Lost in the Apocalypse - Jan Bittger - E-Book

Lost in the Apocalypse E-Book

Jan Bittger

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Beschreibung

Während sich die Welt langsam von der Corona- Pandemie erholt, breitet sich eine neue, ungewöhnliche Grippeepidemie weltweit aus. Diese Seuche verursacht bei den Infizierten aggressive Verhaltensweisen, Verwandlungen und treibt sie in den Kannibalismus. Jan, der bis dahin ein alltägliches Leben führte, wird durch einen Zufall am Höhepunkt der Epidemie in eine Katastrophe gestürzt, deren Ausmaße die der Pandemie bei weitem überschreiten und ernsthafte Konsequenzen für die Menschheit bedeuten. Er findet sich plötzlich in einem apokalyptischen Szenario wieder und macht sich auf die verzweifelte Suche nach seiner Frau, die sich mit ihren Eltern in der nahegelegenen Stadt Herdecke verschanzt hat. Auf seinem Weg durch die verwüstete Stadt Hagen und darüber hinaus begegnet Jan zahlreichen Herausforderungen, erkundet strategische Orte und wichtige Versorgungsstellen, immer in der Hoffnung, seine Geliebte wiederzufinden. Dabei begegnet er anderen Überlebenden, um gemeinsam in dieser neuen, gefährlichen Welt zu bestehen.

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Alle Namen, Orte, Organisationen, Ereignisse und sonstigen Details in diesem Roman sind entweder frei erfunden oder werden ausschließlich zur Schaffung eines glaubhaften Szenarios verwendet. Sie stehen in keiner Verbindung zur Wirklichkeit. Diese Erzählung ist eine rein fiktive Schöpfung, die weder geschehen ist noch geschehen wird. Das Ziel dieses Werks ist es, dem Leser lediglich spannende Unterhaltung und fesselnde Momente zu bieten.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1 - Gegenwart

Kapitel 2 - Hunger

Kapitel 3 - Bad News

Kapitel 4 - Tumult

Kapitel 5 - Wie konnte das passieren?

Kapitel 6 - Vorkehrungen

Kapitel 7 - Aufgewacht

Kapitel 8 - Die guten Zeiten

Kapitel 9 - Untote?

Kapitel 10 - Aufklärung

Kapitel 11 - Umbau & Familie

Kapitel 12 - Aufbruch

Kapitel 13 - Vor zehn Tagen

Kapitel 14 - Chaos & Brüder

Kapitel 15 - Leid & Segen

Kapitel 16 - Verluste & Lebenszeichen

Kapitel 17 - Verlorener Freund

Kapitel 18 - Neue Freunde

Kapitel 19 - Wege

Kapitel 20 - Zwischenstopp

Kapitel 21 - Ersehntes Ziel

Kapitel 22 - Alles auf eine Karte

Kapitel 23 - Zusammenschluss

Kapitel 24 - Befreiung

Epilog I

Epilog II

Prolog

„Was ist hier los?“, fragte der stark erschöpfte Mann. Er war nur in ein OP-Hemd gekleidet und auf einer Operationsliege angeschnallt, sein kahlgeschorener Kopf umgeben von der kargen Einrichtung des Raumes. Blendendes, weißes Licht überflutete sein Gesicht, zwang ihn zum Blinzeln und ließ ihn nur einen intensiven Lichtstrahl erkennen. „Hallo? Kann mir jemand erklären, wo ich bin?“, rief er wieder, diesmal mit einem Hauch von Furcht in seiner Stimme. Der Mann rang darum, sich aus den Stricken zu winden, die seine Arme und Beine am OP-Tisch festhielten.

An seinen Armbeugen waren Schläuche angeschlossen, die mit einer automatischen Injektionsapparatur verbunden waren. Drei Bildschirme neben ihm zeigten unterschiedliche lebenswichtige Statistiken, verbunden durch Kabel, die an seinem Körper befestigt waren. Mit wachsender Verzweiflung bemühte er sich, sich durch ruckartige, energische Bewegungen zu befreien, jedoch erfolglos. Seine Schreie und Flüche hallten durch den Raum, gezeichnet von der Ungewissheit über seinen Aufenthaltsort und den Grund seiner Festnahme.

"Beruhigen Sie Subjekt A17", kam ein Befehl aus der Weite des Raumes, dumpf und klar. "Verabreichen Sie ihm 50mg Propofol", befahl die markante, raue Stimme. Subjekt A17 versuchte, seinen Kopf zu drehen, doch auch dieser war fest fixiert. „Was zum Teufel geschieht hier? Helfen Sie mir!“, rief er. Seine Stimme schwoll an. „Zum Teufel, binden Sie mich los! Was soll dieser Unsinn?“

Plötzlich tauchten Gestalten in weißen Kitteln, mit Masken und Kopfbedeckungen, zu beiden Seiten von ihm auf. Die Person zu seiner Linken versuchte ihn zu beruhigen: „Bitte bleiben Sie ruhig. Ihnen wird nichts geschehen.“

„Zum Teufel, was läuft hier ab?“ Sein Rufen verstärkte sich, sein Gesicht lief rot an vor Anspannung.

Der Mann zu seiner Linken gab dem anderen ein Zeichen, der schon eine Spritze bereithielt. „Jetzt“, nickte der Linke. Der Rechte setzte die Spritze zügig in einen zusätzlichen Zugang am rechten Arm des Festgeschnallten. „Hey, was soll der Quatsch? Hört auf damit!“, protestierte der Mann lautstark. „Lasst mich raus!“ Seine Stimme schwächte sich ab, als die Medikamente zu wirken begannen. „Ich will hier r...a...u...s...“, murmelte er, bevor seine Augen sich schlossen und seine Stimme verstummte.

Die beiden maskierten Personen verließen den Raum. Sie befanden sich in einem hermetisch verschlossenen Forschungs- und Operationslabor, das rundum von Beobachtungsfenstern umgeben war. Sie passierten eine Schleuse, wo eine Dekontamination stattfand, bevor sie in den allgemeinen Bereich der Einrichtung traten. „Dr. Ghomi, wie läuft es mit der Entwicklung des neuen Serums?“, fragte eine rauchige Stimme. „Nach siebzehn Fehlschlägen haben wir endlich ein Serum entwickelt, das wirksam sein sollte, Professor Doktor Schaade“, antwortete Dr. Ghomi.

„Das will ich aber auch hoffen, Dr. Ghomi. Ich habe die Nase voll vom Warten. Diese endlosen Forschungszyklen und ständigen Misserfolge belasten unseren Zeitplan enorm. Wir stehen schon mit dem Rücken zur Wand. Stellen Sie sich vor, wie schwierig es ist, Freiwillige für unsere Tests zu gewinnen. Wir können ja schlecht jemanden einfach von der Straße holen. Sollten wir wieder scheitern, wird es Konsequenzen haben, Dr. Ghomi. Und seien Sie versichert, Ihr Name wird dann ganz oben auf der Liste zu finden sein. Verstanden?“ Dr. Schaades Worte waren voller Zorn und Nachdruck, und sie hallten im Kontrollraum wider, der von einem Team von Ärzten besetzt war. „Ja, sicher, Herr Professor Doktor Schaade“, erwiderte Dr. Ghomi zögerlich. Dann wandte er sich an einen anderen Arzt, der an einem umfangreichen Bedienpult mit mehreren Monitoren saß, die die Vitalwerte des Testsubjekts anzeigten. „Sind wir bereit für den finalen Test, Dr. König?“, fragte er. „Ja, alles ist vorbereitet. Wir werden zuerst das Virus verabreichen und dann, etwa zehn Minuten später, das Gegenmittel injizieren. Diesmal muss es klappen“, antwortete Dr. König zuversichtlich.

"Dann sollten wir nicht länger warten. Bitte beginnen Sie mit Sequenz 1", befahl Dr. Ghomi. Dr. König bediente geschickt die Tastatur, führte die notwendigen Befehle aus und startete mit einem Druck auf die Enter-Taste die Testphase. Die automatische Injektionsmaschine wurde aktiviert und eine leicht bläuliche Flüssigkeit begann sich ihren Weg durch die Schläuche in den rechten Arm des Probanden zu bahnen. Dr. Ghomi beobachtete den Vorgang mit einem zustimmenden Nicken. Nach einer zehnminütigen Wartezeit gab Dr. König den Befehl, die nächste Phase einzuleiten. Ein weiteres Injektionssystem setzte sich in Bewegung, diesmal mit einer dunkelroten Flüssigkeit, die langsam in die Venen des Probanden eingespeist wurde. Es dauerte ungefähr zwei Minuten, bis die gesamte Flüssigkeit verabreicht war. Die Anwesenden im Kontrollraum beobachteten gespannt die Monitore, die die Vitalparameter anzeigten, doch die ersten fünf Minuten zeigten keine auffällige Veränderung.

„Dr. König, wie sind die aktuellen Vitalwerte von Subjekt A17?“, erkundigte sich Dr. Schaade, der durch die Glasscheiben den Probanden beobachtete. „Alle Werte sind stabil, das ist ein gutes Zeichen. Der Puls liegt bei 78 Schlägen pro Minute, die Körpertemperatur bei 36,9 Grad und der Blutdruck bei 126/78. Die Hirnströme sind normal, Herr Professor Dr. Schaade. Alles verläuft nach Plan“, berichtete Dr. König erleichtert.

„Hmmmm“, war die einzige, nachdenkliche Reaktion von Dr. Schaade. Die Ärzte im Raum tauschten erleichterte Blicke aus, erfreut über den bisherigen Verlauf des Experiments, da alle vorherigen Versuche bereits in der Injektionsphase gescheitert waren. Kein Proband hatte bislang die vollständige Verabreichung des Serums überstanden. Nach weiteren fünf Minuten, in denen eine aufgeregte und hoffnungsvolle Atmosphäre herrschte, richtete Dr. Schaade seinen Blick unverwandt auf Subjekt A17.

Plötzlich bemerkte er eine kleine Bewegung – ein leichtes Zucken. Er versuchte, das Gesehene zu verarbeiten. „Dr. König“, rief Dr. Schaade mit rauer Stimme. „Ja, Professor?“, antwortete Dr. König prompt. „Wie lauten die aktuellen Parameter?“

Dr. König drehte sich zu den Monitoren um. „Alles scheint normal, Professor“, berichtete er anfangs, doch dann hielt er inne: „Ein Moment, hier gibt es eine Abweichung.“ Er beugte sich näher zu den Bildschirmen, dann blickte er durch die Glasscheibe hinunter auf Subjekt A17. Ein weiteres, schwaches Zucken des Probanden wurde sichtbar. Sowohl Dr. König als auch Dr. Ghomi beobachteten gespannt die Vitalwerte. Der Puls des Probanden begann zu steigen, seine Temperatur erreichte 37,8 Grad, und der Blutdruck schnellte innerhalb weniger Sekunden auf 160/120 hoch. Die Aufzeichnungen der Hirnaktivität zeigten ungewöhnlich starke Muster.

Eine gespannte Stille legte sich über die Anwesenden im Kontrollraum, während mehrere Ärzte durch die Glasscheibe hinunter in den Forschungsraum blickten. Der Proband begann nun in regelmäßigen Intervallen am ganzen Körper zu zucken; diese Bewegungen wurden zunehmend heftiger. Auf den Monitoren eskalierten die Werte weiter: Der Puls erreichte etwa 220 Schläge pro Minute, die Temperatur stieg auf über 39,9 Grad, und die Hirnaktivität schien sich zu verdoppeln.

Die Lage eskalierte rasch: Der Körper des Probanden zuckte so heftig, dass es schien, als könnte er jeden Moment von der Liege springen, wären da nicht die festen Fesseln gewesen. Doch plötzlich flachte jedes Signal ab; alle Vitalparameter erloschen und der Körper blieb reglos liegen. Das EKG zeigte keine Aktivität, die Temperatur stieg weiter über 40 Grad, Puls, Blutdruck und Hirnaktivität waren nicht mehr nachweisbar. Professor Dr. Schaade trat zu den Monitoren, legte seine Hand auf Dr. Ghomis Schulter und blickte auf die nun stummen Anzeigen. „Dr. Ghomi, Sie meinten, alles sei unter Kontrolle. Nun haben wir hier einen weiteren Toten, ohne jeglichen Fortschritt“, sagte er mit einem zornigen, doch beherrschten Ton. Dr. Ghomi stand sprachlos da, unfähig, zu antworten.

Plötzlich unterbrach eine zitternde Stimme die Stille. „Professor Dr. Schaade, bitte schauen Sie hierher“, rief ein Assistenzarzt, der auf den Probanden zeigte. Alle blickten erneut in den Forschungsraum. Dort saß der Proband aufrecht, die Arme befreit von den Fesseln, ruhig und mit geradem Blick sitzend auf dem OP-Tisch. „Wie ist das möglich?“, murmelte Dr. Ghomi fassungslos. „Interessant“, entfuhr es Professor Dr. Schaade, während ein Funke von Neugier in seinen Augen aufblitzte. Die unerwartete Wendung ließ ihn sichtlich fasziniert zurück. „Es scheint, als wende sich das Blatt doch noch zu unseren Gunsten, Dr. Ghomi“, sagte er mit einem schadenfrohen Grinsen und einem erwartungsvollen, düsteren Unterton in seiner Stimme. Dr. Ghomi stand da, überwältigt von der Entwicklung. „Was tun wir jetzt?“, fragte er, deutlich verunsichert.

„Na was wohl? Schicken Sie zwei Ärzte runter, um den Probanden zu untersuchen“, wies Professor Dr. Schaade bestimmt an. Dr. Ghomi nickte und wandte sich dann an seine Kollegen. „Dr. Dao, Dr. Mertens, würden Sie sich bitte bereitmachen, um den Probanden zu untersuchen?“, fragte er, seine Stimme klang unsicher, fast als hätte er nicht erwartet, solch eine Anweisung zu geben.

Die Ärzte, Dr. Dao und Dr. Mertens, tauschten einen kurzen, verständigen Blick und nickten sich gegenseitig zu, bevor sie durch eine sterile Schleuse in einen Nebenraum schritten. Eine Treppe führte sie hinab, wo sie sich in sterile Anzüge kleideten, um für die Untersuchung des Probanden gewappnet zu sein. Währenddessen verharrte der Proband reglos auf dem Operationstisch – auch nach fünfzehn Minuten hatte er sich keinen Millimeter bewegt. Von oben herab, hinter einer Sicherheitsscheibe, beobachteten Professor Dr. Schaade, Prof. Dr. Ghomi, Dr. König und weitere Anwesende mit gebannter Spannung das Szenario.

Schließlich, nun in weiße ABC-Schutzanzüge gehüllt, betraten die beiden Ärzte wieder den Raum. Sie näherten sich dem Probanden langsam und bedacht, bis sie etwa drei Meter von ihm entfernt stehen blieben.

Die Verzögerung rief sichtlich den Unmut von Professor Dr. Schaade hervor. Er drückte entschieden einen Knopf neben dem Beobachtungsfenster und hielt ihn fest. „Was zögern Sie? Wir erwarten konkrete Ergebnisse. Untersuchen Sie den Probanden ordnungsgemäß!“, forderte er mit nachdrücklicher, befehlender Stimme. Nachdem er den Knopf losgelassen hatte, verschränkte er die Arme und fixierte mit scharfem Blick das Geschehen unter ihm.

Die Ärzte setzten daraufhin ihren Weg fort, entschlossen, den Anweisungen zu folgen. Sie bewegten sich langsam, aber sicher auf den Probanden zu, der trotz ihrer Nähe keinerlei Reaktion zeigte. Während sie sich auf die Untersuchung vorbereiteten, arrangierten die Ärzte die notwendigen medizinischen Instrumente auf einem Tisch, den sie nahe an den OP-Tisch heranschoben. „Wir beginnen mit der Temperaturmessung“, sagte Dr. Dao, als er ein Thermometer vom Instrumententisch nahm und sich dem Probanden näherte. „Seine Hautbeschaffenheit ist ungewöhnlich“, bemerkte er besorgt.

Dr. Ghomi, der gerade an der Freisprecheinrichtung stand, fragte nach: „Können Sie bitte genauer beschreiben, was Sie mit ‚ungewöhnlich‘ meinen, Dr. Dao?“

Dr. Dao blickte in seinem Schutzanzug kurz nach oben und nickte den Ärzten zu.

„Die Haut des Probanden ist blass und mit Schweiß bedeckt. Die Adern haben sich schwarz verfärbt, und dieses Muster erstreckt sich über den gesamten sichtbaren Körperbereich. Eine detaillierte Analyse wird später erforderlich sein“, erklärte Dr. Dao.

Nach dieser ersten Einschätzung fuhr Dr. Dao fort, unterstützt von Dr. Mertens. Sie arbeiteten systematisch daran, den Gesundheitszustand des Probanden vollständig zu erfassen. Dr. Dao benutzte ein fortschrittliches Thermometer, das die Temperatur mittels eines roten Laserpunktes anzeigt, und war überrascht über das Ergebnis. „Die Temperatur beträgt 41,6 Grad Celsius“, gab er bekannt, nachdem er die Messung überprüft und bestätigt hatte. Die hohe Temperatur wurde auch auf den Anzeigen im Kontrollraum sichtbar. Er legte das Thermometer beiseite, um Platz für weitere Untersuchungen zu schaffen.

Dr. Mertens, bereit für den nächsten Schritt, nahm eine Taschenlampe zur Hand. „Jetzt prüfen wir die periphere Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit“, sagte er, während er sich dem Probanden näherte, um den Kopf anzuheben und die Pupillenreflexe zu testen. Als Dr. Mertens sich vorbeugte, bemerkte er, wie schwarzer Schleim auf den Schoß des Probanden tropfte. Dieser unerwartete Anblick hielt ihn in Atem, als er das volle Ausmaß der Infektion erfasste. Er zögerte kurz, fasste dann doch Mut, griff nach dem Kinn des Probanden, Subjekt A17, und hob vorsichtig dessen Kopf an. Plötzlich erschrak Dr. Mertens ließ die Tischlampe fallen, die auf dem Boden zerschellte und ein klirrendes Geräusch von sich gab.

Die Reaktion des Probanden darauf war unerwartet und heftig. Subjekt A17, nun scheinbar völlig außer Kontrolle, zeigte keine menschliche Regung oder Empathie. Sein Angriff war rücksichtslos und brutal. Dr. Dao, geschockt von der plötzlichen Wendung, zog sich hastig zurück, um sich in Sicherheit zu bringen. Was einst eine geordnete wissenschaftliche Untersuchung war, verwandelte sich nun in einen verzweifelten Kampf ums Überleben.

Subjekt A17 schleuderte sich auf Dr. Mertens, durchdrang seine Schutzhandschuhe, und biss ihm mit aller Kraft in die Hand, wobei er drei Finger abtrennte. Dr. Mertens, rückwärts gehend, stolperte und fiel mit schmerzerfülltem Schrei zu Boden. Subjekt A17 befreite sich mit einem Ruck von den Fußfesseln, als wären sie aus Papier, riss die Schläuche der medizinischen Geräte ab, und richtete sich auf. Blut und schwarzer Schleim tröpfelten zu Boden, als er sich erneut auf Dr. Mertens stürzte und ihn mit unmenschlicher Brutalität attackierte.

Fleischstücke und Blut spritzten umher, während Dr. Mertens um Hilfe schrie und sich zu wehren versuchte: „Hiiiilfe, ahhhhhhhh. Helft mir doch!“ Seine Hilferufe hallten durch die Lautsprecher des Kontrollraums, wo Fassungslosigkeit und Panik herrschten. Die Ärzte konnten kaum fassen, was sie sahen. Dr. Dao, in einem verzweifelten Versuch zu fliehen, während Dr. Mertens in einem tödlichen Kampf lag, drückte den Notknopf der Sicherheitsschleuse, doch nichts geschah. Er blickte hilflos nach oben. In der klaustrophobischen Enge des Sicherheitsschleusenraums wurde Dr. Dao von seiner wachsenden Verzweiflung überwältigt, während er hilflos gegen die verschlossene Tür hämmerte. „Bitte öffnen Sie die Türen!“, schrie er, seine Stimme durchsetzt von Panik und Flehen. „Machen Sie schon. Ich muss hier raus!“

Oben im Kontrollraum stand Professor Dr. Schaade, beherrscht und ruhig, seine Hand fest auf einem großen roten Knopf. Unter diesem Knopf leuchtete ein Schild auf: „Sicherheitsabriegelung Versuchslabor Eins.“ Eine rote Alarmleuchte tauchte das Labor in ein gespenstisches, rhythmisches Rot und unterstrich die Dramatik der Situation. „Es tut mir leid, Dr. Mertens“, begann Professor Dr. Schaade mit einer Stimme, die zwar bedauernd klang, doch von einer eisigen Entschlossenheit durchdrungen war. „Sehen Sie es als Ihren Beitrag zur Medizingeschichte. Wir können Sie jetzt nicht freilassen. Es ist einfach noch zu früh. Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz.“ Mit diesen Worten ließ er den Knopf der Freisprechanlage los und auf seinem Gesicht zeigte sich ein zufriedenes Grinsen.

Die beklemmende Stille im Kontrollraum wurde nur von Dr. Daos angstvollen Schreien und seinem verzweifelten Bitten um Freilassung durchbrochen. „Bitte, lassen Sie mich raus. Ich flehe Sie an. Helfen Sie uns!“ Doch seine Rufe verhallten ungehört, sie waren stumme Zeugen der Verzweiflung und des Verrats in den kalten, berechnenden Hallen der Wissenschaft. Niemand im Raum wagte es, sich gegen die Anweisungen von Prof. Dr. Schaade zu stellen. Seine Autorität, untermauert durch eine Kombination aus Furcht und Respekt, die er durch seinen Umgang mit dem Personal sowie durch seine führende Position im Robert Koch-Institut aufrechterhielt, ließ keinen Raum für Widerspruch. Er leitete die Einrichtung mit eiserner Hand und überwachte persönlich die wichtigsten Forschungsprojekte, um deren Fortschritte und Ergebnisse genau zu kontrollieren. Mit einem weiteren Knopfdruck versetzte er den Kontrollraum in absolute Stille.

Das Gemetzel um Dr. Mertens hatte ein Ende gefunden. Seine Schutzausrüstung, nun durchtränkt von Blut, zeichnete ein grausames Bild der Ereignisse. Dr. Dao, angetrieben von reiner Verzweiflung, versuchte weiterhin, die Tür des Versuchslabors aufzubrechen. Der Proband, durch das Geräusch aufgeschreckt, kehrte sich um, stieß einen durchdringenden Schrei aus und nahm eine drohende Haltung ein. Mit einem kraftvollen Sprung überbrückte er die Distanz zu Dr. Dao, brachte ihn zu Boden und setzte einen kurzen, aber tödlichen Kampf fort, der ebenso grausam endete wie der von Dr. Mertens. Mit verschränkten Händen hinter dem Rücken stand Professor Schaade reglos und beobachtete die tragischen Ereignisse im Labor. Nach einem Moment des stillen Zusehens wandte er sich mit einem zufriedenen Lächeln ab und schritt mit festem Tritt zum Ausgang. Die Umstehenden starrten ihm sprachlos nach. Ohne sich umzudrehen, gab er eine ernste Warnung: „Das soeben Geschehene bleibt unter uns. Die Probanden verbleiben im Versuchslabor. Wir riegeln das Labor bis auf Weiteres ab. Sollte ich auch nur das geringste Gerücht hören, dass einer von Ihnen Informationen nach außen trägt, wird er selbst zum Versuchsobjekt.“ Seine Worte waren scharf und bedrohlich, sie ließen keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit. Einige der Anwesenden schraken vor der direkten Drohung zurück. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:

„Ich erwarte, dass dies klar ist. Sie können gehen. Stellen Sie sicher, dass das Labor verriegelt bleibt.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er den Raum durch eine Tür, die in einen langen Korridor führte.

Dr. König, der noch immer am Kontrollpult saß, starrte auf die Monitore, die das Innere des Labors zeigten. Etwas stimmte nicht. Während der Proband das Labor weiterhin verwüstete, begannen die Leichen von Dr. Mertens und Dr. Dao plötzlich zu zucken, ähnlich wie der Proband zuvor. Sekundenlang beobachtete er, wie die Körper der beiden Verstorbenen sich aufrichteten und sich aggressiv und unkontrolliert zu bewegen begannen, ganz wie der erste Proband. Das Grauen nahm seinen Lauf, und Dr. König spürte, wie ein kalter Schauer ihm über den Rücken lief. Entschlossen griff Dr. König unter eine Sicherheitsscheibe und betätigte einen roten Alarmknopf, um das Labor gemäß den Anweisungen abzuriegeln. Vor den Augen des medizinischen Teams fuhren große Stahlplatten vor die Fenster, die bisher den Blick in das Labor freigaben, und versperrten jede Sicht. Dr. König hatte somit eine vollständige hermetische Abschottung des Labors eingeleitet. Fortan boten nur noch die Kameras einen Einblick in das Innere und die sich dort abspielenden Ereignisse. Er sah zu, wie ähnliche Stahlplatten die Sicherheitsschleuse verschlossen und so jeglichen physischen Zugang zum Labor wirksam blockierten.

**Vier Stunden später**

In einem düster beleuchteten Raum, spärlich erhellt durch schwaches Licht, erklang eine tiefe, geheimnisvolle Stimme aus dem Schatten eines prächtigen, kostspielig wirkenden Schreibtisches. „Herr Professor Dr. Schaade, wie verliefen die jüngsten Versuche?“, fragte die Stimme, die im Raum widerhallte.

Der Raum selbst war in sanftes Goldlicht und das dunkle Rot edlen Mahagoniholzes getaucht und wirkte wie die majestätische Residenz eines Herrschers. Die straffen, würdevollen Wände wurden von Säulen durchbrochen, die die Großartigkeit und Beständigkeit der Macht symbolisierten, ähnlich denen in antiken Tempeln. Ein Emblem der Vereinten Nationen zierte die Wand hinter dem Schreibtisch und deutete auf die weitreichende Bedeutung seiner Position hin. Das subtile Spiel von Licht und Schatten war meisterhaft darauf ausgelegt, die Wichtigkeit des Mannes im Zentrum zu betonen, während die Ränder des Raumes in ein mystisches Dämmerlicht gehüllt waren. Die Aufmerksamkeit wurde unweigerlich auf ihn gelenkt, der gleich einem Kapitän auf dem Deck seines Schiffes das Zentrum beherrschte, umgeben von einer nahezu fühlbaren Stille, die den Raum erfüllte.

Inmitten dieser prachtvollen Umgebung saß der Mann, dessen bloße Präsenz die Luft mit Autorität zu sättigen schien. Sein von Erfahrung und Weisheit gezeichnetes Gesicht wurde durch einen akkurat gestutzten Bart ergänzt, wobei jedes Haar von bedeutungsvollen Entscheidungen zu erzählen schien. Sein Haar, zurückgekämmt in perfekter Ordnung, strahlte Würde und Autorität aus.

Sein Anzug, ein Paradebeispiel feinster Schneiderei, umschmeichelte seine männliche Statur und symbolisierte seine Stellung in der Welt. Die Ringe und die Uhr, die er trug, glänzten im gedämpften Licht und zeugten von seiner Macht. Eine Zigarre ruhte zwischen seinen Lippen und verbreitete, leise rauchend, einen Hauch erdiger Note in der Luft, die sich in einen sanften Nebelschleier verwandelte. Mit Bedacht nahm der Mann die Zigarre aus dem Mund und klopfte die Asche in einen vergoldeten Aschenbecher.

Professor Dr. Schaade betrat durch den prächtigen Eingang den Raum, ein markanter Mann Mitte fünfzig mit langem, braunem Haar und einer Nickelbrille. Sein Gesicht, gezeichnet von den Jahren und geprägt durch einen sorgfältig gepflegten Schnurrbart, verriet eine Mischung aus Intelligenz und Entschlossenheit. Mit verschränkten Armen hinter seinem Rücken strahlte der Professor eine Mischung aus Entschlossenheit und Geduld aus. Jeder seiner Schritte zum massiven Schreibtisch hin war sorgfältig bedacht, fast als ob sie jeweils überlegt wurden. Der weiße Kittel, den er trug, wirkte wie ein Panzer, der nicht nur seine Kleidung, sondern auch die ethischen Prinzipien, denen er sich verpflichtet fühlte, schützte.

Er hielt inne, nahm respektvoll seine Brille ab und zog mit der linken Hand ein kleines Reinigungstuch aus der Tasche seines Kittels. Er begann, die Gläser behutsam zu säubern, wobei er seine volle Aufmerksamkeit auf diesen Vorgang richtete. In dieser Zeit breitete sich eine eindringliche Stille aus. Nachdem er fertig war, setzte er die Brille wieder auf und verschränkte seine Arme erneut hinter dem Rücken.

„Sehr geehrter Antonius Guiterras“, begann er, „heute haben wir einen bedeutenden Durchbruch in der Genetik erreicht. Das Virus hat nun seine finale Entwicklungsphase erreicht und ist bereit für die nächste Stufe.“ Seine Stimme war erfüllt von einer kaum verhohlenen Begeisterung. „Der Proband hat sich gemäß unseren Vorgaben entwickelt und sogar unsere Erwartungen übertroffen.“ Kurz innehaltend fuhr er fort:

„Wir planen nun, das Virus zu modifizieren, um die Inkubationszeit durch eine gezielte Injektion auf mindestens zwei Jahre zu verlängern. Dies wird einen reibungslosen Verlauf der Inkubationsperiode sicherstellen.“ Ein Ausdruck der Zufriedenheit breitete sich auf Antonious Guiterras' Gesicht aus, während er entspannt in seinem beeindruckenden Sessel zurücklehnte, die Zigarre locker in der Hand. Sein schelmisches Grinsen unterstrich das Bild eines Mannes, dessen Erwartungen gerade in Erfüllung gegangen waren. Mit einer einladenden Geste deutete er auf die Minibar, die prachtvoll mit Kristallgläsern, einer edel wirkenden Flasche Whiskey und einer Auswahl an feinsten Zigarren in einem Cohiba Siglo Humidor bestückt war. „Bei solch erfreulichen Nachrichten sollten wir anstoßen, Professor Doktor Schaabe. Bedienen Sie sich doch“, schlug er vor. Der Professor lehnte jedoch höflich ab.

„Wie Sie wünschen, Herr Professor. Wie lange wird es dauern, bis das Virus vollständig in unsere Pläne integriert ist?“, fragte Guiterras mit erkennbarem Interesse.

Professor Doktor Schaabe rückte seine Brille zurecht und erwiderte: „Nachdem wir unsere Zielvorgaben vollständig erreicht haben, sind wir nun bereit, die nächste Phase unserer Agenda 2025 einzuleiten. Die Produktion des Virus für die Verbreitungsstellen der Gesundheitsorganisationen wird etwa zwei Monate in Anspruch nehmen. Ich habe den Produktionsstart bereits in Auftrag gegeben, nachdem das Virus angepasst wurde, um seine Aggressivität zu mindern. Wir rechnen damit, innerhalb der nächsten vier Wochen etwa 29 Milliarden Einheiten des Virus zu produzieren. Die Verteilung wird weitere vier Wochen beanspruchen. Anschließend können wir mit der Umsetzung unserer Agenda beginnen.“

Das Lächeln auf Guiterras' Gesicht vertiefte sich noch mehr. Er nickte zufrieden und hörte aufmerksam den Ausführungen des Professors zu. „Bitte fahren Sie fort, geschätzter Professor“, ermutigte er ihn mit Interesse. „Unsere Strategie sieht vor, die Inkubationszeit des Virus auf drei separate Injektionen aufzuteilen. Mit der Anwendung modernster mRNA-Technologie übermitteln wir in drei Schritten die erforderlichen genetischen Anweisungen von der DNA zu den Ribosomen, wo die Proteinproduktion stattfindet. Die Resultate dieser Prozedur werden gegenwärtig in unserem Labor analysiert“, erklärte der Professor weiter. Antonious Guiterras unterbrach ihn kurz: „Professor, ich bin fasziniert von den unbegrenzten Möglichkeiten, die Ihr Fachbereich eröffnet. Wie steht es um die Sicherheit dieser Operation?“, fragte er mit sichtlichem Interesse.

Mit einem beruhigenden Lächeln fuhr der Professor fort:

„Eure Exzellenz, wir haben spezielle Vorkehrungen getroffen, um die Aggressivität des Virus zu kontrollieren. Dadurch gewährleisten wir, dass die Probanden im Endstadium effektiv überwacht und gesteuert werden können.“ Sein Tonfall und seine Mimik verrieten ein gewisses Maß an Überheblichkeit und Schadenfreude. Antonious Guiterras legte seine Zigarre sorgfältig in den Aschenbecher zurück, wo sie weiterhin leicht rauchte. Mit einer anerkennenden Geste begann er zu klatschen, den wissenschaftlichen Fortschritt würdigend. „Professor, ich möchte Ihnen zu diesen herausragenden Leistungen meine tiefste Anerkennung aussprechen“, lobte er mit einer feierlichen Stimmlage.

Er öffnete sorgfältig eine Schublade des prächtigen Schreibtisches und zog eine elegante Fernbedienung heraus, die er auf eine beeindruckende Monitorwand im Raum richtete. Mit einem Druck auf die Fernbedienung erwachten zahlreiche Bildschirme zum Leben. Sofort erschienen die Gesichter von Personen in diplomatischen Gewändern, und auf jedem Bildschirm zeigten sich im Hintergrund die Flaggen verschiedener Länder, ein deutliches Zeichen dafür, dass Vertreter zahlreicher Nationen an dieser Übertragung teilnahmen. „Verehrter Professor, gestatten Sie mir, Ihnen das Leitungsgremium aller Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen vorzustellen, einschließlich der Botschafter der maßgeblichen Mächte Russlands, Chinas und Indiens“, erklärte Antonious Guiterras mit fester Stimme. Auf den Bildschirmen erschienen 39 digitale Vertreter, ein eindrucksvolles Zeugnis der globalen Vernetzung. Er wandte sich den Monitoren zu und begann seine Ansprache. „Meine Damen und Herren, geschätzte Vertreter Ihrer ehrenwerten Nationen, heute stehen wir an einem Wendepunkt, der unser gemeinsames Projekt in eine entscheidende Phase überleitet. Unter der erfahrenen Leitung von Professor Doktor Schaabe, dem Direktor des Robert Koch-Instituts“, er deutete stolz auf den Professor, der mit einem wissenden Lächeln nickte, „möchte ich Ihnen mit großem Stolz das Ergebnis unserer Anstrengungen vorstellen.“

Mit einer gezielten Geste betätigte Antonious Guiterras die Fernbedienung erneut, woraufhin die Bildschirme sich vergrößerten und eine neue Ansicht zeigten. Es war eine Liveübertragung aus dem Forschungslabor, die den angeschlossenen Vertretern einen direkten Einblick in das Zentrum ihrer gemeinsamen Bemühungen bot. „Mit großem Stolz präsentiere ich Ihnen Subjekt A17“, verkündete Antonious Guiterras mit Nachdruck. Das Bild auf den Monitoren zeigte ein völlig verwüstetes Labor, in dem rote Warnlichter unablässig blinkten. Drei Subjekte bewegten sich wild und aggressiv inmitten der Trümmer, verzweifelt versuchend, mit irrationalen und gewalttätigen Anstrengungen aus dem Labor zu entkommen.

Antonious warf einen leicht irritierten Blick in Richtung des Professors, als würde er still eine Frage über die unerwartete Anzahl der Subjekte stellen. Der Professor reagierte mit einem schelmischen Lächeln, das auch eine Spur von Zufriedenheit zeigte: „Das, was Sie hier sehen, ist das Ergebnis der direkten Übertragung des Zustands von Subjekt A17 auf andere Menschen. Diese Übertragung erfolgte durch den Austausch von Körperflüssigkeiten, insbesondere durch Bisse und direkten Kontakt mit dem Blut des Probanden.“

Auf den Gesichtern einiger digital zugeschalteter Vertreter zeichneten sich Abscheu und Schrecken ab, während andere mit Freude und Euphorie reagierten. „Geehrte Damen und Herren, wie Sie sehen können, haben wir die an uns gestellten Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern zu Ihrer vollsten Zufriedenheit übertroffen“, fügte er mit einem Unterton von Schadenfreude hinzu. Trotz seiner offensichtlichen Selbstzufriedenheit behielt er eine zurückhaltende Haltung bei und strahlte eine Aura der Autorität aus. „Falls Sie detailliertere Informationen zum weiteren Vorgehen wünschen, wird Professor Doktor Schaabe sie gerne instruieren und alle Ihre Fragen beantworten. Mit großer Freude dürfen wir verkünden, dass eine neue Ära der Menschheit angebrochen ist.“

Mit diesen Worten hallte ein kraftvolles Lachen durch das weitläufige Büro, ein Zeichen seines Triumphes über die erreichten wissenschaftlichen und strategischen Erfolge.

Kapitel 1 - Gegenwart

Der Regen peitschte unablässig gegen das halb beschlagene Fenster meines Schlafzimmers in der gemütlichen kleinen Wohnung. Die verlassenen Straßen von Hagen, die nun eher einem dystopischen Gemälde glichen als der einst blühenden Stadt, die sie waren, wurden übersät mit Pfützen, die dunkle Wolken widerspiegelten und sich wie Narben über den Asphalt zogen. Die stummen Fassaden der Gebäude, einst lebendig und farbenfroh, standen nun kalt und verfallen da, ihre Fenster wie leere Augenhöhlen, die auf eine unerkennbare Welt blickten. Die einst belebten Marktplätze wirkten verstummt, als hätten sie ihre Stimme verloren. Der Regen hatte zwar nachgelassen, doch seine Spuren waren noch allgegenwärtig. Die Luft hing schwer und war erfüllt von einer fast greifbaren Stille, nur gelegentlich durchbrochen vom Heulen des Windes, der durch die leeren Straßen fegte.

Selbst die Natur schien sich zurückgezogen zu haben; die Bäume in den Parks standen kahl und schutzlos da, ihre Äste streckten sich wie verzweifelte Arme nach einer Sonne aus, die sich hinter dichten Wolken verbarg. Das Wasser der Volme floss träge und schien seine Lebensfreude verloren zu haben, trug dabei die Schwermut der Stadt mit sich. Über Hagen lag eine Atmosphäre der Verlassenheit und des Verfalls, als ob die Stadt selbst in einen tiefen, stürmischen Schlaf gefallen wäre, aus dem sie vielleicht niemals wieder erwachen würde. Als ich vor einigen Jahren nach Hagen kam, war die Atmosphäre ganz anders. Die Stadt pulsierte damals mit einer Lebendigkeit, die in den folgenden Jahren, verschärft durch die Corona-Pandemie, stark nachließ. Mit dem Ausbruch dieser globalen Krise begann ein Niedergang, der viele Städte traf, darunter auch Hagen.

Die Regierung verordnete damals die Schließung zahlreicher Geschäfte, um die Ausbreitung des hochansteckenden Virus zu bremsen. Diese Maßnahmen führten viele Unternehmer, unabhängig von ihrer Betriebsgröße, in die Insolvenz, da sie gezwungen waren, ihre Läden zu schließen. Die meisten hatten nicht genügend finanzielle Rücklagen, um eine solche unvorhergesehene Krise zu überstehen. Wer hätte auch ahnen können, dass ein Virus, das angeblich in einem Labor im fernen Osten gezüchtet wurde, die Welt in einer Ära moderner Medizin zum Stillstand bringen könnte? Die Unterstützung durch die Regierung war unzureichend. Wenn Unternehmer überhaupt Hilfe erhielten, kam sie entweder zu spät, oder sie musste unter hinterhältigen Bedingungen zurückgezahlt werden, was ich damals als zynische „Corona-Hilfe“ empfand.

Trotz dieser Umstände gab es Menschen, die sich anpassten und die Situation als Chance sahen. So fand ich auch mein Lieblingscafé in Hagen, das sich durch die Krise hindurch behaupten konnte und zu einem Symbol des Widerstands und der Erneuerung wurde. Inmitten der Düsternis, die Hagen seit Beginn der Pandemie umhüllte, gab es dennoch vereinzelte Funken der Hoffnung. Einer dieser Hoffnungsschimmer fand sich an einem der verlassenen Straßenränder inmitten der Innenstadt, einem Ort, der von grauem Beton und der Stille des Niedergangs dominiert wurde. Vor etwa einem Jahr, kurz nachdem die Pandemie offiziell für beendet erklärt wurde, entdeckte ich ein neues Café. Es war ein kleines, charmantes Lokal, das sich mit seinen bunten Blumenkästen und dem warmen Licht mutig gegen die vorherrschende Tristesse stemmte. Das liebevoll dekorierte Schaufenster wirkte wie ein Tor zu einer lebendigeren, hoffnungsvolleren Welt. Hinter dem Glas sah ich Menschen verschiedener Herkünfte, die bei einer Tasse Kaffee oder Tee zusammenkamen – ein selten gewordener Anblick von Gemeinschaft und Wärme.

Ich fand mich seitdem oft in diesem kleinen Zufluchtsort wieder, saß an einem der rustikalen Tische, umgeben von leisen Gesprächen und dem Duft frisch gebrühten Kaffees. Manchmal kam ich mit anderen Gästen ins Gespräch, diskutierte über aktuelle Weltgeschehnisse oder tauschte persönliche Erlebnisse aus. Dieses Café wurde zu einem kleinen Hafen in einer Welt, die sich langsam von den Narben der Krise erholte. In solchen Momenten saß ich oft einfach nur da, genoss einen tiefdunklen, aromatischen Tee und vertiefte mich in ein Buch, das mich in weit entfernte Welten entführte. Das Café wurde zu einem Ort der Entspannung, einer kleinen Flucht aus dem Alltag, der trotz der vorherrschenden Düsterkeit ein Stück Normalität und Frieden bot. Diese kleine Oase der Gastlichkeit und des Beisammenseins schien wie ein heller Stern in der Dunkelheit, ein Zeichen dafür, dass das Leben in Hagen letztlich doch nicht völlig erloschen war.

Die bloße Existenz dieses Cafés war ein stummer, jedoch kraftvoller Ausdruck menschlichen Beharrungsvermögens und Hoffnung. Es bewies, dass trotz widriger Umstände und einer allgegenwärtigen Melancholie die Menschen nicht bereit waren, sich einfach ihrem Schicksal zu ergeben. Jedes Mal, wenn ich an diesem kleinen Café vorbeiging, spürte ich einen Funken Optimismus. Es erinnerte mich daran, dass Hoffnung oft in den bescheidensten Anfängen wurzelt und dass selbst in den dunkelsten Zeiten ein Licht der Erneuerung leuchten kann.

Während der Pandemie empfand ich die verhängten Maßnahmen oft als übertrieben und schikanös, was ein Gefühl der Täuschung hervorrief. Rückblickend wurden viele dieser Maßnahmen später als ineffektiv und unnötig kritisiert. Dennoch wurde damals jeder, der sich nicht an die Regeln hielt, schnell als Reichsbürger, Nazi oder Querdenker abgestempelt, was die gesellschaftliche Spaltung nur vertiefte und das Klima von Misstrauen und Angst weiter schürte. Zu diesen Herausforderungen kamen die drückenden Bußgelder hinzu, die für viele Menschen spürbare finanzielle Belastungen darstellten. Insbesondere kleine Unternehmer und Selbstständige, die bereits durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie belastet waren, fanden sich dadurch in einer noch prekäreren Lage wieder. In einigen Fällen zwangen die durch Bußgelder verursachten finanziellen Schwierigkeiten Geschäftsleute dazu, ihre Türen endgültig zu schließen. Dies hatte nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Folgen: Lokale Gemeinschaften verloren vertraute Geschäfte und Dienstleister, während die Unternehmer selbst mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage und den damit verbundenen psychologischen Belastungen zu kämpfen hatten.

Viele Menschen stellten die Frage, ob die strikten Maßnahmen und hohen Bußgelder wirklich notwendig waren, oder ob es alternative Ansätze gegeben hätte, um die Pandemie zu bewältigen. Sie fragten sich, ob es möglich gewesen wäre, die Gesundheitskrise zu meistern, ohne derart gravierende Auswirkungen auf individuelle Existenzen und die lokale Wirtschaft zu riskieren. Diese Überlegungen führten zu einer fortwährenden Debatte über die Angemessenheit und Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen. Die anhaltenden Diskussionen um die Maßnahmen während der Pandemie spalten weiterhin die Meinungen. Einige verteidigen die Notwendigkeit und Effektivität der ergriffenen Schritte, während andere diese als überzogene Reaktionen kritisieren, die ihrer Ansicht nach mehr Schaden als Nutzen verursacht haben. Die Folgen dieser Maßnahmen führten zum wirtschaftlichen und kulturellen Niedergang einer einst blühenden Stadt und Gesellschaft. Nach der Pandemie schien es für viele wenig sinnvoll, in einer Stadt zu bleiben, deren wirtschaftliche Basis schwer getroffen wurde. Doch ich entschied mich zu bleiben, vor allem wegen der tiefen sozialen Verbindungen, die mich hier hielten.

Die Faszination für größere Städte blieb bestehen, aber die Realität steigender Mietpreise machte es für jemanden wie mich, der zum Mittelstand gehört, zunehmend unerschwinglich. Seit Beginn der Corona-Krise hat die Inflation dazu geführt, dass selbst der Mittelstand an seine finanziellen Grenzen stößt. Es wurde notwendig, auf einige Annehmlichkeiten wie großzügigen Wohnraum zu verzichten, um finanziell über die Runden zu kommen. Ich wollte nicht einen Großteil meines Einkommens für teuren Wohnraum ausgeben und entschied mich daher, trotz der Herausforderungen in meiner gewohnten Umgebung zu verbleiben. Dieser Kompromiss zwischen Kosten und Lebensqualität ist ein Spiegelbild der schwierigen Entscheidungen, vor denen viele von uns in der Nachwirkung der Pandemie stehen. In dieser Zeit machte ich das Beste aus meiner Situation, blieb dort, wo ich schon Jahre verbracht hatte, und versuchte mich anzupassen, wie es auch einige lokale Unternehmer taten. Die zwei Jahre voller Einschränkungen, die rückblickend sinnlos erschienen, zehrten an meinen Nerven. Schon zu Beginn der Pandemiemaßnahmen hatte ich das Gefühl, dass es um mehr ging als nur um die Eindämmung eines Virus. Trotz allem bemühte ich mich, diese Zeit zu überstehen und meine Nächsten zu schützen – nicht vor dem Virus, sondern vor einer Gesellschaft, die Züge trug, die mich an die dunklen Anfänge der NSDAP und den Aufstieg Hitlers erinnerten.

Selbst ein Jahr nach dem offiziellen Ende einiger Pandemiemaßnahmen schien es mir, als ob Menschen seit der Einführung der Massenimpfungen häufiger krank wurden. Natürlich bin ich kein „anerkannter Experte“ oder ein hochbezahltes Regierungsmitglied, aber ein mutmaßlicher Zusammenhang könnte zumindest erklären, warum die aktuelle Grippesaison so heftig ausfiel wie nie zuvor.

Ich war überzeugt, dass die Massenimpfungen den Menschen schadeten. Einige gingen sogar so weit zu behaupten, dass die Impfungen die Menschen dauerhaft krank machen oder sogar eine Bevölkerungsreduktion auslösen könnten, orchestriert von einer elitären, menschenverachtenden Geheimgesellschaft. Diese Gedanken schlichen sich auch in meinen Kopf, wenn man die Menschheitsgeschichte betrachtet, in der elitäre Gruppen die Massen oft wie Vieh behandelt haben.

In meinem Freundeskreis wurde ich nach einer Weile als Querdenker abgestempelt, sobald ich meine Gedanken zur Pandemie äußerte. Meine Ansichten wurden oft verspottet und teilweise sogar beschimpft. Man versuchte, mich "wieder auf den rechten Weg zu bringen". In ihren Augen war ich verrückt geworden. Trotzdem ließ ich mich nicht beirren. Ich reduzierte die Anzahl meiner damaligen Freunde auf eine Handvoll, die auch heute noch zu mir stehen. Sie mögen nicht immer meiner Meinung sein und meine Ansichten manchmal belächeln, doch sie respektieren sie. In meiner festen Überzeugung, dass jeder Mensch das Recht hat, seine eigenen Glaubenssätze und Ansichten zu besitzen, sehe ich ein grundlegendes Prinzip der menschlichen Freiheit und Würde. Es ist essenziell, dass jeder die Möglichkeit hat, seine Gedanken frei zu äußern, ohne dabei herabgesetzt oder abgewertet zu werden. Es ist nicht erforderlich, dass wir alle dieselben Ansichten teilen oder die Gedanken anderer als unsere eigenen übernehmen. Stattdessen ist es wichtig, ein Umfeld des gegenseitigen Respekts zu schaffen, in dem Vielfalt von Meinungen und Glaubensrichtungen nicht nur toleriert, sondern auch wertgeschätzt wird.

Dieser bilaterale Respekt bildet das Fundament einer gesunden und pluralistischen Gesellschaft. Er ermöglicht es uns, voneinander zu lernen und unsere Horizonte zu erweitern. Indem wir anderen die Freiheit gewähren, ihre Meinung zu äußern, bestätigen wir zugleich unsere eigene Freiheit, dies zu tun. Es ist ein Akt der Anerkennung, dass trotz unterschiedlicher Perspektiven jeder Mensch eine wertvolle Stimme hat. In einer Welt, die oft von Polarisierung und Konflikten geprägt ist, kann dieser Respekt für die Ansichten anderer einen Weg zu mehr Verständnis und letztlich zu einem friedlicheren Miteinander ebnen.

Seit meiner Jugend, beeinflusst durch die Erfahrungen, die ich mit Erwachsenen machte, habe ich gelernt, kritisch zu sein gegenüber dem, was mir präsentiert wird. Ich nahm nie einfach alles für bare Münze und hinterfragte grundsätzlich. Dieser skeptische Ansatz hat mich gelehrt, vorsichtig zu sein mit dem, was in der Gesellschaft oft als Wahrheit verkauft wird. In einer Zeit, in der Mainstream-Medien und Propaganda tief in das Alltagsleben vieler Menschen eingedrungen sind, halte ich es für wichtig, eine eigenständige Denkweise zu bewahren und sich nicht unkritisch dem zu ergeben, was oft unhinterfragt akzeptiert wird. Meine kritische Haltung hat mich oft ins Abseits gestellt. In Deutschland, wo häufig erwartet wird, dass man die Regierungslinie ohne zu hinterfragen akzeptiert, wurde mein Hinterfragen schnell als Außenseitertum abgetan. Doch ich war immer überzeugt, dass hinter den offiziellen Darstellungen und Medienberichten mehr steckte.

Diese Überzeugung wurde kurz vor der Pandemie durch eine bemerkenswerte Äußerung im Bundestag verstärkt, die mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist. Der genaue Name des Sprechers entzieht sich meiner Erinnerung, doch seine Worte waren eindrucksvoll und enthüllend: „Wenn die Menschen in Deutschland nur zu zehn Prozent von dem wüssten, was hier wirklich geschieht, dann gäbe es innerhalb einer Stunde eine Revolution von unvorstellbarem Ausmaß.“

Diese provokativen und aufschlussreichen Worte wurden überraschenderweise mitten am Tag im öffentlichen Fernsehen ausgestrahlt. Sie hätten ein starkes Signal an die Bevölkerung sein sollen, um kritisch zu hinterfragen, inwiefern sie von Medien und Regierung die ganze Wahrheit erfahren. Dieses im Fernsehen ausgestrahlte Interview verstärkte meine Entschlossenheit, stets kritisch zu bleiben. Es ermutigte mich, mich nicht von der vorherrschenden Meinung vereinnahmen zu lassen, dass unser Regierungssystem fehlerfrei sei und die Menschen effektiv schützen würde.

Ich fühlte, dass ich in einer Zeit lebte, in der die Wahrheit selten und Misstrauen zur Norm geworden war. Die geheimnisvollen Worte des Bundestagssprechers hallten in meinem Kopf wider und lösten mehr als bloße Skepsis aus. Es war eine tiefe Überzeugung, dass das, was uns präsentiert wurde, nur ein Schleier war, der über die Augen der Öffentlichkeit gezogen wurde. Die Pandemie und ihre Nachwirkungen haben meine Überzeugungen weiter verfestigt. Ich beobachtete, wie sich die Welt veränderte, wie Freiheiten beschnitten und das alltägliche Leben durch Regierungsmandate neu gestaltet wurde. Diese Veränderungen spürte ich nicht nur in den leeren Straßen von Hagen, sondern sah sie auch in den Gesichtern der Menschen, die ich kannte. Freunde, die einst lebhaft über Politik diskutierten, schwiegen nun, manche aus Angst, andere aus Resignation. Inmitten dieser Veränderungen entdeckte ich das kleine Café, das zu einem Symbol des Widerstands gegen die erdrückende Atmosphäre der Stadt wurde. Es war nicht nur ein Ort des Trostes und der Gemeinschaft, sondern auch ein Zeichen des Widerstands gegen die lähmende Melancholie, die sich über Hagen gelegt hatte.

Jedes Mal, wenn ich das Café betrat, spürte ich eine Art Rebellion in der Luft, einen stillen Protest gegen das, was unsere Stadt und unsere Welt geworden waren. Doch selbst in diesen Momenten der Ruhe und des Friedens konnte ich die beunruhigenden Gedanken nicht abschütteln. Die Worte des unbekannten Sprechers im Bundestag hallten immer noch in meinem Kopf nach. Sie ließen mich über die verborgenen Mechanismen der Macht und die geheimen Agenden nachdenken, die möglicherweise hinter den Kulissen der Politik spielten.

Diese Gedanken hielten mich oft nachts wach, während ich nach Antworten suchte, die jenseits der offiziellen Erzählung lagen. Mein Skeptizismus und mein unermüdliches Streben nach Wahrheit führten dazu, dass ich mich zunehmend von jenen isolierte, die sich an die etablierten Narrative klammerten. Doch in diesem kleinen Café fand ich Gleichgesinnte – Menschen, die ebenfalls nach tieferen Antworten suchten und sich nicht mit den oberflächlichen Erklärungen zufrieden gaben, die uns präsentiert wurden. Zusammen bildeten wir eine kleine Gemeinschaft von Skeptikern, die in diesen dunklen Zeiten nach Licht suchten. Während ich im Café saß, umgeben von diesen Menschen, grübelte ich über die Zukunft.

Würden wir jemals die ganze Wahrheit erfahren? Würde Hagen wieder zu dem Ort werden, den ich einst kennengelernt hatte? Oder waren wir dazu verdammt, in einer Welt zu leben, die von Geheimnissen und Lügen beherrscht wurde? Diese Fragen ließen mich nicht los, während ich meinen Tee trank und aus dem Fenster auf die stillen Straßen von Hagen blickte, die in der Dunkelheit versanken.

In diesen Zeiten der Unruhe und Unsicherheit war Thea, meine Frau, mein Fels in der Brandung. Sie war das Fundament und der Anker meines Lebens in einer Welt, die ins Wanken geraten war. Über all die Jahre unserer Ehe hinweg hatte sie mir zur Seite gestanden, unabhängig davon, welche Ansichten ich vertrat. Sie denunzierte mich nie, stellte meine Überzeugungen nicht infrage, sondern zeigte sich vielmehr lernbegierig. Ihre Neugier und ihr Wissensdurst äußerten sich in den Fragen, die sie stellte, um meine Perspektiven besser zu verstehen.

Wir hatten keine Kinder, was uns die Möglichkeit gab, uns auf unsere beruflichen und privaten Leidenschaften zu konzentrieren. Ich arbeitete als Sachverständiger für Arbeitsschutz und Brandschutz in einem renommierten Unternehmen, eine Aufgabe, die mir viel bedeutete und mich täglich herausforderte. Thea war in Dortmund bei einem angesehenen Start-up beschäftigt, das sich mit erneuerbaren Energien befasste und ein innovatives Konzept der Energiegewinnung entwickelt hatte. Ihre Arbeit in diesem zukunftsweisenden Bereich spiegelte ihre Leidenschaft für Nachhaltigkeit und Innovation wider.

Thea hatte eine gesunde Statur, die ihre unabhängige Natur unterstrich. Ihre blonden, schulterlangen Haare umrahmten ein Gesicht mit leuchtend grünen Augen, die Intelligenz und Wärme ausstrahlten. Ihr bezauberndes Lächeln, das ihr sanftes Wesen betonte, war ansteckend und brachte mich selbst an den düstersten Tagen zum Lachen. Wir lachten oft zusammen, was unsere Beziehung mit Freude und Leichtigkeit erfüllte. In unseren ausgedehnten nächtlichen Gesprächen, die wir auf unserer großen, geräumigen Couch im Wohnzimmer führten, schufen wir stets eine gemütliche Atmosphäre. Wir entzündeten einige Kerzen, um ein warmes und einladendes Ambiente zu erzeugen, und genossen dabei jeweils ein schönes, kühles Glas lieblichen Rotwein. Diese Momente waren für uns beide ungemein bereichernd. Sie halfen mir, meine Gedanken zu ordnen und kritisch zu hinterfragen. Thea ermutigte mich stets, über den Tellerrand hinauszuschauen und den Respekt vor den Ansichten anderer zu wahren. Ihre Einsichten waren oft erhellend und eröffneten mir neue Perspektiven auf Themen, die ich für abgeschlossen gehalten hatte.

In dieser zunehmend polarisierten Welt war unsere Beziehung ein sicherer Hafen der Akzeptanz und des Verständnisses. Theas Präsenz in meinem Leben erinnerte mich immer daran, dass es trotz aller Meinungsverschiedenheiten und Unsicherheiten möglich ist, Brücken zu bauen und Verbindungen zu erhalten. Jedes Mal, wenn ich aus der Gesellschaft und dem Arbeitsalltag nach Hause kam, fand ich bei ihr ein offenes Ohr und Verständnis, auch für Themen, die sonst wenig Anklang fanden. Ihre bedächtige und überlegene Art bildete den perfekten Gegenpol zur oft chaotischen und verwirrenden Außenwelt.

In ihren Armen fand ich Ruhe und die Gewissheit, dass wir gemeinsam allem gewachsen sind, was noch kommen mag. Thea war nicht nur meine Frau, sondern auch meine beste Freundin und engste Vertraute. Unsere Beziehung ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, einander zuzuhören, Verständnis zu zeigen und die Vielfalt der Gedanken zu schätzen – Werte, die heutzutage allzu selten sind.

Kapitel 2 - Hunger

Eingehüllt in die Wärme meiner dicken Bettdecke, die sich bis zu meinem Gesicht erstreckte, lag ich im Bett und beobachtete, wie die sanften Schatten des Morgens durch das einfallende Licht des anbrechenden Tages im Raum tanzten. Mein Schlafzimmer war ein stiller Rückzugsort, geprägt durch ein großes, gemütliches Bett, das ich mit meiner geliebten Frau teilte, dessen Kopfteil an einer hell gestrichenen Wand lehnte.

An den Wänden unserer Wohnung hingen alte Familienfotos und meine eigenen fotografischen Kunstwerke, die eine persönliche Note in den Raum brachten. Diese Kunstwerke waren das Ergebnis meiner Leidenschaft für Fotografie, eine Flucht, um mich von den Belastungen der Gesellschaft zu erholen und innere Ruhe zu finden. Jedes Bild erzählte eine eigene Geschichte, festgehalten durch meine Linse. Ein massiver Holzschrank, gefüllt mit Kleidung und Erinnerungen, stand gegenüber des geräumigen Bettes. Trotz der Gemütlichkeit war ein Gefühl der Eintönigkeit spürbar, das die monotone Routine meines Lebens widerspiegelte.

Ich seufzte tief und drehte meinen Blick nach links zum Nachttisch, wo ein weißer, runder Wecker stand. Das schrille Klingeln dieses Weckers riss mich jeden Morgen unsanft aus dem Schlaf. Dieser kleine Wecker auf meinem Nachttisch war wie in so vielen anderen Haushalten ein Symbol für das moderne Sklavendasein, in dem sich viele Menschen wiederfanden. Als ich die Uhrzeit sah, die fast neun Uhr morgens anzeigte, konnte ich ein sarkastisches Gefühl nicht vermeiden.

Ein leises, fluchendes „Scheiße“ entwich meinen Lippen. Ich rieb mir die Augen und checkte noch einmal den Wecker, um sicherzugehen, dass ich mich nicht täuschte. Leider war es die bittere Wahrheit. Mit der rechten Hand fuhr ich mir über das Gesicht und zog es dabei lang. Die Bettdecke schob ich mit meiner Linken beiseite, schwang die Beine aus dem Bett, richtete meinen Oberkörper auf und verspürte das vertraute Knacken in meinen Knien, während ich mich auf die Bettkante setzte. Ich rieb mir mit beiden Händen die schmerzenden Knie, ein stummer Hinweis darauf, dass ich in den vergangenen Jahren zu wenig für meinen Körper getan hatte. Sport wäre zweifellos eine präventive Maßnahme gewesen, um den anatomischen Zerfall aufzuhalten. Doch wie so viele andere zog ich es vor, das Leben zu genießen, den Abend auf der Couch mit Streaming-Diensten zu verbringen und meine kostbare Zeit zu vergeuden.

Unter meinen nackten Füßen spürte ich die Kälte des Teppichbodens. Über Nacht hatte die Heizung nicht gearbeitet, da sie auf den energiesparenden Nachtmodus eingestellt war. Ich stand auf, um einen Blick auf das elektronische Thermostat zu werfen.

Vor der Heizung, die unter dem Fenster montiert war, stehend, ließ ich meinen Blick über die graue Morgendämmerung schweifen. Die von Regen durchnässten Straßen weckten Erinnerungen an eine trübe Kindheit. Meine Eltern waren in einer Spirale aus Alkohol und Verzweiflung gefangen und hatten mir eine chaotische Welt hinterlassen. Meine Mutter, zerrissen von ihren eigenen psychischen Dämonen, fand selten die Kraft, mir die notwendige Liebe und Zuwendung zu geben. Mein Vater, dessen einziger Ausweg das endlose Arbeiten war, um die Familie über Wasser zu halten, hatte kaum Zeit oder Geduld für mich. Ich war das Kind am Rande, der stille Beobachter, der sich nach Anerkennung sehnte, aber nur Gleichgültigkeit erfuhr.

In dieser Atmosphäre der Vernachlässigung und des emotionalen Rückzugs wurde ich oft mies behandelt. Meine Meinung zählte selten; meine Stimme wurde im Keim erstickt, bevor sie sich überhaupt entwickeln durfte. Worte in unserem Haus waren selten freundlich; sie dienten als Werkzeuge der Kritik, scharf und verletzend, genutzt, um Fehler hervorzuheben und Schwächen zu verspotten. Ich lernte schnell, dass Stille oft die sicherste Zuflucht war. Die sporadischen, aber zerstörerischen Ausbrüche physischer Gewalt von meinem Vater waren schmerzhaft und hinterließen tiefe emotionale Narben. Ich verstand nie, was ich falsch gemacht hatte; es schien immer, als wäre ich grundlos schuld. Diese schmerzhaften Erfahrungen prägten mein Selbstbild nachhaltig. Ich fühlte mich wertlos, ungeliebt und isoliert. Diese frühen Jahre der Isolation, Vernachlässigung und des Missbrauchs wirkten noch immer nach, wie ein Echo der Einsamkeit, das mich in stillen Momenten heimsuchte, ein Schatten, der sich über jede glückliche Erfahrung legte. Dort am Fenster stehend, blickte ich in den trüben Morgen und fragte mich, ob ich jemals wirklich von den Ketten meiner Vergangenheit frei sein würde.

Plötzlich riss mich das Vorbeifliegen eines Vogels vor meinem Schlafzimmerfenster aus meinen Gedanken. Ich wandte meinen Blick zum Thermostat hinunter, das spöttische 16 Grad anzeigte. Eine Gänsehaut breitete sich über meinen Körper aus. Obwohl kühle Schlafzimmer einen entspannten und stressfreien Schlaf fördern sollen, verabscheute ich kalte Nächte. Noch schlimmer fand ich das frostige Gefühl am Morgen, wenn man sich dem eintönigen Alltag stellen musste. Ich streckte meine linke Hand aus, drehte den Regler des Thermostats auf angenehme 22 Grad Celsius hoch. Ein leises Gluckern im alten Gussheizkörper kündigte an, dass das warme Wasser aus der Zentralheizung im Keller nun seinen Weg zu meiner Wohnung fand. Mitten im Januar war es unumgänglich, die Heizung laufen zu lassen, insbesondere bei den herrschenden regnerischen 4 Grad Celsius draußen.

Ich machte mich auf den Weg ins Badezimmer, betätigte den Lichtschalter außerhalb des Raums, öffnete die Tür und wurde von dem Schein der glänzend weißen Fliesen geblendet. Das Bad war spärlich eingerichtet, ausgestattet mit einer alten Dusche und einem großen Spiegel über dem Waschbecken, in hellen, beruhigenden Farbtönen gehalten, die dem Raum mehr Wirkung verliehen, als er tatsächlich hatte. Diese ästhetische Gestaltung war das Werk meiner Frau, die bereits vor einigen Stunden zur Arbeit aufgebrochen war. Unser Badezimmer, bescheiden mit nur 4 Quadratmetern, bot zwar keinen Luxus, war jedoch vollkommen ausreichend für die Bedürfnisse meiner Frau und mich. In diesem kleinen, aber funktionalen Raum fanden wir alles Nötige für unsere tägliche Hygiene. Die kompakte Größe erwies sich sogar als Vorteil, da sie die Instandhaltung und Reinigung erheblich erleichterte. Dieser Umstand kam uns sehr gelegen, da wir beide einen pragmatischen und unkomplizierten Lebensstil schätzten. Weniger Platz bedeutete weniger Sorgen und Aufwand, was es uns ermöglichte, unsere Zeit und Energie auf die wichtigeren Aspekte unseres Lebens zu konzentrieren.

Ich trat an das Waschbecken heran und betrachtete mein Gesicht im Spiegel. Die Falten auf meiner Stirn und die grauen Haare in meinem Bart waren deutliche Zeichen der Zeit, die nicht spurlos an mir vorübergegangen war. Mit fast vierzig Jahren begannen die Spuren des Alters deutlich sichtbar zu werden – Falten, graue Haare und Augenringe waren die kleinen körperlichen Zeugnisse des Lebens, die sich mehr und mehr abzeichneten. Nachdem ich meine Zähne sorgfältig geputzt hatte, formte ich mit meinen Händen eine Schale, schöpfte warmes Wasser aus dem laufenden Hahn und spritzte es mir ins Gesicht. Das warme Wasser erfrischte meine müde Haut und half mir, wach zu werden und mich auf den neuen Tag einzustimmen. Die ständige Aufmerksamkeit auf das Weltgeschehen zerrte so sehr an meinen Nerven, dass ich mir manchmal wünschte, einfach unter der Bettdecke verschwinden zu können, um das Chaos der Außenwelt zu vergessen. Wir befanden uns nun schon im dritten Jahr der unerbittlichen Sars-CoV-2-Pandemie, und ein Ende schien nicht in Sicht. Zusätzlich zur Pandemie ging eine weltweite Grippewelle um, die zwar beunruhigend war, mich jedoch vor allem deshalb irritierte, weil die Art der Berichterstattung Erinnerungen an den Beginn der Pandemie weckte.

Trotz einer leichten Lockerung der Einschränkungen in den letzten Monaten und der Behauptung, die Pandemie sei nicht mehr so gravierend, schien der Schatten der Pandemie immer noch über uns zu liegen. Die Menschen begannen zwar wieder, ihrem Alltag nachzugehen, ohne Tests oder Impfnachweise vorlegen zu müssen, doch es gab immer noch Einschränkungen wie kürzere Öffnungszeiten und rechtliche Beschränkungen bei der Personenzahl von Veranstaltungen, die insbesondere die Gastronomie stark betrafen. Im Gesundheitssektor blieb die strenge Vorschrift bestehen, dass ohne FFP2-Maske kein Zugang zu Einrichtungen gewährt wurde.

Mit diesen Gedanken im Kopf griff ich nach meinem Handtuch, trocknete mein Gesicht und meine Hände und hängte es wieder an seinen Platz. Zurück in meinem Schlafzimmer bereitete ich mich darauf vor, mich für den Tag zu kleiden. In meinem Kleiderschrank war alles ordentlich verstaut. Zuerst griff ich nach ein paar warmen Alpaca-Socken aus der untersten Schublade und zog sie an. Danach folgte ein glattes schwarzes T-Shirt. Ich schlüpfte in meine Lieblingsjeans und wählte einen bequemen, beigen Rollkragenpullover aus, der mir zusätzliche Wärme versprach. Diese Kleidungsstücke gaben mir ein Gefühl von Behaglichkeit, das in dieser Jahreszeit besonders willkommen war. Nachdem ich mich angezogen hatte, begab ich mich in das Arbeitszimmer, das direkt neben dem Schlafzimmer lag. Mein Arbeitszimmer stand im Kontrast zum Rest der Wohnung und zeigte sich in einer Art methodischer Unordnung, die für Außenstehende chaotisch erscheinen mochte. Überall waren Papiere und Bücher verteilt, die auf dem dunklen Teppichboden eine Art oberflächliche Turmlandschaft bildeten. Glücklicherweise musste ich keine akrobatischen Manöver vollführen, um über die verstreuten Stapel von Büchern und Dokumenten hinwegzukommen.

In meinem Arbeitszimmer hatte sich die Unordnung als Herrscherin etabliert, eine raffinierte Ordnung im Chaos, die dem Raum ein scheinbar wildes Durcheinander verlieh. In diesem Labyrinth aus Papier fand ich stets meinen Weg. Es sei denn, meine Frau entschied, dass ein solches Chaos keinen Platz in unserer Wohnung hatte und brachte ihren Ordnungssinn zum Einsatz. Dann war alles penibel sortiert, säuberlich abgelegt und fast zwanghaft akkurat. Es frustrierte mich jedes Mal, wenn sie mein wohlorganisiertes Chaos störte.

Das einzige Element der Ruhe in meinem Arbeitszimmer war das sanfte Plätschern des Aquariumfilters, das eine Spur von Leben in das vorherrschende, dennoch gut organisierte Chaos brachte. Einige Fische schwammen lebhaft durch das mittelgroße Becken, beschäftigt mit Fressen und Paaren, unbeeindruckt von der Gestalt, die von außen in ihr Reich starrte. Dieses Aquarium war ein kleines Hobby von mir, ideal für Arbeitspausen, um abzuschalten. Ich verbrachte oft Zeit damit, bequem davor zu sitzen und meinen Gedanken freien Lauf zu lassen, mich in der stillen Betrachtung der Unterwasserwelt zu verlieren. Die einst weiß gestrichenen Wände meines Arbeitszimmers, die früher Reinheit und Ruhe ausstrahlten, erschienen mir jetzt eher wie die Mauern eines Gefängnisses, das mich in der Monotonie meines Alltags gefangen hielt. Vor meinem Schreibtisch stehend, der nicht nur mit zwei Monitoren und meinem Laptop bestückt, sondern auch mit einer Vielzahl an Dokumenten, einer Tastatur und einer Computermaus überladen war, fühlte ich die Last meiner täglichen Verpflichtungen. Durch das doppelflüglige Fenster bot sich mir ein düsteres Bild: Regen, graue Wolken und eine stattliche Kiefer formten eine fast dystopische Szenerie, die die Schwere meiner Gedanken und das Gefühl der Gefangenschaft noch verstärkte. Es schien, als ob die Natur draußen meinen Gemütszustand widerspiegelte, ein Abbild der Melancholie, die mich umgab.

Mein Tagesablauf war wie ein problemlos geöltes Uhrwerk, jede Handlung präzise geplant, jede Entscheidung wohlüberlegt. Doch hinter dieser Fassade der Kontrolle verbarg sich die ständige Suche nach einem Sinn, den ich in meiner Kindheit nie gefunden hatte. Die monotone Routine meines Alltags fühlte sich an wie ein stilles Echo der Einsamkeit, die mich seit meiner Jugend begleitet hatte. Die Ordnung, die ich mir mühsam aufgebaut hatte, war möglicherweise nur eine Illusion, ein verzweifelter Versuch, den Gefahren zu entfliehen, die meine frühen Jahre geprägt hatten. Dieser Zustand der Dinge brachte mich oft dazu, über die Echtheit meines gegenwärtigen Lebens nachzudenken und ob ich jemals in der Lage sein würde, über die Schatten meiner Vergangenheit hinauszutreten und wirkliche Freiheit zu finden. Mein Morgen begann stets mit einer festgelegten, starren Routine: Aufstehen, duschen, anziehen, Kaffee trinken. Jede Bewegung war mechanisch, fast roboterhaft. Während dieser rituellen Handlungen kehrten die Erinnerungen an die chaotischen Morgen meiner Kindheit zurück – das laute Schreien, die unberechenbaren Stimmungsschwankungen meiner Eltern, die omnipräsente Angst vor dem Unerwarteten. Ich hatte mir fest vorgenommen, niemals wieder in ein solches Chaos zu geraten. Wenn überhaupt Chaos herrschte, dann ein Chaos nach meinen eigenen Regeln – kontrollierbar, vorhersehbar und von mir selbst gestaltet.

Bei der Arbeit folgte ich einem strikten Zeitplan, erledigte Aufgaben methodisch und vermied persönliche Interaktionen. Meine Kollegen empfanden mich oft als distanziert oder unnahbar. In Wahrheit war es ein Schutzmechanismus, um mich vor weiteren Enttäuschungen zu schützen. Die Angst, abgelehnt oder missverstanden zu werden, hatte mich schon früh gelehrt, emotionale Distanz zu wahren. Diese Distanz diente als eine Art Rüstung gegen die Unwägbarkeiten der menschlichen Interaktion, die ich in meiner Kindheit so schmerzlich erfahren hatte. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und startete den Laptop, um mich auf die bevorstehenden Aufgaben des Tages vorzubereiten. Zahlreiche Kundenanfragen warteten darauf, von mir bearbeitet zu werden. Während der Laptop hochfuhr, leuchtete die Statuslampe am unteren Rand eines der angeschlossenen Monitore auf. In der spiegelnden Oberfläche des Monitors erblickte ich meine müden Augen – stille Zeugen der vielen Stunden, die ich täglich hier verbrachte. Doch bevor ich in den eigentlichen Arbeitsfluss eintauchte, gönnte ich mir einen Moment der Ruhe.

Ich hatte geplant, ein kleines, aber stärkendes Frühstück zu genießen. Auf dem Menü standen frisch belegte Mettbrötchen, deren herzhafter Duft verlockend durch den Raum zog. Dazu würde ich einen heißen, kräftigen Kaffee trinken, der nicht nur meinen Gaumen erfreute, sondern auch meine müden Sinne beleben sollte. Dieser Moment der Besinnung am Morgen war mir heilig. Er gab mir die Kraft und Gelassenheit, den Tag mit all seinen Herausforderungen und Aufgaben anzugehen. Es war ein kleines Ritual, das mir half, mich zu zentrieren und mental auf die Arbeit vorzubereiten, die vor mir lag. Da der wöchentliche Einkauf derzeit ausstand, beschloss ich, einen kleinen Ausflug zu meinem Lieblingsbäcker zu ma