Lügenspiel - Janni Visman - E-Book
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Lügenspiel E-Book

Janni Visman

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Beschreibung

Wenn du niemandem mehr trauen kannst … Der psychologische Spannungsroman »Lügenspiel« von Janni Visman jetzt als eBook bei dotbooks. Eine unsichtbare Schlinge legt sich um deinen Hals, dir bleibt keine Luft mehr zum Atmen, du kannst nicht fliehen … Was tust du, wenn du in deiner eigenen Angst gefangen bist? Seit Jahren hat Stella ihre Wohnung nicht mehr verlassen. Es ist das Zentrum ihrer Welt – der einzige Ort, wo sie mit Ivan, ihrem Freund, glücklich sein kann. Doch als sie einen Hinweis darauf findet, dass er sie betrügt, fühlt Stella sich plötzlich haltlos, verloren, eingesperrt. Je verzweifelter sie nach der Wahrheit sucht, desto mehr wird sie zum Mittelpunkt eines grausamen Spiels. Bald gibt es niemanden mehr, dem Stella noch trauen kann – am wenigsten sich selbst … So abgründig wie »Gone Girl«, so absolut fesselnd wie »The Woman in the Window«: ein beklemmender Psychothriller, der den Leser ganz und gar gefangen nimmt – ohne Hoffnung auf einen Ausweg. »Eine packende, labyrinthartige Erzählung, die innerhalb weniger Seiten gefangen nimmt.« The Daily Mail Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der eiskalte Thriller »Lügenspiel« von Janni Visman. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 205

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Über dieses Buch:

Eine unsichtbare Schlinge legt sich um deinen Hals, dir bleibt keine Luft mehr zum Atmen, du kannst nicht fliehen … Was tust du, wenn du in deiner eigenen Angst gefangen bist? Seit Jahren hat Stella ihre Wohnung nicht mehr verlassen. Es ist das Zentrum ihrer Welt – der einzige Ort, wo sie mit Ivan, ihrem Freund, glücklich sein kann. Doch als sie einen Hinweis darauf findet, dass er sie betrügt, fühlt Stella sich plötzlich haltlos, verloren, eingesperrt. Je verzweifelter sie nach der Wahrheit sucht, desto mehr wird sie zum Mittelpunkt eines grausamen Spiels. Bald gibt es niemanden mehr, dem Stella noch trauen kann – am wenigsten sich selbst …

So abgründig wie »Gone Girl«, so absolut fesselnd wie »The Woman in the Window«: ein beklemmender Psychothriller, der den Leser ganz und gar gefangen nimmt – ohne Hoffnung auf einen Ausweg.

»Eine packende, labyrinthartige Erzählung, die innerhalb weniger Seiten gefangen nimmt.« The Daily Mail

»Wunderbar geschrieben und fesselnd bis zum allerletzten Wort.« Time Out

Über die Autorin:

Janni Visman, geboren 1960, studierte Film und Medien am London College und der Slade School of Fine Art. Heute lebt sie in London und arbeitet als Journalistin. »Lügenspiel« ist ihr erster psychologischer Thriller.

***

Aktualisierte eBook-Neuausgabe September 2020

Dieses Buch erschien bereits 2005 unter dem Titel »Wer mich betrügt« bei Knaur und 2018 unter dem Titel »The Woman in the Room - Verlass.Mich.Nicht.« bei dotbooks.

Copyright © der englischen Originalausgabe 2003 by Janni Visman

Die englische Originalausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Yellow« bei Bloomsbury Publishing, London

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2005 by Knaur Taschenbuch. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2018 dotbooks GmbH, München

Copyright © der aktualisierten Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Ron Ellis, ahupepo

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96148-441-6

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Janni Visman

Lügenspiel

Thriller

Aus dem Englischen von Kerstin Winter

dotbooks.

Mein ideales Leben ist alphabetisch geordnet. Und ich werde niemals von Nostalgie befallen.

Die Regeln, die ich aufstellte, als er einzog:Keine Geschichten aus der Vergangenheit.Keine überflüssigen Anekdoten.Keine Fragen.

»Ist mir recht«, sagte er.

Dienstag

Das Zimmer duftet nach Orangen. Ivan ist bereits an der Haut angelangt; die Schalenspirale kringelt sich vor ihm auf dem Tisch. Bis vor einem Moment noch lagen wir Kopf an Kopf, doch dann riss mein Schalenstreifen, und ich musste erst einen neuen Anfang finden. Endlich bin auch ich mit der Schale fertig und widme mich der Haut, die sich unter meine Nägel schiebt. Ich beeile mich ein wenig, um ihn wieder einzuholen. Die Orangen sind frisch; die Haut lässt sich in großen Stücken abziehen. Wir häufen sie rechts neben der Schale an. Bevor wir den Daumen in die Mitte der Orange drücken, um sie zu zerteilen, sieht unser Ritual einen weiteren Schritt vor: Wir müssen die Ärmel hochschieben. Zuerst legen wir die Orangen auf den Teller. Dann schieben wir den linken Ärmel hoch, schließlich den rechten. Sanfte, zivilisierte Bewegungen. Während wir das tun, sehen wir uns an. Zufrieden, dass wir berechenbar sind.

Es blitzt in der Sonne auf und wirft Lichtreflexe an die Küchendecke und in mein Gesicht. Ein goldenes Armband. In der ganzen Zeit, die wir zusammenwohnen, hat er noch nie Schmuck getragen. Instinktiv lege ich meine Hand auf seinen Arm.

»Zeig mir das mal«, sage ich.

Ein goldenes Namensarmband. Sein Name ist kursiv eingraviert: Ivan. Die Plakette ist zerkratzt, abgenutzt. An seinem dürren Unterarm wirken die Kettenglieder klobig. Sein Handgelenk sieht aus wie das eines Kindes. Er will den Arm wegziehen. Schüchtern, wütend und verlegen. Ich bin unnachgiebig.

»Lass mich das sehen!«

Ich ziehe sein Handgelenk zu mir und drehe das Armband, um den Verschluss zu finden. Die Kettenglieder verfangen sich in den feinen Härchen, und er zuckt zusammen.

»Tut mir Leid.« Ich gebe mir Mühe, vorsichtiger zu sein, aber ich spüre meine Ungeduld.

»Pass doch auf«, sagt er.

»Stell dich nicht so an«, gebe ich zurück.

Ich fingere an dem Verschluss herum. Er wirkt zu klein und zerbrechlich für das große Ding. Ich schiebe meinen Nagel darunter. Die Hautfetzen der Orange machen die Aufgabe nicht leichter. Endlich öffnet sich der Verschluss, und das Armband fällt auf die Tischplatte zwischen uns. Trotz seines Gewichts ist das Geräusch gedämpft. Ein dumpfer Laut. Ivan zieht langsam seine Hand zurück und reibt sich das Gelenk.

»Ist doch nur ein Armband.«

»Das seh ich selbst.«

Als wolle er plötzlich nicht mehr, dass ich es ansehe, versucht Ivan, nach dem Schmuckstück zu greifen. Aber ich bin schneller. Ich drücke es gegen meine Brust.

»Geheimnisse?«

Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück, verdreht die Augen gen Decke und verschränkt die Arme. Ich nehme die Hand ein Stück von der Brust weg, aber nur ein wenig. Das Armband wiegt nicht viel. Ich entdecke den Stempel. Vierundzwanzig Karat, aber es fühlt sich wie höchstens neun an. Tatsächlich wirkt es sogar, als sei es bloß vergoldet. Dann sehe ich eine Inschrift auf der Rückseite der Plakette. Ebenfalls kursiv wie sein Name, aber kleiner. Ivan hat inzwischen damit angefangen, seine Orange auf dem Teller herumzurollen, als könne er sich nicht entscheiden, ob er sie essen soll oder nicht. Ich beobachte ihn einen Moment, bevor ich ihm das Armband an zwei Fingern vor die Nase halte. Es funkelt und wirft glitzernde Reflexe über seine Stirn. Er blinzelt. Das Ganze ist zu dumm, um deshalb wütend zu werden. Unreif. Lächerlich. Für immer und ewig wahre Liebe mit jedem einzelnen Regenbogen. XXX S. L. 1978. Ich lese die Inschrift mit süßer Kleinmädchenstimme vor. Er lächelt. Kein Grund, mir Sorgen zu machen. Ein vierzigjähriger Mann erlebt einen Moment der Nostalgie. Beginnende Midlifecrisis. Ich lege das Goldarmband behutsam neben seinen Teller. Ivan nimmt das als Aufforderung, seinen Daumen in die Orangenmitte zu bohren. Er bedeutet mir, es ihm nachzutun. Ich drücke meinen Daumen in die Orange und teile sie. Gewöhnlich essen wir die Schnitze, sobald wir sie abgetrennt haben. Heute arrangiere ich sie kreisförmig auf meinem Teller, bevor ich esse. Es ist schwer gewesen, den Verschluss zu lösen. Ivan muss einige Mühe damit gehabt haben, ihn zu schließen. Wenn er mit seiner Orange fertig ist, werde ich ihn bitten, es wieder anzulegen. Er leckt nach jedem Schnitz seine Finger sauber.

Ich merke, dass ich beunruhigt bin: Ich kann mich nicht entscheiden, welche Schuhe ich anziehen soll. Dabei sollte mir das keine Probleme bereiten. Die Auswahl ist nämlich beschränkt. Ich habe ein Schuhmodell – weiche Slipper mit besticktem Oberleder – in verschiedenen Farben. Variationen eines Themas. Monatelang habe ich Blau getragen. Ich bin ein Gewohnheitstier. Heute habe ich die roten von ihrem Platz im Schuhregal genommen. An meinem linken Fuß trage ich den roten Schuh. Am rechten den blauen. Jetzt muss ich mir Gedanken über die Socken machen. Es ist ein Dominoeffekt. Man wechselt die Schuhfarbe, und schon muss man auch die Sockenfarbe wechseln. Zu den blauen Schuhen trage ich normalerweise grüne Socken. Zu den roten weiße. Regeln sind wichtig.

Es ist das Armband, das mich beunruhigt. Ich habe Ivans Zeit gestoppt. Er brauchte sieben Minuten, um es anzulegen, die zwei Minuten, in denen er davor seine Nägel gereinigt hat, nicht eingeschlossen. Ich glaube, er wusste, dass ich ihn bitten würde, das Band wieder umzulegen. Als ob er sich mental darauf vorbereitet hat, sobald ich es gesehen hatte. »Leg es wieder an ...«, sagte ich. Ich berührte dabei seine Hand und gab meiner Stimme einen um Verzeihung heischenden Klang.

»Tja, wenn du darauf bestehst ...« Er sprach mit schottischem Akzent, zog eine Augenbraue hoch und lächelte. In Zeiten potenzieller Gefahr greift Ivan immer auf seine Sean-Connery-Rolle zurück. Er glaubt fest daran, dass man mit Humor jede schwierige Situation in den Griff bekommen kann. Er drehte das Armband um und zog es zu sich; es machte ein leises, rasselndes Geräusch. Dabei sah er mich an, legte den Kopf schief, lächelte und zwinkerte mir zu. Er hat ein grünes und ein blaues Auge. Er zwinkert immer mit dem grünen, dem linken. In letzter Zeit kräuselt sich die Haut um sein Auge dabei so sehr, dass ich unwillkürlich an Trockenpflaumen denken muss. Ich habe ihn darauf hingewiesen, während er das Ding um sein Handgelenk legte und den Arm dann auf dem Tisch platzierte. Er tat, als habe er nichts gehört, und legte die beiden Enden des Armbands in eine günstigere Position. Er konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Blieb ruhig. Ich sah abwechselnd auf seine geschäftigen Finger und auf meine Uhr. Sieben Minuten, danach stieß er triumphierend seine Faust in die Luft. Den rechten Arm. Mit geschlossenem Armband. »Mission erfüllt, Miss Moneypenny.«

Ich protestierte dagegen, als Miss Moneypenny bezeichnet zu werden. Bond hat nie mit ihr geschlafen. Ivan räusperte sich: Es ist seine Methode, mich daran zu erinnern, dass ich der Vierzig näher als der Dreißig bin. Schweigen. »Sieben Minuten ist ziemlich lang«, sagte ich. Er verriet mir, dass er das erste Mal, als er das Armband umgelegt hat, viel länger gebraucht hat. Um mich zu beruhigen oder um mögliche Verdachtsmomente im Keim zu ersticken. Er berührte meine Hand dabei. Mit seiner Linken.

Am linken Fuß trage ich den roten Schuh. Am rechten den blauen. Der Kater sieht mir zu; er starrt auf meine Füße. Als mein Blick seinem begegnet, maunzt er klagend, kommt mit raschen kurzen Schritten auf mich zu und reibt seinen Kopf an dem roten Schuh. George mag Füße. Er springt gerne nachts auf mein Bett, legt seine Vorderpfoten auf meine Beine und hält mir seine Ohren zum Kraulen hin. Unser Morgenritual: Ich ziehe meine Schuhe an, er reibt den Kopf daran. Ich gehe nie ohne Schuhe. Es besteht schließlich immer die Möglichkeit, dass ich plötzlich fortmuss.

An meinem linken Fuß trage ich den roten Schuh. Am rechten den blauen. Wenn ich die roten Schuhe trage, weiß Ivan sofort, dass irgendetwas nicht stimmt. Das erkläre ich George, als ich ihn sanft von mir schiebe. Dann ziehe ich den roten Schuh aus und den blauen an. Ivan steht in der Küche und trocknet ab. Wir haben uns angelächelt, als wir vom Tisch aufgestanden sind. Kein Wort mehr gewechselt. Er begann abzuwaschen, ich warf die Orangenschalen in den Biomüll, wischte den Tisch ab, fegte den Boden und ging, um mir die Schuhe anzuziehen. Ich höre, wie er sich gelassen von der Spüle zum Schrank bewegt, die Teller stapelt, das Besteck einsortiert.

Sieben Minuten. Das erste Mal noch länger. Wenn es etwas gäbe, das mir Sorgen machen müsste, hätte er dafür gesorgt, dass ich das Schmuckstück niemals zu Gesicht bekäme. Wie auch immer – selbst wenn er das Armband allein umgelegt hat, muss er sich die Zeit dafür genommen haben. Sich Zeit dafür verschafft haben. Beiseite geschafft haben. Er wollte diese Initialen, diese Inschrift, diese Erinnerung auf seiner Haut spüren. Ich werde ihn fragen, wofür S. L. steht. Wenn ich ihren Namen weiß, bin ich vielleicht weniger beunruhigt. Ich werde ihn später fragen. Erst werde ich ihn verführen und dann fragen. Nach dem Sex ist er immer offener.

Der Geruch ist schwach, aber wahrnehmbar. Gasgeruch.

Ich würde Ivan gerne darauf hinweisen, aber ich weiß genau, wie er darauf reagieren würde. Er würde mir ein sanftes, liebes Lächeln schenken, mich an den Schultern nehmen und zu der Stelle neben der Wohnungstür führen, wo der Gaszähler einmal gehangen hat; noch immer sieht man die helleren Umrisse in der leicht nachgegilbten Tapete. Dann würde er mich den Flur entlangführen, ins Schlafzimmer, in den Behandlungsraum, ins Badezimmer, ins Wohnzimmer und in die Küche: Nirgendwo Gasleitungen, Gashähne zu entdecken. Anschließend würde er mit dem Fuß auf den Boden klopfen, unter dem einst Gasleitungen verborgen waren. Er würde mich an jenen Tag erinnern wollen. Ich habe zugesehen, wie er alle Gasleitungen entfernte. Ich sah zu, wie er die Teppiche anhob, die Läufer zurückschlug, das Linoleum hochzog. Ich sah zu, wie er die Bodendielen aufstemmte. Darunter lagen die kupfernen, oxidierten Gasrohre, die sich hellgrün vor dem dunklen, schmutzigen Untergrund abhoben. Er schnitt sie stückweise mit einer kleinen, glänzenden Säge heraus. Er ging sehr methodisch vor und legte die Rohrstücke säuberlich in eine blaue Segeltuchtasche, die er hinausbringen würde, sobald sie voll war. Das Geräusch, das die Rohrsegmente machten, wenn sie gegeneinander stießen, erinnerte mich an eine religiöse Zeremonie. Ich hätte mich gerne hingekniet und die Stücke so sortiert, dass sie wenigstens an einem Ende auf einer Linie abschlossen. Ich überlegte einen Moment, ob ich ihn bitten sollte, sie alle auf gleiche Länge zu sägen.

Später waren andere Männer gekommen und hatten die Heizkörper, den Boiler, den Gasherd abgeholt; wieder andere hatten einen Durchlauferhitzer, einen Elektroherd und eine Nachtspeicherheizung installiert. Ivan war nur gekommen, um die Leitungen zu entfernen. Ich folgte ihm von Zimmer zu Zimmer und beobachtete ihn vom Türrahmen aus. Vor jedem neuen Arbeitsgang schob er imaginäre Hemdsärmel hoch. Es gefiel mir, wie die Muskeln seiner Arme und an seinem Rücken hervortraten, während er arbeitete. Ich kochte ihm Tee. Er sagte, dass er nie Kaffee trinken würde. »Ich auch nicht«, antwortete ich. Wir lächelten uns zum ersten Mal an. Mir gefiel, dass er keinen Zucker in den Tee tat.

Das letzte Zimmer, in dem er arbeitete, war das, welches der Wohnungstür am nächsten liegt: das Schlafzimmer. Als er die Rohre in die Tasche gelegt hatte, kniete ich mich daneben und schob sie so zurecht, dass sie an einem Ende alle gleich abschlossen. Er arbeitete weiter, ohne ein Wort zu sagen. Er sah mich nicht verdutzt an, bedachte mich nicht einmal mit einem spöttischen Lächeln. Als er mit der Arbeit fertig war und ich alle Rohrsegmente auf eine Linie gebracht hatte, fragte er mich nach meinem Namen. »Stella«, wiederholte er. Er blieb über Nacht.

Ivan hat gesehen, dass ich in der Luft schnupperte; die kleinen Kopfbewegungen haben mich verraten. George läuft mit uns durch die Zimmer, immer durch unsere Beine hindurch. Wenn ich die roten Schuhe getragen hätte, wäre mir der Gasgeruch vielleicht nicht aufgefallen.

Er kommt zu spät zur Arbeit. Ich sehe zu, wie er seine Jacke anzieht. Seine Jacke ist blau, sieht offiziell aus. Das Logo seiner Firma ist in Blau und Rot auf die Brusttasche gestickt, auf dem Rücken prangt eine größere Version. Das synthetische Material raschelt und knistert, als er seine Arme in die Ärmel schiebt.

Ich mache eine Bestandsaufnahme seines Äußeren und gleiche es mit meiner oft geprobten Beschreibung ab. Die Polizei wird ein Phantombild anfertigen wollen, falls er einmal vermisst wird. Ich habe natürlich Fotos von ihm, aber das ist nicht dasselbe: Wenn man jemanden liebt, sollte man in der Lage sein, ihn deutlich vor dem inneren Auge zu sehen.

Jeden Tag, wenn er zur Arbeit geht, denke ich, dass vielleicht heute der Tag ist, an dem er nicht zurückkehrt.

Wenn die Polizei weiß, wer Christopher Walken ist, kann ich ihr sagen, dass Ivan wie eine dünnere Ausgabe aussieht. Wenn sie den Schauspieler nicht kennen, werde ich sagen: Ivan – blondes, dichtes, längeres Haar. Seitenscheitel. Koteletten. Er rasiert sich nicht oft und seine Stoppeln schimmern rötlich. Sein rechtes Auge ist blau, das linke grün. Sie haben Fischform – so wie ein Kind einen Fisch malen würde. Sie stehen so weit auseinander, dass ein drittes Auge dazwischenpassen würde. Ich habe das einmal mit meinem kleinen Finger gemessen. Wo die Schwanzflosse wäre, sind die Lachfältchen; sie ziehen sich bis zu den Schläfen. Die Haut dort ist sehr trocken. Seine Stirn ist hoch und durchzogen von drei tiefen Falten, die mittlere kürzer als die äußeren beiden und etwas näher an der oberen als an der unteren. Eine Längsfalte zieht sich von der Nasenwurzel bis hinauf zu den Augenbrauen und durchkreuzt die anderen. Diese Linie ist in der Zeit aufgetaucht, die wir zusammen sind. Sie wächst. Eines Tages wird sie wohl bis zum Haaransatz reichen.

Er hat die Augenbrauen seiner Mutter. Ich kenne sie nicht, habe aber ein Foto gesehen. Die Brauen sind so klar umrissen, dass sie gezupft sein könnten; der Bogen ist perfekt. Der Test: Lege einen Stift diagonal vom Nasenloch über die Pupille. Dort, wo das andere Ende des Stiftes hinzeigt, sollte der Bogen enden. Bei Ivan endet er genau dort.

Sein Gesicht hat eine eher rechteckige Form. Mein Gesicht ist herzförmig. Meine Nase ist schmal. Seine Nase ist kräftig und lang, fast schon groß, beinahe etwas schief. Auf dem Nasenrücken ist ein kleiner Höcker. Dieser ist nicht erblich bedingt; die Nase ist nach einem Bruch nicht richtig zusammengewachsen (ein Unfall in der Kindheit – er ist im Klassenzimmer von einem Buch getroffen worden). Die Nasenspitze ist eingekerbt; sie zeigt weder aufwärts noch abwärts. Seine Nasenlöcher sind sehr ausgeprägt, als habe sie jemand lange mit Bildhauerwerkzeug bearbeitet, gemeißelt, gedehnt, ausgeformt und modelliert. Sie sind wie makellose Muscheln. Und sie betonen seine hohen Wangenknochen. Seine Kieferknochen treten sauber und deutlich hervor. Sein Mund ist breit, seine Lippen sind voll. Die Oberlippe hat ein tiefes Tal unterhalb der Nase, und die Lippenkonturen sind leicht erhaben, als habe man sie mit einem Lipliner nachgezeichnet. Als wir uns das erste Mal näher kamen, rieb ich daran, um zu sehen, ob sie echt waren. Seine Unterlippe ist voller als die obere; das gibt ihm ein verletzliches Aussehen. Diese vollere Unterlippe deutet laut meinen Büchern über alternative Medizin auf einen Hang zu Magenproblemen hin, was sich als zutreffend erwiesen hat. Ich überwache seine Diät. Aber ich müsste strenger sein – Orangen beispielsweise haben zu viel Säure. Seine Magenprobleme sind auch der Grund, warum er so dünn ist. Er wirkt, als sei seine Gestalt durch ein Vakuum erzeugt; seine Haut ist fest um seinen Körper gezogen. Sehnig, nicht knochig. Ich halte ihn für stark. Seine Schultern sind breit. Als ich ihn zum ersten Mal sah, dachte ich:

Ein edler Ritter.

Ein Mann, der zu Pferd sitzen sollte.

Leidenschaftlich und fremd: Seine Augen blicken immer leicht starr, was ihm eine sowohl ungezähmte als auch geheimnisvolle Ausstrahlung gibt. Wie Christopher Walken. Aber sie blicken verloren, seine Augen. Sie wirken, als habe er Dinge gesehen, die er nicht hat sehen wollen.

Dennoch wiegt er mehr, als es den Anschein hat. Wenn er abends ins Bett kommt, senkt sich die Matratze und ich rolle auf ihn zu. Er fühlt sich immer warm an. Seit dem ersten Mal, als er über Nacht blieb, zieht er mich immer fest in seine Arme, bevor er einschläft. Manchmal denke ich, er wird mich eines Tages so fest an sich drücken, dass ich in ihm bin. Dass ich absorbiert werde. Es ist ein gutes Gefühl. Ein Gefühl, das mir Sicherheit gibt. Selbst wenn wir uns im Schlaf wieder trennen, berühren wir uns noch: Unsere Füße, mein Bein über seinem Schenkel, meine Finger an seinem Ellbogen, seine Hand zwischen meinen Beinen oder Hand in Hand mit verschränkten Fingern.

Der Polizei würde ich dies alles natürlich nicht sagen. Es sei denn, sie fragen, ob ich ihn liebe.

Letzte Nacht kam er erst in den frühen Morgenstunden heim. Er schlief im Wohnzimmer, um mich nicht zu wecken. Das behauptet er jedenfalls. Ich war wach, habe auf ihn gewartet. Ich hörte den Fernseher. Irgendetwas mit Verfolgungsjagden und Ballerei. Quietschende Bremsen und Schüsse, gedämpfte schnelle Stimmen, die obligatorische Explosion, Feuersbrunst. Bullen und Schurken. Ivan mag solche Filme.

Wäre er bei mir im Bett gewesen, hätte ich das Armband gespürt, sobald er mich an sich gezogen hätte. Alles wird plötzlich ziemlich kompliziert.

Ivan wartet an der Tür darauf, dass ich ihm einen Abschiedskuss und die Einkaufsliste gebe. Er streicht sich über die rechte Wange. Er hat da eine Stelle mit weichem Flaum, die er immer streichelt, wenn es Zeit zu gewinnen gilt oder er auf mich wartet. Seine Jacke macht synchron zu den Bewegungen regelmäßige glänzende Nylongeräusche, und ein Kettenglied des Armbands lugt aus dem Ärmel, wenn er den Arm hebt, nur um sofort wieder darin zu verschwinden. Alles wäre ganz schnell geklärt worden, wenn er gestern Abend ins Bett gekommen wäre. Bettgeflüster. Geheimnisse. Enthüllungen. Entschuldigungen. Verzeihen können. Küsse. Sex, wenn die Dunkelheit im aufkommenden Licht körnig wird.

Ich genieße es, Ivan im Flur zu küssen. Dies ist unser besonderer Ort. Die Stelle, an der ich ihn das erste Mal sah. Er stand in der Tür, das Licht hinter ihm. Er hatte Präsenz. Etwas in ihm sang. Die Energie, die er ausstrahlte, war gut. Ich spüre so etwas sofort, genau wie meine Mutter und meine Schwester Skye. Die Welt scheint ihn zu mögen. Die Luft hält ihn fest, denke ich.

Er öffnet die Tür und Sonnenstrahlen dringen aus dem Oberlicht des Hausflurs in meine Wohnung. Ich reiche ihm die Einkaufsliste; er schiebt sie in die Tasche, ohne einen Blick darauf zu werfen. Die Sonne scheint warm auf meine Finger, die sich um seinen Nacken legen. Er küsst mich und drückt mich fest an sich. Ich kann das Armband, die Plakette mit seinem Namen und der Inschrift unterhalb meines Schulterblatts spüren. Ich warte nur darauf, dass es meine Haut ritzt.

»Ich liebe dich«, sage ich.

»Ich liebe dich auch«, erwidert er.

Ich folge ihm hinaus in den Flur und sehe ihm nach, wie er die Treppe hinunterläuft, lausche seinen Schritten und dem Quietschen seiner Hand auf dem Eichengeländer, bis er im Erdgeschoss angekommen ist. Der Boden parterre ist schwarz-weiß gefliest. Zehn Schritte zur Haustür. Ich höre, wie er sie öffnet.

»Wann bist du zurück?«, rufe ich ihm hinterher.

»Um sieben.«

Eigentlich frage ich ihn das immer, bevor er die Wohnung verlässt. Ich gehe wieder hinein und schließe die Tür. Hoffentlich haben die Nachbarn nichts gehört. Wenn doch, glauben sie bestimmt, ich behandle ihn wie ein Kind. Ich hole den Schlüssel aus meiner Tasche und schließe die Tür zweimal ab.

Ich schmecke noch immer seinen Kuss auf der Zunge. Unter dem Bittersüß der Orange liegt etwas Kaltes, Flaches. Etwas Metallisches. Ich schaudere, obwohl es warm ist. »S. L.« Ich stelle mir vor, dass sie blond ist. Klein, zierlich und aschblond. Ein silbriges Aschblond. »S. L.« hat etwas Silbriges an sich. Ivan ist auch blond. An den Schläfen wird er langsam grau. Sie müssen ein perfektes Paar abgegeben haben. Ich wette, ihre Schulter passte haargenau in seine Achsel, wenn sie zusammen spazieren gingen. Sein Arm um ihren zarten Nacken, seine Hand schützend um ihre Schulter. Ich wette, er hat von Zeit zu Zeit den Kopf gedreht, um seine Nase in ihr duftendes Haar zu wühlen. Tief einzuatmen. Ich bin noch nie mit Ivan spazieren gegangen. Ich weiß nicht, ob wir ein schönes Paar abgeben oder ob wir Harmonie ausstrahlen würden. Ob er die linke oder die rechte Seite vorzieht. Ob er dazu neigt, sich beim Gehen an mich zu lehnen oder mich an sich zu ziehen. Ob er immer wieder nach links oder rechts abdriftet oder exakt geradeaus geht.

Ivan ist fort, aber seine Präsenz ist geblieben. Jeden Tag, wenn er gegangen ist, empfinde ich das so. Reste von ihm, die darauf warten, sich wieder mit ihm zu vereinen. Sie werden bis zwölf Uhr bei mir bleiben; dann werde ich anfangen, ihn zu vermissen.

Ich gehe durch den Flur in den Behandlungsraum, schenke mir ein Glas Wasser ein und spüle meinen Mund dreimal aus.