Lord of London Town - Tillie Cole - E-Book

Lord of London Town E-Book

Tillie Cole

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Beschreibung

Ich hatte sie dem Licht geraubt und mit mir in die Dunkelheit gerissen

Der jungen Cheska Harlow-Wright steht eine glorreiche Zukunft an der Seite eines einflussreichen britischen Geschäftsmanns bevor. Doch ihr Herz gehört Arthur Adley, dem Mann, der London mit eiserner Hand regiert - dem Mann, der für sie getötet und damit ihr Leben gerettet hat. Seit dem Tod seines Vaters hat der 18-jährige als Oberhaupt der meistgefürchteten Familie Großbritanniens alle Hände voll zu tun, sich als rechtmäßiger König der Londoner Unterwelt zu behaupten. Ablenkung, Gefühle oder Schwäche kann er sich nicht leisten. Aber als Cheska zurück in sein Leben tritt, gerät alles ins Wanken. Sie darf nicht Teil seiner Welt sein und doch ist ihm klar, dass er sie nicht noch einmal von sich stoßen wird ...

»Arthur Adley hat mein Herz im Sturm erobert. Tillie Cole ist die Königin der Dark Romance!« THE BIBLIOHOLIC

Band 1 der ADLEY-FIRM-Reihe von USA-TODAY-Bestseller-Autorin Tillie Cole

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Seitenzahl: 623

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INHALT

Titel

Zu diesem Buch

Leser:innenhinweis

Playlist

Motto

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

Epilog

Danksagungen

Die Autorin

Die Romane von Tillie Cole bei LYX

Impressum

TILLIE COLE

Lord of London Town

Roman

Ins Deutsche übertragen von Svenja Tengs

ZU DIESEM BUCH

Die junge Cheska Harlow-Wright wurde in eine Welt aus Luxus und Privilegien hineingeboren. Eine glorreiche Zukunft an der Seite eines einflussreichen Geschäftsmannes der Londoner High Society steht ihr bevor. Doch Cheska hat ein Geheimnis: Ihr Herz gehört seit Jahren einem Mann, dessen Name weit über Großbritanniens Grenzen bekannt ist. Dem Mann, der London in Angst und Schrecken versetzt. Dem Mann, der für sie getötet und damit ihr Leben gerettet hat: Arthur Adley. Seit dem Tod seines Vaters hat der Achtzehnjährige als Oberhaupt der meistgefürchteten Familie Großbritanniens alle Hände voll zu tun, seine Feinde auf Abstand zu halten und seinen Platz als rechtmäßiger König der Londoner Unterwelt zu behaupten. Ablenkung, Gefühle oder Schwäche kann er sich nicht leisten. Doch als er Cheska wiederbegegnet, gerät sein Leben aus dem Tritt. Sie gehört nicht in seine grausame, bluthungrige und kalte Welt – doch er weiß augenblicklich, dass er sie nicht noch einmal von sich stoßen wird. Arthur schwört, sie zu beschützen, koste es, was es wolle. Aber kann er auch die Mauern aufrechterhalten, die er so sorgsam um sein eigenes Herz errichtet hat, damit seine Familie stolz auf ihn ist?

Liebe Leser:innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.

Achtung:

Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

Wir wünschen uns für euch alle

das bestmögliche Leseerlebnis.

Euer LYX-Verlag

PLAYLIST

Take Me Back To London – Ed Sheeran (feat. Stormzy)

Come With Me Now – KONGOS

Bitter Sweet Symphony – The Verve

Fire – Kasabian

Broken – Jake Bugg

Do I Wanna Know – Arctic Monkeys

Got No Love – The Kooks

Hide and Seek – Imogen Heap

Mad World – Lily Allen

Devil Side – Foxes

Two Fingers – Jake Bugg

You’re in Love with a Psycho – Kasabian

Firestarter – The Prodigy

White Flag – Bishop Briggs

The Cave – Mumford & Sons

The Prayer – Bloc Party

Exile – Taylor Swift (feat. Bon Iver)

I’m Kissing You – bshp

You broke me first – Tate McRae

Arms Around You – Jamie Grey

I’m Not Okay – RHODES

Supermarket Flowers – Ed Sheeran

I Fall Apart – Post Malone

Be My Mistake – The 1975

Die Alone – FINNEAS

Feel Again – Kina (feat. Au/Ra)

9 Crimes – Damien Rice

I’m God – Clams Casino (feat. Imogen Heap)

Out of the Darkness – Sleep Thieves

Ain’t No Grave – Renée Elise Goldsberry

What He Wrote – Laura Marling

Devil Town – Cavetown

Sleep On The Floor – The Lumineers

Monster – Mumford & Sons

Devil’s Waitin’ – Black Rebel Motorcycle Club

Daydream Believer – Jonny Fears

Let It Be – Labrinth

Scar – Foxes

Break In – Halestorm

Die A Little – Yungblud

Here’s to Us – Halestorm

Enjoy the Silence – Lotte Kestner

Seasons – NEEDTOBREATHE

Hometown Glory – Adele

»Die Hölle ist leer, und alle Teufel sind hier.«

William Shakespeare

PROLOG

ARTHUR

Mit dreizehn

Ich starrte ins Feuer.

Die Flammen züngelten immer höher, stiegen den steinernen Kamin hinauf. Ich spürte die glühende Hitze auf Stirn und Wangen, fühlte, wie sich meine Augenbrauen langsam versengten. Dann lehnte ich mich noch weiter vor, denn ich wollte wissen, wie sich die Flammen auf meiner Haut anfühlen würden.

Ich wollte wissen, was sie gefühlt hatten, als sie gefangen waren und das Feuer sie bei lebendigem Leib verbrannte. Also streckte ich die Hand aus und hielt meine Finger näher an die Flammen. Ihr Tanz spiegelte sich in meinen Brillengläsern. Alles, was ich sehen konnte, war ein Schein aus Orange, Rot und Gelb. Als ich mit den Fingerspitzen beinahe das Feuer berührte, begann meine Haut zu brennen. Ich roch, wie die Härchen auf meinem Arm verbrannten. Ich rückte immer näher heran, berührte es fast …

»Arthur!« Jemand zerrte an meiner Schulter und riss mich zurück in den alten Ohrensessel. »Was soll das, Junge?« Mein Dad ging vor mir in die Hocke. Ich sah ihm in die Augen, konnte aber aus den Augenwinkeln nach wie vor die Flammen sehen, die mich zu sich zu rufen schienen. Er umfasste meine Oberarme und dann meine pochende Hand. Sie war knallrot an den Stellen, wo ich den Flammen zu nahe gekommen war. »Scheiße, Arthur! Sieh dir mal deine Hand an!«

»Ich wollte wissen, was sie gefühlt haben«, sagte ich und starrte auf meine rote, blasige Haut.

Dad stand auf und ging in die Küche. Als er zurückkam, hielt er eine Tüte Tiefkühlerbsen in der Hand. Er drückte sie auf meine Handfläche. Es tat höllisch weh, was ich ihm jedoch nicht sagte. Es war mir egal, dass es wehtat.

Im Grunde wollte ich sogar, dass es wehtat.

»Drück das da drauf«, sagte Dad, ging zu dem Eimer Wasser, der neben dem Feuer stand, und schüttete ihn in die lodernden Flammen. Das Feuer wurde sofort kleiner, bis es zischend erstarb und schwarzer Rauch den Kamin hinaufschoss. Ich beobachtete, wie die Schwärze davonstob. Die Dunkelheit in meinem Herzen und meinem Kopf wich hingegen nie von mir.

Vor meinem inneren Auge tauchte unser Landhaus auf. Unser Familiencottage, wie es ausgesehen hatte, als nur noch verbrannte Ziegel und verkohltes Holz davon übrig waren … und die Zähne meiner Mum und meiner kleinen Schwester. Sonst nichts. Das Feuer hatte ihr Fleisch verschlungen wie ein Dämon aus den Untiefen der Hölle.

Dad ging wieder in die Hocke und legte seine Hand unter mein Kinn. Ich sah ihm in die Augen. »Ich weiß, es ist hart, Junge. Du hast deine Mutter verloren, und du hast Pearl verloren.« Ich dachte an Mum und meine Schwester. Pearl hatte mich genervt. Sie war eine Klette und ließ mich und meine Freunde nie in Ruhe. Immer wollte sie in mein Zimmer, in mein beschissenes Leben. Sie war kaum ein Jahr jünger als ich, aber sie war trotzdem meine kleine Schwester. Ich hatte stets auf sie aufgepasst. Bei unserer Daseinsweise musste ich das. Aber am Ende hatte ich sie nicht beschützt. Als sie mich am meisten brauchte.

Ich schloss die Augen und stellte mir vor, wie sie sich mitten im Wohnzimmer des Cottages an Mum klammerte, wie das Feuer die Tür niederbrannte, um sie zu holen, sie zu vernichten, sie bei lebendigem Leib zu verbrennen. Ich konnte ihre Schreie hören. Konnte Pearl nach mir rufen hören, damit ich sie rettete.

Ich hatte sie im Stich gelassen. Sie und Mum.

»Wenn du mit ihnen gegangen wärst, hätte ich dich auch verloren, mein Junge.« Dad sprach mit fester, tiefer Stimme. Er zeigte nie seine Gefühle. Er war hart und brutal. Redete nie über Liebe und solche Dinge. Doch wenn er Mum und Pearl erwähnte, hörte ich ein leichtes Zittern. Obwohl er so gut wie nie von ihnen sprach, wusste ich, dass er sie auch vermisste.

Er strich von meinem Kinn zu meinem Hinterkopf und zog mich an seine Brust. Er roch nach Tabak und Pfefferminz. Vor einem Monat hatte Dad mich davon abgehalten, zum Landhaus zu gehen. Er hatte hier in der Stadt zu tun gehabt. Ich war gerade dreizehn geworden. Er hatte gewollt, dass ich ihn begleite, denn jetzt war ich alt genug, um in das Familienunternehmen eingeführt zu werden.

Ich spürte immer noch das Messer in meiner Hand. Meine Finger, die sich um den Griff schlossen, als ich vor unserem Feind in unserem verlassenen Lagerhaus in Mile End stand. Ich zuckte nicht einmal zusammen, als ich nach vorne stürzte und das Messer geradewegs in die Brust dieses Arschlochs rammte. Er war einer von den Yakuza. Er hatte uns bei einem Feind verpfiffen und es daher verdient zu sterben.

Dies war meine Einführung in unsere Lebensführung.

Ich war nun ein richtiger Adley, ein legitimer Teil der Firma.

Ich hatte unseren Feind getötet – meine Einweihung in unser berüchtigtes kriminelles Familienerbe –, während meine Mum und meine Schwester ihren letzten Atemzug taten und unser Cottage in den Cotswolds um sie herum einstürzte.

Mein Dad lehnte sich etwas zurück und musterte mein Gesicht. Ich würde nicht weinen. Auf keinen Fall. Ich war nicht traurig, sondern fuchsteufelswild. Die Wut rauschte nur so durch meine Adern. Ich wollte die Verantwortlichen finden und sie töten. Die Untersuchungen von Feuerwehr und Polizei hatten ergeben, dass es eine elektrische Störung gewesen war – ein häufiges Problem in alten Landhäusern. Unseres war über fünfhundert Jahre alt gewesen.

Es war nicht genug. Es war mir egal, wer, aber irgendjemand musste dafür bezahlen, dass ich meine Mum und meine Schwester verloren hatte. Ich brauchte jemanden, dem ich die Schuld geben konnte, denn ich konnte es nicht ertragen, dass es ein Unfall gewesen sein sollte.

Jemand sollte sterben … langsam … qualvoll.

»Arthur«, sagte mein Dad und holte mich aus der Dunkelheit zurück, »wir haben jetzt nur noch uns. Uns und unsere Firma. Sie ist nun unsere einzige Familie. Du hast Charlie, Vinnie, Eric und Freddie. Sie sind deine Brüder. Sind es immer gewesen. Sie werden dein ganzes Leben lang an deiner Seite sein, genauso wie ihre Väter an meiner sind.« Dad legte eine Hand auf meine Schulter und drückte fest zu. »Wir müssen weitermachen, Arthur. Nicht zurückschauen. Wir haben ein Unternehmen zu leiten. Wir können uns nichts leisten, was uns schwächt.« Dann erhob er sich.

Ich ließ die Packung Tiefkühlerbsen auf den Tisch neben mir fallen. Ich wollte meine verbrannte Haut fühlen. Die Brandwunden sollten mich daran erinnern, was und wen ich verloren hatte.

Als Dad auf die beiseitegelegten Erbsen blickte, verzogen sich seine Lippen zu einem stolzen Lächeln – mein Vater liebte jede Demonstration von Stärke, besonders wenn sie von mir kam. »Hol deinen Mantel. Ich hab ein Meeting. Du kommst mit.«

Ich folgte meinem Dad in die Eingangshalle und nahm meinen dicken schwarzen Mantel. Wir traten aus unserer alten umgebauten Kirche in Bethnal Green und gingen zu dem Auto, das bereits auf uns wartete. Die Nacht war eiskalt, weshalb sich mein warmer Atem in weißen Dunst verwandelte, als er auf die eisige Luft traf. Ich stieg auf den Rücksitz des Rolls Royce. Mein Dad setzte sich neben mich.

Wortlos fuhren wir von unserer Auffahrt auf die Straßen unseres Reichs: East London. Ich starrte aus dem Fenster, während die Straßen, über die wir herrschten, an mir vorbeizogen. Ich hielt den Blick weiter nach draußen gerichtet, wo sich die Aussicht langsam veränderte – die verfallenen Lagerhallen mit vernagelten Fenstern, die Reihenhäuser mit Sozialwohnungen und die heruntergekommenen Pubs wichen immer mehr gehobenen Restaurants und Bars, Herrenhäusern und Hunderttausend-Pfund-Autos.

Motherfucking Chelsea.

Jack, der persönliche Fahrer meines Dads, hielt vor einer Villa in dem Nobelviertel und ließ den Motor laufen. Draußen hatte es angefangen zu regnen, schwere Tropfen prasselten auf die Fensterscheiben und das Dach. Jack stieg aus, öffnete die Tür meines Vaters und klappte einen schwarzen Golfschirm auf, um ihn vor dem Regen zu schützen. Alfie Adley musste immer tadellos aussehen. Ich folgte ihm aus dem Auto, und Dad nahm Jack den Schirm ab. »Es wird nicht lange dauern«, sagte er zu ihm.

Wir gingen zur Eingangstür, und mein Vater klopfte an. Die Tür wurde von einem Butler geöffnet. Dad drängte sich an ihm vorbei und stieß ihn dabei rückwärts gegen eine wahrscheinlich teure, allerdings potthässliche Vase. »Ich bin hier, um George zu sehen.«

»Aber, Sir, warten Sie!«, wandte der Butler ein.

Dad öffnete die Tür zur Eingangshalle, während ich die Tür hinter uns schloss. Ein Mann, etwa im Alter meines Vaters, kam eine riesige zentrale Treppe heruntergerannt und blieb auf einem Treppenabsatz stehen.

»Warte hier, Arthur. Ich brauche nicht lange«, sagte Dad und heftete seinen Blick auf den Typen, der ihn mit großen, angsterfüllten Augen anstarrte. Mein Dad sah den Butler vernichtend an. »Stell sicher, dass Alfred hier keine Dummheiten macht und die Bullen ruft oder so etwas.« Dad ließ seinen Nacken knacken, ohne den Blick von dem Butler abzuwenden. »Dies ist ein freundschaftliches Treffen, nicht wahr, George? Es sollte alles glattgehen.«

»Schon gut, James«, sagte der Mann – George, wie ich vermutete – zum Butler, und mein Vater folgte ihm die Treppe hinauf.

Ich steckte die Hände in meine Hosentaschen und ging zur Wand in der Eingangshalle, wo einige Bilder hingen, behielt dabei aber den Butler im Auge. Dann putzte ich meine Brille mit meinem Hemd und entfernte die Regentropfen von den Gläsern, damit ich richtig sehen konnte. Als ich sie wieder aufsetzte, stand ich vor dem Bild eines Mädchens, das ungefähr in meinem Alter war. Sie hatte braune Haare, dunkle Augen und hellbraune Haut. Ich ging an Fotos von einer brünetten Frau und George vorbei.

Anschließend setzte ich mich auf das prachtvolle rote Sofa im Foyer und sah mich im Haus um. Asche. Wer auch immer dieses Arschloch war, er hatte einen Haufen Asche.

Mein Blick wanderte von den noblen Kunstwerken und Skulpturen zurück zu dem Mädchen auf dem Foto. Dann sah ich nicht mehr weg. Als ich gerade überlegte, wer sie war, knarrte die Treppe. Ich blickte sofort auf.

Braune Haare.

Dunkle Augen.

Lange Beine.

Hellbraune Haut.

Das Mädchen von dem Foto erstarrte auf der Treppe und riss die Augen auf, als sie mich sah. Mein Blick fiel auf ihre Kleidung. Sie trug einen Pyjama. Das weiße Oberteil war ärmellos und die kurze Hose voller kleiner rosa Punkte. Die braunen Haare fielen ihr über die Schultern.

Ich beobachtete schweigend, wie sie sich im Foyer umblickte. Ihre Wangen waren feuerrot. Sie kam weiter die Treppe herunter, bis sie auf dem schwarz-weißen Fliesenboden der Eingangshalle stand. »W… wer bist du?«, fragte sie mit ihrem vornehmen Akzent. Sie war ein waschechtes Chelsea Girl. Wahrscheinlich mit einem silbernen Löffel im Mund geboren. Und was für ein Mund das war. Volle dunkelrosa Lippen, die unaufhörlich einen Schmollmund zu ziehen schienen. Eric, einer meiner besten Freunde, nannte das Schwanzlutscher-Lippen.

Im Fall dieser Kleinen musste ich ihm zustimmen.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust, kam aber langsam näher. »Wer bist du?«, fragte sie wieder.

Ich lehnte mich auf der Couch zurück und benetzte die Lippen. »Arthur.«

»Arthur«, wiederholte sie und kam noch ein Stück näher. Sie war nur wenige Schritte entfernt. Sie hatte leicht gebräunte, glatte Haut, und unter ihren Shorts kamen perfekte Oberschenkel zum Vorschein. Eigentlich stand ich nicht auf poshe Mädchen. Aber dem Ziehen meines Schwanzes nach zu urteilen, schien dieses hier eine Ausnahme zu sein. »Arthur …«, sagte sie wieder mit diesem vornehmen Akzent.

Auf einmal waren erhobene Stimmen im Obergeschoss zu hören. Schnell drehte sie den Kopf in diese Richtung.

»Daddy? Das ist Daddys Stimme.« Sie sah mich panisch an. »Wer ist da oben bei ihm?«

»Mein Vater.«

»Warum?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Er ist geschäftlich hier.«

Sie runzelte die Stirn und sagte dann: »Du gibst nicht viel von dir preis, oder?«

»Wie heißt du?«, fragte ich, ohne auf ihre Frage einzugehen.

»Cheska.«

»Cheska …?«

»Cheska Harlow-Wright.« Sie reckte das Kinn vor. Offenbar war sie stolz auf ihren Namen.

Mein Blick fiel auf ein Bild, das ich an der Wand gesehen hatte; es war vor einer Fabrik aufgenommen worden, und auf einem Schild stand: Harlow.

Plötzlich ergab der ganze Reichtum Sinn.

»Harlow Biscuits.« Mir wurde schlagartig klar, wie sie es sich leisten konnten, in einer Villa wie dieser in Chelsea zu wohnen. Wahrscheinlich hatte jeder Haushalt in England eine Packung ihrer Kekse im Schrank liegen, um sie zum Tee zu essen.

»Ja.« Sie folgte meinem Blick. Das Foto an der Wand war antik. Ein alter Mann stand vor der Keksfabrik. Neben ihm waren auch ein jüngerer Typ und ein kleines Mädchen, das höchstens vier war und einen roten Mantel und eine Mütze trug. »Das ist meine Mutter.« Sie ging zu dem Bild und deutete auf das Kind. »Als sie klein war, mit meinem Großvater und meinem Urgroßvater.«

Ich blickte nicht auf das Foto, denn ich war zu sehr damit beschäftigt, sie anzusehen. Cheska, das Chelsea Girl. »Wo ist sie jetzt?«

Cheska machte ein langes Gesicht. Als sie mich ansah, glänzten ihre Augen. »Sie ist vor zwei Jahren gestorben.« Bei der Traurigkeit in ihrer Stimme fühlte ich einen Stich in der Brust, doch ich verzog keine Miene. Mein Dad hatte mir schon von klein auf beigebracht, keine Gefühle zu zeigen. Immer neutral zu sein. Mich von niemandem durchschauen zu lassen. Nie aufzufallen.

Cheska setzte sich vorsichtig neben mich. Sie duftete nach Rosen. Als sie mich ansah, erkannte ich, dass ihre Augen nicht so dunkel waren, wie ich gedacht hatte. Manchmal, wenn das Licht in einem bestimmten Winkel auf ihren Kopf fiel, wirkten sie nicht braun, sondern grün. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Brüste waren eher klein, aber das war bei ihr egal.

»Ist deine Mum zu Hause?«, fragte sie.

»Sie ist auch tot«, sagte ich geradeheraus und blickte zur Treppe, dann durch eine Reihe Glastüren in ein anderes Zimmer, wo sich der Butler mit Putzen beschäftigte. Die lauten Stimmen waren verebbt.

Ich fragte mich, was Dad gegen Cheskas Vater in der Hand hatte. Oder was er getan hatte, dass sich mein Vater persönlich um ihn kümmerte. Als ich eine Hand auf meiner spürte, wirbelte ich den Kopf herum. Ich bewegte mich blitzschnell, griff instinktiv nach Cheskas Handgelenk und hielt es hoch. Sie zog scharf die Luft ein, die Augen weit aufgerissen, woraufhin ich ihr Handgelenk langsam losließ. Cheskas Augen waren immer noch riesig, als sie über ihre Haut rieb.

»Ich wollte nur sagen, dass es mir leidtut«, sagte sie. »Das mit deiner Mum.«

Meine Wangen zuckten. Ich brachte meine Gesichtszüge unter Kontrolle und rückte den Kragen meines Mantels zurecht.

»Ich weiß, wie es ist, wenn sie nicht mehr da ist«, flüsterte sie. Ihre Unterlippe zitterte. »Wie einsam es sein kann.«

Ich starrte sie an, verscheuchte das Stechen in meinem Magen, das ihre Worte ausgelöst hatten. Chelsea Girl hatte lange schwarze Wimpern, die ihre Wangen berührten, wenn sie blinzelte, und Sommersprossen auf dem Nasenrücken. Über ihrer Oberlippe war ein kleines Muttermal.

Ich wollte mit der Zunge darüberstreichen.

Cheskas Atem ging schneller, und ich beobachtete, wie sich ihre Brustwarzen unter dem Pyjamaoberteil aufstellten. Als sie schnell wieder die Arme vor der Brust verschränkte, musste ich grinsen. Jene Röte war zurück in ihren Wangen. Chelsea Girl war auf jeden Fall unschuldig. Sie sah so aus, als wäre sie in etwa in meinem Alter. Doch im Gegensatz zu mir – dem Gangster-Arschloch aus dem East End, der absolut nichts anbrennen ließ, seit er in der Lage dazu war – war sie mit Sicherheit noch Jungfrau.

Als mein Blick ihren Körper hinabglitt, wusste ich, dass Chelsea Girl auf Knien noch besser aussehen würde. Ihr Gesicht stand in Flammen, als könnte sie meine Gedanken lesen.

Wir hörten oben eine Tür aufgehen, was Cheskas Aufmerksamkeit von mir weglenkte. Ich versuchte, sie mir fest einzuprägen. Wahrscheinlich wäre dies das erste und letzte Mal, dass ich sie sah, denn wir verkehrten nicht gerade in denselben Kreisen. Bestimmt ging sie auf irgendeine superteure Mädchenschule.

Gedämpfte Stimmen kamen näher. Dad und Cheskas Vater tauchten auf dem Treppenabsatz auf und gingen die Stufen hinunter. Cheskas Dad riss die Augen auf, als er sie fast nackt neben mir auf der Couch sah. »Cheska, warum bist du noch wach? Geh wieder ins Bett. Es ist spät.«

Cheska sprang auf und befolgte den Befehl ihres Vaters. »Ich wollte was trinken und hab Arthur hier gesehen.« Sie warf mir einen nervösen Blick zu. »Wir … Wir haben nur geredet.«

»Ab ins Bett mit dir!«, rief ihr Vater wieder, und Cheska rannte schnell zur Treppe.

Ihr Vater war ein Arsch.

»Nacht, Cheska«, sagte ich laut.

Ihr Dad drehte sich zu mir um und lief vor Wut rot an.

»Es war schön, dich kennenzulernen.«

Cheska schaute zu mir und blieb wie angewurzelt auf der Treppe stehen. Ich sah, wie es um ihre Lippen zuckte und ein Lächeln auf ihrem atemberaubenden Gesicht erschien.

»Mr Adley, James wird Sie jetzt hinausbringen«, sagte ihr Dad und deutete auf den Butler, der aus dem anderen Zimmer gekommen war.

Ich starrte Cheska noch einige Sekunden an, bevor ich den wütenden Blick ihres Vaters erwiderte.

»Mr Adley, Master Adley«, sagte der Butler, »hier entlang bitte.«

Cheska sah mich mit großen Augen an, während sie »Arthur Adley …« flüsterte. Ihre Wangen wurden blass, und in diesem Moment wusste ich, dass sie von meiner Familie, unserer Firma, unserem berüchtigten Nachnamen gehört hatte. In London kannte fast jeder die Adleys und wusste, dass wir den Tod brachten. Wenn wir zu Besuch kamen, dann deshalb, weil der Betreffende einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte. Dem verfluchten Leibhaftigen persönlich.

Als ich meinen Namen aus ihrem Mund hörte, reckte ich stolz das Kinn vor, bevor ihr Daddy sie fortscheuchte, außer Sichtweite. Ich ging zu meinem Vater, als der Butler die Eingangstür öffnete, und wir traten hinaus in den feucht-kalten Londoner Abend. Geräusche von vorbeirasenden schwarzen Taxis und aufgeblasenen Typen, die aus den schicken Bars des Viertels heraustorkelten, erfüllten die Luft. Als ich wieder ins Auto stieg, warf ich einen letzten Blick auf das Haus in Chelsea. Im oberen rechten Fenster war eine Hand gegen die Scheibe gedrückt, und ein braungrün gesprenkeltes Augenpaar starrte mich an und sah zu, wie ich wegfuhr.

1. KAPITEL

ARTHUR

Marbella

Mit achtzehn

»Kommt raus, ihr Arschgeigen! Die Aussicht ist echt spektakulär!« Eric blinzelte und stieg dann in den engen Shorts, die – wie er behauptete – seinen Schwanz perfekt zur Geltung brachten, die Treppe zum Deck der Yacht hinauf.

Der Wichser vögelte alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Ich war überrascht, dass ihm sein bestes Stück noch nicht wegen irgendeiner Geschlechtskrankheit abgefallen war.

Neben mir nahm Charlie einen Schluck von seinem Gin und schnippte die Asche seiner Zigarette in den Kristallaschenbecher auf dem gläsernen Couchtisch. »Wenn besagte ›spektakuläre Aussicht‹ kein Haufen Männer ist, die gerade von einer CrossFit-Competition kommen und in Öl eingeschmiert auf Händen und Knien warten, dann werde ich ziemlich enttäuscht sein«, sagte er.

Ich grinste meinen Cousin an, der aussah wie ein fucking König auf einem italienischen Lederthron.

»Artie!«, rief Eric vom Hinterdeck. »Komm. Verdammt. Noch. Mal. Raus. Und zwar sofort! Wir sind in Marbella. Wenn wir nicht in zwei Stunden sternhagelvoll sind und wild vögeln, werde ich jemanden erschießen.«

Er scherzte nicht. Ich hatte selten jemanden erlebt, der so viel Freude am Töten hatte wie Eric. Und dieser Wichser tat es mit einem schmierigen Grinsen im Gesicht.

Ich zündete eine Kippe an, stand von meinem Sessel auf und trat gegen Charlies Fuß. Nachdem ich einen langen Zug genommen hatte, sagte ich: »Steh von diesem verfluchten Sessel auf! Du kommst auch mit.«

Die Tür hinter uns wurde geöffnet. »Sind wir da?«, fragte Freddie und rieb sich verschlafen die Augen. Von uns allen war Freddie am ruhigsten, am introvertiertesten. Doch als Eric uns wieder rief, lächelte selbst er, zog sein T-Shirt aus und stand nur noch in seiner schwarzen Badehose da. Er ging an uns vorbei und stieg die Treppe hinauf zu Eric.

Charlie seufzte und stand von seinem Sessel auf. »Nur damit ihr es wisst, dies ist meine Vorstellung von der Hölle. Marbella im Juli, wie originell!«

»Aber zumindest sind wir mit einer Megayacht hier, du Jammerlappen«, sagte Eric und steckte seinen Kopf in die Kajüte, um zu sehen, ob wir kamen. Er deutete mit dem Kinn auf mich. »Artie, bestell schon mal das Bier. Und sorg dafür, dass es fließt.«

Ich funkelte den Vollpfosten an, der versuchte, mich herumzukommandieren.

»Was denn? Wir sind im Urlaub. Du kannst ruhig mal ein paar Tage lang aufhören, den Gangsterboss zu spielen, und einfach einer von uns sein. Alle für einen und der ganze Scheiß.« Eric verschwand, bevor ich meine Faust in sein schönes Gesicht schlagen und ihn zum Schweigen bringen konnte.

Charlie griff zum Hörer und gab dem Personal die Getränkebestellungen durch. »Alles gut«, sagte er danach zu mir. Er nahm das Silbertablett mit unserem besten Koks, das bereits in perfekten Lines angerichtet war. Dann nahm er das reich verzierte gläserne Schnupfröhrchen, das danebenlag, und zog eine Line. Danach bot er mir das Tablett an. Ich zog ebenfalls eine und atmete tief ein, als das Zeug meine Kehle erreichte. »Besser?«, fragte Charlie. Ich nickte, spürte, wie das Koks meine Adern vergiftete und mich extrem wach machte. »Na, dann los. Auf zu den Vergnügungen von Marbella und den anderen Scheißbriten, die es an diese Küste getrieben hat!«

Ich ging gerade zur Treppe, als wieder die Tür zu den Schlafzimmern geöffnet wurde und Vinnie herauskam. Seine Augen waren gerötet, und er irrte im Wohnzimmer der Yacht umher, als wäre er von lebenden, schwer atmenden Dämonen umgeben. Seine Hände zitterten, und er biss sich auf die Lippen. »Sind wir da? Ich wäre jetzt gern da. Ich mag die Wellen nicht so, Artie. Ich mag die Wellen gerade überhaupt nicht. Ich hab genug vom Schwanken«, sagte er und sah durch die Fenster aufs Meer hinaus, die Rückenmuskeln angespannt.

»Wir gehen an Deck, Alter«, sagte Charlie und deutete mit einem Nicken auf die Treppe. »Angeblich erwartet uns eine ›spektakuläre Aussicht‹.«

Vinnies Wange zuckte.

Ich stellte mich vor ihn und wartete, bis er mir in die Augen sah. Seine waren wie immer ausdruckslos, nicht zu deuten, wie Löcher ohne Gefühle. »Hast du deine Medizin genommen?«

Vinnie schenkte mir sein breites, verstörendes Joker-Lächeln, bei dem eine überschwängliche Freude um seinen Mund spielte, die seine Augen nicht erreichte. Vinnie hatte dieses Lächeln, das unseren Feinden Angst einjagte. Es zeigte, wie schräg mein Kumpel wirklich drauf war. »Gerade eben, Arthur. Ich hab die magische Pille gerade geschluckt. Sie ist durch meinen Hals und bis in meinen Magen geflutscht. Ja, ja, die Pille ist futsch«, sagte er und redete in seiner ihm eigenen Art in einem fort. Seine Medikamente bewirkten nichts, außer dass er etwas ruhiger wurde als üblich. Sie ließen ihn weniger unvorhersehbar werden, erleichterten den Umgang mit ihm ein wenig. Doch sie konnten weder etwas gegen die Halluzinationen noch gegen die Stimmen in seinem Kopf ausrichten.

Vinnie war zweieinhalb Zentimeter größer als ich und verdammt muskulös, weil er Gewichte hob, um Dampf abzulassen. Seine blonden Haare, ein wildes Durcheinander auf seinem Kopf, fielen ihm bis zu den Schultern. Seine leeren Augen waren hellgrün, seine Haut mit Narben und Tattoos mit den seltsamsten Motiven bedeckt: allen möglichen Formen, Tieren und einer riesigen Ansammlung auf seinem Rücken. Jeden, der diese Firma bedrohte, würde er in einer Sekunde töten und dabei unentwegt hysterisch lachen. Er hatte bereits mehrere Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken hinter sich, war aber jedes Mal nur noch elender wieder herausgekommen. Und er stand mir so nahe wie ein Bruder. So war es mit allen meinen Freunden. Wir waren die Zukunft des Adley-Unternehmens, egal, wie abgefuckt wir alle waren.

Charlie ging in seinen Burberry-Shorts als Erster die Treppe hinauf. Vinnie folgte ihm, unablässig hüpfend und vor sich hin summend. Ich zog mein T-Shirt aus, warf es auf die Couch und knotete den Bund meiner Shorts zu. Erst vor einer Stunde hatten wir in Marbella angelegt. Wir befanden uns auf der Fünfzig-Millionen-Pfund-Yacht meines Vaters und hatten uns soeben neben die anderen »wohlhabenden Familien« gestellt. Natürlich verdienten sie ihr Geld nicht so wie wir. Und sie würden uns dafür hassen. Ein Hinweis auf unseren East-End-Cockney-Akzent und sie würden ihre Spießernasen über uns rümpfen.

Was uns scheißegal war.

Ich schob meine Brille hoch und stieg die Treppe hinauf. Die Hitze der spanischen Sonne traf mich wie eine eiserne Faust, und ich strich mir die Haare aus der Stirn. Um uns herum standen weiße mediterrane Gebäude, und in den Restaurants und Bars saßen Touristen, die unsere Yacht anstarrten.

Ich ging zu meinen Freunden auf das Hinterdeck, das einen Blick auf die Lokale bot, und nahm ein Bier von Eric entgegen.

Er breitete die Arme aus. »Willkommen im Paradies, Jungs.«

Ich nahm einen Schluck von meinem Bier und warf einen flüchtigen Blick auf die Yacht neben uns. Auf dem Hinterdeck war niemand zu sehen, doch dann hörte ich, wie sich Leute auf dem Bug mit Meerblick unterhielten.

»Wo soll jetzt diese spektakuläre Aussicht sein?«, fragte Charlie und zündete sich eine neue Zigarette an.

Eric zuckte unter dem erwartungsvollen Blick meines Cousins zusammen. »Na ja, vielleicht nicht spektakulär für dich, Charlie, aber auf jeden Fall für den Rest von uns.« Er warf einen Blick auf Vinnie, der auf dem Hinterdeck Runden drehte wie auf einer Rennstrecke, und zog die Nase kraus. »Okay, vielleicht auch nicht für unseren hauseigenen Spinner hier, weil er schon eine Freundin hat. Aber für mich, Freddie und Artie ist es eine mega Aussicht!«

»Die Geschichte meines Lebens.« Charlie grinste mich an. Ich folgte Eric, der zum Hauptsonnendeck an der Vorderseite auf der Yacht ging.

»Geht’s schon besser?«, fragte ich Vinnie. Er nickte, und ich konnte in seinen Augen sehen, dass die Wirkung der Medikamente eingesetzt hatte. Seine Pupillen waren etwas geweitet, und das Zittern seiner Hände hatte nachgelassen.

»Ich werde mit jeder Sekunde ruhiger, Artie. Mit jeder Sekunde ruhiger.« Er lächelte wieder, und seine tiefen Grübchen ließen ihn viel unschuldiger aussehen, als er in Wirklichkeit war. Ich legte meine Hand auf seine Schulter, direkt auf das dort eintätowierte Nosferatu-Gesicht mit scharfen Vampirzähnen.

»Und, neben wem liegen wir?«, wollte Freddie von Eric wissen. Freddie war einen Meter achtundachtzig und hatte dunkelbraune Haare und braune Augen. Er war ein schlanker Typ, doch er konnte kämpfen wie ein wild gewordener Rottweiler. Vor langer Zeit war sein Vater gestorben, für die Firma. Ein Russe hatte ihm direkt in die Stirn geschossen. Danach hatte mein Dad Freddie mehr oder weniger adoptiert. Seit einigen Jahren wohnte er bei uns in unserer alten Kirche. Er war schon vor dem Tod seines Vaters ruhig gewesen. Verglichen mit dem Rest meiner großmäuligen Kumpel war er inzwischen beinahe stumm.

»Warte, bis du’s siehst«, sagte Eric und bewegte seine Augenbrauen auf und ab. Eric war einen Meter fünfundneunzig, blond und mit knallbunten Horrorclown-Tattoos übersät. Seine Haare sahen aus, als käme er geradewegs aus dem Zweiten Weltkrieg, zur Seite gekämmt wie bei einem guten britischen Soldaten. Er behauptete, die Frauen würden darauf fliegen. Wir wussten alle, dass damit hauptsächlich Betsy gemeint war, meine Cousine und Charlies kleine Schwester. Doch weder er noch Betsy sprachen je darüber. Abgesehen davon hielt er fast nie den Mund. Aber das spielte keine Rolle, wenn es hart auf hart kam. Er hielt einem immer den Rücken frei, ohne zu zögern. Auf ihn war stets Verlass.

Als wir um die Ecke bogen, registrierte ich eine Bewegung auf der Yacht neben uns. Mädchen in Bikinis, manche von ihnen oben ohne. Es ließ mich völlig kalt. Hatte man einmal ein Paar Brüste gesehen, kannte man sie alle. Bereits gelangweilt, zündete ich eine neue Kippe an und ging zum Bug der Yacht. Ich blickte hinaus aufs Meer.

»Schöne Titten, Süße!«, hörte ich Eric hinter mir rufen.

Ich warf einen Blick auf die Yacht neben uns und sah zwei junge Frauen, die sich sonnten und in unsere Richtung blickten – die eine mit dunkler Haut und pechschwarzer Mähne, die ihr in spiralförmigen Locken auf die Schultern fiel, die andere mit leicht sommersprossigem Teint und roten Haaren, die ihr bis zur Hüfte reichten.

Eigentlich wollte ich mich schon abwenden, doch dann kam jemand von unten an Deck und ging zu den beiden Sonnenanbeterinnen. Ich wollte meine Zigarette gerade zum Mund führen, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne, als ich ihre langen Beine und ihre hellbraune Haut sah. Ihre braunen Haare, die sie hochgebunden hatte. Sie trug einen weißen Bikini, der ihre Sanduhrfigur perfekt zur Geltung brachte.

Als hätte sie meinen Blick bemerkt, sah sie herüber, und in diesem Moment erkannte ich jene Augen wieder. Jene verdammt großen Augen, die mich unbeirrt ansahen und mit jeder Sekunde größer wurden. Braungrüne Augen, die ich nie vergessen hatte …

Cheska Harlow-Wright …

Die Erinnerung traf mein Gehirn wie ein Schlag mit der Brechstange. Die Erinnerung an ihren vornehmen Akzent hatte sich in meinem Gehör eingenistet. Chelsea Girl. In all den Jahren hatte ich dieses supervornehme Mädchen aus dem noblen Stadtteil nie vergessen.

Cheska blieb wie angewurzelt stehen und verschüttete dabei den eleganten roten Drink in ihrer Hand. »Cheska!«, rief eine ihrer Freundinnen und wischte ihr das Getränk vom Bauch. Doch Cheska rührte sich nicht. Sie starrte mich einfach weiter an.

Ich ließ den Blick an ihrem Körper hinabwandern, verschlang jede noch so kleine Stelle davon. Chelsea Girl war erwachsen geworden. Und sie war noch viel hübscher als damals. Ohne den Blick abzuwenden, zog ich an meiner Kippe und ging zu meinen Freunden. Cheska, deren Wangen sich gerötet hatten, ließ mich keinen Moment aus den Augen. Ich hatte oft an dieses Mädchen gedacht. Und hier war sie, stand direkt vor mir in Marbella.

Ich blieb neben Charlie stehen. Allein beim Anblick von Chelsea Girls roten Lippen schwoll mein Schwanz an.

Mein Cousin lehnte sich zu mir. »Ist das eine Freundin von dir, Alter?«, fragte er und deutete mit dem Kinn auf Cheska.

Ich sah meinen Cousin mit schmalen Augen an, der wissend lachte. Ich lachte nicht. Ich stellte mir vor, wie sie unter mir lag, wie ich sie hart nahm, drei Finger in sie steckte.

Charlie ließ sich auf den Liegestuhl hinter uns fallen. »Weckt mich auf, wenn was Interessantes passiert.« Er streckte sich auf dem cremefarbenen Liegestuhl aus und schloss die Augen.

Ich grinste das Mädchen mit der dunkelbraunen Haut an, das Charlie anstarrte, als wollte sie ihn verschlingen. Die Arme hatte nichts zu bieten, was Charlies Interesse geweckt hätte. Pussys lösten nichts als Abwehr in ihm aus. Aber die Frauen waren immer scharf auf ihn. Er hatte braune Haare und braune Augen, war einen Meter zweiundneunzig und ein Muskelprotz. Freddie nannte ihn den feuchten Traum einer jeden Frau. Mein Cousin war zugleich der skrupelloseste Hurensohn, dem ich je begegnet war. Niemand, der sich mit Charlie Adley anlegte, würde den nächsten Tag überleben. Deshalb war er meine rechte Hand und mein bester Freund. Ich vertraute ihm blind.

»Wie heißt ihr, Ladys?«, rief Eric Cheska und ihren Freundinnen zu. Die Rothaarige zeigte ihm als Antwort den Mittelfinger. Eric legte sich eine Hand auf die Brust. »Das hat mich getroffen, meine Schöne. Scheiße, das hat mich echt getroffen!«

»Dann verpiss dich!«, rief sie zurück. Eric lachte, aber sie hatte keine Ahnung, dass sie soeben zu seiner nächsten Eroberung geworden war.

Ich beobachtete Cheska, die ihren Drink auf den Tisch neben ihren Freundinnen stellte. Ihr Blick wich mir immer wieder aus, bevor er wieder auf mir lag. Ich nahm einen Schluck von meinem Bier. Sie schien schneller zu atmen, während ich sie beobachtete. Ich sah, wie ihre Brustwarzen hart wurden, und wollte nichts mehr, als sie auf meiner Zunge zu spüren – ich wollte alles von ihr schmecken. Ihre Brüste, ihre gebräunte Haut und ihre poshe Pussy.

Ich schnippte meine Zigarette auf den Boden, als zu meiner Rechten Motoren aufheulten. Vier Typen fuhren mit Jetskis auf Cheskas Yacht zu. Mit schmalen Augen beobachtete ich, wie die Arschlöcher ihre Motoren neben der Yacht abstellten, die Leiter hinaufkletterten und an Deck kamen.

Ein hübscher Blonder ging zu Cheska und küsste sie auf die Wange. Mein Blut kochte. Plötzlich überkam mich das Bedürfnis, dem Arschloch den Kopf abzureißen. Cheskas Blick blieb mit meinem verschränkt, selbst als der Wichser eine Hand auf ihren Hintern legte und zudrückte. Chelsea Girl hatte einen Freund.

Für mich war er so gut wie tot.

Dann blickte das Stück Scheiße hinüber zu meiner Yacht.

»Wer zum Teufel sind diese Typen?«, fragte er die Frauen, während sich seine lächerlichen Freunde hinter ihm aufstellten, als glaubten sie, bedrohlich wirken zu können. Sie hatten keinen blassen Schimmer, wen sie da gerade anglotzten.

Wie durch meine stummen Befehle gelenkt, blickten die Typen plötzlich auf Eric und seine Tätowierungen. Alle seine bunten Tattoos waren Grusel-Clowns mit scharfen Zähnen, Krallen und sadistischen Mündern, aus denen Blut tropfte. Innerhalb von einer Sekunde veränderte sich Erics Lächeln – von schmutzig wegen der Rothaarigen zu vollkommen durchgeknallt –, und das Grinsen in den aristokratischen Gesichtern schwand.

»Wir stellen uns gern vor«, sagte Eric mit tiefer Stimme und starkem Cockney-Akzent.

Freddie trat gegen Charlies Liegestuhl, und mein Cousin öffnete die Augen. »Wir sollten dich doch wecken, wenn was Interessantes passiert.« Freddie deutete auf die Arschlöcher auf der anderen Yacht. »Also, es passiert gerade was ziemlich Interessantes.«

Blitzschnell stand Charlie neben mir. Sein Körper vibrierte vor Aufregung. »Augenweide oder Hackfleisch?«

»Letzteres«, antwortete ich.

»Schade. Der Typ rechts ist durchtrainiert. Er sieht so aus, als könnte er meine Art von harter Tour aushalten.«

Eric deutete auf Freddie, der neben ihm stand. »Freddie Williams.« Dann zeigte er auf Vinnie. »Vinnie Edwards.«

Vinnie rannte zur Seite der Yacht und stieß ein manisches Lachen aus, bei dem seine Nacken- und Schultermuskeln hervortraten. Als sein Lachen verklang, blieb ein breites, gestörtes Grinsen auf seinem Gesicht zurück, und er blieb einfach dort stehen und starrte hinüber.

Die vornehmen Wichser gingen einen ängstlichen Schritt zurück, als würde mein Kumpel jeden Moment einen Stabsprung über das Meer hinlegen und auf ihrem Deck landen. »Bleib ruhig«, sagte ich so laut, dass Vinnie mich hören konnte. Ich hörte ihn ein- und ausatmen, und er tat, was ich gesagt hatte, doch sein Lächeln blieb. Das Gute an Vinnie war, dass er immer auf mich hörte. Ich war der große Bruder seiner Seelenverwandten. Er würde niemals gegen mich vorgehen. Wegen Pearl. Alles, was er tat, war für oder wegen Pearl.

»Ich bin Eric Mason«, stellte Eric sich vor und deutete im Anschluss auf Charlie. »Und das ist Charlie Adley.« Dann kam er zu mir und legte einen Arm um meinen Hals. Ich heftete meinen Blick wieder auf Cheska. »Und last but not least Arthur Adley.« Eric führte eine spöttische Verbeugung vor den Typen auf der Yacht gegenüber aus. »Schön, euch kennenzulernen.« Er verlor seinen ironischen Unterton. »Ihr habt vielleicht schon von uns gehört.«

Dem Vollpfosten, der Cheska geküsst und das Maul aufgerissen hatte, verging das überhebliche Grinsen. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Natürlich hatte das Arschloch schon von uns gehört. Cheskas Freundinnen, die auf den Liegestühlen gelegen hatten, blickten schnell zu Cheska. Sie beobachtete mich mit Argusaugen. Ihre Augenlider senkten sich leicht, und eine leichte Röte kroch ihren Hals hinauf. Ich wollte diese Röte mit der Zunge nachzeichnen und wusste, dass Chelsea Girl es lieben würde.

»Kommt«, sagte der Arsch zu seinen Kumpels, die sich hinter ihm vor Angst förmlich in die Hose machten. Der ganze Mut war dahin. »Lasst uns was unter Deck trinken.« Sie huschten davon wie die feigen Ratten, die sie waren, und Cheskas Freundinnen gingen schnell hinter ihnen her.

»Kommt«, sagte Eric zu uns allen, »lasst uns die Strandbars abchecken! Bei diesen Society Girls muss man sich einfach zu viel anstrengen. Und wenn ich noch einmal diese Wichser sehen muss, werde ich sie umlegen.« Er ließ die Augenbrauen auf und ab hüpfen. »Wir sollten am ersten Tag nicht zu viel Spaß haben, sonst wird der Rest des Urlaubs ein Reinfall. Am besten heben wir uns das Blutvergießen bis zum Schluss auf. Dann verabschieden wir uns mit einem Knall.«

Freddie lachte und warf einen Arm um Erics Schultern, dessen Clown-Tattoos aussahen, als würden sie jeden Moment aus seiner Haut herauskriechen.

»Strandbar. Ganz toll«, sagte Charlie in sarkastischem Ton, als Eric und Freddie von der Yacht stiegen und zur Marina gingen. Er legte eine Hand auf Vinnies Schulter. »Komm, wir lassen uns volllaufen, Alter! Du kannst den Touristen ein bisschen Angst einjagen. Das wird lustig.«

»Klingt nach einem guten Spiel. Das wird lustig, bis Pearl aufwacht.« Vinnie ließ seine Handknöchel knacken und hüpfte zum Heck der Yacht.

Charlie drehte sich zu mir um. Ich hatte mich nicht bewegt, denn ich war zu sehr mit etwas anderem beschäftigt. »Wenn ich Sand in meine Arschritze bekomme, dann musst du das auch, Cousin«, sagte er.

Ich bewegte mein Kinn vor, um ihn wortlos wissen zu lassen, dass ich gleich kommen würde. Als er sich nicht rührte, warf ich einen Blick in seine Richtung. Charlie runzelte die Stirn, sah dann zu Cheska, die immer noch auf dem Sonnendeck ihrer Yacht stand und der nach wie vor meine gesamte Aufmerksamkeit galt. »Verdammt«, murmelte er und verschwand.

Ich zündete wieder eine Kippe an, während Cheska mich weiter mit verstohlenen Blicken musterte, und steckte eine Hand in meine Hosentasche. Mit ihren braungrünen Augen betrachtete sie mich von oben bis unten, bevor ihr Blick an meinen Oberkörper-Tattoos von Big Ben und der historischen Londoner Altstadt hängen blieb. Ihre Wangen liefen wieder rot an, und ich spürte, wie mein Schwanz begann anzuschwellen. Sie näherte sich der Seite der Yacht. Ich stand still da, um zu sehen, was sie tun würde. Ihre Brüste waren immer noch recht klein, aber sie würden perfekt in meine Hand passen. Ich nahm einen weiteren Zug von meiner Zigarette, als Cheska die Reling erreichte.

Sie starrte mehrere Sekunden lang auf das Wasser weiter unten, ehe sie aufblickte und den Mund öffnete, um etwas zu sagen, doch da tauchte Arschgesicht hinter ihr auf.

»Cheska?«

Sie ließ die Schultern hängen. Ich fragte mich, ob sie den Wichser genauso gern zum Teufel gejagt hätte wie ich. Ich wollte ihre Stimme hören. Ich wollte wissen, was sie mir nach fünf Jahren zu sagen hatte. Als Arschgesicht mich ansah, bemühte er sich, hart auszusehen, zog die Schultern zurück und musterte mich mit schmalen Augen. Wahrscheinlich versuchte er gerade, sich nicht einzuscheißen.

Als ich beim Anblick seines schwächlichen Versuchs grinste, spannte er sich an. Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er nahm Cheskas Hand und zog sie zurück. »Komm, Cheska. Lass uns gehen.« Sie folgte ihm, und ich sah ihr hinterher, ließ das Nikotin meine Lungen füllen.

Cheska warf mir einen letzten Blick über die Schulter zu, woraufhin ich meine Kippe über Bord schnippte und vom Sonnendeck zu meinen Kumpels ging. Als ich auf dem Steg an der Marina ankam, warteten meine Brüder schon alle. Ich blickte an Cheskas Yacht hoch, und im oberen Fenster stand wie vor fünf Jahren Chelsea Girl mit ihren braungrünen Augen, die mich anstarrten und zusahen, wie ich wegging.

Das Coke und das Molly rauschten durch meine Adern. Bunte Lichter schwirrten über dem Dancefloor, und Trance dröhnte aus den Boxen in der Umgebung. Auf mir räkelte sich irgendeine Tussi in einem kurzen blauen Kleid, die mit ihren aufgespritzten Lippen meinen Hals küsste, während ich Whisky trank und meinen Joint rauchte. Um sie abzuwimmeln, war ich viel zu dicht. Ich drehte meinen Kopf zur Tanzfläche und beobachtete von unserem Tisch im VIP-Bereich aus, wie sich die Tanzenden aneinanderrieben, als die Kleine mir eine Hand in die Hose steckte, über meine Boxershorts strich und meinen Schwanz rieb. Die Leute waren alle high von Drogen, Alkohol und der Freiheit ihres zweiwöchigen Urlaubs in der Sonne, fernab vom grauen Himmel Englands und ihrem banalen Scheißleben.

Das Mädchen auf meinem Schoß umfasste meinen Schwanz, als gerade eine Gruppe von Leuten an einen Tisch neben uns kam. Auf meinen Brillengläsern spiegelten sich die grünen Laserstrahlen des Clubs, weshalb ich nur verschwommen sehen konnte … Doch als ich den Blick fokussierte, sah ich eine Brünette in einem eng anliegenden rosa Kleid … Und dann war sie alles, was ich sehen konnte. Dunkle Haare, die ihr bis auf den Rücken fielen, lange Beine, eine Wahnsinnsfigur … und den Blick geradewegs auf mich gerichtet.

Cheska.

Als die Lichter von Grün zu Gelb wechselten, wurde sie ganz klar. Ich grinste, aber mein Grinsen schwand sofort, als das Arschgesicht von der Yacht ihr Gesicht umfasste und sie küsste. Mein Herz pochte in meinen Ohren; die Drogen ließen meine Adern anschwellen und fickten mein Gehirn. Cheska erwiderte den Kuss halbherzig. Sie hatte die Augen geöffnet. Und sah mich an.

»Fick mich«, sagte die Kleine auf meinem Schoß. Sie machte das nicht zum ersten Mal. Und sie war scharf auf meinen Schwanz. Wahrscheinlich hatte sie uns im VIP-Bereich gesehen und wollte dem überfüllten Dancefloor mal eine Nacht lang entkommen und sich mit Männern umgeben, die ihr Drinks spendieren konnten. Doch sie fasste mich unaufhörlich an, seit sie mich zum ersten Mal gesehen hatte. »Berühr mich«, sagte sie wieder. Ich wollte sie nicht anfassen. Ich konnte mich nur nicht dazu aufraffen, sie abzuschütteln. Die Drogen wirkten schnell und sie war da, mehr steckte nicht dahinter. Für kein Geld der Welt hätte ich die Kleine haben wollen … Aber jetzt war Cheska hier.

Und ich wollte sehen, wie sie in Flammen aufging.

Den Blick auf Cheska geheftet, in deren Mund Arschgesichts Zunge ihr Unwesen trieb, ließ ich die Hand unter das Kleid des Mädchens gleiten. Cheska verfolgte jede meiner Bewegungen. Ich ließ sie keine Sekunde aus den Augen. Ich schob ihren Tanga beiseite und drang mit einem Finger in sie ein. Sie schrie auf, ihre Nägel bohrten sich in meine Schultern.

Arschgesicht küsste Cheskas Hals und saugte an ihrer Haut, sodass sie mich und die Bewegungen meiner Hand ungehindert sehen konnte. Cheskas Augen weiteten sich, und ihre Wangen wurden dunkelrot. Ihre Brust bewegte sich auf und ab, und sie rang nach Atem, als ich die Finger in sie reinsteckte. Es war mir scheißegal, ob die Kleine kam. Aber ich wollte, dass Cheska sich selbst in ihr sah. Sie auf meinem Schoß, statt von dem Vollpfosten abgesabbert zu werden, der gerade versuchte, ihren Hals zu verschlingen.

Das Mädchen schrie auf, und sie verkrampfte sich um meine Finger, während ich sie zum Höhepunkt brachte. Die laute Musik übertönte ihre Schreie, doch an Cheskas geöffneten Lippen erkannte ich, dass sie sie gehört hatte. Sie wollte sich an mich lehnen, aber ich hielt sie an der Stirn von mir weggedrückt, wollte sie nicht mehr in meiner Nähe haben. »Verpiss dich«, sagte ich, ohne auch nur in ihre Richtung zu sehen. Ich schob ihren Hintern von mir herunter, setzte sie auf den Stuhl und stand auf.

Ich brauchte eine fucking Zigarette.

Ich ging durch den Raum und stieß die Tür nach draußen in die Gasse auf. Dort holte ich eine Kippe aus meiner Tasche hervor, zündete sie an und inhalierte tief. Als die Tür neben mir geöffnet wurde, blickte ich auf und sah Chelsea Girl herausschlüpfen. Die Tür fiel krachend hinter ihr zu und ließ sie zusammenzucken. An die Wand gelehnt, führte ich die Zigarette zu meinem Mund und betrachtete sie. Als hätte sie die Intensität meines Blicks gespürt, drehte sie sich von der Tür weg und sah mich an.

Sie atmete zitternd ein. »Ich weiß nicht, warum ich dir gefolgt bin …« Sie kam einen Schritt näher. Fuck, die Drogen waren gut. Es waren natürlich unsere, also wusste ich, dass sie nicht gepanscht waren. Aber sie sorgten dafür, dass dieses Mädchen, das ich vor Jahren zum ersten Mal gesehen hatte, wie ein verfluchter Engel aussah. »Arthur Adley«, sagte sie und lächelte. Ich spürte, wie sich etwas in meiner Brust zusammenzog, als ich meinen Namen aus ihrem Mund hörte.

»Cheska Harlow-Wright«, sagte ich mit meinem starken, gewöhnlichen Cockney-Akzent, der nicht recht zu ihrem fancy Doppelnamen passen wollte.

»Du erinnerst dich an mich?«

Ich schloss die Augen, lehnte den Kopf an die Wand und nahm einen weiteren Zug von meiner Kippe. »Hast du die Show vorhin genossen?«

Ich öffnete die Augen. Chelsea Girls Kinnlade fiel nach unten, und ihre Wangen liefen knallrot an. Ich grinste und wartete darauf, dass sie etwas sagte, doch die Brandschutztür flog auf. Freddie suchte nach mir.

»Artie«, sagte er in ernstem Ton. High hin oder her, mein Körper war sofort in Alarmbereitschaft. »Eric legt sich gerade mit ein paar Großmäulern aus Wales an«, war alles, was er sagte. »Das wird ein fucking Blutbad.«

Ich schloss die Augen und ließ den Kopf wieder gegen die Wand fallen. Dann öffnete ich die Augen, warf die Zigarette auf den Boden und ging an Cheska vorbei, hinter Freddie her zu meinen Kumpels.

Charlie stieß zu uns, nachdem er sich von einem Barkeeper losgerissen hatte, auf den er offensichtlich ein Auge geworfen hatte. »Wir können nicht mal ein paar Stunden unterwegs sein, ohne Blut zu vergießen.« Er lächelte mich breit an. »Ich will mich nicht beklagen. Jason da vorne hat eh angefangen, mich zu nerven. Viele Muskeln, aber nicht genug Köpfchen«, sagte er. »Ich bin echt gelangweilt und hätte nichts dagegen, ein paar Nasen zu brechen.«

»Wie viele?«, fragte ich Freddie, als ich Eric nahe der Eingangstür sah. Er bedachte die Typen, die sich um ihn herum aufgestellt hatten, mit einem tödlichen Lächeln. Ich blickte flüchtig zu Vinnie, der hüpfend hinter uns herkam.

»Ich denke, es ist Zeit zu kämpfen«, sagte Vinnie in die Leere neben ihm. »Zeit zu kämpfen, Baby. Und ich will kämpfen. Ich mag den Geruch und den Geschmack von Blut. Mir gefällt es, brechende Knochen unter meiner Hand zu spüren.« Vinnie drehte sich zu mir. Seine Wangen waren ganz gerötet. »Wir kämpfen doch jetzt, oder, Artie?«, fragte er. »Oder, Charlie?«

»Na klar, Alter«, sagte Charlie und krempelte seine Hemdsärmel hoch. »Wir reden hier von Eric. Der würde noch mit seinem Schatten einen Kampf anfangen.«

Vinnie sah neben sich und lächelte, doch es war nicht sein manisches Lächeln. Dies war sein echtes Lächeln, das allein ihr galt. »Ich verspreche es, mein Schatz«, sagte er wieder in die Leere. »Mir passiert nichts. Mir passiert nie etwas. Du darfst dich nicht aufregen.«

Meine Schwester. Vinnie halluzinierte von meiner Schwester. So ging das, seit sie gestorben war, und durch ihren Tod waren seine Probleme noch schlimmer geworden. Vinnie strich mit einer Hand über ihr imaginäres Gesicht, streichelte nichts als leere Luft. »Du machst dir immer Sorgen um mich, Pearlie Girl. Aber ich würde dich nie verlassen, so, wie du mich nie im Stich lassen würdest.« Man könnte sagen, Vinnie war in einer Beziehung mit dem Geist meiner Schwester, und so ging das schon seit Jahren. Wahrscheinlich war es die einzige Beziehung, die er je führen würde.

»Sie sind zu neunt«, sagte Freddie, und ich richtete meinen Fokus wieder auf ihn. »Eric hat eins ihrer Mädels an der Wand des Clubs gefingert, und ihr Typ hat’s gesehen.«

Ich blieb stehen, als wir Eric erreichten. Er wandte den Blick nicht von den bulligen Wichsern ab, die um ihn herumstanden. Ich steckte die Hände in meine Hosentaschen und starrte den rotgesichtigen Trottel an, der meinen Kumpel gerade mit hasserfülltem Blick ansah.

»Gibt’s ein Problem?«, fragte ich, und der Vollpfosten sah in meine Richtung.

»Gut. Noch mehr von ihnen«, sagte einer und ballte die Hände zu Fäusten.

Ich lächelte kühl. Dann trat ich vor, und ehe der Wichser überhaupt seine Faust schwingen konnte, umfasste ich seinen Kiefer und stieß mit dem Kopf in seine Nase. Er fiel zu Boden, und um uns herum brach die Hölle los. Ein wilder Tumult aus Fäusten und brechenden Knochen, während die Loser um uns herum versuchten, es mit uns aufzunehmen, bevor jeder Einzelne von ihnen zu Boden ging, ohne auch nur einen einzigen Schlag ausgeführt zu haben – es sei denn, wir wollten es so.

Eric senkte die Fäuste und ließ sich von dem größten Typen ins Gesicht schlagen. Sein Kopf flog von einer Seite zur anderen, Blut rann von seinen Lippen. Eric fuhr mit der Zunge über das Blut, dann lächelte er, sodass die Platzwunde größer wurde. Bei seiner Reaktion erstarrte der Typ. Kurz darauf war Eric über ihm. Er drückte ihn nieder und schlug auf sein Gesicht ein, bis der Kerl bewusstlos war. Ich trat zurück, holte eine Zigarette hervor und blickte auf die am Boden liegenden Opfer. Ich nahm einen Zug, ließ Eric seinen Moment des Blutvergießens, ehe ich ihn, die Kippe zwischen die Lippen geklemmt, von dem ohnmächtigen Typen wegzog.

»Raus!«, befahl ich Eric. Er atmete schwer, seine Knöchel waren vom vielen Schlagen aufgeplatzt. Wir gingen an den Türstehern vorbei. Ich deutete mit dem Kinn auf die Horde stöhnender Arschlöcher, die versuchten, vom Boden aufzustehen. »Schmeißt die Wichser raus.« Die Türsteher gingen zu den Walisern, ohne Fragen zu stellen. Die Adleys hatten das Sagen in dieser Stadt. Niemand, der hier arbeitete, würde es wagen, ein Wort von mir zu hinterfragen, es sei denn, derjenige war lebensmüde. Meine Familie hatte Männer in ganz Europa ausbezahlt. In Spanien herrschten wir mit unserem Stoff.

Ich bahnte mir einen Weg durch die überfüllte Straße, wo mir Betrunkene aus Großbritannien vor die Füße fielen. Als ein sturzbesoffener Typ vor mir auf den Boden fiel, stieß ich ihn beiseite.

»Yo, Alter! Willst du sterben, oder was?«, schnauzte er, stand torkelnd auf und versuchte, sich mir zu nähern.

Charlie ging auf ihn zu, versetzte dem Arschloch eine Kopfnuss und stieß dann wieder zu uns, als wäre nichts geschehen. Der Wichser brach zusammen, woraufhin seine Kumpels sich um ihn scharten.

Wir blieben auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen, wo ich Eric eine Kippe zuwarf. Das Arschloch zwinkerte und grinste, bevor er sie anzündete. An seinem Kinn klebte immer noch Blut, und er machte keine Anstalten, es wegzuwischen. Ich sah mich in meiner Familie um. Alle unsere Knöchel waren blutverschmiert.

»All das, weil du eine Schlampe gefingert hast?«, fragte Freddie Eric. »Hoffentlich war sie’s wert.«

Eric hob eine Hand und legte seine Finger unter Freddies Nase. »Sag du’s mir.«

Als Freddie seine Hand wegschlug, lachte Eric. Ich nahm meine Brille ab und wischte gerade die Blutspritzer von den Gläsern, als jemand »Adley« rief. Ich drehte mich um, und vor mir stand Ollie Lawson. Beim Anblick seiner überheblichen Fresse zog ich eine Grimasse.

Ich setzte meine Brille wieder auf, nahm einen Zug von meiner Kippe und blies den Rauch direkt in sein Gesicht. Ollies Nasenlöcher blähten sich auf, doch er würde es nicht wagen, die Hand gegen mich zu erheben. Sein Alter besaß ein paar Docks in London. Ein legitimes Unternehmen. Import und Export. Lawsons Vater hatte meinem Dad im Laufe der Jahre Millionen geboten, um sich unsere ebenfalls unter den Nagel zu reißen. Natürlich immer vergeblich. Die Lawsons waren selbstgefällige Arschkriecher und unerträgliche Nervensägen.

Besonders dieser Wichser. Allein beim Anblick seiner Visage bekam ich Lust, ihm den Schädel einzuschlagen.

»Lawson!« Eric streckte die Arme aus. »Lass dich drücken!«

»Du hast überall Blut auf deinem Kinn«, sagte Lawson, offensichtlich angewidert.

Eric leckte sich demonstrativ das Blut ab. »Alles weg?«, fragte er, obwohl er wusste, dass es nicht so war.

Charlie und Freddie lachten. Vinnie flüsterte etwas in Pearls Ohr, und ich starrte Ollie einfach nur an. Ich hasste diesen Vollpfosten. Er war das Kind reicher Eltern und benahm sich, als würde ihm unsere Stadt gehören.

»Also, wir wollten nur kurz Hallo sagen«, sagte Lawson und deutete auf seine Kumpel. »Wir machen hier Urlaub, genau wie ihr. Eine Auszeit vom dreckigen London, nicht wahr?« Er sah jeden meiner Kumpel an, bis sein Blick an meinem Cousin hängen blieb. »Charlie, in letzter Zeit irgendwelche guten Schwänze gelutscht?«

»Nur den von deinem Alten«, sagte mein Cousin. »Aber dieses Würstchen kann man wohl kaum als Schwanz bezeichnen.«

Ollie riss die Augen auf. Doch wir wussten alle, dass er nicht die Faust erheben würde. Lawson war kein Kämpfer. Er war ein Nobody. Und wir verschwendeten unsere Energie nicht mit Nobodys.

Als Ollies Blick über meine Schulter schweifte, verfiel er in ein breites Grinsen. »Sorry, dass ich unser Gespräch so abrupt beende, Artie, aber da ist jemand, den ich sehen muss.«

Lawson und seine Kumpel gingen an uns vorbei zu dem Club, den wir gerade verlassen hatten. Ich blickte ihnen hinterher, nur um zu sehen, wie dieser Wichser geradewegs auf Cheska zuging. Ich spannte mich an, bereit, auf das Arschloch loszugehen, weil er es wagte, sie überhaupt anzusprechen. Dann umarmte er sie, und Cheska erwiderte die Umarmung.

»Das ist doch die Kleine von der Yacht neben uns!«, sagte Freddie. »Sag bloß, sie kennt Lawson?!«

Meine Nägel schnitten in meine Handfläche, und ich spannte meine Faust so fest an, dass meine Knochen zu brechen drohten. Woher zum Teufel kannte Cheska Ollie Lawson? Lief was zwischen ihnen? Wut stieg in mir auf wie ein verfluchter Dämon. Das war neu. Normalerweise fühlte ich rein gar nichts mehr.

Ich sah sie in den Club gehen. Lawson hatte seinen Arm um Cheskas Taille geschlungen. Ich schloss meine Hand um das Messer in meiner Tasche und kämpfte gegen das Bedürfnis an, ihnen zu folgen. Gerade als ich tief eingeatmet hatte, klingelte das Handy in meiner Tasche. Ich zog es heraus und sah den Namen meines Vaters.

»Dad«, sagte ich, den Blick immer noch auf Lawson gerichtet, den ich durch das Fenster sehen konnte und der mit Cheska zur Bar gegangen war. Sie lächelte ihn an. Offenbar kannte sie ihn gut.

»Du musst deinem Onkel Johnny Bailey einen Besuch abstatten.«

»Was für einen Besuch?«, fragte ich. Meine Kumpel versammelten sich um mich, sahen mich an.

»Einen gründlichen«, sagte Dad.

Auf ein Nicken von mir holte Charlie sein Handy hervor und rief unseren Wagen. »Wir fahren sofort zu ihm.« Ich entfernte mich vom Club und ging in Richtung Hauptstraße.

»Der Schwachkopf hat überall Geschenke verteilt, und wir wissen, dass er es sich nicht leisten kann«, sagte mein Dad. Das war ein Code, nur für den Fall, dass Scotland Yard oder eine andere Behörde mithörte, um etwas Belastendes gegen unsere Firma zu finden – was jedoch nie passieren würde. Wir waren einfach zu vorsichtig.

Dad wollte mir sagen, dass sich Johnny die Koksprofite unter den Nagel gerissen hatte, anstatt sie brav nach London zurückzuschicken. Es spielte keine Rolle, dass er in London jahrelang zum Inner Circle meines Vaters gehört hatte und erst seit ein paar Jahren eine der Routen hier in Marbella leitete. Dad war skrupellos. Und er wollte, dass ich und meine Jungs eine Botschaft an alle schickten, die ebenfalls an fernen Küsten arbeiteten und mit dem Gedanken spielten, vom Adley-Unternehmen zu stehlen.

»Ich ruf dich später zurück«, sagte ich und legte auf.

Als wir die Hauptstraße erreichten, wartete bereits ein Van mit abgedunkelten Fenstern auf uns. Wir stiegen ein, und Eric schloss die Tür. Meine Kumpel sahen mich an. »Wollt ihr noch mehr Spaß?«, fragte ich, und jeder von ihnen begann zu lächeln.

Wir bogen auf die Auffahrt einer Villa ab, die total abgelegen war. Der Fahrer des Vans machte die Scheinwerfer aus, als wir über einen Schotterweg zu Johnnys Villa und dem Keller fuhren, in dem er den Stoff aufbewahrte. Er sollte nicht wissen, dass wir kamen. Ich wollte den Wichser überraschen.

Wir hielten vor der Villa, und ich stieg auf der Beifahrerseite aus. Ich ging über den Hauptweg zur Eingangstür, meine Männer hinter mir. Statt zu klopfen oder zu klingeln, rammte ich meine Schulter gegen die Tür und brach das Schloss auf. Ich ließ meinen Blick durch die Villa und über die Treppe ins Obergeschoss schweifen. Es war niemand da.

»Er muss im Keller sein«, sagte Charlie und stellte sich neben mich. »Ich höre Musik.«

Ich neigte den Kopf zur Seite und hörte sie ebenfalls. Sie kam aus der Küche. Ich deutete mit dem Kopf in diese Richtung, tastete in meiner Tasche nach meinem Messer, öffnete die Kellertür und ging die Treppe hinunter. Die Musik wurde nun lauter, und mit jeder Treppenstufe, die wir hinunterstiegen, konnten wir mehr sehen. Unten reihte sich ein langer Tisch an den anderen, vollbeladen mit Koks, während Johnnys Männer das Zeug in Päckchen abfüllten. Ganz vorne rauchte Johnny eine Zigarette und saß wie ein beschissener Usurpator auf einem Ohrensessel.

Unvermittelt sah er auf. Ich hielt den Blick auf ihn gerichtet. Eine Sekunde lang sah ich die nackte Angst über sein Gesicht huschen. Dann brachte er seine Miene unter Kontrolle und stand auf. Ich blickte zurück zu meinen Brüdern und nickte ihnen kurz zu – macht euch bereit, es geht gleich los.

»Artie, komm her und umarm deinen Onkel Johnny. Ich wusste gar nicht, dass du vorbeikommen würdest, um mich alten Knacker zu besuchen.«

Ich ging auf ihn zu, ohne seine Männer aus den Augen zu lassen. Sie griffen unter die Tische. Zweifellos nach Waffen.

Schließlich blieb ich vor Johnny stehen. Sein Gesicht war knallrot und schwitzig, Tropfen rannen über seine fleckige Haut und fielen auf den von Koks bedeckten Boden unter unseren Füßen. Er schnippte seine Kippe auf den Boden, dann breitete er die Arme aus. Ich rührte mich nicht vom Fleck. Starrte den Schwachkopf einfach vernichtend an. Johnny schluckte und warf einen wachsamen Blick auf meine Männer, die nur auf mein Signal warteten, um diesen Wichsern die Hölle heißzumachen.

»Ich seh schon, so griesgrämig wie eh und je«, sagte er in dem Versuch zu scherzen. Er packte mich und zog mich in eine Umarmung. »Artie, willst du denn deinen alten Onkel gar nicht umarmen?«, fragte er, als meine Arme weiter schlaff an meinen Seiten hingen.