Mach doch, was du willst - Klaus-Dieter Gens - E-Book

Mach doch, was du willst E-Book

Klaus-Dieter Gens

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Beschreibung

Etwa 70.000 Stunden unseres Lebens verbringen wir an unserem Arbeitsplatz. Und auch hier spielen Gefühle und Bedürfnisse eine zentrale Rolle - nur sind es nicht immer die, die ausgesprochen, gelebt und erfüllt werden ... Mit Humor und Einfühlung begleitet das Autorenduo die Belegschaft einer kleinen Agentur in ihrem Arbeitsalltag. Ob Teambesprechung, Kaffeepause oder vis à vis am Schreibtisch - immer wieder gibt es Gelegenheiten, klassische Dialoge und Konflikte aufzugreifen und sie mit Hilfe der Gewaltfreien Kommunikation in lebendige, menschliche Begegnungen zu verwandeln. Dabei wird deutlich, daß es nicht nur um zufriedene Mitarbeiter geht, sondern auch um effektive Kooperation, klare und eindeutige Kommunikation, Beziehungstransparenz und Teamfähigkeit - jene Faktoren also, die ein Unternehmen erst erfolgreich machen. "Lebensbereichernde Organisation" nennt Marshall B. Rosenberg, Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, sein Modell einer tragfähigen Zusammenarbeit. Mag auch der Weg vom "normalen" Arbeitsplatz bis dorthin noch weit sein - schon das Unterwegs-Sein lohnt sich!

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Seitenzahl: 129

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Titel

Susann Pásztor & Klaus-Dieter Gens

Mach doch, was du willst!

Gewaltfreie Kommunikation am Arbeitsplatz

Copyright © Junfermannsche Verlagsbuchhandlung, Paderborn 2005 2. Auflage 2010

Covergestaltung/Reihenentwurf: Christian Tschepp © Coverfoto: Klemens Oezelt – Fotolia.com

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2012

Digitalisierung: JUNFERMANN Druck & Service, Paderborn

ISBN der Printausgabe: 978-3-87387-609-5 ISBN dieses eBooks: 978-3-87387-853-2

Vorwort

Mach doch, was du willst ... Ein ungewöhnlicher Titel für ein Buch über Gewaltfreie Kommunikation – geht es doch dort normalerweise um Bedürfnisse und weniger um das, was Menschen wollen. Dennoch zeigt dieser Titel eine interessante Spannung auf: Viele Menschen nehmen das, was anderen wichtig ist, wichtiger als sich selbst. Sie wissen auch nicht, was sie im Moment brauchen und was das Richtige für sie wäre. Für diese Menschen ist es ein entscheidender Schritt, mit der Gewaltfreien Kommunikation herauszufinden, was sie eigentlich wollen und brauchen. Auf der anderen Seite gibt es Kollegen, die sehr genau zu wissen scheinen, was sie brauchen – und die die Bedürfnisse der anderen nicht sehen. In der Gewaltfreien Kommunikation trainieren wir beides: sich selbst bewusst zu sein über das, was man braucht und will – und sich bewusst zu sein über das, was der andere braucht und was ihm helfen würde, es zu bekommen. Dann setzt eine Verhandlung über diese gegenseitigen Bitten ein. Wir nennen das den Giraffentanz.

„Mach doch, was du willst“ ist damit nicht eine Aufforderung, seinen Willen um jeden Preis, ohne Rücksicht auf die anderen durchzusetzen, sondern selbst bewusst über die eigenen Bedürfnisse im Einklang mit den Bedürfnissen der anderen zu sein. Konkret könnte das heißen: Du kannst machen, was du willst, also alle deine Bedürfnisse leben, solange du die Bedürfnisse der anderen Menschen respektierst und mit einbeziehst. Dies ist die einzige Grenze, die wir in zwischenmenschlichen Beziehungen sehen. Allerdings machen wir einen Unterschied zwischen Bedürfnissen und der Art und Weise ihrer Erfüllung.

Als wir beschlossen, dieses Buch zu schreiben, war es uns wichtig, genau diese Dynamik aufzuzeigen: dass es möglich ist, so miteinander umzugehen, dass mit Respekt, Wertschätzung und Achtsamkeit bestimmte Spannungen und Konflikte gar nicht erst entstehen. Dabei kann die Gewaltfreie Kommunikation helfen. Wenn dann doch Konflikte auftauchen (was wir für unvermeidlich halten), sollen sie auf eine Weise gelöst werden, in der es keinen Verlierer gibt und alle mit der Lösung einverstanden sein können.

Wir sind sicher, dass dieses Bedürfnis nach Harmonie auch am Arbeitsplatz Bedeutung hat. Für ebenso wichtig und sinnvoll halten wir es, dass angesichts der starken Belastung, der viele Berufstätige ausgesetzt sind, sie Arbeitsplätze vorfinden und einen Umgang miteinander pflegen können, der ihnen ein effektives, flüssigeres und letztlich auch befriedigendes Arbeiten ermöglicht. Wer zufrieden arbeitet, ist in seiner Leistung, ist in seiner Energie, ist weniger krank und kann besser zum Gelingen der gesamten Firma beitragen. Diese Harmonie wird unseres Erachtens am besten erreicht, wenn sich alle Mitarbeiter einschließlich der Vorgesetzten bemühen, eine gegenseitig annehmende, wertschätzende und respektvolle Haltung aufzubauen, diese Art der Kommunikation zu pflegen und auf bestimmte, bisher übliche Beeinflussungsmittel zu verzichten: Wer mit Schuld, mit Scham, Bedrohung oder auch mit Belohnung operiert, wird eher dazu beitragen, dass die Arbeitssituation angespannt ist und Unfrieden herrscht.

In diesem Buch beobachten wir ein Team von sechs Personen in einer Werbeagentur, das nach außen ein normales Arbeitsteam bildet. Normal ist für die meisten, dass es hier und dort Spannungen gibt, dass auch mal schroffe Worte fallen und Schuldzuweisungen über nicht gelungene Arbeit gemacht werden, dass manche auch gelegentlich frustriert oder ärgerlich nach Hause gehen. Wir begleiten dieses Team dabei, die Kommunikation zu verbessern, machen einen harmonischeren und effektiveren Umgang miteinander möglich und zeigen auf, wie entstehende Konflikte gelöst werden können. Wir schauen den Mitarbeitern in verschiedenen Situationen über die Schulter, decken auf, an welchen Stellen die Kommunikationsstörung zu sehen ist, und lehren schrittweise die Gewaltfreie Kommunikation zur Verbesserung des Klimas. Sehen Sie selbst, welche Schritte das Team mit welchen Erfolgen geht!

Mancher Leser mag geneigt sein, diese Art der Kommunikation als kraftlos zurückzuweisen oder als zu psychologisch zu bezeichnen. Nach unserer Erfahrung ist es für einige Menschen zunächst ungewohnt, in dieser Weise zu sprechen – gleichzeitig stellen wir fest, dass sie ihren inneren Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Wir haben viele Menschen in Arbeitszusammenhängen getroffen, die zwar gut funktionieren, aber nicht wirklich zufrieden und glücklich in ihrer Arbeitssituation sind. Wir haben viele Menschen getroffen, die einen starken Groll gegen ihre Kollegen oder ihre Firma verspüren, die sich insgeheim bereits verabschiedet, innerlich gekündigt haben – Menschen, die wissen, dass sie noch 10 bis 20 Jahre in dieser Weise arbeiten müssen und kaum Wege kennen, zu dem erfüllten Leben zu kommen, das sie sich eigentlich wünschen. Viele Firmen haben einen hohen Krankenstand, in manchen Arbeitsbereichen gibt es eine große Zahl von Menschen, die der Belastung nicht standhalten und längere Zeit krank sind, Frührentner werden oder einfach aussteigen. Wir sehen dies in erster Linie als Folge bestimmter Strukturen, die von Beherrschung, Unterwerfung, von Missgunst, Schulddenken, Verantwortung abschieben u.Ä. geprägt sind. Um all dies soll es in diesem Buch gehen, und Sie erfahren, was Sie selbst konkret an Ihrem Arbeitsplatz tun können, um dort für eine bessere Situation (mit) zu sorgen.

Es geht uns nicht darum, künftig völlig neue Firmenstrukturen vorzuschlagen. Vielmehr möchten wir mit diesem Buch eine Einladung aussprechen, Ihre Arbeitssituation – und vielleicht auch Ihre persönliche Situation – zu einer Insel der Gewaltfreien Kommunikation zu machen.

Juni 2005Klaus-Dieter Gens

1. Einführung

Teambesprechung

CORINNA: „Guten Morgen allerseits! Bevor wir zu den aktuellen Themen dieser Woche kommen, möchte ich unsere neue Praktikantin Jule begrüßen, die in den nächsten zwei Monaten die Arbeit in unserer Werbeagentur kennenlernen möchte. Zu Ihrer Information: Jule studiert Kommunikationswissenschaften – zweites Semester, richtig? Jule, ich stelle Ihnen Ihre Kollegen kurz einmal vor: Gleich neben mir sitzt Anette, meine rechte Hand, zuständig für Zielgruppen- und Marktanalysen und Organisation. Dann kommt Christoph, unser Sprachgenie, verantwortlich für Text und Konzeption. Für die Umsetzung des Konzepts ins Layout sorgt Holger, der überdies ein begnadeter Zeichner und Illustrator ist. Schön, dass Sie wieder aus dem Urlaub zurück sind, Holger! Haben Sie sich gut erholt?“ 

HOLGER: „Ja, super. Also, ich kann so einen Trip nach Hawaii wirklich wärmstens empfehlen ...“

MARKUS: „Kann sich doch höchstens so’n Single leisten, der noch bei Mama wohnt.“

CORINNA: „Dieser freundliche Herr hier mit der, äh, Langhaarfrisur ist Markus, unser Computer- und Internetspezialist. Und mich haben Sie ja schon als Inhaberin dieser Agentur kennengelernt. Jule, vielleicht können Sie uns im Anschluss an unser Meeting noch ein bisschen von sich erzählen ...“

JULE: „Ja, gern.“

CORINNA: „Schön. Anette wird sich nachher Zeit für Sie nehmen und Sie mit den einzelnen Bereichen und den jeweiligen Aufgaben der Mitarbeiter vertraut machen. Wir finden es am besten, wenn Sie die ersten zwei Wochen unter ihrer Obhut verbringen und sich zunächst mit dem Thema Medienstrategien befassen.“

ANETTE: „Ähm ... das hatten wir überlegt, aber hatten wir es auch beschlossen? Ich meine, das geht schon in Ordnung, aber ich hätte es gern vorher gewusst ...“

CORINNA: „Also, ich erinnere mich ganz deutlich, dass wir uns in dieser Frage einig waren, Anette. Und jetzt zu unseren wichtigsten Themen für heute: Da wären zum einen die Ergebnisse der Marktanalyse zum Bedarf an Einweghandys. Und dann interessiert mich natürlich, wie es um den neuen Slogan für die Firma BioPack steht.“

CHRISTOPH: „Gibt’s noch nicht. Nachdem mein persönlicher Favorit ,Keine Macht den Dosen’ bei allen hier durchgefallen ist, hab ich das Ganze für ein paar Tage auf Eis gelegt. Bis Mittwoch gibt’s fünf neue Vorschläge, okay?“

HOLGER: „Keine Macht den Dosen? Gott, wie blöd.“

CHRISTOPH: „Herzlichen Dank, Holger. Beim Fußball nennt man so was ,Nachtreten‘.“

MARKUS: „Wie? Hast du von dem was Konstruktives erwartet?“

CORINNA: „Meine Herren, ich bitte Sie. Markus, ist die Anzeige für das Autohaus Weinrich schon bei der Druckerei?“

MARKUS: „Nein. Ich hab’s nicht mehr geschafft bis Freitag um fünf. Die Druckerei braucht die Daten eh erst heute Abend.“

CORINNA: „Und was bitte hat Sie davon abgehalten, die Anzeige bis Freitag um sechs fertig zu machen? Meines Wissens sind Sie kein Angestellter, sondern freier Mitarbeiter. Und von denen sieht man Freitagabends hier noch etliche bei der Arbeit.“

ANETTE: „Markus holt doch um fünf immer die Zwillinge vom Hort ab, Corinna.“

CORINNA: „Dann sollten Sie sich Ihre Arbeitszeit etwas besser einteilen. Bis um elf möchte ich die Anzeige vorliegen haben. Anette, würden Sie für uns bitte kurz zusammenfassen, was die Marktanalyse für Mobiltelefone zum Wegwerfen ergeben hat?“

ANETTE: „Also, das sieht nicht gerade rosig aus. Die Marktforscher sind sich einig, dass der Trend zu Einwegprodukten ...“

MARKUS: „Entschuldigung, aber könnte ich dann zurück an meinen Computer? Ich kann mir die Daten ja nachher noch mal auf dem Protokoll anschauen.“

HOLGER: „Ich dachte, bei unseren Teammeetings sollten immer alle anwesend sein, sogar die Pixelschieber.“

CHRISTOPH: „Saftsack.“

HOLGER: „Hey ...“

CHRISTOPH: „,Coole Drinks im Saftsack – Umweltfreundliches von BioPack‘. Na, wie findet ihr das?“

CORINNA: „Wenn wir die Produkte unserer Kunden so platzieren würden wie Sie Ihre plötzlichen Eingebungen, könnten wir diesen Laden hier dichtmachen, Christoph. Ja, Markus, Sie können gehen. Moment noch – hatten Sie Holger schon gebrieft, was in den letzten zwei Wochen hier gelaufen ist?“

MARKUS: „Nee. Wann denn? Ich hatte keine Zeit.“

CORINNA: „Natürlich, Sie hatten wieder keine Zeit. Dann schlage ich der Einfachheit halber vor, dass wir dieses Meeting jetzt abbrechen und auf morgen Vormittag um zehn vertagen. Anette, gehen Sie vorher bitte noch einmal gemeinsam mit Holger die Analysedaten durch, vielleicht fällt diesem kreativen Kopf etwas dazu ein. Oder gab es noch etwas Dringendes, das nicht bis morgen warten kann?“

CHRISTOPH: „Wir wollten doch hören, was Jule uns zu erzählen hat.“

JULE: „Aber wenn Sie’s jetzt alle so eilig haben ...“

CHRISTOPH: „Dafür ist bestimmt noch Zeit genug, oder?“

CORINNA: „Also, wenn das für Sie okay wäre, Ihre Vorstellung auf morgen zu verschieben, nehme ich Ihr Angebot gern an, Jule. Anette kümmert sich dann gleich um Sie.“

HOLGER: „Und dann kommt sie für den Rest des Praktikums in meine Abteilung, ja? Ich sehe doch auf den ersten Blick, dass unsere Jule eine Künstlernatur ist.“

ANETTE: „Lassen Sie sich bloß nicht reinlegen, Jule. Holger hat hier höchstens seine eigenen Filzstifte, aber keine Abteilung.“

CORINNA: „Gut, nachdem auch dies geklärt ist, wünsche ich allen einen erfolgreichen Arbeitstag ... Ach, und Christoph – da Sie offenbar so viel Zeit übrig haben, kriegen Sie die fünf Vorschläge sicher noch bis heute Abend fertig, nicht wahr?“

Vom Arbeitsplatz ...

Etwa 70.000 Stunden unseres Lebens verbringen wir am Arbeitsplatz – das ist deutlich mehr Zeit, als wir für Familie und Freunde übrig haben. Wer sich für aktuelle Umfragen interessiert, gewinnt zunehmend den Eindruck, als fänden für viele Menschen die wichtigsten sozialen Kontakte zwischen Postablage, Fotokopierer und Besprechungsraum statt: Bei 55% hat es schon mal am Arbeitsplatz gefunkt, fast jeder Dritte (28,2%) hatte sogar eine Affäre mit einer Kollegin oder einem Kollegen. Und es gibt noch andere Zahlen: Zwei von drei Arbeitnehmern geben an, schon einmal am Arbeitsplatz gemobbt worden zu sein. Dabei sind es doch überwältigende 70%, die Wert auf gute Teamarbeit legen; 30% wünschen sich ein familiäres Verhältnis an ihrem Arbeitsplatz, und 20% würden es sogar begrüßen, wenn aus kollegialen Beziehungen Freundschaften würden1.

Wie auch immer diese Zahlen interpretiert werden, eines ist sicher: Gefühle und Bedürfnisse spielen eine zentrale Rolle am Arbeitsplatz, und ganz gewiss sind es nicht immer die, die ausgesprochen, gelebt und erfüllt werden. Steht auf der einen Seite des Spektrums die Liebe, dann befinden sich am anderen Ende Feindseligkeit und Angst – und dazwischen all das, was uns tagtäglich bewegt und in uns lebendig ist.

„Gewaltfreie Kommunikation am Arbeitsplatz“ ist ein Thema, das uns als Autoren auf den Nägeln brennt – und das uns aufgrund seiner Komplexität herausfordert. Welche Zusammenhänge gilt es zu berücksichtigen? Was für ein personales Setting brauchen wir, um klassische Konflikte und problematische Situationen am Arbeitsplatz durch glaubwürdige Dialoge darstellen zu können? Eignen sich die alltäglichen Begebenheiten in einem Optikergeschäft besser als die in einer Supermarktfiliale? Am Ende sind wir schließlich bei einer kleinen Werbeagentur gelandet, die uns den notwendigen Spielraum für unsere Szenarien geben soll. Sie ist kein boomendes Unternehmen mit Kunden, die über saftige Werbebudgets verfügen, andererseits aber nicht so sehr von Wirtschaftslage und Konkurrenzdruck gebeutelt, als dass dies einen entscheidenden Einfluss auf die Kommunikation ihrer Mitarbeiter hätte. Was die miteinander reden, soll widerspiegeln, was sich an vielen Arbeitsplätzen ereignet: acht Stunden am Tag, 40 in der Woche, 170 im Monat – und am Ende 70.000 Stunden im Leben.

Mittlerweile hat sich Gewaltfreie Kommunikation in vielen Zusammenhängen als ebenso einfaches wie geniales Modell für Konfliktlösungen bewährt. Unser Anliegen ist jedoch vor allem ihr präventiver Einsatz, oder besser noch: ihre Anwendung als Lebenshaltung. Wir sind überzeugt, dass mit dieser Haltung viele Konflikte gar nicht erst entstehen würden, und wenn, dann nur in erheblich abgemilderter Form und mit wenig Eskalationspotenzial. Unsere Agentur und ihre Mitarbeiter werden uns nach besten Kräften dabei unterstützen, Situationen zu schaffen, in denen wir Ihnen solche Alternativen vorstellen können. Dabei sollen auch ungeeignete Strategien bei der Mitarbeiterführung oder -motivation beim Namen genannt werden, wenn sie auftauchen, aber wir werden Ihnen keine neuen Führungskonzepte oder Maßnahmen zur Teamentwicklung präsentieren. Vorschläge für eine andere Form der Zusammenarbeit machen wir nur insofern, als dass wir Ihnen ein anderes Deutungsmuster anbieten – eines, das Ihnen einen neuen Zugang zu dem ermöglicht, was gesagt wurde, ganz gleich, ob Ihr Gegenüber Ihr Chef, Ihre Kollegin oder Ihr Angestellter ist.

... zur Lebensbereichernden Organisation

„Lebensbereichernde Organisation“ nennt Marshall B. Rosenberg, Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, seine Vision eines tragfähigen Zusammenwirkens. In einer lebensbereichernden Organisation trägt jeder einzelne Mitarbeiter dazu bei, Bedürfnisse zufriedenzustellen und das Leben seiner Mitmenschen zu bereichern – sowohl innerhalb der Organisation als auch in ihrem Einflussbereich. „Alle Arbeit, die innerhalb einer lebensbereichernden Struktur verrichtet wird, wird durch diese Aufgabe motiviert; nicht durch Geld, nicht durch Lohn, nicht durch Positionen und nicht durch Status. Jedes kleine Stück Arbeit, das eine Person tut, kommt aus der Freude, diese Aufgabe zu erfüllen. Lebensbereichernde Organisationen schenken den Mitarbeitern ihrer Organisation die Wertschätzung, die sie brauchen, um den Auftrag mit Leben füllen zu können.“2

Lässt sich eine solche Vision mit den alltäglichen Erfordernissen, die eine Arbeitssituation mit sich bringt, überhaupt vereinbaren? Wir meinen: ja. Denn die Qualität unserer Arbeit, unsere Leistung und unsere Motivation stehen im unmittelbaren Verhältnis zur Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz. Und überall dort, wo die Haltung und Anwendung der Gewaltfreien Kommunikation zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur geworden ist, wird es nicht nur zufriedene Mitarbeiter geben – sondern auch effektive Kooperation, klare und eindeutige Kommunikation, Beziehungstransparenz und Teamfähigkeit.

Wir gehen davon aus, dass sich viele unserer Leser noch nicht lange oder intensiv mit dem Modell der Gewaltfreien Kommunikation befasst haben, und werden Ihnen deshalb im nächsten Kapitel das Konzept und die wichtigsten Elemente vorstellen. Dabei ist es uns wichtig zu betonen, dass Sie nach der Lektüre unseres Buches diese neue Sprache vielleicht lieben werden, aber sie noch nicht beherrschen – denn dieses Buch ist kein Lehrbuch. Es ist vielmehr eine Einladung an Sie, sich auf die Grundstruktur, die Haltung und die Vision der Gewaltfreien Kommunikation einzulassen und ihre Anwendungsmöglichkeiten durch typische Dialoge aus der Arbeitswelt kennenzulernen. Ob Sie sich hinterher einer Übungsgruppe anschließen, weitere Bücher zu diesem Thema lesen3 oder lieber erst einmal mit „neuen“ Ohren Ihren Mitarbeitern und Kollegen zuhören möchten: Was wir wollen, ist nichts Geringeres, als Sie zu begeistern von der Möglichkeit und der Aussicht auf ein neues, erfüllendes und lebendiges Miteinander – sagen wir, für die 35.000 Arbeitsstunden, die vielleicht noch vor Ihnen liegen?

2. Was ist Gewaltfreie Kommunikation?

Das Konzept