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In Owens Leben läuft nichts wie bei einem normalen Mann.
Eine Tragödie macht ihn zum Waisen und treibt den verzweifelten Teenager zur Armee. Er erlebt Jahre später den Krieg von seiner grausamen Seite und trifft dabei andere übernatürlichen Wesen.
Mit dem festen Entschluss zu überleben, um seine Gefährtin zu finden, kehrt er zurück ...
Doch es kommt alles anders als geplant!
Der einzige Mann, dem er wirklich vertraute, ist in Wirklichkeit nicht, wer er zu sein scheint! Doch wer ist noch Freund, und wer ein weiterer Feind?
- und wer zur Hölle ist diese Lykanerin die plötzlich auftaucht?!
***Hierbei handelt es sich um die lektorierte und komplett überarbeitete Neu-Auflage des zweiten Bandes Owen Tikaani (2018 erschienen)***
***In diesem Buch kommen explizite Szenen (Gewalt, Sex) vor und es fallen so manche mehr oder weniger wüste Worte.***
Die Reihe Lykaner Liebe besteht aus einer teilweise lose zusammenhängenden Geschichte über mehrere Bände:
John & Emily (Band 1),
Owen & Adeen (Band 2),
Kjartan & Shannon (Band 3),
Weitere Bände sind bereits in Arbeit
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Deutsche Originalausgabe, 2.Auflage 2021
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Liam Rain
c/o Strobel
Oberer Holler 12, 66869 Kusel
Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen Erlaubnis des Autors
Text: Erstfassung (Owen Tikaani) ©2018 by Liam Rain
Neue lektorierte, komplett überarbeitete Zweitfassung (Owen & Adeen) ©2021 by Liam Rain
Covergestaltung: Alisha McShaw
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Lektorat: Clemens Heydenreich
An dieser Stelle möchte ich allen berühmten und auch den weniger bekannten Autoren danken, die mich mit ihren Büchern begeisterten und in mir das Feuer der Leidenschaft für das geschriebene Wort entfachten.
Da dies in einigen Rezensionen zur Sprache kam, will ich hier eine kleine, aber wichtige Information hinterlegen:
Meine Lykaner sind keine Werwölfe! Sie sind mit herkömmlichen Gestaltwandlern nicht zu verwechseln, so leicht das auch passieren könnte. Gestaltwandler verändern nur ihre Körperform. Lykaner jedoch tragen zwei gleichberechtigte Seelen in ihrer Brust – die des Menschen und die des Wolfes.
Daher sind ihnen auch einige der typischen Charakteristika zu eigen, wie man sie aus Romantasy-Erzählungen mit Werwölfen kennt.
Aber lest selbst.
Ein Tag wie jeder andere, dachte ich beim Aufstehen noch. Doch dieser Tag sollte mein Leben verändern. Angefangen damit, dass heute mitten im Ausbildungsjahr ein Neuer neben mir in der Reihe stand.
Er war etwas kleiner als ich, hatte dunkles kurzgeschorenes Haar, und seine Augen erinnerten mich an frostige Wintertage in meiner Kindheit …
»Teekanne, Sie träumen ja schon wieder! Runter und zwanzig Liegestützen!« »Das wird Tee-kah-nee ausgesprochen, Sir.« »Widerworte geben Sie auch noch! Wegen Ungehorsams will ich jetzt fünfzig sehen! Und zählen Sie laut mit!«
Mit einem leisen Knurren ging ich zu Boden und legte los.
»EINS, ZWEI, DREI, VIER ...«
Da stellte sich ein schwerer Kampfstiefel zwischen meine Schultern und drückte mich in den Dreck. Zumindest versuchte der Wichser es. Meine Bizepse wölbten sich gewaltig durch den zusätzlichen Druck, doch gab ich nicht nach. Selbst als der Mann sich mit beiden Füßen draufstellte, bekam er mich nicht klein. »Verdammt!« Er ging von mir runter. »Weitermachen, Rekrut!«, bellte er, und ich machte weiter. Ein wölfisches Grinsen legte sich auf mein Gesicht. Das würde der Bastard eines Tages büßen, schwor ich mir.
»FÜNF, SECHS, SIEBEN, ACHT ... FÜNFZIG.«
Unglauben spiegelte sich im Gesicht des Instruktors, als er strammen Schrittes vom Ende der Reihe zu mir zurückkam. »Wollen sie mich verarschen, Rekrut?« »Nein, Sir!« »Wie können Sie so schnell fünfzig Liegestützen erledigt haben?« »Ich trainiere sehr viel, Sir.«
Eine seiner Augenbrauen wanderte nach oben. »Na, wenn das so ist und ihnen fünfzig zu einfach sind«, ein fieses Grinsen umspielte seine Mundwinkel, »erhöhe ich auf hundertfünfzig – mit einem Arm auf dem Rücken!«
Er sah mich herablassend an, dabei musste er jedoch aufgrund meiner Größe den Kopf leicht in den Nacken legen, um mir in die Augen zu sehen. »Runter und laut zählen – von vorne!« Wieder drängte sich ein Grollen in mir auf, doch tat ich, was er mir befohlen hatte.
»EINS, ZWEI, DREI, VIER, FÜNF ...«
Noch ehe er wieder bei mir ankam, hatte ich das geforderte Pensum erreicht und stand stramm. »Sie sind echt ein zäher Hund, Teekanne! Das gefällt mir! Mal sehen, ob Sie später im Krieg genauso schwer unterzukriegen sind!« »HOOAH!«, gab ich artig zurück.
Wenn der kleine Mann gewusst hätte, mit wem er sich da anlegte – er wäre schreiend um sein Leben gerannt.
Nach dem Training ging ich zu meiner Unterkunft zurück, wo mich die nächste Veränderung erwartete: Ausgerechnet der Neue von vorhin war ab heute mein Zimmergenosse. Und er ging mir schon jetzt auf die Nerven …
»Happy Birthday, Teekanne - Sie dürfen nach Afghanistan! Dort können Sie dank Ihrer Ausbildung, hoffentlich, endlich mal etwas Vernünftiges zustande bringen!« »HOOAH!«, rief ich.
Die Ausbildung war lang und zum Teil alles andere als angenehm gewesen. Vor allem, weil der Instruktor einen Narren daran gefressen hatte, immer wieder zu testen, wie viel ich ertragen konnte. Andererseits war ich echt froh, denn ohne diese Ausbildung wäre ich garantiert in der Gosse gelandet – und bei meiner Natur hätte es wohl nicht lange gedauert, bis ich zum Verbrecher geworden wäre, schlimmstenfalls zum Mörder. Heute war endlich mein dreiundzwanzigster Geburtstag, und das schönste Geschenk dazu: Mit ein wenig Glück würde ich diesen Kerl nie wiedersehen müssen. Lieber sollte mir eine Bombe auf den Schädel fallen. Obwohl (ein wölfisches Grinsen breitete sich in meinem Gesicht aus): Dann könnte ich ihm alles heimzahlen. Der kleine Mann stand vor mir und runzelte verwirrt die Stirn. »Sie müssen verrückt sein, Soldat, sich derart auf den Krieg zu freuen!« »HOOAH!«
Kopfschüttelnd ließ mich der Instruktor stehen, während unser Einsatzleiter vortrat und uns über die Einzelheiten aufklärte.
»Tee-kah-nee, Sie und Jones werden aus dem Hinterhalt einfallen. Keine Gefangenen! Ein Kontaktmann wartet vor Ort auf Sie.« »HOOAH!«
Jones stand neben mir, mit einem irren Funkeln in den Augen. Auch wenn es mir niemand befohlen hatte, beschloss ich, ein Auge auf ihn zu behalten. Schließlich waren wir in den letzten Jahren nicht nur Zimmergenossen gewesen. Nein, wir waren auch gute Freunde geworden – zusammengeschweißt durch das harte Training unter der sadistischen Fuchtel unseres Ausbilders.
»Was passiert mit Frauen und Kindern, Sir?«, fragte ich scheinbar beiläufig. »Die Order lautet: keine Gefangenen, Soldat. Haben sie das verstanden?« »HOOAH!«
Noch während er weitersprach, zerbrach ich mir den Kopf darüber, wie ich mich um diese Order drücken konnte.
»Denk nicht mal dran«, zischte mir Jones zu. »Wenn du damit ein Problem hast, übernehme ich das gerne für dich. Wegen denen sind mein Paps und meine Brüder tot, da habe ich was gut!« In meinem Inneren rumorte es: Niemals würde ich das zulassen können. Doch vorerst galt es ja überhaupt erst einmal, die Front zu erreichen.
»Abflug ist um Zero Six Hundred, Sierra Time, Ladies. Viel Erfolg.« »HOOAH!«, grölten wir im Chor und salutierten. Dann marschierten wir zurück in die Kaserne, wo wir unsere Sachen packten und uns anschließend schlafen legten.
Um fünf Uhr standen wir auf, damit wir noch vor dem Flug ein letztes Check-Up machen konnten, ob wir auch an alles gedacht hatten.
Waschen, Essen, in Reih und Glied zum Flugzeug marschieren, einsteigen – all das lief wie in einem Film an mir vorbei. Erst, als unser Colonel unruhig wurde, bemerkte ich, dass wir uns bereits kurz vorm 'Lieferpunkt' befanden.
»Ladies, Zeit, das Röckchen festzuschnallen! Jones, Tee-kah-nee: Sixty seconds bis zum Absprung. Viel Glück!« »HOOAH!« Wenige Handgriffe später unterzog mich der Colonel einer letzten Kontrolle. »Kommen Sie mir bloß heil zurück, Junge, das ist ein Befehl!« Er hatte doch tatsächlich feuchte Augen. »Noch eine Info: Da dein Einsatz auf Vollmond fällt, habe ich unseren Kontaktmann, Codename 'Kaktus', eingeweiht. Er ist vertrauenswürdig«, flüsterte er mir leise ins Ohr, während er mich väterlich umarmte. Erstaunt sah ich ihn an und nickte. Dieser alte Mann war der Einzige, den ich in der Army vermissen würde. Er war immer fair gewesen und hatte stets ein offenes Ohr für seine Jungs gehabt.
»Twenty seconds!«
»Lass mich zuerst springen.« Schon hakte Jones sich an der Laufleine ein und drängte an die Laderampe. Um nichts in der Welt würde er es sich nehmen lassen, vor mir unten anzukommen – also ließ ich ihm nickend den Vortritt.
»Three seconds! Gute Reise, Jungs!«
Jones klinkte sich aus und sprang. Kurz darauf zog er die Reißleine und schwebte langsam Richtung Boden. Schnell sprang ich hinterher, und schon befand ich mich im freien Fall. Von hier oben wirkte der Landstrich wie leergefegt, doch wusste ich, dass da unten durchaus unter Tarnnetzen versteckte Zelte voller Feinde sein konnten.
Jones war schon ein Stück weiter unten, da tauchte ein Kampfflieger auf und eröffnete das Feuer. Einige Kugeln durchsiebten den Fallschirm meines Kameraden.
Als ich sah, dass er abstürzen würde, wurde mir mulmig zumute. Instinktiv legte ich die Arme an den Körper und ging in den Sturzflug über. Eine Böe bauschte Jones´ Schirm etwas auf und trieb ihn noch einmal einige Meter aufwärts. Das brachte uns auf gleiche Höhe, und ich stellte fest, dass er schwer verwundet und bewusstlos in den Seilen hing.
Daher klammerte ich meine Beine um seine Hüfte, zog meine Reißleine und durchschnitt die Seile seines Fallschirms, in der stillen Hoffnung, das zerlöcherte Teil würde den Kampfpiloten ablenken. Der Reserveschirm war ebenfalls durchlöchert, sodass ich mir die Mühe sparen konnte, ihn zu öffnen.
Schon schnellten wir dem Boden entgegen. Als Jones´ Füße den Sand berührten, rollte ich über die rechte Schulter ab und kugelte mit meinem Kameraden weiter. Sofort entledigte ich mich des Sprunggurtes samt Fallschirm, hob Jones auf die Arme und rannte bis zu einem nahegelegenen Felsvorsprung. Glücklicherweise tat sich darin der schmale Eingang zu einer Höhle auf, in die ich mit ihm hineinkroch. Jetzt endlich konnte ich mich um seine Verletzung kümmern. Ein Streifschuss hatte Jones an der Schläfe erwischt, und eine Kugel war in die Schulter eingeschlagen.
Behutsam schälte ich ihn aus dem Oberteil des Kampfanzugs und stellte erleichtert fest, dass es ein glatter Durchschuss war, der knapp die Arterie in der Achsel verfehlt hatte. Nun kamen ein Schlauch mit destilliertem Wasser und das Sanitätspack zum Einsatz, mit denen ich die Wunden wusch und verband. Den Kopf des Verwundeten bettete ich behutsam auf seinen Rucksack und packte ihn in eine Wärmdecke.
Dann robbte ich vorsichtig an den Rand der Höhle, stets darauf bedacht, im Schatten zu bleiben. Ob ich es wohl riskieren sollte, meinen Fallschirm einzusammeln? Das Risiko würde ich eingehen, aber erst nach Einbruch der Nacht.
Während hinter mir der ruhige Atem von Jones ging, richtete ich meine volle Konzentration nach draußen. Die Abenddämmerung brach bereits herein. In einiger Entfernung standen Männer um meinen Fallschirm herum. Sie sprachen in einer für mich fremden Sprache.
Nach einer Weile gingen sie auseinander, und einer von ihnen kam direkt auf unser Versteck zu. Im Schatten kauernd, zog ich mein Kampfmesser – bereit, jederzeit zuzuschlagen. Doch der Mann drehte wieder ab und ging davon. Nachdem, selbst für meine feinen Ohren, die Schritte der Männer nicht mehr zu hören waren, entspannte ich mich. Rasch kontrollierte ich den Zustand meines ‘Patienten‘ und flitzte dann hinaus in die Dunkelheit.
Gerade hatte ich den Schirm halbwegs zusammengerollt, da ertönte ein Motorengeräusch.
Ein Geländewagen hielt direkt auf die Stelle zu, wo ich mit dem Fallschirm stand. Schnell packte ich den Stoff und die Seile auf die Arme, um keine Schleifspuren zu hinterlassen, und rannte damit zur Höhle zurück. Mit einem Sprung hechtete ich gerade noch rechtzeitig hinein; da hielt auch schon der Wagen, und einige Männer sprangen heraus.
Sie diskutierten miteinander, einer bekam einen Schlag in den Nacken. Die umstehenden Leute lachten. Der Getroffene gab etwas in mürrischem Ton von sich, und der Trupp stieg wieder ein. Doch als der Wagen wendete, strahlte der Scheinwerfer unversehens unser Versteck an und mir direkt in die Augen. Plötzlich bremsten sie, und drei Männer kamen, mit den Schusswaffen im Anschlag, auf mich zu.
Am Himmel zogen die Wolken schnell vorbei, ein Luftzug streifte meine Handgelenke, und der kalte klare Mondschein fiel herab – Vollmond, wie praktisch. Schon spürte ich den ersten Schmerz im Kiefer. Die Metamorphose ging so schnell vorbei, dass ich erst anschließend bemerkte, dass ich in eine Art Kampfform gewandelt hatte.
Als der erste Mann in die Höhle zielte, schoss ich mit einem gewaltigen Satz hinaus. Mit einem Klauenstreich verlor er den Kopf. Der zweite stand wie eine Salzsäule da und starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. Dann begann er hysterisch zu schreien und eröffnete das Feuer. Die Kugeln pfiffen an mir vorbei, weil er in seinem Schockzustand nicht zielen konnte. Nah an den Boden geduckt, sprintete ich mit langen Sätzen auf ihn zu, um ihn umzurennen. Als er unter mir lag, öffnete ich mein Maul und schloss den Kiefer mahlend um seinen Hals.
Der Letzte rannte schreiend davon, wollte wohl zurück zum Wagen. Doch seine Kameraden hatten ihn im Stich gelassen: Der Wagen war weg. Mit ausgreifenden Schritten schlich ich mich an ihn heran, dann berührte ich mit einer meiner Klauen seine Schulter und konnte sofort den Geruch von Urin wahrnehmen. Angewidert verzog ich die Lefzen. Er war kreidebleich angelaufen, als er sich langsam zu mir umdrehte. Seine schreckgeweiteten Augen blickten durch mich hindurch. Als ich ihm mit einem schnellen Handgriff das Genick brach, kam ich mir vor wie in einem schlecht gemachten Horrorfilm.
Die nächsten Stunden war ich damit beschäftigt, die Leichen wegzutragen und zu verbuddeln.
Der Morgen graute bereits, als ich in die Höhle zurückkam. Gerade hatte ich mich zurückverwandelt, da hörte ich ein entsetztes Keuchen. Fuck! Jones war wieder bei Sinnen und hatte mich gesehen. »Alter! Bitte sag mir, dass ich gerade 'ne Fieberhalluzination hatte und du kein Monster bist!«
Wie er da so bleich saß und mich zweifelnd ansah, tat er mir schon leid. »Wenn ich ein Monster wäre, hätte ich nicht deinen Arsch gerettet.« Darüber schien er nachzudenken, dann nickte er. »Wie geht's jetzt weiter? Wir haben eine Mission zu erledigen.« »Erst mal Essen fassen, dann sehen wir weiter.«
Dieser Vorschlag wurde auch prompt vom Knurren seines Magens quittiert, und wir mussten beide grinsen. Hoffentlich würde er dichthalten, wenn wir wieder heimkamen. Während wir aßen, hielt ich meine scharfen Sinne nach draußen gerichtet. Derart abgelenkt, bekam ich nicht mit, wie Jones sich hinter mir erhob und mir dann den Gewehrkolben ins Genick schlug. Schwere Kampfstiefel am Eingang der Höhle waren das Letzte, was ich wahrnahm. »FUCK! Jones gehört zum Feind!«, dachte ich.
Da gingen mir auch schon die Lichter aus.
***
Mein Schädel fühlte sich an, als ob darin ein kleines Männchen mit einem Presslufthammer seilspringen würde. Die Augen waren verklebt und wollten sich nicht öffnen lassen, die ausgetrockneten Lippen waren schon spröde, und meine Zunge war dabei, mit meinem Gaumen zu verschmelzen. Vorsichtig bewegte ich meine Gliedmaßen, dabei klirrte Metall, ich riss gewaltsam die Augen auf und stellte fest, dass ich festgekettet in einer Art Grube saß. Von oben brannte die Sonne erbarmungslos durch ein Gitter herab. Gegenüber im Halbschatten der steilen Wände bewegte sich etwas: Dort saß eine andere Person, ebenfalls angekettet.
An einer Wand öffnete sich plötzlich ein Durchgang, und Jones kam herein. Neben ihm ging ein Mann mit einem großen Hund. Der Kerl kam einige Schritte auf mich zu. Als Jones etwas sagen wollte, unterbrach er ihn barsch und schickte ihn zurück aus der Tür. Der Mann sagte etwas zu mir, das ich nicht verstand, dann deutete er mit der Hand auf mich und befahl seinem Hund etwas. Das Tier zerrte knurrend an der kurzen Kette, mit dem es geführt wurde. Ein weiteres Kommando, dann ließ der Mann die Kette los, und der Köter sprang zähnefletschend auf mich zu. Mein Knurren spürte ich bereits im Brustkorb vibrieren, lange bevor es laut hörbar aus der Kehle trat.
Selbst der Mitgefangene auf der anderen Seite des Raumes hob den Kopf und zerrte panisch an seinen Fesseln, wobei er etwas in der fremden Sprache rief.
Noch ehe der Leinenführer reagieren konnte, war sein Hund mir schon fast an die Kehle gesprungen – doch so weit kam es nicht. Unter gewaltiger Kraftanstrengung riss ich die Arme nach unten und zerschmetterte dem Tier mit ineinander geballten Händen den Schädel. Der Fremde sah mich entsetzt an, während hinter mir die Ketten, deren Verankerung aus der Wand gerissen war, laut klirrend zu Boden fielen. Er rief etwas, und die Tür sprang auf. Mehrere Bewaffnete stürmten den Raum – unter ihnen auch Jones.
»Ich wollte es ihm ja sagen, doch wer nicht hören will … Alter! Halt die Pfoten still, sonst kann man dich gleich als Sieb nutzen. Die Jungs hier haben nervöse Finger.« Ein missmutiges Schnauben war meine Antwort. Mehr war der dreckige Verräter mir nicht wert.
Der Fremde näherte sich und zog vorsichtig seinen toten Hund von mir weg. Dann unterhielt er sich mit Jones, während der Mann gegenüber immer noch verzweifelt an seinen Ketten zerrte. Ihr Klirren übertönte das Gespräch und tat mir höllisch in den Ohren weh.
Wieder spürte ich das Knurren in mir aufsteigen, doch die Gewehrläufe in meinem Gesicht hielten mich vorerst davon, ab es laut werden zu lassen. Einer der Bewaffneten trat auf meinen Mitgefangenen zu und schnauzte ihn an. Die leise Antwort des Gefesselten schien ihm nicht zu gefallen. Sein Kopf ruckte herum zu mir, und er sah mich mit verengten Augen an. Dann ging er zu seinem Anführer rüber und unterbrach dessen Gespräch mit Jones. Der nutzte die Unterbrechung, um sich wieder mir zuzuwenden.
»Diese netten Leute haben ein Angebot für dich, über das du nachdenken solltest. Schließ dich ihnen an und verhöre den Gefangenen. Wenn sie mit dir zufrieden sind, bekommst du auch einen Knochen.« Sein dämliches Grinsen dabei trieb mich fast zur Weißglut. »Lieber sterbe ich, als mich dem Feind anzuschließen!« Zähneknirschend starrte ich ihn an. Er zuckte nur mit den Schultern und ging davon. »Wenn du keinen Knochen magst, tut‘s vielleicht auch eine Schüssel Wasser.«
Nacheinander verließen sie den Raum. Zuerst der Fremde, dann die Wachen, und Jones bildete das Schlusslicht. Seufzend schloss ich die Augen. Was sollte ich bloß tun?
Als Jones das nächste Mal kam, war er allein. Der Tür und dem anderen Gefangenen den Rücken zudrehend, sagte er: »Alter, du solltest echt über das Angebot nachdenken, sonst wirst du das hier nicht lange überleben!« Dabei zwinkerte er mir zu. Was zur Hölle sollte das jetzt? »Niemals!«, knurrte ich. »Du verstehst echt nicht. Du musst das Angebot annehmen, um zu überleben. Ohne dich wäre die Party langweilig.«