DNA-Methylierung: Der Schlüssel zur biologischen Uhr

Eine der bahnbrechendsten Methoden zur Bestimmung des biologischen Alters basiert auf der DNA-Methylierung – einem zentralen Mechanismus der Epigenetik. Diese faszinierende Wissenschaft untersucht, wie Gene reguliert werden, ohne die DNA-Sequenz selbst zu verändern.

Die DNA-Methylierung funktioniert wie ein Schalter: Durch das Anheften von Methylgruppen (-CH₃) an bestimmte Stellen der DNA wird beeinflusst, ob ein Gen aktiv ist oder nicht. Dieser Prozess verändert nicht den genetischen Code, sondern die Art und Weise, wie er gelesen wird.

Und hier liegt der Schlüssel: Die DNA-Methylierung verändert sich mit der Zeit.

Im Laufe des Lebens entstehen charakteristische Methylierungsmuster, die sich je nach Alter systematisch verändern. Ein jüngerer Mensch weist ein anderes Methylierungsmuster auf als ein älterer. Diese epigenetischen Veränderungen machen es möglich, das biologische Alter eines Menschen mit erstaunlicher Präzision zu messen. Es ist, als könnten wir direkt ablesen, wie stark die Zeit an unserer inneren Biologie gearbeitet hat.

Die Horvath’s Clock: Ein Durchbruch in der Altersforschung

Der erste, der diese Idee in die Praxis umsetzte, war der in Deutschland geborene und in den USA tätige Altersforscher Steve Horvath. Mit der von ihm entwickelten Horvath’s Clock gelang es, eine Methode zu etablieren, die das biologische Alter einer Person anhand von DNA-Methylierungsmustern von 353 Stellen der DNA berechnet (Horvath, 2013). Die von Horvath genutzten Stellen der DNA sind sogenannte CpG-Dinukleotide.

Das bedeutet, dass an dieser Stelle der DNA neben einer Cytosin-Base eine Guanin-Base liegt, und beide Basen/Nukleotide bilden gemeinsam ein CpG-Dinukleotid. An diesen 353 CpG-Stellen kann das Cytosin unmethyliert als Cytosin oder methyliert als 5-Methyl-Cytosin vorliegen. Guanin wird nicht methyliert. Die Methylierung ist dabei ein Prozess, der in beide Richtungen ablaufen kann, Methylierung kann also auch rückgängig gemacht werden.

Methylierung geht so: Durch das Enzym DNA-Methyltransferase kann eine Methylgruppe auf das Cytosin-Molekül übertragen werden, wodurch es sich in 5-Methylcytosin verwandelt.

Und De-Methylierung geht so: Aus 5-Methyl-Cytosin wird mithilfe des Enzyms TET-Methylcytosin-Dioxygenase das 5-Hydroxymethylcytosin und in der Folge wieder Cytosin gebildet. Klingt alles nach komplizierter Biochemie. Wichtig ist jedoch nur, dass Sie verstehen, dass die durch Alterung veränderte DNA-Methylierung auch rückgängig gemacht werden kann.

Merken Sie sich nur noch, dass das genannte Enzym „TET-Dioxygenase“ abhängig ist von zwei Faktoren:

AlphaKetoglutarat und

Eisen-II

Und genau diese Faktoren werden uns an anderer Stelle wieder begegnen.

Die Messung der DNA-Methylierungsmuster

Nun aber zurück zur Messung der DNA-Methylierungsmuster, wie sie von Steve Horvath als erstes durchgeführt wurde. In der Methylierungsanalyse wird erfasst, welche der 353 Stellen methyliert vorliegen und welche nicht.

Daraus ergibt sich ein charakteristisches Methylierungsmuster. Dieses wird mit einer Datenbank bekannter Methylierungsmuster abgeglichen, um den Grad der Alterung zu berechnen. Der Algorithmus prüft vereinfacht gesagt, welche Methylierungsmuster in der Datenbank Ihrem Methylierungsmuster am ähnlichsten sind. Und wenn Ihr Methylierungsmuster dem von durchschnittlich 24-jährigen Personen am ähnlichsten ist, sind Sie biologisch 24 Jahre alt – ganz egal wie alt sie wirklich sind. Diese epigenetische Uhr hat die Altersforschung revolutioniert und wird heute weltweit in der Longevity-Medizin und Forschung eingesetzt.

Weiterentwicklungen: GrimAge & PhenoAge

Mittlerweile gibt es sogar Weiterentwicklungen wie die GrimAge Clock oder PhenoAge, die noch präzisere Einblicke in das biologische Altern ermöglichen. PhenoAge basiert auf Laborparametern, die durch eine Blutuntersuchung ermittelt werden. GrimAge erfasst ebenfalls das Methylierungsmuster der DNA, geht aber noch weiter:

GrimAge misst nicht nur das biologische Alter, sondern gibt auch Angaben über den Gesundheitszustand einzelner Teilaspekte.

So können beispielsweise folgende Prognosen getroffen werden:

Zeit bis zum statistisch erwarteten Versterben,

Risiko für das Auftreten einer Herzerkrankung oder

Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung.

Ein weiteres faszinierendes Detail: GrimAge kann mit hoher Genauigkeit voraussagen, wie viel jemand in seinem Leben geraucht hat. Denn GrimAge erkennt die charakteristischen DNA-Methylierungen, die mit Rauchen einhergehen – auch wenn die Person selbst keine Angaben dazu macht. Möglich wird das, indem die Methylierungen mit Dutzenden von Laborparametern von unzähligen Testpersonen verglichen wurden.

Der GrimAge-Algorithmus „versteht“ unser DNA-Methylierungsmuster und kann daraus Blutwerte, Risikofaktoren und drohende Krankheiten ableiten (Lu A. T., 2019).

Abbildung 2: Eine GrimAge-Messung vor dem Beginn einer Longevity Therapie.

Wer sich tiefer mit diesem Thema beschäftigen möchte, dem sei die genannte Literaturstelle ans Herz gelegt. GrimAge zu verstehen, macht Spaß und erweitert den Horizont bezüglich der Methode der epigenetischen Uhr erheblich.

Abbildung 3: Sie erhalten nicht nur Ihr biologisches Alter insgesamt, sondern auch eine Aufschlüsselung nach Bereichen und können gezielter intervenieren.

Selbsttest: Ihr biologisches Alter bestimmen

Viele dieser Tests sind mittlerweile auch für die breite Öffentlichkeit zugänglich: Eine einfache Blut- oder Speichelprobe reicht aus, um Ihr biologisches Alter zu bestimmen. Sie können das sogar do-it-yourself durchführen.

Falls Sie Ihr biologisches Alter anhand von Blutwerten bestimmen möchten, können Sie das mit einem frei verfügbaren Tool tun: Der Alterskalkulator Aging.AI 3.0 wurde anhand von über 100.000 Blutproben entwickelt und gibt Ihnen direkt online Ihr biologisches „Blutalter“ aus, wenn Sie die notwendigen 19 Laborwerte dort eintragen (Mamoshina, 2018).

Sie finden den Alterskalkulator hier: https://www.unhooked.co.uk/diversity-ai/aging/index.html.

Warum Sie Ihr biologisches Alter kennen sollten

Das Wissen um Ihr biologisches Alter ist nicht nur spannend, sondern kann Ihr Leben verändern. Es zeigt Ihnen, wie gut oder schlecht Sie mit den Jahren umgegangen sind.

Haben Sie Ihrem chronologischen Alter bereits ein paar Jahre abgerungen, oder laufen Sie Gefahr, biologisch „vorzualtern“?

Das Beste daran: Ihr biologisches Alter ist nicht in Stein gemeißelt. Studien zeigen, dass wir durch gezielte Maßnahmen wie Ernährung, Bewegung,